Führen mit dem Omega-Prinzip - Sebastian Spörer - E-Book

Führen mit dem Omega-Prinzip E-Book

Sebastian Spörer

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Beschreibung

Das Omega-Prinzip ist ein neuartiges Führungsmodell, das praktische Tipps und Führungskonzepte für alle Situationen liefert: vom Einstellungsgespräch über die Führung in leistungsstarken und -schwachen Zeiten bis hin zum professionellen Trennungsprozess. Das Autorenteam setzt dabei auf eine wirkungsvolle Kombination aus bewährten Führungswissen und neusten neurowissenschaftlichen Erkenntnissen. Inhalte: - Grundlagenwissen für erfolgreiches Führen. - Von der Neurowissenschaft zum Neuroleadership.  - Motivierte Performance: Mitarbeiter richtig führen, motivieren und belohnen. - Führung im "gelben Bereich": Leistungskrisen und Konflikte mit Mitarbeitern lösen. - Konsequenzen ziehen: Tipps für professionelles Trennungsmanagement.

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Seitenzahl: 484

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Inhaltsverzeichnis

VorwortWidmung1   Führungsverständnis und Grundlagenwissen1.1   Definition von „Führung”1.2   Definition von „Führungsstil”1.3   Das „Peter-Prinzip”1.4   Definition „Autorität”1.5   Motivation – Mythos oder Basis erfolgreicher Unternehmen1.6   Das Magische Dreieck der Führung2   Neuro-Wissenschaft – Grundlagenwissen über die Organisation des Gehirns2.1   Biologie bestimmt Verhalten – Verhalten bestimmt Biologie: Stand der Forschung2.2   Milliarden von Neuronen2.3   Gebrauchsabhängige Spuren – Das Gehirn ändert sich durch Benutzung2.4   Was ist der Beitrag und der Nutzen von Neuro-Leadership?2.5   Hauptaufgabe Bewertung2.5.1   Die konstruierte Welt2.5.2   Bewertungen2.6   Im Zweifel: Überleben sichern2.7   Fazit: Organisationsprinzipien des Gehirns3   Neuro-Leadership – Brückenbau von Neuro-Wissenschaft zu Führung3.1   Das Begeisterungssystem3.2   Entweder – oder3.3   Das Stresssystem3.4   Schiedsrichter: Präfrontaler Cortex3.4.1   Begrenzte Ressource3.4.2   Marshmallow Test3.5   Neuro-Skills: Mannschaftsaufstellung3.5.1   Selbstorganisation unter Führungsaspekten3.5.2   Beeinflussung von Anderen3.6   Fazit: Neuro-Prinzipien im Überblick4   Rollenvielfalt der Führungskraft in dynamischen Zeiten5   Das „Führungs-Omega”-Prinzip5.1   Plädoyer für eine Partnerschaft zwischen Führungskräften und Personalabteilung5.1.1   Die Phasen der Führungsverantwortung6   Die Führungsphasen6.1   Führung im „grünen Bereich”: motivierte Performance6.1.1   Personalgewinnung und erfolgreiche Integration6.1.2   Mitarbeiter richtig einsetzen und steuern6.1.3   Personalentwicklung – Potenziale entdecken und freisetzen6.1.4   Coaching als Mittel der Personalentwicklung6.1.5   Beurteilung und Feedback – effektiver Anstoß zur Weiterentwicklung6.1.6   Gerechte Vergütung und Incentivierung6.2   Führung im „gelben Bereich”: Krisen und Konflikte mit Mitarbeitern lösen6.2.1   Wie Konflikte entstehen und wie man sie vermeiden kann6.2.2   Kritik- und Konfliktgespräche führen6.2.3   Denken in Bedingungen6.2.4   Moderation von Konfliktlösungs-Workshops im Team6.3   Führung im „orangen Bereich”: disziplinare Führung6.3.1   Grundannahme und Philosophie6.3.2   Arbeitsvertragliche Pflichten6.3.3   Ernsthaftigkeit des „Führungs-Willens”6.3.4   Dramaturgie durch Instrumente6.3.5   Vorgehensschema6.4   Führung im „roten Bereich”: professionelle faire Trennung von Mitarbeitern6.4.1   Trennungsmöglichkeiten im Überblick6.4.2   Auswirkungen auf das Arbeitgeberimage6.4.3   Rollen, Beteiligte und Prozess6.4.4   Psychologie der Trennung6.4.5   Nach der Trennung6.4.6   Austritts-Interviews als Quelle der Erkenntnis7   Die Führung ist eine Beziehung – den Mitarbeitern als aktiven Part einbinden8   Schlüsselqualifikationen guter Führung und erfolgreicher Unternehmen8.1   Kommunikation: Basis-Kompetenz für Führung und Zusammenarbeit8.1.1   Fragen und aktiv zuhören anstatt reden8.1.2   Eisberg-Modell – Klassiker der Kommunikationstheorie8.1.3   Mitarbeitergespräche – Motor für Entwicklung und Zusammenarbeit8.2   Entscheidungen: Größtes Recht und höchste Pflicht der Führungskraft8.3   Verhandlungen: Wenn einer will, was der andere hat und umgekehrt8.4   Moderation: Effizienz in Meetings und Workshops8.4.1   Gute Vorbereitung macht den guten Moderator aus8.4.2   Agenda: der systematische Weg zum Ziel8.4.3   Moderations-Methoden8.4.4   Humor und das Gefühl etwas zu schaffen als Meeting-Treiber8.4.5   Protokolle und Nachhalten8.5   Change Management: Veränderungen erfolgreich managen8.6   Mitarbeiterbindung und High Performance Management8.6.1   Mitarbeiterbindung: Engagierte Mitarbeiter binden anstatt „War for Talents”8.6.2   High Performance Management: Produktivität und Erfolg steigern8.7   Distance Leadership: virtuelle Führung auf Distanz8.7.1   Vertrauen als Basis virtueller Führung8.7.2   Richtig kommunizieren bei virtueller Führung8.7.3   Virtuelle Teams entwickeln9   Wertorientierte Führung9.1   Selbsterkenntnis: eigene Werte erkennen und Verhalten vordenken9.2   Führungs-Leitbilder: vereinbartes Spielfeld für das Führungsteam10   Sich selbst führen, bevor man andere führt11   Führungskräfteentwicklung im Unternehmen implementierenQuellen und LiteraturempfehlungenDownloads und HilfsmittelDie AutorenImpressum

