Frauen im Kommen - Regina Heckert - E-Book

Frauen im Kommen E-Book

Regina Heckert

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Beschreibung

Kennst du deine sexuellen Bedürfnisse? In jeder Frau steckt eine sexuelle Führungspersönlichkeit, die nur darauf wartet, sich entfalten zu dürfen. Das Bedürfnis, den Partner ändern zu wollen, löst sich auf. In ihrer Führung verwandeln Frauen stattdessen Lust und Liebe zum Wohle der Beziehung. Das Buch macht Frauen Mut, diese neue und noch unbekannte Rolle einzunehmen. "Frauen im Kommen" wirft einen ehrlichen Blick in die Liebesbetten hinein und macht den Frauen dadurch ihre Situation bewusst. Regina Heckert beschreibt unbewusste Denk- und Verhaltensmuster, die Frauen in der Opferrolle gefangen halten, sowie die Lösungen zum Überwinden der Hindernisse. Es kommen Erkenntnisse aus dem Familienstellen dazu und natürlich die Ideen für guten Sex auch als Singlefrau. Unabhängig von ihrem Beziehungsstatus geht es darum, dass die Frau "sexuell selbstbewusst" die Führungsrolle beim Sex und damit der Beziehung und der Sexualität eine neue Qualität verleiht.

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Seitenzahl: 324

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FRAUENim Kommen

Hinweis: Die Ratschläge in diesem Buch sind von der Autorin und dem Verlag sorgfältig geprüft worden. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für individuellen Rat oder therapeutische Begleitung. Eine Haftung der Autorin bzw. des Verlages ist ausgeschlossen.

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https://www.kamphausen.media/frauen-im-kommen/t-9783958835993

Regina Heckert

Frauen im Kommen

Lektorat:

Dr. Nicole Mahne, Bielefeld

Gestaltung Umschlag:

Gesine Beran unter Verwendung von © shutterstock | Moremar

Innenteil, Layout/Satz :

Wilfried Klei, Bielefeld

Illustrationen und Abb. 31, Seite 226: Anja-Katharina Halbig, [email protected]

Foto S. 248: Jumping woman © rufar/Envato Market Item

© Kamphausen Media GmbH, Bielefeld 2023

[email protected] | www.kamphausen.media

ISBN Printausgabe: 978-3-95883-599-3

ISBN E-Book: 978-3-95883-600-6

1. Auflage 2023

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.

REGINA HECKERT

FRAUENim Kommen

DER WEIBLICHE WEG ZU SEXUELLEM GLÜCK

Gewidmet

meiner Großmutter Elise

Einleitung: Der einzige Fehler beim Sex

Teil 1: Ausgangslage: Wie es in den meisten Liebesbetten derzeit aussieht

1. Was Frauen abtörnt: Bloß nicht wieder Kaninchen

2. So will ich es nicht. Aber was will ich eigentlich?

3. Wie sage und zeige ich es ihm bloß? Der Kopfkissenzipfel im Bett

4. Auf den Orgasmus, fertig, los: Leisten oder lieben?

5. Wie Schönheitswahn am Frauenkörper nagt

6. Sonst redefreudigen Frauen verschlägt es im Bett die Sprache

7. Hure, Nutte, Flittchen: Gefangen im Korsett der Moral

8. Unlust und Schmerzen beim Sex können Wegweiser sein

9. Keine Zeit für Lust und Liebe? Stress und andere gefräßige Zeiträuber

10. Machtspiele statt Liebe: Der Fordern-Verweigern-Teufelskreis

11. Naturkatastrophe: ER will nicht

12. Die zwei Exit-Strategien bei schlechtem Sex

Teil 2: Die drei Haupthindernisse auf dem weiblichen Weg überwinden

13. Der heimliche „Mach du mich glücklich!“-Auftrag

14. Opferrolle und Schuldspiel

15. Das Männerverbesserungsprojekt

Teil 3: Kompetenzen der Frau für sexuelles Glück

16. Neue Priorität im Leben und Lieben: das innere Navigationssystem

17. Das sexuelle Stillschweigen knacken: Karten auf den Tisch

18. Selbstbewusst in jeder Pore: Mein Körper ist genau richtig

19. Der Landkarte der weiblichen Lust folgen

20. Aus vollem Herzen eine Zumutung sein

21. Über das Elefantenstadium hinauswachsen: Mutig durch das Tor der Peinlichkeit

22. Im Bett führt vorerst nur die Frau

23. Den Mann und die Männer wertschätzen

24. Frau unter Frauen: Keine Angst davor, zu werden wie die Mutter

25. Bis ins Mark: Empfangen will gelernt sein

Teil 4: Mehr Lust und Liebe in der Paarbeziehung

26. Beziehungspflege ist Chefinnensache in der Paarbeziehung

27. Lust nicht nötig: Entspannte sexuelle Vereinigung

28. Planen statt klagen: Die kleine Revolution der Liebeslust

29. Altlasten entsorgen: Das Rabattmarkenheft alter Verletzungen entwerten

30. Stärken fördern, für Schwächen Lösungen suchen

31. Den positiven Kreislauf der Liebe in Gang halten

32. Zustimmen statt bekämpfen: Das Drama mitheiraten

33. Wenn Trennung unausweichlich ist

Teil 5: Sexuelles Schlaraffenland für Singlefrauen?

34. Warum Singlezeiten besondere Chancen für mehr Lust und Liebe bieten

35. Wer schwimmen will, muss ins Wasser: Unmoralisch leben und lieben

36. Liebesbegegnungen: Es ist nicht nötig, sich nachträglich zu verlieben

37. Die Regeln für erfülltes Lieben als Singlefrau

38. One-Night-Stands mit Leib und Seele

39. Sexuelles Selbstwertgefühl aufbauen TEST: Bin ich selbstbewusst im Bett?

40. Der kollektive Auftrag: Liebeslehrerin für Männer und Frauen

41. Warum fünf Liebhaber besser sind als einer oder keiner

Teil 6: Meditatives Work-out: Kostproben feinstofflicher Liebeskunst

42. Meditieren: Allein oder zu zweit?

43. Zwischen Körper und Geist: Engelhaftes Liebemachen

44. Den inneren Lustkörper erwecken: Stille Liebesstellungen

45. Alltagstaugliche Lustmeditationen

46. Turbo für die Lust der Frau: Lichtsex-Varianten

Teil 7: Ausblick: Das Spiel des Lebens ist nur gemeinsam zu gewinnen

47. Geduld hilft weiter: Friedliche Koexistenz von alt und neu

48. Der einzig wirkungsvolle Quickie im Leben der Frau

Anhang: Auflösung des Tests „Bin ich selbstbewusst im Bett?“

Anmerkungen und Studien

Weiterführende Literatur und hilfreiche Materialien

Danksagung

Über die Autorin

Einleitung: Der einzige Fehler beim Sex

Kannst du dir vorstellen, dass ein einziger kleiner Fehler und seine Folgen für die vielen Missverständnisse und die Unzufriedenheit im Bett verantwortlich sind?

