Die getilgte Schuld - Margarete Klimsch - E-Book

Die getilgte Schuld E-Book

Margarete Klimsch

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Beschreibung

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkinder" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit. Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann. Mit zitternden Flanken stand der schwarze Hengst Feuerteufel da und schnaubte. Alexander Graf von Roseneck warf dem herbeieilenden Stallburschen Fritz die Zügel zu. »Führe ihn erst ein paarmal herum, dann reibe ihn gut ab, ehe du ihn in den Stall bringst«, befahl er. Mit zusammengekniffenen Augen schaute der Graf seiner Schwägerin entgegen, die eilig die Freitreppe herunterkam und schon von weitem rief: »Alexander, warum reitest du immer so wild? Man muß Angst haben, daß du dir einmal den Hals brichst.« »Kommst du, um mir das zu sagen, Ursula?« grollte er. Sie war nun atemlos bei dem Grafen angekommen und fuhr tadelnd fort: »Du solltest deine Tochter besser erziehen, denn sie gehorcht mir nicht. Dieses Kind muß ins Bett, aber ich kann sagen, was ich will, es tut so, als ob ich gar nicht vorhanden bin.« Der Graf schaute sich suchend um. »Wo ist denn Michaela?« »Da mußt du dich schon in den Schloßpark bemühen«, entgegnete seine Schwägerin. Sie drehte sich um und stieg langsam die Freitreppe hinauf. Doch sie verhielt den Schritt und rief Alexander zu, der noch an derselben Stelle stand: »Verzeih mein Aufbrausen, aber ich fühle mich heute gar nicht wohl.« »Ist schon gut«, winkte der Graf gutmütig ab, dann ging er mit federnden Schritten davon. Die fünfjährige Michaela hockte unter einer Birke und schaute zwei kleinen Käfern zu, die offensichtlich miteinander rauften. Vorsichtig schlich sich der Graf an sein Töchterchen, das er über alles liebte, heran.

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Fürstenkinder – 97 –

Die getilgte Schuld

Unveröffentlichter Roman

Margarete Klimsch

Mit zitternden Flanken stand der schwarze Hengst Feuerteufel da und schnaubte.

Alexander Graf von Roseneck warf dem herbeieilenden Stallburschen Fritz die Zügel zu. »Führe ihn erst ein paarmal herum, dann reibe ihn gut ab, ehe du ihn in den Stall bringst«, befahl er.

Mit zusammengekniffenen Augen schaute der Graf seiner Schwägerin entgegen, die eilig die Freitreppe herunterkam und schon von weitem rief: »Alexander, warum reitest du immer so wild? Man muß Angst haben, daß du dir einmal den Hals brichst.«

»Kommst du, um mir das zu sagen, Ursula?« grollte er.

Sie war nun atemlos bei dem Grafen angekommen und fuhr tadelnd fort: »Du solltest deine Tochter besser erziehen, denn sie gehorcht mir nicht. Dieses Kind muß ins Bett, aber ich kann sagen, was ich will, es tut so, als ob ich gar nicht vorhanden bin.«

Der Graf schaute sich suchend um. »Wo ist denn Michaela?«

»Da mußt du dich schon in den Schloßpark bemühen«, entgegnete seine Schwägerin. Sie drehte sich um und stieg langsam die Freitreppe hinauf. Doch sie verhielt den Schritt und rief Alexander zu, der noch an derselben Stelle stand: »Verzeih mein Aufbrausen, aber ich fühle mich heute gar nicht wohl.«

»Ist schon gut«, winkte der Graf gutmütig ab, dann ging er mit federnden Schritten davon.

Die fünfjährige Michaela hockte unter einer Birke und schaute zwei kleinen Käfern zu, die offensichtlich miteinander rauften.

Vorsichtig schlich sich der Graf an sein Töchterchen, das er über alles liebte, heran. Einige Minuten sah er selbstvergessen auf das liebreizende Persönchen im roten Kleidchen.

»Hallo, Spatz«, sagte er zärtlich.

Sofort stellte sich das Kind auf und drehte sich um. »Papi, bist du endlich wieder da?« jauchzend eilte Michaela in die ausgebreiteten Arme ihres Vaters und schmiegte sich liebevoll an ihn.