Vorwort

Führung ist vielleicht das Themenfeld, zu dem es „gefühltermaßen” die meisten Bücher gibt. Zahlreiche Autoren haben zu diesem anspruchsvollen Themengebiet vielfältige und hilfreiche Thesen und Modelle entwickelt. Und viele Autoren versuchen die Vielfalt der Meinungen und Ansichten in einem neuen Werk zusammenzufassen und mit ihren eigenen Gedanken zu verbinden.

Ich möchte mit diesem Buch ganz bewusst einen eigenständigen Weg gehen, ohne den Anspruch zu erheben, die neue Theorie zu postulieren.

Es bietet vielmehr ein in sich geschlossenes Konzept an, dass von keiner Meinung anderer Autoren abhängig ist. Das Besondere an dem zugrunde gelegten Führungs-Omega-Prinzip ist die Verbindung von zwei in Unternehmen häufig zu wenig verzahnten Bereichen: der Mitarbeiterführung und dem Personalmanagement.

Inspiriert durch den HR-Experten Prof. Dave Ulrich (University of Michigan) hat HR in den letzten Jahren versucht, die Idee der HR-Business-Partnerschaft umzusetzen – also sich stärker an seinen Kunden, den Managern im Business, zu orientieren und auf diese Weise mehr zur Wertschöpfung der Unternehmen beizutragen. Aber in vielen Fällen ist die Verbindung nur oberflächlich gelungen und nicht ausreichend wirksam. Dies ist nicht nur für das Personalmanagement frustrierend, viel schlimmer ist es, dass die Führungskräfte nicht ihre notwendigen und zum Teil versprochenen Supportleistungen erhalten, was für den Erfolg von Unternehmen ein begrenzender Faktor ist.

In Unternehmen, in denen die Personalorganisation noch dem „klassischen” Rollenbild von Verwaltung und Administration entspricht, leben Führungskräfte und Personaler nebeneinander her. In der Regel gibt es zwischen ihnen nur im Rahmen von administrativen Prozessen Schnittstellen, z. B. dann, wenn es um die Vertragserstellung für einen Bewerber geht.

Als Autor möchte ich Ihnen meine langjährigen Erfahrungen in der Menschenführung und im Personalmanagement zu Verfügung stellen – und zwar mit Hilfe des Prinzips „Führungs-Omega”. Alle Inhalte repräsentieren meine praktischen Erfahrungen, die ich im Bereich der Führung und Führungskräfteentwicklung sowie im Rahmen meines Einsatzes im Personalmanagement gemacht habe. Dabei habe ich auch gelernt, dass mancher Gedanke richtig und gut sein mag, wenn man lange darüber nachdenkt, aber leider nicht praktikabel, weil er dem tatsächlichen Geschehen in Unternehmen, der Gedankenwelt der Lernenden und der täglichen Führungspraxis zu fern ist.

Bitte verstehen Sie dieses Buch nicht nur als ein Werk, das man lediglich einmal liest. Es soll vielmehr eine begleitende Lektüre für Ihr ganzes Berufsleben als Führungskraft sein und Ihnen für die unterschiedlichen Situationen und Phasen der Führung Inspiration, Lern- und Arbeitshilfen bieten.

Zu vielen meiner Kapitel könnte man auch ganze Bücher lesen, in denen die komplexen Sachverhalte tief und breit erörtert werden. Aber ich habe während der Jahre, in denen ich im Bereich der Personalentwicklung tätig war, eines gelernt: Es ist besser nur fünf einzelne Sachverhalte zu begreifen und umzusetzen als fünf Bücher zu jedem einzelnen Sachverhalt im Schrank zu haben, aber sie aufgrund ihres großen Umfangs nie zu lesen.

