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Sie machen sich keine Vorstellung davon, was es alles an Fakten gibt – oder sollten wir sagen: »Fakten«? Egal wie absurd ein Thema sein mag, irgendjemand da draußen hat es bestimmt schon untersucht, voller Eifer und mit tiefem Ernst. Die Ergebnisse dieser Mühen hat Dan Schreiber zusammengetragen, und er stellt uns die außergewöhnlichsten Ideen vor, über die man immer staunen und lachen – und manchmal nur noch ungläubig den Kopf schütteln kann: Gibt es wahrhaftig Autoren, die die Ideen für ihre Bücher aus der Zukunft geklaut haben? Kann Isaac Newton versehentlich den Mond ausgehöhlt haben? Und wer oder was war wirklich für den Untergang der Titanic verantwortlich? Der Eisberg jedenfalls nicht…
In zwölf Kapiteln über Menschen und ihre Passionen, über die unendlichen Weiten des Weltraums und jede Menge übersinnlicher Phänomene erfahren wir alles über neue absurde Theorien, verrückte Wissenschaft und skurrile Experimente, über die sich tatsächlich jemand den Kopf zerbrochen hat. Vielleicht verändert die eine oder andere dieser Theorien ja Ihre Sicht auf die Welt?
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Seitenzahl: 216
Veröffentlichungsjahr: 2025
Sie machen sich keine Vorstellung davon, was es alles an Fakten gibt – oder sollten wir sagen: »Fakten«? Egal wie absurd ein Thema sein mag, irgendjemand da draußen hat es bestimmt schon untersucht, voller Eifer und mit tiefem Ernst. Die Ergebnisse dieser Mühen hat Dan Schreiber zusammengetragen, und er stellt uns die außergewöhnlichsten Ideen vor, über die man immer staunen und lachen – und manchmal nur noch ungläubig den Kopf schütteln kann: Gibt es wahrhaftig Autoren, die die Ideen für ihre Bücher aus der Zukunft geklaut haben? Kann Isaac Newton versehentlich den Mond ausgehöhlt haben? Und wer oder was war wirklich für den Untergang der Titanic verantwortlich? Der Eisberg jedenfalls nicht …
In zwölf Kapiteln über Menschen und ihre Passionen, über die unendlichen Weiten des Weltraums und jede Menge übersinnlicher Phänomene erfahren wir alles über neue absurde Theorien, verrückte Wissenschaft und skurrile Experimente, über die sich tatsächlich jemand den Kopf zerbrochen hat. Vielleicht verändert die eine oder andere dieser Theorien ja Ihre Sicht auf die Welt?
Dan Schreiber
GEISTER,
die ihre
Rezepte teilen
und noch mehr absurde Theorien, seltsame Ideen und skurrile Experimente
Aus dem Englischen von Dr. Karolin Viseneber, Daniel Müller, Dejla Jassim
Wilhelm Heyne Verlag
München
Die Originalausgabe erschien 2022 unter dem Titel The Theory of Everything Else. A Voyage into the World of the Weird bei Harper Collins Publishers Ltd.
Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.
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Deutsche Erstausgabe 01/2025
© Text by Dan Schreiber 2022
© Illustrations by Sam Minton 2022
© der deutschsprachigen Ausgabe 2025 by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
(Vorstehende Angaben sind zugleich Pflichtinformationen nach GPSR)
Redaktion: Silvia Kinkel
Umschlaggestaltung: wilhelm typo grafisch unter Verwendung eines Motives von Shutterstock.com (koya979, Alexander Maslennikov, Peshkova, VutTH, Bigmouse108)
Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering
ISBN: 978-3-641-32397-4V002
www.heyne.de
Inhalt
Vorwort
HaftungsausschlussNoch ein Spaziergang durch die wilde Ecke
EinleitungVerrückte Vorstellungen
1 Rosemary Brown und das Wohnzimmer der toten KomponistenDie Theorie des Hellsehens
2 Novak Djokovic und die Kraft der EnergiepyramideDie Theorie übernatürlichen Dopings
3 Stehlen Autoren ihre Ideen aus der Zukunft?Die Theorie der Präkognition
4 Haben Zeitreisende die Titanic versenkt?Die Theorie der Titanic
5 Kann man von Fernsehsendungen mit Uri Geller schwanger werden?Die Theorie der Magier
6 Fliegen Geister Businessclass?Die Theorie der Verwünschungen
7 Sind wir nur hier, weil Außerirdische nach einem Picknick nicht richtig aufgeräumt haben?Die Theorie vom Leben auf der Erde
8 Wo bekommt man ein gutes Glas Alien-Schnaps?Die Theorie von den Außerirdischen
9 Wie Isaac Newton die Erde aushöhlteDie Theorie der hohlen Erde
10 Der Präsident, der seine eigene Ermordung verhinderteDie Theorie des Schicksals
11Die unvorhersehbare Welt des NostradamusDie Theorie der Prophezeiungen
12 Gute PophezeiungenDie Theorie der unwahrscheinlichen Orakel
FazitDie unheimliche Theorie
Danksagung
Bibliografie
Bildquellen
Vorwort
Während führende Wissenschaftler damit beschäftigt sind, die ultimative, alles umfassende Weltformel aufzustellen …
… versuchen Millionen von Menschen da draußen, ihre eigenen wunderbaren und vollkommen durchgeknallten Theorien zu beweisen.
