Fünf prickelnde Abenteuer - Leslie Kelly - E-Book

Fünf prickelnde Abenteuer E-Book

Leslie Kelly

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Beschreibung

SO BLOND - SO SEXY

Noch nie hat Jake Spencer auf eine Frau so heftig reagiert wie auf die süße Blondine, die ihm in New Hope auffällt. Wie ferngesteuert folgt er ihr auf ihrem Bummel durch die Stadt. Als sie entsetzt feststellt, dass gerade ihre Wohnung abgebrannt ist, kommt das Jake äußerst gelegen. Er bietet ihr sofort an, auf seiner Ranch zu leben, bis sie eine neue Unterkunft gefunden hat. Natürlich hat Priss längst gemerkt, dass dieser attraktive Mann sie nicht aus den Augen lässt, und sie sagt spontan zu. Jakes heißen Flirt erwidert sie stürmisch, doch nicht nur, weil sie Jake wahnsinnig erotisch findet: Priss träumt seit Monaten davon, ein Baby zu bekommen ...

ZÄRTLICH VERFÜHRT

Emily ist fassungslos! Viele Jahre nachdem Matt sie ohne Erklärung verließ, taucht er plötzlich wieder auf und beginnt, hemmungslos mit ihr zu flirten! Kann Emily seinen Verführungskünsten widerstehen? Insgeheim sehnt sie sich nämlich noch immer nach Matts Berührungen …

PRICKELND WIE PROSECCO

Es ist eine rauschende Party, die der Verleger J.T. Birmingham zur Ehrung seiner Star-Kolumnisten Lacey Clark und Nate Logan organisiert hat. Doch die, um die sich alles dreht, feiern ihr eigenes Fest - ein paar Hotelstockwerke tiefer bei einem leidenschaftlichen Liebesakt im Fitnessraum. Überwältigt von jähem Verlangen nach dem Mann, den sie zuvor aus dem Pool gefischt hatte, gibt Lacey der Faszination des Augenblicks nach, tut sie, was sie nie zuvor gewagt hat: Denn so wenig wie sie den Namen ihres stürmischen Liebhabers kennt, so unbekannt ist ihm, wer seine Gespielin ist - bis die Tür aufgeht und aus prickelndem Sex eine Affäre mit dramatischen Folgen wird ...

WOHIN GEHST DU, SEXY GINNY?

Nach dem Tod ihrer despotischen Mutter will Ginny endlich einmal Spaß haben. Zum ersten Mal in ihrem Leben geht sie in eine Bar und bestellt sich mutig ein Bier. Die Wirkung auf die zierliche junge Frau ist verheerend: Beschwipst wirft sie sich dem attraktiven Cole McCallum an den Hals, der Ginny ungewöhnlich reizvoll findet. Diese sexy Lady scheint ihm der Himmel geschickt zu haben: Er braucht dringend eine Ehefrau, um sein Erbe antreten zu können! Außerdem muss Cole ehrlich zugeben, dass er durchaus bereit wäre, Ginny in die Geheimnisse der Leidenschaft einzuführen ...

HEIßER NOCH ALS DAMALS

Schicksal? Zufall? Ein Wink von ganz oben? Zehn Jahre lang haben sich Cassie und Jake nicht gesehen, aber jetzt treffen sie innerhalb von drei Wochen gleich zwei Mal aufeinander. Zuerst begegnet Cassie dem unglaublich erotischen Rodeoreiter auf der Hochzeit ihres Bruders wieder und erlebt heiße Liebesstunden in Jakes Armen! Es gibt nur einen Ausweg, dieser gefährlichen Leidenschaft zu entkommen: Flucht! Denn sie weiß, dass Jake ganz andere Vorstellungen von der Zukunft hat als sie - Happy End ausgeschlossen! Vermeintlich weit entfernt von ihm, nimmt sie einen Job auf einer Ranch in Nevada an. Was Cassie noch nicht weiß: Auch Jake ist auf dem Weg dorthin ...

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Seitenzahl: 1011

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Dixie Browning, Michelle Celmer, Leslie Kelly, Jane Sullivan, Charlene Sands

Fünf prickelnde Abenteuer

IMPRESSUM

So blond - so sexy erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 1999 by Cathy L. Baumgardner Originaltitel: „The Rancher Gets Hitched“ erschienen bei: Harlequin Enterprises, Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1144 - 2001 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Camilla Kneschke und Kai J. Sasse

Umschlagsmotive: GettyImages_gpointstudio

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733746681

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

„Na, da soll mich doch der Teufel holen!“, sagte der alte Mann. „Sieh mal, was wir da haben.“

Tracy Campbell blinzelte in dem hellen Licht, das aus der offenen Tür kam, und wischte sich die Regentropfen von den Augen. Ihr langes Haar klebte ihr wie nasser Seetang am Kopf und an den Wangen. Sie fühlte sich wie eine ertrunkene Ratte und hatte keinerlei Zweifel, dass sie auch genauso aussah. Stundenlang war sie bei diesem sintflutartigen Regen im Kreis herumgefahren, wie es schien, und nun war sie hundemüde. „Wo bin ich?“, brachte sie müde heraus.

„Auf unserer Veranda“, antwortete ein jüngerer Mann.

Na toll, dachte sie. Von allen Ranchhäusern in Colorado erwischte sie gerade das, in dem sich einer für einen Komiker hielt.

Tracy war nicht nach Lachen zumute. Sie war eher in der Stimmung zu weinen. Trotzdem weigerte sie sich, sich vor diesen beiden Männern zur Idiotin zu machen. Die Zwei starrten sie an, als käme sie aus dem Weltraum.

Der ältere Mann hatte weißes Haar und blaue Augen, die sie durchdringend ansahen. Er erinnerte sie an den Filmstar Lloyd Bridges. Den jüngeren hatte sie noch nicht richtig mustern können.

Nun riss sie sich zusammen und trat ins Haus, ohne auf eine Einladung zu warten.

„Es ist mir egal, wo ich bin“, erklärte sie und sah die beiden Männer herausfordernd an. „Ich werde nicht wieder in diesen Wolkenbruch hinausgehen.“

„Niemand hat Sie dazu aufgefordert“, erwiderte der jüngere Mann, und beim Klang seiner Stimme erschauerte Tracy.

„Ich bin auf der Suche nach der Best-Ranch“, sagte sie.

„Sie haben sie gefunden“, antwortete er.

Tracy sprach im Stillen ein Dankgebet und streckte die Hand aus. Dann merkte sie, dass der marineblaue Pullover, den sie über ihrem Jeanskleid trug, sich durch die Nässe ausgedehnt hatte, sodass der Ärmel ihr bis über die Fingerspitzen reichte.

Sie zog ihn bis zum Ellbogen hoch und stellte sich vor. „Ich bin Ihre neue Haushälterin.“

„Was Sie nicht sagen!“ Der ältere Mann schlug sich auf den Schenkel und lachte.

Die Augen des jüngeren Mannes glänzten amüsiert, während er Tracy vom klatschnassen Kopf bis hinunter zu den mit Schlamm beschmierten Füßen musterte.

„Wahrscheinlich kann sie gut sauber machen.“ Der ältere Mann schmunzelte wieder.

„Verzeihen Sie meinem Vater. Er hat einen seltsamen Sinn für Humor. Ich bin Zane Best.“ Er schüttelte Tracys Hand erstaunlich kräftig. Es war nicht so, als hätte er ihre Finger zu sehr gequetscht, aber trotzdem prickelte ihre Haut hinterher.

Dies war Zane? Ihr Arbeitgeber, der Rancher? So hatte sie ihn sich nicht vorgestellt. Eigentlich hatte sie gedacht, er würde wie J.R.s Vater in der Fernsehserie „Dallas“ aussehen … grauhaarig, distinguiert, groß.

Das Einzige, was sie richtig geraten hatte, war das Letzte. Er musste mindestens einsfünfundachtzig groß sein und war so gut gebaut, dass Tracy, die frühere Etatleiterin in einer großen Werbeagentur, ihn am liebsten sofort in einem Werbespot für Jeans eingesetzt hätte.

Aber sie war nicht mehr in der Werbebranche. Und sie war auch nicht mehr verlobt. Dieses Leben lag hinter ihr. Sie hatte es in Chicago zurückgelassen, zusammen mit dem silbernen Teeservice und den böhmischen Kristallgläsern. Jetzt war sie ganz auf sich selbst gestellt und würde Haushälterin auf einer Ranch in Colorado werden.

Als ihre Tante Maeve es ihr vorgeschlagen hatte, hatte sie es für eine gute Idee gehalten. Herbert, Maeves frischgebackener Ehemann, hatte einen Cousin im Westen der USA, der eine Haushälterin suchte. Hatte Tracy sich nicht immer gewünscht, auf einer Ranch zu leben?

Zu dieser Zeit war es ihr am wichtigsten gewesen, dem Albtraum zu entfliehen, zu dem sich ihr früher einmal gut geplantes Leben entwickelt hatte. Und das wollte sie so schnell wie möglich. Also hatte sie zugesagt, ohne Fragen zu stellen. Maeve hatte angeboten, auf der Ranch anzurufen und ihre Nichte anzukündigen.

Tracy war mit dem Auto gefahren, statt zu fliegen, und hatte an diesem Tag wahrscheinlich länger hinterm Steuer ihres roten Wagens gesessen, als sie sollte. Und nach einer unruhigen Nacht in einem billigen Motel mitten in Nebraska hatte sie ihr Ziel noch am selben Tag erreichen wollen.

Der Wagen war voll bepackt. Inzwischen hatte ihr Exverlobter Dennis vermutlich bemerkt, dass einige Dinge fehlten, nicht zuletzt sie selbst.

Tracys Telefongespräch mit ihrer Tante hatte dazu geführt, dass sie sich nun in der Wildnis von Colorado befand, wo dieser Mann sie sowohl amüsiert als auch wachsam musterte.

„Sind Sie noch wach?“, fragte er trocken.