Ich befürchte, es steht den Führungskräften heute nicht zu wenig Wissen zur Verfügung, sondern viel zu viel und sie müssen sich bemühen, sich auf das Wesentliche zu beschränken. Deshalb habe ich entlang des zugrunde liegenden Führungs-Omega-Prinzips alle Themen so beschrieben, dass sie kompakte, aber in die Praxis transferierbare Bausteine sind. Deswegen werden sicher manche Leser, die selbst zu bestimmten Bausteinen meines Buches viel ausführlichere Werke erstellt haben, denken: „Das ist mir zu dünn, da weiß ich mehr”. Aber für diese Fachexperten habe ich dieses Buch nicht geschrieben. Ich möchte den Führungskräften einen kompakten aber hinsichtlich der Aspekte moderner Führung vollständigen Leitfaden anbieten. Und dieser soll bewusst nur so ausführlich sein, wie es nötig ist. Selbst wenn dieses Buch nur einige wichtige Impulse geben würde, die dann in die Praxis übertragen werden, hätte ich um die Professionalität der Führung keine Sorgen mehr.

Das Buch richtet sich aber nicht nur an Führungskräfte, sondern auch an interessierte Personalmanager, die meine Vision von einer festen und nachhaltigen Partnerschaft zwischen Führungskräften und HR-Management in ihrem Verantwortungsbereich verwirklichen wollen. Diese bezeichne ich nachfolgend zumeist ganz neutral als HR-Partner (andere Funktionsbezeichnungen wie HR-Business-Partner, Personalreferent oder Personalleiter sind zu spezifisch und treffen eben nicht alle Leser).

Mit einem Hinweisfeld wird jeweils deutlich gemacht, für welche der Führungsaufgaben die Personalabteilung Instrumente, Prozesse oder Konzepte zur Verfügung stellen kann und sollte. Nutzen Sie als Führungskraft diese Hinweise und fragen Sie im Unternehmen bei den HR-Mitarbeitern nach. Falls Sie aber Personaler sind, könnten Sie sich die Frage stellen, ob in Ihrem Unternehmen bereits die entsprechenden Hilfestellungen geleistet werden.

HR

Hier finden Sie Hinweise auf HR-Instrumente, Prozesse oder Konzepte.

Um bewährte Erkenntnisse und Methoden der Mitarbeiterführung mit neuesten Erkenntnissen aus der Neurowissenschaft zu verbinden, habe ich mit Dr. Sebastian Spörer einen Co-Autor gewonnen, in dessen Kapiteln der für dieses Buch relevante neurowissenschaftliche Background gegeben wird. Zudem finden Sie entlang des Buchs eine Reihe von Hinweisen, die eine Verbindung zwischen Führungswissen und den Neurowissenschaften herstellen. Diese Hinweise sind folgendermaßen gekennzeichnet:

Neuro

Hier finden Sie Hinweise auf wertvolle Erkenntnisse aus der Gehirnforschung.

Obwohl manches im Zusammenhang mit Führung arbeitsrechtliche Konsequenzen hat, ist dieses Buch keine arbeitsrechtliche Anleitung. Es liefert aber an den entsprechenden Stellen grundlegendes Basiswissen. Für die rechtliche Durchsicht bedanke ich mich bei einem befreundeten Arbeitsrechtler, Frank Albach aus Taufkirchen, ganz herzlich. Er steht mir seit vielen Jahren mit seiner juristischen Fachexpertise zur Seite, wenn die Projekte es erfordern.

Gemeinsam mit meinem Co-Autor Dr. Sebastian Spörer hoffe ich, fernab von allen akademischen Ehren, mit diesem Buch Nutzen zu stiften – einzig und allein dem Erfolg von Führung in der Praxis, von Personalmanagement und damit letzten Endes einem erfolgreichen und motivierenden Arbeitsleben der Mitarbeiter verpflichtet. So hoffe ich auch, den vielen Führungskräften, die nicht Teilnehmer eines von mir gestalteten Führungskräfte-Entwicklungsprogramms sein können, Inspiration und Hilfestellungen zu geben. Frei nach dem Motto von Moshé Feldenkrais: „Du kannst nur tun, was du willst, wenn du weißt, was du tust!”

Bereits an dieser Stelle entschuldige ich mich für meine vielleicht etwas lockere Ausdrucksweise. Ich schreibe, wie mir der „norddeutsche Schnabel gewachsen ist”. Das prägt meine Trainings und als Autor fühle ich mich eben nicht recht authentisch, wenn ein fachlich-trockener Staub meine Ausführungen vernebelt.

Abschließend möchte ich Ihnen noch einen Hinweis geben: Im Buch verwenden wir für Begriffe wie Mitarbeiter oder Führungskraft durchgängig die männliche Form. Selbstverständlich sind immer beide Geschlechter angesprochen. Wenn also von „er” geschrieben wird, bitten wir die Leserinnen um Verständnis und hoffen, dass das flüssigere Lesen für diese einseitige Geschlechterbenennung entschädigt.

Beste Grüße

Arne Prieß

Widmung

Ich widme dieses Buch meiner viel zu früh gestorbenen Mutter, meinen drei Jungs und meiner Frau. Viele Stunden verbrachte ich am Laptop, vertieft in die Themen, die mir Spaß machen, da kam so manches andere zu kurz. Wenn meine Jungs irgendwann einmal Führungspositionen innehaben sollten, werden sie dieses Buch vielleicht immer noch als Hilfestellung empfinden. Denn der geführte Mensch verändert sich beileibe nicht so schnell, wie es unser technischer Schnickschnack glauben lassen möchte.

