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Beschreibung

Die Anthologie zu einem umkämpften Recht

Wir alle wollen es sein: frei! Gut also, dass die Freiheit im Grundgesetz verankert ist. Nur: Wir meinen sehr unterschiedliche Sachen damit. Das gleiche Wort, inbrünstig gerufen aus unterschiedlichen Kehlen: von Abgeordneten sämtlicher Parteien, von Demonstrierenden jeglicher Gesinnung, von sehr vielen Menschen mit sehr unterschiedlichen Zielen. Haben wir die »Freiheit, frei zu sein« (Hannah Arendt)? Was bedeutet Freiheit für das Individuum wirklich? Und welche Rückschlüsse lassen sich daraus für die Gesellschaft ziehen? Die Autor:innen dieses Bandes begeben sich auf Spurensuche in ihrem eigenen Leben und gewähren überraschende Einblicke in zentrale Aspekte wie Konsum, Körper, Populismus, Arbeit, Klasse, Literatur und Liebe. Mit Texten von Deniz Utlu, Şeyda Kurt, Sven Pfizenmaier, Alexandra Stanić, Jayrôme C. Robinet, Franziska Gänsler, Ninia LaGrande, Marlene Engelhorn, Luna Al-Mousli, Anna Kim, Linus Giese, Sophia Süßmilch, Madita Oeming, Çiğdem Akyol, Elisabeth Wellershaus, Caroline Kraft, Franziska Hauser, Markus Liske, Barbara Blaha und Illustrationen von Nicolas Mahler »Entscheidend ist, welche Bedeutung ich der Freiheit zumesse und welche Vorstellung ich von ihr habe.« DENIZ UTLU »Freiheit ist: das bisschen letzte Hoffnung, dass es anders werden kann, dass es besser werden kann.« SOPHIA SÜSSMILCH »Wenn Geld Freiheit und Sicherheit bedeutet, darf es nicht verdienbar sein.« MARLENE ENGELHORN »Unfreie, die sich für frei halten, kämpfen nicht mehr.« MADITA OEMING

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Seitenzahl: 232

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INHALT

» Über die Herausgeberin

» Über das Buch

» Buch lesen

» Impressum

» Weitere eBooks von Kein & Aber

» www.keinundaber.ch

ÜBER DIE HERAUSGEBERIN

Tanja Raich wurde 1986 in Meran (Italien) geboren und lebt in Wien. Sie arbeitet als Herausgeberin, Autorin und Programmleiterin für Kinderbuch und Literatur. Zuletzt erschienen ihre Romane Jesolo und Schwerer als das Licht sowie bei Kein & Aber die Anthologie Das Paradies ist weiblich.

ÜBER DAS BUCH

Wir alle wollen es sein: frei! Gut also, dass die Freiheit im Grundgesetz verankert ist. Nur: Wir meinen sehr unterschiedliche Sachen damit. Das gleiche Wort, inbrünstig gerufen aus unterschiedlichen Kehlen: von Abgeordneten sämtlicher Parteien, von Demonstrierenden jeglicher Gesinnung, von sehr vielen Menschen mit sehr unterschiedlichen Zielen.

Haben wir die »Freiheit, frei zu sein« (Hannah Arendt)? Was bedeutet Freiheit für das Individuum wirklich? Und welche Rückschlüsse lassen sich daraus für die Gesellschaft ziehen? Die Autor:innen dieses Bandes begeben sich auf Spurensuche in ihrem eigenen Leben und gewähren überraschende Einblicke in zentrale Aspekte wie Konsum, Körper, Populismus, Arbeit, Klasse, Literatur und Liebe.

Tanja Raich

VORWORT

Freiheit. Dieses alte, dieses grundlegende, dieses aufgeladene und missverstandene Wort. Freiheit entzündet etwas in uns, vielleicht das, was wir (auch) mit dem Menschsein verbinden oder uns zumindest vom Menschsein wünschen. Damit geht nicht nur eine Sehnsucht einher, sondern auch ein Versprechen, eine Forderung, ein politisches Ziel. Gerade deshalb ist es ein Begriff, der für jede neue Revolution, für jede neue Bewegung notwendig bleibt, nichts anderes steht immer noch so sinnbildlich für Selbstbestimmung und Gleichberechtigung. Wir wollen frei sein. Wir wollen in einer freien Gesellschaft leben, doch scheitert dieses Wort vor allem und gerade an diesem Wir. Wer spricht hier von Freiheit, und von welcher Freiheit ist überhaupt die Rede?

