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Beschreibung

Rahmenbedingungen gelingender Lehre, vom Ansatz bis zur nachhaltigen Verstetigung erfolgreicher Lehrinnovationen, diskutieren die Autorinnen und Autoren in dem Sammelband. Neben der curricularen Entwicklung geht es um Qualitätsmanagement, Organisationsentwicklung und Professionalisierung der Hochschuldidaktik. Die Beiträge sind den Abschnitten "erkennen", "entwickeln" und "etablieren" zugeordnet. Der Abschnitt "erkennen" bündelt die Themen Learning Analytics, formative und summative Prüfungen, Forschendes Lernen und einen Kodierleitfaden für Teaching Analysis Polls. Themen des Abschnittes "entwickeln" sind innovative didaktische Formate, der shift from teaching to learning in hochschuldidaktischen Fortbildungen, Forschendes Lernen als Lehrformat sowie bewährte didaktische Konzepte in neuen Lehrkontexten. In "etablieren" wird die Verstetigung gelingender Lehre als zentrale Herausforderung beschrieben - insbesondere bei befristeten Projektlaufzeiten. Good-practice-Beispiele, Schulung der Lehrenden sowie die Etablierung der hochschuldidaktischen Theorie und Praxis ergänzen den Abschnitt.

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Seitenzahl: 307

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Gelingende Lehre: erkennen, entwickeln, etablieren

Beiträge der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd) 2016

Martina Schmohr, Kristina Müller, Julia Philipp (Hg.)

© 2018 wbv Publikation ein Geschäftsbereich der wbv Media GmbH & Co. KG, Bielefeld

Gesamtherstellung: wbv Media GmbH & Co. KG, Bielefeld wbv.de

Umschlagabbildung: © Hilch/istockphoto

Bestellnummer: 6004636

ISBN (Print): 978-3-7639-5941-9

ISBN (E-Book): 978-3-7639-5942-6

ISBN (E-Pub): 978-3-7639-5986-0

Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Insbesondere darf kein Teil dieses Werkes ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (unter Verwendung elektronischer Systeme oder als Ausdruck, Fotokopie oder unter Nutzung eines anderen Vervielfältigungsverfahrens) über den persönlichen Gebrauch hinaus verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Für alle in diesem Werk verwendeten Warennamen sowie Firmen- und Markenbezeichnungen können Schutzrechte bestehen, auch wenn diese nicht als solche gekennzeichnet sind. Deren Verwendung in diesem Werk berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese frei verfügbar seien.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Vorwort zur Blickpunktreihe

Der vorliegende Band in der Reihe Blickpunkt Hochschuldidaktik dokumentiert die Ergebnisse der 45. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik in Bochum im Jahr 2016. Das Tagungsmotto lautete „Gelingende Lehre: erkennen, entwickeln, etablieren“.

Mit drei „E“ haben die Verantwortlichen die Jahrestagung überschrieben: erkennen – entwickeln – etablieren. Damit verfolgten die Veranstalterinnen, die auch diesen Band herausgeben, einen ganzheitlichen Ansatz. Dieses E-Drei­gestirn war nicht nur das Motto der Tagung, es strukturierte ebenso das Tagesprogramm wie auch den vorliegenden Band.

Mit Erkennen fand ein Austausch darüber statt, was gelingende Lehre ist und wie sie identifiziert werden kann. Beim Entwickeln wurde Raum für die Darstellung und Reflexion von neuen Entwicklungen, aber auch die Weiterentwicklung von Bewährtem geboten, und mit Etablieren wurde über sinnvolle und hilfreiche Strategien diskutiert und nach Gelingensbedingungen geforscht, unter welchen Projekte zur Hochschullehre nachhaltig an den Hochschulen verankert werden können.

Die Arbeit an den Inhalten geschah in verschiedenen Formaten. Hier haben sich die Verantwortlichen zum einen auf traditionelle Formate (wie z. B. Keynotes oder Workshops oder Posterpräsentationen) besonnen, zum anderen aber auch Neues ausprobiert oder noch recht Neues weiterentwickelt. Um dem Ansatz der Mehrperspektivität und dem der Ganzheitlichkeit gerecht zu werden, wurden z. B. im Vorfeld Studierende gezielt angesprochen und zum Mitmachen aufgefordert – 38 Studierende haben dies genutzt und auf der Tagung einen Beitrag geleistet.

Das Format DisQspace, welches bei der vorherigen Jahrestagung 2015 in Paderborn zum ersten Mal eingesetzt worden war, wurde weiterentwickelt und als Format im Verhältnis zu den anderen Formaten am häufigsten auf der Tagung eingesetzt. Wie die Evaluation zeigt, schätzten die Teilnehmenden neben der Präsentation von Inhalten insbesondere den kollegialen Austausch auf der Tagung, was sich in der Evaluation auch in einem hohen Zustimmungswert zu diesem Format zeigt.

Als ganz neues Instrument führten die Veranstalterinnen das Tagungsportfolio ein, welches das klassische Programmheft ersetzte und mit der Zielsetzung verbunden war, den jeweils individuellen Mehrwert des Gehörten und Gesehenen festzuhalten und dies mit anderen – während oder nach der Tagung – zu kommunizieren. Dabei setzen sie hinlänglich bekannte Erkenntnisse aus der Lernpsychologie konsequent um, nämlich konkrete Möglichkeiten zur individuellen Verankerung und Verarbeitung von neu Gelerntem zu schaffen und damit das Lernen – hier: auf einer Tagung – zu unterstützen. Mit diesem Format betraten die Verantwortlichen der Tagung und dieses Bandes Neuland, das künftig sicher noch weiter exploriert wird.

Wie diese neuen Versuche gelungen sind, ist in diesem vorliegenden Band sehr schön nachzulesen. Mit dem Band erhalten Leser*innen einen hervorragenden Einblick in die Diskussionen unter dem Motto Gelingende Lehre: erkennen – entwickeln – etablieren.

Im Namen des Editorial Board der Reihe Blickpunkt Hochschuldidaktik bedanken wir uns bei den Herausgeberinnen herzlich für die gute Zusammen­arbeit und wünschen allen Leser*innen viel Lust beim Stöbern und Freude beim Neu-Entdecken und Weiterdenken!

Berlin/Paderborn im Juni 2018

Sabine Brendel und Robert Kordts-Freudinger

P.S.: Sie haben eine gute Idee für einen Themenband in der Buchreihe Blickpunkt Hochschuldidaktik, die Sie als Herausgeber*in bearbeiten möchten? Melden Sie sich gern beim Editorial Board, Kontakt: [email protected].