Bis dahin! Arne Prieß

2   Neuro-Wissenschaft – Grundlagenwissen über die Organisation des Gehirns

Dieses Kapitel gibt einen kurzen Überblick über die Funktions- und Organisationsweise des Gehirns und den praktischen Nutzen, den das Thema Neuro-Leadership bieten kann. Es bildet die Grundlage für die in Kapitel 3 beschrieben „Neuro-Prinzipien” sowie die Neuro-Tipps, die über das gesamte Buch verteilt sind. Wir laden Sie auf eine spannende Reise in die Welt der „Führungs-Neuro-Biologie” ein.

2.1   Biologie bestimmt Verhalten – Verhalten bestimmt Biologie: Stand der Forschung

Neuro-Leadership ist kein eigenes Forschungsgebiet, sondern nutzt die Erkenntnisse der Neuro-Wissenschaften zur Qualitätssteigerung von Führung. Es erscheinen jährlich ca. 100.000 Studien, die sich mit dem Gehirn im weitesten Sinne beschäftigen, doch nur ein Bruchteil davon ist für das Thema Führung interessant. Die meisten Studien beschäftigen sich mit Krankheiten wie Demenz oder Epilepsie. Aber es gibt inzwischen immer mehr Untersuchungen dazu, wie ein gesundes Gehirn funktioniert. Dadurch können wir lernen, was unsere Mitarbeiter brauchen, um Topleistungen zu bringen. Vor diesem Hintergrund werden folgende Fragestellungen immer häufiger und tiefgründiger untersucht: Welche Gehirnareale werden bei wahrgenommener Unfairness aktiviert, wie wird sozialer Ausschluss im Gehirn verarbeitet und wie funktioniert im bio-chemischen Sinne Begeisterung? Im Folgenden werden wir die wichtigsten Organisationsprinzipien des Gehirns, die für das Thema dieses Buchs praktische Relevanz besitzen, aufzeigen.

Organisationsprinzip 1:

Es besteht eine gegenseitige Beeinflussung zwischen der Bio-Chemie des Gehirns und unserem Verhalten.

Diese Erkenntnis haben wir uns an unserem Institut, dem Ersten Deutschen Zentrum für Leistungsmanagement und Burnout-Prävention, zu Nutze gemacht und daraus eine Schlüsselprämisse für die Trainings entwickelt.

Abb. 7: Wechselseitige Beeinflussung von Neuro-Biologie und Verhalten

Für jede Führungssituation wurde eine neurobiologische Entsprechung identifiziert. Das kann z. B. anhand des Zusammenhangs von Dopamin und Veränderungsbereitschaft verdeutlicht werden. Dopamin ist ein Botenstoff im Gehirn, der für Antrieb, Motivation, Neugierde und Begeisterung zuständig ist. Je mehr Dopamin sich im Gehirn findet, desto neugieriger und veränderungsbereiter sind wir, je weniger, desto ängstlicher agieren wir – ein Beispiel dafür, wie Verhalten von der Biologie bestimmt wird. In einem Tierversuch, der an Ratten durchgeführt wurde, konnte man bereits nachweisen, dass eine unnatürlich geschaffene Veränderung der Lichtverhältnisse zu einer Abnahme von Dopamin im Gehirn führt (Dulcis 2013). Die Tiere wurden deutlich ängstlicher, als ihr Biorhythmus durcheinander gebracht wurde. Verhalten hat also eine biologische Entsprechung!

Ratten und Mäuse eignen sich als Versuchstiere deshalb besonders, weil sich Ihr Hirnaufbau nur wenig vom menschlichen unterscheidet, die verhaltensrelevanten Strukturen sind ähnlich. Eine 100 %ige Ableitung aus Tierversuchen ist zwar nicht möglich, doch die Hinweise, die wir aus Tierversuchen in Bezug auf unser Gehirn gewinnen, sind sehr wertvoll.

Umgekehrt führen Verhaltens-Trainings, die Neugierde wecken, auch zu einer Zunahme des Dopamins. Der Weg geht also auch umgekehrt, Verhalten bestimmt Biologie. Diese Erkenntnis macht sich die Psychologie zu nutze. Verhaltenstherapie kann die Bio-Chemie positiv beeinflussen. Durch eine Therapie steigt der Spiegel der positiv wirkenden Neurotransmitter wie Dopamin und Serotonin an und es kommt zu einer Verbesserung des Zustandes.

So kann geschlussfolgert werden, dass eine solche wechselseitig Beeinflussung auch im Bereich Neuro-Leadership existiert: Führungsverhalten beeinflusst die Neurobiologie. Die Fortschritte von Wissenschaft und Technik bieten uns heute den Vorteil, dass wir beim Denken „zusehen” können. Es haben sich in den letzten 20 Jahren die bildgeben Verfahren immer weiter verbessert. Mithilfe der funktionellen Magnetresonanz Tomografie finden Gehirnforscher im Gehirn Nervenverbände, die z. B. bei einer Angstsituation „feuern”. Mit Feuern ist gemeint: Diese Nervenzellen werden besonders aktiv, wenn sich jemand im Zustand von Angst befindet. Andere Nervenzellen werden beim Fahrradfahren besonders aktiv, wieder andere beim Musikhören. So können wir inzwischen für sehr vielen Tätigkeiten die entsprechenden Gehirnregionen zuordnen.

