Gemeinsam unterwegs -  - E-Book

Gemeinsam unterwegs E-Book

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Beschreibung

Was bedeutet es für Christen und Christinnen aus den unterschiedlichsten Teilen der Welt, Nachfolge Jesu als einen Pilgerweg in Gottes Reich der Gerechtigkeit und des Friedens zu verstehen? Dieser spannende und inspirierende Band wurde von der theologischen Studienkommission des Ökumenischen Rates der Kirchen zum "Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens" entwickelt. Er bietet einen Einblick in die spirituellen, sozialen und theologischen Dimensionen dieser globalen ökumenischen Initiative und ihrer Relevanz in verschiedenen Kontexten. Die dreizehn Beiträge werden durch persönliche Geschichten der Autoren und Autorinnen bereichert. [Together on the way. On the Ecumenical Pilgrimage of Justice and Peace. Theological Contributions] What does it mean for Christians from different parts of the world to understand discipleship of Jesus as a pilgrimage towards God's kingdom of justice and peace? This exciting and inspiring volume about the "Pilgrimage of Justice and Peace" was developed by the Theological Study Commission of the World Council of Churches. It offers an insight into the spiritual, social and theological dimensions of this global ecumenical initiative and its relevance in different contexts. The thirteen contributions are complemented by personal stories of the authors.

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Beihefte zur Ökumenischen Rundschau Nr. 123

Fernando Enns | Susan Durber (Hrsg.)

Gemeinsam unterwegs

Auf dem Ökumenischen Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens

Theologische Beiträge

Redaktion: Fernando Enns, Julia Freund, Cornelia Kabus, Sabine Udodesku

Übersetzungen: Dr. Ulrich Becker, Judith Bollongino, Friederike Cord, Julia Freund, Julia Karera, Ntiimi Mwakalambo, Dr. Wolfgang Neumann, Dr. Konrad Raiser, Renate Sbeghen, Dr. Heinz-Günter Stobbe, Dr. Marie Anne Subklew, Sabine Udodesku, Silke Zwilling

Wir danken der Projektstelle Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland für die finanzielle Unterstützung.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2019 by Evangelische Verlagsanstalt GmbH · Leipzig

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Bibelzitate entstammen der Lutherbibel, revidiert 2017,

© Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.

Cover: Kai-Michael Gustmann, Leipzig

Coverbild: Klimapilger*innen am 8. Dezember 2018 bei der Demonstration »March for Climate« während der 24.Weltklimakonferenz (COP24) in Katowice, Polen,

© Thomas Puschmann, Leipzig

Satz: Steffi Glauche, Leipzig

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2019

ISBN 978-3-374-06186-0

www.eva-leipzig.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Geleitwort zur deutschen Ausgabe

Petra Bosse-Huber

Vorwort.

Olav Fykse Tveit

Einleitung

Susan Durber und Fernando Enns

TEIL EINS:GEMEINSAM AUF DEM WEG ALS ÖKUMENISCHE PILGER*INNEN

1. Kapitel: In Schönheit gehen »The Sacred Walk« Mark MacDonald

2. Kapitel: Auf dem Pilgerweg zu einer »Kirche des gerechten Friedens« – in ökumenischer Vielfalt Agnes Abuom

3. Kapitel: Der Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens: Ein ökumenisches Paradigma für unsere Zeit Eine orthodoxe Sicht Ioan Sauca

4. Kapitel: Gemeinsam auf dem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens zur Einheit gehen William Henn

TEIL ZWEI:METAPHERN UND PRAKTIKEN

5. Kapitel: Eine transformative Spiritualität für den Pilgerweg des »gerechten Friedens« – im gemeinsamen trinitarischen Glauben gegründetFernando Enns

6. Kapitel: Pilgerschaft in protestantischer Vorstellung Ein erneuerter Weg Richtung Gerechtigkeit, Frieden und Einheit Susan Durber

7. Kapitel: Vom Rande zum Herzen – und wieder zurück Guido Dotti

8. Kapitel: Spaltungen jenseits von Unterschieden Orthodoxe Reflexionen zum ökumenischen Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens Tamara Grdzelidze

9. Kapitel: Ein Pfad zur Unsterblichkeit Überlegungen zur Pilgerschaft aus orthodoxer Sicht Marian Gh. Simion

10. Kapitel: Gemeinsam mit allen Heiligen Unterwegs mit Menschen mit Behinderungen Jessie Fubara-Manuel

11. Kapitel: Ein Pilgerweg gemeinsam mit den Menschen am Rande der Gesellschaft – für Gerechtigkeit und Frieden Wati Longchar

12. Kapitel: Auf der Suche nach »Lagi-malie« (Harmonie) Eine Wiederaufnahme pazifischer Spiritualität Feleterika Nokise

13. Kapitel: Humanisierung der Kommunikationsprozesse in der globalen Welt Ein lateinamerikanischer Beitrag zum Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens Magali do Nascimento Cunha

ANHANG

Botschaft der 10. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen, Busan 2013

»Erklärung über den Weg des gerechten Friedens« von der 10. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen, Busan 2013

»Kommt und seht«. Eine theologische Einladung zum Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens. Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, 21. Juni 2017

Autorinnen und Autoren

Weitere Bücher

Endnoten

Geleitwort zur deutschen Ausgabe

Petra Bosse-Huber

Als dieses Buch 2018 im englischen Original erschien, bereiteten sich Menschen in Deutschland und Polen auf den dritten Ökumenischen Pilgerweg für Klimagerechtigkeit vor. In 80 Tagesetappen führte er vom Ort des letzten Klimagipfels in Bonn durch das Rheinland, Westfalen, Niedersachsen, Mitteldeutschland, Sachsen, Berlin/Brandenburg bis nach Polen. Ein Sternmarsch über 78 Stationen von Bonn zu Fuß nach Katowice, unter der Schirmherrschaft des Berliner Bischofs Markus Dröge, des katholischen Erzbischofs Ludwig Schick und der ehemaligen Umweltministerin Barbara Hendricks. Die Pilgerinnen und Pilger sind durch die großen Braunkohlegebiete im Rheinland, in der Lausitz und im mitteldeutschen Revier bis zur letzten Station in Katowice gegangen, 1700 km, im dauernden Gespräch mit den betroffenen Menschen und begleitet von vielen Gebeten weltweit. Koordinatoren in den deutschen und polnischen Landeskirchen und Diözesen organisierten die einzelnen Etappen. Kirchengemeinden beherbergten die Pilgernden und stellten gemeinsam mit weiteren Gruppen und Initiativen ein Aktionsprogramm zusammen, um auch die Menschen vor Ort anzusprechen und für den Klimaschutz zu sensibilisieren. Auch im Hambacher Forst haben sie einen Gottesdienst gefeiert. Im polnischen Bielsko-Biała haben die Pilgernden mit Schülern und Schülerinnen eines evangelischen Gymnasiums über den Klimawandel diskutiert. Unterwegs haben sie Unterschriften gesammelt, die sie im Umweltministerium in Berlin und beim Klimagipfel in Katowice übergeben haben.

Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) hat bei seiner 10. Vollversammlung 2013 in Busan, Republik Korea, zu einem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens eingeladen. Diese Einladung vor 6 Jahren war die Geburtsstunde zahlreicher nationaler und internationaler Pilgerwege in einer Welt, die dringend nach dem Engagement aller Menschen guten Willens verlangt, die sehen, wie auf lokaler und globaler Ebene die Werte des Evangeliums – Gerechtigkeit und Frieden – angegriffen werden. Deshalb machen sie sich auf den Pilgerweg, wie die Menschen in Deutschland und Polen es getan haben. Ich stelle mir vor, dass auch diese kleinen Wegetappen, wie auch immer sie in unserem persönlichen Leben aussehen mögen, ein Teil des großen heiligen Weges Gottes sind.

Überall gibt es solche Aktionen und Zeichen der Hoffnung, wie uns in diesem Buch vor Augen geführt wird: Sei es der »Sacred Walk«, die Tradition der »Heiligen Wanderschaft«, von der Mark MacDonald in seinem Beitrag erzählt, oder der jährliche Pilgerweg in das heimatliche Dorf mit dem Vertrauen darauf, dass alle willkommen waren und niemand vergessen wurde, von dem Jessie Fubara-Manuel berichtet.

In diesem inspirierenden Buch ziehen 13 Autorinnen und Autoren eine Bilanz der spirituellen, sozialen und theologischen Bedeutung dieser globalen ökumenischen Initiative und ihrer Relevanz für unterschiedliche regionale, konfessionelle und generationenübergreifende Kontexte.

Es sind wertvolle Wegerfahrungen mit anderen gemeinsam, die guttun und die die Hoffnung auf eine gerechte und menschenwürdige Zukunft stärken. Auf dem Pilgerweg feiern wir immer wieder Gottes Gabe des Lebens und die Schönheit der Schöpfung und bitten im Gebet, dass wir und unser Handeln verändert werden.

Ich bedanke mich bei allen, die durch ihre Beteiligung die deutsche Ausgabe dieses Buches ermöglicht haben, sei es bei der Übersetzung oder bei der Redaktion; ihre Namen finden sich auf Seite vier. Den Herausgebenden der Ökumenischen Rundschau sowie der Evangelischen Verlagsanstalt danke ich, dass dieses Buch als Nr. 123 in die Reihe der Beihefte aufgenommen werden konnte und so weitere kleine oder große Etappen auf dem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens inspirieren wird.

Bischöfin Petra Bosse-Huber

Leiterin der Hauptabteilung Ökumene und Auslandsarbeit

Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland

Vorwort

Olav Fykse Tveit

Die globale Gemeinschaft von 348 Kirchen, die gemeinsam den Ökumenischen Rat der Kirchen bilden, ist seit mehreren Jahren auf dem Pilgerweg – ein aufregender, wenn auch herausfordernder und spannender Weg in Richtung authentischer und relevanter Nachfolge für uns als Kirchen und als Einzelpersonen. Dieses Buch lädt Sie ein, sich dieser Glaubensreise anzuschließen.

Ich begrüße dieses reiche Werk mit seinem vielfältigen Einblick in den Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens. Es zeigt durch Geschichte, Analyse und Reflexion, wie das spirituelle und theologische Herz dieses Leitmotivs das christliche Engagement in den vielen regionalen, konfessionellen und persönlichen Lebenssituationen auf der ganzen Welt verortet und belebt.

Die Erfahrung und Weisheit der Pilgerkirchen, die in diesem Band vorgestellt werden, sind eine Quelle der Information, Erleuchtung und Inspiration unserer persönlichen und lokalen Verpflichtungen.

Wir schulden Susan Durber und Fernando Enns großen Dank für ihren Einsatz für den Pilgerweg, für ihre kritische theologische Erkundung dieses Gebiets und für ihre geschickte Entwicklung und Bearbeitung dieses Bandes. Sie kommt aus der Doktrin und Pastoral, er aus der Theologie des Gerechten Friedens. Sie ermutigen uns zur Suche nach der Gerechtigkeit Gottes in dieser Welt und zeigen, dass unsere Einheit kein statischer Zustand ist, sondern eine dynamische Praxis der Liebe.

Als Christen identifizieren wir Spiritualität mit unserer einsamen Begegnung mit Gott, und da ist etwas Wahres dran. Aber es ist nicht die ganze Wahrheit. Unsere Glaubensreise ist persönlich, aber nie ganz privat. Tatsächlich bringt uns unsere Beziehung zu Gott die Menschen in unserer Umgebung näher, und wir lernen von denen, die in Not sind und am Rande leben. Dieser Band zeigt uns, was das Leben eines Pilgernden auf dem Weg zur Gerechtigkeit beinhaltet und was es bedeutet, nicht nur uns selbst, sondern auch unsere Glaubensgemeinschaften und unser ganzes gemeinsames Leben auf diese Weise zu betrachten.

Gemeinsam unterwegs zu sein ist also nichts, was wir uns erst vornehmen, nachdem wir uns bekehrt haben. Wie die Geschichten der Autoren und Autorinnen zeigen, geht es dabei um Veränderung, um eine fortwährende Erneuerung unserer selbst, indem wir auf dem Weg Gott in seinen Geschöpfen und seinen Herausforderungen begegnen.

Das Streben nach Gerechtigkeit und Frieden ist keine Nebensächlichkeit christlichen Lebens, sondern es ist Auslöser oder Anlass für die ständige Bekehrung zu einem tieferen Weg mit Jesus.

Beim Fortschreiten auf dem Pilgerweg wird mir immer mehr bewusst, dass innerhalb der ökumenischen Bewegung Konvergenz und Klarheit herrschen – über die Kirche und ihre Mission, über den Dienst und das Zeugnis in der Welt für Gerechtigkeit und Frieden. Sie entsprechen den dringenden Bedürfnissen der Welt und dem schmerzhaften Hunger der Menschheit nach Gerechtigkeit, Frieden, Würde, Sinn und menschlicher Einheit. Es ist ein spannender aber auch kritischer Moment, an dem wir als Christen tätig sind. Hier ist unser Platz in der heutigen Welt.

Theologisch erkennen wir, wie unser Engagement für den Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens uns dazu bringt, nicht nur Gerechtigkeit und Frieden, sondern auch unser Verständnis von Kirche, Nachfolge, Erlösung und Menschsein zu überdenken.

In der Tat ist der Pilgerweg, wie er sich hier in den Beiträgen entfaltet, eine Möglichkeit, diese Einsichten und Glaubensimperative aufzunehmen und das stets wachsende Engagement der Kirchen in dieser Arbeit zu fördern. Die Geschichten und ihre Realitäten können uns dazu inspirieren, uns auf einen Pilgerweg ins Herz der Bedürfnisse der Welt zu begeben und dabei vielleicht einen Blick auf das Reich Gottes zu erhaschen.