Inhalt

Vorwort zur Blickpunktreihe

Editorial

Martina Schmohr, Kristina MüllerGelingende Lehre: erkennen, entwickeln, etablieren

Erkennen

Martin Mandausch, David B. MeinhardLearning Analytics – ein hochschuldidaktischer Diskurs zu Daten­analysen in der Lehre

Jochen SchmerfeldForschendes Lernen – zum Zusammenhang zwischen Hochschul­didaktik und Hochschulkonzept

Silke Traub, Udo GrünTutorien als Brücke zu einem wirksamen Selbststudium

Birgit Hawelka, Stephanie HiltmannTeaching Analysis Poll – ein Kodierleitfaden zur Analyse qualitativer Evaluationsdaten

Entwickeln

Andreas Fleischmann, Cornelia Entner, Amélie Prebeck, Janina SchroederFächersensible Hochschuldidaktik in München

Claudia Neumann, Marit Vissiennon, Ulrike Rada, Susann BeyerDie LiT.Werkstatt – der Herausforderung des shift from teaching to learning in der hochschuldidaktischen Weiterbildung begegnen

Ina MittelstädtStudierendenorientierung – was heißt das? Und wie lässt sie sich in Weiterbildungen anstoßen?

Tobias Jenert, Miriam Barnat, Peter Salden, Bernadette DilgerStruktur, Prozess oder Didaktik als Ausgangspunkt? – Ein integratives Modell der Curriculumentwicklung an Hochschulen

Etablieren

Marianne Merkt, Nicole Franke, Maria KnepperDer KomPass der Hochschule Magdeburg-Stendal – ein Fallbeispiel zur nachhaltigen Verankerung von Diversitätsmaßnahmen

Tina Stibane, Helmut SitterAkzeptanz und Effekte einer medizindidaktischen Schulung für Prüfende im praktisch-mündlichen Staatsexamen Medizin

Aleksandra Jablonski, Kristina Müller, Julia Philipp, Martina SchmohrMach was draus! – ein Tagungsportfolio für den Transfer von Impulsen in den Arbeitsalltag

Ivo van den Berk, Konstantin SchultesWege hochschuldidaktischer Forschung in die Praxis und zurück: kollaborative Dokumentation und Rekonstruktion erprobter Praxis im Online-Tool P2T

Editorial

Gelingende Lehre: erkennen, entwickeln, etablieren

Beiträge von der Jahres­tagung 2016 der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik e. V. in Bochum

Martina Schmohr, Kristina Müller

Das vorliegende Buch enthält Beiträge, die aus der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik e. V. (dghd) hervorgegangen sind. Diese fand im September 2016 an der Ruhr-Universität Bochum statt. Außer in dieser Publikation werden in einem parallel entstehenden Tagungsband der Onlinezeitschrift die hochschullehre weitere Beiträge zur dghd16-Veranstaltung veröffentlicht. Alle in diesen beiden Medien erscheinenden Texte wurden auf der Grundlage der Gutachten, die vor der Tagung erstellt wurden, sorgfältig ausgewählt.

1 Das Tagungsmotto der dghd16

Die dghd16 stand unter dem Motto Gelingende Lehre: erkennen, entwickeln, etablieren. Dieser Dreiklang war handlungsleitend für die inhaltliche Struktur dieses Tagungsbands und sollte die verschiedenen Phasen im Innovationsprozess hin zu gelingender Lehre thematisieren. Diese entsprachen einem ganzheitlichen Ansatz, der mit den drei Schwerpunkten einen ausgewogenen Blick auf die Hochschullehre ermöglicht:

Erkennen stand als erstes Schlagwort für die Chance auf der Tagung, sich darüber auszutauschen, was gelingende Lehre ist und mit welchen Bewertungskriterien und Evaluationsmethoden sie identifiziert werden kann. Ebenso hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, durch die zahlreichen Tagungsbeiträge ein umfassendes Bild davon zu gewinnen, welche Ergebnisse die Projekte diverser Hochschulen und Universitäten aus dem Verbundprojekt Qualitätspakt Lehre hinsichtlich Faktoren gelingender Lehre erreicht haben. Entwickeln sollte als zweites Schlagwort Raum für die Präsentation und Diskussion von Neu-Entwicklungen, aber auch für die Übertragung von Bewährtem in neue Lehrkontexte geben. Zu diesem Stichwort wurden im Vergleich zu den beiden anderen Schwerpunkten – Erkennen (45) und Etablieren (52) – mit 129 die meisten Beiträge eingereicht. Hinter dem letzten Begriff des Mottos, dem Etablieren, stand die Frage, auf welche Art und Weise erfolgreiche Projekte und Initiativen etabliert und damit nachhaltig wirksam werden können. Gerade vor dem Hintergrund befristeter Finanzierungen von Lehr-Lern-Projekten stellt dies eine zentrale Herausforderung dar, mit der sich auch einer der Keynote-Beiträge befasste.

1.1 Gelingende Lehre aus vielen Perspektiven

Was lässt den Austausch über gelingende Lehre gelingen? Bei der Planung und Umsetzung der dghd16 haben wir genau darauf geachtet, dass Akteurinnen und Akteure aus verschiedenen Handlungsfeldern des Lehrens und Lernens zu Wort kommen und ihre Perspektiven einbringen. Der Einbezug dieser Vielfalt ist aus unserer Sicht ein essentieller Faktor des Gelingens von Lehre. Um der üblicherweise geringen studentischen Beteiligung zu begegnen, haben wir im Vorfeld der Tagung zwei Werkstätten an der Ruhr-Universität Bochum angeboten, zu denen Studierende eingeladen wurden. Hier hatten sie die Möglichkeit, sich im ersten Schritt zur Einreichung ihres Beitrags beraten zu lassen und im zweiten Schritt Ideen für die Umsetzung ihres Vorhabens im jeweiligen Format zu sammeln und zu konkretisieren. Die gezielte Ansprache unterschied­licher Akteursgruppen des Lehrens und Lernens mit diesen Beratungsangeboten ist aus unserer Sicht ein Türöffner, um eine hohe Anzahl an Perspektiven während der Tagung miteinander in den Austausch bringen zu können. Wir freuen uns darüber, dass sich 550 Interessierte, darunter 38 Studierende, dem Motto – vom Erkennen über das Entwickeln bis hin zum Etablieren gelingender Lehre – gewidmet haben.

1.2 Das Tagungsportfolio zur Unterstützung des Transfers

Im Einklang mit dem ganzheitlichen Ansatz des Tagungsmottos haben wir als Veranstalterinnen in der Planungsphase überlegt, wie wir dem von Teilnehmenden häufig geäußerten Wunsch, aus dem Tagungsbesuch einen Mehrwert zu erzielen, gerecht werden und vor allem den Transfer von Impulsen in den Arbeitsalltag unterstützen können.