Obwohl sie sich im Haus aufhielten, trug er immer noch einen Cowboyhut, und so konnte sie seine Augenfarbe nicht erkennen. Er hatte ein klassisches Profil. Über seinem rechten Ohr konnte sie ein bisschen schwarzes Haar sehen. Er hatte hohe Wangenknochen und ein Kinn, das wie gemeißelt wirkte. Alles in allem war es ein sehr anziehendes Gesicht. Er ähnelte den Männern, die in den sechziger Jahren in der Werbung für eine bekannte Zigarettenmarke eingesetzt worden waren. Tracy merkte, dass sie schon wieder an Werbung dachte, und schloss genervt die Augen.

Dieser Mann war angeblich ein Witwer in mittleren Jahren mit zwei artigen Kindern von ungewissem Alter … in dieser Hinsicht hatte sich Tante Maeve nicht klar ausgedrückt. Ihrer Beschreibung nach war Zane geradezu ein Heiliger. Tracy hatte nun allmählich das Gefühl, dass ihre Tante übertrieben hatte. Sehr sogar.

Diese Frau stammte offensichtlich aus einer Großstadt. Das war an allem zu erkennen, von den mit Schlamm beschmierten beigefarbenen Wildlederstiefeletten bis zu ihrem nassen blonden Haar. Welche Frau würde auf einer Ranch Stiefeletten aus feinstem Wildleder tragen? Offenbar die, die ich engagiert habe, dachte Zane und seufzte.

Aber wenn man in Schwierigkeiten war, konnte man nicht wählerisch sein. Es war ja nicht so, als hätten sich haufenweise Leute um die Stelle beworben. Jeder in der Gegend wusste über seine Situation Bescheid und hätte lieber Klapperschlangen gegessen, als in seinem Haus zu arbeiten … dank der wilden Geschichten, die die zwei Haushälterinnen in die Welt gesetzt hatten, die im vergangenen Monat bei ihm gewesen waren.

Zane hatte nicht damit gerechnet, dass Tracy Campbell noch an diesem Abend kommen würde. Eigentlich hätte sie erst morgen eintreffen sollen. Er wusste nicht genau, was für eine Beziehung es gab zwischen ihm und dieser Frau, die nun den Fußboden in seinem Flur voll tropfte. Ihre Tante hatte den Lieblingscousin seines Vaters geheiratet, und dadurch war sie … Wahrscheinlich gab es irgendein Wort dafür, aber das kannte er nicht. Die angeheiratete Nichte zweiten Grades?

Aber das war ja völlig egal. Er brauchte eine Haushälterin, und zwar sofort.

Sein Dad und sein Cousin Herbert – oder Herb, wie er lieber genannt wurde – telefonierten ständig, und Buck hatte Herb erzählt, dass sie Probleme hatten, eine Hilfe im Haushalt zu bekommen. Trotzdem wusste Zane nicht viel über Herbs neue Ehefrau. Als er am Telefon erfahren hatte, dass sie eine Nichte hatte, die bei ihm als Haushälterin arbeiten könnte, war er zu erleichtert gewesen, um Fragen zu stellen. Einem geschenkten Gaul schaute man nicht ins Maul.

Aber der Mund dieser Frau war es wert, betrachtet zu werden, sogar jetzt, wo sie vor Kälte oder Erschöpfung ein bisschen blau angelaufen war. Ihr langes Haar trocknete allmählich an den Spitzen, offensichtlich hatte es einen warmen Goldton. Ihr Jeanskleid umschmiegte einen Körper, der an all den richtigen Stellen gerundet war. Und ihre Augen waren von einem tiefem Grün, das ihn an Wälder und Wiesen erinnerte.

„Sie sollten Ihre nasse Sachen ausziehen, bevor Sie sich erkälten.“ Er trat unwillkürlich einen Schritt zurück, als er sie sich ohne Kleidung vorstellte. „Haben Sie Ihr Gepäck mitgebracht?“

„Es ist im Auto“, sagte sie.

„Sie sehen nicht besonders gut aus“, stellte Buck fest. „Vielleicht sollten Sie sich besser hinsetzen.“

„Wissen Sie, was ich wirklich gebrauchen könnte? Ein Bad.“

„Das ist da drüben.“ Zane deutete auf die Tür unter der Treppe, die nach oben führte. „Es ist nicht groß, dürfte aber Ihren Ansprüchen genügen.“

Nachdem Tracy sich das Haar gebürstet und ihr Gesicht mit Handtüchern abgetrocknet hatte, die so rau wie Sandpapier waren, fühlte sie sich ein bisschen vorzeigbarer.

„Mir scheint es, als könnte ein kräftiger Windstoß sie umhauen, mein Sohn. Als sie an die Tür geklopft hat, hat sie gewirkt wie eine Wilde.“

„Sie ist nicht verrückt. Sie ist bloß müde von der Fahrt.“

Tracy hörte Zanes Worte durch die Badezimmertür und entschied, dass Erschöpfung eine gute Ausrede war. Die Wahrheit sah so aus, dass sie nicht gerade in bester Verfassung war. Aber wer wäre das schon gewesen, wenn er das durchgemacht hatte, was sie in den letzten paar Tagen erlebt hatte? Eine arbeitslose Frau, die vor der Hochzeit davonlief, musste ja verrückt und wild wirken. „Das darfst du“, versicherte sie ihrem Spiegelbild.

Von der anderen Seite der Tür hörte sie wieder Bucks Stimme. „Sie redet da drinnen mit sich selbst. Vielleicht solltest du mal nach ihr sehen.“

„Es geht mir gut“, rief Tracy. „Ich komme sofort.“

Erst nach mehreren Versuchen gelang es ihr, den Riegel an der Tür zurückzuschieben. Er stammte wahrscheinlich noch aus dem neunzehnten Jahrhundert. Als sie schon aufgeben wollte, gab er endlich nach, und sie wäre fast in den Flur hinausgetaumelt, wo Zane und sein Vater auf sie warteten.

Sie bemühte sich, wenigstens den Rest ihrer Würde aufrecht zu erhalten. „Ich denke, ich werde mich jetzt ausruhen, falls es Ihnen nichts ausmacht. Es war eine lange Fahrt.“

„Ich bringe Sie zu Ihrem Zimmer.“ Zane hatte bereits zwei ihrer Taschen in den Händen. Sein nasses Hemd deutete darauf hin, dass er draußen gewesen war, um sie aus ihrem Auto zu holen, das sie nicht abgeschlossen hatte.

„Danke.“ Tracy folgte ihm die Treppe hinauf. Jede Stufe knarrte. Zane war zwei Stufen über ihr, sodass sich sein mit Jeansstoff bedeckter Po ungefähr in ihrer Augenhöhe befand. Seine Jeans saß wie eine zweite Haut. Er hatte eine schlanke Taille, schmale Hüften und lange Beine … nicht, dass Tracy auf solche Dinge geachtet hätte. Das tat sie nicht mehr. Aber ihr fiel doch unwillkürlich auf, dass er sich ungefähr so schnell und geschmeidig bewegte wie die Männer in „Bonanza“.

Und das musste sie ja wissen. Immerhin hatte sie jede einzelne Folge dieser Serie gesehen. Sie hatte immer den geheimen Traum gehabt, einmal auf einer Ranch zu leben, und während der langen Fahrt hierher hatte sie überlegt, ob Dennis’ Betrug vielleicht der Weg war, den das Schicksal gewählt hatte, um ihr diesen Traum zu erfüllen. Sie hoffte bloß, dass sich dieser Traum nicht genauso zum Albtraum entwickeln würde wie Pläne, die sie für ihr Leben mit Dennis gehabt hatte.

„Das Quartier der Haushälterin wird gerade renoviert. Also müssen Sie die nächsten paar Tage im Gästezimmer wohnen.“ Zane stieß die Tür mit dem Fuß auf.

Das Bett war groß und sah bequem aus, obwohl es alt war. Es lag eine dicke, kunstvoll gesteppte Decke drauf. Außerdem gab es einen Nachttisch, eine Kommode und einen Stuhl. Es war nicht gerade das Ritz, würde aber genügen.

Zane stellte die kleinere Tasche aufs Bett, das daraufhin knarrte. Tracy dachte voller Sehnsucht an ihre eigene teure Matratze, die sie in einem Lager in Chicago untergebracht hatte. „Gibt es eine Badewanne?“, fragte sie.

„Sicher. Aber der Boiler funktioniert zurzeit nicht. Tut mir leid. Morgen früh müsste er wieder gehen.“

„Das ist schon okay“, murmelte Tracy und gab die Hoffnung auf ein heißes Bad auf.

„Ich drehe die Heizung auf. Falls Sie keine weiteren Fragen haben, lasse ich Sie jetzt schlafen. Wir stehen hier früh auf. Frühstück gibt es um halb sechs.“

„Gut.“ Tracy gähnte und hörte gar nicht richtig hin. „Wir sehen uns dann.“

„Die Küche befindet sich im hinteren Teil des Hauses“, fügte Zane hinzu. „Sie können sie nicht verfehlen.“

„Hm. Gute Nacht.“

Als sie Zane die Tür vor der Nase zumachte, sah sie als Letztes seine Augen. Endlich war sie nahe genug, um die Farbe zu erkennen. Sie waren blau.

Tracy träumte, dass sie von den sanften Wellen der Karibik geschaukelt wurde. Sie und Dennis waren in den Flitterwochen. Sie hatten den Strand ganz für sich. Das Meer wurde rauer. Ein Sturm zog auf. Sie konnte den Donner hören.

„Aufwachen!“, brüllte er.

Sie versuchte etwas zu rufen, aber es ging nicht.

„Aufwachen!“

Tracy öffnete die Augen, sah den Mann vor sich und schrie auf.

Hinterher wusste sie nicht, wer von ihnen sich mehr erschreckt hatte.

