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Grace R. Duncan

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Beschreibung

Für Quincy Archer waren Gefährten bisher nur eine Legende. Als Sohn des Anführers seiner Jaguar-Dynastie ist es ihm bestimmt, eine Frau zu heiraten und seine Linie fortzuführen. Als er in dem Wolfsgestaltwandler Miles allerdings seinen Seelengefährten erkennt, lehnt er sich gegen diese festgelegte Rolle auf, denn er weiß, dass er nicht zum Anführer geboren ist. Doch Quincys Vater will davon nichts wissen und schreckt vor nichts zurück, um seinen Willen durchzusetzen – auch nicht davor, Miles umzubringen… Buch 3 der »Für immer«-Serie.

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Seitenzahl: 416

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Deutsche Erstausgabe (ePub) Dezember 2016

Für die Originalausgabe:

© 2016 by Grace R. Duncan

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Acceptance«

Originalverlag:

Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2016 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

ISBN ePub: 978-3-95823-619-6

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

Aus dem Englischen von Jessica Hartmann

Liebe Leserin, lieber Leser,

vielen Dank, dass Sie dieses eBook gekauft haben! Damit unterstützen Sie vor allem die Autorin des Buches und zeigen Ihre Wertschätzung gegenüber ihrer Arbeit. Außerdem schaffen Sie dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der Autorin und aus unserem Verlag, mit denen wir Sie auch in Zukunft erfreuen möchten.

Vielen Dank!

Ihr Cursed-Team

Klappentext:

Für Quincy Archer waren Gefährten bisher nur eine Legende. Als Sohn des Anführers seiner Jaguar-Dynastie ist es ihm bestimmt, eine Frau zu heiraten und seine Linie fortzuführen. Als er in dem Wolfsgestaltwandler Miles allerdings seinen Seelengefährten erkennt, lehnt er sich gegen diese festgelegte Rolle auf, denn er weiß, dass er nicht zum Anführer geboren ist. Doch Quincys Vater will davon nichts wissen und schreckt vor nichts zurück, um seinen Willen durchzusetzen – auch nicht davor, Miles umzubringen…

Für alle, die mir bisher die Treue gehalten haben.

Ich hoffe, dass ihr Quincy genauso sehr mögt wie ich.

Für Joe, wegen seiner fortwährenden Liebe,

Unterstützung und Motivation.

Ohne dich würde ich das auf keinen Fall schaffen.

Kapitel 1

Quincy wusste, dass sie da waren. Man brauchte keinen übernatürlichen Geruchs- oder Hörsinn, um sie zu bemerken. Er war sich nicht sicher, ob er beleidigt sein sollte, weil sie annahmen, seine Sinne seien dermaßen schwach, oder belustigt, weil sie so unfähig zu sein schienen... oder vielleicht genervt, weil sie derart von sich und ihren Fähigkeiten überzeugt waren, dass sie es nicht für nötig hielten, sich zu verstecken.

Er fragte sich, warum sie ihren Geruch nicht überdeckten. Er war sich ziemlich sicher, dass jeder aus der Welt der Jaguare wusste, dass in Pittsburgh ziemlich viele Wölfe lebten. Hieß das, dass sie gewillt waren, gegen jeden Wolf, der ihren Weg kreuzte, zu kämpfen – und ihn möglicherweise zu töten?

Bei diesem Gedanken verfinsterte sich unweigerlich Quincys Gesicht. Ganz von seiner neuen... Vorliebe... für Wölfe abgesehen, würde es eine Vielzahl von Problemen hervorrufen, wären sie in einen Kampf verwickelt, was nicht zuletzt zu einer Provokation eines Kriegs zwischen ihren Spezies führen könnte. Während er den meisten Wölfen gegenüber eher Verachtung empfand, gab es ein paar ausgesuchte, denen nichts zustoßen sollte.

Quincy seufzte und trank noch einen Schluck seines Latte. Er hatte wirklich kein Interesse daran, sich in einen Kampf verwickeln zu lassen. Da es nur zwei von ihnen waren, wäre es recht einfach sie abzuhängen. Er musste jedoch vorsichtig sein, denn er wollte sie, wenn möglich, von Pittsburgh weglocken.

Zum einen arbeitete Miles weiterhin in der Notaufnahme des Presby. Zum anderen lebten Chad und dessen neuer Gefährte Jamie noch immer in ihrem Apartment in Oakland – auch wenn sie seit einer Weile nicht dort waren. Mit ein bisschen Glück könnte Quincy die beiden Jaguare aus der Stadt locken, bevor einer seiner Wölfe angegriffen werden konnte, weil sie ihm, aus Gründen, die Quincy nicht ganz verstand, zu Hilfe kamen. Und auch wenn er sich lieber erhängen würde, statt es einem der drei gegenüber zuzugeben, mochte er sie und wollte nicht, dass sie verletzt wurden.

Er trank den letzten Schluck seines Latte, erhob sich und schnappte sich seinen Laptop, um ihn in die Umhängetasche zu stecken, dann packte er den Rest seiner Sachen zusammen. Die Idioten lungerten noch immer auf der anderen Straßenseite vor dem Primanti Brothers herum, wobei sie versuchten, unauffällig zu wirken, dabei jedoch kläglich scheiterten. Keiner von ihnen sah auch nur im Entferntesten wie ein Collegestudent oder ein Mediziner aus, was den Großteil der Menschen in Oakland ausmachte.

Kopfschüttelnd schlang sich Quincy seine Tasche über die Schulter, warf den Kaffeebecher in den Müll und trat aus dem Panera, wo er den Großteil des Nachmittags und Abends gesessen und gearbeitet hatte. Unterzutauchen bedeutete nicht, dass er komplett verschwinden konnte. Er hatte Geld, doch er musste seinen Ruf wahren und das bedeutete, Aufträge zu beenden, die er angefangen hatte.

Sobald sich die Tür hinter ihm schloss, wandten sich Diedeldei und Diedeldumm vom Laden ab und liefen den Gehweg hinunter. Quincy seufzte, schob seine Brille zurecht und ging die Forbes runter, wobei er dankbar für die einsetzende Dämmerung war. Mit etwas Glück würde ihm die Dunkelheit helfen, sie abzuschütteln. Er ging angemessenen Schrittes, da er ihnen nicht die Genugtuung geben und sie wissen lassen wollte, dass er sie bemerkt hatte. Sie wollten ihn einschüchtern oder ihn zu seinem Vater bringen, jetzt, da Aubrey Archer wusste, dass der Privatdetektiv, den er angeheuert hatte – Chad –, ihm Quincy nicht ausliefern würde. Und es würde nur ihr Ego bestärken, wenn sie dachten, dass er Angst hätte. Aber sie sahen aus, als kümmerte sie es nicht, wer oder was ihnen vielleicht in den Weg kommen könnte, und Quincy hatte nicht das Bedürfnis, gegen das Geheimhaltungsgesetz zu verstoßen oder Unschuldige in die Sache hineinzuziehen.

Er bog scharf links ab und ging kreuz und quer durch die Gassen und Seitenstraßen, wobei er sie vom Krankenhaus weg und in die entgegengesetzte Richtung von Chads und Jamies Apartment führte. Obwohl er seinen eigenen Geruch überdeckte und oft genug abbog, sodass sie nicht hätten mithalten dürfen, schienen sie kein Problem damit zu haben.

Während sein Frustlevel stieg, bog Quincy in eine andere Gasse ab und dann nach links, um hinter einem Haus langzugehen. Er liebte die vielen kleinen Gassen dieser Art in Oakland. Dadurch konnte er abseits der Straßen bleiben und seine Verfolger in Bewegung halten.

In erster Linie wollte er sie wegführen, aber es wäre ihm lieber, wenn er erst noch eine falsche Fährte legen könnte. Dafür waren sie dieses Mal aber zu verdammt dicht dran. Eigentlich hätte er gar nicht in Oakland sein sollen, aber er hatte einfach einen kurzen Blick auf Miles erhaschen müssen.

