Gefühlspolitik - Ute Frevert - E-Book

Gefühlspolitik E-Book

Ute Frevert

3,8

Beschreibung

Zum 300. Geburtstag Friedrichs des Großen am 24. Januar: die Anfänge moderner Gefühlspolitik im aufgeklärten Absolutismus. Durch Liebe, nicht durch Furcht und Gehorsamszwang sollte der König regieren. So bestimmte es die (früh)moderne Staatstheorie. Schon Friedrich II. von Preußen (1712-1786) wusste, dass es nicht ausreicht, über die Körper der Untertanen zu herrschen. Auch ihre Herzen wollen erobert werden. Doch die Geschichtsschreibung berichtet, dass Friedrich der Große weder mild noch sanft mit seinen Untertanen umging. Ute Frevert analysiert das Herrschaftsverständnis Friedrichs ebenso wie dessen gefühlspolitische Praktiken. Sie zeigt, mit welchen Mitteln der aufgeklärt-absolutistische König die Zustimmung und Zuneigung derjenigen suchte, die seiner Herrschaft unterworfen waren. Dieses Interesse machten sich die Untertanen zunutze: Sie stellten Bedingungen, formulierten Erwartungen und reagierten enttäuscht, wenn der König darauf nicht einging. Die Historikerin zeigt, dass Herrschaftskommunikation in zwei Richtungen verläuft, und das nicht erst in der heutigen Mediengesellschaft. Im 18. Jahrhundert entdeckt Frevert die Ansätze einer Gefühlspolitik, die ihre Spuren in der Moderne hinterlassen haben.

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Ute FrevertGefühlspolitik

Ute Frevert

Gefühlspolitik

Friedrich II. alsHerr über die Herzen?

Inhalt

I.   Gefühlspolitik »einst« und jetzt

Eine Anekdote – Drei Geschichten – What’s new? – Die emotionale Wende – Der König als Gefühlspolitiker – Moderne Gefühlspolitik – Definitionen – Anschauungen – Politische Kommunikation als Gefühlsmanagement – Zustimmung und Fügsamkeit – Medien des Emotionalen – Tränen lügen nicht – Politik/Theater – Bürgerliches Trauerspiel und Herrschaftskritik – Idealisierungen – Die Liebe eines Volkes

II.   Formierungen des Gemüts: Die Gefühlserziehung eines Königs

Honnêteté – Sensibilité – Friedrich als homme sensible? – Tugend und Laster der Eroberung – Fegefeuer der Gefühle: Stoa versus Epikur in fatalen Zeiten – Egoismus oder Mitleid – Kann man ein Volk lieben? – Der Fürst als Vater – Gehorsame Maschinen – Der Fürst als impulsion – Wahre und falsche Gefühle – Töne und Stimmungen

III.   Régner sur les cœurs: Gefühlspolitische Praktiken

Liebe statt Furcht – Schein oder Sein – Wovon man nicht reden kann – Der König legt Hand an – Bei den Soldaten – Bittschriften – Schlesische Gunsterweisungen – Advokatendienste – Solennitäten, die die Sinne rühren – Huldigungen – Der königliche Hut – Erhabenheit

IV.   Ob Untertanen ihren König lieben können? Die Perspektive der Bürger

Überlieferungen und ihre Probleme – Herrschaftskommunikation, zweigleisig – Zeitungsschreiber und Schriftsteller – Gesungene Lieder – Die Karschin – Wir männlichen Dichter – Vorteile der Panegyrik – Devotionalien und ihre Produzenten – Noch einmal: Zeremonialdinge und Solennitäten – Der Schmerz des Bäckermeisters – Die Wollust der Bürger – Spiegelungen – Brotgesänge – Patriotismus oder … – … fritzische Gesinnung? – Perspektivenwechsel – Die Produktion der Affecten – Risiken und Chancen des Enthusiasmus – Die schweigende Mehrheit – Der tote König

V.   Widersprüche und Zukunftsentwürfe

Britische Kritik – Technologien der Macht – Patriotismus horizontal/vertikal – Die Verletzlichkeit des Königs – Europäische Gemeinsamkeiten und Unterschiede – Der König als Mensch und Person – Projektionen und Mahnungen – Eine neue Semantik

Anmerkungen

Abbildungsverzeichnis

I.   Gefühlspolitik »einst« und jetzt

Eine Anekdote

»Einst« in Leubusch, »eine Meile bei Brieg«, das heute Brzeg heißt. Friedrich II. ist auf Revuereise. Wie in jedem Jahr besucht er die schlesische Provinz, die er 1740, im ersten Jahr seiner Regierung, überfallen, im Handstreich erobert und annektiert hat. Er erkundigt sich nach Handel und Wandel, spricht mit Landräten, Bürgermeistern und Steuerräten. Im Dorf Leubusch tritt eine Frau auf ihn zu. Sie hat ein dringendes Anliegen: Ihr Sohn soll zum Militär. Als Witwe, erklärt sie dem König, brauche sie den Sohn aber als Arbeitskraft daheim. Die Frau redet schnell, und sie redet polnisch, vielleicht auch das regionale, mit deutschen Einsprengseln versetzte Wasserpolnisch. Friedrich reagiert ungehalten: »Scheert Euch – ich verstehe Euren Mischmasch nicht!« Doch die Bittstellerin lässt sich nicht abspeisen. Sie nimmt all ihren Mut und ihre Deutschkenntnisse zusammen und weist den Monarchen zurecht: »Wenn Ihr wullt sein König unser, müßt sich lern’n pulsch.« Das macht Eindruck: Friedrich winkt einen Dolmetscher herbei, geht der Sache nach – und gibt den reklamierten Sohn frei.1

Drei Geschichten

In dieser Anekdote, einer von Tausenden aus dem Leben des ›großen‹ Königs, bündeln sich viele Geschichten. In einer geht es um die Landnahme einer eroberten Provinz und den Umgang mit ihrer »Mischmasch«-Bevölkerung (wobei sich das Mischmasch nicht nur auf die Sprache bezieht, sondern auch auf die Religionszugehörigkeit: halb protestantisch, halb katholisch). Eine andere handelt von der Beziehung zwischen Friedrich und seinen Untertanen: von seiner Sichtbarkeit und Zugänglichkeit, von ihrer Unerschrockenheit und Chuzpe. Und eine dritte Geschichte ließe sich erzählen über diejenigen, die diese und andere Anekdoten gehört, nacherzählt, aufgeschrieben, publiziert haben, aus verschiedenen Beweggründen und mit wechselnden Absichten.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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