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Michael J. Awe

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Beschreibung

Man nennt das Gebiet nur den Komplex. Die Menschen leben, arbeiten und sterben im Komplex. Auch Ibrahim Noll ist einer von ihnen. Bis er eines Tages eine junge Frau trifft, die regungslos an der Autobahn steht. Ein kurzes Gespräch mit Folgen. Erst spät stellt Noll fest, wer die junge Frau wirklich ist.

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Michael J. Awe

Der Komplex

Dystopische Erzählung

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

DER KOMPLEX

 

 

Die breiten schwarzen Straßen durchzogen den Westen und führten schnurgerade zu den Fabriken, die unter dem dichten Qualm ihrer Schornsteine lagen. Jeden Morgen drängten sich hunderttausende Wagen auf den Asphalt, reihten sich ein in den maschinellen Pulsschlag der Region, die man nur den Komplex nannte. Der Lärm von Motoren und Reifen erfüllte die Gegend, sickerte mit den Abgasen in die Wohnungen der Menschen und ließ das Blut ihrer Bewohner den Geruch nach Benzin und Diesel annehmen. Feinster Staub füllte die Lungen und die Fenster der Häuser waren grau.

Der Komplex hatte sich im Laufe der Jahre immer weiter ausgedehnt, sein Betonnetz ergoss sich von Stadt zu Stadt, umschloss Dörfer und Ortschaften, und verband alles und jenes mit den Fabriken im Westen. Hier wurden die Autos hergestellt, für die das Land in der ganzen Welt berühmt war und die den Stolz der gesamten Nation darstellten. Bahntrassen führten in alle Himmelsrichtungen, auf denen lange Züge die blitzenden Karosserien mit sich nahmen, Kinder winkten ihnen nach und die Erwachsenen bekamen leuchtende Augen. Die meisten Wagen wurden ans Meer hoch im Norden gebracht und dort auf Containerschiffe geladen, um nach Übersee verschifft zu werden.  

Ibrahim Noll starrte auf die roten Rücklichter seines Vordermannes und lauschte der Stimme des Autoradios, die mit künstlicher Munterkeit in den Innenraum rieselte. Nachrichten, gefolgt vom Wetterbericht und den aktuellen Ereignissen der Region. In den Verkehrsnachrichten tauchten die Namen von Dörfern und Städten auf, die er nur vom Vorbeifahren kannte, kaum mehr als ein paar Lichter in der Morgendämmerung, bevor er wieder an ihnen vorüber war. Die Bremslichter des Vordermannes leuchteten. Noll trat auf die Bremse, blickte in den Rückspiegel, ob Platz zum Überholen war, aber auf der Nebenspur war keine Lücke auszumachen. Als sich der Verkehr auf seiner Spur beschleunigte, gab er Gas. 05:45 Uhr. Er lag gut in der Zeit. 

Die reflektierenden Pfosten am Straßenrand flogen an ihm vorbei. Er ließ das Lenkrad los, um nach der Zigarettenschachtel auf dem Beifahrersitz zu greifen. Ohne den Verkehr aus den Augen zu lassen, steckte er sich eine Zigarette zwischen die Lippen und zündete sie mit dem Zigarettenanzünder des Autos an. Noll nahm mehrere tiefe Züge und ließ den Qualm langsam durch die Nase entweichen. Die Stimme im Radio berichtete von einem Verkehrsunfall einige Kilometer hinter ihm. Er war froh, die betroffene Stelle schon passiert zu haben. Der Stau an der Unfallstelle wurde mit einem Zeitverlust von 30 Minuten beziffert.

Vor ihm reduzierten die Wagen ihre Geschwindigkeit und er drückte den Fuß auf das Bremspedal, leise fluchend, da er einen weiteren Unfall befürchtete. Erst gestern hatte er eine dreiviertel Stunde im Stau festgehangen.

Noll richtete sich im Sitz auf, musterte konzentriert die Strecke vor sich. Die Scheinwerfer der Autos durchschnitten die Dunkelheit des frühen Tages, ließen die Verkehrsschilder einen Moment lang aufleuchten. Überall glühten rote Bremslichter auf und die Geschwindigkeit fiel unter 100 km/h, während die Wagen eine Pannenbucht passierten. Wie alle zehn Kilometer vergrößerte sich der schmale Streifen am rechten Fahrbahnrand, sodass selbst breite PKWs problemlos darauf halten konnten.

Ungläubig riss Noll die Augen auf.