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Klarheit ist das grundlegende Prinzip für Führungserfolg und ist für die eigene Weiterentwicklung als Führungskraft von zentraler Bedeutung. Dazu gehören Klarheit über die eigene Person, Klarheit über die Führungsrolle, Klarheit über die Führungsziele oder auch die Klarheit über die Wertvorstellungen und Klarheit in der Führungskommunikation. Das Buch hilft Führungskräften, sich im Rahmen eines Selbstcoachings die notwendige Klarheit zu verschaffen. Checklisten und Praxisbeispiele ermöglichen den einfachen Transfer in den praktischen Führungsalltag. Highlights Konkrete Anleitung zum Selbstcoaching Rasche Wirksamkeit durch Fokussierung auf „Klarheit“ Mit Selbstchecks und Fallstudien
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Seitenzahl: 324
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Thomas Breyer-Mayländer
FÜHRUNG BRAUCHT KLARHEIT
1. Auflage
Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen, Verfahren und Darstellungen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und mit Sorgfalt getestet. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grund sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen keine juristische Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Informationen – oder Teilen davon – entsteht.
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© 2015 Carl Hanser Verlag Münchenwww.hanser-fachbuch.de
Lektorat: Lisa Hoffmann-Bäuml Herstellung: Thomas Gerhardy Fotos: Beate Ritter Umschlaggestaltung: Stephan Rönigk
ISBN 978-3-446-44374-7 E-Book ISBN 978-3-446-44687-8
Verwendete Schriften: SourceSansPro und SourceCodePro (Lizenz) CSS-Version: 1.0
Titelei
Impressum
Inhalt
Warum eigentlich Klarheit?
Zum Einstieg
1.1 Warum Klarheit so wichtig ist ‒ Wie man sich selbst über Dinge „klar“ wird
1 Klarheit über die eigene Person
1.1 Die „zentrierte Persönlichkeit“
1.2 Das Selbstwertgefühl
1.3 Kenntnisse über Persönlichkeitsprofile und -merkmale
1.4 Welche Aufgabe passt zu mir (Menge und Anspruch)?
1.5 Kernfragen
2 Klarheit über die Führungsrolle
2.1 Bedeutung der Führungsaufgabe
2.1.1 Der Weg in die (neue/weitere)Führungsaufgabe
2.1.2 Das Verhältnis von Fach- und Führungsaufgabe
2.1.3 Die Klärung der Führungsrolle
2.2 Unterschiedliche Rollensegmente kombinieren
2.2.1 Manche Rolle n wirken nach
2.2.2 Rollen müssen ausgefüllt werden
2.2.3 Eignung für die Führungsrolle
2.3 Private und berufliche Rollen ausfüllen
2.3.1 Wie viele Rollen können Sie spielen?
2.3.2 Differenzierte private Rollen
2.3.3 Rollen verändern sich
2.4 Passende Rollen ‒ authentische Rollenwahrnehmung ?
2.4.1 Stimmt das „Drehbuch“ für Sie?
2.4.2 Was bedeutet eigentlich „ Rolle “ bei Führungsaufgaben?
2.5 Bewusster Umgang mit Rollenerwartung en
2.5.1 Muss- Erwartung en
2.5.2 Soll- Erwartung en
2.5.3 Kann- Erwartung en
2.5.4 Ihr persönlicher Umgang mit Rollenerwartungen
2.5.5 Die Soziodemografie beeinflusst die Erwartungen
2.6 Kernfragen
3 Klarheit über Werte
3.1 Orientierung, Werte und Unternehmenskultur
3.2 Akteure der Unternehmensethik: Sittliche Kompetenz als Eigenschaft von Führenden
3.3 Werteabgleich zwischen Gesellschaft, Unternehmen und Führungskraft
3.4 Leitbild als Ausdruck der Unternehmenskultur
3.5 Kernfragen
4 Klarheit der Kommunikation
4.1 Klarheit durch Kenntnis der Kommunikation
4.1.1 Die fünf Axiome von Paul Watzlawick
4.1.2 Das Vier-Ohren-Modell
4.1.3 Die vier Phasen der Kommunikation
4.2 Klarheit der Sprache
4.2.1 Sprache und Rolle
4.2.2 Aktive Sprache und bewusste Rhetorik
4.3 Klarheit durch Kommunikationsformen und -kanäle
4.3.1 Brief und E-Mail
4.3.2 Reden, Statements und Ansprachen
4.4 Klarheit durch Kommunikationsanlässe und Rahmenbedingungen
4.4.1 Besprechung und Konferenzen
4.4.2 Mitarbeiter/innen-Gespräch
4.4.3 Feedback
4.4.4 Konflikte
4.4.5 Bestehendes Image und Klarheit der Kommunikation
4.5 Kernfragen
5 Klarheit der Ziele
5.1 Klare persönliche Ziele
5.2 Klare Arbeitsziele als Voraussetzung für Erfolge
5.3 Klare Formulierung der Ziele
5.4 Klare Unternehmensziele im Kontext von Werten, Leitbildern und Strategieentwicklung
5.4.1 Das Zielvereinbarungsgespräch
5.4.2 Die Zielvereinbarung
5.4.3 Die Förderung
5.5 Kernfragen
6 Klarheit der Entscheidungen
6.1 Das gesellschaftliche Umfeld für Entscheidungen
6.2 Entscheidungen und Persönlichkeit
6.3 Unternehmerische Entscheidungen
6.4 Klare Entscheidungen treffen, kommunizieren, umsetzen
6.4.1 Kommunikation
6.4.2 Umsetzen
6.4.3 Begleiten
6.5 Kernfragen
7 Klarheit der Struktur
7.1 Aufbau- und Strukturorganisation
7.1.1 Delegationsbereiche
7.1.2 Hierarchien
7.2 Governance
7.2.1 Gesellschafterstruktur
7.2.2 Aufteilung innerhalb der Unternehmensführung
7.3 Informations- und Kommunikationsbeziehungen
7.4 Klarheit ist keine Starrheit
7.5 Kernfragen
8 Klarheit des Führungsstils
8.1 Führungsstil
8.1.1 Führungsstile im Überblick
8.1.2 Führung in der Detailbetrachtung
8.2 Faktoren, die Ihren Führungsstil beeinflussen
8.2.1 Die Situation
8.2.2 Die Person der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
8.2.3 Die Aufgabe
8.2.4 Die Verbindung zwischen Aufgabe und Reifegrad: Persönlichkeitsstruktur und Erwartungshaltung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
8.2.5 Führungstradition und Arbeitsstrukturen
8.2.6 Haltung der Führungskraft
8.3 Managementkonzepte und Führungskultur im Unternehmen
8.3.1 Management by Ideas
8.3.2 Management by Break-Through
8.3.3 Management by Delegation
8.3.4 Management by Objectives
8.3.5 Transformationale Führung
8.4 Führungsleitbilder
8.4.1 Eine gemeinsame Kultur des Führens?
8.4.2 Führung als Aufgabe akzeptieren und wertschätzen
8.5 Kernfragen
9 Klarheit der Strategie
9.1 Was kennzeichnet eine klare Strategie?
9.2 Strategie und Zukunftsfähigkeit
9.3 Die Kommunikation vorausschauender strategischer Maßnahmen
9.4 Zu guter Letzt: Nicht alles ist „Strategie“
9.5 Kernfragen
10 Klarheit in der Umsetzung
12 Gesamtliteratur
Der Autor
Fotoverzeichnis
Warum eigentlich Klarheit?