Das ist ihre Geschichte. Das sind ihre Ideen.
Das ist die Theorie von allem anderen.
Haftungsausschluss
Noch ein Spaziergang durch die wilde Ecke
Es war einmal ein Mann namens Ken Campbell, der seiner Tochter Daisy beibrachte, nie an etwas zu glauben. »Pass auf, Daisy«, sagte er zu ihr. »Wenn du dir eine Meinung bilden willst, vergiss alles, was sich Menschen ausgedacht haben. Glaub an gar nichts. Aber stell dir vor, so viel du willst.« Sich Dinge vorzustellen, erklärte er ihr, erweitere den Horizont.
»Stell dir fliegende Untertassen vor, Kristalle und Feen. Stell dir Gott vor, wenn’s sein muss. Möglicherweise hat ja eine der Weltreligionen den Dreh raus. Hauptsache, du glaubst nicht daran.«
Es war dieser Ken Campbell, durch den ich zum ersten Mal vom Konzept der wilden Ecke erfuhr – ein Stückchen Erde in Zen-Gärten, das unberührt bleibt, ungehindert zuwächst und den Gärtner stets daran erinnert, wie das Universum den Garten vorgesehen hätte.
Die Vorstellung inspirierte mich und wurde zum Sinnbild für etwas, das wir alle kultivieren sollten: eine Nische in unseren Köpfen, die einzig und allein für Gänsehaut-Momente bestimmt ist, wenn wir eine wunderbare und unmöglich klingende These hören – bevor diese von unserer rationalen Seite weggeklatscht wird wie eine Schmeißfliege.
Doch wie schon in Band 1 muss ich Sie darauf hinweisen, dass die wilde Ecke nur zum Spazieren da ist, nicht, um dort sesshaft zu werden.
Die folgenden Seiten sind voller spannender, durchgeknallter, bahnbrechender und lustiger Theorien. Folgen Sie diesen Vorstellungen, aber daran glauben sollten Sie nicht.
Das Glauben überlassen Sie besser all den Menschen, die Sie im Laufe der Lektüre kennenlernen werden. Dieses Buch verschafft Ihnen Einblick in deren Welten. Gönnen Sie sich den Blick auf diese Theorien, verlieren Sie sich im Idealfall für einen Augenblick darin, aber bleiben Sie imstande, die Dinge mit Abstand zu betrachten. Ähnlich ist es bei einem Stereogramm – man kann stundenlang auf die Farben und Formen starren, aber erst in dem atemberaubenden Moment, in dem die Augen sich neu fokussieren, erkennt man in dem Wirrwarr, sagen wir mal, eine Fähre oder eine Stadt, mit all ihren Details. Ein ausgefeiltes Universum, direkt vor der Nase und doch unsichtbar. Alles ergibt Sinn, bis man blinzelt und mit Karacho zurück in der Realität landet.
Gehen Sie die nächsten paar Hundert Seiten doch wie eine Weinprobe an. Kosten Sie die Ideen, schwenken Sie sie im Kopf herum, aber ich bitte Sie, spucken Sie sie danach wieder aus und widmen Sie sich dem nächsten Gaumenkitzel.
Was auch immer Sie tun, schlucken Sie sie bloß nicht runter. Das Letzte, was ich gerade brauche, ist ein wütender Brief von Ihren Familienmitgliedern, in dem steht, Sie wären dank meines Buches zur Überzeugung gelangt, Sie könnten die Zukunft von Menschen anhand der Falten, Pickel und Muttermale von deren Hintern vorhersagen.