Ein anderes Verfahren ist das EEG (Elektroenzephalografie). Damit können die Zeitpunkte der Aktivität in verschiedenen Nervenzellen untersucht werden. So führt dies einige Neuro-Wissenschaftlern, z. B. den Bremer Neurowissenschaftler Roth, zu der Annahme, dass es nur bedingt einen freien Willen gibt, weil die Entschlussregion im Gehirn erst nach der neuronalen Ausführung der Aktivität aktiv wurde. Im Klartext: Unser Gehirn gibt zuerst das Signal, dass wir unsere Hand bewegen, aber erst einige Millisekunden später entschließt es sich dazu. Vom Großteil der wissenschaftlichen Gemeinde werden Roths Thesen aber abgelehnt: Egal, welche Nerven zuerst feuern, wir können uns frei entscheiden, es gibt einen freien Willen.

Psychologie und Pädagogik sind angereichert worden – mit bildgebenden Verfahren, durch die Gehirnforschung und durch clevere Versuche der empirischen Sozialwissenschaftler. Was bislang oft Beobachtung von Verhalten und Erfahrungswissen war, ist nun durch die Komponente Biologie messbarer geworden. Dadurch haben sich einige Thesen der Geisteswissenschaften bewahrheitet (z. B., dass Ziele für Motivation eine wesentliche Rolle spielen), andere können verworfen werden. So können wir aus neurobiologischer Sicht ziemlich sicher sagen, dass eine „Einordnung” oder ein „Auf-Spur-bringen” nicht zu einer Leistungssteigerung des Mitarbeiters führen wird.

Unsere Trainings finden oft besonderen Anklang in technikgeprägten Unternehmen und bei „rationalen” Menschen (wir sehen in Kapitel 3, dass es solche Menschen nicht gibt), weil die Biologie Zahlen, Daten und Fakten liefert und Verhalten verstehbar macht.

Organisationsprinzip 2:

Mithilfe von Softskills, wie z. B. der Fähigkeit, gut zu kommunizieren, lässt sich die Biologie des Mitarbeitergehirns beeinflussen.

Modernen Führungstheorien werden stets von der aktuellen Forschung auf den Prüfstand gestellt. Die reine Beobachtung von Verhalten reicht nicht mehr, um gute Führungsaussagen zu treffen. Dies ist bislang kaum in den Führungskräfteausbildungen angekommen. Neuro-Leadership schließt diese Lücke.

So haben die Neurowissenschaften z. B. das sogenannte „Belohnungssystem” im Gehirn identifiziert:

Abb. 8: Nukleus accumbens, das Belohnungssystem im Gehirn

Die dunklen Stellen im Bild entsprechen dem Nukleus accumbens, dem Belohnungssystem. Die Grafik zeigt eine Situation, in der für den Menschen gerade etwas Angenehmes stattfindet. Sein Gehirn „belohnt” ihn.

Geht es also um Belohnungsaktivitäten, wird der Nukleus accumbens farbig dargestellt, weil sich die Durchblutung in diesem Areal ändert, da dort eben eine besondere Aktivität stattfindet.. Wenn man nun weiß, wofür die Areale zuständig sind und deren Aktivität messen kann, kann man Rückschlüsse auf den Zusammenhang zwischen Reizen, Gehirnaktivität und Verhalten ziehen.

Für die Führungskräfte birgt die Beschäftigung mit diesem Thema zwei große Chancen:

Zunächst wird die eigene Leistungsfähigkeit stark erhöht. Indem Sie verstehen, was Ihr Gehirn braucht, um Sie erfolgreich zu machen, wird Ihnen eine zielführende Selbstorganisation leichter fallen.

Der zweite Punkt schließt sich daran an. Wenn Sie verstehen, was Ihr Mitarbeiter braucht, wird es Ihnen leicht fallen, ihm dies zu geben. Daher sind die Neurowissenschaften für Führungskräfte so spannend.

Daraus lassen sich Anforderungen für die Führungskräfte ableiten: In Zukunft müssen sie verstärkt die kontinuierliche Veränderungsbereitschaft beim Mitarbeiter im Blick haben. Die Welt verändert sich, genauso verändert sich auch das Unternehmen. Die Führungsaufgabe ist es, dem Mitarbeiter die Veränderung möglich zu machen. Für diese Führungsaufgabe ist die Neuro-Biologie enorm hilfreich.

Einer der zentralen Leitsätze der Gehirnwissenschaften ist:

Organisationsprinzip 3:

Unser Gehirn liebt Sicherheit!

Eine der zentralen Aufgaben unseres Gehirns ist es, uns sichere Prognosen über die Welt zu stellen. Insofern haben die Gehirnwissenschaften u. a. die Aufgabe, den scheinbaren Widerspruch zwischen Sicherheit und einer sich ständig verändernden Welt zu lösen. Dafür gibt es im Gehirn verschiedene Regionen und Funktionen. Das Gehirn ist ein komplexes modulares Netzwerk mit vielen Sicherungen und Backup-Möglichkeiten, daher ist eine Darstellung immer eine Vereinfachung. Eine gelungene Darstellung liefert Manfred Spitzers Buch „Geist im Netz”.

