GEGEN UNENDLICH. Phantastische Geschichten – Nr. 11 - Michael J. Awe - E-Book

GEGEN UNENDLICH. Phantastische Geschichten – Nr. 11 E-Book

Michael J. Awe

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Beschreibung

"Eine Menge origineller Ideen, großteils ansprechend bis fantastisch umgesetzt. So sollten Anthologien sein." (standard.at) Eine brandneue Ausgabe der traditionellen eBook-Reihe, diesmal mit einem Schwerpunkt auf Science Fiction. Besonders Freunde von Aliens, Raumschiffen, unendlichen Weiten, verlorenen Paradiesen und halb-virtuellen Welten kommen damit auf ihre Kosten. Außerdem erinnern wir an den nahezu vergessenen Autor von Zukunftsnovellen, Carl Grunert (1865–1918). DIE STORYS Michael J. Awe: "Das Gegenteil der Mozartkugel" Monika Niehaus: "Ein Auge für Details" Peter Nathschläger: "Das Dorf der anderen" Andreas Fieberg: "Rechnung mit einer Unbekannten" Joachim Pack: "Invasion!" Michael J. Awe: "Carl Grunert – Zukunftsnovellen vom Müggelsee" Carl Grunert: "Heimkehr" AUS DEM INHALT Ein Hilferuf erreicht Außerirdische in ihrem Altersdomizil. / Industriell geführte Organfarmen und deren Kollateralschäden. / Die Flucht einer Familie vor einer weltweiten Katastrophe in ein rettendes Dorf am Amazonas, wo manch einer eine rätselhafte Verwandlung erfährt. / Wie sich Reisende durch Raum und Zeit auch nach einem Ausfall der Technik zurechtfinden. / Das Internet der Dinge als mögliches Einfallstor für ungebetene Gäste. / Einem verschlampten Genie werden buchstäblich die Augen geöffnet.

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Seitenzahl: 88

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Table of Contents

Vorwort

Michael J. Awe: Das Gegenteil der Mozartkugel

Monika Niehaus: Ein Auge für Details

Peter Nathschläger: Das Dorf der anderen

Andreas Fieberg: Rechnung mit einer Unbekannten

Joachim Pack: Invasion!

Carl Grunert – Zukunftsnovellen vom Müggelsee

Carl Grunert: Heimkehr

Die Autoren

Die Herausgeber

Vorwort

 

 

Liebe Freunde der phantastischen Literatur,

wir freuen uns, Sie zur mittlerweile elften Ausgabe von GEGEN UNENDLICH willkommen zu heißen!

Zur Feier des kleinen Jubiläums von zehn Ausgaben wird nächstes Jahr eine Sondernummer bei p.machinery publiziert werden. Das Werk wird als Band 56 der AndroSF-Reihe erscheinen und eine Menge von im wahrsten Sinne des Wortes phantastischen Geschichten bringen. Wer bislang noch vor dem digitalen Lesen zurückschreckt oder einfach die Papierform bevorzugt, hat nun die Gelegenheit, in einem wunderbaren Sammelband einen Querschnitt unseres Magazins der letzten drei Jahre zu erhalten.

Mit dieser Ausgabe erwartet Sie aber noch eine weitere Neuigkeit: GEGEN UNENDLICH hat als eBook begonnen und wird auch weiterhin in digitaler Form erhältlich sein. Zusätzlich werden Sie zukünftig aber auch die Möglichkeit haben, das Magazin als Taschenbuch in Händen zu halten. Wir haben im Laufe der Jahre immer wieder Anfragen dazu bekommen und freuen uns, diesem Wunsch ab der Nummer 11 nachkommen zu können; Anfang des nächsten Jahres wird somit die erste reguläre Taschenbuchausgabe erscheinen.