So wurde beschlossen, eine schriftliche Hilfe zur Systematisierung der Eindrücke, Impulse und Theorien anzubieten. Anstelle eines reinen Programm­hefts haben wir ein Tagungsportfolio entwickelt, in dem die Teilnehmenden gewonnene Anregungen notieren konnten, um die Aspekte des Erkennens, Entwickelns und Etablierens festhalten und so auch nach der Tagung in den eigenen Arbeitskontext überführen zu können. Die Zielsetzung war, im Tagungsportfolio den persönlichen Eindruck von den dargestellten Inhalten festzuhalten, deren jeweils spezifischen Mehrwerte herauszustellen und die Kommunikation mit anderen Akteurinnen und Akteuren anzustoßen. Das neu Gelernte nicht nur im Hinterkopf behalten zu müssen, sondern stichwortartig und einer angebotenen Systematik folgend zu notieren sowie mit einem bestimmten inhaltlichen Hinweis und dem Namen einer Ansprechperson für die eigene Arbeit im Alltag zu versehen waren die Ansatzpunkte des Tagungsportfolios. Die Notizen können die spätere intentionale Auseinandersetzung mit den Inhalten der Tagung fördern und die mögliche Planung einer nächsten Handlung bzw. eines Transfers unterstützen. Einen ausführlichen Beitrag zum Einsatz des Tagungsportfolios finden Sie in dieser Ausgabe unter dem Titel Mach was draus! – ein Tagungsportfolio für den Transfer von Impulsen in den Arbeitsalltag von Aleksandra Jablonski, Kristina Müller, Julia Philipp und Martina Schmohr.

1.3 Die dghd16 in Zahlen – die Ergebnisse der Online-Evaluation

An der Tagung haben 550 Personen teilgenommen, wobei Frauen häufiger vertreten waren (68 %). Die folgenden Angaben basieren auf der Online-Evaluation, die den Teilnehmenden wenige Tage nach der Tagung zuging und die 300 Personen (75 % Frauen, 25 % Männer) beantwortet haben.

Aus der Perspektive der Teilnehmenden wurden die mit der Tagung verfolgten Ziele größtenteils erreicht: Die Zustimmungswerte lagen zwischen 3.2 und 4.0 auf einer Skala von keine Zielerreichung (1) bis vollständige Zielerreichung (5). Die höchsten Zustimmungswerte (mit je 4.0) erhielten die Möglichkeit des kollegialen Austauschs und die Präsentation von Inhalten. Die Teilnehmenden gaben an, sich über hochschuldidaktische Themen aus Sicht der Forschung und der Praxis informiert zu haben (4.0), und konnten ihre Netzwerke pflegen (3.9). Den niedrigsten Wert hinsichtlich der Zielerreichung, der aber mit 3.3 immer noch im positiven Bereich lag, erzielte die Information über Ergebnisse der geförderten Projekte und daran geknüpfte Nachhaltigkeitsbestrebungen. Grundsätzlich waren die Teilnehmenden mit der Tagung zufrieden (Werte zwischen 3.0 und 4.5). Als Highlights hinsichtlich der Zufriedenheit wurden einer der Keynote-Beiträge (4.5), die Organisation der Tagung (4.5) und die angebotenen Workshops (4.3) bewertet.

1.4 Die Keynote-Beiträge – zwei Perspektiven auf gelingende Lehre

Thematische Schwerpunkte, die der Tagung zugleich eine Rahmung gaben, setzen zwei Keynote-Beiträge: Prof. Dr. Peer Pasternack, Direktor des Instituts für Hochschulforschung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, eröffnete die dghd16 mit einem hochschulpolitischen Fokus. In seinem Beitrag gab er Antworten auf die Frage, wie lehrbezogene Förderprojekte erfolgreich etabliert werden können. Ausgehend von typischen Problemen projektförmiger Lehrinnovationen zeigte Pasternack für eben diese Erfolgsfaktoren und -strategien auf. Direkt zum Einstieg der Tagung wurde damit die Aufmerksamkeit auf Aspekte des Etablierens gerichtet. Zum Abschluss des ersten Förderzeitraums der Projekte waren die Hinweise und Informationen von Pasternack, der an der Begleitforschung zum Verbundprojekt Qualitätspakt Lehre mitwirkt, eine gute Standpunktbestimmung.

Zum Abschluss der dghd16 wurde zum Blick über den Tellerrand eingeladen: Die Ingenieurdidaktikerin Kristina Edström von der Königlichen Technischen Hochschule Stockholm sensibilisierte für eine anwendungsorientierte und ressourceneffiziente Herangehensweise in der Lehre und brachte konkrete Beispiele mit internationalen Bezugspunkten ein. Der Titel ihres Keynote-Beitrags The teaching trick – how to improve student learning without spending more time teaching wurde erlebbar: Das Plenum konnte aus einem Methodenpool wählen und Herangehensweisen zu beispielhaften ressourceneffizienten Schrit­ten in der Lehre, die studentisches Lernen unterstützen, aus erster Hand in Erfahrung bringen.

1.5 Zentrale Formate der dghd16-Tagung

Auf der dghd16 wurde ein Format fortgesetzt und weiter etabliert, welches ein Jahr zuvor bei der Jahrestagung 2015 in Paderborn (dghd15) mit der Bezeichnung DisQspace eingeführt wurde. Wir haben es aufgegriffen, genauer erläutert (mit seiner verkürzten Form der Wörter discussion, quality und space) und auf der Tagung von allen Formaten am häufigsten umgesetzt. In diesem Format wurden thematisch ähnliche Beiträge auf einer Art Marktplatz präsentiert, wo Interessierte Zeit und Raum für intensive Diskussionen und Interaktion hatten. Der Grund für diese maßgebliche Position des Formats DisQspace war das Bestreben, im moderierten Austausch die Interaktion aller Beteiligten zu ermöglichen. Wie die Evaluationsdaten der dghd15 zeigen, geht das jeweilige Ausmaß der Interaktion mit dem selbsteingeschätzten Lernzuwachs der Teilnehmenden einher. Auf diese Weise wurde die Tagung auch ein Lernort für die Mitwirkenden. Die Rückmeldungen zur dghd16 machen deutlich, dass auf einer Skala von keine Interaktion (1) bis hohe Interaktion (5) die Formate World Café (3.7), Workshop (3.5) und DisQspace (3.) den höchsten Anteil an Interaktion haben.

1.6 Die Veröffentlichung in zwei Medien

Zahlreiche Mitwirkende haben ihre Beiträge im Nachgang der dghd16-Tagung verschriftlicht. Zum einen finden Sie diese Ausführungen in der Online-Zeitschrift die hochschullehre. Hier stellen unterschiedliche Akteursgruppen des Lehrens und Lernens aus vielfältigen fachlichen Bezügen ihre Perspektiven rund um das Themenfeld Studium und Lehre vor. Zum anderen laden wir Sie ein, im vorliegenden Tagungsband zur dghd16 der Reihe Blickpunkt Hochschuldidaktik zu stöbern. Die dort verorteten Beiträge sind am Motto der Tagung ausgerichtet, so dass die Bezugspunkte des Erkennens, Entwickelns und Etablierens fundiert hinterlegt werden. Nutzen Sie den Zugriff auf beide Medien für eine umfassende Auseinandersetzung mit Aspekten gelingender Lehre.