Die folgende Grafik zeigt wichtigsten Gehirnregionen:

Abb. 9: Aufbau des Gehirns

In der Abbildung sehen Sie einen Querschnitt des Gehirns. Je tiefer die Regionen im Gehirn liegen, desto weniger sind die dort angesiedelten Funktionen durch unseren Willen (Präfrontale Cortex) zu steuern.

RegionFunktionPräfrontaler Cortex (vorderer Bereich der Großhirnrinde)Verstand, Arbeitsspeicher, Hemmung von ImpulsenAmygdalaEine Schaltstelle der emotionalen Verarbeitung, besonders der AngstHypothalamusSteuerung der unwillkürlichen Prozesse wie Körpertemperatur oder Stressreaktion. Das können wir nur sehr begrenzt beeinflussenNukleus AccumbensZentrum von Begeisterung und MotivationLimbisches SystemDiese Struktur aus verschiedenen Regionen steuert unsere Emotionen.HippocampusFür die Stresssteuerung und für das Erinnern hat der Hippocampus eine zentrale Funktion.

2.2   Milliarden von Neuronen

Unser Verständnis für die Veränderung des Gehirns (Plastizität) wächst immer weiter. Es gibt im Gehirn ca. 100 Milliarden Nervenzellen, jede dieser Nervenzellen hat bis zu 15.000 Verbindungen zu anderen Nervenzellen, die sogenannten Synapsen. Über diese Synapsen werden die Impulse übertragen. Je mehr Impulse über eine Synapse laufen, desto stärker wird diese und desto leichter hat es der nächste Impuls, weitergeleitet zu werden. Die Weiterleitung innerhalb der Nervenzelle funktioniert elektrisch. Deshalb gibt es Geschichten von Menschen, die vom Blitz getroffen wurden und plötzlich musikalisch waren (Sacks 2008). Der Mechanismus dahinter ist noch nicht geklärt, aber es scheint durch den Blitzschlag eine elektrische Neuverschaltung gegeben zu haben.

Da sich das Gehirn durch Benutzung verändert, müssen sich auch Synapsen verändern. Das passiert ständig. Wir können den Synapsen beim Neuaufbau und bei der Rückbildung inzwischen zusehen (Toni 1999). Die Übertragung zwischen zwei Nervenzellen erfolgt chemisch über Neurotransmitter.

Abb. 10: Die Synapse wächst mit ihren Aufgaben, nach Nature neuroscience Vol. No 6, S. 45, Lüscher et al., 2000

Die Vorgänge im Gehirn laufen auf der Ebene der Nervenzellen folgendermaßen ab:

Ein Aktionspotenzial erreicht das Ende einer Nervenzelle.

Dort werden chemische Botenstoffe freigesetzt, die Neurotransmitter.

Diese Neurotransmitter erreichen die nächste Zelle und lösen dort ein Aktionspotenzial aus.

Durch den häufigen Gebrauch verändert sich der Übergang, die Synapse und die nächsten Aktionspotenziale haben es leichter, ein neues Aktionspotenzial in der zweiten Zelle auszulösen.

Das ist der Mechanismus, der Lernen zugrunde liegt. Wäre alles elektrisch im Gehirn, könnte es sich nicht verändern. Da aber die Übergänge zwischen Nervenzellen über Neurotransmitter gesteuert werden, können sie immer wieder neu gebildet und gebrauchsabhängig eingestellt werden. So geschieht Lernen.

Auch Führungshandlungen resultieren letztlich aus Verschaltungen zwischen Synapsen – und diese können ebenfalls neu geschaltet werden. Die Fähigkeit, Führungshandwerk oder jede andere Fertigkeit zu lernen, ist bis ins höchste Alter gegeben. Die gute Nachricht: Bei gesunden Menschen nimmt die Lernfähigkeit im erwachsenen Alter kaum ab. Der gesunde 80-Jährige kann fast genauso gut das Personalrecht lernen wie der 20-Jährige. Was im Weg steht, ist nicht die Biologie, sondern die Soziologie mit Glaubenssätzen wie „Einen alten Baum verpflanzt man nicht”. Auf neuronaler Ebene kann bei gesunden Menschen immer neu verschaltet werden.

Darüber hinaus existieren biologische Schalter, die sogar die Funktion einer Nervenzelle verändern können, indem der Botenstoff verändert wird. Das ist eine sehr neue Erkenntnis, da man bislang dachte, die Zellen würden Ihre ursprüngliche Funktion beibehalten. So kann aus einer Dopamin-ausschüttenden Zelle eine Somatostatin-Zelle werden und umgekehrt (Somatostatin ist ein Botenstoff im Gehirn, der bestimmte Wachstumsvorgänge hemmt). Entsprechend können wir uns z. B. Neugierde und Begeisterungsfähigkeit sprichwörtlich abtrainieren. In dem oben beschriebenen Tierexperiment mit den Ratten verlief das Abtrainieren durch eine simple Veränderung des Biorhythmus (Dulcis 2013). Wenn die Ratten aus dem Tag-/Nacht-Rhythmus gebracht werden, verlieren sie ihre Neugierde und an deren Stelle tritt Ängstlichkeit. Die richtigen Schalter und damit eine Art Bedienungsanleitung für die Schalter zu finden, ist die faszinierende Aufgabe der Neuro-Biologie. Neuro-Leadership ist die Übersetzung dieser biologischen Erkenntnisse, mit dem Ziel, die Qualität von Führung zu steigern.