„Verdammt, Sie haben mich zehn Jahre meines Lebens gekostet“, beschwerte sich der Mann und wich so hastig zurück, dass ihm der Hut vom Kopf flog. „Ich habe doch nur versucht, Sie zu wecken. Sie hätten das Frühstück schon vor zehn Minuten fertig haben müssen. Da unten warten hungrige Rancharbeiter.“ Er hob seinen Hut auf.

Tracy blinzelte verwirrt. Wo war sie?

Dann fiel ihr alles wieder ein. Sie war auf einer Ranch in Colorado. Ihre Tante hatte behauptet, das wäre für sie der perfekte Ort, um sich von dem Schlamassel zu erholen, zu dem sich ihr Leben entwickelt hatte. Aber niemand konnte sich zu einer so unchristlichen Zeit erholen! Und der Mann, der nun interessiert auf die schmalen Träger ihres Nachthemdes starrte, war Zane.

„Was tun Sie hier drin?“ Tracy zog die Decke bis zum Kinn hoch.

„Wie ich schon sagte, habe ich nur versucht, Sie zu wecken.“

„Es ist zu früh. Kommen Sie später wieder.“

„Hören Sie zu, Lady“, knurrte er und schaltete das Licht ein. „Ich führe kein Sanatorium. Soweit ich weiß, bin ich der Arbeitgeber, und Sie sind meine Haushälterin und Köchin. Und das bedeutet, dass Sie unten Frühstück machen sollten, statt im Bett zu liegen.“

Sie stöhnte und setzte sich auf. „Ich schätze, das heißt, dass ich kein Frühstück im Bett kriege.“ Als sie Zanes düsteren Gesichtsausdruck sah, fügte sie hinzu: „Das sollte ein Witz sein. Jetzt bin ich wach. Ich bin in ein paar Minuten unten.“

Tracy wartete, bis Zane gegangen war, bevor sie aufstand. Dabei stieß sie sich den großen Zeh an einer ihrer noch nicht ausgepackten Taschen. Tränen traten ihr in die Augen, und sie hüpfte auf einem Bein herum.

So hatte ihr neues Leben nicht anfangen sollen. Sie fühlte sich fehl am Platz, müde und schläfrig, und das gefiel ihr nicht. Außerdem wurde sie allmählich ärgerlich. Dennis hatte sie betrogen, und Zane hatte sie viel zu früh geweckt. Diese beiden Verbrechen mochten nicht das gleiche Gewicht haben, aber im Moment fand sie, dass beide Männer schuldig waren. Sie warf ihnen vor, dass sie ganz selbstverständlich erwarteten, es müsse alles so laufen, wie sie es wollten.

„Man sollte alle Männer von diesem Planeten verbannen“, murmelte sie düster. „Wo habe ich bloß meine Jeans hingepackt?“

Am Ende musste sie eine beigefarbene Leinenhose und eine korallenrote Seidenbluse anziehen. Sonst hätte sie riskiert, dass Zane noch mal wütend in ihr Zimmer gestürmt kam. Ihre Jeans befanden sich vermutlich in einem dem Gepäckstücke, die noch im Auto lagen.

Sie fand die Küche ohne Probleme. Allerdings war es weniger leicht, den Herd einzuschalten. Wann immer sie an einem Schalter drehte, zischte es bloß.

Als Zane hereinkam, sagte sie: „Ihr Herd ist kaputt.“

„Er ist nicht kaputt. Sie müssen ihn mit einem Streichholz anzünden.“ Als Tracy ihn nur verständnislos ansah, fluchte er und machte es selber. „Bereiten Sie heute einfach nur Rühreier mit Speck zu.“ Er reichte ihr eine Schüssel mit Eiern und ein Pfund Speck.

„Wissen Sie, wie das auf Ihren Cholesterin-Spiegel wirkt?“

„Machen Sie es einfach!“, knurrte er.

Sie tat es, aber nicht sehr gut. Die Eier waren oben wässrig und unten verbrannt, und der Speck war stellenweise schwarz wie Kohle. Wer hätte gedacht, dass es so schwierig sein würde, Rühreier zuzubereiten? Es war gut, dass sie ein paar Kochbücher mitgebracht hatte.

Sie traute sich nicht, hinauszugehen und die Männer zu fragen, wie ihnen die Mahlzeit geschmeckt hatte. Also blieb sie in der Küche und versuchte zu entscheiden, wo sie die edlen Küchengeräte hinpacken sollte, die sie mitgebracht hatte. Aus dem Zimmer nebenan hörte sie ein paar Beschwerden, aber sie achtete nicht darauf.

Als Zane in die Küche kam, konnte sie ihn allerdings nicht ignorieren. Sein düsterer Gesichtsausdruck erinnerte sie an das Wetter letzte Nacht.

„Man hat mir gesagt, Sie könnten kochen“, sagte er bemerkenswert ruhig.

„Das kann ich auch“, behauptete Tracy. Immerhin ein Gericht. Shrimps mit Pasta. Was Frühstück anging, hatte sie nie mehr zu sich genommen als Kaffee und einen Bagel mit Frischkäse. Und die hatte sie sich immer aus dem Delikatessenladen um die Ecke geholt.

Hier in der Wildnis gab es solche Läden leider nicht. Okay, der erste Morgen war wohl nicht so ausgefallen, wie sie sich das vorgestellt hatte. Aber das war keine große Sache. Sie hatte einen Collegeabschluss. Also konnte sie damit fertig werden. Wie schwer konnte es schon sein, die Aufgaben einer Haushälterin und Köchin zu bewältigen?

Nun sah sie sich um und bemerkte, was für ein Durcheinander sie angerichtet hatte. Rund um den Herd starrte alles vor Fett, und zwischen Arbeitsfläche und Spüle befand sich eine Spur aus Eiweiß.

Seit sie das Fenster geöffnet hatte, war immerhin der meiste Rauch abgezogen. Eine Minute lang hatte sie Angst gehabt, das Haus würde brennen.

Und nun suchte sie den Schalter für den Müllschlucker. Wo war der nur versteckt?

Zane beobachtete sie und hatte Mühe, nicht laut zu brüllen. Die Küche war schon vorher in keinem großartigen Zustand gewesen, aber nun sah sie aus, als wäre eine Bombe eingeschlagen. Er war nahe daran, Tracy sofort nach Chicago zurückzuschicken, aber dann fiel ihm ein, dass die Bewerber nicht gerade Schlange standen. Er musste sich mit ihr zufrieden geben oder ohne Haushälterin auskommen.

Also ermahnte er sich, geduldig zu sein. Er wollte eben etwas sagen, als ein neuer Sturm losbrach. Die Tür krachte gegen die Wand.

Zehn Sekunden später war das Chaos komplett. Die Schüssel, die auf der Arbeitsfläche gestanden hatte, flog quer durch den Raum und zerbrach auf dem Boden. Die Kanister, die Tracy vorher gar nicht bemerkt hatte, landeten daneben, und der Inhalt verteilte sich überall.

Tracy musste husten, weil die Luft voller Mehlstaub war. „Was war denn das?“

„Meine beiden Kinder“, antwortete Zane reumütig.

2. KAPITEL

„Ihre Kinder?“ Tracy betrachtete noch immer die inzwischen leeren Kanister, die Mehl enthalten hatten.

„Sie wussten doch, dass ich Kinder habe, oder?“, erwiderte Zane, als müsste er sich verteidigen.

Sie nickte langsam, immer noch unfähig zu begreifen, wie zwei kleine Kinder in so kurzer Zeit einen derartigen Schaden anrichten konnten. „Tante Maeve hat mir erzählt, Sie hätten zwei wundervolle, unglaublich brave Kinder. Allmählich habe ich den Eindruck, dass sie ein bisschen übertrieben hat.“ Tracy dachte, dass das wiederum eine starke Untertreibung war. Der Raum war ja vorher schon schmutzig gewesen, aber jetzt war ein Katastrophengebiet.

Zanes Kinder waren offensichtlich nicht gerade still und brav, und Tante Maeve hatte ein paar wesentliche Dinge über die Haushälterinnenstelle verschwiegen … wie zum Beispiel, dass Zane überaus sexy war und seine Kinder eine Bedrohung für die Menschheit darstellten.

„Lucky!“, brüllte Zane, und Tracy zuckte überrascht zusammen. „Lucky ist der Name meiner Tochter“, erklärte Zane, bevor die Tür aufging und Tracy dabei fast ins Gesicht geknallt wäre. Ein mit Mehl bedecktes Kind kam hereingerannt und blieb vor Zane stehen.

Tracy war nicht sicher, was sie tun sollte. „Tag, Lucky.“ Sie streckte automatisch die Hand aus, da sie eher an Geschäftspartner als an Kinder gewöhnt war.

„Dies ist mein Sohn Rusty“, erklärte Zane empört.

„Tut mir leid. Das habe ich nicht gemerkt.“ Der kleine Junge sah fast genauso aus wie das Mädchen, das hinter ihm hereinkam. Beide hatten kurzes mit braunes Haar, das jetzt mit Weißem bestäubt war, und trugen rote T-Shirts und Jeans, die mit Ei bekleckert waren.

„Sie sind keine eineiigen Zwillinge“, erklärte Zane. „So schwer ist es nicht, sie auseinander zu halten.“

Er hatte Zwillinge? Tracy wusste aus der Verfilmung von „Das doppelte Lottchen“, wie viel Ärger Zwillinge machen konnten. Der Zustand der Küche bewies, das Zanes Kinder ohne Weiteres so viel Schaden anrichten konnten wie fünf zahmere Kinder. „Wie alt sind sie?“

„Sieben“, antwortete Zane.

„Einhalb“, fügte Lucky hinzu. Oder Rusty? Nein, es war Lucky. Das merkte Tracy daran, dass Zane die Hände auf den Schultern seines Sohnes hatte, während die Bemerkung von dem anderen Kind gekommen war.

„Wir brauchen keine Aufpasserin.“ Das jungenhafte Mädchen reckte kämpferisch das Kinn.