Und noch ein kleiner Hinweis in eigener Sache. Aufmerksamen Lesern wird ein neuer Herausgebername auf dem Cover nicht entgangen sein. Unser Mitherausgeber Michael Blasius hat geheiratet und trägt nun einen neuen Namen.

Als Michael J. Awe liefert er den Einstieg mit seiner Geschichte »Das Gegenteil der Mozartkugel«, in der Außerirdische in ihrem Altersdomizil von einem Hilferuf erreicht werden.

Monika Niehaus führt uns in »Ein Auge für Details« in eine Welt künstlicher Organe, in der Organfarmen eine innovative Branche mit hohem Wachstumspotential darstellen.

In Peter Nathschlägers »Das Dorf der anderen« flüchtet eine Familie vor einer weltweiten Katastrophe in ein rettendes Dorf am Amazonas, von dem bekannt ist, dass dort manch einer eine rätselhafte Verwandlung erfährt.

Andreas Fieberg zeigt in seiner Geschichte »Rechnung mit einer Unbekannten«, wie sich Reisende durch Raum und Zeit auch nach einem Ausfall der Technik zurechtfinden, während Joachim Packs Geschichte »Invasion!« das Internet der Dinge als mögliches Einfallstor für ungebetene Gäste entlarvt.

Schließlich stellt Michael J. Awe den heute fast vergessenen Autor von Zukunftsnovellen, Carl Grunert (1865 – 1918), vor. Als ein Beispiel für Grunerts Schaffen folgt die Geschichte »Heimkehr«, in der dem Protagonisten buchstäblich die Augen geöffnet werden.

Lassen Sie sich gut unterhalten!

Die Herausgeber

Awe / Fieberg / Pack

Bonn, im Dezember 2016

Michael J. Awe

Das Gegenteil der Mozartkugel

 

 

Weißt du, was ich am meisten schätze? Die Sonne! Das Tageslicht! Die frische Luft. Und natürlich die Mozartkugeln. Es hätte uns auch wirklich schlechter treffen können.«

»Ja«, meinte Frank, »wer möchte schon auf dem Mars leben.«

Sie kicherten, wie alte Menschen es tun, und widmeten sich wieder ihrem Damespiel.

Sie saßen vor ihrem Haus in der angenehmen Morgensonne auf der Bank und ließen sich die alten Knochen wärmen. Die drei Männer pflegten fast jeden Morgen so zu beginnen, falls es das Wetter zuließ. Seit acht Erdenjahren lebten sie schon auf diesem Planeten. Es hätte sie wirklich schlechter treffen können.

Ralf, diesen Namen hatte er sich nach ihrer Ankunft ausgesucht, griff sich eine weitere Mozartkugel und schob sich die Süßigkeit in den Mund. »Wunderbar!«, murmelte er, während die obere Schokoladenschicht langsam im Mund zerging. Er war ein kleiner, sehr hagerer Mann, dessen Kopf ein wenig zu groß für den Körper wirkte.

Frank versetzte einen Spielstein und zog an seiner Pfeife, deren Rauch noch auf der Straße wahrzunehmen war, die an ihrem Grundstück vorbeiführte.

Der Dritte im Bunde, der sich den Namen Christian gegeben hatte, saß neben dem Brett, lehnte den Rücken an die warme Hauswand und blinzelte schläfrig in die Morgensonne.

Ralf betrachtete die Spielsteine, beugte sich nach vorne und entdeckte einen vielversprechenden Spielzug. »Ein, zwei, drei«, sagte er bei jedem weißen Stein, den er mit seinem übersprang. Zufrieden nahm er die geschlagenen Steine vom Brett.

Frank blies den Rauch aus und kratzte sich die Stirn. Sie alle hatten die Gestalt von älteren Männern angenommen, sie fanden das aus einem Sinn für Kongruenz heraus angemessen, schließlich waren sie nun mal alt. Aber es gab noch einen weiteren, entscheidenden Vorteil: als alter Mensch fiel man weniger auf. So wurde so manche Unwissenheit während ihrer Eingewöhnungsphase auf diesem Planeten als Schrulligkeit abgetan und nicht weiter beachtet. Manchmal wurde es auch für etwas gehalten, was man als Demenz bezeichnete. Es war eine praktische Tarnung.