Pfarrer Dr. Olav Fykse Tveit

Generalsekretär

Ökumenischer Rat der Kirchen

Übersetzt aus dem Englischen von Renate Sbeghen

Einleitung

Susan Durber und Fernando Enns

Wir wollen den Weg gemeinsam fortsetzen. Herausgefordert durch unsere Erfahrungen in Busan rufen wir alle Menschen guten Willens dazu auf, ihre von Gott gegebenen Gaben für Handlungen einzusetzen, die verwandeln. Diese Vollversammlung ruft euch auf, euch unserem Pilgerweg anzuschließen.

Botschaft der Zehnten Vollversammlung des ÖRK

Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) hat die Kirchen zu einem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens aufgerufen. Wir hoffen, dass die in diesem Buch gesammelten Stimmen Sie davon überzeugen, dass dieser Aufruf mehr ist als fromme Worte, sondern vielmehr in den Nöten der Welt begründet ist und in der Mission der Kirche wurzelt. Wir hoffen, dass die Stimmen, die hier zu Wort kommen, diesen Aufruf mit Leben, Bedeutung und Mitgefühl füllen.

Auf der Suche nach einer Richtung für diese gemeinsame Bewegung und nach einer tieferen theologischen Reflexion darüber, was ein Pilgerweg – als tiefgründige Metapher oder als buchstäbliche Reise – bedeuten könnte, wurde eine theologische Studiengruppe zum Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens einberufen. Unsere Überlegungen begannen im Februar 2016 in Jerusalem.

Wir kamen zu der Überzeugung, dass »Losgehen« und »Unterwegssein« von zentraler Bedeutung für die christliche Nachfolge sind. Jesus sandte seine Jünger aus, um zu Fuß zu gehen, um verletzlich und abhängig von der Gastfreundschaft der anderen zu sein und unterwegs Gott zu finden. Auch in der frühen Kirche und in den Jahrhunderten danach hat der Heilige Geist die Jünger*innen Jesu dazu bewegt, den Schritten Jesu und denen seiner ersten Apostel zu folgen. Als Pilger*innen sind wir Nachfolger*innen Jesu im fundamentalsten Sinne. Man könnte sagen, dass der Ausdruck unseres Glaubens in Bezug auf den Pilgerweg letztendlich auf der perichoresis der Heiligen Dreieinigkeit beruht.

Wir entdeckten auch die Mehrdeutigkeit eines Pilgerweges. In der Bibel und im Laufe der Geschichte gab es Kritik an Pilgerschaften, welche diejenigen, die sich als »Pilger« erklärten, zurück zu Gerechtigkeit und Frieden riefen. Es liegt vermutlich etwas im Wesen des Pilgerweges, das ihn für Korruption empfänglich macht. Von den Propheten bis zu den Kreuzzügen, von den Profiteuren der Gläubigen bis zu denen, die Pil gerschaft in Tourismus und Konsum verkehren, von denjenigen, die Mission mit Kolonialismus verwechseln, bis zu denen, die anderen einen Pilgerweg aufzwingen: Es erklingt immer wieder der Aufruf, sich wieder auf das wahre Wesen der christlichen Nachfolge oder des Pilgerweges zu besinnen, das immer durch Gerechtigkeit und Frieden gekennzeichnet und definiert ist. Das ständige Bedürfnis nach Buße, das in der biblischen Sprache so anschaulich durch das Wort »Umkehr« beschrieben wird, ist ein zentraler Aspekt des Pilgerweges der Kirchen für Gerechtigkeit und Frieden.

Wir erkannten die Notwendigkeit und Verantwortung, eingehend kritisch und theologisch darüber zu reflektieren, was Pilgerschaft bedeutet und was ein Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens für uns alle auf der ökumenischen Reise enthüllen könnte.

Wir sahen eine starke Verbindung zur Menschwerdung Christi – Er ist der Weg und Er ist Gott mit uns. Ein echter Pilgerweg wird es erst dann, wenn es um die körperliche Anstrengung »dabei zu sein« geht. Es geht nicht um perfekte Ideale, sondern um das Ringen mit sich selbst und um die Freude, mit anderen Menschen in Bewegung zu sein. Wir haben erkannt, dass der Pilgerweg uns nicht in Abstraktionen oder Theorien flüchten lässt, sondern uns durch die menschliche Erfahrung des gemeinsamen Lebens Bodenhaftung verleiht.

Gemeinsam gelangten wir zu der Überzeugung, dass die Vorstellung der Kirche als Pilgerkirche ein fruchtbares Bild ist für die Kirche als Dienerin des Reiches Gottes in der Welt; die Kirche, die zum Beispiel mit denen unterwegs ist, die sich in die Migration begeben müssen, um Armut, Krieg und Ungerechtigkeit zu entfliehen.

So ist dieses Buch, das Sie nun in Ihren Händen halten, eine der Früchte dieser theologischen Studiengruppe. Wir haben führende ökumenische Persönlichkeiten und Theolog*innen aus verschiedenen Kontexten und Traditionen eingeladen, ihre Perspektiven, Erfahrung und Weisheit mit uns zu teilen. Ihre Wegweisung unterstützt den Pilgerweg, den wir im Glauben eingeschlagen haben. Unser Ziel ist es hier, die theologische Tiefe des Grundgedankens und des Bildes eines Pilgerweges der Gerechtigkeit und des Friedens aufzuzeigen und darzulegen, wie er uns in der Tat in jene Einheit führen kann, zu der uns Christus aufruft.

Die gesammelten Beiträge in diesem Band zeigen, dass der Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens des ÖRK über einzelne Kontexte und Traditionen hinaus geht und einen neuen Geist in uns weckt. Wir hoffen, dass Sie entdecken werden, wie ein Pilgerweg echte Kraft hat, Vorstellungen einzufangen, Einblicke zu vertiefen und uns zu einer aktiven, partizipativen und hoffnungsvollen ökumenischen Reise zu bewegen. Die gesammelten Stimmen, fesselnd und stilistisch inspirierend, aber auch herausfordernd für die Leser*innen, bieten eine packende Art des Theologie Treibens, die klar in der Authentizität der Erfahrung und in der Integrität der Wissenschaft sowie des Gebets verankert ist. Wir hoffen, dass dadurch ein Buch entstanden ist, das Sie weiterempfehlen werden, weil es Freude macht zu lesen und weil es zu weiterem Nachdenken einlädt. Wir sagen unseren aufrichtigen Dank an alle, die aus so vielen verschiedenen Kontexten, Kirchen und Erfahrungen dazu beigetragen haben.