"Führung braucht Klarheit!" Das ist die Ausgangsthese dieses Buchs. Führung durch Klarheit mag auf den ersten Blick banal erscheinen oder auf den zweiten Blick eine Teilfacette der Führungsarbeit in unangemessener Weise in den Vordergrund rücken. Aber gehen Sie bitte einmal gedanklich unterschiedliche Situationen durch, in denen Sie als Führungskraft nicht erfolgreich waren oder in denen Kolleginnen, Kollegen oder Vorgesetzte wahrnehmbare Führungsprobleme hatten. Sie werden feststellen, dass es in diesen Situationen neben anderen Einflussfaktoren immer auch an Klarheit gefehlt hat. In vielen Situationen ist dieser Mangel an Klarheit der ausschlaggebende Faktor. Wie wichtig Klarheit für Führende ist, kann ein Alltagsbeispiel gut illustrieren, das nicht aus dem klassischen Führungsalltag stammt.
Haben Sie sich schon einmal im Gesellschaftstanz versucht und der Führende hatte keine Klarheit über die Möglichkeiten und Abfolge der Schritte? Immer dann, wenn der Führende unsicher ist, kommt es zu Irritationen, die das Gelingen des Gesamtprojekts in Frage stellen. Im Fall des Tanzes wird entweder die Tanzpartnerin die Führungsrolle übernehmen oder das Projekt des gemeinsamen Tanzes scheitert grundsätzlich.
Wer sich nicht über das, was er sich vornimmt, klar wird, wird auch nie das Ziel erreichen. Daher reicht die Bedeutung der Klarheit im Führungsalltag weit über die reine Mitarbeiterführung hinaus und ist auch ein wesentliches Element der Unternehmensführung.
Mit diesem Buch erhalten Sie konkrete Hilfestellungen zur Selbstreflexion über Klarheit in zentralen Bereichen der Führung. Praxisbeispiele aus dem "Manager Magazin" helfen dabei, diese Themen in das aktuelle Wirtschaftsgeschehen einzuordnen.
Wie können Sie aber die gewonnenen Erkenntnisse auf die eigene Situation übertragen?
Die Themen werden praxisnah dargestellt und durch reale Fälle ergänzt. Die Leitfragen zum Abschluss der einzelnen Kapitel wiederum sind das Handwerkszeug für Ihr persönliches Selbstcoaching für mehr Klarheit im Führungsalltag. Ihre Kolleginnen und Kollegen werden es Ihnen danken. Dies führt uns direkt zu einem weiteren Punkt, bevor wir in das Thema "Klarheit" einsteigen:
"Dankbarkeit ist eine Pflicht, die erfüllt werden sollte, die aber zu erwarten keiner das Recht hat."
Jean-Jacques Rousseau
Dieses Buch wurde nur durch andere Menschen möglich und das Vorwort ist der geeignete Platz, um hierfür Dank zu sagen. Geholfen haben mir einerseits diejenigen, die mich bei der Führungsarbeit als Geschäftsführer und Prorektor begleiten und begleitet haben, zum anderen diejenigen, deren Führungsarbeit ich im Laufe meiner Tätigkeit als Managementprofessor und Berater analysieren durfte.
Auch für mich als Autor von mehr als 20 Fachbüchern gibt es Bücher, deren Entstehung etwas Besonderes ist. Dieses Buch gehört in die Kategorie der besonderen Bücher, da es mich beim Schreiben immer wieder zur Auseinandersetzung mit den eigenen Erfahrungen gezwungen hat. Spätestens bei den Themen des ersten Kapitels "Klarheit über die eigene Person" wird einem nochmals sehr stark bewusst, dass die Grundlagen der eigenen Persönlichkeit und damit eines der Fundamente für das Verständnis von Führungsarbeit bereits in der Sozialisation durch die Herkunftsfamilie geprägt wurden und werden. Daher gilt mein erster Dank meinen Eltern und meiner Großfamilie in allen Facetten. Denn wer ehrlich zu sich selbst ist, wird feststellen, dass auch dieser höchstpersönliche Sozialisationsprozess nicht mit dem Erwachsenwerden endet, sondern sich weiter fortsetzt und sogar die eigenen Kinder einen wesentlichen Anteil darin übernehmen können.
Gewidmet ist dieses Buch Prof. Dr. Baldur Kirchner aus Anlass seines 75. Geburtstags.
Seine Art Führung und Führungsethik zu betrachten, hat nicht nur über die Jahrzehnte hinweg zahlreiche Führungskräfte geprägt, sondern hat auch einen wesentlichen Anteil an der Sichtweise der Führungsaufgaben in diesem Buch, was sich auch in den Quellennachweisen widerspiegelt. Ich möchte ihm für wertvolle Begegnungen in seinem Seminarhaus in Ettenbeuren bzw. im Rahmen der Veranstaltungen im Kloster Neresheim herzlich danken.
Ein besonderer Dank gilt meiner Frau Beate Ritter. Sie war einmal mehr Erstleserin dieses Buchs mit vielen Korrekturen und Anmerkungen. Zudem konnte sie mit ihrem künstlerischen Gespür in Verbindung mit dem Schwerpunkt Fotografie im Rahmen ihres Studiums zu den einzelnen Kapiteln passende fotografische Motive beisteuern.
Ein herzliches Dankeschön gebührt auch Lisa Hoffmann-Bäuml, die vonseiten des Hanser Verlags mit großem Engagement das Lektorat und somit einen entscheidenden Anteil am Gelingen des Werkes verantwortet hat.
Ettenheimmünster, Frühjahr 2015 Thomas Breyer-Mayländer
Zum Einstieg
Warum haben wir den Schwerpunkt dieses Buches auf den Aspekt der „Klarheit“ gelegt? Es gibt im Bereich der Führungsliteratur inzwischen auch im deutschsprachigen Raum eine Fülle von Veröffentlichungen, die allgemein gehalten sind und im Wesentlichen die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Fachliteratur zusammenfassen oder in erster Linie kurz gefasst sind und praxisorientiert Ratgeberfunktion übernehmen. Eine andere Variante der Führungsliteratur beschreibt spezifische Gesichtspunkte der Führungsarbeit und des Führungshandelns und schränkt damit das Thema Führung oder Leadership auf bestimmte Detailthemen ein.