Mit finsterem Gesicht lief er schneller und sprang über Zäune, statt um sie herumzugehen. Er rannte über ein paar Hinterhöfe, kletterte über ein paar Maschendrahtzäune – dankbar, dass sich die Grazie seiner Katze auch auf seine menschliche Gestalt übertrug –, bog in eine weitere Gasse ab…

Und erstarrte, als er sich vor einem glatten Holzzaun wiederfand, über den nicht mal er klettern konnte. Schnell wandte er sich um, bereits sicher, dass er nicht alleine sein würde, bereits sicher, dass es zu spät wäre, diesen Weg zurückzugehen, und er hatte recht. Aus dem Augenwinkel sah er schwarzes Metall und blickte nach oben, um abzuschätzen, ob er an die Feuerleiter über sich kommen konnte, doch da wartete bereits eine verdammte dritte Katze.

»Um Bastets willen«, murmelte er seufzend. »Ich wusste, dass ich heute im Hotel hätte bleiben sollen.« Sein Kalender hatte ihm prophezeit, dass heute ein Unglückstag wäre – er und viele der anderen Katzen hielten diese alte ägyptische Tradition noch immer aufrecht –, doch er hatte die Warnung nicht beachtet. Zumindest erklärte eine dritte Katze, wieso er seine Verfolger nicht hatte abschütteln können.

Er verfluchte sich selbst dafür, nicht nach einer dritten Katze Ausschau gehalten zu haben, ließ jedoch schnell von diesem Gedanken ab. Im Moment hatte er größere Sorgen.

Quincy stellte seine Tasche ab, streckte seinen Hals nach links und rechts, sodass es knackte, atmete tief ein und begann sich zu verwandeln. Seine Krallen fuhren aus, seine Sicht wurde grau und beinahe zeitgleich traten seine Fangzähne hervor. An dieser Stelle hielt er die Verwandlung in der Hoffnung an, dass er sie nicht ganz würde vollziehen müssen, obwohl er es irgendwie bezweifelte. Er drehte sich zu Diedeldei und Diedeldumm um und beobachtete ihre Bewegungen, wie sie auf ihn zukamen und sich beinahe zur selben Zeit trennten, um sich ihm von zwei Seiten zu nähern.

Mit zusammengezogenen Brauen überdachte er seine Möglichkeiten, wobei es ihm gar nicht gefiel, dass er nicht viele hatte.

»Wir sind nur hier, um dir eine Nachricht zu überbringen«, sagte Diedeldei.

»Ich habe kein Interesse. Ich esse keine Pfadfinderkekse, ich spende anonym an den Tierschutzbund und ich habe bereits eine Ferienwohnung.«

Diedeldei schnaubte. »Du bist witzig.«

»Ich würde ja sagen, dass ich die ganze Woche hier wäre, aber das bezweifle ich.« Quincy warf einen Blick die Feuertreppe hinauf, doch Diedeldümmer hatte sich nicht von der Stelle bewegt. Es ärgerte Quincy maßlos, zugeben zu müssen, dass er, während er bei einem Kampf mit Diedeldei und Diedeldumm die Oberhand gehabt hätte – egal ob als Mensch oder als Katze –, Diedeldümmer ein wenig zu viel des Guten gewesen wäre. Er wünschte sich wirklich, dass er seine SIG Sauer nicht im Hotel gelassen hätte.

Wenn Quincy eine Eigenschaft besaß, mit der er andere für gewöhnlich übertrumpfen konnte, dann war es Geduld. Er ließ seinen Blick von einem zum anderen hin zum Dritten – der noch immer auf der Feuertreppe war – und wieder zurück schweifen. Diedeldei und Dumm waren ein paar Meter vor ihm stehen geblieben, gerade so außer Reichweite. Dümmer hatte sich nicht bewegt.

Er atmete ein paarmal langsam und tief durch den Mund ein, denn die Gasse stank, wobei er nach außen hin so viel Ruhe wie irgend möglich ausstrahlte. Tatsächlich war er froh, im Moment größtenteils menschlicher Gestalt zu sein, denn entgegen seinem Willen hätte sein Schwanz gezuckt, wenn er in Katzengestalt gewesen wäre, womit er zweifellos seine Unruhe verraten hätte. Und er wäre verdammt, wenn er ihnen noch einen weiteren Vorteil verschaffte.

Quincy konnte nicht sagen, welche höhere Macht hier am Werke war, denn im ersten Moment standen alle wie erstarrt da – inklusive Dümmer auf der Plattform – und im nächsten kamen sie, wie auf ein Signal hin, gleichzeitig auf ihn zu.

Quincy mochte ein Künstler sein und mit Informationen handeln. Er mochte Stifte und Grafiktabletts Waffen und Klauen vorziehen. Doch er war der Tepey-Sa, Erbe der Führung ihrer Dynastie. Eine Position, die er nicht mehr innehätte – egal, ob er es wollte oder nicht –, wenn er es nicht wert wäre. Wenn es nötig war, konnte er kämpfen.

Offenbar hatte keiner der drei erwartet, dass er sich wehren würde. Quincy wusste nicht, was sein Vater ihnen erzählt hatte, doch mit seinem Verhalten hatte er sie ganz eindeutig überrascht. Es erlaubte ihm, Dumm einen kräftigen Tritt zu verpassen, seine Krallen über Diedeldeis Brust zu zerren – wobei er dessen T-Shirt zerriss und ein paar hübsche, tiefe Kratzer hinterließ – und in Dümmers Arm zu beißen, als dieser ausholte, um Quincy eine zu verpassen.

Leider gingen ihm die Überraschungen aus, jetzt wo sie wussten, dass er kämpfen konnte. Sie formierten sich neu, kesselten ihn ein, kamen aber nichtsdestotrotz ein wenig vorsichtiger auf ihn zu. Quincy war nicht so dumm, auch nur für eine Minute zu glauben, dass sie ihn in Ruhe lassen würden.

»Ich werde nicht zurückgehen«, knurrte er, wobei seine Katze darauf brannte, sie fertigzumachen, und ziemlich sauer war, weil er sie so zurückhielt.

Diedeldei zuckte mit einer Schulter. »Juckt mich nicht.«

Quincy hatte sich so sehr auf Diedeldei konzentriert, dass er zu spät reagierte, als Dümmer auf ihn zusprang. Er spürte Krallen in seinem Rücken und bekam von Dumm einen Fausthieb in die Nieren, bevor er zurückschlagen konnte. Er versuchte dennoch, einen Schlag zu landen, wobei er sein Ziel jedoch nicht traf, und statt den Tritt zu platzieren, wie er es gehofft hatte, verlor er am Ende beinahe das Gleichgewicht.

Er musste sich komplett verwandeln. Seine einzige Hoffnung war, dass diese Katzen länger dafür brauchten als er und ihm so die Chance geben würden, währenddessen ein paar Schläge bei ihnen zu landen. Er versuchte einzuatmen, doch der kräftige Schlag auf seinen Rücken raubte ihm den Atem und er wusste, dass er, wenn er sich jetzt nicht verwandelte, vielleicht nicht mehr dazu in der Lage sein würde.

Daher überließ er seiner Katze die Kontrolle.

Nachtschwarzes Fell wuchs auf seiner Haut und als er ein paar Sekunden später auf vier Pfoten landete, änderte sich seine Perspektive. Er schüttelte seine zerfetzte Kleidung ab und nutzte die wenigen Schocksekunden zu seinem Vorteil. Er zielte auf den Hals, doch Dümmer fasste sich zu schnell wieder und wich ihm aus, sodass seine Krallen nur die Haut anritzten, statt die Verletzung herbeizuführen, auf die er gehofft hatte.