„Das sehe ich“, entgegnete Tracy trocken und betrachtete das Chaos um sie herum. Sie hatte sich eben noch schlecht gefühlt, weil sie beim Kochen so viel Dreck gemacht hatte, aber das war gar nichts im Vergleich dazu, was die Kinder in so kurzer Zeit geschafft hatten. „Offenbar seid ihr fähig, allein ziemlich viel zu Stande zu kriegen.“ Sie wandte sich den beiden zu. „Ich heiße Tracy und bin die neue Haushälterin. Ich bin hier, um mich um das Haus zu kümmern und für euch zu kochen.“

„Grandpa hat gesagt, Sie kochen furchtbar“, meinte Lucky.

„Sei nett“, warnte Zane sie.

„Ich war nett“, protestierte Lucky. „Ich habe sie nicht getreten.“

Die beiden verteilten sonst Fußtritte? Tracy wich vorsichtshalber zurück.

Rusty sah es und lachte. „Sie hat Angst“, stellte er verächtlich fest.

„Benimm dich“, ermahnte Zane ihn. „Und entschuldige dich bei Miss Campbell für den Dreck, den du verursacht hast.“

„Es war schon dreckig hier drin“, protestierte Rusty.

Zane sah ihn streng an. „Ihr zwei habt es schlimmer gemacht. Jetzt entschuldigt euch.“

„Es tut uns leid“, sagten die beiden im Chor.

Tracy merkte an dem Glanz in ihren Augen, dass sie keinerlei Reue empfanden. Tatsächlich entdeckte sie da offene Feindseligkeit. Es war nicht gerade die beste Art, ihren ersten Arbeitstag zu beginnen. Aber solches Pech hatte sie nun mal in letzter Zeit.

„Und ihr werdet Miss Campbell beim Saubermachen helfen“, fügte Zane hinzu.

„Oh Pa!“, murrten beide.

„Aber erst geht ihr rauf und seht zu, dass ihr selber sauber werdet.“ Daraufhin liefen beide hinaus und die Treppe hinauf, wo sie Mehlspuren hinterließen. „Vielleicht war das keine so gute Idee“, räumte Zane ein.

„Das ist okay. Kinder sind nun mal Kinder.“ Was immer das bedeutete. Tracy wusste nicht, was sie sonst sagen sollte. „Wann kommt denn der Babysitter?“, erkundigte sie sich.

„Babysitter?“ Zane sah sie verblüfft an. „Es gibt keinen.“

Tracy verzog das Gesicht. „Ich bin ja keine Expertin, aber die Kinder scheinen mir noch etwas zu jung zu sein, um ohne Aufsicht auszukommen. Oder kümmert sich Ihr Vater um sie?“

„Manchmal tut er das. Aber es ist die Aufgabe der Haushälterin. Ihr Job.“

Das war neu für Tracy. Noch so eine nette Kleinigkeit, die ihre Tante ihr verschwiegen hatte. „Warten Sie mal. Ich dachte, Haushälterinnen sind nur für Haushalt und Kochen zuständig.“

„Da haben Sie falsch gedacht.“

Tracy sank auf einen Stuhl. „Und Ihre vorigen Haushälterinnen sind mit all dem fertig geworden?“

„Ja. Ohne Probleme.“

„Dann werden Sie ja auch keine Schwierigkeiten haben, jemand anderen für diesen Job zu bekommen.“ Tracy seufzte. „Ich bin nicht sicher, ob ich die richtige Person dafür bin.“

„Da bin ich auch nicht sicher. Aber Sie sind alles, was ich habe.“

Tracy erkannte Verzweiflung, wenn sie damit konfrontiert wurde. Nun warf sie Zane einen misstrauischen Blick zu. „Warum verraten Sie mir nicht, was hier wirklich vorgeht?“ Sie hatte eine Eingebung. „Wie viele Haushälterinnen hatten Sie schon?“

„Seit wann?“

„Wie wäre es mit dem letzten Jahr?“ Tracys Selbstvertrauen wuchs wieder.

„Einige.“

„Wie viele sind das? Mehr als sechs, weniger als zwölf?“

„Das stimmt.“

„Und darf ich fragen, warum sie gegangen sind?“

„Aus verschiedenen Gründen.“

„Hießen die Rusty und Lucky?“, riet Tracy.

Zane trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. „Schauen Sie, vielleicht hätte ich Ihnen gleich gestern Abend von meinen Kindern erzählen sollen, aber Sie waren ja selber auch nicht unbedingt ehrlich.“ Er sah ihr vorwurfsvoll in die Augen. „Schließlich haben Sie behauptet, Sie könnten kochen. Dabei ist es offensichtlich, dass Sie das nicht können.“

Da hatte er sie erwischt. „Okay“, gab sie zu. „Ich habe nicht viel Erfahrung, aber ich bin bereit zu lernen.“

„Darauf verlasse ich mich. Nur für den Sommer. Im September gehen die Kinder wieder in die Schule, und nachmittags kümmert sich mein Dad um sie. Aber Sie müssen mir versprechen, dass Sie wenigstens den Sommer über bleiben.“

Tracy wurde klar, dass sie Zane nicht kritisieren konnte, weil er nicht näher ausgeführt hatte, was er von einer Haushälterin erwartete. Selbst wenn er das gestern Abend getan hätte, wäre sie doch zu müde gewesen, um richtig zuzuhören.

Er hatte recht. Sie war nicht vollständig ehrlich gewesen. Sie hatte es so eilig gehabt, von Chicago wegzukommen und zu erleben, wie es war, auf einer Ranch zu leben, dass sie ihre eigenen Schwächen vertuscht und sich außerdem nicht die Mühe gemacht hatte, selber herauszufinden, worum es bei dem Job wirklich ging. Sie hatte es sogar ihrer Tante überlassen, anzurufen und Zane mitzuteilen, dass sie die Stelle annehmen würde.

Aber sie war eine intelligente Frau. Sie konnte lernen, wie man kochte. Es war einfach eine Frage des Befolgens von Anweisungen, oder? Wie viel schwieriger konnte das schon sein als das Einrichten eines neuen Programms auf ihrem Laptop? Alles, was sie zu tun brauchte, war es, Hinweisen zu folgen. Und sie hatte genügend Kochbücher und Geräte mitgebracht. Also konnte sie auch damit fertig werden. Sie würde es schaffen.

Denn sie war nicht bereit, hier zu scheitern. Nicht nachdem sie das schon in Hinblick auf ihre Verlobung getan hatte.

Und obwohl sie keine Expertin war, was Kinder anging, konnte doch sogar sie beurteilen, dass die Zwillinge davon profitieren würden, wenn eine Frau sich um sie kümmerte. Besonders Lucky. Dieses kleine Mädchen war in einer ganz und gar männlichen Umgebung aufgewachsen, und nun sah es aus wie ein Junge und benahm sich auch so.

Tracy hatte in letzten Jahr an einer Anzeigenkampagne für Kinderkleidung gearbeitet und dabei auch mit Kindern zu tun gehabt. Lucky würde zum Anbeißen aussehen in den B. Me-Sachen … hübschen Jeanskleidchen und bunten Haarreifen. Und was noch wichtiger war, Tracy war verantwortlich für die Werbung für Tyke-Fahrräder gewesen und hatte diese vor zwei Jahren zu dem Artikel gemacht, der am häufigsten auf den Wunschzetteln der Kinder gestanden hatte.

Alles, was sie über Kinder wusste, hatte sie bei diesen beiden Kampagnen gelernt. Das waren die einzigen, bei denen es um Kinder gegangen war. Ansonsten hatte sie für so ziemlich alles von Wein bis zu Nüssen geworben … für das Spring Hill Weingut bis zu Pete’s Pistazien, um genau zu sein … für große Sachen wie Motorräder bis zu kleinen wie Duftkerzen. Sie hatte die Vielfalt und die neuen Herausforderungen genossen.

Vielfalt und neue Herausforderungen. Na ja, in dem Job als Haushälterin auf Zanes Ranch würde sie mit Sicherheit von beidem genug bekommen.

Während sie für B. Me und Tyke-Fahrräder gearbeitet hatte, hatte sie mehrere Wochenenden mit Kindergruppen verbracht. Zugegeben, die meisten waren etwas älter gewesen und wesentlich besser erzogen als die beiden Wirbelwinde, die gerade durch diese Küche gestürmt waren. Aber war das Nebensache. Sie würde ihre Marketing-Erfahrung einsetzen, um sich diesen Kindern zu verkaufen. Und ihnen Manieren beizubringen.

Tracy nickte und stand auf. „Okay, abgemacht. Ich bleibe den Sommer über.“

Den flüchtigen Ausdruck von Erleichterung auf Zanes Gesicht hätte Tracy leicht übersehen können, wenn sie ihn nicht so genau beobachtet hätte. Aber das hatte sie getan. Es war naheliegend, weil er der Typ von Mann war, der Aufmerksamkeit auf sich zog … nicht durch etwas, das er sagte oder tat, sondern einfach durch seine Anwesenheit.

Mit seinen hohen Wangenknochen und der schlanken Figur war er äußerst attraktiv. Es war gut, dass Tracy den Männern vorläufig abgeschworen hatte. Ihr Leben war zurzeit kompliziert genug, ohne dass sie sich auch noch in einen attraktiven Rancher verliebte.

Sie war hierher gekommen, um einen Schlussstreich unter ihr bisheriges Leben zu setzen und etwas völlig anderes zu tun. Es war notwendig, dass sie über alles gründlich nachdachte. Dazu brauchte sie einen klaren Kopf. Romantische Gefühle für ihren Arbeitgeber würden sie nur ablenken.

Nun musterte sie statt Zane ihre Umgebung und entschied, dass sie sich besser fühlen würde, wenn sie alles in Ordnung gebracht hatte. Die Reste des Rühreis trockneten bereits auf den Tellern. „Wo ist Ihre Geschirrspülmaschine?“

„Sie steht vor mir.“ Zane sah Tracy an.