Dieses Buch ist in erster Linie für Frauen geschrieben, aber natürlich kannst du es auch als Mann lesen. Denn hinter den Kulissen des manchmal rätselhaft Weiblichen warten auch eine Menge hilfreiche Impulse für dein Liebesglück. Die sexuell neugierigen und die sexuell unzufriedenen Frauen erfahren hier, dass ein weitaus größeres Potenzial in der Sexualität verborgen liegt, als sie bisher kennengelernt haben. Die Erstgenannten können ihr Liebesleben bereichern und erhalten. Die anderen wissen vermutlich, dass die Sache mit der Lust der Frau manchmal ziemlich kompliziert sein kann, aber nur wegen dieses einen uralten Fehlers: Er besteht darin, dass die meisten Frauen sich beim Sex automatisch an den Mann anpassen. Sie versuchen, es ihm recht zu machen. Deshalb regieren seine männlichen Bedürfnisse, seine Geschwindigkeit und seine Vorstellungen im Bett. Doch genau deshalb kommt die Frau nicht mit. Sie bleibt auf der Strecke oder zieht sich ganz vom Sex zurück. In ihrer Ratlosigkeit verfällt sie leider einem zweiten Trugschluss: Sie vermutet, dass mit ihr selbst etwas nicht in Ordnung ist, weil es nicht klappt, auf männliche Art ihre weibliche Lust zu erwecken. Also versucht sie, sich beim Sex noch mehr anzupassen und anzustrengen, um ihre Lust- und Orgasmus-Defizite zu beheben. Kann das funktionieren?

Der männliche Zugang ist zielorientiert, klar, entschlossen und oft entsprechend direkt und schnell. Frauen dagegen können sich in Details verlieren und dabei das Ziel völlig vergessen. Sie sind eher gegenwärtig und mit ihrem Bauchgefühl verbunden, dem sie leider oft nicht trauen. Du brauchst beide Qualitäten in deinem Leben. Sowohl Frau als auch Mann verfügen über beide. Und es gibt Frauen, die eher die männlichen, und Männer, die eher die weiblichen Seiten entfaltet haben. So oder so: Weltweit kommt das weibliche Prinzip zu kurz, was sich auch in der sexuellen Begegnung spiegelt.

„Inzwischen ist eine Situation entstanden, in der die Unterdrückung des Weiblichen verinnerlicht wurde, selbst von der Mehrzahl der Frauen.“ (Eckhart Tolle)1

Mit diesem Buch möchte ich dir zeigen, dass der eine grundlegende Fehler berichtigt werden kann. Mit dir ist alles ok. Nichts an dir ist falsch. Auch an deinem Partner ist nichts falsch. Nur die unpassende Sexualität, die du gegen dein inneres Gespür mitgemacht hast, die stimmt nicht. Nicht für dich, nicht für die meisten Frauen dieser Welt und letztlich auch nicht für die Männer. Dein Körper weiß das schon lange. Er schickt dir jedes Mal deutliche Signale. Erfahre, wie du ihnen vertrauen und sie ernst nehmen kannst, anstatt sie weiterhin zu überhören oder sie wegzuschieben. Sonst hat dein zermürbendes Kopfkino ein leichtes Spiel. Nach jedem enttäuschenden sexuellen Erlebnis grübelst du und fühlst dich sexuell minderwertig. Kommt dir das bekannt vor?

Weißt du, dass es sehr vielen Frauen so geht? Vermutlich meinst du, dass Sex bei deinen Freundinnen, Bekannten und Arbeitskolleginnen viel besser läuft. Wer traut sich schon, dort detailliert nachzufragen? Beim Lesen des Buches darfst du immer wieder wie durch das Schlüsselloch in die Nachbarbetten hineinschauen. Denn etliche der unzähligen Teilnehmerinnen aus 35 Seminarjahren und dem Online-Orgasmus-Kurs2 kommen hier zu Wort. Als Spitze eines großen Eisberges berichten sie offen und ehrlich von ihren intimen Begegnungen. Sie sprechen für viele Frauen und vermutlich auch für dich. Das kann dich entlasten und dir Mut machen. Denn dein sexuelles Glück ist möglich und natürlich. Es wird nur verhindert durch ein paar längst überholte und unbewusste Denk- und Verhaltensweisen. Hast du sie erst einmal erkannt, beginnen sie zu schrumpfen und du kannst sie hinter dir lassen. Wie, erfährst du im zweiten Teil des Buches.

Die sexuelle Aufbruchstimmung der Frau greift mehr und mehr um sich. Frauen sind im Kommen und läuten eine Art Zeitenwende im Liebesbett ein. Du bist Teil davon, sonst würdest du dieses Buch nicht lesen. Es zeigt dir, wie du dein sexuelles Glück finden kannst, macht dich mit dem weiblichen Weg vertraut und verhilft dir zum nötigen Selbstbewusstsein, damit du ihn mit Freude gehen kannst. Die Weisheit deines Körpers wird dich wie ein Kompass von Moment zu Moment führen und dich und deinen Partner reich beschenken.

„Im Allgemeinen ist es für eine Frau leichter, in ihrem Körper zu sein und ihn zu fühlen, und so ist sie dem Sein gewiss näher als es ein Mann ist … Wir brauchen völlig andere Qualitäten: Hingabe, Urteilsfreiheit, Offenheit … All diese Eigenschaften sind dem weiblichen Prinzip viel näher verwandt.“ (Eckhart Tolle)3

Um deine weiblichen Qualitäten zu entfalten, brauchst du dich nicht einmal anzustrengen, im Gegenteil. Es genügt eine kleine Bereitschaft, dich deinem inneren Gespür zuzuwenden und diesem zu folgen. Bist du in einer Paarbeziehung, verläuft dein Weg zum sexuellen Glück natürlich anders, als wenn du allein lebst. Du erfährst zum Beispiel, warum es reicht, wenn in einer Partnerschaft sich einer von beiden ändert. Das ist eine gute Nachricht. Sie legt die volle Macht über dein Liebesglück in deine Hände. Du musst nicht mehr hoffen, dass dein Partner anders oder besser wird. Bist du Single, so kannst du gespannt sein auf deine Möglichkeiten für eine ganz besondere sexuelle Entwicklung und vielleicht abenteuerliche Entdeckungsreise. Am Ende des Buches folgt ein Praxisteil, der dir das Tor zu einem kleinen Lusthimmel öffnet. Probiere aus, was davon zu dir passt. Möge das Buch alle Leser*innen dazu ermutigen, den weiblichen Körper beim Sex führen zu lassen, damit sowohl die eigene kleine als auch die große Welt ein bisschen liebevoller, zufriedener und bunter wird.