Kurz zogen sich alle drei zurück, gingen um ihn herum, wobei sie die Situation offenbar neu abschätzten. Quincys Schwanz zuckte und seine Ohren legten sich an, als er die drei Katzen, die sich noch immer in Menschengestalt befanden, betrachtete. Er konnte ein Knurren nicht ganz zurückhalten, schaffte es jedoch, es etwas zu dämpfen. Er musste nicht die ganze Nachbarschaft in Alarmbereitschaft versetzen und Menschen in diesen Kampf reinziehen.

Die einzige Warnung, die er bekam, war der kurze Blick, den Diedeldei Dumm zuwarf. Es war nicht genug – oder sie arbeiteten zu viel und zu gut zusammen –, denn obwohl es Quincy teilweise gelang, sich vor den Tritten und Schlägen wegzuducken, konnte er ihnen nicht vollständig ausweichen.

In Jaguargestalt konnte er jedoch höher springen als sie, sodass ihm springend die Flucht gelang. Die einzige Richtung, in die er gehen konnte, führte jedoch tiefer in die Gasse hinein. Nicht, dass er in dieser Gestalt, oder nackt, wenn er sich verwandelte, aus der Gasse laufen sollte. In diesem Moment verfluchte er das Geheimhaltungsgesetz umso mehr.

Mit einem leisen Knurren lief er in der Gasse hin und her und sah sich dabei nach einer Fluchtmöglichkeit um. Doch es schien, als hätten sie es satt, weiter zu warten. Sie brauchten tatsächlich länger als Quincy, um sich zu verwandeln. Gerade lange genug, damit er ihnen allen einen Hieb verpassen konnte, doch nicht lange genug, um ihnen weiteren echten Schaden zuzufügen. Und bevor er dafür bereit war, stand er drei riesigen Katzen gegenüber.

Verdammte Scheiße. Ich hätte wirklich im Hotel bleiben sollen.

Er überlegte kurz, ob er auf die Feuerleiter springen sollte, doch dafür müsste er sich erst zurückverwandeln und auch wenn er schnell war, glaubte er nicht, dass er genug Zeit hätte.

Diedeldei, Dumm und Dümmer hatten offenbar genug davon, mit ihrer Beute zu spielen. Sie bewegten sich zeitgleich auf ihn zu und trotz seiner bestmöglichen Verteidigung wusste Quincy, dass er hier nicht lebend herauskommen würde. Er verstand nicht, warum sie ihn töten wollten, denn er war sich so sicher gewesen, dass sie ihn zu seinem Vater zurückbringen würden, doch im Endeffekt war es egal.

Er schlug um sich, setzte sämtliche Zähne und Krallen ein, wich aus, nutzte alle Tricks, die er kannte, doch drei gegen einen – selbst gegen einen Tepey-Sa, waren zu viel. Für einen Moment verlor er den Überblick über die Klauen, die Zähne, das wehende Fell, das Knurren und die Gasse. Er konnte kämpfen, doch er mochte es nicht und in diesem Moment bereute er von ganzem Herzen, dass er es nicht mehr geübt hatte.

Er bereute auch, nicht mehr Zeit mit Miles verbracht zu haben.

Ein letzter, kräftiger Hieb mit scharfen Krallen, der ihm beinahe den Unterbauch aufriss, ließ ihn zu Boden gehen. Er versuchte aufzustehen, doch eine der Katzen – in dieser Gestalt konnte er sie nicht auseinanderhalten – stand auf seinem Hinterbein und der unerträgliche Schmerz ließ ihn beinahe das laute, knackende Geräusch überhören, als sein Bein brach. Mit einem waren sie jedoch nicht zufrieden. Sie stellten sicher, dass er nicht so schnell wieder aufstand.

Während Quincy trotz der Flüssigkeit in seiner Lunge versuchte zu atmen, verwandelten sich die drei zurück.

Diedeldei hockte sich neben ihn, streckte die Hand aus und tätschelte seinen Kopf. »Das war nur eine Warnung. Du wirst zurückkommen. Du wirst deinen Platz einnehmen. Und du wirst kooperieren. Andernfalls werden wir beim nächsten Mal nicht so nett zu dir sein.«

Quincy war froh, dass er in Katzengestalt und somit unfähig war, zu sprechen. Er wusste nicht, was er erwidert hätte, aber was immer es gewesen wäre, hätte ihm nur noch mehr Knochenbrüche oder vermutlich etwas noch Schlimmeres eingebracht. Er konnte nichts anderes tun, als dort zu liegen, qualvoll um Atem zu ringen und zuzusehen, wie sie die Feuerleiter hinaufkletterten und über die Hausdächer verschwanden.

Den Blick auf den Mond gerichtet, rang er um Kraft für eine Verwandlung, womit er die Heilung seiner Wunden in Gang setzen würde. Er war sich sicher, dass sie ihn nicht zum Sterben zurückgelassen hatten. Sie wussten, dass er heilen würde. Bis dahin wäre es sehr schmerzhaft, doch er würde wieder gesund werden. Nein, ihr Ziel war es, ihm Angst zu machen.

Alles, was sie jedoch erreichten, war, dass er angepisst war.

Er erinnerte sich nicht daran, die Augen geschlossen zu haben, doch er wünschte, es nicht getan zu haben. Dann hätte er sich eine ganze Menge Ärger erspart, als er sie wieder öffnete.

Er konnte nicht zu lange bewusstlos gewesen sein. Der Mond war nicht viel weiter gewandert; vielleicht war eine Stunde vergangen. Als er versuchte, sich zu bewegen, bemerkte er, dass er seine menschliche Gestalt wieder angenommen hatte. Das war besser, falls ihn jemand fand, zumindest was die Geheimhaltung betraf, doch in Katzengestalt würde er besser heilen. Sich erst in einen Menschen und dann in einen Jaguar zu verwandeln, wäre am besten, doch offenbar passierte dies nicht.

Quincy nahm eine Bestandsaufnahme vor. Seine Beine waren noch immer gebrochen, genauso wie einer seiner Arme. Er war sich sicher, dass ebenfalls wenigstens ein Dutzend Rippen gebrochen waren. Als er erneut versuchte, sich zu bewegen, stöhnte er, doch keines seiner Körperteile schien zu gehorchen.

Eine Sirene durchschnitt die Stille der Nacht, viel zu nah für seinen Geschmack. Quincy fluchte. Wenn ihn jemand gesehen und einen Krankenwegen gerufen hatte... wie zum Teufel sollte er das handhaben? Er musste los, musste hier weg.

Mit geschlossenen Augen versuchte er, seinen Jaguar herbeizurufen, doch dieser war zu verletzt und sie beide waren zu erschöpft. Verdammt. Verdammt, verdammt, verdammt. Mit einem lang gezogenen Stöhnen und einem lauten Schrei, schaffte er es, sich auf den Rücken zu drehen, nur um die riesigen, noch immer blutenden Schnitte auf seiner Brust und seinem Bauch zu sehen. Seine Beine konnte er sich nicht einmal anschauen, fühlte aber gut genug, wie schlimm es um sie stand.

Bastet, gib mir Kraft. Thoth, ich brauche deine Weisheit.

Keine der Gottheiten schien ihn erhören zu wollen. Tatsächlich war es ein schlechter Tag.

Einen Moment später erfüllten die Lichter des Krankenwagens die schmale Gasse, als dieser an deren Ende hielt. Sanitäter, die Quincy nur unscharf erkennen konnte – seine Brille, da war er sich sicher, lag irgendwo zerbrochen und war verloren gegangen –, sprangen aus dem Auto und rannten nach hinten. Bastet, was mache ich denn jetzt?

Doch seine oberste Gottheit gab ihm keinen Rat und bevor er sich selbst was überlegen konnte, kamen die Sanitäter auf ihn zu.

