Geht's noch, Deutschland? - Claus Strunz - E-Book

Geht's noch, Deutschland? E-Book

Claus Strunz

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Beschreibung

Ob Gerichtsurteil oder politische Entscheidung, ob Energiewende oder Flüchtlingspolitik, ob Europäische Union oder Berliner Stadtbezirk, ob Kanzleramt oder Rathaus – in den letzten Jahren sorgte eine Fülle von Maßnahmen, Entscheidungen, Institutionen und Amtsträgern dafür, dass sich immer mehr Menschen bewusst oder unbewusst die gleiche Frage stellten: "Geht's noch?" Mit dieser bewusst zugespitzten Formulierung greift Journalist Claus Strunz die aktuelle Stimmung in Deutschland auf. Er benennt Probleme und ihre Ursachen, er kommentiert Missstände und Abenteuerlichkeiten, die sich die deutsche Politik in den letzten Jahren geleistet hat, und versucht, Probleme neu zu denken und zu lösen. Die schlimmsten Fehler, die unser Land lähmen – und wie es wieder besser wird.

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CLAUS STRUNZ

Geht’s noch,

DEUTSCH

LAND?

Die schlimmsten Fehler, die unser Land lähmen – und 20 Ideen, wie es wieder besser wird

 

 

 

Copyright 2018:

© Börsenmedien AG, Kulmbach

Cover- und Layoutgestaltung: Holger Schiffelholz

Coverfoto: Claudius Pflug

Satz und Herstellung: Daniela Freitag, Martina Köhler

Redaktion: Eduard Wolter

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86470-596-0

eISBN 978-3-86470-597-7

Alle Rechte der Verbreitung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Postfach 1449 • 95305 Kulmbach

Tel: +49 9221 9051-0 • Fax: +49 9221 9051-4444

E-Mail: [email protected]

www.plassen.de

www.facebook.com/plassenverlag

INHALT

Vorwort

1. Geht’s noch? –Wir lassen unsere Demokratie verkümmern

1 Das System Angela Merkel – oder: Die Pervertierung der demokratischen Idee

2 Frank-Walter Steinmeier – oder: Das arrogante Wahlverfahren zum Bundespräsidenten

3 Wenn nur noch Reiche und Gebildete wählen – oder: Die große Angst der Politelite, dass wirklich jeder Mensch seine Stimme abgibt

DEMOKRATIE – SO GEHT’S, DEUTSCHLAND!

2. Geht’s noch? –Wir sind kein „Team Deutschland“ mehr

1 Das Jogi-Prinzip – oder: Unser verlorenes WIR-Gefühl

2 Der Weg zu einem „Patriotismus 5.0“. Gemeinsamkeit verordnen – oder: Wer freiwillig nicht will, muss müssen

3 Trennendes abschaffen – oder: Deutscher Staatsbürger ist man ganz oder gar nicht

TEAM DEUTSCHLAND –SO GEHT’S, DEUTSCHLAND!

3. Geht’s noch? –Wir lassen die falschen Einwanderer ins Land

1 Millionen Menschen sind eingereist, aber: Wer gehört zu Deutschland?

2 Wichtige Schritte zur richtigen Einwanderungspolitik: So wird Deutschland stark und bunt, ohne dass es den Deutschen zu bunt wird

EINWANDERUNG – SO GEHT’S, DEUTSCHLAND!

4. Geht’s noch? –Wir sind nicht mehr das Land der Dichter und Denker

1 LOVL-Republik Deutschland: „Ich unterrichte Englisch, obwohl ich gar kein Englisch kann“

2 Alle reden über bessere Bildung, aber wir lassen unsere Schulen verfallen und die Lehrer im Stich

3 Brücken, Straßen, digitale Autobahnen: Deutschland holpert von Baustelle zu Baustelle

DICHTER & DENKER – SO GEHT’S, DEUTSCHLAND!

5. Geht’s noch? –Wir machen es unseren Feinden zu bequem

1 Kampfzone Chemnitz oder: Das Schaulaufen der Feinde Deutschlands

2 Die Täter, die Wut und das Staatsversagen

3 Extreme von rechts und links: Die Ränder lassen die Mitte verschwinden

4 Alle auf die Juden: Der neue, gefährliche Dreifach-Antisemitismus

5 Der bröselnde Rechtsstaat: Zu langsam, zu schwach, zu milde

6 Wehrlose Demokratie? Die deutsche Tendenz zur Unterwerfung

GEGEN UNSERE FEINDE –SO GEHT’S, DEUTSCHLAND!

Nachwort

Quellen

Vorwort

Na, Sie trauen sich ja was!

Denn was Sie hier lesen, stammt nicht von irgendeinem harmlosen Sachbuchautor, feingeistigen Feuilletonisten oder polternden Fernseh-Fuzzi. Nein, was Sie hier lesen, schreibt „der gefährlichste Journalist Deutschlands“. Der „Scharfmacher“ und „widerliche Hetzer“, das „Maskottchen der AfD“. Der „Spalter“, „Rechtspopulist“ und „Brandstifter“.

Die Tonlage derer, die sich mit meiner Arbeit als Journalist befassen, verschärft sich deutlich. Offenbar gibt es in Deutschland doch etwas, was noch schlimmer ist und noch härter bekämpft werden muss als der Anschein, rechts zu sein. Und zwar: Recht zu haben!

Als Erster habe ich schon unmittelbar nach den massenhaften Straftaten auf der Kölner Domplatte in der Silvesternacht 2015/16 klar und deutlich darauf hingewiesen, dass diese Taten – Gruppen von Männern bedrängen, beleidigen, begrapschen und vergewaltigen Frauen – natürlich etwas mit dem kulturellen Hintergrund und dem von Besitzstand und Unterordnung geprägten Frauenbild der Täter, fast alle Nordafrikaner, zu tun haben. Der Aufschrei war groß: Das dürfe man nicht sagen, es stigmatisiere eine Gruppe von Menschen und sei daher rassistisch. Heute ist meine Analyse aufgrund der erdrückenden Faktenlage herrschende Auffassung.

Nachdem in Freiburg die Studentin Maria L. von Hussein K. vergewaltigt und getötet worden war – der Fall machte bundesweit Schlagzeilen –, fragte ich in einem Kommentar: „Wie viele Hussein K.s sind noch in Deutschland?“ Ich meinte damit: allein eingereiste, junge Männer, von denen der deutsche Staat weder weiß, wer sie sind noch wo sie leben oder gar was sie vorher in der Heimat gemacht haben, darunter auch bereits straffällig gewordene Asylbewerber ohne Bleiberecht. Bei Hussein K. konnte nicht einmal das Alter festgestellt werden. Und ja, natürlich schwang auch mit: Wie viele potenzielle zusätzliche Vergewaltiger und Mörder sind wohl eingereist? Diesmal hieß es, ich würde damit alle Flüchtlinge zu Mördern und Frauenschändern erklären. Das ist natürlich Unsinn – und heute, viele furchtbare Straftaten später, die von Tätern mit ähnlichem Profil begangen wurden, hat sich nicht nur die Aufregung über meine Frage gelegt –, heute erkennt jeder an, dass ein Staat, der massenhaft Menschen einreisen lässt, ohne zuvor ihre Identität zu klären, sich grob fahrlässig verhält. Die Angehörigen von Opfern würden das vermutlich sogar noch schärfer formulieren.