Anmerkung:

Dieses Buch ist für die heterosexuelle Beziehung geschrieben. Aber auch für jede andere Beziehungsform enthält es grundlegende und wertvolle Einsichten und Hilfen. Bei den schräg gedruckten Textteilen handelt es sich um authentische Berichte von Seminarteilnehmer*innen oder von der Autorin. Ist kein Name angegeben, handelt es sich um einen Beitrag der Autorin. Alle Namen der Teilnehmer*innen wurden anonymisiert.

Teil 1:

Ausgangslage: Wie es in den meisten Liebesbetten derzeit aussieht

„Wenn Frauen Lust vortäuschen, um es dem Mann recht zu machen, verlieren sie die Verbindung zu ihrem eigenen Körpergefühl und damit ihr sexuelles Glück.“ (Online-Orgasmus-Kurs für Frauen)4

Wenn du nun durch das Schlüsselloch in andere Liebesbetten hineinschaust, siehst du ein großes Spektrum von Themen rund um die schönste Sache der Welt. Manche Frauen möchten den herkömmlichen Sex nicht mehr mitmachen, aber sie haben keinen blassen Schimmer von Alternativen dazu. Andere trauen sich nicht, ihre Bedürfnisse anzumelden, oder finden ihren Körper einfach nicht schön genug und verzichten deshalb auf Sex. Daneben brennt das weibliche Kummer-Thema Orgasmus auf den Nägeln. Etliche Frauen leiden am mangelnden sexuellen Appetit ihres Partners. Da und dort tut Sex sogar weh. Du schaust dir diese Vielfalt an Herausforderungen jetzt an und hältst es für möglich, dass die gesamte sexuelle Misere der Frau nur auf dem in der Einleitung erwähnten einen alten Fehler beruht, der berichtigt werden kann.

1. Was Frauen abtörnt: Bloß nicht wieder Kaninchen

Die sexuelle Unzufriedenheit von Frauen nimmt rapide zu.5 Der tief verankerte männliche Zugang zur Lust ist auf das Erreichen des Orgasmus fixiert. Die dafür eingesetzten automatischen Verhaltensweisen, wie zum Beispiel das schnelle Rein-Raus beim Sex, haben jedoch ausgedient. Socken, die Zahnpastatube und andere Kleinigkeiten des Alltags, die manchmal wie aus heiterem Himmel weibliche Zornesausbrüche auslösen, sind Indizien dafür. Sie sind schrille Alarmzeichen: Es stimmt nicht (mehr) im Bett. Herumliegende Socken nerven, wenn der Sexsegen schiefhängt. Denn nach einer wirklich beglückenden Liebeserfahrung singt und schnurrt manche Frau wie eine Katze, während sie völlig entspannt seine Socken wegräumt.

„Beim Sex denke ich oft: Nein, bloß nicht wieder Kaninchen – diese monotonen rhythmischen Rein-raus-Bewegungen. Aber ich sage es nicht und hoffe, dass er schnell kommt, damit ich nicht wieder wund bin.“ (Michaela, 33 Jahre)

Solche Feedbacks von Frauen sind keine Seltenheit. Ordner mit Aufschreien der weiblichen Lustseele füllen meine Regale. Dabei scheint sich so vieles in den letzten Jahrzehnten zum Guten verändert zu haben. Es wird endlich über Sex geredet, zumindest in den Medien. Doch in vielen Liebesbetten sieht es nach wie vor bedenklich aus. Traust du dich als Frau, den Lusteifer deines Partners mitten im Liebesspiel zu stoppen, wenn du Schmerzen davon bekommst? Auch wenn du es vielleicht immer wieder probierst: Es funktioniert nicht, wenn du mit männlichen Techniken – schneller, fester, besser, öfter – deinen weiblichen Körper traktierst. Gegen deine eigenen körperlichen Impulse zu verstoßen, erzeugt berechtigterweise mehr und mehr Abwehr in deinem Körper und führt früher oder später ganz ins Sexaus. Oftmals verhindert auch der Zeitpunkt für die körperliche Liebe das Erblühen der weiblichen Lust. Abends sind alle Beteiligten erschöpft und müde. Wenn überhaupt, reicht es vielleicht noch für einen kurzen Quickie. Und du klebst wieder einmal Rabattmarken6 in dein inneres Heft der Unzufriedenheit, während er daneben selig schnarcht. „Beim nächsten Mal wird es besser!“, nimmst du dir vor. Vielleicht träumst du davon, dass all die unerlösten Höhepunkte in deinem Becken doch noch eine Chance bekommen. Aber der für die Frauenlust so tödliche und oft plötzliche Zwei-Hände-Griff an Brüste und zwischen die Beine lauert vielleicht schon. So ein direkter sexueller Zugriff würgt meistens die Lust der Frau ab. Wünschst du dir nicht auch, dass dein Partner zuerst dein Herz berührt? Und in der Tat scheint es eine geheime Verbindung vom Herzen zur Lust der Frau zu geben. Umgekehrt berichten Männer, dass sich ihr Herz erst öffnet, wenn sie guten Sex hatten. Das sieht erst einmal wie ein unlösbares Dilemma aus, oder?