Mit der Betonung der Klarheit soll die Bandbreite der Führungsthemen in dieser Darstellung keinesfalls begrenzt werden. Es geht vielmehr darum, das Spektrum der Führungsthemen unter einem zentralen und entscheidenden Blickwinkel zu betrachten: Klarheit als Voraussetzung für eine wirksame und wertebasierte Führung. Dieser Blickwinkel hilft Ihnen als Führungskraft, um im Führungsalltag den notwendigen Blick für die wirklich wichtigen Führungsthemen zu haben und sich nicht mitten im stressigen Führungsalltag in Nebenaspekten zu verlieren und damit die eigene Zeitbilanz zu verschlechtern.
Der Begriff der Klarheit kann nicht in einer einfachen Definition zusammengefasst werden. Wir kennen den Begriff aus vielen alltäglichen Zusammenhängen, die wir uns im Folgenden nochmals genauer anschauen.
Eindrücklich sind die Überlegungen von René Descartes zu diesem Thema, nach dessen Definition eine Erkenntnis, dann „klar und deutlich“ ist, wenn sie „im Allgemeinen einsichtig, vollbewusst, eindeutig erkannt“ ist (Schischkoff 1982, S. 360). Sie lässt sich eindeutig unterscheiden und abgrenzen.
Einen ersten Zugang zum Begriff der Klarheit bietet für Sie vielleicht auch das Lukas-Evangelium. Vermutlich sind Sie im Laufe des Lebens entweder in einer christlichen Tradition (inklusive Religionsunterricht) erzogen oder zumindest mit Restbeständen christlicher Rituale konfrontiert worden. Unter diesen christlich geprägten Alltagsritualen stellt der Heilige Abend ein Highlight mit besonderem Stellenwert dar, ‒ ein Tag, an dem selbst Atheisten aus Brauchtumsgründen in die Kirchen strömen.
Erinnern Sie sich an folgenden Passus?
„Und der Engel des Herrn trat zu ihnen und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie und sie fürchteten sich sehr.“
Lukas 2, 9-12
Hier ist sie also, die Klarheit: „… und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie …“. Vermutlich einer der bekanntesten Sätze, in denen Klarheit eine Rolle spielt. Aber fürchten wir uns wirklich vor Klarheit? Ist es nicht im Gegenteil so, dass wir uns in vielen Fällen mehr Klarheit wünschen und dennoch auch vor Klarheit zurückschrecken?
Vielleicht hilft es, wenn wir uns das Setting vergegenwärtigen. Da sitzen sie, die Hirten, des Nachts auf dem Feld in der Nähe von Betlehem. Dunkel ist es, die Sterne werfen ihr fahles Licht auf das Feld, die Herde und die Hirten. Viel ist nicht zu sehen. Die kleine Feuerstelle gibt ein wenig Wärme ab und immer wieder steht einer von ihnen auf, um sich die Beine zu vertreten, sich warm zu klopfen und einmal über die Herde zu schauen. Neben Schauergeschichten zum Zeitvertreib spielt auch die Sorge um das Wohl der Tiere und damit um die Kontrolle der Herde eine Rolle. Es ist jedoch eine ruhige Nacht. Alles in Ordnung so weit. Die Schafe schlafen und die Männer dösen und dämmern vor sich hin. Das Überraschende an dieser Überlieferung ist die Klarheit, die unvermutet in das Leben der Männer tritt. Übertragen auf unser Thema stellt sich in vielen Fällen tatsächlich die Frage, ob wir damit so gut umgehen können, wenn unvermutet bestimmte Dinge sehr klar zutage treten. Wir wünschen uns oftmals Klarheit, können vielleicht jedoch mit der damit verbundenen Deutlichkeit und Transparenz nicht immer so gut umgehen. Aber das ist bereits ein Vorgriff auf das Folgende.
Wie notwendig Klarheit im Alltag ist, zeigen sehr viele alltägliche Formulierungen, in denen das Wort zum Vorschein tritt:
Schwierige Fragen, Probleme oder Auseinandersetzungen bedürfen einer „Klärung“, die als Prozess dafür sorgen soll, dass die Dinge zurechtgerückt werden und damit eine eindeutige Zuordnung von Themen und Standpunkten möglich wird.
Im Rahmen von Diskussionen und Gesprächen gibt es das Mittel der Klarstellung, mit dem der Einzelne versucht, die Dinge zu ordnen und damit buchstäblich für „Klarheit“ zu sorgen.
Die Aufklärung ist nun ein Prozess und Begriff, der nicht nur sehr viele unterschiedliche Begriffsdeutungen mit einschließt, sondern auch den Kernbegriff der Klarheit in sich trägt. Bei der sexuellen Aufklärung geht es um das Wissen und damit die Vermittlung von Alltagskompetenz in einem sehr spezifischen Themenfeld. Die philosophische Denkrichtung der Aufklärung sorgt auch für Klarheit. Objekt ist hier jedoch nicht das Sexualleben, sondern die Rolle des vernunftbegabten Menschen in der Gesellschaft und Historie.
Abgeklärt nennt man Menschen, die bereits viele Situationen erlebt haben, in denen es Spannungen und Diskussionen gab, denen keine klare Struktur zugrunde lag.
Klarsicht ist eine Voraussetzung, um am Steuer eines Verkehrsmittels (Auto, Schiff, Flugzeug) vorausschauend agieren zu können.
Kläranlagen beschreiben den Ort eines technischen Prozesses zur Erzeugung von Klarheit in einem menschlich allgemein relevanten Bereich.
Ein klarer Himmel sorgt für verlässliches Wetter und damit auch für eine spezifische Form von Klarheit.
Wenn Sie sich mit dem Thema Führung im Zusammenhang mit der notwendigen Klarheit auseinandersetzen, kommen Sie sehr rasch zu dem Punkt, an dem es notwendig ist, die eigene Position deutlich zu erkennen und sie in derselben Klarheit auch anderen vermitteln zu können. Es geht also um die Fragestellung nach Struktur und Bedeutung eines „klaren Standpunkts“:
Dieser Standpunkt ist zum einen physisch der Standpunkt eines Sprechers, der, beispielsweise im Rahmen eines Vortrags, mehr oder weniger überzeugend wirken wird, je nachdem, wie sicher er seinen Standpunkt gewählt hat. Die Klarheit in dieser Beziehung ergibt sich jedoch vor allem durch die Person, die Werte, die Rolle, die Sprache und die Entscheidungen der Person. Dies ist der Rahmen, in dem wir in den folgenden zehn Kapiteln das Thema Klarheit und Führung darstellen. Dabei wählen wir die Darstellung und die Beispiele so, dass Sie als Leserin und Leser darin bestärkt werden, sich selbst diese Klarheit zu verschaffen, einen klaren Standpunkt zu beziehen und für sich sowie andere im Führungsalltag nutzbar zu machen. In Verbindung mit den Leitfragen und Fallbeschreibungen eignet sich dieses Buch daher für Ihr Selbstcoaching als Führungskraft.