Einleitung
Verrückte Vorstellungen
Hallo und herzlich willkommen zu Geister, die ihre Rezepte teilen – eine weitere Sammlung erstaunlicher Theorien, Ideen, Meinungen und »Fakten« – und weicher Steine1, um Ihre wilde Ecke anzuregen und Ihrem Dinnerparty-Smalltalk mehr Pepp zu verleihen.2
Band 2 setzt da an, wo der erste Band aufgehört hat, und führt meine Mission fort, zu beweisen, dass alle – wirklich ALLE – ein klein wenig durchgeknallt sind.3 Und dass das wiederum überhaupt nicht schlimm ist.
Zwischen diesen Buchdeckeln gibt es eine Menge zu entdecken, zum Beispiel, dass vom Buckingham Palace aus nicht nur die halbe Welt regiert, sondern auch eine strenggeheime Alien-Spezialeinheit geleitet wurde, und zwar von Queen Elizabeths Gatten höchstpersönlich. Sie werden vom bizarren Gerichtsverfahren lesen, bei dem der amerikanische Autor Mark Twain per Ouija-Brett beinahe als Kronzeuge von der »anderen Seite« einbestellt wurde. Sie werden erfahren, wie eine der wichtigsten wissenschaftlichen Institutionen Großbritanniens von einem Mann zusammengehalten wurde, der glaubte, die Erde sei hohl. Und Sie werden merken, wie alles im Leben sich zum Guten wenden kann, wenn man zufällig ein paar prominente Geister als Mitbewohner hat.
Im Haus der Kuriositäten
Bevor ich anfange, stelle ich mich am besten noch einmal vor. Mein Name ist Dan Schreiber, die letzten zwei Jahrzehnte habe ich als professioneller Faktenjäger zugebracht. Jeden Tag grabe ich in der gesamten Menschheitsgeschichte, auf der Suche nach den spannendsten Fakten, von denen Sie vermutlich noch nie gehört haben. In der Regel präsentiere ich meine Funde in Buchform (zuletzt in einem Kinderbuch mit dem Titel Impossible Things [Unmögliche Dinge]) oder in einem der drei Podcasts, die ich hoste: We Can Be Weirdos [Wir dürfen alle Spinner sein] (eine Interviewreihe, in der ich versuche, aufzudecken, an welche seltsamen Dinge meine Gäste glauben4), The Cryptid Factor [Der Kryptid-Faktor] (eine Show rund um Kryptozoologie, inklusive passender, abgedrehter Nachrichtenmeldungen) und No Such Thing As A Fish [Fische gibt’s eigentlich nicht] (eine wöchentliche Sendung, in der meine Co-Hosts und ich unsere liebsten Fakten-Funde der letzten sieben Tage teilen5).
Tagtäglich decke ich Fakten auf, aber nichts reicht an die heran, die einen eiskalt erwischen und bei denen einen das Gefühl nicht loslässt, dass mehr dahintersteckt. Wie letztens, als ich eine Geschichte über Star-Trek-Darsteller Zachery Quinto las. 2009 spielte Quinto in den JJ-Abrams-Reboots Spock, einen Außerirdischen vom Planeten Vulkan. Viele Jahre nachdem er diese Figur erstmals verkörperte, war Quinto zu Gast in der amerikanischen Fernsehsendung Who Do You Think You Are? [Für wen hältst du dich?], wo er etwas Unglaubliches erfuhr: Er war mit einem Stahlarbeiter namens PJ McArdle verwandt, der über 100 Jahre vor ihm lebte und Mitglied der Amalgamated Association of Iron and Steel Workers war, einer Gewerkschaft von Bergarbeitern, die sich die »Söhne des Vulkans« nannten. Und das war noch nicht alles – die Redakteure der Sendung machten sogar einen von McArdle geschriebenen Artikel ausfindig, der die Worte »May it live long and prosper« enthielt – dieselbe Phrase, »Lebe lang und in Frieden«, ist bezeichnend für Spock. »Das war schon irgendwie kosmisch«, äußerte sich Quinto danach.