2 Die Beiträge in diesem Band

Zum Dreiklang des Erkennens, Entwickelns und Etablierens gelingender Lehre liefern die Beiträge in dieser Ausgabe der Reihe Blickpunkt Hochschuldidaktik Erkenntnisse aus Forschung und Praxis. Mit je vier Beiträgen pro E wird das Tagungsmotto der dghd16 durch die Ausführungen der Autorinnen und Autoren mit Leben gefüllt.

Erkennen gelingender Lehre

Wie gehen wir in Zeiten der Digitalisierung in der Lehre mit der Analyse von personenbezogenen Daten um? Martin Mandausch und David B. Meinhard nehmen die Learning Analytics in den Blick und diskutieren den Einsatz von Datenanalysen zur Evaluation des Lehrens und Lernens. Jochen Schmerfeld setzt sich in seinem Beitrag mit dem Forschenden Lernen auseinander und analysiert das hochschuldidaktische Verständnis von Forschendem Lernen in Abhängigkeit zum Konzept der Hochschule. Welchen Beitrag können Tutorien zu einem wirksamen Selbststudium leisten? Silke Traub und Udo Grün erörtern Tutorien unter dem Gesichtspunkt studentischer Lernorganisation und zeigen, weshalb diese Art der Lehrveranstaltung als Lernort und Umschlagplatz für Lerntechniken und Lernstrategien angesehen werden kann. Birgit Hawelka und Stephanie Hiltmann haben das Konzept Teaching Analysis Poll zur Zwischenevaluation von Lehrveranstaltungen weiterentwickelt. Sie stellen einen Kodierleitfaden zur Standardisierung der Prozesse bei der Erhebung und Auswertung von Rückmeldungen vor, der zur Steigerung der Lehrqualität beitragen soll.

Entwickeln gelingender Lehre

Wie gelingt die Fakultätseroberung? Andreas Fleischmann, Cornelia Entner, Amélie Prebeck und Janina Schroeder plädieren in ihrem Beitrag für den Aufbau von fakultätsspezifischer Expertise, um neben fachübergreifenden Angeboten auch fächersensible Hochschuldidaktik praktizieren zu können. Der Beitrag von Claudia Neumann, Marit Vissiennon, Ulrike Bergmann und Susann Beyer zeigt theoriegestützt auf, wie der shift from teaching to learning, nach dessen Konzept Fortbildungen neu arrangiert wurden, in hochschuldidaktischen Workshops von Teilnehmenden erlebt werden kann. Was verbirgt sich hinter der häufig genannten Studierendenorientierung? Ina Mittelstädt bietet einen umfassenden theoretischen Zugang mit einer klar abgegrenzten Definition an und leitet daraus erste Handlungsoptionen für die Gestaltung hochschuldidaktischer Workshops ab. Tobias Jenert, Miriam Barnat, Peter Salden und Bernadette Dilger betrachten die Studienprogrammentwicklung in unterschiedlichen Spannungsfeldern. In ihrem Beitrag stellen sie ein integratives Modell der Curriculumentwicklung an Hochschulen vor, in dem die Struktur, der Prozess und die Didaktik im Entwicklungsprozess gleichermaßen berücksichtigt werden.

Etablieren gelingender Lehre

Wie kann eine diversitätssensible Kultur nachhaltig in der Hochschule verankert werden? Eine Antwort auf diese Frage geben Marianne Merkt, Nicole Franke und Maria Knepper anhand eines Fallbeispiels zur Etablierung von Diversitätsmaßnahmen auf struktureller sowie individueller Ebene einer Hochschule. Tina Stibane und Helmut Sitter untersuchen die Akzeptanz und Effekte einer medizindidaktischen Schulung zur Durchführung der praktisch-mündlichen Staatsexamensprüfung bei allen Prüfenden. Dabei zeigen sie den Wert des Austauschs innerhalb der Fakultät auf und analysieren die Rückmeldungen der Teilnehmenden. Wie können die vielfältigen inhaltlichen Impulse und Ideen, die bei der Teilnahme an einer Tagung gewonnen wurden, in den Arbeitsalltag transferiert werden? Aleksandra Jablonski, Kristina Müller, Julia Philipp und Martina Schmohr stellen in ihrem Beitrag das Tagungsportfolio der dghd16 und Rückmeldungen zu dessen Nutzung vor und geben einen Ausblick auf weitere Optimierungen seines Einsatzes. Ivo van den Berk und Konstantin Schultes diskutieren in ihrem Beitrag Möglichkeiten, hochschuldidaktische Arbeitsergebnisse nicht nur systematisch zu dokumentieren, sondern auch institutionell anschlussfähig zu machen. Dazu stellen sie das an der Universität Hamburg entwickelte Pattern-Tool P2T vor.

3 Ausblick

Wir hoffen, Ihnen mit diesem Band und den Beiträgen einen repräsentativen und inhaltlich attraktiven Querschnitt über die Themen der 45. Jahrestagung zu präsentieren. Parallel hierzu erscheinen weitere Beiträge in der Online-Zeitschrift die hochschullehre. Wir laden Sie herzlich dazu ein, auf beide Medien zurückzugreifen.

Das Erkennen, Entwickeln und Etablieren gelingender Lehre ist hiermit sicherlich nicht abgeschlossen. Vielmehr werden die hochschuldidaktische Forschung und Praxis auch zukünftig wichtige Anregungen für viele liefern, die an der Lehre mitwirken.

Bei allen Beteiligten – den Beitragenden, den Teilnehmenden und natürlich bei denjenigen, die mit uns die Tagung intensiv vorbereitet und durchgeführt haben – bedanken wir uns für ihr Engagement und für die anregende gemeinsame Zeit in Bochum.

Erkennen

Learning Analytics – ein hochschuldidaktischer Diskurs zu Daten­analysen in der Lehre

Martin Mandausch, David B. Meinhard

Abstract

Die Analyse von lerner- oder lernprozessbezogenen Daten gewinnt im Hochschulbereich immer mehr an Bedeutung. Die Learning Analytics wurde bereits 2011 als eine der Schlüsseltechnologien für zukünftige Lehr- und Lernansätze identifiziert, ist aber in der pädagogischen Praxis noch nicht verankert. Datenanalysen wecken gleichermaßen Begeisterung wie Skepsis: Werden Studierende und Dozierende in Zukunft gläsern und auf die von ihnen hinterlassenen Datenspuren reduziert? Oder ergeben sich durch die Learning Analytics neue didaktische Wirkungsfelder zur Bereicherung der Hochschullehre? Der Beitrag führt in das Thema Learning Analytics ein. Anschließend folgen die Beschreibung bereits durchgeführter Workshops und deren Reflexion. Dabei werden die potentiellen Chancen und Risiken beim Einsatz der Learning Analytics in der Hochschullehre aus unterschiedlichen (Fach-)Blickwinkeln thematisiert. Die seitens der Teilnehmenden in einem intensiven Austausch über den Einsatz von Datenanalysen in der Hochschullehre erarbeiteten Ergebnisse werden zusammengefasst, bevor abschließend ein kurzer Blick auf die mögliche zukünftige Entwicklung des Forschungs- und Praxisfelds der Learning Analytics geworfen wird.