All das sind Gründe, weshalb wir uns intensiv mit Klarheit befassen. Aber es fehlt jetzt noch zum Verständnis der Aufgabenstellung des Buchs die Vorstellung, warum wir uns im zweiten Teil des Begriffspaars auf Führung konzentrieren wollen und nicht etwa den beliebten Managementbegriff nach vorne stellen. Die Abgrenzung der beiden Themen ist aus Sicht der Führungspraxis ohnehin eher schwierig nachzuvollziehen (vgl. Mintzberg 2011, S. 21). Gleichwohl ist unsere Fokussierung auf Führung gerechtfertigt, da die Beziehungsarbeit zwischen der Führungskraft und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer Organisation im Vordergrund steht. Die definitorische Trennung zwischen Leadern, die die richtigen Dinge tun, und Managern, die die Dinge richtig tun, ist jedoch aus Sicht der Praxis nicht entscheidend. Denn erfolgreiche Führungskräfte müssen beide Disziplinen beherrschen. Wir gehen im Folgenden von einem Führungsbegriff aus, der die Leitung einer Organisation oder Unternehmung beinhaltet, weshalb beispielsweise die Formulierung von Zielen oder Strategien mit zu den zentralen Aufgaben der Führenden gehört, dessen Kernaufgaben sich jedoch mit der Menschenführung, der Anleitung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern befasst. Dabei schränken wir den Führungsbegriff nicht auf einzelne Elemente im Bereich Management oder Managementtechniken ein, wie dies beispielsweise bei „agilem Management“ geschieht. (Gloger/Margetich 2014, S. 17f.).
Das Buch ist so aufgebaut, dass die einzelnen Detailthemen, bei denen Klarheit für den Führungsalltag eine Rolle spielt, erläutert werden, damit die Basis klar ist. Dabei steht jeweils Ihre persönliche Perspektive im Vordergrund und die Themen können in Ihren eigenen Arbeits- und Führungsalltag integriert werden. Das Buch liefert damit ein Fundament für das Selbstcoaching im Bereich Klarheit und Führung. Es ist jedoch kein Selbstcoaching-Buch für Menschen, die sich in allgemeinen Persönlichkeitskrisen oder sich allgemein auf dem Weg der Selbstfindung befinden. Es richtet sich stattdessen an Führungskräfte, die ihre Führungsarbeit überprüfen, verbessern und sich selbst im Bereich wirksamer Führung weiterentwickeln möchten.
Um das zu veranschaulichen, sind ein paar grundsätzliche Anmerkungen zu Coaching und Selbstcoaching hilfreich. Coaching ist eine emotions- und problemorientierte Beratungsform, die aus der Arbeits-/Organisationspsychologie stammt, und im Bereich Personalentwicklung zum Einsatz kommt (Bamberg 2009, S. 222). Während im klassischen Einzelcoaching eine persönliche Beratung und Betreuung des Coachees erfolgt (Mahlmann 2009, S. 10), ist das typische Selbstcoaching eine Form des Selbsttrainings. Statt des Dialogs mit dem Coach stehen dabei in vielen Anleitungen Fragebögen und Diagnosetests im Vordergrund, die durch Einzelübungen ergänzt werden (Wilbers 2014, Demann 2013). Die Coaching-Formen unterscheiden sich auch nach den Coaching-Anlässen. Während in vielen Fällen Konflikte als Auslöser des Coachings das Geschehen prägen, gibt es auch eine Reihe von Coaching-Prozessen, die aus dem Bedürfnis der Weiterentwicklung heraus angeregt werden. Persönliche Entwicklungsziele und eine Überprüfung des eigenen Wirkens im Arbeitsalltag (Mahlmann 2009, S. 15) stehen hier im Vordergrund.
Unabhängig davon, ob die Anregung, sich mit der eigenen Führungspraxis auseinanderzusetzen, bei Ihnen nun durch Konflikte (innere Konflikte oder Konflikte mit anderen Menschen) entstanden ist oder das neutrale persönliche Entwicklungsziel hier Pate stand, konzentriert sich dieses Buch auf die Weiterentwicklung Ihrer persönlichen Führungsfähigkeit. Es ergänzt damit die personenzentrierten Darstellungen des Selbstcoachings für Führungskräfte, die unter verschiedenen Blickwinkeln dieses Thema beleuchten (vgl. dazu beispielsweise Arnold 2012, Arnold 2011). Obwohl wir zunächst die Klarheit der eigenen Person unter die Lupe nehmen, ist die rein persönliche Entwicklung nicht das einzige Thema, sondern lediglich die Voraussetzung, um die anschließenden Schritte zu mehr Klarheit in der Führungspraxis gehen zu können.
Wie alle Darstellungen, die sich mit Selbstcoaching befassen, ist auch dieses Buch kein universeller Ersatz für alle denkbaren Fälle des Einzelcoachings. Es gibt Hilfestellungen bei der Weiterentwicklung der eigenen Führungsfähigkeit und kann damit für einzelne ausreichend sein, um den gewünschten Erfolg zu erzielen. Für andere ist es ein Einstieg in den Coaching-Prozess oder eine Ergänzung zum Einzelcoaching oder auch zu anderen Formen des Selbstcoachings. Einzel- oder Selbstcoaching ist insbesondere dann ratsam, wenn sich die Coaching-Formen "nur" auf die Persönlichkeit beziehen und die eigentlichen Herausforderungen mit der Führungsarbeit verbunden sind.
Den engen Zusammenhang zwischen der persönlichen Weiterentwicklung, die durch ein Selbstcoaching unterstützt werden kann, und dem Aufgabenbereich der Führung zeigt ein Statement von Bernard Fontana aus dem Jahr 2014 (CEO von Holcim, einem der weltweit größten Produzenten von Zement und Asphalt):
„Führung verändert das Leben derjenigen, die geführt werden, aber noch viel mehr das Leben der Führungskräfte selbst. Ist man sich dessen erst einmal bewusst geworden, ist das Führen anderer nicht mehr bloß 'ein weiterer Aspekt', der mit zunehmenden Managementpflichten einhergeht, sondern eine einzigartige Chance, sich sowohl beruflich als auch persönlich zu entwickeln. Führungskräfte, die diese Sichtweise verstehen und sich zu eigen machen ‒ und die Möglichkeit bekommen, sie zu erforschen ‒, werden ihre Funktion leidenschaftlicher erfüllen und daher andere besser führen.“
(Arnold 2014, S. 90)
Es geht bei den Praxisfällen zur Person der Führenden nicht um Schwarz-Weiß-Malerei im Sinne einer Glorifizierung des Positiv- und Dämonisierung des Negativbeispiels. In der Wirklichkeit des Wirtschaftslebens haben wir es nicht mit Märchen zu tun, sondern mit realen Menschen, bei denen Schattierungen und Grautöne die klare dualistische Struktur von schwarz und weiß, böse und gut ersetzen. In diesem Sinne mag man sich auch daran stören, dass das ambivalente Beispiel des Multiaufsehers Ulrich Lehner hier den Positivpart abgibt. Es geht jedoch um einen Menschen, der sich durchaus darüber im Klaren ist, welche Fähigkeiten und Potenziale er für die einzelnen Aufgaben mitbringt und wie er sie ‒ trotz vielfacher Verpflichtungen ‒ bewältigen kann (vgl. Student/Werres 6/2013).