»Was ist heute für ein Tag?«, fragte Christian.

»Mittwoch«, antwortete Ralf, der sich konzentriert über das Spielbrett beugte.

Frank schob sich die Pfeife in den Mundwinkel. »Was überlegst du?«, fragte er Christian, der zu grübeln schien. »Heute ist Mittwoch, und wie jeden Mittwochmorgen wird gleich die Müllabfuhr kommen, quietschend vor unserem Haus halten, die Mülltonne leeren, die Katze erschrecken und dann zu den Nachbarn weiterschippern.«

Christian seufzte und kramte einen Stift aus seiner Tasche. »So viel Aufwand, ich werde es nie verstehen.« Er lehnte sich etwas zur Seite, so dass er durchs Küchenfenster gucken konnte, und richtete seinen Stift in das Innere des Raumes. Die Spitze des Stiftes, die vorher wie ein ganz normaler Kugelschreiber ausgesehen hatte, begann rot zu leuchten. Aus der Küche war das leise Klappen des Mülleimerdeckels zu hören, als sich der volle Müllbeutel dematerialisierte.

»Er hat es schon wieder getan«, murmelte Frank mit auffällig ruhiger Stimme, dass Ralf vom Spielbrett aufblickte. »Waren wir uns nicht darüber einig, dass wir auf derlei verzichten. Wir sind auf der Erde, wir sehen aus wie Menschen, wie leben wie Menschen und wir sollten uns auch wie Menschen verhalten.« Christian wollte etwas sagen, doch Frank hob seinen langen Finger. »Dass Benutzen eines Querks fällt garantiert nicht unter menschliche Verhaltensweisen! Wir haben ihn nur für den Notfall aufgehoben. Für den Notfall. Ich glaube kaum, dass das Rausbringen eines Müllbeutels als Notfall zählt. Oder bist du da anderer Meinung?«

Christian, dessen Glatze eine rötliche Farbe angenommen hatte, winkte ab. »Ich verstehe noch immer nicht, was daran schlimm sein soll. Wozu haben wir den Querk denn, wenn wir davon nicht ein wenig Gebrauch machen. Schließlich schadet es doch niemandem.«

»Aber es ist nicht richtig!«, fuhr Frank auf. »Der Querk passt weder in diese Zeit noch in diese Welt. Du kommst mir vor wie ein Schauspieler, der den Hamlet gibt und eine Jeanshose trägt. Es ist einfach falsch.«

Ralf konzentrierte sich wieder auf die Stellung der Spielsteine und ließ die beiden ihren Disput ausfechten. Seit ihrer Ankunft war die Verwendung des Querk ein Streitpunkt zwischen Frank und Christian und es sah nicht so aus, als würden sie irgendwann zu einer Lösung kommen. Er hatte sogar den Eindruck, dass ihre Streitgespräche ein Zeichen von Wohlbefinden darstellten, dem sie mit Genuss nachgingen. Und da es gleichzeitig niemals zu ernsthaften Verstimmungen kam, nahm Ralf es gelassen hin.

Er erhob sich, während die beiden weiter disputierten, und ging langsam über den Rasen. Das Gras unter seinen Sohlen war weich und glitzerte noch vom nächtlichen Tau. In der Mitte des Gartens stand ein alter Apfelbaum, dessen Äste voller Früchte hingen. Der Baum trug so viel, dass sie drei gar nicht mit dem Essen hinterherkamen. Von einer Nachbarin hatte sich Ralf daher im letzten Herbst in das Geheimnis des Einkochens einweihen lassen, bevor die eingelagerten Äpfel im Keller überhandnahmen. Nun stand im Keller ein Regal mit frischen Einmachgläsern, die er dachte, alle nach und nach zu füllen. Apfelkompott, dachte er, noch so eine feine Erfindung der Menschen.