»Spatz, ich hörte, daß du der Tante Ursula nicht gehorchen wolltest?«

Das kleine Mädchen legte den Kopf in den Nacken und sah zu dem geliebten Papi auf. »Tante Ursula wollte mich ins Bett bringen, aber ich wollte auf dich warten«, entgegnete es mit Nachdruck. »Du hast mir versprochen, mir ein Märchen vorzulesen, hast du das vergessen?«

Der Graf sah in das hübsche Gesicht seines Kindes, das von braunen Löckchen umrahmt wurde, die bis auf die Schultern fielen. Die dunkelbraunen Kinderaugen blickten ihn fragend an.

»Ich habe es nicht vergessen.« Er hob Michaela auf seine Arme und preßte sie zärtlich an sich, dann küßte er sie auf die Stirn.

»Das ist aber keine Entschuldigung für Ungehorsam«, tadelte er dann.

Die Kleine schlang ihre Ärmchen um den Nacken des Vaters.

»Nicht bös sein, lieber Papi, ich werde ab morgen Tante Ursula gehorchen.«

»Du Racker!« Der Graf stellte Michaela wieder auf ihre Füße und nahm sie an die Hand. »Komm, wir wollen Tante Ursula nicht warten lassen.«

»Muß ich denn jetzt schon ins Bett?«

»Klar. Kleine Kinder müssen früh schlafen gehen, damit sie groß werden«, belehrte der Graf seine Tochter.

»Hm, du liest mir aber ein Märchen vor?«

»Muß ich ja schon, Spatz.«

»Du bringst mich aber nicht ins Bett«, sagte Michaela in der Halle zu ihrer Tante und schmiegte sich an ihren Vater.

Ursula lachte verlegen auf. »Liebling, warum bist du denn so aufsässig? Ich habe dir doch nichts getan.« Die rothaarige Frau lächelte den Grafen an und streckte ihre schmale Hand dem Kind entgegen.

»Komm, ich werde dich jetzt baden«, lockte sie. »Danach gehst du in die Küche, Mamsell Dora hat mir verraten, daß sie dir einen Pudding gekocht hat.«

»Au fein!« freute sich das Komteßchen. Doch als es merkte, daß sich der Vater in sein Arbeitszimmer zurückziehen wollte, verlangte es laut: »Papi, du kommst gleich an mein Bett!«

Lächelnd wandte sich der Graf seinem Kind zu. »Das ist doch Ehrensache, mein Spatz! Wenn du deinen Pudding aufgegessen hast, dann kannst du mich ja abholen, abgemacht, junge Dame?«

Michaela nickte gnädig und ließ sich von ihrer Tante ins Badezimmer führen.

Seufzend betrat der Graf sein Arbeitszimmer, er setzte sich an seinen mächtigen Schreibtisch und stützte die Ellenbogen auf. Seine Gedanken wanderten wieder einmal in die Vergangenheit zurück, von der er einfach nicht loskommen konnte.

Michaelas Mutter war vor drei Jahren gestorben. Er hatte seine Frau Ina sehr geliebt. Doch sie war zu zart gewesen, so daß es bei der Geburt ihres Kindes Komplikationen gegeben hatte. Davon hatte Ina sich nicht mehr erholen können. Sie hatte ihn damals gebeten, ihre Schwester Ursula ins Schloß zu holen, damit diese sie und das Baby versorgen konnte. Das war dann auch geschehen. Doch Ina siechte dahin, und zwei Jahre später war sie dann gestorben. So hatte es sich von selbst ergeben, daß Ursula geblieben war. Aber Ursula war das Gegenstück von ihrer sanftmütigen Schwester. Sie war herrschsüchtig, arrogant und hinterhältig. Sie verstellte sich bloß, wenn ihr Schwager Alexander in ihrer Nähe war.

Das wußte der Graf jedoch, und er glaubte sogar den Grund dafür zu kennen. Ursula strebte danach, seine Frau werden zu wollen, ja, sie wollte den Platz ihrer verstorbenen Schwester einnehmen. Aber Alexander liebte sie nicht. Er war Ursula nur dankbar für ihre Hilfe.