Meiner Meinung nach gibt es keine lustlosen Frauen. Wohl gibt es Frauen, die zurecht auf das, was sie bisher sexuell erlebt haben, keine Lust mehr haben. Sie möchten nicht länger den männlichen Spielregeln im Bett folgen und die Botschaften ihres eigenen Körpers übergehen. Wenn sich nach der ersten Verliebtheit Routine im Bett breitmacht, wird es langweilig und eintönig. Sex läuft dann immer nach dem gleichen Schema ab. Für manchen Mann ist leider die Pornowelt Grundlage seiner Liebeskünste. Damit liebt er glatt an der Frau vorbei und ebenfalls an seinem eigenen Herzen. Auch deshalb nimmt die sexuelle Unzufriedenheit von Frauen rapide zu. Und das ist gut so. Denn Unzufriedenheit muss nicht in Resignation führen. Sie kann vielmehr ein Weckruf für eine dringend notwendige Veränderung sein. Dein inneres Gespür macht sich in Form von deutlichem Unbehagen bemerkbar: Es ist an der Zeit, dass du als Frau sexuell zu dir stehst und die alten Mitmach-Mechanismen hinter dir lässt. Vermutlich kannst du dir nicht vorstellen, wie das gehen soll. Du wirst es hier erfahren.

Fazit:

Kaninchensex wird den weiblichen Bedürfnissen nicht gerecht.

2. So will ich es nicht. Aber was will ich eigentlich?

Noch vor sechzig oder siebzig Jahren hat das eiskalte Schlafzimmer im Winter bei Oma und Opa sicherlich keine ausgedehnten erotischen Liebesspiele begünstigt. Sex wurde zudem durch die Religionen auf das Kinderkriegen reduziert. Die Frau musste sich damals unterordnen. Und auf einmal soll sie das Sagen haben? Woher soll sie das sexuelle Wissen über ihren Körper nehmen? Er hat ihr bisher nur klar signalisiert, was er nicht möchte.

Die Lust der Frau ist nicht nur für Männer ein Rätsel, sondern auch für viele Frauen selbst. Wenn du nicht mit deiner wirklichen sexuellen Lust und deinem Körper verbunden bist, setzt du dich leicht unter Druck, um Erregung und Genuss zu erzwingen. Vielleicht erhoffst du, durch die richtige und lange Stimulierung deiner Vagina sexuell in Wallung zu geraten. Das ist anstrengend und in der Regel zum Scheitern verurteilt. Wiederholte Frustration führt dann zu einer Vermeidungshaltung.

Männer und Frauen sind unterschiedlich. Das ist in Ordnung. Doch sowohl im Mann als auch in der Frau ist die weibliche Seite der Lustmedaille unterentwickelt. Viele Frauen würden lieber den Weg und die Details am Wegesrand genießen und sich darin verlieren. Das Drumherum, alles Verspielte und die Lust an Körperstellen, bei denen sich kein Mann vorstellen kann, dass dort eine erotische Ader fließt, entfacht oft erst den sexuellen Appetit der Frau.

Kannst du dir so ein richtig schönes, fast zeitloses Liebesspiel vorstellen? Wie sollte es beginnen? Möchtest du eine ausgiebige Massage oder ein anderes Vorspiel, bevor du dich für die Vereinigung mit deinem Partner öffnest? Und wenn du kein Fan des schnellen Rein-Raus bist, wie sonst wünschst du dir das Spiel zwischen Penis und Vagina?

Eine besonders interessierte Frauengruppe startete einmal das große Zucchini-Experiment. Vier Abgesandte besuchten den Wochenmarkt. Am Gemüsestand berieten sie ausgiebig über Größen und Formen. Schließlich kamen sie mit einem prall gefüllten Einkaufskorb voller Zucchini zurück. Jetzt wurden die Exemplare fast eine Stunde lang in warmes bis heißes Wasser getaucht, bis sie die erforderliche Temperatur erreicht hatten und geschmeidiger geworden waren. Zusätzlich mit einem Kondom bestückt, verzog sich dann jede Frau in ihr stilles Kämmerlein. Anlass war die Frage: Wie sollte sich ein Penis nach der Penetration in mir bewegen, damit es mir gefällt? Alle waren sich einig, dass es schwierig werden könnte, das mit einem erregten Mann in aller Ruhe auszuprobieren. Etliche Männer bekämen sicherlich Angst, ihre Erektion zu verlieren. Für andere wäre es befremdlich, in ihrem üblichen Prozedere unterbrochen zu werden. Welche Frau hätte den Mut, darum zu bitten? Es wurde nach Alternativen gesucht. Und so fiel die Wahl auf Zucchini. Es gab sie in allen Größen und Formen. Dem Forschergeist waren kaum Grenzen gesetzt. Frauen probierten nun kleinere und kleinste Bewegungen aus, um zu entdecken, was ihnen wirklich Lust bereitete. Und siehe da: Keine der Frauen verfiel ins bekannte und schnelle Rein-Raus. Sie bevorzugten die stille und langsame Gegenwart des Besuches in ihrer Vagina. Kleine kreisförmige Bewegungen, Druck zur Seite hin, nach vorne oder nach hinten – so vieles war auf einmal möglich. Da gab es ein neues Universum zu entdecken und alle kamen mit roten Backen und glänzenden Augen zum anschließenden Austausch zusammen. Natürlich erheitern sich bis heute die Einkäuferinnen über das verdutzte Gesicht der Gemüsefrau am Marktstand, die sich darüber wunderte, warum auf einmal Größe und Form ihres Gemüses wichtig waren.

Ob Zucchini, Dildo oder Vibrator – was immer als Penisersatz geeignet ist, kann für eine solche Selbsterforschung genutzt werden. Mit einer Zucchini konnten sich die Frauen viel Zeit lassen. Schon das sanfte Tasten um den Eingang herum war neu. Erst als ihre Vagina bereit war, konnten sie sie ganz langsam einführen: drei Schritte vor und wieder zwei zurück, bis das Verlangen schließlich siegte. Beim Liebesspiel sagt die erste Penetration schon viel über die Qualität der sexuellen Begegnung aus. Darf der weibliche Körper führen oder wird er übergangen? Manchmal ist die Vagina noch sehr eng und das Eindringen ist schwierig. Nicht selten wird der Penis einfach gegen diesen Widerstand hineingezwängt. Das ist für die Frau unangenehm oder tut weh. Zudem ist es unwahrscheinlich, dass daraus eine erfüllende sexuelle Begegnung entsteht. Der weibliche Tempel der Lust öffnet sich wie eine Blume von selbst, wenn er bereit ist. Oder eben auch nicht, wenn es nicht passt. Den Zeitpunkt der Penetration müssen die Frau und ihr Körper bestimmen dürfen. Kommen von dort die Signale dafür, ist der Mann von Herzen willkommen. Dann hat er die Chance, zu erleben, wie der Frauenkörper vor Lust nach ihm vibriert.