Literatur
Arnold, Frank: Der beste Rat, den ich je bekam; HanserMünchen2014
Arnold, Rolf: Führen mit Gefühl: Anleitung zum Selbstcoaching ‒ Mit einem Methoden-ABC, Springer; 2. Auflage, GablerWiesbaden2011
Arnold, Rolf: Spirituelle Führung: Anleitung zum Selbstcoaching ‒ Mit einem Methoden-ABC; SpringerGabler Wiesbaden2012
Bamberg, E.: Beratung in der Arbeits- und Organisationspsychologie, in: Warschburger, P.: Beratungspsychologie; Springer Medizin Verlag Heidelberg2009, S. 207-234
Demann, Stefanie: Selbstcoaching: Die 86 besten Tools; GabalOffenbach2013
Gloger, Boris and Margetich, Jürgen: Das Scrum-Prinzip: Agile Organisationen aufbauen und gestalten; Schäffer-PoeschelStuttgart2014
Mahlmann, Regina: Ein Blick auf die Coaching-Landschaft, in: Sachsenmaier, Ingeborg(Hrsg.): Die Coaching-Praxis: Mit Methode zu neuen Perspektiven; Beltz Weinheim/Basel2009, S.9-20
Mintzberg, Henry: Managen;2. Auflage, GabalOffenbach2011
Student, Dietmar und Werres, Thomas: Hase und Igel ‒ Ulrich Lehner: Der Mann nach Cromme hat viele Talente und noch mehr Mandate und Ämter. Ist der Multiaufseher der Richtige für den Krisenkonzern ThyssenKrupp?, in: Manager Magazin6/2013, S. 53-56
Wilbers, Gregor: Selbstcoaching in 7 Tagen: Wie Sie Ihren persönlichen Weg zum Erfolg finden;2. Auflage, Springer GablerWiesbaden2014
MarkusPinger, in seiner Funktion als CEOCelesio
Der Wechsel im Vorstand eines Großunternehmens bedeutet für den Nachfolger oftmals Neustrukturierung, gegebenenfalls auch das große Aufräumen und Ausmisten, je nachdem, welchen „Stall“ man in welchem Zustand übernimmt. Beim Pharmahändler Celesio war Markus Pinger als Nachfolger von Fritz Oesterle 2011 angetreten, um das Portfolio neu zu strukturieren. Unternehmensteile wurden auf die Verkaufsliste gesetzt (Werres 6/2012). Was unter dem Blickwinkel des strategischen Managements nachvollziehbar ist und ‒ je nach Sichtweise ‒ auch richtig sein kann, erfordert jedoch in hohem Maße Fingerspitzengefühl und in diesem Sinne auch eine zentrierte Persönlichkeit. Wenn nun, wie im vorliegenden Fall, eine Reihe von Führungskräften nach Amtsantritt des neuen Chefs das Unternehmen verlässt, dann kann dieser Exodus zwei unterschiedliche Ursachen haben.
Es gibt die Möglichkeit, dass die strategische Neuausrichtung richtig ist, aber die zweite und dritte Führungsebene einfach die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat und entweder aus Unzufriedenheit und eigenem Antrieb von Bord geht oder nahegelegt bekommt, „wegen unterschiedlicher Auffassungen über die künftige Ausrichtung des Geschäftsbereichs“ das Unternehmen zu verlassen.
Es gibt jedoch auch die Variante, dass man auf der Ebene der Führungskräfte die Neuorientierung ‒ so sie denn richtig ist ‒ begrüßt, jedoch mit der Person des neuen Chefs, seiner Art zu führen und seinen Umgangsformen Probleme hat und daher eine Neuorientierung vornimmt. Im konkreten Fall waren der IT-Chef, der Cheflobbyist und die Mitarbeiter der Strategieabteilung die ersten, die das Unternehmen verließen. Markus Pinger bekam intern recht zügig den Spitznamen „Super-Markus“. Was unter anderen Umständen noch anerkennend gemeint sein könnte, ist im konkreten Fall ein Zeichen des deutlichen Missfallens. „Mit dem Führungswechsel, heißt es, sei der Anstand abhanden gekommen“ (Werres 6/2012). Dabei machte der neue Chef nicht nur in den unmittelbaren Umgangsformen Fehler, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nachvollziehen konnten (Füße auf den Tisch legen), es ging auch um grundsätzliche Fehler beim Einsatz von Symbolen. Nichts ist in deutschen Firmen mit so viel Aufmerksamkeit und Emotionalität verbunden wie die Dienstwagenordnung. Wer darf sich wann zu welchem Zweck welches Auto kaufen? Wenn nun der neue Chef eine Dienstwagenordnung verändert und dabei Sparziele vorgibt, dann muss er sich selbst auch daran messen lassen. Wer dann selbst einen AMG-getunten Daimler ordert, der in der Preisliste mit über 116.000 Euro geführt wird, macht sich auch nicht dadurch glaubwürdiger, dass er darauf hinweist, dass die Leasingrate vergleichsweise günstig sei.
In Fällen, in denen Sparen angesagt ist, kann es schon fatal sein, wenn ein neuer Dienstwagen im Rahmen des normalen Leasingvertrags aufgrund eines Modellwechsels auf den Hof gestellt wird. Dass Sanierer nicht immer zartfühlend sind und damit auch in der Innen- und Außenwirkung Irritationen entstehen können, ist bekannt. Vorbildwirkung und Selbstreflextion sind jedoch für eine wirksame Führung auch in Sanierungsphasen Voraussetzung. Zudem zeigt der Fall Celesio auch, dass man als Chef sehr stark am wirtschaftlichen Erfolg gemessen wird, wenn man ihn zum kompromisslosen Ziel der eigenen Arbeit erklärt.