Und drittens habe ich sehr früh immer wieder darauf hingewiesen, dass Mitgliedsländer eines Staatenbundes, der seine Außengrenzen nicht schützen kann – die EU versagt bis heute in dieser zentralen Frage –, ihre Landesgrenzen besser schützen müssen. Das wiederum wurde als Anfall von Nationalismus bewertet, der sich in einem ernst gemeinten gemeinsamen Europa nicht schicke, ja geradezu verwerflich sei. Inzwischen folgt ein Staat nach dem anderen dieser Überzeugung – weil sie vernünftig ist.

Und jetzt habe ich, der sogenannte „rechte“ Recht-Haber, also auch noch ein Buch geschrieben!

Um es gleich vorweg zu sagen: Ich halte Deutschland für das schönste Land der Welt.

Natürlich gibt es auch anderswo schöne Landschaften, Städte mit hoher Lebensqualität, Staaten mit funktionierenden Sozialsystemen. Aber wenn man alles zusammennimmt, dann kommt kein Land an das unsere heran.

Deutschland hat Gebirge und Meer, Sonne und Schnee. Der Wechsel der Jahreszeiten hat seit jeher deutsche Dichter romantisch werden lassen und auch ohne umfassende Kenntnis von Literatur fühlen sich Frühling, Sommer, Herbst und Winter besser an als ewige Hitze oder dauerndes Eis. Wenn ich mit meinen Töchtern wandern oder gar wild zelten gehen wollte, müssten wir uns nicht vor Giftschlangen oder Raubtieren fürchten. Es gibt keine Erdbeben und überhaupt sind Naturkatastrophen selten, was das Leben hier sicherer und unbeschwerter macht.

Wenn wir auf der Straße ohnmächtig werden, ist in wenigen Minuten ein Rettungswagen zur Stelle. Die Sanitäter bringen einen ins Krankenhaus, wo man umfassend behandelt wird, selbst wenn man keine Krankenversicherungskarte dabeihat. Auch nach Kreditkarte und Vorkasse fragt erst einmal niemand. Und wenn einmal alles schlecht läuft im Leben – Krankheit, Scheidung, Job weg –, dann greifen in aller Regel die sozialen Sicherungssysteme, jedenfalls besser als in nahezu allen anderen Staaten dieser Erde, wo es so etwas für uns Selbstverständliches auch im Jahr 2018 noch gar nicht gibt.

Das alles macht Deutschland sehr attraktiv. Für alle, die das Glück hatten, hier geboren worden zu sein. Aber auch für Menschen, die in anderen Ländern in weniger guten Verhältnissen leben.

Unser politisches System, also die Idee, dass wir Repräsentanten wählen, die dann in unserem Auftrag und Namen Entscheidungen treffen, hat von allen politischen Systemen die wenigsten Schwächen – solange es von den Politikern mit Leben erfüllt und nicht zum Selbstzweck missbraucht wird. Die Gliederung in Bund, Länder und Gemeinden mit klar verteilten Aufgaben hat sich über Jahrzehnte bewährt – auch wenn das immer schon langsamer und behäbiger war als zentralisierte Systeme. Genauer gesagt ist das sogar der Sinn: mit Bedacht abgewogene, möglichst viele Interessen berücksichtigende Entscheidungen statt Schnellschüsse mit weitreichenden Folgen, Rücksicht auf regionale Unterschiede, Vielfalt statt Einfalt, unterschiedliche Herangehensweisen statt Gleichmacherei.

Das alles macht diese Bundesrepublik stark. Ganz unabhängig davon, wer gerade regiert, ob also die Alltagsprobleme und die Herausforderungen der Zukunft eher von links oder eher durch die konservative Brille betrachtet und bearbeitet werden.

Wer das alles grundsätzlich infrage stellt oder alles grundsätzlich schlechtredet, wer also das System an sich für falsch hält, geht einen Schritt zu weit. Und auch dieses Buch stellt nicht die Frage nach dem Grundsätzlichen. Es will vielmehr aufzeigen, dass all das, was uns an Deutschland gefällt, was uns wichtig ist, wofür wir stehen und einstehen – dass all das in Gefahr gerät, wenn wir nicht endlich entschlossen damit beginnen, es zu verteidigen.

Die Warnzeichen sind nicht mehr zu übersehen. Viel zu viele Politiker erreichen die Bürger nicht mehr und immer mehr Bürger halten die wichtigsten Politiker des Landes für abgehoben. Den einen gehen zu oft und zu schnell die Argumente für ihr Handeln aus und bei den anderen wächst das Misstrauen, ob ihre Interessen überhaupt noch gewahrt werden. Wenn also der Vertrag, der vorsieht, dass die einen die Anwälte der anderen sind, nicht mehr ganz selbstverständlich für beide Seiten gilt – dann droht das gesellschaftliche Miteinander ins Wanken zu geraten. Der Frust, der aus Horst Seehofer sprach, als er am Tiefpunkt des Asylstreits mit Angela Merkel im Sommer in der Süddeutschen Zeitung formulierte, „Ich lasse mich nicht von einer Kanzlerin entlassen, die nur wegen mir Kanzlerin ist“, hat – so scheint es – breite Schichten der Bevölkerung erreicht: Sie wollen sich auch nicht mehr von Abgeordneten vertreten lassen, die ohne ihre Stimmen gar nicht Abgeordnete wären.

Seit Ende 2015 hat sich diese Entwicklung beschleunigt. Immer öfter haben Polizisten und Krankenschwestern, Verkäuferinnen und Sachbearbeiter, Reinigungskräfte und Supermarktkassierer – also die Leistungsträger dieses Landes – das Gefühl, dass Landtags- und Bundestagsabgeordnete, Ministerinnen und Minister und auch die Bundeskanzlerin sich nur noch um sich selbst drehen. Dass sie ihren Teil der Leistung schuldig bleiben, anders als die, die jeden Tag von morgens bis abends in Büros, Altenheimen und Fabriken zum Wohlstand aller beitragen. Dass sie die Sicherheit im Inneren nicht ausreichend gewährleisten, die Grenzen nicht richtig schützen, Schulen und Straßen verkommen lassen und sich vornehmlich um ihr eigenes Auskommen im Alter kümmern, nicht aber um das der Bürger. Und ja, auch das: Dass sie sich mehr um Europa und die Welt kümmern als um Deutschland.