Die Vereinigung ist jedoch nur ein Aspekt der Lust der Frau. Lange davor entsteht sie an tausend Stellen im Körper, und besonders dann, wenn die Sexzentren wie Brüste und Vagina liebevoll umgarnt, aber vorerst nicht direkt berührt werden. Um auf den Körper lauschen zu können, musst du tatsächlich die Zeit anhalten, oder besser gesagt die gewohnte Geschwindigkeit drastisch drosseln. Sonst hast du keine Chance, hinzuspüren. Hast du schon einmal deinen Körper von Kopf bis Fuß erforscht, um alle Lustporen zu entdecken? Erst wenn du selbst weißt, was du brauchst und möchtest, kannst du es deinem Partner vermitteln. Leider scheinen manche Frauen wenig Bereitschaft zu haben, diese Entdeckungsreise für sich allein zu machen, selbst wenn ihnen eine Fülle von Berührungsanleitungen als Hilfe zur Verfügung stehen. Dagegen gelingt das Unterfangen gut in Frauengruppen. Nach anfänglicher Scheu ergründen die Teilnehmerinnen miteinander begeistert alle Höhen und Tiefen der Lust. Deshalb ist der Frauenkreis eine wichtige Brutstätte für die wirkliche weibliche Lust, ein kleines Forschungslabor, das die Frauen schult und auf den Ernstfall zu Hause vorbereitet. Ist die Lust der Frau einmal entfaltet, bedeutet das weit mehr als eine erfüllende Sexualität für Mann und Frau: Sie ergreift und umfasst das ganze Leben. Wo sie einkehrt, muss Überaktivität und das Jagen nach Zielen und Dingen immer mehr weichen und dem Verweilen im Sein Platz machen. Aus der Quelle tiefer Entspannung werden Frau und Mann miteinander gespeist und genährt. Das Missverhältnis zwischen Spannung und Entspannung, zwischen Aktivität und Ruhe, zwischen Planen und Hingabe wird in ein harmonisches Miteinander verwandelt.

Fazit:

Dein Körper kennt den Weg zu deiner Lust.Nimm dir genügend Zeit zum Hinspüren.

3. Wie sage und zeige ich es ihm bloß? Der Kopfkissenzipfel im Bett

Wenn du herausgefunden hast, was sich körperlich gut anfühlt, bist du deinem sexuellen Glück deutlich näher gekommen. Aber es fehlt noch ein weiterer wichtiger Schritt. Denn du musst es auch deinem Partner so vermitteln können, dass dieser es versteht und gerne umsetzt. Wie soll ein Mann deine Bedürfnisse erraten oder in deinen Augen ablesen? Auch er ist oftmals nicht glücklich über die Situation im Liebesbett. Es macht ihm vermutlich keinen Spaß, eine Frau zu berühren, die reglos vor ihm liegt, was nicht selten vorkommt. Er streichelt dann seine Liebesmühen ohne jegliche Resonanz ins Leere. Ich nenne das in Seminaren oft humorvoll das „Toter-Hase-Syndrom“. Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, dass die Frau eine stille Genießerin ist. Aber es würde dem Mann das Lieben schon erleichtern, wenn ihm da und dort ein Räkeln und ein Seufzen an der richtigen Stelle den Weg weisen würden.

Ich habe den ‚toten Hasen‘ bei Frauen immer wieder erlebt und finde ihn für mich sehr anstrengend. Wenn ich Frauen intim berührte, haben sie absolut gar nicht reagiert. Weder positiv noch negativ. Ich war völlig verunsichert und wusste nicht, ist das jetzt in Ordnung oder nicht? (Michael, 60 Jahre)

Viele Frauen trauen sich kaum, ihre sexuellen Wünsche körperlich oder verbal zu äußern. Das Pfui zwischen den Beinen, das vermutlich schon dem kleinen Mädchen eingeimpft wurde, behindert als kollektive Scheu die erwachsene Frau. Dazu gesellt sich noch eine individuelle Scham. Denn jede Frau hat im Bett ihre typischen Eigenarten. Wenn sie diese durch Selbstbefriedigung entdeckt hat, heißt das noch lange nicht, dass sie bereit ist, sie preiszugeben, auch wenn sie sich im tiefsten Inneren noch so sehr danach sehnt.

Mir schnürt es den Hals zu, wenn ich versuche, meine Bedürfnisse auszusprechen. (Anna-Maria, 31 Jahre)

Eine Teilnehmerin traute sich erst gegen Ende der gemeinsamen Reise durch sieben Wochenenden im geschützten Frauenkreis über ihr sexuelles Handicap zu sprechen. Sex mit Männern war nicht erfüllend für sie und deshalb wollte sie am liebsten darauf verzichten. Misserfolgserlebnisse reihten sich aneinander. Bei intimen Begegnungen wiederholte sich stets das gleiche Spiel. Der Mann hatte seinen Spaß, während sie sexuell unbefriedigt und frustriert zurückblieb. Sie war mit einem Mann noch nie zum Orgasmus gekommen, während sie allein damit keinerlei Probleme hatte. Ich hakte nach, wie sie sich selbst zum Höhepunkt brachte. Mit Schreck im Gesicht rang sie nach Fassung. Nach einigen Minuten berichtete sie, dass sie nur zum Orgasmus kam, wenn sie sich – auf dem Bauch liegend – an einem Kopfkissenzipfel, der zwischen ihren Beinen lag, hin und her rieb. So und nur so gelang es ihr. „Kein Wunder“, wollte ich sie ermutigen, „dass das dann beim normalen Liebesspiel nicht funktioniert. Das sind ja andere Bewegungen und Berührungen.“ Schließlich schlug ich ihr vor, beim nächsten Mal den Kopfkissenzipfel ins Liebesspiel einzubauen. „Oh nein“, stöhnte sie, „das traue ich mich nicht, nie, niemals.“

So geht es vielen Frauen mit ihren sexuellen Besonderheiten. Sie meinen, sie seien nicht normal, und haben Angst vor der vielleicht abweisenden oder spottenden Reaktion des Mannes. Sie sagen und zeigen ihm nicht, was sie wirklich brauchen, und machen stattdessen Dinge mit, die definitiv nicht hilfreich sind, was ihre Lust und den Orgasmus betrifft. Jede Frau hat ihren eigenen Kopfkissenzipfel. Solange sie nicht sagt und zeigt, wie der Zugang zu ihrer Lust gelingen kann, sitzt sie verloren am Rande des sexuellen Spielfeldes und geht mehr oder weniger leer aus. Manchmal wird sie sogar ärgerlich auf den Mann, der nichts von allem erahnt. Schon allein das Thema Zeit ist ein großes Handicap in Liebesdingen. Die Wissenschaft bestätigt, dass ein gesunder Mann durchschnittlich maximal zwei bis vier Minuten bis zum Höhepunkt braucht.7 Dagegen dauert es bei der Frau mindestens fünfmal so lang, nämlich zwischen vierzehn und zwanzig Minuten. Das sind Durchschnittswerte. Die können individuell viel weiter auseinanderliegen.