Gliederung

1Die Auswertung von Daten Lernender als hochschuldidaktisches Handlungsfeld

2Was ist Learning Analytics?

2.1Verwandte Begrifflichkeiten

2.2Die Betrachtungsebenen bei der Learning Analytics

3Die Durchführung und die Ergebnisse der Workshops

3.1Die Feedbackmechanismen

3.2Die Prognose über den studentischen Lernerfolg

3.3Die Evaluation des Lernens und der Lehre

4Ausblick: Wie kann die Learning Analytics gelingen?

1 Die Auswertung von Daten Lernender als hochschuldidaktisches Handlungsfeld

In der freien Wirtschaft sind Themen wie Big Data oder Business Intelligence gang und gäbe. Große Online-Händler werten das Konsumentenverhalten aus und passen ihre Angebote und Konditionen individuell an die jeweilige Kundschaft mit dem Ziel an, Umsatz- und Gewinnsteigerungen als wirtschaftliches, kommerzielles Potential auszuschöpfen. Auch für den Bildungsbereich werden beträchtliche Potentiale mit der Auswertung von Daten in Verbindung gebracht, die bei der Anwendung von Lern- und Verwaltungssoftware anfallen. Der Fundus an verfügbaren Daten ist auch hier in den vergangenen Jahren mit der zunehmenden Verbreitung von Learning-Management-Systemen und mit der intensiven Nutzung von Campus-Management-Systemen deutlich angewachsen. In sämtlichen Bereichen der (Hochschul-)Bildung, von der bildungspolitischen Ebene über die Hochschul-, Fakultäts- und Studiengangsleitung bis hin zur mikrodidaktischen Ebene, werden durch administrative Vorgänge sowie die Nutzung von digitalen Lernmedien riesige Datenmengen generiert.

Die Analyse und Optimierung studentischer Lernprozesse ist kein neues Forschungsfeld, sondern schon lange im Fokus verschiedener Disziplinen. Als Teilgebiet der pädagogischen Psychologie widmet sich die Instruktionspsychologie der Frage, wie Lernprozesse von einer Lehrperson beeinflusst werden können (Leutner, 2010; Schulmeister, 1983). Leutner geht davon aus, dass mittels Lernerfolgsdiagnostik erlangte Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Lehrprozessen erforderlich sind, um erfolgreich lehren zu können. Informationen aus Anwesenheitslisten, Zensuren, Fragebogen, Lerntagebüchern, Interviews, lehrzielorientierten Tests oder Audio- bzw. Videoaufzeichnungen von lautem Denken (Wecker, Stegmann & Fischer, 2012) werden dazu herangezogen, um Lernende mit Schwierigkeiten im Lernprozess zu identifizieren.

Die Learning Analytics bietet als Werkzeug neue Möglichkeiten der Lernprozessanalyse und will

weit über diese bewährten Strategien hinausgehen, indem Informationen aus unterschiedlichsten Quellen zusammengeführt werden, um ein erheblich stabileres und nuancierteres Bild des Lernprozesses zu ermitteln, das dazu dient, sowohl das Lehr- als auch das Lernumfeld zu verbessern. (Johnson, Adams & Cummins, 2012/2012, S. 26)

Seit mehreren Jahren lässt sich auch im Bildungsbereich ein steigendes Interesse an Analytics-Themen beobachten. Dies wird u. a. sichtbar an der wiederholten Nennung des Schlagworts Learning Analytics im NMC Horizon Report der vergangenen Jahre (Johnson et al., 2016; Johnson, Adams Becker, Estrada & Freeman, 2015/2015). Die Learning Analytics wurde bereits 2011 als eine der Schlüsseltechnologien für zukünftige Lehr- und Lernansätze identifiziert und ist bis heute ein fester Bestandteil des Trendmonitors. In Kombination mit der zentralen Forderung in der Digitalen Agenda 2014–2017 der Bundesregierung, dass unser Bildungssystem die Menschen noch besser auf die Anforderungen der digitalen Arbeitswelt und der Wissensgesellschaft vorbereiten und ihre Medienkompetenz stärken muss (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Bundesministerium des Innern & Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, 2014), müssen sich auch die Hochschullehre und die Hochschuldidaktik mit dem Thema der Digitalisierung und den damit einhergehenden neuen Nutzungs- und Analysemöglichkeiten auseinandersetzen.

Gleichzeitig fällt allerdings auf, dass dieses Thema fortlaufend über die Jahre beispielsweise als ein zukünftig relevanter mittelfristiger Trend genannt wird, welcher offenbar in den (deutschen) Hochschulen bis heute noch nicht im Regelbetrieb angekommen ist.

Eine mögliche Erklärung scheint zu sein, dass Learning-Analytics-Projekte momentan recht technikzentriert und teilweise selbstreferentiell vorgehen. Publizierte Forschungsarbeiten zielen oftmals in der Hauptsache auf die Entwicklung, Evaluation und Verbesserung der eigenen Werkzeuge. Hauptnutzergruppen werden zumeist erst nach der Entwicklung in Form von (summativen) Evaluationen eingebunden.

Aus diesen Gründen besteht ein Bedarf, die Perspektive der Lehrenden und Lernenden stärker in den Fokus zu nehmen, um die Entwicklung von Werkzeugen zur Analyse der Lerndaten stärker an den Bedürfnissen dieser Zielgruppen ausrichten zu können.

Digitale Medien und Hochschuldidaktik heißt die Arbeitsgruppe (AG) zu Fragen der Verbindung von Digitalen Medien und Hochschuldidaktik der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik e. V. Vorrangiges Ziel ist es, durch Austausch unter ihren Mitgliedern und Vernetzung mit anderen Akteurinnen und Akteuren, insbesondere Fachgesellschaften, aus einer hochschuldidaktischen Perspektive Stellung zu Fragen in Bezug auf Bildung an Hochschulen in einer digitalen Gesellschaft zu nehmen. In mehreren Treffen der AG wurde Bedarf für die hochschuldidaktische Auseinandersetzung mit dem Thema Learning Analytics identifiziert und die Einbringung bei der 7th Dortmund Spring School for Academic Staff Developers im März 2016 und der 45. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik im September 2016 beschlossen. Es sollte der Frage nachgegangen werden, welche Einstellungen Lehrende und Lernende gegenüber dem Thema Learning Analytics haben. Welche Bedürfnisse und Anforderungen bringen sie in die Konzeption von Learning-Analytics-Ansätzen ein? Welche Sorgen oder Ängste bestehen angesichts der Auswertung der gesammelten Daten? Haben wir es zukünftig mit gläsernen Studierenden und Lehrenden zu tun? Wie sollten die Learning-Analytics-Angebote strukturiert sein, damit sie einen möglichst großen Mehrwert bieten und in der Folge mit hoher Wahrscheinlichkeit auch aktiv genutzt werden?