Es verfestigt sich immer schneller und befeuert durch immer neue Beispiele der Eindruck, dass Macht und Arroganz noch näher zusammengerückt sind, als sie das immer schon waren. Denn wer in den zentralen Gegenwarts- und Zukunftsfragen des Landes und den anstrengenden Themen der täglichen Debatte nicht gut und richtig findet, was der Kreis der etablierten Politik beschließt, der wird allzu oft von oben herab als „zu dumm“ oder „zu rechts“ abgestempelt und nicht ernst genommen oder, noch schlimmer, ignoriert.

„Was irritiert, provoziert und die eigenen Denkgewohnheiten herausfordert, wird nicht energisch bekämpft, sondern ganz leidenschaftslos von der Diskussion ausgeschlossen.“ So hat Thomas Ribi das Phänomen in einem bemerkenswerten Aufsatz in der Neuen Zürcher Zeitung beschrieben. Und weiter, ebenso scharfsinnig: „Selbstverständlich nicht, ohne dass man vorher ein passendes Etikett aufkleben würde. Schließlich will man wissen, in welche Schmuddelecke man die Geister bannt, die den häuslichen Frieden stören: neoliberal, populistisch oder reaktionär.“ Man ist geneigt, für Deutschland noch die Begriffe „Rassist“ und „Nazi“ zu ergänzen. Letzterer wird inzwischen so inflationär und immer häufiger in falschen Zusammenhängen verwendet, dass er seinen berechtigten Schrecken womöglich schon bald verliert. Mit all dem nimmt Deutschland an einer entscheidenden Stelle Schaden. Denn auf diese Weise bleibt ein wichtiger Teil einer funktionierenden Debattenkultur auf der Strecke: die abweichende Meinung.

Im TV-Duell zwischen Angela Merkel und Martin Schulz, das ich zusammen mit Sandra Maischberger, Maybrit Illner und Peter Kloeppel moderiert habe, wollte ich von der Bundeskanzlerin wissen: „Wann sind diese Leute weg?“ Gemeint waren Asylbewerber, deren Antrag abgelehnt wurde, Menschen also, die Deutschland verlassen müssen. Eine vollkommen legitime Frage, formuliert so, dass jeder Mensch, egal welchen Schulabschluss er hat, verstehen kann, was gemeint ist. Den Kritiker des sehr linken Magazins Freitag hat meine Rhetorik an die Adolf Eichmanns erinnert, also an Sätze des Mannes, der die Transporte von Millionen Menschen in die Konzentrationslager der Nazis organisiert hat. Die Textpassage ist immerhin inzwischen gelöscht.

Andere erkannten in mir eine Gefahr für die Demokratie, einen Wegbereiter des Rechtsradikalismus und – vielen Dank für das Attest so großer Machtfülle – denjenigen, der der AfD bei der Bundestagswahl zu fast 13 Prozent der Wählerstimmen verholfen habe. Das alles lässt sich heute noch recht schnell zusammengoogeln.

Dabei habe ich meinen Standpunkt in der bürgerlichen Mitte, getragen von der auf Vernunft gründenden Überzeugung, dass Freiheit ohne Sicherheit nicht möglich ist, nie verlassen. Politik und Medien sind allerdings – Hand in Hand, was vor allem dem eigentlichen Kontrolleur kein besonders gutes Zeugnis ausstellt – in den vergangenen drei Jahren nach links an mir vorbeigezogen.

Bürger, die Sorgen haben, werden von den Repräsentanten der einstmals großen Volksparteien nicht gehört oder zu wenig beachtet. Journalisten, die aussprechen, was die Bürger umtreibt, werden sofort – siehe oben – in eine Schmuddelecke gedrängt. Damit sollen sie mundtot gemacht und vom öffentlichen Diskurs ausgeschlossen werden. Das ist eine gefährliche Form der Wirklichkeitsverweigerung, deren Folgen noch gar nicht in vollem Umfang abzusehen sind. Die Erosion der einstigen Volksparteien auf 20-Prozent-Niveau ist womöglich nur ein Vorbote einer viel gravierenderen Entwicklung. Dass sich bei Kommunalwahlen zum Teil nur 30 Prozent der Bürger beteiligen und bei Landtagswahlen weniger als 50 Prozent, gibt Anlass zu großer Sorge. Selbst im Oktober 2018 in Bayern, wo es um sehr viel ging, machte mehr als ein Viertel der Wähler nicht mit, in Hessen beteiligten sich nur 67,6 Prozent. Und wenn es zur Bundestagswahl geht, haben wir uns längst an Werte von nur 70 Prozent Wahlbeteiligung gewöhnt.

Deshalb ist genau jetzt der richtige Moment, um laut und deutlich und wiederum für jedermann verständlich zu sagen: Geht´s noch, Deutschland?

Mir ist unser Land wichtig, es hat mir viel gegeben – vor allem die Möglichkeit, frei zu leben und zu arbeiten. Ich will helfen, dass dies alles für meine und alle anderen Kinder erhalten werden kann, damit sie die gleichen Möglichkeiten und Chancen haben. Deshalb mische ich mich seit Jahren in die Debatte um Griechenland-Hilfen, Zuwanderung, Bildungsmisere und soziale Gerechtigkeit ein und lasse mich, wenn es nicht anders geht, dafür öffentlich verprügeln. Ich erhebe meine Stimme, wenn wie in Chemnitz zu schnell geurteilt und verurteilt wird und wenn fähige Fachleute wie der Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen erst verbal hingerichtet und dann „wegbefördert“ werden. Das alles tut man nur, wenn einem etwas am Herzen liegt, für ein Land, das man liebt, und für die Menschen, die hier leben und denen es weiterhin gut gehen soll. Deshalb habe ich dieses Buch geschrieben.

Es ist meine Form des „J’accuse …!“.

Ja, ich klage an – und zwar jeden, der glaubt, es könne alles einfach so weitergehen, der sich in Gleichgültigkeit flüchtet, ins warme Nest der Selbstzufriedenheit, der Machtmissbrauch oder unterlassenen Machtgebrauch duldet. Nein, ich glaube nicht, dass ganz Deutschland verrückt geworden ist. Aber ich bin sicher, dass es an der Zeit ist, in vielen Bereichen umzudenken.

Deutschland gleicht in der selbstverliebten und arroganten Art weiter Teile seiner Eliten derzeit nämlich einem Flugzeug, das in Frankfurt gestartet ist und in sechs Stunden in New York sein will, aber nur für vier Stunden getankt hat. In den ersten vier Stunden fühlt sich alles noch wie immer an. Es gibt zu essen und zu trinken, die Filme laufen, die Besatzung ist gut gelaunt. Man vergewissert sich gegenseitig, dass alles wunderbar ist: Ja, die Wirtschaft läuft, die Arbeitslosenquote ist so niedrig wie nie, die Exporte sind nach wie vor hoch. Aber nach drei Jahren Verunsicherungspolitik haben wir Flugstunde drei erreicht. Wir befinden uns noch in der gewohnten Reiseflughöhe, aber der Crash kommt näher, wenn wir uns nicht endlich ehrlich eingestehen: Wir müssen schnell notlanden. Wir brauchen neuen Sprit! Wir müssen auftanken und den Flieger generalüberholen.