»Hey, was ist passiert?«

Oh, ich weiß nicht, ich wurde lediglich von drei Jaguargestaltwandlern angegriffen, die mich zu meinem Vater zurückbringen wollten, damit ich meinen Platz als Erbe der Führung unserer Dynastie übernehme, was ich nicht will. Daher haben sie mich verprügelt und so zurückgelassen.

Stattdessen krächzte Quincy: »Prügelei.«

Eins musste er dem Sanitäter lassen. Obwohl der Blick dieses Mannes deutlich Was Sie nicht sagen! ausdrückte, behielt er seine Gedanken für sich. »Und womit – oder mit wem – haben Sie sich geprügelt?«

»Ähm... weiß... nicht.« Es fiel ihm immer schwerer zu sprechen und der Schmerz drohte ihn erneut zu überwältigen. »Brauche... brauche keine Hilfe. Werde bald –«

»Versuchen Sie es gar nicht erst«, sagte der Sanitäter kopfschüttelnd.

Quincy war augenblicklich und seltsamerweise von dem Licht fasziniert, das von der dunklen, glänzenden Glatze des Mannes reflektiert wurde. Verdammt. Nicht gut. Bastet! Ich könnte jetzt wirklich etwas Hilfe gebrauchen...

»Können Sie mir Ihren Namen sagen?«

Quincy überlegte schnell, doch er vermutete, dass es egal wäre, wenn er ihnen seinen richtigen Namen nannte. Die Arschlöcher würden sich ihn erst mal nicht weiter vornehmen. Sie hatten ihre Botschaft überbracht und würden ihn zurücklassen, um zu heilen, und ihre Anweisungen befolgen – oder nicht. Und wenn er in ein Krankenhaus musste... aber würde er das Richtige tun? Shit. Hatte er eine andere Wahl? Der Einzige, den er kannte und der sich mit der Physiologie von Gestaltwandlern auskannte, war die eine Person, die er nicht sehen sollte, auf die er keine Aufmerksamkeit ziehen sollte.

»Quincy«, spuckte er hervor, obwohl seine Rippen furchtbar schmerzten und er sich ziemlich sicher war, dass sie in seine Lunge stachen. Er glaubte nicht, dass er noch viel mehr sprechen konnte, zumindest im Moment. Er würde heilen, selbst in menschlicher Gestalt, doch es würde eine Weile dauern und in der Zwischenzeit wäre es qualvoll.

»Gibt es ein Krankenhaus, das sie bevorzugen?«, fragte der Typ, als sie die Trage unter ihn schoben.

Quincy biss sich auf die Lippen, um nicht zu schreien, als sie ihn bewegten. Egal wie sanft oder vorsichtig sie es taten, es fühlte sich an, als würde er zerrissen werden.

Bastet, lass mich das Richtige tun, betete er einmal mehr und bevor er seine Meinung ändern konnte, sagte er: »Presby. Mein... Partner. Dr. Miles Grant.«

Kapitel 2

Miles ließ sich auf die Couch fallen, die in dem kleinen Pausenraum stand, und lehnte seinen Kopf zurück. Ohne sein Zutun schlossen sich seine Augen. Er hatte nicht lange Zeit – vielleicht zwanzig Minuten, wenn er Glück hatte.

Er bereute es ehrlich, so viele Schichten übernommen zu haben. Aber er hatte Quincy vermisst und brauchte etwas, was seinen Kopf beschäftigt hielt, was ihn ablenkte. Es war lächerlich, das wusste er; sie hatten sich zweimal getroffen. Aber sie waren Gefährten, vorbestimmte noch dazu, und ihr Band hatte bereits begonnen, sich zu formen. Sein Wolf machte ihn wahnsinnig, drängte darauf, dass er versuchte, Quincy zu finden und das Band zu vervollständigen.

Das Problem war, dass er, ob es ihm nun gefiel oder nicht, keinen Moment daran zweifelte, dass Quincy die Wahrheit darüber sagte, warum sie noch nicht zusammen sein konnten. Er hatte ein wenig mit Chad und Jamie darüber gesprochen und den Kern von Quincys Problemen verstanden, obwohl Chad noch nicht in der Verfassung war, viel zu sprechen. Er erholte sich noch von seiner Verwandlung zum Wolf, lernte noch, wie er Geräusche und Licht dämmen konnte und wie man ein Wolf war.

Aber Miles' Wolf verstand es nicht und es interessierte ihn auch nicht. Tatsächlich drängte er Miles, Quincy zu beschützen, was mehr als nur ein wenig lächerlich war. Er hatte die Wahrheit gesagt – er hatte keine Angst vor einer Katze –, aber ihm fehlte das Wissen darüber, wie es in der Welt der Jaguare zuging. Es brachte ihn noch immer um, dass Diana ihm eine Katze gegeben hatte. Er war für seinen Gefährten bereit gewesen, egal ob es ein Mann oder eine Frau gewesen wäre; mit beidem wäre er zufrieden gewesen, selbst wenn seine Familie und sein früheres Rudel darüber andere Ansichten hatten. Aber nein, er musste gleich eine ganz andere Spezies abbekommen.

Und dann noch eine Spezies, über die er absolut nichts wusste. Er wusste nicht, wie weit jemand wie Quincys Vater gehen würde, um seinen Willen durchzusetzen. Und Miles war ein Mediziner, kein Kämpfer. Er konnte kämpfen – alle Gestaltwandler lernten es –, doch das hieß nicht, dass es ihm gefiel. Daher war er leider nicht so gut wie die meisten anderen.

Er musste Quincy wiedersehen, wenn auch nur für eine kurze Weile. Er könnte seinen Wolf ein wenig besänftigen, dafür sorgen, dass er sich etwas besser fühlte und vielleicht die Geduld fand, noch länger zu warten.

Seit er seinen Gefährten das letzte Mal gesehen hatte – vor zwei Monaten im Wartebereich der Notaufnahme –, hatte Quincy sich ein paarmal gemeldet. Hauptsächlich hatte er Nachrichten per Handy oder E-Mails geschickt, um Miles wissen zu lassen, dass er noch am Leben und weiterhin untergetaucht war. Sie hatten sich gegenseitig ein wenig von sich erzählt, doch Quincy hatte nicht zu viel sagen wollen, damit nichts abgefangen werden konnte. Es war nicht viel, aber zumindest hielt das Wissen, dass Quincy okay war, Miles davon ab, komplett den Verstand zu verlieren. Er wollte gern glauben, dass er es wissen würde, falls Quincy etwas zustieß, aber er war sich nicht sicher, inwieweit ihr dünnes Band so etwas übertragen würde. Als er Chad gefragt hatte, wie Quincy an seine Telefonnummer und E-Mailadresse gekommen war – denn er hatte nie die Gelegenheit gehabt, ihm dies mitzuteilen –, hatte Chad gesagt, dass er sich darüber keine Gedanken machen solle. Doch Miles wusste zumindest einen Teil von dem, womit Quincy sein Geld verdiente, und war nicht in Sorge. Er glaubte nicht einen Moment daran, dass Quincy die Informationen gegen ihn verwenden würde.

Die letzten zwei Monate waren die reinste Hölle gewesen. Er hatte keinen Ahnung, wie Tanner es geschafft hatte, sich zwei Jahre lang von Finley fernzuhalten. Zugegeben, die beiden hatten miteinander ausgehen und Zeit verbringen können, während Miles in den letzten zwei Monaten nicht mehr als einen kurzen Blick auf Quincy erhascht hatte.

Den Großteil seiner Zeit hatte er mit Arbeiten verbracht. Ein paarmal hatten sie ihm rundheraus gesagt, dass er nach Hause gehen sollte, weil er zu viel arbeitete. Ob es ihm nun gefiel oder nicht, sie hatten recht gehabt. Er war so müde gewesen, dass er kaum noch hatte stehen können. Doch nachdem er ein paar Stunden Schlaf bekommen hatte – erfüllt von einigen sehr anschaulichen Träumen mit Quincy in der Hauptrolle –, hatte er etwas tun müssen.