„Sie haben also einen kaputten Herd, keine Geschirrspülmaschine und … lassen Sie mich raten … auch keinen Müllschlucker?“

„Wir haben eine Sau namens Beauty. Sie ist so eine Art Müllvertilger.“

Eine Sau? Die waren groß, oder? Nicht klein und niedlich wie das Schwein in dem Spielfilm „Babe“.

„Keine Sorge“, fügte Zane hinzu. „Es gehört nicht zu Ihrem Job, Beauty zu füttern.“

„Na, wenigstens etwas“, murmelte Tracy.

„Und der Herd ist nicht kaputt. Er ist bloß alt. Es gibt keine Kontrolllampe. Sie müssen einfach das Gas andrehen und dann mit einem Streichholz entzünden. Sofort. Sonst ist der Raum schnell voller Gas.“

„Und Sie haben keinen normalen Herd und keine Geschirrspülmaschine, weil …“

Diesmal war es Zane, der murmelte. „Weil ich weder Zeit noch Lust habe, neues Zeug anzuschaffen.“

Sie interpretierte das so, dass er das Einkaufen hasste … eine typisch männliche Eigenschaft, an die sie gewöhnt war. In der Werbewelt war es ihr Job gewesen, Leute dazu zu bringen, dass sie Sachen kaufen wollten. „Was wäre, wenn ich das Einkaufen für Sie übernehmen würde?“

„Ich bin nicht reich“, warnte er sie.

„Das ist mir klar. Aber wenn ich ein paar neue Geräte zu vernünftigen Preisen besorgen würde, würden die uns das Leben mit Sicherheit erleichtern. Uns allen.“ Tracy deutete auf den Spruch, der an der Wand hing: „Wenn die Köchin nicht glücklich ist, ist niemand glücklich.“ Sie überlegte, wer von ihren vielen Vorgängerinnen dieses kleine Erinnerungsstück wohl hinterlassen haben mochte.

„Dies ist nicht Chicago“, erinnerte Zane sie. „Wir haben hier nicht viele Läden. Tatsächlich gibt es nur einen in Bliss, der so was verkauft, und da muss man auch aus einem Katalog bestellen.“

„Bliss?“

„Die nächste Stadt.“

„Richtig. Ich habe gestern nicht sehr auf die Straßenschilder geachtet. Ich war einfach erleichtert, in einem Stück anzukommen.“

„Wem gehört der tolle Wagen da draußen?“, fragte Rusty, während er und Lucky wieder hereingestürmt kamen. Rusty blieb unmittelbar vor seinem Vater stehen, während Lucky über einen glitschigen Fleck auf dem schwarz-weißen Boden rutschte. Tracy dachte, dass sie als eins der ersten Dinge das Eiweiß vom Fußboden entfernen musste. Zane hatte bereits die Scherben der Schüssel zusammengekehrt und weggeworfen.

„Falls du damit den roten Wagen meinst, das ist meiner.“ Tracy nahm sich einige Papiertücher und wischte damit das meiste Eiweiß weg. Dann warf sie die Tücher in den Mülleimer.

„Ich mag ihn nicht“, behauptete Rusty, obwohl man ihm Sekunden zuvor noch die Begeisterung hatte anhören können. Nun war sein Ton genauso mürrisch wie sein Gesichtsausdruck. Und Tracy stellte fest, dass er das gleiche Kinn hatte wie sein Vater. Eins, das auf Sturheit hinwies.

Na ja, Tracy konnte ebenfalls stur sein. „Ich bleibe.“

Die Zwillinge schienen sich darüber gar nicht zu freuen. Tatsächlich wirkten sie so niedergeschlagen, dass Tracy sich fast schuldig fühlte. Um es wieder gut zu machen, sagte sie zu Rusty: „Nachdem wir hier aufgeräumt haben, könnten wir nach Bliss fahren. Dann können du und deine Schwester mir die Stadt zeigen.“

„Ich bin nicht sicher, ob das eine gute Idee ist“, meinte Zane.

„Wieso nicht?“, fragte Tracy. „Ich dachte, wir wären uns einig, dass es gut wäre, neue Geräte zu bestellen.“

„Nur wenn Sie welche für weniger als fünfhundert Dollar finden. Für Herd und Geschirrspüler zusammen. Einschließlich Lieferung. Und keine ausgefallenen Farben. Nur Weiß oder Schwarz.“

„Abgemacht“, antwortete sie prompt. Sie hatte ja Beziehungen in dieser Branche. „Aber zuerst machen wir die Küche sauber.“

„Gute Idee. Die Zwillinge werden Ihnen helfen. Ich lasse Sie jetzt allein.“ Einen Moment später war er weg, und Tracy blieb mit zwei wütenden Zwergen zurück.

„Na ja“, begann sie. Dann wusste sie nicht weiter. Wie ging man mit feindseligen Kindern um? Auf jeden Fall vorsichtig. Aber sie konnte nicht zulassen, dass die beiden die Oberhand gewannen.

Erinnere dich, wie du mit schwierigen Kunden umgegangen bist, dachte sie. Die waren ihr manchmal wie sture Kinder vorgekommen. Und am Ende hatte sie sie immer überzeugt. Das konnte sie bei diesen beiden auch schaffen.

Sie beherrschte entsprechende Techniken. Zugegeben, die hatten ihr bei Dennis auch nichts geholfen, als sie in sein Apartment gegangen war, um ihm zu sagen, dass sie Bedenken wegen ihrer Verlobung hätte. Dabei hatte sie ihn mit einer anderen Frau im Bett vorgefunden. Aber da hatte sie auch nichts weiter gewollt, als zu flüchten, und das hatte sie getan. Sie war mit ihrer Cappuccino-Maschine nach Colorado geflohen, um Haushälterin auf einer Ranch zu werden.

Was sie nun an die Zwillinge erinnerte. „Es tut mir leid, dass ihr nicht glücklich darüber seid, dass eine Haushälterin auf euch aufpassen soll. Aber wie ihr inzwischen sicher schon erraten habt, war ich noch nie zuvor Haushälterin, also weiß ich auch nicht genau, was ich da zu tun habe und was nicht.“

Sofort veränderten sich die Gesichtsausdrücke der Zwillinge von kämpferisch zu verschlagen. Während die beiden näher traten, stellte Tracy sich vor, wie sie sich insgeheim die Hände rieben.

„Sie sollten uns keine Hausarbeit zu tun geben“, behauptete Rusty.

„Ja, und Sie sollten uns essen lassen, was wir wollen und wann wir wollen“, sagte Lucky.

„Kein grünes Gemüse“, fuhr Rusty fort. „Eine gute Haushälterin macht nie grünes Gemüse.“

Inzwischen war Tracy bis zu dem ratternden Kühlschrank zurückgewichen, aber die beiden kamen immer noch näher und redeten weiter.

„Und sie backt jeden Abend Schokoladenkuchen“, meinte Lucky.

Rusty nickte. „Ja, und sie verlangt nicht, dass wir unsere Zimmer aufräumen.“

„Oder unsere Betten machen“, fügte Lucky hinzu.

„Sie verbietet uns auch nicht, in unseren Zimmern zu essen“, fuhr Rusty fort.

Tracy musterte die beiden. Sie standen da in ihren sauberen Jeans und den gelben T-Shirts, wirkten wie Engel und logen doch, dass sich die Balken bogen. Das beeindruckte Tracy.

„Das werde ich mir merken.“ Sie flüchtete seitlich. Wenigstens sahen die Kinder sie nicht mehr an, als wollten sie sie ermorden. „Aber zuerst sollten wir tun, was euer Vater gesagt hat, und hier saubermachen. Wo ist der Mopp?“

„Da drin.“ Lucky deutete auf die Speisekammertür.

Tracy war jetzt zuversichtlicher. Sie bekam allmählich das Gefühl, die Dinge unter Kontrolle zu haben. Doch als sie die Speisekammertür öffnete, kam ein kleines Pelztier zwischen ihren Füßen herausgerannt.

„Es ist Joe! Schnapp ihn dir!“, kreischte Lucky, und Rusty stürzte sich auf das Tier.

„Das ist eine Maus. Rühr sie nicht an!“, schrie Tracy genauso laut. „Komm zurück!“ Sie griff nach Rustys T-Shirt, doch er schlüpfte einfach heraus.

Mit nacktem Oberkörper kniete er sich neben seine Schwester, die inzwischen den Teppich aus der Diele als Sperre vor die Haustür geschoben hatte. Die Maus lief ins Wohnzimmer.

„Ich hab ihn!“, rief Lucky gleich darauf und hielt die Maus an ihre Nase.

Tracy erschauderte. Sie hasste Mäuse. Das tat sie schon, seit Lenny Bronkowski ihr in der zweiten Klasse eine in die Shorts gesteckt hatte.

Tracy wusste, dass sie nicht hätte zulassen dürfen, dass eins der Kinder ein Nagetier an seine Nase hielt oder noch Schlimmeres damit tat. Wenn sie eine tapfere Frau gewesen wäre, hätte sie nach dem Tier gegriffen und es einfach nach draußen geworfen. Zu dumm, dass sie all ihren Mut gebraucht hatte, um überhaupt nach Colorado zu kommen.

Sie wurde von Buck gerettet, der in einer Ecke in einem Ledersessel saß. „Ihr habt Joe also gefunden. Er ist Luckys Haustier“, erklärte er Tracy.

Lucky hörte einen Moment lang damit auf, die Maus zu streicheln. „Ich hatte solche Angst, dass Precious sich Joe geschnappt hat.“

„Precious?“ Tracy versuchte sich einzureden, dass eine zahme Hausmaus immerhin besser war als eine wilde.

„Das ist Rustys Haustier. Eine Schlange“, sagte Buck.