Wenn wir all die eingangs erwähnten Schönheiten und Besonderheiten unseres Landes nicht nachhaltig gefährden wollen, müssen wir endlich aufhören, so zu tun, als scheine noch die Sonne über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. In allen drei Bereichen sind Stürme aufgezogen: die großen Migrationsbewegungen, weltweite Handelskriege, die Digitalisierung, Fragen zu Umwelt und Verteidigung, ein längst nicht mehr einiges Europa, der Totalschaden der deutschen Automobilindustrie, gescheiterte Integrationsbemühungen und unser brüchiges Selbstbildnis: Wer waren und wer sind wir? Und noch viel wichtiger: Wer wollen wir als Deutsche in Zukunft sein?

Die unbequemen Fragen lauten: Warum reden im einstigen Land der Dichter und Denker alle über Bildung, aber gleichzeitig lassen wir unsere Schulen verfallen? Warum haben wir so viel Angst vor Neuanfängen? Warum ruhen wir uns so lange auf früheren Erfolgen aus? Warum haben wir verlernt, andere Meinungen ernst zu nehmen und zu tolerieren? Warum lassen wir uns ausnutzen und kämpfen nicht beherzt um unsere Interessen?

Es müsse ein „Ruck“ durch Deutschland gehen, hat Bundespräsident Roman Herzog 1997 gefordert, als er unser Land in einer mentalen Krise wähnte. In seiner Rede im Hotel Adlon in Berlin erinnerte er an den legendären US-Präsidenten John F. Kennedy, der einmal gesagt hat: „Unsere Probleme sind von Menschen gemacht, darum können sie auch von Menschen gelöst werden.“ Und Herzog formulierte weiter: „Das gilt auch für uns Deutsche. Und ich glaube daran, dass die Deutschen ihre Probleme werden lösen können. Ich glaube an ihre Tatkraft, ihren Gemeinschaftsgeist, ihre Fähigkeit, Visionen zu verwirklichen. Wir haben es in unserer Geschichte immer wieder gesehen: Die Deutschen haben die Kraft und den Leistungswillen, sich am eigenen Schopf aus der Krise herauszuziehen – wenn sie es sich nur zutrauen.“

Dieses Buch will Denkanstöße dafür liefern – 20 Ideen, wie wir unser gelähmtes Land wieder nach vorne bringen können. Und wer weiß: Vielleicht ist der ein oder andere Vorschlag, der hier genannt wird, schon bald Teil eines Aufbruchs, wie wir ihn seit der Agenda 2010 des Bundeskanzlers Gerhard Schröder nicht mehr gesehen haben. Und womöglich inspiriert mancher Gedanke auch die Nachfolgerin oder den Nachfolger von Angela Merkel im Amt des CDU-Parteivorsitzenden dazu, neue Wege einzuschlagen.

„Wir müssen den Mut aufbringen, in unserem Land jetzt die Veränderungen vorzunehmen, die notwendig sind, um wieder an die Spitze der wirtschaftlichen und der sozialen Entwicklung in Europa zu kommen“, hat Schröder in seiner Regierungserklärung zur Agenda 2010 gesagt.

Es ist Zeit für eine neue Agenda – die Agenda der Bürger.

Geht’s noch?

Wir lassenunsereDemokratieverkümmern

1 Das System Angela Merkel – oder: Die Pervertierung der demokratischen Idee

Der Fisch, so heißt es, stinkt vom Kopf. Dann schauen wir uns den Kopf mal etwas genauer an.

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist mittlerweile so lange im Amt, dass meine Töchter mich kürzlich gefragt haben, ob in Deutschland eigentlich auch Männer Kanzler werden dürften. Sie ist eine Frau mit vielen Fähigkeiten. Sie beherrscht das Kräftespiel der Politik und verfügt über eine schnelle Auffassungsgabe. Sie ist im persönlichen Gespräch unterhaltsam, bisweilen sogar herzlich, aber im entscheidenden Moment kontrolliert und kaltblütig. Sie hört zu, seziert Argumente blitzschnell und setzt sie zu neuen Perspektiven zusammen. Diese Eigenschaften hätten sie in vielen Berufen für viele herausgehobene Positionen befähigt.

Was sie jedoch zu einer Virtuosin der Macht hat werden lassen, ist etwas, das sie nicht hat, nämlich eine in der Persönlichkeitsstruktur großer Politiker selten vorkommende Nullstelle: Angela Merkel ist immun gegen jegliche Art von Schmeichelei. Wer ihr Komplimente macht, ernst gemeinte oder vergiftete, wird stets ein leises Lächeln ernten, hat aber nicht automatisch einen Vorteil. Sie durchschaut und dechiffriert die Magie des Zwischenmenschlichen und widersteht jeder Form von Korruption durch Sympathie. Denn die Frau aus Templin ist im klassischen Sinne uneitel.

Natürlich achtet auch sie sehr genau darauf, welches Bild von ihr in der Öffentlichkeit gezeichnet und diskutiert wird. Und auch darauf, was dieses Bild für ihre Wahlchancen bedeutet. Dabei geht es um die übliche Form von Macht-Handwerk. Umfrageergebnisse, Beliebtheitswerte und Wichtigkeits-Ranglisten gehören zum Berufsleben eines Regierungschefs wie Ergebnisse und Tabellenplätze zu dem eines Fußballtrainers und Börsenkurse zum Bär- und Bullengefühl eines Wirtschaftsbosses. Die tückische Form der Eitelkeit, also die, über die Männer in entsprechenden Positionen oft stürzen, gehört nicht zu den hervorstechenden Merkmalen der Kanzlerin. Sie behauptet beispielsweise, sich nie selbst zu googeln – und merkwürdigerweise nimmt man ihr das eher ab als die Aussage, vom Skandal im BAMF, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, nichts gewusst zu haben.

Dieser sympathische Mangel an Egozentrik macht es unwahrscheinlich, dass die Frau aus Ostdeutschland oft darüber nachdenkt, wie wohl eines Tages ihr Eintrag im Geschichtsbuch aussehen wird. Dabei hat sie mit ihrer Art, Politik zu machen, etwas geschafft oder, besser gesagt, angerichtet, was keiner ihrer Vorgänger auch nur ansatzweise erreicht hat: eine gefährliche Erosion der demokratischen Grundidee. Härter formuliert: die Pervertierung unseres Systems.

Konrad Adenauer, Merkels Ur-Urgroßvater als CDU-Kanzler, steht für die Politik der Westbindung. Und damit für die Integration der jungen Bundesrepublik in die politischen, ökonomischen und militärischen Bündnisse und Wertegemeinschaften des Westens. Dies erforderte Haltung und Mut von Adenauer, weil er Anfang der 50er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts insbesondere von führenden Sozialdemokraten dafür scharf kritisiert wurde: Eine derartige einseitige Ausrichtung festige die deutsche Teilung und sei deshalb falsch. Das glaubte zum Beispiel der damalige SPD-Vorsitzende Kurt Schumacher. Aus heutiger Sicht lässt sich sagen: Danke, Konrad Adenauer!