Der Graf wußte, daß seine Tochter eine Mutter dringend brauchte, aber er konnte sich nicht dazu überwinden, sich nach einer passenden Frau umzusehen. Er hatte Ina zu sehr geliebt und mochte ihr so schnell keine Nachfolgerin geben, und schon gar nicht Ursula!

Da war aber noch etwas, was den jungen Grafen bedrückte: Die Sorge um seinen um zwei Jahre älteren Bruder Armin, der in München lebte und dort einen liederlichen Lebenswandel führte. Armin war schon immer leichtsinnig und oberflächlich gewesen, und Pflichtbewußtsein war ihm völlig fremd. Im Gegensatz zu ihm, Alexander, der schließlich dann auch vom Vater als Erbe von Roseneck eingesetzt worden war. Das hatte zwischen den beiden Brüdern zu einem heftigen Streit geführt und zur endgültigen Trennung. Sofort danach war Armin nach München gezogen und verschwendete dort seinen Erbanteil, den er ausbezahlt bekommen hatte. Doch bevor er das Schloß verlassen hatte, hatte er Alexander Rache geschworen.

Alexander unterbrach seinen Gedankengang und fuhr sich mit der Hand über die Augen und dann über das fast schwarze Haar. Dann ließ er seinen Blick nachdenklich aus dem geöffneten Fenster gleiten.

Armin – ich habe diese gräßliche Feindschaft zwischen uns niemals gewollt! dachte er bedrückt.

Es schmerzte ihn immer sehr, daß sein einziger Bruder ihn haßte. Und nie würde Alexander wohl vergessen, wie Armin ihm damals drohend zugerufen hatte: »Na schön, Bruder, heute hast du die Schlacht gewonnen! Du bist nun Herr auf Roseneck – aber irgendwann komme ich zurück und nehme Rache. Auf diesen Tag freue ich mich jetzt schon!«

Seltsam unruhig klopfte Graf Rosenecks Herz, als er wenig später zu seinem Töchterchen ging, um ihm ein Märchen vorzulesen.

*

Sabrina Wolter schaute trotzig auf ihren wütenden Vater, der aufgeregt im Zimmer auf und ab ging. Er blieb wutentbrannt vor ihr stehen und stemmte seine derben Hände in die Hüften.

»Wie stellst du dir denn deine Zukunft vor, ohne Arbeit?« schrie er sie an.

»Ich kann doch nichts dafür, daß ich keine Arbeitsstelle finde, Vater«, murmelte sie.

»Rede doch nicht solch dummes Zeug!« Felix Wolters Faust sauste auf den Tisch. »In einer Großküche werden immer Mädchen gesucht!«

»Was, meine einzige Tochter soll als Küchenmädchen arbeiten?« mischte sich Liane Wolter aufgebracht ein, die bis jetzt geschwiegen hatte. Schützend stellte sie sich vor Sabrina. »Nein, niemals erlaube ich das! Das hat mein Kind nicht nötig.«

»Halt du dich da raus«, fuhr ihr Mann sie unwirsch an und ließ seine Augen rollen. »Du glaubst wohl, weil du früher bessere Tage gesehen hast und eine Komteß Brunnental warst, braucht deine Tochter nicht zu arbeiten! Bei uns kleinen Leuten geht das anders zu, wir müssen alle mit zupacken, wenn wir über die Runden kommen wollen. Sabrina, das solltest du wissen«, brüllte er seine Tochter wütend an.

Er dachte nicht mehr daran, daß seine Frau damals seinetwegen auf ihr Erbe hatte verzichten müssen. Sie war der Stimme ihres Herzens gefolgt und darum von ihrem Vater enterbt worden. Felix Wolter war damals mit allem einverstanden gewesen, weil er in die bezaubernde Liane verliebt gewesen war. Doch heute warf er ihr vor, daß sie einst hätte anders handeln müssen.

»Ich habe es vergessen, daß ich aristokratischer Abstammung bin«, sagte Liane bedrückt. »Trotzdem dulde ich nicht, daß mein einziges Kind Küchenarbeiten macht. Das ist mein letztes Wort.« Unerschrocken sah sie ihren Mann an.

»Das entscheide ich«, warf er wütend ein.

In diesem Moment läutete es an der Etagentür. Liane ging aus dem Zimmer, um zu öffnen. Sie stutzte, als ihr Blick auf einen hochgewachsenen blonden jungen Mann fiel, der sie herzlich anlachte.