Freiheit. Es ist ein Wort, das beschadet und beschmutzt ist, das an den mörderischen Hohn im KZ erinnert, rechter Kampfbegriff geworden ist, Parole für jeden noch so kleinen Anlass, selbst wenn es um einen Impfstoff oder um die Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Autobahn geht, ist am Ende wieder von Freiheit die Rede. Freiheit kann für manche den Tod bedeuten, kann Propaganda in einer Diktatur sein, Freiheit kann also Freiheit für jene bedeuten, die andere unterdrücken und ermorden wollen, und gleichzeitig bleibt Freiheit der Begriff, den die Unterdrückten für sich einklagen müssen, um sich zu befreien. Daneben ist Freiheit auch noch Marketing für jedes Produkt, der Inbegriff unserer neuen Gesellschaft, frei sind jene, die ihr Leben in unserer Konsumgesellschaft in vollen Zügen genießen, ohne Rücksicht auf Verluste. Was für ein paradoxes Wort! Am Ende wird Freiheit zu einer Worthülse, die je nach Ideologie gefüllt werden kann.

Wir rühmen uns oft damit, in einer »freien« Gesellschaft zu leben, frei zu sein, als Individuum im besten Sinn, doch die Freiheit ist heute so gefährdet wie nie, möchte ich sagen, aber vermutlich ist sie so gefährdet, wie sie es immer schon war. Rechtspopulist:innen ergreifen die Macht, Großkonzerne sitzen auf einem Imperium persönlicher Daten, die Presse- und Meinungsfreiheit wurden bereits in vielen Ländern gekippt, genauso wie das Recht auf Abtreibung, im Iran setzen Menschen für die Freiheit ihr Leben aufs Spiel, während sich die weltpolitische Lage zuspitzt und neue Kriege die Welt in Schockstarre halten. Errungenschaften, die wir als »sicher« einstuften, sind es längst nicht mehr oder waren es nie. Auf der anderen Seite fühlen sich viele durch die »Identitätspolitik« ihrer Freiheit beraubt, genau dort, wo gerade um Freiheit und Gleichberechtigung gerungen wird. Während der Pandemie wurde von verschiedenen Lagern um den Begriff der Freiheit gerungen, aber wo beginnt sie nun, wo schadet sie anderen, wo haben wir sie verloren und wo gewonnen? Was ist überhaupt eine »freie« Gesellschaft, und worin ist unsere ganz persönliche Freiheit begründet? Kurzum: Wie frei sind wir wirklich, und was braucht es, um frei zu sein?

Freiheit. Es ist dieses Wort, das trotz allem treffend formuliert, wofür wir kämpfen müssen und wofür es sich zu kämpfen lohnt. Ein Wort, das so viel bereithält, ein Begriff, den wir immer wieder neu beleuchten und befragen müssen, den wir uns immer wieder zurückholen müssen, damit er das Eigentliche meinen kann: Menschen- und Grundrecht zu sein. Für alle!

Zwanzig Autor:innen haben sich in diesem Band auf Spurensuche begeben und befragen die »kleinen« und die »großen« Dinge, die für jede:n Einzelne:n den Ausschlag geben. Es wird um das Meer, um Liebe und Sex gehen, um Literatur, Konsum und Kapital, um eine Reise ins Weltall, die Hoffnung und noch vieles mehr. Mit jedem Text wird eine neue Facette der Freiheit beleuchtet, wird eine weitere Tür aufgestoßen, eröffnen sich überraschende Perspektiven auf unsere Gesellschaft und schlussendlich: auf uns selbst.

»Freiheit kann die Erfahrung sein, aus der Welt heraus den Blick auf die Welt zu schärfen«, schreibt Şeyda Kurt, »es bedeutet, […] sich im Kollektiven wie auch individuell die Freiheit zu nehmen, einen Neuanfang zu denken oder gar: anzufangen.« Also fangen wir an.

Elisabeth Wellershaus

BUNTES RAUSCHEN – FREIHEIT & MEER

Am Strand von La Carihuela ist an diesem Morgen kaum etwas los. Die Cafés, die sich die Costa del Sol entlang schlängeln, sind geschlossen. Anfang April trauen sich erst ein paar wenige ins Wasser. Fast bewegungslos liegt das Mittelmeer vor mir. Ich habe in diesem Meer schwimmen gelernt und mich unzählige Male am Salzwasser verschluckt. Ich habe mich tragen und von Wellen umspülen lassen und meinem Vater in den Sommerferien aus dem Wasser zugewinkt. Von Nordeuropa und Zentralafrika sind meine Eltern hergekommen, mein Vater blieb, meine Mutter kam und ging. Seit Jahrzehnten führen sie eine innige Ferienbeziehung, und so ist das Meer Teil unserer Familiengeschichte geworden.