War er dazu bestimmt, Spock zu spielen? Sind hier höhere Mächte am Werk? Geschichten wie diese deuten darauf hin. Ich weiß nicht, was vor sich geht, Sie wissen nicht, was vor sich geht, niemand weiß, was vor sich geht. Und nur als Vorwarnung, weder Sie noch ich werden am Ende dieses Buches mehr darüber wissen. Ihnen das zu versprechen, wäre wahnsinnig. Ja, Recherchieren ist seit 20 Jahren mein Hauptberuf, aber machen wir uns nichts vor, ich bin kein Wissenschaftler. Ich habe keine besonderen Fachkenntnisse. Ich kann gerade noch meine Heizung entlüften, ich werde bestimmt nicht so tun, als wüsste ich, wie das Universum funktioniert.
Aber solche kosmischen Zufälle regen einen schon zum Nachdenken an. Wie in der Geschichte von Mouldy Mary zum Beispiel.
Mouldy Mary
Wir schreiben das Jahr 1928. Ein Arzt namens Merlin Pryce schaut in einem Büro in Londons St. Mary’s Hospital vorbei, um sich über den Urlaub seines Freundes zu erkundigen, Alexander Fleming. Merlin Pryce war bis 1927 noch selbst in der Pathologie dieser Klinik tätig gewesen, hatte jedoch Anfang 1928 die Stelle gewechselt. Fleming untersuchte gerade ein paar Petrischalen, die er vor dem Urlaub weder entsorgt noch gereinigt hatte, sodass sich auf diesen nun das recht verbreitete Bakterium Staphylococcus aureus tummelte. Das hatte nichts mit Faulheit oder einer Abneigung gegen Putzen zu tun. Im Gegensatz zu anderen Wissenschaftlern seiner Zeit ließ Fleming seine Petrischalen nach der Verwendung absichtlich liegen. Als er Pryce sah, ignorierte er die Schalen jedoch und widmete sich diesem. »Nein«, sagte Pryce, »mach weiter.« Man stelle sich nun vor, was gewesen wäre, hätte Pryce diese Worte nicht gesagt. Hätte er stattdessen gesagt: »Lust auf ein Bier im Pub?«, sähe die Welt jetzt ganz anders aus, denn nur wenige Sekunden später bemerkte Fleming etwas Seltsames und rief: »Das ist ja lustig!« Fleming hatte »Schimmelpilzwasser« entdeckt (welchem er später den heute bekannten Namen Penicillin gab).
Er schlussfolgerte, dass der Schimmelpilz die Staphylokokken irgendwie abgetötet haben musste. Ein wenig von dem Pilzwasser konnte er extrahieren, und der Mykologe Charles J. La Touche stellte fest, dass es sich um Penicilium rubrum handelte. Inzwischen weiß man, es war Penicilium rubens.
Obwohl Fleming den Nutzen von Penicillin belegen konnte und er dies sowohl in einer Vorlesung als auch in einem wissenschaftlichen Artikel kundtat, dauerte es ein Jahrzehnt, bis die Substanz in der Medizin angewandt wurde. Es war Howard Florey, ein Pathologie-Professor in Oxford, der einen Weg fand, Penicillin zu kultivieren und dadurch massenproduzierbar zu machen. Der gebürtige Australier wurde später von Australiens Premierminister Robert Menzies gepriesen: »Was die Weltgesundheit angeht, war Florey der wichtigste Mann, der je in Australien geboren wurde.«6
Eine der frühesten therapeutischen Anwendungen erfolgte 1941 an Albert Alexander, einem Polzisten aus Oxford, der in Folge einer Verletzung schwer erkrankt war. 160 Milligramm Penicillin wurden Alexander verabreicht, und bemerkenswerterweise klang sein Fieber nach 24 Stunden ab. Doch leider reichte die Pilzprobe, an der Fleming die Eigenschaften von Penicillin entdeckt hatte, für eine Behandlung nicht aus. Es brauchte große Mengen des Pilzes, um kleinste Mengen Penicillin zu isolieren, und bei Alexanders Bedarf kamen die Ärzte nicht hinterher, weshalb er einen Rückfall erlitt und verstarb.
Die Ärzte hatten also eine bahnbrechende, lebensrettende Substanz entdeckt, konnten jedoch einfach nicht genug davon isolieren, um sie effektiv zu nutzen.
Es musste ein Weg her, das Zeug in Massen herzustellen. Penicillin war so rar, dass es sogar wortwörtlich wiederverwendet wurde – es wurde aus dem Urin von Behandelten extrahiert und neuen Patienten verabreicht.