Willy Brandt, der erste und bisher einzige wirkliche Popstar der SPD, ließ als Kanzler das außenpolitische Pendel auch in die andere Richtung ausschlagen. Er näherte die Bundesrepublik dem Osten an und bewirkte mit seiner Ostpolitik einen Wandel auch in den innerdeutschen Beziehungen. Auch das ein wichtiger und unstrittiger Eintrag im Geschichtsbuch.

Gerhard Schröder, hemdsärmeliger Macho-Politiker und Merkels Vorgänger im Amt, hat sich wegen seiner Nähe zum Boulevard, seinem großen Talent für Fernsehdebatten und einer außergewöhnlichen Begabung zum Populisten den Titel „Medienkanzler“ redlich verdient. Diese Attribute haben den Mann aus Niedersachsen aber noch nicht historisch werden lassen. Das schaffte er mit der Agenda 2010 und seinem entschiedenen Nein zum Irak-Krieg. Die einschneidende Sozialreform hat den Arbeitsmarkt angekurbelt und seine Partei, die SPD, gespalten – es war die Geburtsstunde der Linkspartei. Beides hat Deutschland nachhaltig verändert.

Und Helmut Kohl, der Entdecker und Förderer von Angela Merkel, was ihr den zweifelhaften Branchennamen „Kohls Mädchen“ einbrachte, hat die deutsche Wiedervereinigung entschlossen vorangetrieben. Das machte ihn zum „Kanzler der Einheit“ – sehr viel größer geht es nicht. Aber das alles – auch nicht sein unermüdlicher Einsatz für ein starkes Europa – hat nicht verhindern können, dass ihn ausgerechnet sein „Mädchen“ vom Thron stürzte.

Denn es war Merkel, die mit einem wohlkalkulierten und mutigen Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung den Übervater schrumpfte. Der hatte sich eisern geweigert, die Namen von Parteispendern zu nennen. Merkel katapultierte mit dem Zeitungsartikel die 16 Jahre währende Ära des Kanzlers ins Geschichtsbuch und terminierte die 25 Jahre währende Ära des Parteivorsitzenden der CDU. Damals ahnte niemand, dass dieser kaltblütige Schnitt der Generalsekretärin ihren eigenen Aufstieg an die Spitze der Partei und des Landes begründen und damit auch der Anfang vom Ende der CDU als Volkspartei sein würde.

Merkel schrieb – einfühlsam im Ton und eisenhart in der Sache – Sätze wie diese: „Vielleicht ist es nach einem so langen politischen Leben, wie Helmut Kohl es geführt hat, wirklich zu viel verlangt, von heute auf morgen alle Ämter niederzulegen, sich völlig aus der Politik zurückzuziehen und den Nachfolgern, den Jüngeren, das Feld schnell ganz zu überlassen. Und deshalb liegt es auch weniger an Helmut Kohl als an uns, die wir jetzt in der Partei Verantwortung haben, wie wir die neue Zeit angehen.“ Und weiter: „Die Partei muss also laufen lernen, muss sich zutrauen, in Zukunft auch ohne ihr altes Schlachtross (…) den Kampf mit dem politischen Gegner aufzunehmen. Sie muss sich wie jemand in der Pubertät von zuhause lösen …“, formulierte das „Mädchen“ treffsicher und mittlerweile selbstbewusst genug, um sich von ihrem politischen Ziehvater abzunabeln – und die ganze Partei gleich mit.

Sie hatte ganz ohne Zweifel den richtigen Zeitpunkt gefunden. Das war kein Zufall.

Einige Zeit später – gerade hatte sie dem Chef ihrer Schwesterpartei, Edmund Stoiber, den Vortritt bei der Kanzlerkandidatur überlassen, aus heutiger Sicht ein weiterer genialer Schachzug – traf ich Angela Merkel zum Mittagessen in einem Berliner Restaurant. Wir plauderten über Schröder. Sie wollte von mir wissen, wie es sich für den Chefredakteur von BILD am SONNTAG anfühle, wenn der Kanzler immerfort verkünde, dass er „BILD, BamS und Glotze“ brauche, um Wahlen zu gewinnen. Ich sagte, Politik sei für ihn offenbar auch die Fähigkeit, die Mehrheit der Menschen mit seinen Botschaften zu erreichen. Merkel reagierte professionell: Ja, das gehöre sicher zum Handwerkszeug eines Regierungschefs.

Dann drehte ich den Spieß um.

„Was ist für Sie eigentlich Politik?“, wollte ich von ihr wissen. Merkel antwortete nicht sofort, sie überlegte.

Ich war mir sicher, dass sie – auch aufgrund ihrer Erfahrungen und ihrer Biografie im unfreien System der DDR – mit einem Gedanken antworten würde, der etwas mit Freiheit zu tun hat. Und als Politikwissenschaftler hoffte ich, dass sie Politik irgendwie als Beitrag zur Verbesserung der Lebensverhältnisse möglichst vieler Menschen definieren würde. Aber das tat die Physikerin mit Doktortitel nicht.

Sie zitierte auch nicht irgendeinen Philosophen früherer Epochen. Dabei hätte aus heutiger Sicht – viele Wiederwahlen später – ein Satz Machiavellis gut zur FAZ-Aufsatz-Schreiberin gepasst: „Politik ist die Summe der Mittel, die nötig sind, um zur Macht zu kommen und sich an der Macht zu halten und um von der Macht den nützlichsten Gebrauch zu machen“, formulierte der florentinische Chronist im 16. Jahrhundert. Sie brachte auch nicht im Sinne Albert Einsteins zum Ausdruck, dass sie den Staat als „für die Menschen da“ begreife und deshalb eben nicht daran glaube, dass die Menschen für den Staat da seien. Und sie glänzte ebenso wenig mit einer Analogie wie einst Edward Kennedy, der sagte: „In der Politik ist es wie in der Mathematik: alles, was nicht ganz richtig ist, ist falsch.“

Angela Merkel wählte eine andere Definition für Politik. Eine, die ihr gesamtes Handeln erklärt – und eine, die sie zu ihren größten Erfolgen und zu ihrem größten Fehler geführt hat. „Politik“, formulierte sie ebenso besonnen wie klar, „ist die Kunst, den richtigen Zeitpunkt zu finden.“

Politik ist für Merkel also in erster Linie nichts, was von Inhalten oder Haltungen – um nicht zu sagen: Überzeugungen – bestimmt und angetrieben wird. Sie ist demnach vielmehr ein mechanisches System aneinandergereihter Entscheidungen im richtigen Moment. Dieses System hat sie zu einer hohen Kunst entwickelt und damit die eigentliche Idee einer lebendigen Demokratie außer Kraft gesetzt oder zumindest stark verändert. Man könnte auch sagen: Merkel hat diese Idee nachhaltig beschädigt.