Natürlich. Das hätte Tracy sich gleich denken können. „Was ist falsch an einem Hund oder einer Katze?“

„Wir hatten nie einen Hund oder eine Katze, die hier geblieben sind“, gab Buck zu. „Sie sind alle weggelaufen.“

Tracy vermutete, dass die Zwillinge damit etwas zu tun gehabt hatten.

Buck bestätigte das. „Vielleicht lag es daran, dass die Kinder an ihnen Lassowerfen geübt haben, so lange, bis die Tiere Angst vor Seilen hatten und immer mit einem offenen Auge geschlafen haben. Und nun haben wir nur noch Joe und Precious. Sie sind gewöhnlich nicht weit weg. Du solltest Joe besser wieder in den Käfig tun, Lucky.“

„Oh, Grandpa.“ Es sah aus, als wollte Lucky noch mehr sagen, aber der alte Mann warf ihr einen scharfen Blick zu, der jeden Protest im Keim erstickte.

Tracy merkte sich das und überlegte, ob es ihr je gelingen würde, diesen Blick zu kopieren … ein missbilligendes Gesicht verziehen. Wenn sie das versuchte, würde sie wahrscheinlich bloß Falten bekommen.

„Warum läufst du ohne Hemd herum, Junge?“, fragte Buck.

„Sie hat es mir runtergerissen.“ Rusty deutete anklagend auf Tracy.

Als Buck sich ihr mit seinem missbilligenden Gesichtsausdruck zuwandte, ging Tracy unwillkürlich in die Defensive. „Ich wollte ihn davon abhalten, hinter der Maus herzulaufen. Ich wusste ja nicht, dass die ein Haustier ist.“

„Könnte schlimmer sein“, meinte Buck und grinste. „Mein Ururgroßvater, Jedidiah Best, hat mal ein Gürteltier aus Texas mitgebracht. Wir haben es ausstopfen lassen. Sie können es sich ansehen. Es heißt, dass es unserer Familie Glück gebracht hat.“

Tracy schüttelte sprachlos den Kopf. Sie hatte keinerlei Lust, sich das ausgestopfte Gürteltier anzuschauen, da sie sich noch nicht mal völlig von der Begegnung mit der Maus erholt hatte.

„Curly Mahoney, Cockeyed Curly genannt, hat es allerdings kein Glück gebracht“, fuhr Buck fort. „Aber er hat ja auch nicht direkt zur Familie gehört, sondern war nur ein Freund. Haben Sie von ihm gehört? Er war Bankräuber.“

„Ich kann leider nicht behaupten, ihn zu kennen“, antwortete Tracy.

„Es wird gemunkelt, dass er Goldmünzen aus seinem letzten Bankraub irgendwo hier versteckt hat. Unglücklicherweise ist er kurz danach beim Steakessen erstickt und hat das Geheimnis mit ins Grab genommen. Das meinte ich damit, dass er nicht viel Glück hatte.“

„Grandpa kennt eine Menge Geschichten über Curly“, fügte Rusty hinzu.

„Natürlich ist die berühmteste die von der Schatzkarte“, fuhr Buck fort. „Mein Ururgroßvater hat Curly bei einer Schlägerei in einer Bar in Leadville das Leben gerettet. Als Dank hat Curly ihm eine Karte gezeichnet, auf der angeblich zu sehen war, wo er seine Schätze vergraben hatte. Dann hat Curly dieses verhängnisvolle Steak gegessen, an dem er gestorben ist. Falls die Karte je existiert hat, ist sie seit langem verschwunden.“

„Vielleicht wurde sie mit Geheimtinte geschrieben“, schlug Rusty vor.

Buck schmunzelte, wurde dann aber wieder ernst. „Ich kann Ihnen versichern, dass dieses Geld uns zur Zeit sehr gelegen kommen würde. Eine Familienranch ist heutzutage nicht gerade ein einträgliches Unternehmen. Allmählich wird sie zu einem Stück Vergangenheit, genau wie die anderen Legenden aus dem Wilden Westen.“ Buck wirkte betrübt. „Große Firmen ergreifen von der ganzen Welt Besitz.“

„Grandpa mag keine großen Firmen. Und auch keine Leute aus der Stadt.“ Lucky warf Tracy einen bedeutungsvollen Blick zu.

„Keine Leute aus der Stadt“, verbesserte Tracy automatisch.

„Das habe ich doch gesagt. Wollen Sie Joe mal streicheln, bevor ich ihn wieder in den Käfig setze?“ Das kleine Mädchen hob die Maus bis fast unter Tracys Nase.

Tracy merkte, dass sie blass wurde. Es gelang ihr, ein neues Erschaudern zu unterdrücken, während sie sich vorstellte, wie kleine Mäusefüße über ihre Haut liefen. „Nein, danke.“ Klang ihre Stimme wirklich so dünn und zittrig? Sie hoffte, dass es nicht so war. Wenn die Zwillinge merkten, dass sie Angst vor Mäusen hatte, würden sie das sofort ausnutzen. Wahrscheinlich würden sie Joe auf sie springen lassen.

Jeder durfte einen Schwachpunkt haben. Es war einfach Pech, dass Mäuse ihrer waren.

„Ich dachte, ich hätte dir gesagt, du sollst raufgehen und Joe in den Käfig tun“, erinnerte Buck Lucky. „Außer du willst, dass Precious ihn frisst.“

„Was für eine Schlange ist Precious denn? Und wo ist er oder sie?“ Tracy sah sich schnell um und merkte erst jetzt, wie unordentlich das Wohnzimmer war.

Gestern Abend war sie so froh gewesen, nach der langen Fahrt durch strömenden Regen ein Dach über dem Kopf zu haben, dass sie kaum auf die Einrichtung geachtet hatte. Nicht dass viel davon zu erkennen gewesen wäre. Überall lagen Zeitungen und Spielsachen herum.

Aber der riesige Kamin, der fast eine ganze Wand einnahm, war nicht zu übersehen. Zwei grüne Ledersessel standen einander gegenüber wie Revolverhelden bei einem Duell, und an der Seite stand eine Couch. Bucks brauner Ledersessel hatte offensichtlich schon bessere Tage erlebt und wurde anscheinend nur mit Klebeband zusammengehalten. Der Teppich war vermutlich auch mal grün gewesen, aber das war schwer zu beurteilen, da das meiste davon von Papieren, Socken und anderem Zeug bedeckt war. Falls es eine Schlange in diesem Raum gab, hatte sie Schwierigkeiten, noch Platz zu finden, um sich irgendwo durchzuwinden.

„Die Kinder wollten eine Boa Constrictor“, sagte Buck. „Aber dagegen habe ich mich gewehrt. Precious ist eine ganz normale Schlange, wie sie hier in der Gegend vorkommt. Und inzwischen bleibt sie immer in den Zimmern der Kinder.“

„Inzwischen?“, fragte Tracy.

„Ein paar Mal ist Precious ins Bett der Haushälterin geraten.“ Lucky grinste, und das war nicht gerade dazu bestimmt, Tracy zu beruhigen.

„Ja, aber euer Vater hat euch gezwungen zu versprechen, dass Precious das nie wieder tut, erinnert ihr euch?“

Luckys frecher Gesichtsausdruck verschwand, als sie Bucks Stimme hörte. „Stimmt, Grandpa. Ich erinnere mich.“

„Gut.“ Buck nickte. „Weil es eine Schlange zu sehr aufregt, wenn sie dauernd an fremde Orte gesetzt wird.“

Es regte die Schlange zu sehr auf? Was ist mit der Haushälterin? dachte Tracy. Anscheinend war sie in diesem Wildwest-Haushalt ganz auf sich selbst gestellt.

3. KAPITEL

Es dauerte über zwei Stunden, die Küche wieder in Ordnung zu bringen, trotz der so genannten Hilfe der Zwillinge. Die meiste Zeit waren die Kinder eher ein Hindernis als eine Hilfe, aber Tracy dachte, dass die Arbeit wahrscheinlich gut für ihren Charakter war. Nach getaner Arbeit wusste Tracy den Reinigungsdienst, der zwei Mal in der Woche in ihr Apartment in Chicago gekommen war, erst so richtig zu schätzen.

Der Silberstreifen am Horizont war, dass sie genügend Kalorien verbraucht hatte, um ihre Aerobic-Übungen nicht mehr machen zu müssen. Wer hätte gedacht, dass Hausarbeit so ermüdend war? Und sie hatte immer noch das Wohnzimmer vor sich.

Aber zuerst musste sie das Mittagessen kochen. Sie fand eine Flasche Spaghetti-Soße und ein paar Packungen Nudeln in der Speisekammer. Die Soße machte sie in der Mikrowelle warm, aber sie vergaß, einen Deckel auf den Behälter zu tun, sodass überall welche hinspritzte. Als sie die Spritzer weggewischt hatte, kochten die Spaghetti über.

Da die Zwillinge nichts weiter taten, als sie auszulachen, schickte sie sie ins Esszimmer, wo sie den Tisch decken sollten. Im Moment hatte sie keine Zeit, ihnen beizubringen, wie man das richtig machte, deshalb steckte sie einfach das gesamte Besteck in einen hübsch aussehenden Keramiktopf, der groß genug dafür war.

Tracy hatte während ihres Collegestudiums einen Sommer lang als Kellnerin gearbeitet, und so wusste sie, wie man so viele Teller wie möglich auf einmal trägt. Der Tisch war gedeckt, und die Schüsseln mit den Nudeln und der Soße standen bereit, als die Männer mittags hereinkamen. In kürzester Zeit war das Essen verzehrt, und die Männer waren wieder draußen, um zu tun, was auch immer Arbeiter auf einer Ranch taten. Zweifellos hatten sich die Verhältnisse geändert, seit die Cartwrights in „Bonanza“ die Ponderosa-Ranch geführt hatten, aber wie Tracy sich erinnerte, hatten sie da auch einen großartigen chinesischen Koch gehabt.

Sie hätte eine Menge dafür gegeben, jetzt einfach chinesisches Essen ins Haus bestellen zu können.