Manche Wissenschaftler suchten auch im Ausland nach Möglichkeiten, mehr aus dem Schimmelpilz herauszuholen. Zwei Oxford-Wissenschaftler brachten Proben des ursprünglichen Pilzes nach Peoria, Illinois, und versuchten, aus diesen große Mengen Penicillin zu kultivieren. Aber selbst das scheiterte. Daraufhin fragte man beim Army Transportation Corps an, ob dieses nicht raus in die Welt ziehen und so viel von dem Pilz wie möglich beschaffen und in die Labore nach Peoria schicken könne. Tausende Proben wurden gesammelt und getestet.
Am Ende war der Schimmelpilz, der sich als ergiebige Quelle herausstellte und Abermillionen von Menschenleben rettete, nicht unter den Proben aus Übersee – nein, er wurde direkt die Straße runter entdeckt, von einer Frau, die später als »Mouldy Mary«, also »Schimmel-Mary«, bekannt wurde, und zwar rein zufällig beim Einkaufen.
Um wen es sich bei Mouldy Mary handelt, ist umstritten, denn ihr richtiger Name ist nicht überliefert. Manche behaupten, es handle sich um die Wissenschaftlerin Mary Hunt, die ein Interview über das Geschehnis gab, welches bis heute verfügbar ist. Niemand weiß es so genau. Doch Fakt ist, dass eine Person mit Verbindungen zum Labor an dem Nachbarschafts-Obst-und-Gemüse-Laden vorbeikam und Schimmel an einer Melone feststellte. Der Schimmel sieht ja seltsam aus, muss sich die Person wohl gedacht haben und kaufte die Melone, um sie anschließend ins Labor zu bringen.
Der Schimmelpilz, der auf der Melone wucherte, war Penicilium-Stamm NRLL1951, aus dem sich, wie man herausfand, 50-mal so viel Penicillin isolieren ließ wie aus Flemings ursprünglicher Probe. Weitere Experimente wurden durchgeführt, und den Wissenschaftlern gelang es, mithilfe von Röntgenstrahlen und anderen (geheimen) Methoden bis zu 1000-mal mehr Penicillin aus dem Stamm zu schöpfen. Dadurch waren Labore binnen weniger Jahre imstande, 650 Milliarden Einheiten Penicillin pro Monat zu produzieren.7
Die heldenhafte Melone ist leider nicht erhalten, denn nach Entnehmen der Schimmelprobe beschlossen die Wissenschaftler, sich einen kleinen Snack zu gönnen.
Im Land des Sonderbaren
Nun wartet auf Sie ein Buch voller ähnlich abgefahrener Geschichten. Ich darf bei diesem Abenteuer Ihr Reiseleiter sein, denn das trifft auf mich am ehesten zu: Ich bin Kurator von Sonderlichkeiten. Ich lebe und atme sie. Ich erkenne sie überall. Oft sind sie direkt vor uns, wir bemerken sie nur nicht. Kürzlich zum Beispiel nahm meine Frau Fenella unsere Jungs sonntags mit ins Einkaufszentrum, um ihnen ein Dinosaurier-Spielzeug zu kaufen, während ich an ein paar Texten schrieb. Eine Stunde nachdem sie das Haus verlassen hatten, bekam ich eine verzweifelte Nachricht von ihr: »Warum hat der einzige große Spielwarenladen in der Mall zu?« Sie meinte das Geschäft The Entertainer. Ich googelte rasch, was es mit den Öffnungszeiten auf sich hatte, und fand raus, es hatte religiöse Gründe. Wahrscheinlich wäre die gigantische Filiale von Sonntags-Shoppern überrannt worden, dennoch hatte sie geschlossen, weil der Inhaber religiös ist und Arbeit am Ruhetag des Herrn nicht gutheißt. Harry-Potter-Spielzeug findet man in dem Laden auch nicht, denn der Inhaber ist überzeugt, es propagiere Hexerei. Genauso wenig findet man Merchandise der beliebten Animationsfilme Trolls, weil auch diese sich um Magie und Mythen drehen. »Die Produktionsfirma hat mir das Spielzeug auf den Tisch gestellt, und mir wurde sofort unwohl … es hat mich seelisch belastet«, erzählte der Inhaber Gary Grant dem Guardian. Eine kurze Google-Suche bestätigt, dass Gary Grant etwa zehn Jahre nach Gründung seines Unternehmens Evangelikaler wurde. Er steht unter keinerlei Druck, seine religiöse Geschäftsführung zu überdenken, denn er, seine Frau und seine vier Kinder sind die Alleininhaber. »Ich bin nur Gott etwas schuldig, keinen Shareholdern«, erklärte er in Interviews.8
Während andere Geschäfte es nicht wagen würden, ihre größten Kassenschlager aus dem Sortiment zu nehmen, ist The Entertainer ein kleines Beispiel für einen Ort, an dem ausgefallenes Denken floriert. Durchgeknallt sein, wie ich liebevoll zu sagen pflege, hat viele Vorteile.