Er nahm einen der Äpfel auf, putzte ihn an seinem Pullover ab und biss hinein. Kauend stand er eine Weile da und sah die Straße hinunter. In der Ferne bog der Müllwagen um die Ecke und fuhr klappernd die Straße hinunter. Schon von weitem schien er den Geruch seiner Fracht mit sich zu bringen. Ralf hob die Hand zum Gruß, als einer der Müllmänner vom Wagen sprang und ihre Tonne ergriff, und machte sich dann daran, die restlichen Äpfel vom Boden aufzulesen. Als er sich wieder erhob, erstarrte er.

Der Ankömmling, der in ihrem Gartentor stand, hatte die Gestalt eines jungen Mannes angenommen, aber Ralf erkannte ihn sofort. Der Mann betrat den gepflasterten Weg und kam mit etwas unbeholfenen Bewegungen auf sie zu, als würde er sich nicht wohl in seiner Haut fühlen. Obwohl die Kleidung der aktuellen Mode entsprach und ihm wie angegossen saß, wirkte er wie verkleidet.

Ralf presste die aufgelesenen Äpfel an seinen Bauch. Er warf einen Blick zu den anderen herüber, die ebenfalls erstarrt waren und den Ankömmling betrachteten.

Langsam überquerte Ralf die Wiese und ließ den anderen nicht aus den Augen. Es war so lange her, dass er einen der ihren gesehen hatte. Nie hätte er gedacht, jemals wieder einen Sternenfahrer wiederzusehen. Damit hatte er abgeschlossen, als sie sich damals auf diesem Planeten materialisiert und einen Blick zum Himmel geworfen hatten, wo sich ihr Schiff befinden musste, bevor es wieder den Orbit verließ.

Soweit er wusste, war so etwas noch nie vorgekommen.

Eine Weile standen sie sich schweigend gegenüber und sahen sich an.

Schließlich atmete der Ankömmling hörbar aus und vollführte eine Geste des Grußes ersten Grades, soweit er dazu mit den eingeschränkten Möglichkeiten seiner neuen Gliedmaßen imstande war. »Wir grüßen die, die wir zurückgelassen haben …«

Tatsächlich, fiel es Ralf ein, gab es auch für diese Situation eine entsprechende rituelle Formel. Er legte die Äpfel auf den Tisch und vollführte eine ebenso unbeholfene Geste. »Setz dich!«, murmelte er und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. Die anderen schwiegen.

Der junge Mann zögerte, sah sich eine Weile um und setzte sich dann umständlich auf die Bank neben Christian. Man sah ihm an, dass er sich das erste Mal in seinem Leben setzte.

Als der Besucher lächelte und schwieg, erinnerte sich Ralf daran, dass es jetzt an ihm war, einige Höflichkeitsfloskeln auszutauschen. Was macht er hier?, dachte Ralf. Die plötzliche Ankunft des Sternenfahrers hatte ihn regelrecht vor den Kopf geschlagen.

»Ich nehme an«, sagte Ralf langsam, »ihr wart grad in der Nähe?«

Der Sternenfahrer rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. »Unser Schiff befindet sich im Orbit des Planeten.«

Automatisch blickten sie alle zum Himmel auf, als ob sie das riesige Sternenschiff dort mit bloßem Auge sehen könnten. Franks Pfeife war mittlerweile ausgegangen und in Christians Gesicht glomm ein merkwürdiger Ausdruck, während er mechanisch mit dem Querk auf der Tischplatte spielte.

»Nein«, sagte der Sternenfahrer nach einem kurzen Zögern. »Ihr versteht nicht. Unser Schiff wird den Orbit nicht mehr verlassen können. Nicht, wenn ihr uns nicht helft.«