Da er nicht zurück zur Arbeit hatte gehen können, hatte er entschieden, das andere zu tun, worin er gut war: lernen. Er war runter in die Carnegie Bibliothek in Oakland gefahren und hatte angefangen, alles über das frühe Ägypten zu lesen, angefangen bei Bastet. Er wusste nicht, wie viel davon auf die Jaguare zutraf und wie viel reiner Mythos war, doch er befand, dass eine Grundlage, auf der er aufbauen konnte, nicht schaden würde.

Seufzend setzte Miles sich wieder auf und warf dabei einen Blick auf die Kaffeemaschine, die in der Zimmerecke stand. Es war klar, dass er keinen Schlaf bekommen würde, daher konnte er genauso gut anderweitig etwas gegen seine Müdigkeit tun. Doch als er sich erhob und zum Schrank umdrehte, überrollte ihn ein Gewirr aus Gefühlen, die nicht seine waren. Verärgerung schien alles zu überlagern, doch er spürte auch Angst. Und Schmerz. Zu viel Schmerz.

Quincy?

Miles rannte aus dem Raum, wobei er nicht darüber nachdachte, wie das wirken würde – er dachte überhaupt nicht nach. Wenn sich Quincy in der Nähe befand, war etwas ganz und gar nicht in Ordnung.

Gerade als er um die Ecke des Eingangs, vor dem die Krankenwagen hielten, bog, kam ihm eine der Krankenschwestern entgegengelaufen. »Dr. Grant! Ihr Pa–«

»Partner«, unterbrach Miles sie und hielt inne, als die Krankenschwester ihn verdutzt ansah. Er hatte im Krankenhaus nie etwas über einen Partner erzählt – seines Wissens nach hatte er keinen gehabt –, doch damit würde er sich später beschäftigen. »Ein Freund hat mich informiert«, sagte er nach kurzem Überlegen.

»Oh. Okay. Sie bringen ihn jetzt rein.«

»Danke. Wie schlimm ist es?«

In diesem Moment öffneten sich die Türen und die Sanitäter schoben eine Trage herein, auf der Quincy lag. Lediglich ein Laken bedeckte seinen nackten Körper und seine von Natur aus helle Haut war viel zu blass. Er hatte längliche Wunden auf seiner Brust und dem Bauch, der Rest seines Körpers war vom Laken verhüllt. Die Einschnitte – vermutlich durch die Krallen eines Gestaltwandlers verursacht, wenn er raten müsste – sahen aus, als wäre der Heilungsprozess schon in Gang, doch es schienen nicht die einzigen Verletzungen zu sein.

Miles musste erst einmal tief einatmen, dann noch einmal, als ihm Quincys Duft unvermittelt in die Nase stieg – ein Hauch von Grafit und Papier, der eine Süße überdeckte, die nicht ganz zu Quincys äußerem Erscheinungsbild passte. Miles musste angestrengt gegen seinen Wolf kämpfen. Er wollte ausbrechen und was oder wer auch immer ihrem Gefährten das angetan hatte, zur Rechenschaft ziehen. Nicht jetzt. Wir werden unserem Gefährten helfen, aber nicht jetzt.

Nach einem weiteren Atemzug durch den Mund schaltete er in den Arztmodus, erinnerte sich an seine Ausbildung und sein Wissen, damit er sicherstellen konnte, dass Quincy vernünftig heilte und im Verlauf nicht zu viele Menschen misstrauisch machte.

Es dauerte eine Weile, bis Miles einen günstigen Zeitpunkt fand, um mit Quincy allein zu sein. Zum Glück hatte Quincy auf dem Weg zum Krankenhaus das Bewusstsein verloren und Miles vermutete, dass er deswegen dessen Gefühle so stark gespürt hatte. Ein wacher Quincy hätte wohl nicht so viel preisgegeben. Miles würde zu gern mit ihm sprechen, doch das musste warten. Es war sowieso viel besser für Quincy, wenn er während der Behandlung bewusstlos war. Schmerzmittel wirkten nicht ausreichend – vor allem, weil Gestaltwandler sie so schnell abbauten.

Sie hatten beide Beine richten und die Schnitte auf Quincys Brust sowie die offenen Wunden durch die Brüche nähen müssen. Die Blutergüsse im Rippenbereich zeigten Miles, dass wenigstens sechs gebrochen waren, und die Röntgenaufnahmen – die normalerweise keinen Beweis für gebrochene Rippen lieferten – hatten seine Vermutung bestätigt; ein deutliches Zeichen, wie schwerwiegend Quincys Verletzungen tatsächlich waren.

Miles hatte es nicht gefallen, auch nur einen Teil davon behandeln zu müssen. Er wusste, dass Quincy am besten heilte, wenn er aß und sich verwandelte, doch das konnte er den Krankenschwestern und Assistenten schlecht erklären.

Doch nun war Quincy nicht mehr im Behandlungsraum, sondern wartete auf ein Bett in einem normalen Krankenzimmer. Miles würde den Teufel tun und zulassen, dass Quincy sich in diesem Zustand selbst entließ. Wahrscheinlich würde Quincy allein klarkommen, doch Miles glaubte nicht, dass sein Wolf ihn schon außer Sichtweite lassen würde. Zumindest könnte er wegen der geschienten Beine und den Nähten so tun, als würde Quincy im Krankenhaus bleiben müssen, um bei Miles' Kollegen keinen Verdacht zu wecken. Dadurch könnte er sich ausruhen und besser heilen.

Das Problem war, dass Miles vermutete, dass Quincy auch innere Blutungen hatte. Seinen Kollegen gegenüber hatte er nichts gesagt und es auch nicht in Quincys Krankenblatt geschrieben, weil er ihn nicht noch operieren wollte. Oh, er würde normal aussehen, wenn sie ihn öffneten, doch es wäre nicht nötig und Miles wollte kein Risiko eingehen, da Quincy sowieso schon geschwächt war.

Miles zog den Vorhang zu, schloss gewissenhaft die Tür und betete, dass niemand reinkam, während er auf Quincys Bett zuging. Tiefblaue Flecken verunstalteten seine Haut, was Miles vor Wut kochen ließ. Wie konnte jemand dies dem eigenen Kind antun? Es war ihm egal, wer den Kampf letztlich ausgetragen hatte. Der Auftrag war erteilt worden – und er hatte keinen Zweifel daran, von wem – und das war genug, um in Miles den Wunsch aufkommen zu lassen, auf etwas einzuschlagen. Er konnte es einfach nicht verstehen und es war definitiv nichts, was er an der Spezies seines Gefährten mochte.

Sanft legte er eine Hand auf Quincys Schulter, beugte sich vor und sagte leise dessen Namen.

Nach nur zwei Versuchen öffnete Quincy die Augen. Er starrte zu Miles hoch, wobei er für einen Moment herrlich verwirrt aussah. »Was –? Wo bin ich?« Er blinzelte, dann sagte er: »Oh verdammt.« Er wollte sich bewegen, doch Miles hielt ihn fest.