Es kann zu Großartigem führen … wie in der Geschichte des deutschen Psychiaters Hans Berger.
Als junger Soldat fiel Berger bei einer Übung vom Pferd und wurde beinahe von einer Artilleriekanone zerquetscht. Doch zu seinem Glück hielt das Pferd, das die Kanone zog, gerade rechtzeitig an, und Hans entkam dem Tod. Später an diesem Tag erreichte Hans ein Telegramm von seinem Vater. Dieser teilte ihm mit, seine Schwester habe heute urplötzlich die Angst verspürt, ihr Bruder sei in Gefahr, und habe darauf bestanden, dass er Hans schreibe und sich nach dessen Wohlbefinden erkundige. Woher hatte sie von der Gefahr gewusst?
Die meisten Menschen würden das als ollen Zufall abtun, aber Berger war überzeugt, dass nur Telepathie der Grund sein konnte. Er beschloss, zu ermitteln, welcher Teil des Gehirns für telepathische Gedankenübertragung zuständig war. Und 30 Jahre später hatte Berger eine Maschine erfunden, die Gehirnströme messen konnte: eine Elektroenzephalographie-Maschine, auch genannt EEG. Zwar war sie nicht imstande, Telepathie nachzuweisen, aber 100 Jahre später ist sie noch immer eine der wichtigsten Erfindungen der Medizin und für Diagnosen nicht mehr wegzudenken.
Es kann nützlich gegen Feinde sein … Während des Zweiten Weltkriegs warfen sowohl die Amerikaner als auch die Deutschen Handzettel aus Flugzeugen ab, welche Nostradamus zugeschriebene, erfundene Prophezeiungen enthielten und dem jeweiligen Feind weismachen sollten, er sei zu einer Niederlage verdammt.
Und es kann einem das ein oder andere Ärgernis ersparen … 2014 wurden 1137 Amerikaner über ihr Gebetsverhalten befragt. 25 Prozent gaben an, Gott antworte jedes Mal auf ihre Gebete. 20 Prozent sagten, sie beteten für Dinge, in die sie »sonst keinerlei Aufwand steckten«. Sieben Prozent gestanden, sie beteten oftmals »für einen guten Parkplatz«, und fünf Prozent gaben zu, sie beteten für Dinge, von denen sie wüssten, »dass Gott sie nicht gutheißt«.
Was dieses Buch nicht ist
Eines sollte ich vielleicht klarstellen, denn ich habe die UK-Ausgabe dieses Buches in zahlreichen Buchhandlungen in der »Verschwörungstheorien«-Abteilung gefunden. Dieses Buch handelt nicht von Verschwörungen.
Zwar haben es ein paar davon ins Buch geschafft, doch ich habe versucht, den Anteil gering zu halten. Ich bin kein Fan von Verschwörungstheorien. Ich finde sie unfassbar gefährlich und langweilig. Das war nicht immer der Fall. Früher fand ich sie großartig. Sie waren so etwas wie internationaler Klatsch und Tratsch. »Pssst, hast du schon gehört, dass die Mondlandung nicht echt war?« Was für ein aufregender Satz, wenn man ihn zum ersten Mal hört. Ich hatte so viele Fragen: Woher wusste mein 14-jähriger Schulkamerad davon? Wieso wurden solche strenggeheimen und folgenschweren Informationen ausgerechnet meinem Kumpel aus der achten Klasse anvertraut?
Wer findet im Laufe seines Lebens nicht einmal Gefallen an einer Verschwörungserzählung? Sogar Osama bin Laden soll Verschwörungs-E-Books auf dem Rechner gehabt haben, wie im Zuge der Erstürmung seines Unterschlupfs herauskam. Er hatte sogar 9/11-Verschwörungs-E-Books über sich selbst. Ob das für ihn wohl Sachbücher oder Fantasiegeschichten waren?