Um diesen Fragen nachgehen zu können, werden in den nächsten Abschnitten zunächst die konzeptionellen, theoretischen Grundlagen gelegt.

2 Was ist Learning Analytics?

„Learning analytics is the measurement, collection, analysis, and reporting of data about learners and their contexts, for the purposes of understanding and optimizing learning and the environments in which it occurs” (Siemens, 2013, S. 1382).

Im Jahr 2010 wurde zum ersten Mal die Visuelle Datenanalyse erwähnt, durch deren Tools der komplexe Vorgang der Visualisierung von Mustern in großen Datenmengen stark vereinfacht und für die Hochschullehre nutzbar gemacht werden konnte. Die Learning Analytics wurde bereits 2011 als eine der Schlüsseltechnologien für zukünftige Lehr- und Lernansätze identifiziert und ist bis heute ein fester Bestandteil des Trendmonitors der Gesellschaft New Media Consortium.

Die Learning Analytics beschreibt nach Siemens (2010) die Nutzung von intelligenten Daten, die von Lernenden produziert werden, und von Analysemodellen mit der Zielsetzung, Informationen und soziale Verbindungen zu entdecken und in Bezug auf das Lernverhalten Vorherzusagen zu treffen und zu beraten: „Learning analytics is the use of intelligent data, learner-produced data, and analysis models to discover information and social connections, and to predict and advise on learning” (para. 3). Die Menge an Informationen über Lernende soll analysiert werden, um Muster in den komplexen Daten zu erkennen. Für Duval (2012) heißt Learning Analytics, die digitalen Spuren zu sammeln, die Lernende hinterlassen, und diese dann zu nutzen, um das Lernen zu verbessern: „In my view, Learning Analytics is about collecting traces that learners leave behind and using those traces to improve learning“ (para. 1).

2.1 Verwandte Begrifflichkeiten

Analog zum Begriff Business Analytics für Datenanalysen im Unternehmenskontext bezeichnet Educational Analytics alle Auswertungen von im Bildungsbereich anfallenden Daten. Beziehen sich diese Analysen weniger auf den Lernprozess als auf institutionelle Prozesse, so sprechen Long und Siemens (2011) sowie Campbell, DeBlois und Oblinger (2007) von Academic Analytics.

Die fokussierte Auswertung von bildungs- und lernprozessbezogenen Daten als Teilbereich davon wird in den letzten Jahren von den zwei unterschiedlich akzentuierten Forschungsbereichen Educational Data Mining und Learning Analytics bearbeitet, die jeweils Teilbereiche des Felds der Academic Analytics oder der Educational Analytics darstellen (siehe Abbildung 1). Während die Ziele der beiden Disziplinen in weiten Teilen deckungsgleich sind und daher oft synonym verwendet werden, bestehen doch bestimmte Unterschiede in den Perspektiven und Herangehensweisen, welche in der wissenschaftlichen Diskussion voneinander differenziert werden.

Educational Data Mining bezieht sich auf die (voll-)automatische Analyse, Mustererkennung und Auswertung von Daten im Bildungsbereich. Im Gegensatz dazu stehen bei der Learning Analytics der Lehr- bzw. Lernprozess und die daran beteiligten Personen im Vordergrund. Die Sammlung und Auswertung der damit verbundenen Daten und die anschließende Interpretation dient der Erfor­schung des Lehr- bzw. Lernkontexts, um Lehrenden, Lernenden und Bildungsinstitutionen zu ermöglichen, über Lernprozesse zu reflektieren und damit die Optimierung von Lehrangeboten zu fördern (Chatti, Dyckhoff, Schroeder & Thüs, 2012).

Abbildung 1: Begriffsrelationen im Umfeld von Learning Analytics. Aus Learning Analytics von S. Bucking­ham Shum, 2012, November, Policy Brief, S. 3. Copyright 2012 bei UNESCO. Veränderte Wiedergabe mit Genehmigung. Aus Action research and learning analytics in higher education von A. L. Dyckhoff, 2014, Aachen: RWTH Aachen. Copyright 2014 bei A. L. Dyckhoff. Aus Enhancing teaching and learn­ing through educational data mining and learning analytics: An issue brief. Prepared by: Marie Bienkowski, Mingyu Feng und Barbara Means von U. S. Department of Education, Office of Educa­tional Tech­nology (Ed.), 2012, Washington, D. C.: Editor.

Greller und Drachsler (2012) weisen darauf hin, dass Lernplattformen und E-Learning-Umgebungen zwar automatisch Nutzerdaten speichern, dass die Nutzung dieser Daten für das Lehren und Lernen aber noch sehr beschränkt stattfindet. Die Learning Analytics wird als ein entscheidender Weg gesehen, um Einblicke in den Umgang Studierender mit Online-Texten und zur Verfügung gestellten Kursmaterialien zu erhalten. Auch Studierende sollen von den Ergebnissen aus der Learning Analytics profitieren, indem ihnen aufgrund ausgewerteter studierendenspezifischer Daten Supportstrukturen bereitgestellt wer­den, die sich an ihren Lernbedürfnissen orientieren (Johnson et al., 2013/2013, S. 28).

2.2 Die Betrachtungsebenen bei der Learning Analytics

Die statistische Auswertung der kontinuierlich anfallenden Daten der verschiedenen Informations- und Kommunikationssysteme im Bildungsbereich kann auf verschiedenen Ebenen betrachtet werden und erlaubt so einen differenzierteren Blick auf die Potentiale und Hemmnisse der Learning Analytics (Buckingham Shum, 2012, S. 3).