Zane gab keinen Kommentar zu ihren Spaghetti ab, aber er aß sie. Er brachte sogar seinen leeren Teller selbst in die Küche und stellte ihn auf der Arbeitsfläche ab, gerade als Tracy sich von der Spüle weg bewegte. Dabei stießen sie zusammen.

Es durchzuckte Tracy heiß, und sie hatte das Gefühl, einen elektrischen Schlag bekommen zu haben. Hatte Zane es auch gespürt?

Zane sah Tracy in die grünen Augen. Er erkannte Ärger, wenn er ihn vor sich hatte. So wie jetzt. Die heftige Begierde, die in ihm erwachte, alarmiert ihn. Es war lange her, seit sich zuletzt der weiche Körper einer Frau an seinen geschmiegt oder er den Duft gepflegter weiblicher Haare gerochen hatte. Tracys Hände waren weich, wie es die von Stadtmenschen meistens waren, und ihr Parfüm war teuer.

Sie gehörte nicht hierher. Das war genauso offensichtlich wie der Soßenfleck auf ihrer schicken Seidenbluse. Was hatte es schon für eine Bedeutung, dass ihre Augen so grün waren wie eine Bergwiese, und dass ihre Lippen einen Mann geradezu zum Küssen einluden? Sie war nicht für ihn bestimmt. Er hatte seine Lektion gelernt, denn schließlich war er schon einmal auf eine Frau aus der Stadt hereingefallen. Seine Exfrau Pamela hatte es nicht bei ihm ausgehalten und war weggelaufen, als die Zwillinge noch klein gewesen waren.

„Ansehen, aber nicht berühren“, das war sein Motto, wenn es um Frauen aus der Stadt ging. Also trat er einen Schritt weg von Tracy und rief sich energisch den Spruch „Wenn du die Hitze nicht verträgst, halt dich von der Küche fern“ in Erinnerung. Diesen weisen Ratschlag wollte er beherzigen.

„Ist der Boiler schon repariert?“, fragte Tracy, bevor Zane ganz aus der Küche verschwinden konnte.

Sie wollte heißes Wasser? Ihm war auch so schon heiß. „Noch nicht. Aber bis heute Abend müsste es erledigt sein.“

Das war die gesamte Unterhaltung. Danach verließ er den Raum.

Tracy beobachtete Zane durch das Küchenfenster, als er auf den Korral neben der Scheune zuging. Er tat es in diesem Cowboy-Gang, den sie am Abend zuvor schon so sexy gefunden hatte. Männer sind Mistkerle, erinnerte sie sich und nahm nun das schmutzige Geschirr in Angriff. Beim Schrubben brach sie sich zwei Fingernägel ab. Da es auch in der Küche kein warmes Wasser gab, erwies sich das Spülen als ziemlich schwierig, und als Tracy schließlich das schmutzige Wasser ablaufen ließ, sahen ihre Hände ganz verschrumpelt aus.

Sie musste wirklich als Erstes nach Bliss fahren und ein paar Geräte aus dem Zwanzigsten Jahrhundert besorgen.

Nein, dachte sie dann und blickte an sich herunter. Zuerst musste sie sich umziehen. Ihre Leinenhose und die korallenfarbene Seidenbluse konnte sie vergessen. Kein Wunder, dass Zane sie so seltsam angestarrt hatte. Das lag daran, dass sie so katastrophal aussah, nicht daran, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte.

Sie überließ die Zwillinge Bucks Aufsicht, ging nach oben, und es gelang ihr, ihre Jeans und ein dazu passendes Hemd zu finden, ebenso wie ein Paar Designer-Turnschuhe. Ihre Wildlederstiefeletten hatten sich noch nicht von dem Schlamm und dem Regen der vergangenen Nacht erholt. Sie war nicht sicher, ob sie das je tun würden. Sie war erst seit vierundzwanzig Stunden in Colorado, und schon jetzt hatte sie Kleidung im Wert von dreihundert Dollar ruiniert. Wenn sie so weitermachte, würde sie bald pleite und nackt sein … was nicht gerade ihr Lebensziel war.

Sie hätte sich gern irgendwie frisiert, aber ihr lief die Zeit davon, also ließ sie ihr Haar einfach herunterhängen. Etwas Sonnenschutzcreme und Lippenstift, und sie war bereit zu gehen.

Erst als sie wieder unten war, fiel ihr ein, dass nicht beide Kinder in ihren Zweisitzer passen würden. Daran hatte sie noch nicht gedacht, als sie ihnen angeboten hatte, sie mitzunehmen. Doch Buck sagte ihr nun, sie könnte den Pick-up nehmen, der vor dem Haus stand.

Tracy war noch nie zuvor mit so einem Wagen gefahren, aber zumindest hatte er eine Automatik, keine mechanische Gangschaltung. Das Ding war riesig. Sie hatte das Gefühl, einen Panzer zu fahren.

Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass die auf der Rückbank sitzenden Zwillinge angeschnallt waren, steuerte sie auf den Highway zu. Im Rückspiegel sah sie jetzt das Ranchhaus zum ersten Mal richtig. Es war weiß gestrichen und hatte eine Veranda, die rundherum reichte und etwas baufällig zu sein schien. Aber vielleicht lag das auch am Spiegel. Das zweistöckige Gebäude erinnerte sie an die Farmhäuser, die sie ab und zu gesehen hatte, als sie durch Iowa und Nebraska gefahren war – große Gebäude aus einer Zeit, als sich noch niemand Sorgen wegen der Heizkosten gemacht hatte.

Was sie wiederum daran erinnerte, dass hoffentlich der Boiler repariert sein würde, wenn sie aus Bliss zurückkam. Inzwischen hätte sie jemanden umbringen können für eine heiße Dusche.

Am Ende des Zufahrtswegs, kurz bevor dieser auf den Highway traf, bremste Tracy ab, da etwas in den Boden eingelassen war … eine Art Schienen.

„Das sollte mal jemand in Ordnung bringen“, murmelte sie.

„Es ist dazu bestimmt, die Rinder davon abzuhalten, auf die Straße zu laufen“, unterrichtete Lucky sie von oben herab. „Das weiß doch jeder.“

„In Chicago haben wir keine Rinder, abgesehen von den Bulls, und die spielen Basketball“, erwiderte Tracy.

„Grandpa hat gesagt, falls Sie früher schon mal was gekocht haben, dann höchstens Futter für Rindviecher.“ Diese charmante Bemerkung kam von Rusty.

„Euer Großvater ist ein Original.“ Tracy wünschte sich allerdings, er wäre mehr wie Ben Cartwright und weniger wie ein Komiker.

Es dauerte eine halbe Stunde, nach Bliss zu kommen. Die Bezeichnung „Stadt“ war allerdings etwas hochtrabend für diesen Ort mit einhundertneunundfünfzig Einwohnern. Die Zahl stand auf dem hölzernen Schild an der Ortsgrenze.

Bliss hatte eine Hauptstraße, die Main Street. Es gab keine Ampeln an den zwei Kreuzungen, aber je ein Stoppschild an der First Avenue und der Second Avenue. Eine dritte Avenue gab es offensichtlich nicht. Am anderen Ende der Stadt standen bloß noch ein paar Wohnwagen. Tracy stellte erleichtert fest, dass sie nicht einparken musste. Das hatte sie mit ihrem kleinen Wagen endlich gelernt, aber mit dem Pick-up wollte sie es lieber gar nicht erst versuchen. Sie hatte keinerlei Schwierigkeiten, einen freien Platz vor dem Roxy Filmtheater zu finden, das noch aus der Zeit zu stammen schien, in der eine Schachtel Popcorn nur zehn Cents gekostet hatte und die Namen Clark Gable und Cary Grant auf den Plakaten gestanden hatten.

Mit den Zwillingen neben sich ging sie an einer Versicherungsagentur vorbei, dem Postamt und zwei Bars. An einer davon hing ein Schild, auf dem stand, dass Messer drinnen nicht erlaubt waren.

Offenbar war es eine Weile her, seit Zane zuletzt hier gewesen war, denn den Laden, in dem man aus einem Katalog hatte bestellen können, gab es inzwischen nicht mehr. Das Schild, auf dem das verkündet wurde, war laut Datum sechs Monate alt. Daneben hing eins, auf dem „Zu vermieten“ stand.

Sie holte ihren kleinen Organizer aus der Tasche und gab den Namen des Versandhauses ein, für das sie vor einigen Monaten gearbeitet hatte. Ihre Erinnerung war richtig. Das Hauptbüro war in Colorado Springs. Einen Moment später hatte sie ihr Handy in der Hand und sprach mit ihrem Kontaktmann dort.

Wie das Leben so spielte, gab es ein Lager in Denver. Zwei Geräte zum Discount-Preis konnten für weniger als fünfhundert Dollar geliefert werden. Es zahlte sich eben aus, Leute zu kennen.

Nun da sie sich um diese Angelegenheit gekümmert hatte, war Tracys Selbstbewusstsein gewachsen, und sie beschloss, den Rest von Bliss zu erforschen – also die paar Läden auf der anderen Seite der Straße. Die Zwillinge waren entsetzt, als sie darauf bestand, sie an den Händen zu halten, während sie die Fahrbahn überquerten.

„Wir sind keine Babys mehr“, protestierte Lucky.

„Tut mir den Gefallen.“ Tracy war bewusst, wie neugierig die Passanten sie ansahen … sie alle drei. Am Ende konnte sie kaum Schritt halten, als die Zwillinge sie hinüberzogen.

Der erste Laden, an dem sie stehen blieben, hatte von Zigaretten bis zu Porzellan alles Mögliche im Schaufenster. Er wurde gerade geschlossen. Die Verkäuferin drehte das Schild an der Tür gerade von „geöffnet“ auf „geschlossen“, als sie kamen.