Die Rolle des Vorbilds, die parallel zu allen anderen Rollen der Führungskraft eine Konstante darstellt, scheint in einigen Elementen von Markus Pinger nicht in der Form wahrgenommen worden zu sein, dass es beim allgemeinen Publikum (den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern) und beim zahlenden Publikum (den Gesellschaftern) ankommt. Daher ist dieser Fall auch ein Beispiel für Probleme mit der Führungsrolle. (Werres 6/2012)
„Flüsse und Berge werden sich verändern, aber es ist schwierig, die Persönlichkeit auch nur eines einzigen Menschen zu ändern.“
Buddhistische Weisheit (Schwanfelder 2006, S. 62)
Dieses Zitat soll Sie nicht demotivieren oder davon abhalten, sich mit der Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit zu befassen. Es soll Sie jedoch davor bewahren, zu große und vielleicht unrealistische Erwartungen an die Weiterentwicklung der Persönlichkeit zu haben. Es geht nicht darum, zu erreichen als Standard-Norm-Führungskraft in idealer Weise seinen Job zu verrichten. Stattdessen geht es darum, Ihre Persönlichkeit zu kennen und zu nutzen, um mit Ihren individuellen Stärken authentisch und erfolgreich zu führen. Es wäre auch falsch, wenn Sie sich zum Ziel setzen würden, einer wie auch immer gearteten Führungsnorm zu entsprechen. Wer schon einmal Führungs- und Verkaufspersonal erlebt hat, bei einer schlechten Fortbildung war und sich dabei mühsam normgerechtes Verhalten antrainiert hat, das keinesfalls zur eigenen Person passt, kann nachvollziehen, welche Bedenken wir hierbei haben.
Analysieren Sie Ihre Persönlichkeit und nutzen Sie Ihre Talente, Werte und persönlichen Ziele, um sich über sich selbst und Ihre Eignung als Führungskraft klar zu werden.
Führung als Menschenführung befasst sich in vielen Facetten mit der Beziehungsarbeit zwischen Führungskraft und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wie bei jeder Form der Beziehung ist auch hier, im professionellen Rahmen, die Persönlichkeitsstruktur der Beteiligten von entscheidender Bedeutung. Die Person des Führenden und damit Ihre Persönlichkeit dominiert dieses Szenario.
Viele Fachautoren (wie z. B. Wildemann 2002, S. 30ff.) widmen sich sehr intensiv dem Thema, welche Persönlichkeitsmerkmale für eine erfolgreiche Führungsarbeit entscheidend sind. Dabei werden jedoch die persönlichen Merkmale oftmals lediglich auf die Aufgabenstellung einer Führungskraft projiziert, indem beispielsweise verdeutlicht wird, dass positive Grundeinstellungen („Wir schaffen das.“) einfacher in den Führungsalltag zu integrieren sind als negative Grundhaltungen von Menschen, die meist auch schon körpersprachlich im Auftreten „die Flügel hängen lassen“. Hier setzen auch sehr viele Coachings an, indem sie die Grundeinstellung und damit die Alltagsbewältigung auf eine andere Grundlage stellen. Dies ist in vielen Fällen ein lohnenswerter Aspekt, der in der Tat verbessert werden kann. Er sollte jedoch keinesfalls als einsame Insellösung daherkommen im Sinne eines Trainings mit dem Entwicklungsziel des permanent fröhlichen Optimisten.
Maßgeblich für Führungserfolg ist jedoch tatsächlich die Klarheit über die unterschiedlichen Facetten der eigenen Person (vgl. Walther 2013, S. 11), auch wenn sie zunächst noch nicht in Bezug zur Führungsarbeit stehen. Denn der Person des Führenden kommt eine entscheidende Bedeutung zu:
„Ein guter Baum bringt gute Früchte und ein kranker Baum schlechte. Ein guter Baum wird keine schlechten Früchte tragen und ein kranker Baum keine guten. Jeder Baum, der keine guten Früchte bringt, wird umgehauen und verbrannt. Ebenso werdet ihr die falschen Propheten an ihren Taten erkennen.“, Matthäus 7, 17-18
Im Leben von Organisationen bedeutet das, dass es fast unmöglich ist, eine gute Organisationskultur aufzubauen, wirksame Mitarbeiterführung zu betreiben und damit Erfolge im Markt zu erzielen, wenn der Stamm, auf den wir an dieser Stelle setzen, d. h. die Führungskräfte und Kolleginnen und Kollegen, auf den unterschiedlichen Funktionen und Hierarchieebenen, „krank“ ist. Da die „Früchte der Arbeit“ in besonders hohem Maße von den Führungskräften abhängen, wirkt sich eine problematische Persönlichkeitsstruktur hier noch problematischer aus. Grund genug, sich zu Beginn der Führungsarbeit mit der Persönlichkeitsstruktur der Führenden und damit, aus Sicht von Führungskräften, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Dabei schwanken viele Führungskräfte zwischen Selbstzweifeln auf der einen Seite und Narzissmus auf der anderen Seite (Kirchner 1992, S. 36ff.).
Es lohnt sich für Sie und auch für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Ihr Unternehmen bzw. Ihre Organisation, wenn Sie sich intensiv mit Ihrer eigenen Wirkung im Rahmen der Führungsrolle auseinandersetzen.
Wer sich in forschender, beobachtender oder beratender, teilnehmender Rolle mit Menschenführung und Führungspersönlichkeiten befasst, kommt sehr schnell zu dem Schluss, dass die Persönlichkeit der Führenden mit darüber entscheidet, wie wirksam und erfolgreich die Führungsarbeit verrichtet werden kann. Es sind meist die besonders krassen Fälle, beispielsweise bei egozentrierten Persönlichkeiten, die auch von einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen werden und die dieses Thema illustrieren können.
Ein Beispiel aus dem Führungsalltag kann das erläutern. Von einem früheren Vorstandsvorsitzenden einer bedeutenden deutschen Aktiengesellschaft wurde berichtet, dass er gerne am späten Abend durch den Betrieb ging, um einzelne, ihm unbekannte Mitarbeiter nach einem Art Zufallsprinzip am Arbeitsplatz aufzusuchen. Mit diebischer Freude erkundigte er sich danach, ob die in ihrer Arbeit aufgeschreckten Kolleginnen und Kollegen denn wüssten, mit wem sie es zu tun hätten. Wenn das verneint wurde, stand es schon nicht zum Besten um die künftige Position der so heimgesuchten. Wer anschließend nicht in einem Satz erklären konnte, was er arbeitete und worin der Beitrag seiner Tätigkeit für den Gesamtbetrieb bestand, musste mit dem Risiko leben, am nächsten Tag in die Personalabteilung einbestellt zu werden, um die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses einzuleiten.
1.1Die „zentriertePersönlichkeit“Die sprichwörtliche Klarheit der eigenen Person ist eine entscheidende Voraussetzung für die Menschen- und Mitarbeiterführung. Wer mit sich selbst nicht im Reinen ist, kann sich nicht so intensiv und positiv auf die Beziehungsarbeit der Mitarbeiterführung konzentrieren, wie dies für den nachhaltigen Führungserfolg notwendig wäre.