Seit mehr als zwölf Jahren lebt sie an der Spitze der Regierung für jede Bürgerin und jeden Bürger erkennbar vor, dass man ohne eigene Haltung in den Kernfragen der Politik erfolgreich im Amt bleiben kann. Dass sich nur unnötig angreifbar macht, wer zu früh – also im falschen Moment – eine eigene Meinung, einen Standpunkt, eine Überzeugung zu erkennen gibt. Dabei ist genau das das Wesen einer gelebten Demokratie: Haltung trifft auf Haltung, Argumente werden öffentlich ausgetauscht, es findet Diskussion und Kontroverse statt, vielleicht bricht sogar Streit aus. Wunderbar! Die Bürgerinnen und Bürger können sich aus alldem eine Meinung bilden und entsprechend wählen. Die Mehrheit kommt zum Zug, die Minderheit hat nicht „verloren“, sondern konstruktiv am demokratischen Prozess mitgewirkt.

Das alles ist nicht Angela Merkels Art, zu handeln.

Sie ist keine überzeugende Rednerin, die leidenschaftlich für ihre Argumente wirbt und für eine Haltung kämpft – sie vielleicht sogar mit ihrer Person verbindet, was in der Konsequenz bedeuten würde, abzutreten, wenn die Haltung nicht oder nicht mehr mehrheitsfähig ist. Die Frau, die Helmut Kohl stürzte, hat den Beruf des Bundeskanzlers umgedeutet: Vom Regierungschef mit Richtlinienkompetenz und Haltung hin zur Mainstream-Surferin, die guckt, wo gerade die Mehrheit ist, und dann versucht, die Welle möglichst optimal zu erwischen. Auf der politischen Bühne wie in der Brandung kommt es dabei darauf an, dafür den richtigen Moment zu finden. Wenn es einer Hymne für diesen von Merkel professionalisierten Politikstil bedürfte, die Band „Juli“ hätte sie geschrieben: „Das ist die perfekte Welle. Das ist der perfekte Tag. Lass dich einfach von ihr tragen. Denk am besten gar nicht nach.“ Das Geniale dabei: Mit dieser Strategie hat man in der Politik so gut wie immer die Mehrheit.

Es ist nach wie vor ein hübsches Gesellschaftsspiel unter Freunden: Wer kann mir einen Politikbereich nennen, in dem klar ist, wofür Angela Merkel steht? Oder eine richtige Reform, die jemandem etwas nimmt, die viele Menschen zwingt, sich zu verändern, die vielen etwas abverlangt? So wie etwa Schröders Agenda 2010, die er gegen seine SPD, gegen mächtige linksliberale Medien und gegen einen großen Teil der Bevölkerung durchgezogen hat – zum Wohle Deutschlands.

Na klar, werden jetzt einige sagen: Das ist bei Merkel der Ausstieg aus der Kernkraft. Sie ist also gegen Atomenergie – sonst hätte sie nicht den Stecker gezogen. Das stimmt nur, wenn man das Gedächtnis auch gleich abschaltet. Denn vor Fukushima stand Merkel intern und öffentlich eindeutig an der Seite der entsprechenden Industrie. Mehr noch: Merkel und die CDU waren immer die Atomkraftpartei, haben Rot-Grün in dieser Frage erbittert bekämpft und Ende 2010 hatte die von Merkel geführte schwarz-gelbe Regierung die Laufzeiten der deutschen Meiler um durchschnittlich zwölf Jahre verlängert – bis 2040.

Als dann am anderen Ende der Welt ein direkt ans Meer gebautes Kraftwerk überschwemmt wurde, sah die aufgeregte deutsche Öffentlichkeit politisch grün. Das war für Merkel das Signal, ihre Haltung innerhalb von wenigen Stunden komplett zu ändern. Seriös ist das nicht. Merkel hat damit Großkonzernen, die auf ihr Wort und die Haltung einer CDU-Chefin vertraut hatten, mehrere Hundert Millionen Euro teure Probleme bereitet, die diese natürlich auf ihre Kunden umlegen. Eine für die Bürger sehr teure Wende der Kanzlerin. Und es ist auch nicht vernünftig, ausgerechnet in diesem Energiebereich allein voranzumarschieren, solange unweit der Grenzen zu Deutschland in Frankreich Atomkraftwerke stehen – Sicherheitslücken inklusive.

Aber wenn die Mehrheitsmeinung nach links kippt, dann kippt Merkel eben mit. Besonders wenn – wie in diesem Fall in Baden-Württemberg – wichtige Landtagswahlen bevorstehen. Da ist sie wieder, die Kunst, den richtigen Moment zu finden.

Die Kanzlerin und der Mindestlohn – das ist eine ganz ähnliche Geschichte. Die von ihr geführte schwarz-rote Regierung hat ihn eingeführt, obwohl Merkel lange Zeit dagegen war. Sie selbst erinnert sich daran heute vermutlich nicht mehr so genau. Menschen ohne eigene Haltung verlieren manchmal den Überblick, wofür oder wogegen sie gerade sind oder sein müssen. Fest steht: Einen gesetzlichen Mindestlohn hat traditionell nur die politische Linke gefordert – so wie es sich für Arbeitnehmervertreter gehört. Die CDU war, auch noch unter Merkels Führung, klar anders positioniert: Löhne legen die Tarifparteien fest, der Staat halte sich hier besser raus. Aber die Wahlen 2013 kamen näher und näher und Merkel wollte die SPD in der Sozialpolitik nicht vollends vergrätzen, um sich die Partei auch weiterhin als möglichen Koalitionspartner warmzuhalten. Deshalb legte sie 2011 eine astreine Kehrtwende hin. Exakt das Gleiche hatte sie vier Jahre zuvor bereits beim Post-Mindestlohn vollbracht: erst dagegen, dann dafür. Manager, die sich auf ihr Wort verlassen hatten, zahlten bitter drauf. Findet Angela Merkel einen Mindestlohn jetzt also gut oder schlecht? Vermutlich weiß sie das nicht einmal selbst.

Bei Wehrpflicht und Doppelpass – der gleiche Mechanismus. Die Liste ließe sich noch verlängern. Vermutlich ist jeder Politiker und jeder Chef eines großen Konzerns bereits mindestens einmal Opfer einer Merkel-Wende geworden, an deren Anfang nicht zu erkennen war, wo man am Ende landet. Deshalb ist die Kanzlerin längst zur personifizierten Antithese von Planungssicherheit geworden. Was heute gilt, kann morgen schon zu einer falschen Sicht der Dinge erklärt werden, sofern es Merkel nutzt, weil sie die Mehrheit im Volk woanders wähnt – wenn es überhaupt erklärt wird.

Aber wie konnte es dann passieren, dass sie sich bei der Flüchtlingspolitik derart verrannt hat? An der tatsächlichen Mehrheitsmeinung der Deutschen vorbei, sie lange Zeit sogar arrogant ignorierend?