Allein ist alles einfacher. Mit meinem Partner muss ich immer wieder gegen meine Scham ankämpfen, mir immer wieder einreden, dass ich das Recht habe, dass ein Mann sich um mich bemüht, dass ich seine Zeit, auch viel Zeit, in Anspruch nehmen darf, weil ich genau wie er auch ein Recht auf einen Orgasmus habe. (Silvia, 41 Jahre)

Eine sexuelle Begegnung mit meinem Partner dauert circa fünfzehn Minuten. Ich habe dabei Angst, dass es bei mir zu lange dauert und mich mein Freund dann zu kompliziert findet und sich abwendet. (Nicole, 36 Jahre)

Das sexuelle Selbstwertgefühl der Frau ist ein Entwicklungsland mit viel Luft nach oben.

Ich erinnere mich genau an meine erste feste Liebesbeziehung. Obwohl Ehrlichkeit einer meiner höchsten Werte war und immer noch ist, hatte auch ich meinem damaligen Freund zwei Jahre lang Orgasmen vorgetäuscht. Meinen Körper kannte ich genau. Er hatte mir bereits unzählige klitorale Orgasmen beschert. Aber was allein mühelos gelang, klappte einfach nicht beim Geschlechtsverkehr. Die Lust war da, aber sie steigerte sich nie zu einem Höhepunkt. Ich wollte eine gute Geliebte sein und täuschte deshalb vor. Danach fühlte ich mich doppelt schlecht: Zum einen beklagte ich das verlorene Gipfelerlebnis. Zum anderen hatte ich Schuldgefühle, weil ich nicht ehrlich war. Wie in einem Stausee stieg nach jedem Liebesspiel der Wasserpegel der Frustration höher, bis ich schließlich beschloss, meinem Partner reinen Wein einzuschenken. Damit ich meinen festen Entschluss nicht wieder rückgängig machen würde, rief ich ihn vormittags an, um ihm mitzuteilen, dass ich bei seinem Besuch am Abend mit ihm über unsere Sexualität sprechen müsse. Es fiel mir unglaublich schwer. Aber nachdem einmal die Redeschleusen geöffnet waren, sprudelte alles aus mir heraus. So sprach ich auch zum ersten Mal über den sexuellen Missbrauch in meiner Jugend. Irrtümlicherweise vermutete ich damals, dass dadurch etwas in mir kaputtgegangen war und sich deswegen keine Orgasmen bei der sexuellen Vereinigung einstellten.

Die sexuelle Sprache zu erlernen, ist das eine. Detailliert am Körper dem Partner zu zeigen, welche Berührungen wo guttun, ist mindestens genauso schwierig. Etliche Frauen berichten, dass sie sich nicht trauen, ihm zu zeigen, wie er sie sexuell berühren soll. Deshalb befriedigen sie sich neben dem schlafenden Mann nach gemeinsamem Sex anschließend selbst.

Nach der Trennung von meinem Mann nach 33 Ehejahren hat es tatsächlich einige Zeit gedauert, bis ich bereit war, einen neuen Partnerschaftsversuch zu wagen. So bin ich bei einem sehr liebe- und lustvollen Mann gelandet, der jedoch auf sexuellem Gebiet tatsächlich ein Analphabet ist. Deshalb ist es so wichtig, dass ich ihm sage und zeige, was mir Spaß macht, was ich eigentlich bei meinem Mann sehr gut konnte. Doch auf einmal spüre ich bei dem neuen Partner wieder diese uralten Hemmungen, ihm meine Bedürfnisse nach Langsamkeit und ganzkörperlicher Berührung zuzumuten. (Sophie, 63 Jahre)

Wenn du einen Mann nicht wissen lässt, wo sich deine Lustporen verstecken, dann lebst und liebst du tatsächlich mit einer angezogenen Handbremse. Du beschränkst dich damit auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner, während wirkliche Intimität und sexuelle Erfüllung brach liegen. Eine große Studie des Projekts Theratalk8 bestätigt, dass viele intime Bedürfnisse dem Partner nicht vermittelt werden. Gleichzeitig stellte sich heraus, dass 84 % der sexuellen Wünsche der Frauen erfüllt werden könnten, wenn der Partner sie wüsste.

Fazit:

Die meisten deiner sexuellen Wünsche können erfüllt werden, wenn der Mann sie kennt.

4. Auf den Orgasmus, fertig, los: Leisten oder lieben?

Wenn du leicht und mühelos zum Orgasmus kommst, kannst du dieses Kapitel überspringen und die Studien bei den Anmerkungen im Anhang lesen. Sie werfen ein deutliches Licht auf die Fakten rund um Lust und Orgasmus der meisten Frauen. Für viele Leserinnen wird die Lektüre der Studien schon spürbare Erleichterung bringen, einfach aus dem Grund, weil sie sich mit ihrer Orgasmus-Misere nicht mehr allein auf weiter Flur fühlen.

Die Kopfkissenzipfel-Geschichte ist ein Beispiel dafür, dass selbst heutzutage in Frauengruppen der Orgasmus noch ein Tabuthema ist. Keinen Orgasmus bekommen zu können, empfinden betroffene Frauen wie einen Makel, den sie verstecken möchten. Es fällt ihnen schwer, sich damit zu outen. Diejenigen, die ihn klitoral erreichen, schielen sofort nach dem vaginalen. Und von da aus werden der multiple, der kosmische und der gleichzeitige Orgasmus ins Visier genommen. Die Erwartungsspirale scheint sich erbarmungslos immer höherzuschrauben, sodass aus dem Orgasmus ein Orgas-Muss wird.

Bei einem Wettlauf mit dem Mann um den Orgasmus stehen die Chancen für die Frau rein statistisch nicht gut, wie wir im letzten Kapitel gesehen haben. Liegt es daran, dass sie mehr will, als die Evolution für sie vorgesehen hat? Oder ist die Orgasmus-Problematik der Frau eine Folge des falschen Zugangs zur Lust der Frau?