Seit Längerem suchen wir ein neues Paradigma für unsere ökumenischen Überlegungen und Handlungen, und wir bitten Sie, das Potential dieser sowohl alten als auch neuen Sprache zu entdecken. Wir glauben, dass sie all die Menschen anspricht, die sich schon lange an der ökumenischen Bewegung beteiligen, wie auch jene, die neu dabei sind. Sie entfacht eine neue Leidenschaft für Einheit, Gerechtigkeit und Frieden, die nicht nur den Verstand, sondern auch die Herzen bewegt, nicht nur das Denken, sondern auch das Handeln.

Dieses Buch wurde für Leitende aller Kirchen herausgegeben: für diejenigen, die in ökumenischen Ämtern aller Art tätig sind, für Theologiestudierende und ihre Lehrenden, für theologisch Denkende in Ökumene und Mission, für solche, die die heutige Kirche durch Wort und Schrift gestalten, sowie für kirchliche Aktivisten und Fürsprecher*innen.

Weitere theologische Reflexionen über den Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens sind in Arbeit, darunter Bibelstudien, die im Internet zu finden sind, kontextuelle theologische Untersuchungen zum Pilgerweg und Überlegungen der jüngeren Generation zum Vaterunser.

Wenn wir unsere Reise auf dem Weg zu einer tieferen Gemeinschaft miteinander als einen Pilgerweg sehen, wird sie auch jenen Momenten gerecht, in denen wir »unterwegs« sind, und nicht nur dem endgültigen und perfekten Ziel der vollen, sichtbaren Einheit. Der Pilgerweg vermittelt etwas von der Realität unseres Unterwegsseins, unseres Wachsens in der Gemeinschaft und der Momente, in denen wir miteinander reden, zusammen sein können, einander zu lieben beginnen und füreinander Sorge tragen, während wir unser endgültiges Ziel noch nicht erreicht haben. Wir sehen ein fruchtbares Potenzial, den ökumenischen Weg als einen Pilgerweg zu gestalten, der selbst von Gerechtigkeit und Frieden geprägt ist.

Wir hoffen und beten, dass dieses Buch unser »Gemeinsam auf dem Weg«-Sein als ökumenische Pilger*innen unterstützt, nicht als Selbstzweck, sondern um vollständiger an Gottes Mission teilzuhaben.

Mögen die Kirchen Gemeinschaften der Heilung und des Mitgefühls sein, und mögen wir die gute Nachricht aussäen, damit Gerechtigkeit gedeihen kann und Gottes tiefer Friede auf der Welt bleibe.

Botschaft der Zehnten Vollversammlung des ÖRK

Übersetzt aus dem Englischen von Renate Sbeghen

Teil Eins:

Gemeinsam auf dem Weg als ökumenische Pilger*innen

1. Kapitel

In Schönheit gehen

»The Sacred Walk«

Mark MacDonald

Abgesehen von wenigen Ausnahmen greifen die Kirchen in Nordamerika das Programm des Pilgerwegs der Gerechtigkeit und des Friedens vom Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) nur langsam auf. Beschäftigt mit Fragen des institutionellen Überlebens in einer zunehmend diverser werdenden Gesellschaft erscheint ihnen Pilgern wohl eher wie ein Randthema, etwas für diejenigen mit genügend Zeit oder Ressourcen.

Der Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens ist jedoch für den ÖRK weit mehr als nur ein programmatischer Wandel. Erstens wird durch das Pilgern als Praxis eine essentielle Seite des Menschseins erschlossen. Zweitens kann dieser spezifische Pilgerweg, der Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens, für Kirchen aus einem westlich kulturellen Rahmen eine Alternative zu einem primär missionarischen Ansatz eröffnen.

Mit diesen beiden Komponenten beschreibt die Idee des Pilgerweges grundlegende Aspekte des Christseins in der heutigen Welt.

»The Sacred Walk« – Die Heilige Wanderschaft

In der Ojibwe-Sprache und anderen Algonkin-Dialekten, die in Nordamerika beheimatet sind, ist das Wort für »Leben« bimadiziwin. Es bedeutet »sich bewegen« und wird oft mit »das gute Leben« übersetzt. Ich habe einen Ältesten sagen hören, dass es »the good walk« bedeutet. Man ist sich einig darüber, dass es das Leben in all seinen Dimensionen beschreibt – physisch, moralisch und spirituell. Leben bedeutet, mit Respekt vor dem Schöpfer, der Schöpfung und der Menschheit unterwegs zu sein.

Die Navajo-Völker im Südwesten Nordamerikas nennen ein Leben in Glück und Fülle – in moralischer, physischer, sozialer und spiritueller Hinsicht – hozhoogo naashaadoo, was gewöhnlich mit »in Schönheit gehen« (walking in beauty) übersetzt wird. In Schönheit zu gehen ist das zugrundeliegende Ideal der Lebensführung und Philosophie der Navajo; es ist Mittel und Ziel des guten Lebens. Das Leben wird als eine Reise verstanden, die gemeinsam in Harmonie und Schönheit mit dem Rest der Schöpfung begangen werden sollte.

Aus diesem Verständnis heraus ist die Tradition der »Heiligen Wanderschaft« (The Sacred Walk) nordamerikanischer indigener Völker entstanden: ein Pilgerweg zu Fuß oder manchmal zu Pferd, um heilige Ereignisse (wie Versöhnung) zu initiieren oder ihrer zu gedenken – oder um auf Ungerechtigkeit oder Not aufmerksam zu machen. Es gibt eine innige und anregende Verbindung zwischen der »Heiligen Wanderschaft« und dem indigenen Verständnis von Leben als Bewegung, als Gehen. In Kanada, insbesondere im Norden, gehen Einzelpersonen oder Gruppen weite Strecken, um damit Bewusstsein und Aktionen für bestimmte Themen zu fördern. Auf dem Sacred Walk offenbart sich das Leben, und Hoffnung wird verkündet in Bezug auf besorgniserregende gesellschaftliche Fragen, wie zum Beispiel Rechte der indigenen Bevölkerung, Schutz von Land und Wasser, Selbstmord, Drogenmissbrauch, Armut und Klima-Ungerechtigkeit. Auf dieser Wanderschaft ist die Schöpfung eine Partnerin, ein Teil der Offenbarung dieser heiligen Reise. Das Land ist mehr als nur eine Kulisse; es ist ein intimer Teil des Sacred Walk. Es hat eine Stimme auf dem Pilgerweg, die nicht zum Schweigen gebracht oder verleugnet werden kann.

Der Sacred Walk, der Pilgerweg, offenbart wesentliche Aspekte der Menschheit. Ähnliche Elemente erkennen wir in der Art und Weise des Wirkens Jesu. Sein pilgerndes Wirken, seine »Heilige Wanderschaft«, weist auf diese Wahrheit der Menschheit hin. Die Begegnung mit dem Leben auf seinem Weg enthüllt die Gegenwart des lebendigen Gottes und zeigt zugleich das Gegenteil auf: Ungerechtigkeit, Hass, und Unterdrückung.