Während meine Füße vom Wasser umspült werden, lasse ich mich von der schimmernden Oberfläche blenden und stelle mir vor, wie bewegt das Leben darunter wohl aussieht. Theoretisch könnten Delfine, Quallen oder verirrte Wale weiter draußen an mir vorüberziehen. Tintenfische, Zackenbarsche, Barrakudas, Thunfische oder Sardinenschwärme könnten meinen Weg kreuzen, sollte ich mich weiter ins Meer hineinwagen. Doch an der Oberfläche bleibt es still. An diesem Apriltag versteckt das wellenlose Meer seine Artenvielfalt – und gibt sich ungerührt von ökologischen, politischen oder historischen Verwerfungen. Ein verschwiegenes Blau verpasst dem Wasser den Anstrich von harmloser Ferienidylle. Überdeckt es mit einer vergilbten Seefahrerromantik, die mein Großvater – ein Hamburger Kapitän – mir vor langer Zeit vererbt hat.

Wenn ich an der Costa del Sol oder an anderen Küsten stehe, legen sich postkartenschöne Bilder gelegentlich wie schützende Decken über komplexe Realitäten. Sie legen sich über das Mittelmeer, das heute so vielen Zufluchtssuchenden zum Verhängnis wird. Über die Geschichten des Atlantiks, der von den Machtverhältnissen zwischen Europa, Afrika und den Amerikas erzählen kann. Über den riesigen Pazifik, der durch menschengemachte Klimaveränderungen kurz davorsteht, einige seiner schönsten Inseln zu verschlingen. Auch über problematische Handelsbeziehungen, die sich durch sämtliche Meere bewegen. Die undefinierbaren Freiheitsversprechen, die zu Großvaters Zeiten hinter Horizonten lockten, lösen sich nicht mehr ein. Dafür zeigt das Meer sich hinter blauen Urlaubsfolien längst in neuen Farben – diverser, brutaler, flexibler, bewegter.

Seit Studienzeiten begleiten mich die Texte des britischen Soziologen und Historikers Paul Gilroy, der den Atlantik in assoziatives Schwarz taucht. In den frühen 1990er-Jahren beschrieb er den Raum, in dem hybride diasporische Kulturen zwischen den Kontinenten entstanden, als Black Atlantic. Er umschrieb die Entwurzelungen, die während des Versklavungshandels stattfanden, wie das darauffolgende Ringen um Identität und Zugehörigkeit, aus dem neue Erfahrungs- und Gedankenwelten wuchsen. Transatlantische Verbindungen, die von entmenschlichender Grausamkeit berichten, aber auch von neuen Gemeinschaften und Zusammengehörigkeiten. Geschichten, die das Meer, das uns historisch verbindet, in ein hoffnungsvolles Schwarz tauchen.

Ende des 19. Jahrhunderts bestieg der US-amerikanische Soziologe und Historiker W. E. B. Du Bois ein Schiff, das nach Europa fuhr. Gilroy schreibt in einem Katalogtext über diese Reise: »Vierhundert Jahre nachdem Kolumbus den transatlantischen Menschenhandel eingeführt hatte, machte sich dieser kreolische Nachkomme von Sklaven und Sklavenhaltern auf, sein Harvardstudium der Philosophie und Geschichte […] in Berlin fortzusetzen.« Du Bois war aufgebrochen, um intellektuelle Spuren zu hinterlassen – auf einem Kontinent, dessen politisches und wirtschaftliches Handeln das Leben seiner Familie entscheidend geprägt hatte. Vielleicht hat er auf dem Weg nach Europa an der Reling gestanden, an die Schiffe gedacht, die seine Vorfahren in die USA brachten, und Verbitterung verspürt. Vielleicht hat er den Wellen gelauscht, die gegen die Schiffswand schlugen. Vielleicht hat er sich gefragt, wie das Meer die Erinnerungen an einstige Verbrechen bewahrt. Und vielleicht sind im selben Moment Wale oder Delfine vorbeigeschwommen.

Die Brutalität, die versklavte Menschen erlebten, als sie über dieses Meer transportiert wurden, liegt unter Schaumkronen begraben. Doch manche Meeressäugetiere haben sie beobachtet, schreibt die Schriftstellerin Alexis Pauline Gumbs. In ihrem Buch Unertrunken bringt sie die unsägliche Grausamkeit, die sich damals an Bord von Schiffen abgespielt hat, mit dem Leben unter Wasser in Verbindung – mit jenem Meer, das all die Körper aufnahm, die leblos über Bord gingen. Die Knochen dieser Körper wurden zum Sediment und Teil eines maritimen Ökosystems, das durch die Barten von atlantischen Grauwalen gefiltert wurde. Was für ein seltsamer Zufall, schreibt sie, dass diese Wale im Nordatlantik fast unmittelbar nach dem Ende der Middle Passage ausstarben.