Auf der Mikroebene beschäftigt sich die Learning Analytics mit der Auswertung jener Daten, die für die eigentliche (unterrichtliche) Interaktion relevant sind. Dies sind Datenspuren, die von einzelnen Lehrenden oder Studierenden hinterlassen worden sind. Die in Lehrveranstaltungen (durch die Nutzung oder auch anhand durchgeführter Self-Assessments) entstandenen Daten werden dem Lernenden üblicherweise in sogenannten Dashboards (Übersichtsseiten) visuell dargeboten und ermöglichen eine zeitnahe Reflexion über das eigene Lernverhalten und den Vergleich mit einer geeigneten Referenzgruppe oder personalisierte Rückmeldungen zu empfohlenen Lernpfaden sowie Lernmaterialien. Eine derartige Übersicht kann Lehrpersonen auf Wissenslücken ihrer Zielgruppe hinweisen und passende Interventionen nahelegen (Greller & Drachsler, 2012, S. 46 f.). So können Nutzungsdaten aus Lernplattformen ausgewertet werden, um zu sehen, ob und wie bestimmte Angebote angenommen werden. Erkennbare Zusammenhänge zwischen der Nutzung der bereitgestellten Materialien und dem Lernerfolg der Studierenden oder dem guten bzw. schlechten Verständnis bestimmter Inhalte liefert Lehrenden unmittelbare Anhaltspunkte zum Lernstand von Studierenden. Dies ermöglicht, einzelne Studierende gezielt zu fördern oder auch über die eigene Lehre zu reflektieren, diese anzupassen und durch Interventionen auf erkannte Defizite einzugehen. Als nicht weniger wichtig wird erachtet, die Lernenden transparent mit Informationen zu ihren eigenen Lerngewohnheiten zu versorgen und ihnen Empfehlungen für potentielle Verbesserungen zu geben.

Auf der institutionellen Mesoebene werden die Daten aus unterschiedlichen Datenquellen der Mikroebene gebündelt, um so „als Teil des akademischen Controlling Aufschluss über wichtige Entwicklungen und Zusammenhänge“ (Salden, Rick & Tscheulin, 2014, S. 212) zu geben. Es ergibt sich aus der Perspektive der jeweiligen Einrichtung aufgrund der Learning Analytics die Möglichkeit, zusätzliche Informationen, beispielsweise zu Studienabbruchs- oder Studienabschlussraten und ggf. hiermit in Verbindung stehender Determinanten, zu erhalten, die ohne eine systematische Aufbereitung der hierzu relevanten Daten überhaupt nicht oder nicht unmittelbar zu dem Zeitpunkt verfügbar sind, zu welchem sie zu Zwecken der Information oder Intervention benötigt werden. Die Learning Analytics könnte diese Informationen in einem Detaillierungsgrad bereitstellen, der es Institutionen ermöglicht, die eigenen Bildungsangebote zu evaluieren und Studienergebnisse zu verbessern (Greller & Drachsler, 2012, S. 47). Darüber hinaus kann sich die Learning Analytics explizit an die Leitungsebene von Bildungseinrichtungen wenden, um die Qualität des Lehrens und Lernens zu verbessern, um die eigene Effizienz zu steigern, um Entscheidungsprozesse zu unterstützen und um nötige Grundlagen für eine organisationale Weiterentwicklung zu legen (Long & Siemens, 2011, S. 32). Bei entsprechender Datenlage macht die Learning Analytics eventuell Gründe für lange Studienzeiten oder Studienabbrüche erkennbar und erlaubt eine begründete Adaption auf curricularer Ebene. Durch entsprechende (Wahl-)Module oder Brückenkurse können optimale Bedingungen für einen erfolgreichen Studienabschluss geschaffen werden. Ein besonderer Stellenwert wird der Learning Analytics für die Studienberatung zugeschrieben. Im Gegensatz zur Beratung rein auf der Basis von in Veranstaltungen erzielten Abschlussnoten kann hier – sofern ausreichend aussagekräftige Daten erhoben werden können – zielgerichteter unterstützt werden. Man erhofft sich, sichtbar machen zu können, auf welchen Lernpfaden die Lernenden erfolgreich zum Studienabschluss gelangen und wo ggf. Hürden oder Schwierigkeiten auftauchen.

Die Makroebene stellt die höchste Aggregationsebene dar. Im Kontext der Learning Analytics stehen auf dieser Ebene die Leitungen von Hochschulen und Ministerien auf Landes- oder Bundesebene, die Daten aus unterschiedlichen Institutionen verknüpfen und zentral auswerten.

Wie dargestellt, handelt es sich bei der Makroebene um die Learning Analytics auf der überinstitutionellen Ebene von Regionen, (Bundes-)Ländern oder Staaten. Die Mesoebene bildet die intrainstitutionelle Ebene ab und ermöglicht Analysen innerhalb einzelner Organisationen, Vergleiche zwischen verschiedenen Abteilungen, Fachbereichen, Fakultäten und Ähnlichem. Die Mikroebene, als feinkörnigste Betrachtungsebene, umfasst einzelne Nutzende und deren Interaktionen mit Personen und Systemen, was indes auch der mikrodidaktischen Perspektive entspricht.

Die verschiedenen Ebenen bereichern sich wechselseitig aufgrund dessen, dass in übergeordnete Ebenen Informationen aus den untergeordneten Eben gespeist werden. Aufgrund der Aggregation der Ergebnisse und Verbreiterung der Befunde kann beispielsweise eine Verbesserung der Learning-Analytics-Ansätze erfolgen, welche bis an die Mikroebene zurückgespielt werden, die dann ebenfalls davon profitiert (Buckingham Shum, 2012, S. 4 ff.; Long & Siemens, 2011, S. 36).

Nach Salden, Rick und Tscheulin (2014, S. 212) steht die Mikroebene bei einer explizit hochschuldidaktischen Perspektive auf die Learning Analytics im Vordergrund. Dort ist die Frage nach dem didaktischen Mehrwert der Learning Analytics zu positionieren und in den interdisziplinären Diskurs zu tragen. Dementsprechend wurde bei der Konzeption der Workshops der Fokus auf diese Ebene gelegt, ohne jedoch restriktiv den erweiterten Blick auf die anderen Ebenen und die Zusammenhänge zwischen ihnen auszuschließen.

3 Die Durchführung und die Ergebnisse der Workshops

Im Anschluss an eine kurze Vorstellungsrunde gaben Impulsreferate zum Einstieg in die Workshops einen Überblick über das Thema Learning Analytics. Sie grenzten, wie im vorangegangenen Abschnitt beschrieben, die einzelnen Begrifflichkeiten respektive Betrachtungsebenen gegeneinander ab und wiesen auf erste Erfahrungen der praktischen Implementierung hin. Dadurch wurde ein gemeinsames Verständnis der behandelten Konzepte für den weiteren Verlauf des Workshops geschaffen, um sich anschließend der Kernfrage zu widmen: Was sind aus hochschuldidaktischer Perspektive realistische Mehrwerte der Learning Analytics für die verschiedenen Akteurinnen und Akteure an unseren Hochschulen?