Die Antwort ist eine wirkliche Pointe, die beim Eintrag ins Geschichtsbuch keinesfalls fehlen darf: Merkels Mehrheits-Navi war im entscheidenden Moment ihrer Kanzlerschaft verstellt. Zwei Erlebnisse haben ihr ein falsches Bild davon gegeben, was die Mehrheit bewegt. Ein fast tragisches Geschehen, denn es handelt sich um Ereignisse, bei denen die gigantische Machtmaschine Merkel ausnahmsweise einmal emotional reagierte. Und genau das hat sie in die Irre geleitet.

Es ist der 15. Juli 2015, also etwa drei Monate, bevor Merkel für fast zwei Millionen Menschen die Tore nach Deutschland geöffnet hat. Die Kanzlerin ist zum Bürgerdialog „Gut leben in Deutschland“ angereist. Sie trägt ein sommerliches, lindgrünes Sakko und helle Hosen. Die Stimmung ist gut. Sie ist in Bestform, lächelt viel und freundlich und antwortet ausführlich und kompetent auf alles, was die jungen Teilnehmer wissen möchten. 29 Schüler sind anwesend, die Fragenkomplexe sind – wie immer – vorher grob mit ihren engsten Mitarbeitern abgestimmt worden. Keine Gefahr also. Merkel fühlt sich hier in Rostock wie bei einem Heimspiel.

Dann bekommt Reem Sahwil das Mikrofon.

Das Mädchen sitzt in der ersten Reihe und ist – natürlich – ein bisschen aufgeregt. Sie wird gleich nicht etwa eine perfekt vorbereitete und auswendig gelernte Frage an die Bundeskanzlerin stellen, sondern sehr persönlich und emotional vom Schicksal ihrer Familie berichten und natürlich von ihrem eigenen.

Reem Sahwil wurde im Jahr 2000 in einem palästinensischen Flüchtlingslager im Libanon mit gesundheitlichen Problemen geboren. Sie saß weite Teile ihrer Kindheit aufgrund von Lähmungserscheinungen im Rollstuhl. 2010 kam sie mit ihrer Familie nach Deutschland, um hier von Spezialisten untersucht und behandelt zu werden. Der Aufenthaltsstatus der Familie lautet auf „befristet geduldet“ als sie nun hier in der bisher so harmonischen Gesprächsrunde Frau Merkel gegenübersitzt.

„Ich bin mit meiner ganzen Familie hergekommen und mein Vater hat früher als Schweißer gearbeitet, und jetzt hier in Deutschland, weil wir immer noch nicht die Aufenthaltsbestätigung haben, kann er nicht arbeiten“, sagt das Mädchen und sofort ist klar: Das wird eine schwierige Situation für die Kanzlerin. Ein junges Mädchen, sehr sympathisch, mit einem Problem im direkten Gespräch – das mögen Politiker nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dabei schlecht auszusehen, ist hoch. Reem fragt: „Warum ist das eigentlich so, dass Ausländer nicht so schnell Arbeit kriegen wie Deutsche?“

Merkel will wissen, ob die Familie einen genehmigten Asylantrag habe und ob sie zurück in den Libanon solle. Reem sagt: „Ja, wir waren kurz davor, abgeschoben zu werden. Dann ging es mir halt richtig schlecht.“ Merkel spürt die Gefahr und versucht, weitere Fakten zu erfahren. „Was ist jetzt passiert?“, will sie wissen. Das Mädchen schaut zu Boden und spricht weiter: „Wir waren in Berlin bei der Botschaft und haben die libanesischen Pässe geholt. Jetzt warten wir, bis eine Antwort der Ausländerbehörde kommt.“ Und in ihrem hervorragenden Deutsch fährt sie fort: „Ich möchte auch ehrlich gesagt meine Familie wiedersehen, weil das ist echt sehr heftig, dass ich seit vier Jahren meine Familie nicht gesehen habe, meine Tante, Oma und Opa, das sind wirklich Dinge, die mich bedrücken.“

Die Kanzlerin nickt verständnisvoll und erklärt, dass sie mit den Bundesländern Gespräche darüber begonnen habe, wie solche Verfahren beschleunigt werden können. Denn „wir können den Menschen ja schwer sagen: So, jetzt hast du schön Deutsch gelernt, bist integriert und jetzt stellen wir nach vier Jahren fest, dass es gar kein richtiger Asylantrag ist.“

Dabei hätte sie es belassen können – und wenn sie gewusst hätte, was sie sich mit den nächsten Sätzen einbrockt, dann hätte sie vermutlich geschwiegen.

Aber Merkel legte einen Gedanken nach, von dem man heute gar nicht mehr richtig glauben kann, dass die CDU-Chefin ihn wirklich gesagt hat. Es sind Sätze einer konservativen, vernünftigen, führungsstarken Kanzlerin: „Libanon gilt jetzt nicht als ein Land, was direkt einen Bürgerkrieg hat. Da leben sehr viele Menschen in Flüchtlingslagern, auch die Palästinenser, das sind keine sehr guten Umstände, in denen man lebt. Das wissen wir. Auf der anderen Seite haben wir Menschen, die sind in noch größerer Not, weil sie vor dem Bürgerkrieg fliehen.“ Und als ob sie es noch einmal mit einem deutlichen Ausrufezeichen versehen wolle, fügt sie hinzu: „Wir werden nicht alle Menschen, die im Libanon im Flüchtlingslager leben, in Deutschland aufnehmen können, weil wir noch sehr, sehr viele haben, die direkt aus dem Kriegsgebiet kommen.“

Reem hört aufmerksam zu und versteht die Botschaft der Kanzlerin mit jeder Silbe ein bisschen besser. Sie sagt, dass sie studieren wolle. Und dass es unangenehm sei, jeden Tag zu sehen, wie andere Menschen ihr Leben genießen und man selber könne das nicht, weil nicht klar sei, ob man bleiben dürfe. Merkel ist berührt von der Offenheit der 15-Jährigen. Sie sagt, dass sie das alles gut verstehen könne.

Dann legt Merkel noch einmal nach: „Dennoch muss ich – das ist manchmal hart in der Politik, jetzt wo du vor mir stehst und du bist ja ein unglaublich sympathischer Mensch – sagen: Wenn wir jetzt sagen, ihr alle aus den Flüchtlingslagern im Libanon, aus Afrika, ihr alle könnt kommen – dann können wir das nicht schaffen.“

Sie sagt wirklich. Wir können das NICHT schaffen!

Nur wenig später wird sie den gegenteiligen Satz prägen, der zur Schlagzeile ihrer Politik wird – und der so viele Menschen inzwischen aufregt.

„Wir schaffen das!“, sagt sie am 31. August 2015 in der Bundespressekonferenz.

Im Gespräch mit Reem, sechs Wochen zuvor, bleibt sie präzise beim Gegenteil. Merkel sagt, um der Schülerin noch einmal zu erklären: „Wir können ja nicht alle in Deutschland willkommen heißen.“ Vielmehr müsse Deutschland dazu beitragen, dass die Länder wieder eine gute Heimat für ihre Bürger werden.