Durch Denker:innen wie Paul Gilroy und Alexis Pauline Gumbs ist Schwarz eine der aufdringlichsten Farbassoziationen geworden, die ich mit dem Meer verbinde. Wobei die Farbe Rot mich ähnlich berührt. Als ich vor zwanzig Jahren eine Freundin auf dem Sinai besuchte, interessierte es mich noch nicht besonders, wie das Rote Meer zu seinem Namen kam. Heute weiß ich, dass es Blaualgen gibt, deren Blüten rötlich schimmern und eine Namenserklärung sein könnten. Oder ist das Meer doch nach den roten Felsen benannt, die an einigen Küstenteilen auftauchen? Waren es die altertümlichen Bezeichnungen für Himmelsrichtungen durch Farben? Biblische Bezüge zum Auszug Moses’ aus Ägypten, als das Meer zum Massengrab wurde? Oder spielt es am Ende keine Rolle mehr, weil aktuell jedem Meer blutrote Assoziation anhängen? Farben, die Fisch-, Wal- oder Beifang, Schleppnetzunfälle und Artensterben nachzeichnen. Tragödien, die sich in überladenen Schlauchbooten auf den Meeren abspielen, weil Menschen in ihren Heimatländern am Bleiben gehindert werden.

»Wenn du dich je wieder heimisch fühlen willst, vergiss die Liebe zum Meer, bevor du segelst, und halte deine Augen geschlossen, um keinen Groll zu spüren, gegen das Meer.« Diese Zeilen aus einem Brief von Abdalrahman Alqalaq gehen mir nicht aus dem Kopf. Was es Menschen abverlangen muss, die ihre Heimat auf unsicheren Wegen verlassen, um die Vergangenheit an einem neuen Ort zu verarbeiten und sich ein neues Leben aufzubauen. Das Trauma auf Abstand zu halten, wenn wieder einmal Bilder über Computer- oder Fernsehbildschirme flimmern, auf denen Blut im Sand versickert. Die Wucht des Meeres und die menschengemachte Gewalt mitanzusehen, die sich täglich über das Wasser transportiert. Die schäumende Gischt einer Welle, die brechen und ganze Häuser mit sich reißen kann. Plastikmüll, der noch in Jahrhunderten an den entfesselten globalen Konsum dieser Tage erinnern wird. Glänzende Ölfilme, die Vogelfedern verkleben. Verwundete Tiere und ertrunkene Menschen, die an Land gespült werden. Die Gewissheit, dass nicht jedes Boot von Schwimmerinnen wie Yusra und Sarah Mardini gerettet werden kann.

Wer 2023 von irgendeiner Küste aufs Meer blickt, wird kaum noch einen Ort der grenzenlosen Freiheit ausmachen. Erinnert die Sehnsucht nach dieser Freiheit nicht ohnehin nur an Zeiten, in denen europäische Entdecker:innen über Seewege den sogenannten Globalen Süden »erkundeten«? Klammert der Blick, mit dem ich an spanischen Stränden in Richtung Horizont schaue, sich nur noch an trügerische Nostalgien? Oder scheint in gegenwärtigen Meeren auch ein grüner Hoffnungsschimmer auf?

Aus den Augenwinkeln nehme ich ihn durchaus wahr. Vielleicht lässt sich Freiheit vor maritimer Kulisse dort umdefinieren, wo Menschen bereit sind, vom Meer zu lernen. Am Hafen von New York arbeitet derzeit eine US-amerikanische NGO daran, bis 2035 eine Milliarde Austern anzusiedeln – und die Zahlen danach stetig zu steigern. Es handelt sich dabei nicht um den Versuch, das Geschäft mit Meerestieren anzukurbeln, sondern um Bemühungen, die Biodiversität vor Ort zu erhöhen. Und es kommt noch besser: Angeblich dienen Austernriffe nicht nur einer Vielzahl an Spezies als Lebensraum, sie könnten bei entsprechender Anhäufung wohl auch so manchen Hurrikan abschwächen. Und sie sorgen dafür, dass enorme Mengen an Wasser pro Tag gesäubert werden – eine erwachsene Auster filtert knapp zweihundertfünfzig Liter am Tag. Ein regenerierter Austernbestand am New Yorker Hafen würde also auf mehreren Ebenen von den Verbindungen zwischen Mensch und Meeresbewohnerin erzählen.

Auch Alexis Pauline Gumbs entwirft in Unertrunken eine Verbindungslogik zwischen uns und ihnen. Dort, wo manche Biolog:innen in akademisch distanziertem Ton über »entfernte aquatische Cousinen« schreiben, plädiert sie für die Suche nach Gemeinsamkeiten. In lyrischer Genauigkeit erkundet sie die Familienverhältnisse von Flussdelfinen oder das Sozialverhalten Atlantischer Glattwale und zieht als Schwarze Feministin Lehren aus dem Verhalten unserer queeren, kämpferischen, verspielten, komplexen Verwandtschaft.