»Hör zu, wir haben nicht viel Zeit. Ich bin jetzt hier, daher wird uns in den nächsten Minuten vermutlich keiner stören, aber ich weiß nicht genau, wie viel Zeit wir haben. Denkst du, dass du dich verwandeln kannst?«

Für einen Augenblick sah Quincy nachdenklich aus und Miles nahm an, dass er seine Katze anstupste. Quincy nickte. »Ja, ich denke schon. Warum? Und... ist es hier sicher?«

Miles nickte. »Wenn du es schnell machst. Ich vermute, dass du wegen der Rippen, Schnitte und Beinbrüche innere Blutungen hast. Ich kann dich operieren, aber –«

Quincy verzog das Gesicht. »Ja, nein.« Mit gerunzelter Stirn sah er auf seine Beine. »Was ist damit?«

Miles nickte. »Es wird wehtun, aber ich kann die Schienen abnehmen.«

Nach kurzem Überlegen schüttelte Quincy den Kopf. »Nein, ich glaube nicht, dass meine Hinterpfoten sie kaputtmachen.« Er atmete durch, dann griff er nach der Schleife in seinem Nacken. Miles beeilte sich, ihm zu helfen, öffnete die Schleife und streifte ihm das Krankenhaushemd ab. Anschließend trat er einen Schritt zurück. Quincy sah zu ihm auf. »Auf dem Bett?«

»Es sei denn, du willst dich auf deine gebrochenen Beine stützen.«

Eine Grimasse ziehend nickte Quincy. »Stimmt.« Er atmete tief ein, schloss die Augen und wenige Sekunden später blickte Miles auf einen wunderschönen, nachtschwarzen Jaguar hinunter.

Miles trat einen Schritt vor und neigte den Kopf. »Darf ich dich berühren?«

Quincy senkte in der Andeutung eines Nickens den Kopf und Miles streichelte ein paarmal kurz über das Fell an Quincys Hals. Irgendwie hatte Miles nicht erwartet, dass es so weich war. Quincys Schwanz zuckte und er blinzelte ein paarmal, dann hob er den Kopf. Miles nahm das als ein Zeichen, dass Quincy sich zurückverwandeln wollte, und trat daher mit einem Nicken zurück. Einen Moment später hatte er Quincy wieder in menschlicher Gestalt vor sich.

»Willkommen zurück. Wie fühlst du dich?«

»Davon abgesehen, dass ich müde bin, besser. Ich brauche jedoch etwas zu essen.«

Miles nickte. »Das bezweifle ich nicht. Hör zu, werden sie dich aufspüren, wenn ich dich hierbehalte?«

»Mich hierbehältst?«

Ohne zu antworten, wartete Miles.

Quincy seufzte und schüttelte den Kopf. »Nein. Für den Moment haben sie ihre Botschaft überbracht.«

Miles hob die Augenbrauen. »Botschaft?«

»Ich erzähl's dir später. Es reicht wohl zu sagen, dass sie mich zumindest für eine Weile nicht belästigen werden.«

»Okay. Ich muss zugeben, es wird wirklich seltsam aussehen, wenn du nicht sowieso für ein paar Tage hierbleibst. Wir werden dir etwas zu essen beschaffen und für Ruhe sorgen.«

Quincy runzelte wieder die Stirn, nickte aber. »Ja. Das ist wahrscheinlich das Beste. Gott, bin ich müde.« Er gähnte.

»Leg dich hin. Lass mich die Schienen wieder anbringen und sehen, ob ich ein Zimmer für dich auftreiben kann.«

Quincy ließ sich eher ins Kissen fallen, als dass er sich legte, wobei er zusammenzuckte. »Aua. Notiz an mich: Es braucht mehr als ein paar Verwandlungen, um gebrochene Rippen zu heilen.«

Miles gluckste. »Ich werd dran denken.« Er half Quincy, sich wieder bequem hinzulegen, und korrigierte den Sitz der Schienen an beiden Beinen. Die Knochen schien schon wieder viel stabiler zu sein, doch die Schnittwunden waren immer noch groß genug, sodass die Nähte nicht seltsam wirkten. Miles legte das Laken über sie, half Quincy in das Hemd, dann sah er seinem Gefährten wieder ins Gesicht. »Ich bin wirklich froh, dich zu sehen.«

Zu sehen, dass Quincy errötete – jemand, der normalerweise so ernst und unnahbar war –, brachte Miles zum Grinsen. Quincy kniff die Augen zusammen, doch durch den Hauch eines Lächelns verlor sich der Effekt. »Ja, also... so hatte ich ganz und gar nicht geplant, dich wiederzusehen.«

Miles' Grinsen wurde breiter. »Es gibt definitiv bessere Gelegenheiten, sich zu treffen.« Er lachte leise, als das Rot auf Quincys Wangen dunkler wurde. »Lass mich mal nach deinem Bett sehen. Versuch zu schlafen.« Er beugte sich vor und küsste Quincys Stirn, wobei er über dessen erstaunten Gesichtsausdruck lächelte. »Bin gleich zurück.«

Miles schien seinen Blick nicht von dem Mann in dem Bett neben sich abwenden zu können. Er hatte ein Buch auf dem Schoß – Ägyptische Götter und Gottheiten –, doch er hatte kaum mehr als ein paar Sätze gelesen. Er war noch immer zu überwältigt davon, dass dieser Mann sein Gefährte war. Und dass besagter Gefährte hier war.

Es gab bei Weitem bessere Gelegenheiten Quincy wiederzusehen, doch wenn es bedeutete, Quincy wenigstens für ein paar Tage bei sich zu haben, würde er den Grund hinnehmen. Nicht, dass er wollte, dass Quincy so was jemals wieder durchmachen musste – er wollte sich gar nicht ausmalen, wie schrecklich es gewesen sein musste. Natürlich hatte er eine ziemlich gute Vorstellung davon, wenn man bedachte, was er alles schon durch die Tür zur Notaufnahme hatte kommen sehen.

Er schüttelte den Kopf, klappte das Buch zu und legte es beiseite, dann lehnte er sich vor und schob seine Hand unter Quincys. Während er mit dem Daumen über die weiche Haut an Quincys Handrücken strich, dachte er an all die Dinge, die er nicht über ihn wusste. Er könnte ganze Bücher damit füllen. Es gab so viel, was er ihn fragen wollte, so viel, was er mit ihm tun wollte, und das beinhaltete nicht nur das Gefährtenband zu vervollständigen und sich zu markieren.

Das würde warten müssen, und so wenig Miles es auch mochte, verstand er den Grund. Bis Quincy seinen Vater nicht dazu gebracht hatte, sich zurückzuziehen, würde ein vollständiges Gefährtenband nur noch größere Probleme schaffen, denn wenn sie einmal miteinander verbunden waren, kamen Gefährten ohneeinander nicht gut zurecht. Deswegen hatte es ihn beinahe wahnsinnig gemacht, dass er es bisher kaum geschafft hatte, Quincy auch bloß zu küssen.

Doch sie könnten miteinander reden und sobald Quincy aufwachte und etwas gegessen hatte, plante er, auch einfach nur das zu tun.

Wie aufs Stichwort öffnete Quincy die Augen und blinzelte, dann gähnte er. Blaue Augen begegneten seinen und für eine Weile saßen sie einfach nur da und sahen einander an. »Wir glauben nicht an vorbestimmte Gefährten.«

Miles nickte und bemerkte, dass Quincy seine Hand trotz dieser Worte nicht losgelassen hatte. »So was in der Art hast du gesagt, als du damals in die Notaufnahme gekommen bist.«

»Es gibt Legenden, Geschichten. Aber ich habe noch nie ein vorbestimmtes Paar getroffen.«

»Ich vermute, dass es etwas damit zu tun haben könnte, dass ihr sowohl Einzelgänger als auch nur noch sehr wenige seid«, sagte Miles lächelnd.

Quincy gluckste und nickte. »Ich bin mir sicher, dass das etwas damit zu tun hat.«

»Fühlst du unser Band?«

Quincy zögerte, nickte aber erneut. »Ja, das tue ich. Es ist wie ein Strang oder... etwas, das uns aneinanderbindet.«

Miles nickte. »Ja, ziemlich genau so ist es. Es gibt viele vorbestimmte Paare in unserem Rudel. Es sind hauptsächlich Heteropärchen, aber es gibt auch ein paar gleichen Geschlechts.«

»Sind Jamie und Chad vorbestimmte Gefährten?«

»Ja, das war lustig mit anzusehen.« Miles lachte wieder. »Jedes Mal, wenn sie in meine Nähe kamen, ist Chad beinahe durchgedreht.«

»Ja?« Quincy hob die Augenbrauen.