Leider hoffen viele Betroffene, dass der Mann von selbst die Liebesbegegnung so gestaltet, dass sie „mitkommen“. Immer noch ist ein Großteil der Frauen sexuell unmündig: ahnungslos, was die eigenen Bedürfnisse betrifft, sprachlos, wenn diese bekannt sind, und erschrocken zurückweichend, wenn der Mann ihre Sehnsucht nach Zeit, Herz, Blickkontakt, Langsamkeit, ganzheitlichem Sex abwehrt. In der Tat hat die Evolution anscheinend den gesunden Mann mit flotten Talenten ausgestattet. Und das muss wohl einen Sinn haben oder einmal gehabt haben.

Beobachte einmal das wilde Lusttreiben im Frühjahr am See. Enten sind zwar nicht unsere direkten Vorfahren, aber sie können uns auf humorvolle Weise zum Nachdenken anregen. Eine einzige Ente wird umschwärmt, bezirzt, umgarnt und schließlich begattet von aufgereihten Erpelschwärmen. Um seinen Samen im Wettkampf um das Überleben des Stärksten wirksam einschleusen zu können, muss ein Erpel nicht die Gunst der Stunde, sondern sogar die Gunst der Sekunde erhaschen: abspritzen und schnell weg. So kommen der nächste und übernächste und noch weitere zum Ziel. Unterschiedliches Saatgut erreicht den Bauch der empfangsbereiten Entendame für die große Auslese: Millionen sprintbereiter Spermien sind am Start, um die Konkurrenz auszuschalten. Es ist nicht böse gemeint, wenn sich der einzelne Erpelmann nach getanem Hauruck-Akt ausruht, sich zur Seite dreht, um nach kurzem Fickerchen sein verdientes Nickerchen zu halten. Es dient der Evolution, wenn er dem nächsten sofort Platz macht. Und die Ente? Ihr Wasserkessel der Lust kann fröhlich weiterdampfen, lodern und kochen, bis alles erdenkliche Liebesmaterial für beste Evolutionszwecke aufgesammelt wurde. So weit ein Ausflug in die Natur. Könnte es sein, dass davon noch hier und da etwas in unseren Zellen pocht?

Doch ach, welch Drama für die begabte Liebhaberin! Da ist doch anscheinend im Laufe der Jahrmillionen ein evolutionärer Schlaumeier auf die Idee gekommen, sich eine einzelne Frau komplett unter den Nagel zu reißen. Auf diese Weise konnte er das Fortleben seines Erbguts sichern, anstatt seinen gesamten Spermapfropf bei der großen Endausscheidung mit den Mitstreitern im Weibesinneren zu riskieren und vom Aussterben bedroht zu sein. Während also eine Ente genüsslich auf dem Teich schwimmt und sich vom Frühlingsahnen und den vielfältigen Umwerbungen die Lust in die Adern treiben lässt, versucht die moderne Frau dem rasanten Rhythmus eines vereinzelten Erpelmannes zu folgen, der – von den Artgenossen im Stich gelassen – nun allein das aufwendige Anwärmen der Angebeteten zustande bringen soll. Kaum im Bett, überrascht die so manchem Mann noch in den Poren steckende Eile.

Ich hatte schon immer Männer, denen ich es sexuell recht gemacht habe. Ich habe es für mich stets als viel zu schnell empfunden und nicht wirklich erfüllend. (Margarethe, 54 Jahre)

Ich habe überhaupt keine Lust auf schnellen Sex. Früher habe ich alles zugelassen. Ich hatte Angst, ihn zu verlieren, wenn ich nicht mitmache. (Silvia, 42 Jahre)

Mann und Frau haben – und in dieser Hinsicht hilft das Entenbeispiel – einen unterschiedlichen Rhythmus und andere Zugangspforten zur Sexualität. Keine Frau der Welt wünscht sich eine aufgereihte Männerrunde, aber die richtigen Eintrittskarten ihres Liebsten für ihre Lustseele. Vermutlich war die Menschheit noch nie in ihrer Geschichte von so viel Sex umhüllt wie heute: Alle Illustrierten, die Werbung, das Internet leuchten die sexuelle Verheißung permanent in unsere Fantasien hinein. Nur bis zu den Liebesbetten scheint sie nicht durchzudringen. Innerhalb der letzten Jahrzehnte ist die sexuelle Unzufriedenheit von Frauen drastisch angestiegen.9

Nach dem Sex bin ich enttäuscht und frustriert. Manchmal ziehe ich mich zurück und mache mir Vorwürfe. (Marianne, 38 Jahre)

Viele Männer und Frauen betrachten den Orgasmus als erwünschte Krönung ihres Liebesspiels.10 Was aber, wenn für die Frau die ersehnte Krone der Lust ganz ausbleibt und einfach nicht ins dürstende Bett gezwungen werden kann?

Ich fühle mich nur wie eine halbe Frau, weil ich keinen Orgasmus bekomme. (Stefanie, 27 Jahre)

Ich habe schon manchmal Angst, verlassen zu werden, wenn ich keinen Orgasmus im Bett habe. (Angelika, 34 Jahre)

Immer noch ist ein großer Prozentsatz von Frauen nicht orgasmusfähig.11 Das Gipfelerlebnis stellt sich nicht ein oder wird nur allein im stillen Kämmerlein erreicht. Das daraus resultierende sexuelle Minderwertigkeitsgefühl führt zum Vortäuschen des Orgasmus12 oder zur mehr oder weniger regelmäßig mit dem Partner geteilten Enttäuschung im Bett.

Fast immer täusche ich den Orgasmus vor, weil ich ihm nie erklären könnte, warum ich trotz aller Bemühungen seinerseits nicht zum Orgasmus komme. Außerdem kommt man aus der Nummer nur schlecht wieder heraus, wenn man einmal angefangen hat. (Nicole, 36 Jahre)

Wir sind schon seit achtzehn Jahren zusammen, und mein Partner weiß, dass ich noch nie einen Orgasmus hatte. Das belastet unsere Liebesbeziehung. (Christel, 45 Jahre)

Ich sage mir immer wieder, der Orgasmus ist ja nicht das Wichtigste. Aber das sind nur Beruhigungsversuche von mir, um mit der Frustration klarzukommen. (Vivian, 52 Jahre)

Ist das nicht tragisch? Die besten Orgasmus-Erlebnisse haben orgasmusfähige Frauen angeblich bei der Selbstbefriedigung.13 Kaum ist jedoch der Partner anwesend, kann sich so manche Lustwillige nicht mehr fallen lassen und der ersehnte Höhenflug bleibt trotz fleißigen Bemühens aus. Vielleicht traut sie sich nicht, den Mann in ihre lustfördernden Berührungen einzuweihen. Und selbst wenn sie es tut, genügt manchmal ein einziger Millimeter Abweichung an der Klitorisperle, um höchste Wonnen in eine unerträgliche Folter zu verwandeln.