Auch mich verbindet eine ausgeprägte Zuneigung zu Walen und Delfinen, die ich mir nie ganz erklären konnte. Gumbs’ Worte versetzen dieses unerforschte Gefühl von Kinship in Schwingung. Und ist es jenseits anthropomorpher Gedankenspiele nicht auch längst an der Zeit, dass wir uns anderen Spezies annähern? Dass wir Abhängigkeiten und Gemeinsamkeiten erkunden und die Welt langsam, aber sicher doch noch als gemeinsamen Lebensraum akzeptieren lernen. Ich kann zwar nicht behaupten, dass ich mich jedem anderen Lebewesen so nahe fühle wie manchen Meeressäugetieren, aber eine gewisse Verbundenheit lässt sich selbst zu Einzellern ausmachen. Phytoplankton etwa trägt als zuverlässiger Sauerstoffproduzent das Leben im Meer auf zarten Schultern – und beeinflusst damit auch das unsere.

»I choose to believe that there is more kinship than the shared threat of capture«, schreibt Gumbs in einem Brief an die Literaturprofessorin Christina Sharpe. Ich teile ihren Optimismus, weil auch ich an die Kraft unterschiedlichster Verbindungen glaube. Vielleicht ist das ein Privileg. Mein Vater hat sich zwischen den Meeren ein Leben aufgebaut, in dem die Hoffnung auf Verbundenheit durchscheint. Doch an den meisten Tagen blickt er noch immer skeptisch aufs Wasser. Die ersten siebzehn Jahre seines Lebens hat er auf einer kleinen Insel vor der afrikanischen Küste verbracht, den Rest an der Costa del Sol. Als er seine Heimat verließ, war das diktatorische Regime von Francisco Macías Nguema in Äquatorialguinea gerade im Entstehen, und die Schreckensherrschaft von Francisco Franco in Spanien noch lange nicht vorüber. Ein Versprechen auf echte Freiheit ließ sich von sämtlichen Meeren aus nicht am Horizont ablesen.

Kurz nach meiner Spanienreise im Frühjahr fahre ich zu einer Freundin, die an der Ostsee aufgewachsen ist. Ich stehe auf der Hohwachter Seebrücke und hoffe auf vorbeischwimmende Schweinswale. Hier wirkt das Meer auf einmal fast wieder blau. Ist die Welt doch noch in Ordnung, frage ich mich, während ich kleine Segelboote vorbeischippern sehe. Minuten später rollt ein Plastikpinguin langsam vom Strand ins Meer. »Du schaffst es«, rufe ich ihm in Gedanken zu, weil ihm die Luft auszugehen scheint und er eine wirklich klägliche Figur macht. Dabei sind seine Überlebenschancen alles andere als schlecht, und natürlich ist das keine gute Nachricht – im Meer belaufen sie sich auf Jahrzehnte. Ich sehe ihm zu, wie er sich langsam auf die Wellen zubewegt, ein Stück Plastik mit Kulleraugen auf dem Weg zu neuen Horizonten. Neben Phytoplankton und Leuchttierchen, transatlantischer Vergangenheit und mediterraner Gegenwart, Freiheitssehnsucht und zarter Hoffnung auf ein achtsameres Zusammenleben wird auch dieser Pinguin die Farben des Meeres verändern.

Ich bleibe auf der Brücke zurück, lausche dem bunten Rauschen der Wellen, und sie flüstern: Welche Farbe hat die Zukunft?

Franziska Gänsler

HORSE POWER – FREIHEIT & KRAFT

Menschen lieben Pferde.

Ich liebe es, dass Pferdestärke noch immer die Einheit ist, mit der die Leistungskraft von Motoren beschrieben wird. Ich liebe Werbefilme, in denen italienische Innenstädte unter Hufschlägen zittern, in denen Staub aufgeworfen wird und an deren Ende sich eine muskulöse Silhouette vor einem rot leuchtenden Horizont abzeichnet, die Mähne im Wind. In Zeitlupe wird das Pferd zu einem Emblem, schwarz auf gelbem Grund. Scuderia Ferrari – Rennstall Ferrari.

Eine befreundete Person sagt, es ist die Erotik der motorisierten Kraft, die mich interessiert, und wer Dschinns von Fatma Aydemir gelesen hat, diese unfassbar gute Stelle, in der das gegenseitige Jagen auf der linken Spur als Lapdance beschrieben wird, »zwei Autos, eng umschlungen, bei 220 km/h«, der weiß, was damit gemeint ist. Und es stimmt, ich stelle mir das Fahren in dieser Geschwindigkeit berauschend vor, das Adrenalin, der Tunnelblick, das Gefühl, eine Gewalt zu lenken, die die Kraft von ein paar Hundert Pferden in sich trägt. Vor allem liegt in dieser Fantasie aber die Sehnsucht, dass mein 163 cm großer 50-kg-Körper eine Ermächtigung erfährt. Als wäre ich ein Transformer und das Auto Teil meiner physischen Form.

Wir fahren auf den Horizont zu, pinkfarbenes Licht legt sich auf den Kaschmir meines Brioni-Anzugs, auf meine glänzende Karosserie. Ich bin Cate Blanchett in Tár, die einen silbernen Porsche Taycan fährt, und das Orchester ist die Straße.