Was Verschwörungen angeht, habe ich schon zu viel Finsteres miterlebt. Einmal zum Beispiel saß ich mit dem Sohn eines Promis am Tisch. Ich kannte ihn kaum und saß nur wegen eines gemeinsamen Freundes neben ihm. Er fragte unseren Freund, ob dieser glaubte, ein Elternteil von ihm hätte sich das Leben genommen. »Natürlich nicht, warum um alles in der Welt denkst du das?« Der Gefragte hatte Spekulationen im Internet gelesen, und nach einer Weile fand er sie plausibel. Es war fürchterlich, sich vorzustellen, wie er auf diese an den Haaren herbeigezogene Verschwörungstheorie hereingefallen war.9
Eines müssen Sie jedoch wissen: Ich stehe auf einer Liste. Das habe ich mir jedenfalls sagen lassen. Und zwar dank einer UFO-Doku aus dem Jahr 2014 für den britischen Fernsehsender Channel 4, in der ich durch Großbritannien reiste, auf der Suche nach den spannendsten Alien-Theorien (ein paar Charaktere aus dieser Doku lernen Sie in Kapitel 5 kennen). In der großen, von wahrscheinlich reptilienartigen Eliten geleiteten Verschwörung, um die sich die berüchtigte Liste dreht, sei meine Aufgabe anscheinend, mit meiner Arbeit Falschinformationen zu verbreiten. Mit mir auf der Liste stehen Dokumentarfilmmacher wie Louis Theroux, Jon Ronson und unzählige andere, die sich schon einmal in Verschwörungsgefilde begeben haben. Daher sei mir nun nicht mehr zu trauen.
Ab und an weckt eine Verschwörungstheorie doch mein Interesse, aber nur, wenn sie abgedreht ist. Wie die eine, laut der Edmund Hillary und Tenzing Norgay doch nicht den Mount Everest bestiegen haben.
Everest: Is it Conquered? [Everest: Wurde er bestiegen?] ist ein von S. M. Goswami verfasstes Buch, das die These aufstellt, die Erklimmung des Mount Everest im Jahr 1953 sei erfunden, und zwar von der damaligen konservativen Regierung Großbritanniens, die den Anbruch des neuen Elisabethanischen Zeitalters markieren wollte.10 Goswamis Behauptung basiert größtenteils auf der Nachricht, die die Journalistin Jan Morris vom Camp IV zum Basislager sandte. Diese lautete nicht etwa »Hillary und Tenzing erreichen den Gipfel«, sondern »SCHNEEBEDINGUNGENSCHLECHT (Everest bestiegen) VORGESCHOBENESBASISLAGERVERLASSEN (Hillary) GESTERN (29. Mai) ERWARTENAUFBESSERUNG (Tenzing) ALLEWOHLAUF (niemand tot oder verletzt).« Der Legende nach wollte Morris als Erste die frohe Kunde verbreiten und hatte sich diese Wortabfolge ausgedacht, um die Meldung auf dem Weg nach England zu verschlüsseln. Goswami hält diese Story allerdings nicht für überzeugend. Keines ihrer zuvor verfassten Telegramme sei kodiert gewesen, so Goswami, warum sollten wir also glauben, dass dieses hier es war? Der Verschwörungstheoretiker zählt weitere »Lücken« in der Geschichte auf: Hillary soll seine Sauerstoffmaske in 29000 Fuß Höhe abgenommen haben. Unmöglich! Kein Mensch würde das überleben! Und dann noch das Foto von Tenzing – offensichtlich gefälscht. Bei solchen Höhen und Temperaturen sei Farbfotografie unvorstellbar. Die Liste der Ungereimtheiten zieht sich durch das ganze Buch. Goswami kupfert eins zu eins die berühmte Mondlandungs-Verschwörungstheorie ab – was für eine geniale Idee.
Mein weicher Stein
Es ist an der Zeit, gemeinsam in dieses Buch einzutauchen. Doch das kann ich nicht aufrichtig tun, ohne meine eigenen durchgeknallten Gedanken mit Ihnen zu teilen. Meine eigene unmögliche Theorie. Meinen weichen Stein. Wir alle haben einen weichen Stein. Manche von uns haben das Glück, über mehrere zu verfügen, und das hier ist einer von meinen.