Ein Problem mit Pilgern und Pilgerwegen

Trotz der Parallelen zwischen der »Heiligen Wanderschaft« und dem Konzept der Pilgerschaft stellen die Begriffe »Pilger« und »Pilgerweg« ein Problem für die indigenen Völker in Nordamerika dar. Das Bild der Pilger, das jedes Jahr im Rahmen von Thanksgiving rituell inszeniert wird, ist verstörend, und doch bleibt Thanksgiving einer der wichtigsten Feiertage der amerikanischen Zivilreligion. Die Mythen um die Pilger und die Pilgerreise spielten eine lebhafte Rolle in der kolonialen Besetzung Nordamerikas.

Aber so, wie der Missbrauch von Thanksgiving nicht zugleich den Akt des Dankens zerstört, zerstört auch der Missbrauch der Idee des Pilgerwegs die Pilgerschaft nicht. Es ist vielmehr notwendig, alternative Bilder und Konzepte des Pilgerwegs, der »Heiligen Wanderschaft«, anzubieten.

Im Folgenden will ich eine Alternative der Navajo erzählen. Nach Jahrzehnten eines immer wieder aufflammenden Krieges wurde im Jahr 1864 der Versuch einer endgültigen Lösung des Konflikts zwischen der US-Regierung und dem Navajo-Volk unternommen. Nach einem brutalen Feldzug wurde das Navajo-Volk unterworfen und zu einem Gewaltmarsch gezwungen, weg von seiner Heimat in ein Konzentrationslager in Fort Sumner, über 500 Kilometer östlich gelegen. Von den 9.000 bis 10.000 Menschen, die dort eingesperrt wurden, überlebten nur weniger als die Hälfte und konnten einige Jahre später wieder heimkehren.

Häuptling Manuelito, der nicht gefangen genommen worden war, setzte den Kampf aus der Ferne fort. Doch nach einiger Zeit soll er im Lager aufgetaucht sein – ein Weg von vielen hundert Kilometern. Auf die Frage, wie er der Gefangennahme und dem Tod entgangen sei, soll er gesagt haben, er habe ein starkes »Lied« gehabt. Dies bezieht sich auf die Liedgebete, die das Herzstück der religiösen Navajo-Praxis sind – insbesondere während des Sacred Walk. Er kehrte zu seinem Volk zurück und arbeitete zusammen mit anderen Führern daran, dass die Interessen der Menschen umgesetzt wurden. Am 18. Juni 1868 begannen sie ihre Heimreise, die jetzt als The Long Walk bekannt ist.

Als sie nach Hause zurückkehrten, war Manuelito maßgeblich an der Entwicklung der Lebensweise beteiligt, die das Überleben und das Gedeihen seines Volkes unter den neuen Umständen sichern würde. Er leistete Beiträge zur Aufstellung eines Polizeiapparats, zur Gestaltung religiöser Praktiken und insbesondere zu einem Bildungssystem, das es den Menschen ermöglichen sollte, sich das Beste außerhalb der eigenen Kultur anzueignen und im Herzen dennoch in ihrer eigenen alten Lebensweise verankert zu bleiben – in Schönheit zu gehen.

Ich möchte hiermit nicht sagen, dass dieses Pilgerbeispiel eine angemessene Christologie darstellt. Es gibt jedoch eine große Wahrheit in der Beobachtung unserer Ältesten, dass wir spirituelle Realitäten oft am deutlichsten und klarsten am Rande unseres Gesichtsfelds erkennen können – ein segensreiches Phänomen, das die offenbarte und zentrale Wahrheit unseres Glaubens genauer hervortreten lässt. In diesem Fall können wir in unserem peripheren Blickfeld etwas vom Verlauf des lebendigen Wortes Gottes in der Geschichte und der Schöpfung sehen, wie es sich mit uns in Beziehung setzt und unseren ÖRK-Pilgerweg definiert als einen Weg, in Schönheit zu gehen.

Die Prinzipien des Pilgerwegs von Manuelito sind daher für uns lehrreich:

1. Solange irgendjemand noch versklavt ist, bin ich selbst nicht frei.

2. Unsere Gebete und Lieder sind wichtig. Sie offenbaren und beleben für uns die Gegenwart und Kraft Gottes in Geschichte und Schöpfung.

3. Unser Pilgerweg muss als Identifikation und Wiedervereinigung mit unseren leidenden Verwandten und der verwundeten Schöpfung beginnen.

4. Unser Pilgerweg führt zu einem Ort des Segens und der Hoffnung, an dem eine erneuerte Nation ihre Bestimmung findet, in Verwandtschaft mit allen Menschen und der Schöpfung.

Die Gegenwart Gottes in Schöpfung und Geschichte prägt das Verständnis des ÖRK-Pilgerweges, und eben diese Gegenwart sollte auch auf ihm sichtbar werden. Sie kann auch als Verlauf des lebendigen Wortes Gottes in der Kraft des Geistes beschrieben werden – so wie in Leben, Tod, Auferstehung, und Wiederkunft Jesu.

Die Richtung ändern

Die Sorge der Kirchen in Europa und Nordamerika hinsichtlich ihrer Mitgliedschaft und der aktiven Teilnahme am kirchlichen Leben ist in den letzten Jahren gewachsen. Für eine veraltete Missiologie, die auf aufwändige Gebäude- und Infrastrukturen angewiesen ist, stellt es ein Problem dar, wenn schwindende und alternde Gemeinden nicht mehr in der Lage sind, diese zu pflegen. Dadurch verstärkte sich das missionarische Charakteristikum – oder vielleicht besser gesagt: die missionarische Richtung – einer schrumpfenden Christenheit.

Eine christliche Missiologie, die an westliche Institutionen und ihre Einrichtungen gebunden ist, erforderte eine große Anzahl von Menschen, die an den Programmen teilnehmen, die in ihren Gebäuden angeboten werden (sofern sie nicht durch staatliche Subventionen unterstützt wurden). Dieses Konzept war so lange eine selbstverständliche Tradition, dass es unreflektiert als Voraussetzung und als einzige Möglichkeit angenommen wurde. Der Fokus geht hier von außen nach innen.

Die in einem kulturell-westlichen Rahmen sozialisierten Kirchen arbeiten sich deshalb daran ab, Menschen in das Gebäude zu locken – zu überlegen, wie man sie anzieht, wie man sie verpflichtet und wie man ihnen Gastfreundschaft vermittelt. Dies hat bei den Kirchen zu einem durchaus lobenswerten Interesse geführt, möglichst inklusiv zu werden. So wichtig und richtig dies ist, spiegelt es doch immer noch die Außen-Innen Orientierung der Kirchen wider.

Die missiologische Anweisung, die Jesus seinen Anhängern in Lukas 10,1–12 gab, legt jedoch eine andere Richtung nahe. Jesus leitet die Ausgesandten an, herauszugehen und sich der Gastfreundschaft der anderen auszusetzen. Dies entspricht seinem eigenen Beispiel der Reise an die Ränder der Gesellschaft. Der missiologische Fokus geht von innen nach außen. Der Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens verändert die missiologische Richtung und den Fokus der Kirchen nach dem Beispiel Jesu. Dies stellt das missionarische Modell und den Fokus vieler zeitgenössischer Christen im Westen in Frage. So gesehen bedeutet dies die Wiederentdeckung eines wesentlichen Aspekts im missiologischen Vorbild Jesu.