Damit sind wir auch schon bei der ersten Anforderung und Zielsetzung an Sie als Führungskraft:
Die klare Führungspersönlichkeit ist die „zentrierte Persönlichkeit“.
„Eine „zentrierte Persönlichkeit“ ist ein Mensch, der in seiner Wesensmitte lebt und aus ihr heraus handelt. Er verbreitet somit Ruhe, Gelassenheit und Überlegenheit in seinem Tun. Alle diese persönlichen Qualitäten sind allerdings notwendig, wenn menschliches Führen gelingen soll“ (Kirchner 2014).
Dabei ist nicht eine egozentrierte Persönlichkeit gemeint, die bei vielen Alphatieren in deutschen Führungsetagen anzutreffen ist. Eine ausreichende Akzeptanz der eigenen Person ist eine notwendige, aber keinesfalls hinreichende Voraussetzung für die Hinwendung und Zuwendung gegenüber anderen. Übersteigerungen der egozentrierten Persönlichkeit stehen jedoch einer echten Beziehungsarbeit im Sinne einer ausbalancierten Führungsarbeit im Weg.
Woran erkennen Sie nun die klare Persönlichkeit? Diese Frage stellt sich nicht nur für Sie selbst, sondern für die Personalauswahl, Personalentwicklung genauso wie für Sie im Rahmen der Selbst- und Eigendiagnose als Führungskraft. Wir erkennen einen Menschen an seinem Handeln und an den Äußerungen der Menschen, die mit ihm in Verbindung stehen. Dabei muss man in der Praxis jedoch darauf achten, aus welchen Gründen sich jemand in einer bestimmten Art und Weise über einen anderen äußert. Nicht jede Äußerung über Dritte, insbesondere Führungskräfte, stammt aus berufenem Mund, das heißt von jemandem, der tatsächlich etwas über diese Person sagen kann.
Wie setzt sich nun das Selbstkonzept einer Führungskraft zusammen? Wie erkenne ich mich als Führungskraft selbst?
Aus der Sozialpsychologie (Ahrens 2011, S. 42) kommen hierfür ‒ frei nach Platon ‒ vier Wege in Frage: Zunächst gibt es für Sie die Möglichkeit, bewusst über sich nachzudenken (vgl. auch Arnold 2012, S. 37). Wenn beispielsweise der Blick in den Spiegel dazu führt, dass Sie sich über Ihre Figur, Ihr Körpergewicht und am Ende Ihre Ernährungsgewohnheiten Gedanken machen, trägt dies Grundzüge der Introspektion in sich. Dieses In-sich-Hineinschauen lässt jedoch nur eine begrenzte Zuordnung zwischen beobachtbarem Verhalten und dem Wesen der eigenen Person zu.
Da wir Menschen dazu neigen, rationale Erklärungsmuster zu beanspruchen, kommt es bei dieser Art der „Selbstanalyse“ regelmäßig zu logischen und vordergründig plausiblen Erklärungen, die jedoch trotz akribischer Selbstbeobachtung falsch sein können. Gerade in Fällen, in denen junge Führungskräfte gefordert sind, ihr eigenes Führungshandeln zu hinterfragen, setzen sie sich selbst unter einen persönlichen Rechtfertigungsdruck. In der Diskussion mit echten Bezugs- und Vertrauenspersonen sollten Sie daher versuchen, sich davon frei zu machen, kritische Fragen und wohlmeinend kritische Nachfragen mit der Suche nach Rechtfertigungen zu quittieren.
Bei einer professionellen Begleitung von Führungskräften durch einen Trainer oder Coach liegt auch hier, in der Distanz zum eigenen Handeln, ein entscheidender Erfolgsfaktor. Ein weiterer spannender Punkt ist dabei die Tatsache, dass wir unsere Einschätzungen durch soziale Interaktion gewinnen. Wenn eine hochbegabte Nachwuchskraft im Unternehmen mit erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verglichen wird, kann dies zur Demotivation führen, wenn die Leistungsunterschiede aufgrund des jahrelangen Know-hows, der bestehenden Netzwerke im Unternehmen und der langjährigen Kundenbeziehungen zu groß sind. Ob sich eine potenzielle Führungskraft nun im Rahmen der Selbsteinschätzung für mehr oder weniger geeignet hält, hängt auch von den dabei gesetzten Referenzpunkten im Rahmen der sozialen Interaktion ab.
Das bedeutet, dass Sie sich darüber klar werden müssen, welchen Maßstab Sie an sich selbst anlegen wollen, können und sollten. Hier kann falscher Ehrgeiz kontraproduktiv sein.
Das Selbstkonzept und damit auch die Frage, was wir denn über uns selbst denken, ist eine zentrale Fragestellung bei der Analyse von Führungspersönlichkeiten. Die wesentlichen Erkenntniswege sind hier die Introspektion (das heißt der Prozess des Nach-innen-Schauens), die Beobachtung des eigenen Verhaltens und die soziale Interaktion, also auch der Vergleich mit anderen Menschen (vgl. Ahrens 2011). Wer als Führungskraft wirksam arbeiten möchte, muss bereit sein, diese Schritte zu gehen und sich auf eine detailliertere Kenntnis der eigenen Persönlichkeit einzulassen.
Die zentrierte Persönlichkeit beschreibt Führende, die in ihrem Selbstwertgefühl ausbalanciert sind und als autonome Persönlichkeit ihren eigenen Wert nicht von den Leistungserlebnissen und der Anerkennung anderer abhängig machen.
Wie wichtig die Klarheit über die eigene Person für das Führungshandeln ist, zeigt eine Untergliederung der Führungsfähigkeit in die fachliche, soziale und sittliche Kompetenz (Kirchner 2006, S. 56). Dabei kommt dem Selbstwertgefühl eine entscheidende Bedeutung zu. Menschen mit einem positiven Selbstwertgefühl haben eine emotional positive Haltung zur eigenen Existenz und zum eigenen Dasein.
1.2DasSelbstwertgefühlHaben Sie ein stabiles Selbstwertgefühl? Um diese Frage beantworten zu können, müssen Sie sich mit den Problemen befassen, die typischerweise bei Führungskräften im Themenfeld des Selbstwertgefühls aufkommen.