Wenn Sie Ihre Schalter für Dopamin, also für Begeisterung, finden, dann wecken Sie in sich Begeisterung und Neugierde für Veränderungen. Die Veränderungsbereitschaft einer Führungskraft ist die Voraussetzung dafür, andere bei Veränderungen „mitzunehmen”.

2.3   Gebrauchsabhängige Spuren – Das Gehirn ändert sich durch Benutzung

Für den Gebrauch des Gehirns gelten zwei Grundregeln:

Organisationsprinzip 4

Je häufiger wir etwas tun, desto stärker „brennt es sich ein”!

Organisationsprinzip 5

Je emotional beteiligter wir etwas tun, desto stärker „brennt es sich ein”!

„Einbrennen” bedeutet biologisch korrekt: Mehr Impulse, sogenannte Aktionspotenziale, laufen den neuronalen Weg und bilden so einen Schaltkreis im Hinblick auf das Ereignis. Das Ereignis wird dadurch im Gehirn „abgespeichert”.

Sehen wir uns das recht bekannte und gut untersuchte Phänomen des Geigespiels an:

Je mehr wir Geige üben, desto größer wird das Gehirnareal, das für unser Geigenspiel zuständig ist (Elbert 2007). Das wird in diesem Fall besonders offenkundig, weil die für das Geigenspiel entscheidende linke Hand häufig filigrane Aufgaben ausführen muss. Aus diesem Grund entsteht im Gehirn professioneller Geigenspieler eine ausgeprägte Repräsentation für diese Tätigkeit der linken Hand. Mit Repräsentation ist gemeint: Es gibt im Gehirn besonders viele Nervenzellen, die dieses Verhalten steuern.

Sehen Sie sich zunächst die Abbildung des sogenannten „Homunkulus” der Neuroanatomie an. Die dargestellte Verzerrung des Körpers repräsentiert die Anzahl der Nervenzellen im Gehirn, die für die einzelnen Körperteile zuständig sind.

Abb. 11: Homunculus der Neuroanatomie, nach Bear, 2009

Bei „Geigen-Homunkuli” sieht die linke Hand größer aus. Dies bezieht sich aber nur auf eine spezielle Tätigkeit. Ein Geigenspieler kann sich nicht besser mit der linken Hand rasieren oder besser schreiben. Das bedeutet, es findet eine Spezialisierung im Gehirn statt; für weitere Aktivitäten hat das Gehirn kaum oder im Extremfall noch keine Schaltkreise entwickelt, sodass sich hier nicht von einem bestimmten Talent auf andere Kompetenzen schließen lässt.

Anhand dieses Versuchs und vieler weiterer ähnlicher Versuche erkennen wir ein wichtiges Organisationsprinzip:

Organisationsprinzip 6:

Das Gehirn verändert sich durch seine Benutzung!

Dieser Vorgang wird wissenschaftlich als Neuro-Plastizität umschrieben. Der Begriff ist jedoch sehr sperrig. Eckart von Hirschhausen hat für seine Erklärung eines bestimmten Phänomens einen einfacheren Weg gefunden: Er unterstellt den Deutschen einen „Jammerlappen” im Gehirn. Da das beschriebene Organisationsprinzip für jedes Verhalten funktioniert, egal ob es sich um ein motorisches oder emotionales handelt, lässt sich der Schaltkreis für Jammern auch gut trainieren. Je mehr wir einen Schaltkreis gebrauchen, desto leichter ist es, ihn zu aktivieren.

Wenn wir für das Thema Personalauswahl etwas von den Gehirnwissenschaften lernen wollen, dann lautet eine interessante Frage:

Können Sie von den Erzählungen eines Einstellungskandidaten über seine letzten drei Jobs auf das schließen, was Sie erwartet?

Die Neuro-Wissenschaft bejaht die Frage, nach den neusten Erkenntnissen ist die Wahrscheinlichkeit durchaus gegeben. Mit seinen Erzählungen gibt der Kandidat einen Blick in seine Schaltkreise frei. Sie können davon ausgehen, dass es viel Mühe kosten wird, diese in Ihrem Sinne zu ändern.

Wenn Sie also einen optimistischen, fröhlichen Menschen mit einer hohen Selbstbejahung vor sich haben, ist die Wahrscheinlichkeit aus neuronaler Sicht hoch, dass er es im nächsten Job auch sein wird.

Der Sinn eines Einstellungsgespräches ist, die Schaltkreise des Kandidaten zu erfragen, also nicht den Inhalt, sondern seine Struktur. Dafür sind Fragen geeignet wie:

Sind Sie in Ihrer Masterarbeit fair bewertet worden?

Hat Ihr erstes Unternehmen Sie anständig bezahlt?

Übernehmen Sie soziale Aufgaben?

Wenn Sie genau zuhören (auch das ist Trainingssache), erfahren Sie viel über die Informationsverarbeitung (die neuronalen Repräsentationen) des Kandidaten.