»Äh, Jamie und ich haben, äh, also, wir...« Eifersucht traf ihn über ihr Band hinweg, die Miles ein wenig überraschte.

»Du hast mit Jamie gevögelt?«

Er konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. »Ein paarmal, noch bevor er und Chad zusammenkamen. Nur hin und wieder... und ich hab nie etwas für ihn empfunden.«

Quincy starrte ihn verblüfft an, doch die Eifersucht ließ nach. »Oh. Das war...« Er zog die Augenbrauen zusammen. »Das war schräg. Meiner Katze hat es gar nicht gefallen, das zu hören.«

»Nein, das kann ich mir vorstellen. Wenn ich was über deine früheren, nun, Bekanntschaften erfahren würde, würde mein Wolf ziemlich angepisst sein, da bin ich mir sicher.«

»Schräg.«

Miles nickte. »Da stimme ich dir zu. Wie fühlst du dich körperlich?«

»Hungrig«, sagte Quincy und brachte Miles damit zum Lachen.

»Das kann ich mir gut vorstellen. Ich hab Steaks dabei – ich hoffe, dass das okay ist. Wir Wölfe essen das für gewöhnlich, wenn wir zu Kräften kommen müssen.«

Quincy nickte. »Darauf kannst du wetten. Ist es gebraten?«

Miles grinste wissend. »Ich dachte, dass die Menschen nicht unbedingt sehen möchten, wie du ein blutiges Steak isst.«

Quincy lachte und setzte sich auf. »Ja, wohl eher nicht.«

Miles hob die Thermotasche hoch, die auf dem Boden stand, und holte die Styroporbox hervor, die er dort hineingestellt hatte. »Es ist nicht mehr wirklich heiß, aber –«

»Das stört mich kein bisschen«, meinte Quincy, als Miles die Box auf den Nachttisch stellte und ihn an das Bett heranrollte.

»Das ist gut.« Miles holte ein Messer und eine Gabel heraus und gab sie Quincy. »Du kannst dir trotzdem noch was zum Abendessen bringen lassen, aber ich dachte, dass Fleisch hilfreicher wäre als das Krankenhausessen.«

Quincy rümpfte die Nase. »Ja. Ich werde es runterwürgen.« Er grinste. »Für dich.«

»Oh, danke, Schätzchen.« Miles lachte erneut, als Quincy die Nase noch mehr rümpfte. »Ich werde ein paar Sachen erledigen, während du isst. Dein Krankenblatt auf den neusten Stand bringen und so.«

»Solltest du nicht in der Notaufnahme sein?«

Miles schüttelte den Kopf. »Nein. Sie haben mich rausgeworfen. Der Chef der Notaufnahme hat herausgefunden, dass du mein Partner bist, und einen anderen Arzt gerufen, dann hat er mich für die nächsten paar Tage aus dem Dienstplan gestrichen. Anschließend hat er mir gesagt, dass ich hier raufkommen und nicht eher wiederkommen soll, ehe du entlassen wirst.«

Quincy lächelte. »Ich glaube, ich mag deinen Chef.«

»Nun... ich hab in den letzten paar Monaten viel gearbeitet, daher denke ich, dass ich mir die freien Tage verdient habe.«

Quincy hob die Augenbrauen. »Viel gearbeitet?«

Miles zuckte mit einer Schulter. »Konnte nicht bei dir sein.« Er beugte sich vor und küsste Quincys Schläfe, dann trat er zurück und erkannte, dass sein Gefährte nachdenklich aussah. »Wir müssen reden.«

Quincy nickte. »Geh und tu, was du tun musst. Lass mich essen. Wir können später reden.«

»Alles klar.« Miles küsste ihn erneut und ging.

Gerade als Miles fertig war, hörte er, wie jemand sagte: »Archer?«

Als er aufsah, erblickte er einen Boten mit einem Korb und runzelte die Stirn. »Welcher?«

Der Typ sah wieder auf die Karte. »Quincy Archer.«

»Das ist mein Partner.«

»Oh, gut. Hier, bitte schön«, sagte er, übergab ihm den Korb und war verschwunden, bevor Miles noch etwas sagen konnte.

Die Krankenschwester neben ihm, Sara, hob eine Augenbraue. »Partner?«

Miles grinste. »Ja. Quincy ist mein Partner.«

»Ich wusste nicht mal, dass Sie schwul sind«, meinte sie kopfschüttelnd.

Miles lachte. »Bin ich nicht. Ich bin bi.«

»Hm. Nun, vielleicht deswegen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Glückwunsch, mein Lieber. Ich freue mich, dass Sie jemanden gefunden haben.« Sie klopfte ihm auf die Schulter und warf einen Blick in den Korb. »Hat er eine Katze?«

Miles sah ebenfalls zum ersten Mal in den Korb und begann zu lachen. Er nahm die Karte heraus und sah, dass sie von Chad und Jamie unterzeichnet war. Er hatte sie kurz angerufen, um ihnen zu sagen, dass er Quincy gesehen hatte und dieser im Krankenhaus war, aber viel mehr auch nicht.

Kopfschüttelnd grinste er Sara an. »Ja. Ja, das hat er.« Er winkte ihr und ging zurück zu Quincys Zimmer.

Als er die Tür öffnete und eintrat, sah er, dass Quincy aufgegessen hatte. Miles ging zu ihm und stellte den Korb auf den Nachttisch, nachdem er die Styroporbox weggenommen hatte.

Fragend warf Quincy einen Blick in den Korb. Es dauerte etwa zwei Sekunden, bevor er zu lachen begann. »Ich muss mir die Karte nicht mal ansehen.« Er nahm sie trotzdem heraus, las sie schnell, und zeigte sie anschließend Miles.

Hoffen, dass du bald wieder Mäuse jagen kannst...

Chad & Jamie

Quincy zog eine Stoffratte heraus und hielt sie in die Luft, dann eine Tüte Katzenminze, eine dieser Federn an einem Stab und sogar ein Wollknäuel. Erst nach einer Minute konnte Quincy aufhören zu lachen. »Oh Gott, dafür kriege ich sie so was von dran.«

Grinsend nahm Miles den Stab mit der Feder und wedelte damit vor Quincys Gesicht herum. Quincy schnaubte, schlug aber trotzdem nach der Feder und entlockte Miles damit ein Lachen. Als Miles den Stab jedoch wegzog, schlug Quincy wieder danach, folgte mit den Fingern der Feder, wobei seine Nase zuckte. Mit hochgezogenen Augenbrauen kämpfte Miles gegen sein Grinsen an.

Quincy schnupfte. »Ich wollte dich bloß zum Lachen bringen.«

Miles' Grinsen bahnte sich seinen Weg. »Mhm.«

»Wirklich.«

Lachend küsste er Quincys Schläfe. »Weißt du, dass wir, wenn wir uns, abgesehen vom Vollmond, nicht oft genug verwandeln, anfangen, uns ein wenig wie Hunde zu benehmen... selbst in menschlicher Gestalt?«

»Du verarschst mich«, sagte Quincy mit großen Augen. »Oh, wie herrlich ich Chad damit erpressen kann...«

»Nein, mach ich ganz und gar nicht.« Miles hüstelte, dann sagte er: »Ich hab kurz vor meinem Examen mal auf meinen eigenen Hausschuhen herumgekaut«, sagte er so schnell, dass die Worte zu einem einzigen verschmolzen.