Wenn Ihnen das zu abstrakt erscheint, dann vergegenwärtigen Sie sich die negativen Begleiterscheinungen, die gerade beim Thema Selbstwertgefühl in Unternehmen und Organisationen sichtbar werden. So führt die Hinwendung zu leistungsorientierten, fachlichen Entwicklungsprogrammen bei vielen jungen Nachwuchsführungskräften zu einer Stabilisierung der eigenen Persönlichkeit durch den eigenen Erfolg. Das Credo lautet: „Ich mag mich, weil ich gut bin.“, oder im Extremen „Ich mag mich, weil ich der Beste bin.“ In Grundzügen ist dies zwar bei allen intrinsisch motivierten und meist gut ausgebildeten Persönlichkeiten veranlagt und bildet damit auch die Grundlage vieler Ansätze zur Motivationssteigerung, dennoch liegt in einer zu starken Ausprägung dieser Leistungsorientierung ein Problem bei Führungskräften. Die zentrierte Persönlichkeit akzeptiert sich selbst voraussetzungsfrei und ist daher nicht so anfällig für Situationen, in denen die eigene Leistung weniger zufriedenstellend war, oder für eine Situation, bei der ein Kollege die bessere Projektidee präsentierte.
Wenn Sie als Führungskraft eine extreme Leistungs- und Erfolgsabhängigkeit Ihrer Person wahrnehmen, ist dies nicht nur ein Gefahrenpotenzial für Ihre psychische Stabilität, sondern in hohem Maße auch ein absehbares Gefährdungs- und Frustrationspotenzial für die Geführten.
Machen Sie sich als Person in der Wahrnehmung des Werts der eigenen Persönlichkeit unabhängig von den Erfolgen und Leistungen, die Sie erzielen und erbringen.
Ein weiteres typisches Beispiel für mangelhaftes Selbstwertgefühl ist die Abhängigkeit von Bestätigung und Anerkennung durch das soziale Umfeld. Der Wunsch, von anderen Menschen angenommen und akzeptiert zu werden, ist als Hinwendung zum Gegenüber eine wichtige Voraussetzung für ein positives Miteinander. Unabhängig davon, ob es sich um das Miteinander in einem Unternehmen oder in der Gesellschaft handelt, gehört dies zu einer der Grundlagen für Empathie, die wiederum eine zentrale Voraussetzung für echte, wirksame Führungsfähigkeit darstellt.
Bei Führungskräften mit Störungen im Selbstwertgefühl kann jedoch der Wunsch nach Akzeptanz sich verselbstständigen und zu einem dominanten Motiv werden. In dieser Situation reduziert sich der Mensch auf die Formel „Ich mag mich, weil die anderen mich mögen.“ Das bedeutet, dass im Konfliktfall, beispielsweise bei der Vertretung unpopulärer, aber notwendiger Positionen, die Führungskraft in eine Identitätskrise gestürzt wird. Die Wertigkeit der eigenen Person und Persönlichkeit ist in solchen Fällen abhängig vom Gegenüber.
Machen Sie sich als Person in der Wahrnehmung des Werts der eigenen Persönlichkeit unabhängig von der Anerkennung Ihrer beruflichen Umwelt.
Baldur Kirchner (2006, S. 70) führt drei Voraussetzungen für ein ausreichendes Selbstwertgefühl an, die im Wesentlichen auf Kindheitserfahrungen beruhen:
Die Zuwendung, die ein Mensch voraussetzungsfrei erhält: Wenn Sie beispielsweise bei schlechten schulischen Leistungen in der Kindheit und Jugend „Kürzungen“ oder „Entzug“ der Zuwendung erfahren haben, sind Sie gefährdet, das eigene Selbstwertgefühl als leistungsorientiertes Wertbewusstsein zu definieren.
Die Ermunterung zu eigenem Handeln: Die Förderung der Identifikation von Kindern und Heranwachsenden über eigene Impulse ist eine wesentliche Voraussetzung für eine motivierbare Persönlichkeit. Dieser Punkt ist gerade bei der künftigen Führungsgeneration nicht unproblematisch. Aus der Managementsoziologie wissen wir, dass wir in Deutschland gerade bei Top-Führungskräften eine geringe soziale Mobilität erzielen (vgl. Buß 2007). Die meisten Führungskräfte stammen aus einem Elternhaus mit akademisch gebildeten Eltern, die selbst meist Führungsverantwortung in zweiter oder dritter Generation tragen. Gerade diese Eltern sind jedoch in den letzten Jahren immer wieder als „Helikoptereltern“ in Erscheinung getreten, die sehr stark die Entwicklung der Kinder lenken und leiten, da das „Projekt Kind“ zum Erfolg geführt werden soll (vgl. Kraus 2013). Ermunterung zur Selbständigkeit sieht anders aus.
Das Zulassen von Gefühlen: Dies ist eine der elementaren Voraussetzungen für empathisches Handeln. Gefühle sollen hier als „Elemente der Wahrnehmung der Beziehung zu uns selbst und unserer Beziehung zu anderen Menschen“ (Kirchner 2006, S. 81) verstanden werden. Für Sie als Führungskraft ist es notwendig, ein positives Verhältnis zu Ihrer eigenen Gefühlswelt zu besitzen. Es ist der Schlüssel zur Sensibilität für die Gefühlswelt der Geführten. Aus der langjährigen Arbeit mit Führungskräften lässt sich diese Sensibilität für Gefühle als Schlüsselkompetenz identifizieren. Diese Schlüsselkompetenz ist die Voraussetzung, um bei Themen der Kommunikation und Konfliktbewältigung neben der Sachebene auch die Gefühlsebene in ausreichendem Maße zu erfassen.
Damit haben Sie drei Felder, die sich für Ihre persönliche Analysephase (Wodurch war meine Kindheit und Jugend bei der Zuwendung, der Ermunterung zu eigenem Handeln und dem Zulassen von Gefühlen geprägt?), aber auch für eine Trainingsphase anbieten, wenn Sie beispielsweise an Ihrem persönlichen Umgang mit Emotionen arbeiten wollen.
Eine weitere Grundvoraussetzung für Führende ist die sittliche Kompetenz im Sinne der „Fähigkeit mit Normen sinnvoll und verantwortungsvoll umgehen zu können“ (Kirchner 2006, S. 86). Diese Kompetenz als Teil der „Klarheit der Person“ stellt den Übergang zum Themenfeld „Klarheit der Werte“ dar. Wenn Sie erlebt haben, wie schwierig der Umgang von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Führungskräften ist, deren persönliche und moralische Integrität zweifelhaft ist, erkennen Sie sehr schnell, warum das Persönlichkeitsmerkmal „positiver Umgang mit gesellschaftlichen Normen“ eine entscheidende Voraussetzung für wirksames Führungshandeln ist. Dies bedeutet nicht, dass Sie sich als Führende oder Führender gedankenlos einem aktuellen Normkonsens anschließen sollen. Eine Eigenständigkeit auch im Bereich der Wertvorstellungen ist in vielen Fällen hilfreich, jedoch müssen diese Werte einen nachvollziehbaren Hintergrund haben, der ein ausreichendes Identifikationspotenzial für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bietet und im notwendigen Rahmen auch für Verlässlichkeit sorgt.