Eine neue Richtung

Logan McMenamie ist Bischof der Diözese British Columbia. Besorgt über die Rolle der Kirche während der Kolonialisierung, machte er in der Fastenzeit 2016 eine Reise (walk) durch seine Diözese und besuchte auch einige Gemeinschaften der First Nations (Gemeinschaften der kanadischen Ureinwohner). An jedem Ort traf er sich mit örtlichen Führern, Ältesten und anderen Interessierten. Sein Ziel war es, die Beziehung der Kirche zu den First Nations-Gemeinschaften wieder aufzunehmen.

Bischof McMenamie begann jeweils mit einer Entschuldigung für das Verhalten der Kirche in diesen Gebieten. Er erklärte dann, dass er in seiner Arbeit die Achtung ihrer Souveränität und Autorität ihrer Identität berücksichtigen wolle. Er reichte den Menschen seine Hand für eine neue Freundschaft, wobei er eindeutig die Hoffnung hegte, dass zwischen der Kirche und den Ureinwohnern des Landes ein gegenseitiges und respektvolles Verhältnis entstehen würde.

2017 setzte Bischof McMenamie seine Reise und seine Kommunikation mit den First Nations-Gemeinschaften fort. Da ich bei der ersten Reise teilweise dabei war, konnte ich die positiven Ergebnisse dieser Bemühungen aus erster Hand beobachten. Dies war wirklich ein Sacred Walk im nordamerikanischen indigenen Stil; wahrlich ein Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens. Er folgte auch einer sich ändernden missiologischen Richtung und Ausrichtung für die Kirche.

Menschlichkeit und Pilgerschaft

Der Sacred Walk ist eine dramatische Inszenierung und Verbindung mit der conditio humana. Als solche gehören zu seinen Merkmalen die Verletzlichkeit, der Geist und der Mut des Lebens. Zu seinem besonderen Fokus gehören die moralischen und spirituellen Bestrebungen der Menschheit. Im christlichen Kontext ist die Wanderung christologisch begründet. Sie folgt dem Weg Jesu in der Welt und ist eine Verkörperung seines Lebens, seines Todes, seiner Auferstehung und seines Wiederkommens.

Der Pilgerweg oder Sacred Walk ist ein prophetischer Akt, vor allem in den letzten Atemzügen einer christlichen Missiologie. Er offenbart etwas, das für das menschliche Leben von wesentlicher Bedeutung ist: die Reise, die alle Menschen in der Schöpfung gemeinsam haben. Auf diese Weise kann er den Bedrohungen des Lebens ein prophetisches Licht der Hoffnung entgegensetzen.

Übersetzt aus dem Englischen von Julia Freund

2. Kapitel

Auf dem Pilgerweg zu einer »Kirche des gerechten Friedens« – in ökumenischer Vielfalt

Agnes Abuom

»dass Güte und Treue einander begegnen, Gerechtigkeit und Friede sich küssen« (Psalm 85,10)

Wir haben einen langen Weg zurückgelegt

Die Antwort auf die Frage, wie eine »Kirche des gerechten Friedens« entstehen kann, ist mehr als eine intellektuelle Übung von Expert*innen. Dazu braucht es eine umfassende Transformation, einen sozialen Wandel der Gesellschaft und die Erneuerung der Kirchen. Es geht um mehr als ein Konzept des »gerechten Friedens«, mehr als in abstrakter Weise über die Vor- und Nachteile und die Folgen nachzudenken und dabei den Vergleich zu der uralten Lehre des gerechten Krieges zu bemühen. Wir sollten es wagen, in jedem Moment vom »Geist des gerechten Friedens« zu sprechen, der Menschen mit heiliger Kraft auf ihrem Weg der Gerechtigkeit und des Friedens motiviert und bewegt. Der Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens, den die Delegierten 2013 auf der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Busan, Südkorea, gefordert hatten, muss bedeutende Meilensteine erreichen, wenn Kirchen in konkreter und praktischer Weise die Wege des gerechten Friedens gehen wollen. Diese Meilensteine sind in unseren Gemeinschaften vor Ort zu finden, aber auch, wie die folgenden Überlegungen zeigen werden, inmitten des Weltgeschehens und internationaler Beziehungen.

Ich möchte zunächst einige wichtige Etappen auf dem Weg in Erinnerung rufen, bevor ich den kontextuellen Austausch und die Vernetzung für einen gerechten Frieden innerhalb der ökumenischen Bewegung bedenke. Wenn wir auf den Diskurs zum »gerechten Frieden« in den letzten Jahren blicken, erinnert er uns an das wichtige Zusammenspiel zwischen den Impulsen aus einzelnen Kirchen und dem internationalen Austausch und Dialog, den der ÖRK ermöglichen kann. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir uns immer wieder daran erinnern, wie oft der ÖRK im Zentrum realer, praktischer Verhandlungen gestanden hat und zu Friedensbildung beigetragen hat. Wir schätzen den ÖRK, weil er nicht nur ein Ideengeber, sondern auch eine Quelle für neue Visionen und Lösungen ist.

Wir haben wirklich einen langen Weg zurückgelegt. Es war 1971, als Robert V. Moss, der zweite Präsident der United Church of Christ (UCC) in den USA, seine Kirche mit folgenden Worten herausforderte: »Wir müssen uns jetzt so sehr bemühen, einen gerechten Frieden zu definieren, wie wir in der Vergangenheit einen gerechten Krieg definiert haben.«1 Er sagte dies im Kontext der Protestbewegung gegen den Vietnamkrieg. Seine Kirche, die UCC, war die erste Kirche in den USA und wahrscheinlich weltweit, die sich 1985 als »Kirche des gerechten Friedens« verstand – heute ein Modell für Andere. Bei dieser Entscheidung konnte sich die UCC natürlich auf die Inspiration, die Erfahrungen und Überlegungen der historischen Friedenskirchen und ihres oft teuren Zeugnisses für den Frieden stützen.