Reem weint. Merkel bemerkt es – und streichelt dem Mädchen über den Kopf. Sie sagt: „Das hast du prima gemacht.“ Das Streicheln wird zur Ikonografie dieses Tages.

Ein wichtiger Moment, um Merkel zu verstehen.

Die Kanzlerin hatte inhaltlich absolut richtig reagiert, alles genau so erklärt, wie es ist. Sie war höflich und hat die Rechtslage beschrieben und diese nicht angezweifelt. Und sie hat gesprochen, wie die Chefin einer konservativen Partei eben über dieses Thema spricht. Denn nein: Es kann nicht jeder für immer hier in Deutschland bleiben, der hier bleiben will. Deutschland hatte sich im Fall von Reem sehr großzügig gezeigt, das Mädchen wurde behandelt und die Familie versorgt. Merkel hat auch nicht unseriös versprochen, dass man sicher eine Lösung finden werde, weil sie selbstverständlich nicht in laufende Verfahren hineinregieren kann – das würde die Gewaltenteilung und den Rechtsstaat massiv beschädigen. Und sogar ein bisschen emotional ist die Kanzlerin geworden. Das kann doch nicht schaden – sollte man denken. Und ja, in diesem Fall hat sie sogar einmal so etwas wie Haltung gezeigt. Aber sie wurde dafür nicht gelobt. Schlimmer noch: Sie geriet in einen beispiellosen Shitstorm von Medien und Bürgern via Facebook und Twitter.

Unter dem Hashtag „merkelstreichelt“ schlägt ihr eine beispiellose Welle der Empörung und Häme entgegen. „Kaltherzig“ sei das gewesen und „widerwärtig“. Jedes Medium befasst sich mehrere Tage lang mit Merkel und dem Mädchen und sogar Anne Will stellt eine Ausgabe ihrer Talkshow unter den Titel „Ist Deutschland zu unbarmherzig?“. Jan Böhmermann twittert „Angela Merkel streichelt die Wirklichkeit tot“. Der STERN titelt zu einem Foto der Kanzlerin: „Die Eiskönigin“. Hin und wieder mischt sich auch eine Stimme der Vernunft in den Chor der Kritiker. „Natürlich hätte Merkel ganz anders reagieren können“, schreibt Hugo Müller-Vogg in der Online-Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Sie hätte, was Politiker gerne tun, einfach zu dem Mädchen sagen müssen: ‚Schreib mir doch deinen Namen und deine Adresse auf. Ich kümmere mich persönlich um deinen Fall.‘ Dann hätten ihre Beamten im Kanzleramt zusammen mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge irgendwie die Gesetze zurechtbiegen und irgendwie einen Härtefall konstruieren können. Und alle Gutmenschen hätten vor dieser empathischen Kanzlerin den Hut gezogen – jedenfalls für einen kurzen Moment. Nun leben wir nicht in einer Bananenrepublik, in der die Herrscherin oder der Herrscher mal eben lieber Gott spielen: Mein Wille geschehe. Nein, wir leben Gott sei Dank in einem Rechtsstaat, in dem selbstverständlich auch die Regierungschefin an Recht und Gesetz gebunden ist.“

Wie hätte sich Merkels Flüchtlingspolitik wohl entwickelt, wenn Stimmen wie diese die Meinung angeführt hätten?

Doch das war nicht so. Die erdrückende Mehrheit derer, die sich zu Wort meldeten, fiel über die Kanzlerin her. Der Ober-Onliner Sascha Lobo ließ wissen: „Wenn ihr das Problem habt, dass Euch Angela Merkel zu sympathisch ist, schaut das Video …“ Der Blogger Thomas Knüwer wird deutlicher und drastischer: „Wie weit von dem, was wir Menschlichkeit nennen, muss man sein, wie verblendet, wie elfenbeintürmig?“ Und der Autorenblog Carta urteilt: „Ein PR-Auftritt wie ein Formel-1-Unfall“.

Merkel selbst äußerte sich wenig später. „Ich finde, die Geste war in Ordnung.“ Und weiter: „ich glaube (…), dass es wichtig ist, wenn eine Bundeskanzlerin mit Menschen diskutiert, wo sie die Sachlage nicht ganz genau kennt, dass ich da nicht sage: Weil du gerade die Bundeskanzlerin getroffen hast, ist aber dein Schicksal schneller zu lösen als das von vielen, vielen anderen. Trotzdem möchte man ein weinendes Mädchen trösten. Aber ich kann dadurch nicht die Rechtslage verändern.“ Sogar auf den Spott im Internet ging sie ein: „Was soll ich mich ärgern. Ich habe Probleme zu lösen.“

Das klingt dickfellig, cool und in sich ruhend. Aber die Resonanz auf ihren Auftritt in Rostock blieb nicht ohne Folgen für ihre Kommunikation zum Thema Flüchtlinge und ihre Politik in diesem für ihre Kanzlerschaft bedeutendsten Bereich.

Merkel leitete eines ganz eindeutig daraus ab: Die Deutschen wollen maximale Herzlichkeit im Umgang mit Flüchtlingen – nicht völlige Vernunft. Doch die Kanzlerin hat bei dieser Analyse einen Fehler gemacht. Sie hat die veröffentlichte Meinung mit der öffentlichen Meinung verwechselt. Jahrzehntelang waren beide wenigstens im Kern identisch oder hatten Gemeinsamkeiten. Es sei keinesfalls mehrheitsfähig, schloss die Kanzlerin deshalb, wenn man auf Gesetze poche und das Unpopuläre ausspreche, auch dann nicht, wenn es die Wirklichkeit sei. Das hat die Kanzlerin tief in ihrem Erinnerungsarchiv abgespeichert. Und da lag diese Erfahrung auch noch, frisch und schmerzhaft, als ziemlich genau drei Monate später die ersten Züge mit Flüchtlingen am Münchner Hauptbahnhof ankamen.

Anfang September 2015 trafen täglich mehr Flüchtlinge in Zügen in München ein. Viele waren aus Syrien geflüchtet und hatten es bis Ungarn geschafft. Dort saßen sie zunächst fest. Dann ließ die Regierung von Viktor Orbán sie überraschenderweise weiterreisen, obwohl sein Land rechtlich dazu verpflichtet gewesen wäre, selbst die Asylverfahren durchzuführen.

In München wurden die Menschen, darunter auch Familien mit kleinen Kindern, herzlich empfangen. Viele Menschen waren zum Bahnhof gekommen, Kinder brachten Plüschtiere mit, um sie den Ankommenden zu schenken. Bilder, wie gemacht fürs Fernsehen: eine schöne, heile Willkommenswelt, eine gelebte Antithese zu Ausländerfeindlichkeit und Nationalismus. Deutschland noch einmal im Schwarz-rot-geil-Gefühl vergangener Weltmeisterschaften, der hässliche Deutsche ein für alle Mal Geschichte. So gut wie alle Medien machten mit.

Aber Angela Merkel missinterpretierte die Hilfsbereitschaft, die sich hauptsächlich auf Kriegsflüchtlinge mit Kindern bezog,