Manchmal fragt mich mein Kind, welches Tier wärst du gern. Und ich sage meistens ein Vogel, weil wer will nicht gern fliegen können, oder eine Hauskatze, weil dann würde ich den ganzen Tag in der Sonne liegen und zum Fenster hinausschauen. Friedliche Vorstellungen sind das, von der Freiheit, im Abseits zu leben, in Zufriedenheit, der Welt enthoben. Aber seht sie euch an, diese Körper, so zerbrechlich. Die Knochen von Vögeln sind mit Luft gefüllt, und Katzen wiegen nur ein paar Kilo. Bird power, cat power, niemand würde diese Begriffe mit Macht assoziieren.

Kürzlich hatte ich einen Traum, und darin war ich ein Hengst. Ich hatte vier Beine, die sich abstemmten, einen Torso, der sich streckte, einen muskulösen Hals. Ein Herz, so groß wie eine Melone, schlug und schlug für mich, unter meinem Fell. Meine Bewegung war ein Dreitakt, Galopp, Galopp. Ich wurde nicht müde, ich war potent und stark, und ich denke an die Zeit, in der ich drei Mal wöchentlich zu einem Psychoanalytiker gegangen bin. Er hätte sich sehr über die Möglichkeit gefreut, anhand der Pferdefantasie gewisse Konzepte in mir abzuklopfen.

Herdentier? Nutztier? Fluchttier?

Ich war strebsam in diesen Sitzungen, ich wollte diesen Mann zufrieden und stolz machen, und ich wäre deswegen sicher beflissen alle drei Begriffe für ihn durchgegangen. Ich hätte ihm Anne Imhofs Pferde in der Videoarbeit Youth beschrieben. Die dampfenden Fellkörper, die in Zeitlupe durch frisch gefallenen Schnee galoppieren, über endlose weiße Weite, umstellt von sozialistischen Plattenbauten. Dieser zarte Schwarm, das Kollektiv. Ich hätte von meinen Freund:innen gesprochen, von diesen Stimmen, die mir immer antworten. Ich hätte ihm von meiner Schwester erzählt. Davon, wie wir früher gemeinsame Stunden im Reitstall verbracht haben, und davon, dass mich daran weniger das Reiten als das Drumherum interessiert hat. Ich war ein Cowboy, beim Hantieren mit dem Ledergeschirr, der Trense, dem Sattel. Ich hatte Kompetenz, ein neues, spezifisches Vokabular. Schritt, Trab, Galopp, Stute, Wallach, Hengst, Stockmaß, Blässe, Widerrist. Es war das erste Mal, dass wir uns in einer Welt bewegten, die unseren Eltern fremd war.

Mir würden Details einfallen, an die ich lange nicht gedacht habe: Wie es war, die Stallgasse zu fegen, während zu unseren Seiten die Pferde in ihren Fressnäpfen gruben. Wie sich unter den Dachgiebeln klumpige kleine Nester reihten. Das Kommen und Gehen der Schwalben. Durch vergitterte hohe Fenster segelten sie aus dem Himmel heraus oder verschwanden in ihm.

Wir verteilten Heu, wir rieben nass geschwitzte Körper mit Fäusten voll Stroh trocken. Ich würde sagen: »Bis heute habe ich manchmal Sehnsucht nach diesen weichen Pferdenasen, an denen das Fell kurz und seidig ist, wie am Rücken eines Kindes.« Und er würde fragen: »Hat denn der Traum diese Erinnerungen geweckt?« Und ich müsste zugeben, dass meine Erzählung nichts mit dem Traum zu tun hatte, dass ich nur abgeschweift war, dass ich ihm dieses hübsche Puzzlestück meiner Kindheit hatte zeigen wollen, unvollständig, aber wahr.

Dass ich lieber über mich als Cowboy sprechen wollte als über mich, das Nutztier. Aber seine Fragen waren wie Wegweiser für mich, denen ich folgte. Also hätte ich von meinem Baby gesprochen. Von der Schwangerschaft, der Geburt. Damals war meine Mutterschaft noch neu, dieses stillende Leben, dieses still life mit halb leeren Kaffeetassen und reifen Früchten, in denen immer nur ein Bissen fehlte. Es war Juni, Juli, August, und in den Spuren meiner Zähne vermehrten sich winzige Fliegen. Draußen war die Zeit, die ich in Berlin immer am meisten geliebt habe, und ich saß statisch auf dem Sofa, schwitzend, mit diesem kleinen, neuen Körper auf mir.