Das Plenum wurde in gleichgewichtige und anhand der Funktionen im jeweiligen beruflichen Kontext möglichst heterogene Gruppen aufgeteilt. Nach einer Variation der Walt-Disney-Methode nahmen die einzelnen Gruppen in insgesamt drei Phasen jeweils nacheinander die folgenden Blickwinkel ein und hielten ihre Einschätzungen auf Postern fest:

die enthusiastische Perspektive (durch die unkritische Adaption der Learning Analytics geprägt) Welche Erwartungen haben Lehrende und Lernende hinsichtlich der Potentiale der Learning Analytics? die skeptische Perspektive (als deutliche Gegenposition zur enthusiastischen Perspektive und durch Ablehnung der Learning Analytics gekennzeichnet) Welche Sorgen oder Ängste bestehen angesichts der Auswertung der gesammelten Daten? die pragmatische Perspektive (durch die Einschätzung charakterisiert, was heute bereits realistisch umsetzbar erscheint)Wie sollten die Learning-Analytics-Angebote strukturiert sein, damit sie einen möglichst großen Mehrwert bieten und in der Folge mit hoher Wahrscheinlichkeit auch aktiv genutzt werden?

Die ausformulierten Statements wurden im Plenum diskutiert, um einen gemeinsamen Konsens über die wichtigsten Aspekte der Learning Analytics im hochschuldidaktischen Kontext zu erreichen und mögliche Schwierigkeiten innerhalb der Realisierung aufzuzeigen. Zur Illustration der Workshopergebnisse werden an dieser Stelle einige sehr prägnante bzw. prototypische Rückmeldungen wiedergegeben, welche sich über die drei unterschiedlichen Perspektiven hinweg abbilden lassen.

3.1 Die Feedbackmechanismen

Aus enthusiastischer Perspektive zeichnet sich das Potential ab, mithilfe der Learning Analytics das Lehren und Lernen insgesamt zu verbessern. Konkretisiert wird dieser Aspekt anhand erweiterter Möglichkeiten des Feedbacks an Lehrende und Lernende, der Individualisierung des Lernprozesses und zielgerichteter Lern- bzw. Unterstützungsangebote an Studierende. Kritisch lässt sich dem gegenüberstellen, die Studierenden könnten durch derartige Systeme zu stark umsorgt werden, es fände eine weitgehende Bevormundung der Studierenden statt und diesen drohe, dass sie die Fähigkeiten des selbstgesteuerten Lernens verlieren bzw. diese Fähigkeiten nicht im gewünschten Maße aufbauen könnten. Aus pragmatischer Perspektive sollten die Learning-Analytics-Konzepte bestenfalls optional sein und transparent ausgestaltet sowie kommuniziert werden und ihre Wirksamkeit sollte durch Evaluation bzw. begleitende Forschungsarbeiten untersucht werden.

3.2 Die Prognose über den studentischen Lernerfolg

Aus enthusiastischer Sicht wird der Learning Analytics als Frühwarnsystem ein großer Nutzen zugeschrieben. So können Prognosen über den erfolgreichen Abschluss des Studiums oder einzelner Prüfungsleistungen erstellt werden und daraus individuelle Interventionen zur Optimierung der Lern- und Lehrmethoden abgeleitet werden.

Aus Sicht der Kritikerinnen und Kritiker bestehen hier massive Probleme mit dem Datenschutz: Eine Hochschule darf nicht mit dem negativen Image einer Datenkrake in Verbindung gebracht werden. Die Daten sind außerdem kontextabhängig, unvollständig und schwer zu verallgemeinern und führen daher zu kaum verlässlichen Prognosen. Um konform mit den Datenschutzrichtlinien zu agieren, müssen sämtliche Datenerhebungen freiwillig sein. Da zu befürchten ist, dass sich eher schwächere Lernende aus Angst vor Bloßstellung oder aufgrund mangelnder Transparenz aus der Erhebung herausziehen, würden Prognosen nur auf Daten von erfolgreichen Lernenden basieren und diese wären für weniger erfolgreiche Studierende nicht aussagekräftig.

Bei pragmatischer Zusammenführung beider Sichtweisen ist es ratsam, sich auf bestimmte Bereiche in Form von Pilotprojekten zu konzentrieren. Nur wenn Studierende einen für sie persönlich relevanten Mehrwert sehen, sind sie bereit, ihre Lerndaten beizusteuern. Sofern vollkommen transparent dargestellt wird, welche Daten zu welchem Zweck in einem abgegrenzten Setting erhoben und interpretiert werden, wird dadurch die Akzeptanz gefördert und die Opt-out-Quote vermindert. Zusätzlich sollten die Daten von den Lehrenden nicht überinterpretiert werden und eher als Ergänzung der bisherigen Praxis betrachtet werden.

3.3 Die Evaluation des Lernens und der Lehre

Durch die Brille der enthusiastischen Gruppe betrachtet bietet die Learning Analytics gegenüber klassischen Papierevaluationen von Lehrveranstaltungen den folgenden Vorteil: Nicht nur die anwesenden Studierenden geben zum Befragungszeitpunkt ihre Einschätzung ab, sondern es wird eine stetige Beobachtung und dadurch eine realistische und vor allem kontinuierliche Einschätzung aller Studierenden ermöglicht. Lehrende würden in Ranglisten um die beste Lehre wetteifern, über ihre Materialien und ihren Lehrstil aufgrund der Daten reflektieren und so zu einer stetigen Verbesserung der Lehre beitragen. Studierende erhalten visuell aufbereitete Vergleiche zwischen ihren eigenen Aktivitäten und denen ihrer Kommilitonen. Sie lernen, aufgrund von thematischen Empfehlungen selbstgesteuert zu lernen, und motivieren sich zu Verbesserungen des Lernstils und der eigenen Leistung.

Kritische Stimmen geben zu bedenken, dass sowohl Lehrende als auch Studierende unzureichende Kenntnisse zur Interpretation der grafischen Datenrepräsentationen besitzen und nicht wissen, welche Schritte notwendig sind, um den erforderlichen oder gewünschten Verbesserungseffekt herbeizuführen zu können. Eine Reduzierung des Lernens oder des Lehrens auf Datenpunkte in einem Schaubild ist weder zu rechtfertigen noch bietet sie Unterstützung bei der Selbstreflexion. Lernen geschieht überwiegend nicht auf der Lernplattform der Hochschule, sondern in anderen Umfeldern, in denen eine minutiöse Dauerüberwachung weder gewünscht noch möglich ist.

Als pragmatischer Konsens konnte festgehalten werden, dass vieles durch eine gesunde Selbstsicherheit in das eigene Handeln erreicht werden kann. Beratungs- und Informationsangebote der Lernberatungsstellen und hochschuldidaktische Weiterbildung können dabei helfen, die notwendigen Kompetenzen zur Interpretation der Daten zu verbessern und, sofern die Datenanalyse nicht überbeansprucht wird, birgt sie durchaus Potential als ein ergänzendes Instrument zu bisherigen Methoden zur Verbesserung der Lehre und des Lernens.

4 Ausblick: Wie kann die Learning Analytics gelingen?