Bestenfalls ein Drittel aller Frauen kommt beim Sex regelmäßig zum Orgasmus: vaginal, klitoral, oral, anal, durch Brustwarzenberührung oder sonst wie. Nur ein Teil dieser Frauen kann bei der Penetration kommen. Dabei brauchen die meisten eine Zusatzstimulation der Klitoris, indem sie zum Beispiel gleichzeitig selbst Hand anlegen. Nur 4 % aller Frauen kommen rein vaginal zum Orgasmus.14 Wenn man bedenkt, dass die kühne Hoffnung vieler Liebenden der gleichzeitige Orgasmus ist, bewegen wir uns bei Wahrscheinlichkeiten, die einem „Sexer“ im Lotto ähneln.

Unwissen über die wirkliche Lust der Frau, in den Zellen gespeicherte Aversion gegen falschen Sex, mangelnde Erfahrung und fehlender Mut haben das Gefühl von Ohnmacht inmitten eines riesengroßen Orgasmus-Desasters zur Folge. Anstatt enttäuscht dazusitzen, wütend auf den schnarchenden Mann zu werden oder dich schnell an einem sicheren Örtchen selbst zu befriedigen, erfährst du hier, wie du das Ruder herumreißen und dein Handicap als Wegweiser zu mehr Echtheit und Intimität in deinem Liebesleben nutzen kannst – egal, auf welcher Stufe der Orgasmus-Leiter du dich gerade befindest.

Fazit:

Die am Mann orientierte Sexualität beschert Frauen Lust- und Orgasmus-Probleme.

5. Wie Schönheitswahn am Frauenkörper nagt

Ein positives Körperselbstbild verbessert bei Frauen nachweislich die sexuelle Lust und die Orgasmus-Häufigkeit.15 Doch kaum eine Frau ist rundum zufrieden mit ihrem Körper. Das ist kein Wunder angesichts der Tatsache, dass sie sich Tag für Tag mit den in Internet, Film und Fernsehen gezeigten perfekten Frauenkörpern in Konkurrenz sieht. Da und dort noch mit modernster Technik optimiert, scheinen sie das alleinige Objekt des männlichen Begehrens zu sein. Das Auge isst mit. Kann dann eine normale Frau überhaupt zum Appetithäppchen werden?

Frauen vergleichen sich – bewusst oder unbewusst – mit Bilderbuchschönheiten und mit jeder anderen Frau auf der Straße. Schon junge Mädchen und Frauen unterliegen den gängigen Modetrends und mühen sich für die Anerkennung der körperlichen Schönheit Tag für Tag ab. Auch sie leiden schon am Model-Syndrom16. Fastenkuren und immense Anstrengungen werden dort unternommen, wo die Hoffnung auf den idealen Körper Nahrung findet. In Twiggy-Zeiten17 war es in, spindeldürr zu sein. Das hat etliche wohlproportionierte junge Frauen zum Dauerhungern veranlasst. Magersüchtige Mädchen meinen, immer noch zu dick zu sein. Selbst die Schönsten der Schönen, die Models, sind unglücklich angesichts der Abweichungen von perfekten Zentimetermaßen oder der Muttermale am falschen Fleck. Auch den Makellosen droht im Hinterstübchen der unaufhörlich mahlende Zahn der Zeit.

Das traurige Ergebnis des Schönheitswahns: Frauen allen Alters fühlen sich ungenügend, ja sogar mangelhaft. Das dadurch gestörte Selbstwertgefühl schlägt sich im Erleben der körperlichen Liebe nieder. Anstatt sich hinzugeben, beginnt ein innerer Kampf im Versuch, ungeliebte Körperstellen zu verbergen und zu verstecken.

Jede Frau findet von Kopf bis Fuß etliche vermeintliche Mängel an ihrem Körper. Sind die Brüste zu klein, zu groß, zu schlaff? Hängt der Bauch herunter? Orangenhaut und Dellenpo, wabbelige Beine, zu dünne Haare, zu lange Nase, Körperbehaarung an der falschen Stelle, abstehende Ohren, zu kleiner Mund, krumme Füße – das Sortiment weiblicher Kritik am eigenen Körper scheint unüberblickbar. Während des Liebesspiels sind daher viele Frauen damit beschäftigt, sich so in Szene zu setzen, dass die ungeliebte Körperstelle nicht gerade zum Blickfang wird. So viel Angst herrscht vor der vermeintlichen Abwertung durch den Mann. Kann ein Liebesspiel erfüllend sein, wenn eine Frau dabei den Bauch einzieht?

Ich weiß gar nicht, wie es sich anfühlt, den Bauch zu entspannen. Seit der Pubertät ziehe ich ihn ein. Durch dieses jahrzehntelange Training habe ich vergessen, wie ich ihn wieder loslassen kann. Auch beim Liebesspiel halte ich ihn mit aller Kraft fest, damit mein Partner nicht sehen kann, wie dick er wirklich ist. Sex kann ich fast gar nicht genießen, weil ich von meiner Bauch-Einzieh-Nebenbeschäftigung völlig in Anspruch genommen werde. (Barbara, 45 Jahre)

Schon in der Pubertät war es mir peinlich, dass ich haarige Beine hatte, dicke Augenbrauen und auch im Gesicht wuchsen einzelne Barthaare. Meine Enthaarungsangelegenheiten habe ich immer im Verborgenen gemacht und gehofft, dass ich nichts übersehen habe. Dann hatte ich Angst, dass mir mein Liebster über die Beine streichelt und die Stoppeln spürt. (Pia, 39 Jahre)

Ich traue mich nicht, Sex von hinten zu haben, und suche immer Ausreden. Mein Freund soll nicht sehen, wie dabei mein Bauch herunterhängt. Ich habe mich selbst schon öfter in dieser Position im Spiegel betrachtet und das halte ich einfach nicht aus. (Veronika, 53 Jahre)

Gerne steuere ich auch eine meiner Erfahrungen mit dem Model-Syndrom bei. An späterer Stelle im Buch wirst du erfahren, auf welch schöne Weise mein körperlicher Makel Heilung erfuhr.