Langsam hätte sich etwas geschärft, mit diesen Ausführungen, das Gefühl, dass mein Körper nicht weiter weg sein könnte von dem eines Hengstes. Ich hätte an die Kastration denken müssen, über die ich einmal für die Schülerzeitung meines Gymnasiums berichten musste, durch die ein Hengst zum Wallach wurde. Dieses große Tier, auf den Rücken gebunden auf einem Metalltisch, die Beine, die ins Nichts traten, der lange Hals, der um sich schlug, die verdrehten Augen. Und ich hätte vom Krankenhaus gesprochen, davon, als plötzlich all diese Menschen mich bewegten und ich nur noch ein Gefäß war, aus dem etwas anderes herausgepresst werden musste, das schließlich aufgeschnitten und wieder zugenäht wurde, hinter einem kleinen, grünen Vorhang auf der Höhe meines Rippenbogens.

Ich denke Nutztier und wie ich in der Nacht nach der Geburt innerlich 1,8 Liter Blut verlor, an die Not-OP und die Intensivstation, und wie ich mir dort einen Timer gestellt und alle drei Stunden mit einer Industriemilchpumpe Milch gepumpt habe. Ein Pfleger hat die kleine Kanüle mit den wenigen Tropfen Kolostrum, der ersten Milch, die der Körper bildet, die auch »flüssiges Gold« genannt wird, durch unterirdische Gänge zu meinem Baby gebracht. Es kam mir albern vor, aber einmal habe ich das flüssige Gold beim Umfüllen verschüttet, und es sickerte in das Bettlaken, und eine Ärztin sagte seufzend, das sei ein großer Verlust.

Eine Intensivschwester hat mir zwischen den Timerintervallen die Haare gekämmt und mir die Zähne geputzt. Sie sagte: »Eine Mutter will doch schön sein für ihr Kind.« Und während sie mich frisierte, floss über dünne Schläuche alles Mögliche in meine Arme hinein. Fünf Beutel Spender:innenblut, Antibiotika, Nährstoffe, Opiate.

Dieser 163-cm-Körper in der Welt, er kommt mir oft sehr angreifbar vor.

Der Analytiker bekommt gern Einblicke in meine Mutterschaft, und so willig ich dieses therapist pleasing betreibe, in meinem Traum ging es nicht um das Baby, nicht um Milch, nicht um diesen passiven Schweiß, der zwischen einem schlafenden und einem wartenden Körper entsteht.

Es ging um die Sehnsucht, sich frei in der Welt zu bewegen.

Er fragt mich, was es bedeuten würde, wäre mein Körper ein Hengst in dieser Welt? Und ich denke an den Mann, der sich im Bus neben mich setzte, als ich dreizehn war, und mich nicht rausließ, als wir meine Haltestelle erreichten.

Und an den, der, als ich mit achtzehn allein durch Skandinavien reiste, in einem Schlafsaal nachts an meiner Bettkante stand und über Stunden auf mich heruntersah. Ich lag da und stellte mich tot und spürte meinen Mädchenkörper unter seinem Blick, wie er in Filmen und Serien oft als Leiche gezeigt wird: in seiner ganzen machtlosen Ästhetik. Es war dunkel, und ich konnte nicht erkennen, wer in den anderen Betten lag, aber ich roch und hörte Männerkörper, und ich befürchtete, dass in allen Betten Freunde des Mannes lagen und dass es zu meinem Nachteil wäre, sie zu wecken.

Ich frage, ob der Analytiker wusste, dass auch Pferde Depressionen erleben können? In Studien werden diese Pferde als »withdrawn horses« bezeichnet. Sie sind so passiv, dass sie sich der Welt entziehen, sie reagieren auf nichts mehr. So ging es mir jahrelang, das weiß er schon, bis mir irgendwann eine Ärztin glaubte und die Hormonspirale entfernte und damit auch die Depression.

Sind Sie noch immer wütend auf diesen Arzt?, fragt der Analytiker, und er meint den Gynäkologen, der mir als Jugendliche lächelnd versicherte, dass die »schlechte Laune«, die ich ihm beschrieb, sicher nicht mit der Spirale zusammenhing.

Ich verließ kaum noch meine Wohnung. Ich lebte für Jahre hinter der hormonellen Glaswand, die er zwischen mich und die Welt gestellt hatte, weil diese Spirale nie für meine Größe und mein Gewicht geeignet gewesen ist, weil er nicht ernst nahm, was ich ihm beschrieb.

Ich denke wieder an Cate Blanchett, diesmal fährt sie in Bandits einen silbernen Mercedes, und sie weint hinter dem Lenkrad zu Bonnie Tylers Total Eclipse of the Heart. Es ist eine dieser typischen Tropen, overwhelmed female behind the wheel. Cate singt und hält ein zerweintes Taschentuch in der rechten Hand, und sie ist soft darin, weich wie ein Pfirsich.

Wie wurde Cate zu Lydia Tár?, frage ich, hoffend, dass der Analytiker meinen Referenzen folgen kann, aber er blickt auf seine Armbanduhr. Ich höre die Bewegung seines rechten Arms hinter mir. Ich bin gut darin geworden, unsere Zeit einzuschätzen, und ich weiß, dass sie für heute fast abgelaufen ist.