Vor ein paar Jahren, nicht lange nachdem unser erster Sohn Wilf auf die Welt kam, fuhr Fenella in die Klinik, um nach dem erkrankten Kind unserer Freunde zu sehen, sodass diese einmal durchatmen konnten. Also hatte ich Wilf für mich allein. Wilf schien an jenem Tag selbst krank, und da ich Fenella keine Angst einjagen wollte, beschloss ich, ihn heimlich in die Notaufnahme zu bringen. Die Praxis war nur eine halbe Stunde zu Fuß entfernt, also entschied ich mich, zu laufen. Während ich Wilf im Kinderwagen schob, fiel mir ein, wie viel Uhr es war. In puncto Fütterungszeiten funktionierte Wilf damals wie ein Schweizer Uhrwerk. Es war, als hätte er einen inneren Wecker, irgendwie wusste er immer genau, wann der Moment war, nach dem nächsten Fläschchen zu schreien. Eine dieser Fütterungszeiten war um Punkt 13:00 Uhr. Ich schaute auf die Uhr. Punkt eins. Wilf schlief tief und fest. Hmm … Vielleicht hatte ich seinen Rhythmus durcheinandergebracht. Aber nein, nur ein paar Minuten später schrie er los. Genau in diesem Moment krachte es laut, und zu meiner Rechten klang es, als zerbärste Metall. Ich sah mich um. Nur ein paar Meter von uns entfernt war ein Auto einem anderen hinten reingefahren. Wir waren so nah an der Unfallstelle, ich erstarrte. Was, wenn während des Aufpralls ein Stück Karosserie abgerissen wäre und meinen Sohn erwischt hätte? Was, wenn ein Auto das andere auf den Bürgersteig geschoben und mich und Wilf erwischt hätte? Ich war heilfroh, dass wir noch einmal davongekommen waren, und nahm mir vor, Fenella niemals davon zu erzählen.
Auf dem Rückweg vom Arztbesuch (wie sich herausstellte, war mit Wilf alles in Ordnung) klingelte mein Handy. Es war Fenella, noch immer in der Klinik. »Wie läuft’s?«, fragte ich. »Ganz okay«, antwortete sie. »Hast du gut dorthin gefunden?«, fragte ich. »Ja, ich wurde zwischendurch aufgehalten, aber macht nichts, ich war nur ein paar Minuten zu spät.« Dann stellte Fenella meine Welt auf den Kopf. »Übrigens, mir ist hier im Aufzug etwas Seltsames passiert. Ich war mit einer Frau dadrin, wahrscheinlich eine Putzkraft. Wir waren fast im zweiten Stock, da hat sie mir an die Schulter gefasst und gesagt ›Ihrem Baby geht es gut‹. Ich sagte ›Oh nein, ich bin hier nicht wegen meines Kindes, es ist das von meiner Freundin‹, und sie sagte ›Ich weiß, aber Ihrem Baby geht es gut‹. Dann ist sie ausgestiegen.« Ich bekam eine Gänsehaut. »Fen, nur so aus Neugier, um wie viel Uhr war das?« – »Lustig, dass du fragst. Ich kann es dir genau sagen, weil ich ja spät dran war und auf die Uhr schauen musste. Es war kurz nach eins.« Als ich das hörte, musste ich ihr die Geschichte einfach erzählen.
Gibt es eine übernatürliche Entität, die von den Vorfällen auf der anderen Seite der Themse gewusst hatte? Keine Ahnung. Aber ich schwöre hoch und heilig, dass das eine vollkommen wahre Geschichte ist, für die ich einfach keine Erklärung finde. Ja, sie ist wirklich passiert. Sie können mir vertrauen.
Oder? Ich stehe schließlich auf einer Liste …
1Etwas Unmögliches, das Ihnen gar nicht passiert sein kann, aber hundertprozentig passiert ist.
2Es sei denn, Sie haben Tennis-Profi Novak Djokovic zu Besuch. In dem Fall halten Sie besser den Mund und nippen schweigend an Ihrem »positiven Wasser«. Siehe Kapitel 2.
3Na ja, fast alle. Die einzige Ausnahme, die ich kenne, ist die britische Pop-Band Wet Wet Wet aus den 1990ern. Bei der muss ich mich leider geschlagen geben. Ich konnte beim besten Willen nichts Durchgeknalltes an ihnen finden. Hinweise jeglicher Art nehme ich gern auf Instagram entgegen, unter @schreiberland.
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