Quincy schnaubte belustigt, bevor er erneut lachte. »Oh, das ist ja herrlich! Daran muss ich denken. Meine Hausschuhe verstecken und so.«

Das Grinsen auf Miles' Gesicht wurde breiter, denn offensichtlich plante Quincy, mit ihm zusammen zu sein, zumindest irgendwann in der Zukunft. Er wollte noch etwas sagen, doch die Tür ging auf und Sara kam herein.

»Zeit, Ihre Werte zu überprüfen«, sagte sie fröhlich.

Quincy verdrehte die Augen, saß jedoch geduldig still, als sie seinen Blutdruck, seine Temperatur, Sauerstoffgehalt und Puls maß. Sie schrieb die Werte auf einen kleinen Zettel, dann steckte sie ihn in ihre Tasche. »Kann ich Ihnen irgendwas bringen? Möchten Sie etwas zum Abendessen?« Ihr Blick fiel auf die Styroporbox. »Dr. Grant! Haben Sie etwa verbotenes Essen für ihn reingeschmuggelt?«

Miles grinste. »Ich weiß gar nicht, wovon Sie da reden, Sara. Das war für mich.«

Sie kicherte. »Sicher.« Sie wandte sich wieder an Quincy. »Möchten Sie etwas trinken?«

Quincy schüttelte den Kopf und deutete auf die Karaffe auf dem Schrank, in der noch Wasser war. »Das reicht mir völlig.«

»In Ordnung. Dann ruhen Sie sich aus.« Sie tätschelte seinen Fuß und ging.

»Ich frage mich, was sie sagen würde, wenn sie wüsste, wie viel besser es mir schon wieder geht«, sinnierte Quincy.

Miles lachte. »Ich würde sie vermutlich in die Klapse auf der anderen Straßenseite einweisen.«

Quincy grinste. »Das wäre nicht so schön, nicht wahr?«

Miles schüttelte den Kopf. »Nein. Oh!« Er eilte um das Bett und nahm eine Laptoptasche vom Boden. Auf der einen Seite war ein Logo abgebildet, das eine Zeichnung von einem Typen mit leuchtend orangefarbenen Haaren, einem schwarzen Mantel und einem riesigen Schwert, das er sich auf die Schulter gelegt hatte, zeigte. Er hob die Tasche hoch und stellte sie neben Quincy aufs Bett. »Offenbar ist die im Krankenwagen zurückgeblieben. Ich... hoffe, dass du nichts dagegen hast, dass ich reingeschaut habe. Dein Laptop, Telefon und Portemonnaie sind noch drin.«

»Oh, gut.« Quincy öffnete die Tasche und zog ein Etui heraus, aus dem er eine Brille holte und sie sich auf die Nase setzte. »Gleich viel besser.« Als Nächstes zog er ein schmales MacBook heraus, anschließend sein Portemonnaie und blinzelte. »Mein Geld ist noch da.«

Miles zuckte mit den Schultern. »Ich vermute, dass sie das nicht brauchten.«

»Also. Das ist eine Überraschung.«

»Ich weiß nicht, ob sie mit dem Computer oder dem Telefon oder so was anfangen könnten. Ich gehe davon aus, dass du alles gut abgesichert hast.«

Quincy nickte. »Ja, und die Daten sind auch verschlüsselt. Keiner kommt an mein Zeug.«

Miles hob eine Augenbraue. »Was machst du überhaupt beruflich?«

»Ich zeichne.«

Miles blinzelte. »Ich bin mir sicher, dass du das tust. Aber welche Arbeit erfordert es, Daten zu verschlüsseln?«

Quincys Mundwinkel zuckten. »Ich handle mit Informationen. Mit der Art, die man nicht im Telefonbuch findet.«

»Ohhh.« Miles nickte. »Also, das ergibt Sinn. Ich denke, mehr will ich nicht wirklich wissen.«

Quincy schüttelte den Kopf. »Nein, das willst du wahrscheinlich nicht. Ähm...« Quincy legte den Kopf zur Seite und betrachtete Miles eine Weile nachdenklich. »Denkst du, dass ich deinen Wolf mal sehen könnte?«

»Hmm...« Miles hob die Augenbrauen, während er die Bitte überdachte, doch dann nickte er. »Sie werden erst mal nicht reinkommen. Ich denke, wir haben Zeit.« Er kickte sich die Schuhe von den Füßen und zog sich gleichzeitig das T-Shirt aus, bevor er es aufs Bett legte. Es war ihm nie in den Sinn gekommen, sich darüber Gedanken zu machen, sich vor Quincy auszuziehen. Er war an die Geselligkeit der Wölfe gewöhnt, nicht jedoch an das Einzelgängertum der Jaguare. Als er sich also umdrehte, nachdem er seine Hose ausgezogen hatte, erkannte er, dass das, was er roch, Erregung war. Seinem Wolf gefiel dieser Duft sehr, doch Miles konzentrierte sich stattdessen darauf, Quincys Wunsch zu erfüllen. Er legte die Hose neben sein T-Shirt und überließ seinem Wolf die Kontrolle.

Als Erstes wurde seine Sicht grau. Anschließend kamen seine Klauen zum Vorschein und gleichzeitig traten seine Fangzähne hervor. Ein paar Sekunden später bedeckte rotes Fell, das den gleichen Farbton wie seine menschlichen Haare hatte, seine Haut. Seine Knochen verlagerten sich und seine Muskeln verteilten sich neu. Einen Moment später landete er auf vier Pfoten. Er stellte die Vorderpfoten auf die Matratze, während er seinen Gefährten mit seinem Wolfsgrinsen ansah.

Quincy streckte den Arm aus und ließ seine Hand über Miles' Kopf gleiten. »Wow. Ich wusste nicht, dass dein Fell die gleiche Farbe wie deine menschlichen Haare hat. Bei uns funktioniert das so nicht. Es ist wunderschön.«

Miles konnte nicht widerstehen, die Augen zu schließen, als Quincy sein Fell streichelte. Er musste vorsichtig sein, sonst bekäme er am Ende in Wolfsgestalt noch einen Ständer. Doch es fühlte sich so gut an, Quincys Hände zu spüren, selbst in dieser Gestalt. Um die Sache außerhalb des sexuellen Bereichs zu belassen, lehnte er sich vor und leckte über Quincys Wange.

Quincy knurrte, doch es war nicht ernst gemeint. »Igitt. Hundesabber.«

Miles schnaubte und leckte noch einmal über seine Wange.

»Warte du nur. Nächstes Mal bin ich in Katzengestalt und dann bekommst du meine Zunge zu spüren.«

Miles schnaufte, dann zog er sich zurück und stellte sich wieder auf den Boden.

Bevor er seinen Wolf zurückpfeifen und sich verwandeln konnte, trat Sara wieder ins Zimmer.

Verdammt! Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, wie Quincy sein Laken über Miles' Kleidung warf.

Sara blieb stehen und starrte Miles an, dann sah sie zu Quincy. »Er darf nicht hier sein. Keine Haustiere.«

»Er ist ein Blindenhund. Sein Besitzer ist gerade ins Bad gegangen.«

Miles würde Quincy für dessen schnellen Verstand abknutschen.

»Ich habe keinen reinkommen sehen. Und...« Sara hob eine Augenbraue, während sie zu Miles hinuntersah. »Er trägt kein Geschirr.«

»Er musste das Geschirr sauber machen. Sein Hund ist in Matsch geraten. Deswegen ist er im Badezimmer.«

Einen Moment lang starrte sie ihn ungläubig an, blickte noch einmal zu Miles, schien seine Erklärung aber offenbar zu akzeptieren. Erleichtert atmete Miles langsam aus. »Ich bin hergekommen, um zu fragen, ob Sie später noch etwas essen möchten, auch wenn Sie jetzt bereits satt sind. Ich habe vorhin keine Antwort bekommen.«

Quincy schüttelte den Kopf. »Nein, danke. Davon abgesehen, kann ich ja Miles jederzeit losschicken, wenn ich später Hunger bekomme.«