»Sind Sie denn als Kind auch mal geritten?«, fragt er mich zum Abschluss.

Und ich sage: »Ja, sicher.«

Ich erinnere mich noch genau daran, wie sie sich angefühlt haben, diese starken, großen Körper unter mir. Wie befremdlich, wie berauschend, sie zu befehligen, obwohl ich nur einen winzigen Bruchteil ihrer Kraft hatte, obwohl ich erst acht war.

Ich war ein Kind, aber ich trug Sporen und eine Gerte.

Şeyda Kurt

GEMEINSAM – FREIHEIT & PROTEST

Als Teenie pinselte ich in keinem Malkurs und konnte keine Kunststücke aufführen, weder an Land noch am Wasser. Ich hatte keine üblichen Hobbys, ich besuchte stattdessen in meiner Freizeit Plenen oder Demonstrationen. Das war mein Alltag, das Politische war der Referenzrahmen für so viele meiner jugendlichen Erfahrungen. Meine erste längere romantische Beziehung etwa führte ich mit jemandem, den ich in einem politischen Jugendcamp kennengelernt hatte. Ich rauchte meinen ersten Joint in einer Friedenslokomotive, einem gecharterten, klapprigen Dampfross, das im April 2009 quer durch Deutschland und bis nach Straßburg fahren sollte. Dort protestierten Tausende Menschen gegen den NATO-Gipfel. Unsere Friedenslokomotive wurde an der Grenze aufgehalten. Anstatt mitzuprotestieren, schleckten nun meine Freund:innen und ich in der deutschen Nachbarstadt an unseren zwei Kugeln Eis, während wir von der Ferne die aufsteigenden Rauchschwaden der brennenden Barrikaden beobachteten. Unsere Missionen waren gescheitert: Weder waren wir high von dem Gras, das uns zwei Weißhaarige angedreht hatten, noch hatten wir es zu den Protesten geschafft. Und dennoch spürte ich das seltsame Gefühl, Teil einer Geschichte zu sein, die unter den trüben, schwarzen Wolken geschrieben wird. Ich spüre Klarheit. Und auch Freiheit.

Dass ich mich überhaupt politisch organisiert und beschlossen hatte, einen erheblichen Teil meiner Jugend damit zu verbringen, zu Protesten zu tuckern, hatte auch mit einem Drang nach Freiheit zu tun. Meine Eltern waren streng, eigentlich politisch eher links positioniert und stets bemüht, nach außen hin den Schein bürgerlicher, moderner Familienverhältnisse aufrechtzuerhalten. Sie pochten jedoch nicht selten auf ihren Traditionen, gerade dann, wenn Rollenverteilungen, die auf der patriarchalen Vorherrschaft meines Vaters beruhten, ins Wanken gerieten. Die Welt außerhalb unseres Zuhauses schien meinen Eltern ein Minenfeld der Versuchungen und Verquerungen zu sein. Diffus, unkontrollierbar, ohne Konturen, die sie abstecken konnten. Keine Welt, in die sie ihre Töchter fahrlässig entlassen hätten.

Partybesuche waren meist tabu, Übernachtungen bei Freund:innen nur unter Umständen erlaubt. Mein Vater bestand jedoch darauf, dass seine Töchter sich politisch engagierten. Ob in Parteien, Vereinen oder Organisationen, das war ihm gleich. Ich tat es aus einem intrinsischen Interesse heraus, ich wollte die Welt verändern, aber auch meine eigenen Verhältnisse: Ich merkte nämlich, dass ich durch meinen politischen Aktivismus die Erlaubnis erhielt, das feindliche Territorium der Außenwelt weit zu durchqueren. Man ließ zu, dass ich zu politischen Kongressen und Versammlungen fuhr, in Städte, die meine Eltern sicherlich nicht geografisch orten konnten, geschweige denn ich. Ich reiste selbst zu Jugendcamps! Es schien, dass sich mein Vater all das gar wünschte, in der Überzeugung, mich für eine gute Sache in gute Hände zu geben.

Die Begriffe von Freiheit und Protest ertönen oftmals im Doppelklang. In so vielen Protesten hallt der Ruf nach Freiheit. Der Slogan der kurdischen Frauenbewegung, Jin, Jiyan, Azadî(Frau, Leben, Freiheit) lag in den vergangenen Monaten als Ausdruck einer feministischen Revolte in vielen Mündern, für ein Leben in Freiheit und Würde für alle Menschen in Balochistan, Ostkurdistan und im Iran. Indigene Völker protestieren an unterschiedlichen Orten der Welt gegen die Gewalt der Kolonisierung und nationale, imperiale Einhegungen ihrer Länder und Naturen. Feminist:innen protestieren für das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche und die Freiheit, über den eigenen Körper zu verfügen oder auch autonom über den eigenen Geschlechtseintrag zu entscheiden.