Gleichzeitig zu diesem UCC-Prozess erklärte die ÖRK-Vollversammlung 1983 in Vancouver:

Frieden kann nicht auf ungerechten Strukturen aufgebaut werden. Frieden setzt eine neue Weltordnung voraus, die begründet ist auf Gerechtigkeit für alle und in allen Völkern und auf Respekt für die gottgegebene Menschlichkeit und Würde jedes einzelnen.2

Sieben Jahre später (1990) bekräftigte die »Weltkonvokation für Gerechtigkeit, Frieden und Integrität der Schöpfung« in Seoul eindeutig:

Wir sind aufgerufen, nach allen Möglichkeiten zu suchen, um Gerechtigkeit herzustellen, Frieden zu erreichen und Konflikte durch aktive Gewaltlosigkeit zu lösen. Wir werden uns gegen Lehren und Sicherheitssysteme wehren, die auf dem Einsatz und der Abschreckung durch alle Massenvernichtungswaffen sowie auf militärische Invasionen, Interventionen und Besetzungen basieren […] Wir verpflichten uns, in allen unseren persönlichen Beziehungen Gewaltlosigkeit zu üben, uns für ein Kriegsverbot als gesetzlich anerkanntes Mittel zur Lösung von Konflikten einzusetzen und Regierungen dazu zu drängen, eine internationale Friedensordnung zu schaffen.3

Diese Impulse führten zusammen mit dem Zeugnis der historischen Friedenskirchen auf der ÖRK-Vollversammlung 1998 in Harare zu einer ökumenischen »Dekade zur Überwindung von Gewalt«. Die Ergebnisse der Dekade von 2001 bis 2010 mündeten in einen »Ökumenischen Aufruf zum gerechten Frieden«4, der 2013 von der Vollversammlung in Busan angenommen wurde. Die Versammlung selbst gab eine »Erklärung zum Weg des gerechten Friedens«5 heraus, die spezifische Handlungsempfehlungen für das Leben der Kirchen und ihr anwaltschaftliches Handeln in der Öffentlichkeit enthielt.

Inzwischen ist »gerechter Frieden« zu einem Forschungsthema in Universitäten und Friedensinstituten geworden, das immer größeres Interesse in unterschiedlichen Institutionen und Netzwerken erzeugt. So nahm z. B. vor einiger Zeit die katholische Pax-Christi-Bewegung das Thema auf, was auch von Papst Franziskus begrüßt wurde. Wir haben einen langen Weg zurückgelegt, und ich kann Ihnen versichern: Wir werden nicht stehenbleiben! Wir werden stattdessen die Beteiligung am Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens über die ÖRK-Mitgliedskirchen hinaus erweitern. Wir werden Menschen allen Glaubens, Männer und Frauen guten Willens einladen zu beten und für einen gerechten Frieden zu arbeiten.

Die Vollversammlung von Busan hat deutlich gemacht, dass wir nicht länger nur über Konzepte und Theorien diskutieren, sondern gemeinsam vorankommen – für gerechten Frieden durch sozialen Wandel und Erneuerung der Kirchen. Auf unserer gemeinsamen Reise braucht die globale Gemeinschaft der Kirchen die Beiträge von Kirchen aus allen Regionen. Für die enorme Aufgabe, der wir uns stellen, braucht jede örtliche Kirche die Unterstützung von Kirchen aus anderen Regionen in Solidarität und gegenseitiger Verantwortlichkeit.

Lassen Sie uns nicht naiv oder idealistisch sein: Wenn wir für »gerechten Frieden« arbeiten, konfrontieren wir starke Mächte mit ihren Eigeninteressen und der Bereitschaft, Gewalt anzuwenden, wenn es ihnen passt. Wir stehen der Realität der Sünde und des Bösen gegenüber, die ungerechte Strukturen aufrechterhält, die Solidarität untergräbt und Gemeinschaften zerstört. Papst Franziskus warnte kürzlich bei der Entsendung von neuen Bischöfen in Missionsgebiete vor der Macht des Bösen und der Sünde, als er sagte, der Teufel habe »zwei Waffen: die Hauptwaffe ist die Spaltung, die andere ist das Geld.«6 Wenn wir Dinge verändern wollen, müssen wir auf unserem gemeinsamen Weg für gerechten Frieden in engem Kontakt miteinander bleiben und uns auf dem Weg gegenseitig unterstützen und begleiten.

Auf dem Weg zu einem gerechten Frieden an den Rändern: Zwei Fallstudien

»Wir sind geblieben, weil wir uns den Menschen verpflichtet fühlen, die so sehr leiden.«

– La Sallian Christian Bill Firman7

Ich wende mich jetzt zwei verschiedenen Regionen der Welt zu, die als Fallstudien für die Aktionen der Kirchen zur Schaffung eines gerechten Frieden dienen können: die Beteiligung der Kirchen an der Suche nach Frieden im Südsudan und die ökumenische Zusammenarbeit für den Frieden in Kolumbien.

Südsudan

2016 lud der ÖRK zusammen mit dem Lutherischen Weltbund, Finn Church Aid und der Initiative Inclusive Peace and Transition zu einer Konferenz in Genf ein, die über Friedenskonsolidierung »von unten« und die Rolle der lokalen Zivilgesellschaft im Südsudan beraten sollte. Seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1956 befindet sich der Sudan im Bürgerkrieg. Der erste Bürgerkrieg endete 1972 mit einem Waffenstillstandsabkommen, das mit Hilfe des ÖRK und der Allafrikanischen Kirchenkonferenz (AACC) vermittelt wurde. Die Kriegsparteien vertrauten dem ÖRK wegen seiner Beteiligung am Programm zur Bekämpfung von Rassismus. Die verschiedenen Konfliktursachen blieben jedoch bestehen, wie etwa ausländische Interessen an den Ölreserven, die Umleitung von Wasserläufen zugunsten des Nordens oder religiöse und ethnische Unterschiede, die politisch instrumentalisiert werden konnten. 1983 kam es zu einem zweiten Bürgerkrieg, der bis 2005 andauerte, als ein umfassendes Friedensabkommen (Comprehensive Peace Agreement, CPA) zwischen der sudanesischen Volksbefreiungsbewegung/Armee und der sudanesischen Regierung unterzeichnet wurde. Das CPA sah eine Übergangszeit und ein Referendum durch die Menschen im Südsudan vor, um zu entscheiden, ob sie unabhängig werden oder ein Teil des Sudan bleiben wollten.

In diesen Jahren arbeiteten die Kirchen im Norden und Süden gemeinsam für die Einheit der verschiedenen Gruppen im Süden. Der Sudanesische Kirchenrat im Norden und der Neue Sudanesische Kirchenrat im Süden wurden durch Kirchen und kirchennahe Dienste und Werke weltweit unterstützt. Die Zusammenarbeit wurde durch das Sudan Ecumenical Forum (SEF) koordiniert, das 1994 vom ÖRK und der AACC gegründet wurde. Die Kirchen, die sich an alle Gruppen wandten und eine internationale Interessenvertretung durch ihre Partner-Organisationen mobilisieren konnten, waren ein wichtiger Faktor für die Friedensverhandlungen.

Das Sudan Ecumenical Forum und der ökumenische Sondergesandte des ÖRK/AACC im Sudan, der ehemalige ÖRK-Generalsekretär Pfarrer Dr. Samuel Kobia, waren in den folgenden Jahren weiterhin international tätig. Ein Moment der Hoffnung war das erfolgreiche Unabhängigkeitsreferendum von 2011 im Süden. Eine neue Regierung wurde mit großen Erwartungen für die Zukunft gebildet, doch die tragischen Gründe für den Konflikt bestanden weiter. Im Dezember 2013 begann im Südsudan ein Bürgerkrieg, der trotz eines im Jahr 2015 in Anwesenheit der Kirchen unterzeichneten umfassenden Friedensabkommens bis heute andauert. Alle Parteien erkannten damals die Kirchen als Faktor der Versöhnung und der Einheit an.