»Tag, Tante Liane! Nun sag bloß noch, daß du mich nicht erkennst«, sagte er fröhlich.

»Holger! Mein Gott, du bist es, mein Junge«, freute sie sich und gab die Tür frei. »Komm herein, Holger. Wie schön von dir, daß du dich noch an deine Tante erinnerst.«

Holger Graf von Brunnental betrat die kleine Diele. Er legte seine Arme um seine Tante und zog sie an sich.

»Ich mußte dich einfach sehen, Tantchen«, meinte er lachend und wurde dann ernst. »Du weißt sicher, daß mein Vater vor Wochen gestorben ist?«

»Ja, Holger, ich habe doch mit Sabrina an der Beisetzung teilgenommen. Natürlich blieben wir im Hintergrund. Nun ja, du kennst ja mein Schicksal…« Liane Wolter unterbrach sich, und Tränen stiegen in ihre Augen.

Jetzt wurde die Tür zum Wohnzimmer geöffnet, und Sabrina stand auf der Schwelle. Freudig erregt stieß sie aus: »Holger, du kommst zu uns?«

Der junge Graf gab seine Tante frei, sie war die Schwester seines verstorbenen Vaters, dann sah er Sabrina mit einem strahlenden Blick an und breitete seine Arme aus.

»Sabrina, Liebes, komm an mein Herz!«

Glücklich ließ Sabrina sich umarmen. Sie hatte ihren Cousin drei Jahre nicht mehr gesehen, denn er war lange in Amerika gewesen.

Nachdem sich die beiden jungen Menschen innig begrüßt hatten, hielt Holger das Mädchen ein Stück von sich ab und betrachtete es voller Bewunderung.

»Sabrina, du hast dich ja mächtig gemausert«, entfuhr es ihm. »Mensch, bist du schön geworden«, staunte er. »Als ich dich vor meiner Abreise nach Amerika sah, da warst du noch ein schlaksiges Kind.«

Verlegen lachte Sabrina auf. »Ich bin nicht schöner als andere Mädchen in meinem Alter«, sagte sie bescheiden.

»He, da muß ich dir widersprechen«, protestierte Holger. »Du siehst zauberhaft aus! Es ist eine Sünde, daß du hier in dem kleinen Kaff verkümmerst.«

Liane bat ihren Neffen ins Wohnzimmer. Dort begrüßte der junge Graf den Hausherrn, den er nicht besonders leiden mochte, denn er tyrannisierte seine Familie.

»Ich werde das Feld räumen«, meinte Felix Wolter, der das wußte. »Die feinen Leute haben sich sicher viel zu erzählen«, spottete er und ging hinaus.

Graf Holger hielt ihn nicht zurück. Er ahnte, daß Wolter jetzt wieder in eine Gaststätte gehen würde, um sich Mut anzutrinken. Er war Männern gegenüber feige.

»Setz dich hin, mein Junge«, wies Liane auf einen bequemen Sessel. »Ich kann dir nicht sagen, wie sehr ich mich freue, daß du zu uns gekommen bist. Du weißt ja, daß – meine sonstige Familie mich meidet.« Sie fügte diese Worte bitter hinzu.

»Ich komme direkt aus Amerika«, erzählte der junge Graf und nahm Platz. »Ich wollte eigentlich noch ein Jahr drüben bleiben, aber meine Mutter bat mich in ihrem letzten Brief, zurückzukommen, weil sie allein ist.«

Frau Wolter nickte gedankenverloren. »Ich kann mir denken, daß du jetzt auf dem Schloß gebraucht wirst, Holger.«

Dieser nickte und sah Sabrina fragend an. »Was machst du so, schöne Cousine?«

Sabrina, die am Schrank lehnte, zuckte hilflos ihre Schultern. »Ich bin zur Zeit arbeitslos. Du kannst dir denken, daß Vater mir deswegen ständig Vorwürfe macht. Aber was soll ich denn machen«, seufzte sie.

»Ich werde uns einen Kaffee kochen«, sagte Liane und ging hinüber in die Küche.