Biologisch gesehen gibt es an dieser Stelle kein Gut oder Schlecht, nur ein Passend oder Unpassend. Für den Job als Türsteher sind die fröhlichen Schaltkreise genauso unangemessen, wie die sub-depressiven Schaltkreise für Servicemitarbeiter. In allen Ausführungen über Neuro-Biologie geht es nicht um richtig oder falsch, sondern nur um passend für die Umwelt oder unpassend für die Umwelt.

2.4   Was ist der Beitrag und der Nutzen von Neuro-Leadership?

Neuro-Leadership bringt eine biologisch-wissenschaftliche Perspektive in die Erfahrungswissenschaften: Sie kann Führungswerkzeuge dahin gehend bewerten, ob sie dem Mitarbeiter für seine Leistungsfähigkeit nutzen oder nicht. So können wir beobachten, welche Gehirn-Schaltkreise bei Zielvereinbarungen aktiviert werden und welchen Nutzen Zielvereinbarungsgespräche tatsächlich haben. Hier gibt es einige Überraschungen. In Kapitel 6 betrachten wir die Zielvereinbarungen auch aus neuro-biologischer Perspektive.

Folgende Felder werden durch die Erkenntnisse des Neuro-Leadership bereichert:

Lösungen können schneller und besser gefunden werden. Sie erfahren, wie die Lösungsfindung biologisch funktioniert.

Die Entscheidungsqualität nimmt zu. Sobald Sie die neuro-biologischen Voraussetzungen für gute Entscheidungen kennen, werden diese besser.

Der Einfluss auf die Mitarbeiter und Kunden verbessert sich.

Die Beziehungsebene mit Mitarbeitern, Kollegen und Kunden wird gestärkt. Das, was als „soft skills” verstanden wurde, nämlich Mitarbeitern durch Kommunikation zu besseren Leistungen zu verhelfen, erhält ein objektives biologisches Abbild.

Techniken, die dabei helfen, auch unter Stress exzellent zu arbeiten, werden durch Neuro-Biologie optimiert. 

Eine Zeitersparnis bei Besprechungen ergibt sich durch die konsequente Anwendung von Neuro-Management.

Die Veränderungsbereitschaft des einzelnen und der Teams steigt.

Ein schöner Versuch dazu, wie Wissenschaft und Praxis zusammenspielen, wurde zum Thema Multitasking durchgeführt (Plessow 2012): Die Teilnehmer sollten zwei Aufgaben gleichzeitig erledigen. Das Ergebnis war niederschmetternd, die Qualität war miserabel und der Zeitaufwand war sehr hoch, besonders wenn zusätzlich Stress erzeugt wurde. Das Fazit: Multitasking ist uneffektiv. Der Nutzen der Gehirnforschung ist in diesem Fall, die Überlastung des Arbeitsspeichers, des Präfrontalen Cortex, zu erkennen und zielführende Handlungsimpulse zu geben.

Aus dieser Erkenntnis entsteht eine Führungsaufgabe:

Geben Sie ein Beispiel und seien Sie immer nur bei einer Sache.

Halten Sie die Mitarbeiter an, in Zeitblöcken Aufgabe für Aufgabe abzuarbeiten und nicht zu springen oder gleichzeitig viele Aufgaben zu erledigen.

2.5   Hauptaufgabe Bewertung

Wenn wir die Gehirnfunktionen auf einen Satz reduzieren müssen, dann wird es dieser sein:

Organisationsprinzip 7:

Unser Gehirn bewertet alle Situationen im Hinblick auf mögliche Gefahren und die Aussicht auf Belohnung – in dieser Reihenfolge!

Alle Systeme dienen dem Zweck der Organisation von Reizen. Reize können wahrgenommene Gefahren, sogenannte Stressoren, sein oder die Aussicht auf Gewinne versprechen. Man kann das Gehirn mit einem modularen Netzwerk vergleichen: Für verschiedene Situationen (Stress, Schmerz, Gewinne ...) gibt es verschiedene Schaltkreise. Je nach Situation werden unterschiedliche Teile des Gehirns aktiviert.

Je stärker zum Beispiel der dorso-laterale neofrontale Cortex – ein bestimmter Bereich des Gehirns – aktiviert ist, d. h., je stärker die neuronale Repräsentation in diesem Areal ist, desto besser können wir uns an langfristigen Zielen orientieren, anstatt impulshaft die sofortige Bedürfnisbefriedigung zu suchen. Wenn wir z. B. E-Mails bearbeiten und dabei dieses Areal stark im Schaltkreis eingebunden ist, werden wir die Aufgabe erfüllen. Ist der dorso-laterale neofrontale Cortex hingegen nur am Rande beteiligt, werden wir uns von Hunger, Durst, Facebook und Autolärm ablenken lassen.

Die Bewertung der Umwelt ist dabei höchst subjektiv. Was vor 30 Jahren lediglich eine psychologische These war, ist inzwischen mit Hilfe der Gehirnforschung, aber auch der empirischen Sozialwissenschaften, recht gut belegt:

Wir konstruieren unsere Welt!

Niemand hat dies schöner formuliert wie Shakespeare in seinem Stück Hamlet: „... there is nothing either good or bad, but thinking makes it so ...”.

2.5.1   Die konstruierte Welt