Während des Bürgerkriegs von 1983 bis 2005 haben sich die Kirchen ständig für eine friedliche Konfliktlösung eingesetzt. Die Kirche begleitete die Menschen, wenn sie sich zur Sicherheit in den Busch flüchteten und leistete mit Unterstützung kirchlicher Dienste wie z. B. der Caritas die Grundversorgung und humanitäre Hilfe. Die Kirchen plädierten für »Korridore der Ruhe«, um Zugang zu humanitärer Hilfe zu ermöglichen, was zur Gründung der Operation Lifeline Sudan führte, die im Südsudan humanitäre Hilfe leistet – eines Konsortiums aus dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), dem Welternährungsprogramm und 35 Nicht-Regierungsorganisationen. Dies war »die erste Operation, bei der sich die UN mit einer nichtstaatlichen bewaffneten Gruppe befasste, ohne sie anzuerkennen.«8

In all diesen Jahren entwickelten die Kirchen wichtige Initiativen zu Versöhnung und Traumaberatung, die keine anderen Akteure auf die gleiche umfassende Weise hätten leisten können. Wenn es eine Hoffnung gibt, Fragmentierung und Hass zu überwinden, dann wird diese von solchen kirchlichen und zivilgesellschaftlichen Initiativen und deren internationalem Netzwerk kommen. In der Tat ist die Bildung eines gerechten Friedens »von unten« ein Hoffnungsschimmer inmitten konkurrierender ausländischer Mächte und lokaler Politiker, die die Spannungen für ihre eigenen Interessen ausnutzen. Die Menschen schauen auf die Kirchen und hoffen, dass sie zwischen den Konfliktparteien vermitteln. Die Kirchen engagieren sich für humanitäre Interventionen und setzen sich für Frieden, Dialog und Versöhnung durch neutrale Foren ein.

Kolumbien

Der Kontext in Kolumbien ist ein ganz anderer. Wir erleben dort einen entscheidenden Moment im Friedensprozess. Der Zentralausschuss des ÖRK begrüßte das historische bilaterale Waffenstillstandsabkommen, das die kolumbianische Regierung und die kolumbianischen Revolutionären Streitkräfte (FARC-EP) am 23. Juni 2016 in Havanna geschlossen hatten, als wichtigen Meilenstein auf dem Weg zum Frieden, in Kolumbien und in der Region: »Nach mehr als einem halben Jahrhundert Konflikt, in dem schätzungsweise 220.000 Menschen ums Leben kamen und fast sieben Millionen Menschen vertrieben wurden.«9

Wir hofften und beteten, dass dadurch ein Umfeld geschaffen werde, in dem die langjährigen Ungerechtigkeiten und ungelösten Missstände, die diesen Konflikt gespeist hatten, friedlich und nachhaltig angegangen werden könnten. Dass Massaker, Angriffe und Drohungen gegen Menschenrechtsverteidiger und Aktivist*innen für soziale Gerechtigkeit, Entführungen, Verschwinden, Folter und andere Menschenrechtsverletzungen, die die Geschichte des Landes geprägt haben, beendet werden könnten. Möge Gott die Menschen zur Umkehr, Vergebung und Versöhnung führen.

Die römisch-katholische Kirche als Mehrheitskirche hat in oft gefährlichen Konfliktsituationen versucht zu vermitteln. Papst Franziskus intervenierte zu einem kritischen Zeitpunkt der Friedensverhandlungen in Havanna. Mehrere Kirchen und Organisationen bildeten ein ökumenisches Netzwerk, um Gemeinden zu begleiten, die Opfer sozialer und politischer Gewalt geworden sind. Der ÖRK unterstützt und kooperiert mit Kirchen und Vertretern der Zivilgesellschaft, darunter auch Friedensstifterinnen, bei der Überwachung der Abrüstung und der Friedensbildung sowie in Versöhnungsprozessen und beim Aufbau eines gerechten Friedens im Land. Der ÖRK Generalsekretär traf am 7. September 2015 mit dem kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos zusammen. Der Generalsekretär bat darum, dass die Kirchen, religiösen Organisationen und die Vertreter*innen der Zivilgesellschaft an den verbleibenden Phasen der Gespräche zwischen der Regierung und den FARC-EP teilnehmen könnten, ebenso wie an den beginnenden Verhandlungen mit dem Ejército Liberación Nacional (ELN). Ebenso bat er um die Möglichkeit einer Begleitung der Umsetzung, Überprüfung und Einhaltung der Vereinbarung.

Ökumenische Begleitung auf dem Weg des gerechten Friedens

Diese beiden Fallstudien zeigen die unverzichtbare Rolle der Ortskirchen. Die ökumenische Verpflichtung zur Einheit der Kirchen in einer Konfliktsituation nimmt die Möglichkeit eines Dialogs und einer Zusammenarbeit zwischen tief gespaltenen Gemeinschaften und entzweiten Lagern vorweg. Die Fähigkeit, über die Trennungslinien hinauszugehen, erfordert die Verpflichtung zum gerechten Frieden als gemeinsamer Vision, zu einer Wertebasis der Ortskirchen und die Bereitschaft, die Menschenwürde der anderen anzuerkennen. Gewaltfreie Ansätze bieten den verschiedenen Akteuren den nötigen Raum, umzukehren und sich – im Interesse des Lebens und des Überlebens aller – zu verändern. Eine Traumaberatung, die Kirchen anbieten können, ist ein entscheidender erster Schritt für jeden Prozess der Versöhnung und der Heilung von Erinnerungen.

Das Überschreiten von Grenzen zwischen Gemeinschaften, die sich gegenseitig als Feinde betrachten, Hindernisse für den Frieden zu benennen, den Mächtigen mutig die Wahrheit zu sagen, gegen diejenigen vorzugehen, die Konflikte in ihrem eigenen Interesse befeuern und sich für gerechten Frieden einzusetzen, birgt oft Risiken. Wenn kirchenleitende Personen konfliktübergreifend zusammenarbeiten, wird ihnen leicht vorgeworfen, dass sie Loyalität gegenüber der Gemeinschaft vermissen lassen oder sogar mit dem Feind zusammenarbeiten. Manchmal müssen sie mit Gefängnis oder sogar mit dem Tod rechnen. Oft sind es Frauen oder Menschen am Rande der Gesellschaft, die trotz solcher Bedrohungen Risiken eingehen oder nicht bereit sind, ihre eigene Menschlichkeit im Konflikt aufzugeben; natürlich dürfen wir auch nicht den wichtigen Beitrag herausragender Führungskräfte vergessen.