»Du hast also die Oberschule nicht besucht?« fragte Graf Holger interessiert. »Sabrina, obwohl du immer gute Noten hattest?«

»Vater hat es nicht erlaubt. Er kommt aus einer Arbeiterfamilie, und wir müssen uns fügen.«

Holger dachte nach und meinte dann sinnend: »Du solltest mit mir ins Schloß kommen. Mutter schrieb mir, daß sie zur Zeit keine Gesellschafterin hat. Sie würde sich bestimmt freuen, wenn du mich zu ihr begleiten würdest. Sie hat dich immer gern gehabt. – Übrigens, weißt du es schon, daß mein Freund Alexander Graf von Roseneck seit drei Jahren Witwer ist?«

Sabrina hob ruckartig ihren Kopf. Sie ging zu Holger und setzte sich ihm gegenüber. »Das wußte ich nicht. Wie schrecklich muß das für das Komteßchen sein. Die Gräfin war eine herzensgute, sanftmütige Frau.«

Holger nickte bekümmert. »Und jetzt schwingt die Baroneß Ursula von Ohlsen auf Roseneck das Zepter. Ich kann mir denken, daß sie Alexander das Leben schwermacht, denn sie ist anders als Ina war. Es ist schon lange bekannt, daß sie dort Schloßherrin werden will. Aber Alexander kann sie nicht ausstehen. Sie denkt doch bloß an sich, deswegen ist sie bei ihm und dem Kind geblieben.«

Ihm kam plötzlich eine fabelhafte Idee. Prüfend sah er Sabrina an. Sein Freund Alexander hatte sie schon immer gern gehabt, wenn sie ihre Ferien auf Brunnental verbrachte.

Vielleicht könnte man dem Schicksal ein wenig auf die Sprünge helfen, überlegte er. Warum soll man nicht dem Glück nachhelfen, wenn es um zwei liebenswerte Menschen geht, die mir nahestehen?

Er blieb vor Sabrina stehen und sah auf sie nieder.

»Was ist, hast du dich entschieden?« fragte er gespannt. »Überlege doch mal, du könntest auf dem Schloß leben, solange du willst. War das nicht immer dein Wunsch, Cousinchen?«

Aufgeregt zog Sabrina an ihrer Zigarette. Im Schloß von Mamas Eltern leben, und ob sie das wollte!

»Ich komme mit«, entschied sie. »O Holger, ich danke dir für den Vorschlag. Nun brauche ich Vater nicht länger auf der Tasche zu liegen. Du, ich freue mich unbändig. Am liebsten würde ich jetzt einen Luftsprung machen. Ich werde dann auch die kleine Michaela sehen. Mit ihr habe ich mich immer gern beschäftigt, wenn wir beide deinen Freund besuchten.« Ihre schönen dunklen Augen strahlten. Sabrina dachte an Alexander Graf von Roseneck, den sie vor drei Jahren zum letztenmal gesehen hatte. Sie hatte eigentlich immerzu an den gutaussehenden Mann denken müssen. Und ihr heimlicher Wunsch war es auch, einem ähnlichen Mann angehören zu dürfen. Doch nun war er Witwer!

Sabrina, halt dein Herz fest, ermahnte sie sich in Gedanken. Alexander ist unerreichbar für dich, denn du bist bloß ein armes Mädchen.

»Prima, Kleines, dann erhebe dich und packe deine sieben Sachen ein«, verlangte der Graf. »Zum Träumen hast du immer noch Zeit genug.«

Sabrina fühlte sich ertappt und senkte schnell den Blick. Sie fürchtete, daß Holger die geheime Sehnsucht in ihren Augen lesen könnte. Sie stand auf und lief zur Tür. Über die Schulter rief sie: »Ich muß Mutti sagen, daß ich dich begleiten werde, sie wird darüber überglücklich sein.«

*

Graf Alexander ging mit seinem Kind und der Dogge Charly spazieren.

Glücklich darüber, mal wieder auslaufen zu dürfen, sprang Charly vor Vater und Tochter her, nun sauste er davon.

»Charly, kannst du denn nicht an meiner Seite bleiben«, tadelte das Komteßchen den Hund. Aber die Dogge schien heute nicht auf ihre kleine Herrin hören zu wollen, denn sie dachte nicht daran zurückzukehren.