Tracy sah auf ihre Armbanduhr und stellte fest, dass es erst kurz nach drei war. Das war ziemlich früh für einen Geschäftsschluss. Als sie zum nächsten Laden weiterging, merkte sie zu ihrer Überraschung, dass die Tür dort schon zu war. Der dritte, eine Kombination aus Lebensmittel- und Eisenwarenladen war zwar noch offen, aber der Verkäufer behauptete, sie wollten gerade zumachen, und scheuchte sie wieder hinaus, sobald sie eingetreten waren. Gleich darauf stand Tracy vor einem weiteren „Wir haben geschlossen“- Schild.

Sie hatte ja schon von Orten gehört, in denen Fremde nicht willkommen waren, aber das hier fand sie lächerlich. Es war ja, als würden alle ihre Türen abschließen, sobald sie sie kommen sahen. Wieso waren sie so unfreundlich?

Tracy wurde erst bewusst, dass sie diese Frage laut ausgesprochen hatte, als Rusty antwortete.

„Weil wir zu Unfällen neigen. Wir haben etwas kaputtgemacht, als wir das letzte Mal hier waren.“ Das klang eher stolz als reumütig.

„Was habt ihr zerbrochen?“

„Das vordere Fenster.“

Tracy schluckte. Die Best-Zwillinge gaben sich offensichtlich nie mit Kleinigkeiten ab. Wenn sie auf Glas aus waren, ließen sie die Flaschen links liegen und nahmen sich das Größtmögliche vor. „Wie habt ihr das denn geschafft?“

Rusty zuckte mit den Schultern. „Ich habe es mit meiner Schleuder getroffen. Ich habe eine Walnuss reingetan.“

„Das Fenster ist eigentlich gar nicht zerbrochen“, fügte Lucky hinzu. „Es hatte bloß einen großen Sprung.“

„Pa war gar nicht glücklich, als das passiert ist“, murmelte Rusty. „Jetzt dürfen wir in der Stadt nicht mehr mit der Schleuder spielen.“

„Im Haus auch nicht“, meinte Tracy.

„Stimmt.“ Lucky warf ihr einen bösen Blick zu. „Aber nicht, weil Sie das gesagt haben, sondern weil Pa es so will.“

„Euer Vater ist ein kluger Mann.“

„Also, tatsächlich bin ich der Kluge in der Familie.“ Ein Mann mit einem Abzeichen kam auf sie zugeschlendert.

„Onkel Reno!“

Die Zwillinge warfen sich in seine Arme. Anscheinend war er daran gewöhnt, denn er hob mit jedem Arm ein Kind hoch und wirbelte die beiden herum. Auf diese Weise bekam Tracy einen weiteren attraktiven Cowboy in Jeans zu sehen. Er war größer als Zane und jünger. Während Zane eine Aura roher Kraft ausstrahlte, wirkte dieser Mann entspannter.

„Und wer ist die hübsche Dame, die euch begleitet?“, erkundigte er sich bei den Zwillingen.

„Unsere neue Haushälterin“, antwortete Lucky. „Sie bleibt nicht lange.“

Tracy nahm die Sache selbst in die Hand und stellte sich vor. „Und ich bleibe zumindest den Sommer über“, fügte sie hinzu.

Reno zwinkerte. „Sie sind wirklich mutig.“

Oh ja, dachte sie. Reno war ganz offensichtlich der Charmeur der Familie.

„Sie kann nicht kochen“, berichtete Lucky.

„Darling, sie braucht nicht kochen zu können.“ Reno warf Tracy einen bedeutungsvollen Blick zu.

Doch im Gegensatz zu dem, was sie mit Zane erlebt hatte, wirkte Renos Charme überhaupt nicht auf Tracy. Er bedrohte ihren Seelenfrieden längst nicht so wie sein älterer Bruder. Als Reno ihr die Hand schüttelte, prickelten ihre Finger nicht, und ihr Herz schlug auch nicht schneller.

„Onkel Reno ist der Sheriff“, erklärte Rusty Tracy. „Er kann Sie festnehmen, wenn Sie was Falsches tun. Zum Beispiel, wenn Sie uns Brokkoli vorsetzen.“

„Rusty hasst Brokkoli, aber es ist kein Verbrechen, ihm welchen zu geben“, erwiderte Reno.

„Es sollte eins sein“, murmelte Rusty.

Tracy konnte nicht anders. Sie musste grinsen. „Wir sind bloß in die Stadt gekommen, um ein paar Dinge zu kaufen und uns umzusehen, aber es scheint, dass der Ruf der Zwillinge ihnen vorauseilt.“

„Vielleicht werden Sie sie zähmen können“, meinte Reno.

„Das könnte sein. Ich bin genauso stur wie die beiden.“

„Diese Sturheit haben sie von Zane geerbt.“

„Das habe ich schon vermutet. Er hat mir erzählt, dass er Schwierigkeiten hat, eine Haushälterin zu behalten.“ Tracy dachte, dass er das allerdings ein bisschen spät erwähnt hatte.

„Ja, die Zwillinge benehmen sich wie kleine Teufel, obwohl sie aussehen wie Engel. Sehen Sie, während wir uns hier unterhalten, hat Lucky Ihre Schnürsenkel zusammengebunden.“

Tracy blickte nach unten und stellte fest, dass er recht hatte. Anscheinend hatte sie noch einiges zu lernen, wenn sie mit den Kindern fertig werden wollte.

Als Tracy einen Supermarkt in Kendall gefunden hatte, wo die Zwillinge noch nicht so bekannt waren und deshalb auch kein Hausverbot hatten, war es schon fünf Uhr nachmittags. Kendall hatte tatsächlich zwei Ampeln, und jede davon blieb fünf Minuten lang rot, während Tracy hinter dem Steuer immer wütender wurde. Sie würde bestimmt nicht rechtzeitig auf die Ranch zurückkommen, um das Dinner zu kochen.

„Sie fahren zu schnell“, verkündete Lucky zehn Minuten später und piekte Tracy mit einem Finger in die rechte Schulter. „Das werde ich Pa sagen.“

„Wenn du das tust, gibt es den Rest der Woche Brokkoli zum Dinner.“

Tracy begab sich damit auf das Niveau der Zwillinge herab, was eigentlich keine gute Verhandlungstaktik war, aber sie war müde und hungrig. Als sie gekocht hatte, hatte sie selbst nichts gegessen, und das bedeutete, dass sie den ganzen Tag noch nichts in den Magen bekommen hatte, abgesehen von einem Müsliriegel, den sie im Koffer gehabt hatte.

Die Drohung mit dem Brokkoli schien zu wirken, denn die Zwillinge schwiegen. Aber es blieb nicht lange friedlich. Gleich darauf ertönte eine Polizeisirene.

„Ich habe Ihnen ja gesagt, dass Sie zu schnell fahren“, stellte Lucky schadenfroh fest.

Die Polizistin aus Kendall war nicht annähernd so charmant wie Reno. Sie beschuldigte Tracy, die Geschwindigkeitsbeschränkung um neun Meilen pro Stunde überschritten zu haben und außerdem mit einem kaputten Rücklicht zu fahren. Dass der Pick-up nicht Tracy gehörte, interessierte sie überhaupt nicht.

„Das war Sally“, erklärte Lucky, als die Polizistin wieder fort war. „Sie ist mal mit Pa ausgegangen.“

„Sie stellt ihm auch Strafzettel aus.“

Tracy hatte vor, Zane gehörig die Leviten zu lesen, weil er sie ohne Rücklicht losgeschickt hatte. Es spielte keine Rolle, dass es Buck gewesen war, der ihr gesagt hatte, sie könnte den Pick-up benutzen, und dass Zane es für keine gute Idee gehalten hatte, dass sie nach Bliss fuhr. Alles, was für Tracy zählte, war, dass Zane ein Mann war, der bewirkte, dass ihre Hand prickelte, ganz zu schweigen vom Rest ihres Körpers, und das ausgerechnet jetzt, wo sie mit Männern nichts zu tun haben wollte.

Tracys schlechte Laune ließ ein bisschen nach, als sie sich dem Ranchhaus näherte und gegrillte Rippchen roch. Ihr lief das Wasser im Mund zusammen, und sie folgte dem Duft bis hinters Haus. Dort fand sie Buck vor. Er trug eine große weiße Schürze, die ihm von den Schultern bis zu den Knien reichte, und beugte sich über den Grill. Mit der großen Fleischzange ging er ungefähr so um wie ein berühmter Revolverheld mit seinem Colt. Er wirbelte sie herum, bevor er sie wieder da hinsteckte, wo sie hingehörte.

„Wird das genauso gut schmecken, wie es riecht?“, fragte Tracy.

„Zum Teufel, es schmeckt sogar noch besser, als es riecht.“ Buck schmunzelte.

Er hatte recht. Es waren die besten Rippchen, die Tracy je gegessen hatte, und das sagte sie ihm auch.

„Das Geheimnis ist die Sauce“, vertraute er ihr an. „Es ist ein altes Familienrezept.“

Tracy nahm sich noch mehr. „Ich verstehe nicht, warum Sie eine Köchin brauchen, wenn Sie selbst so etwas Gutes zu Stande bringen.“

„Seine Rippchen sind toll“, räumte Zane ein. „Aber das ist das Einzige, was er kann.“

So was kannte Tracy. Ihr Repertoire bestand nur aus Shrimps mit Pasta.

„Sie sollten die Sauce in Flaschen abfüllen und verkaufen“, meinte sie, während sie sich die Finger ableckte.

„Pa, du starrst Tracy ja an“, beschuldigte Lucky ihren Vater.

Tracy wandte den Kopf und stellte fest, dass Zanes Gesicht jetzt fast genauso rot war wie die Soße.

„Tust du das deshalb, weil sie einen Strafzettel bekommen hat?“ Luckys Augen glänzten. „Das habe ich dir doch erzählt, oder?“

„Ungefähr hundert Mal“, murmelte Zane.

„Warum starrst du sie dann an?“

„Das habe ich nicht getan. Ich war nur überrascht, dass sie meint, Grandpa sollte seine Soße verkaufen.“