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Fühungspersonen führen Mitarbeitende, die sich in unterschiedlichen Lebens- und Berufsphasen befinden. Ihre individuellen Kompetenzen, Ansprüche und Wertehaltungen und ihr Umgang mit der sich rasch verändernden Arbeitswelt unterscheiden sich. Megatrends wie Digitalisierung, flexible Arbeitswelten und demografische Entwicklung erfordern ein generationensensitives und -übergreifendes Vorgehen in der Führung. Das Buch von Daniela Eberhardt unterstützt Sie dabei, die Herausforderungen der generationsübergreifenden Mitarbeiterführung erfolgreich zu meistern. Sie erfahren, wie Sie die Zusammenarbeit aller Generationen proaktiv gestalten, sowohl individuell als auch in Teams und Sie Mitarbeitende für die gemeinsame Zielerreichung und Zusammenarbeit begeistern können. Inhalte: - Anliegen und Themenfelder der generationengerechten Führung - Arbeitsfähigkeit als Voraussetzung für lebenslange Beschäftigung - Generationen in der Arbeitswelt und ihre Besonderheiten - Demografische Entwicklung und die Zukunft der Führung - Alter und Älter werden - was bedeutet das? - Warum wir lebenslanges Lernen brauchen - Personalführung im Generationenmix - Strategische Führung und Generationenmanagement - Inklusive und alterssensitive UnternehmenskulturNeu in der 4. Auflage: - Integration Generation Alpha - Fachkräftemangel und Auswirkungen auf Partizipation Generationen in der Arbeitswelt - Neue Formen der Rekrutierung insbesondere durch Social Media - Generation@New Work: veränderte Werte und Anforderungen an die Arbeitswelt nach de Pandemie - Veränderte Kompetenzen bei verschiedenen GenerationenDie digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - Zugriff auf ergänzende Materialien und Inhalte - E-Book direkt online lesen im BrowserJetzt nutzen auf mybookplus.de.
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Seitenzahl: 484
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Daniela Eberhardt
Generationen zusammen führen
4. aktualisierte und erweiterte Auflage, Oktober 2024
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»Generationen zusammen führen« erscheint in einer vierten und vollständig aktualisierten und um aktuelle Themen erweiterten Auflage. Seit der Erstausgabe sind neun Jahre vergangen. Alter, Altern, verschiedene Generationen sind Themen, die heute genauso aktuell sind wie in den letzten Jahren. Und doch sieht die Arbeitswelt innerhalb kürzester Zeit seit der 3. Auflage im Jahr 2021 heute anders aus. Inzwischen steht die Generation Alpha kurz vor dem Berufseintritt und die geburtenstarke Babyboomer-Generation ist in der letzten Berufsphase, an der Schwelle zum Ruhestand oder bereits in Rente. Die gegenwärtige gesellschaftliche Situation ist geprägt durch Krieg in Europa, globale Krisen sowie gesellschaftliche Herausforderungen wie die Klimakrise. Zudem sind veränderte Ansprüche an eine inklusive Gesellschaft oder eben der Anspruch auf Beibehaltung des Status quo zu beobachten. Die Corona-Pandemie hat einen signifikanten Einfluss auf die Entwicklung der digitalen Zusammenarbeit, der Verbreitung von Homeoffice und der Entwicklung verschiedener Ausprägungen von New-Work-Arbeitswelten genommen. Wir sind mitten im Generationenwechsel und dieser verstärkt den Fachkräftemangel respektive in vielen Branchen bereits den allgemeinen Arbeitskräftemangel. Dies hat zusammen mit den sich weiterentwickelten Kompetenzen und Präferenzen für flexiblere Formen der Zusammenarbeit, Work-Life-Balance, Arbeitszeitreduktion etc. zu neuen betrieblichen Herausforderungen und Vorgehensweisen geführt.
Derzeit ist der Anteil Babyboomer in den Belegschaften der Unternehmen hoch und die Zusammensetzung – mit Branchenunterschieden – eher alterszentriert. Mit dem Eintritt der Babyboomer in den Ruhestand wird sich diese Zusammensetzung in den nächsten Jahren jedoch rasch ändern. Unsere Gesellschaft und Arbeitswelt sind flexibel, schnell und von rasanten Entwicklungen geprägt. Die Ansprüche der Generationen an mehr Flexibilität in der Arbeitswelt bezüglich Arbeitsort und Arbeitszeit gleichen sich in einigen Punkten immer mehr an. »Neue« Formen der Zusammenarbeit geben etwas mehr individuellen Freiraum, werden geschätzt und nachgefragt. Die Arbeitswelt verändert sich laufend und fordert uns Menschen in vielen Berufsfeldern durch Komplexität, veränderte Arbeitsabläufe, Personalmangel, verdichtete Aufgabenpakete oder Unsicherheiten bezüglich real existierender oder antizipierter Veränderungen heraus. All diese Entwicklungen in der Arbeitswelt führen zu individuellen Antworten sowie generationstypischen Verhaltensweisen. Auch weiterhin lassen sich altersspezifisch unterschiedliche Werthaltungen, Arbeitsweisen sowie Kompetenzen im Umgang mit Digitalisierung und neu auch generativer künstlicher Intelligenz beobachten. Die genannten Besonderheiten dienen im Rahmen des Generationenmanagements sowie der Führung in generationenübergreifenden Teams als Orientierungsrahmen. Ziel ist es menschliche Dynamiken, Bedürfnisse und Verhaltensweisen besser verstehen sowie einordnen zu können. Die Auseinandersetzung mit dem Individuum und seinen Besonderheiten kann dieser Orientierungsrahmen jedoch nicht ersetzen.
Auch in dieser 4. Auflage möchte ich reflektieren, wie sich mein persönlicher Umgang mit dieser Thematik weiterentwickelt hat. In meiner Funktion als Direktorin HR Stadt Zürich durfte ich die Veränderung in der Arbeitswelt vielfältig und für eine Multi-Branchen-Organisation weiterentwickeln und die Zusammenarbeit in der hybriden Arbeitswelt aktiv pflegen. Persönliche Highlights im Generationenmanagement waren die Einführung eines Programms für Young Professionals, die weitere Flexibilisierung der letzten Berufsphase und die nun mögliche Beschäftigung über das offizielle Renteneintrittsalter hinaus. Privat habe ich ein mir sehr nahestehendes Ehepaar in seiner letzten Lebensphase begleitet. Dabei wurde ich mit der Erkenntnis konfrontiert, dass die Bewältigung des Alltags für hochaltrige Menschen ohne Unterstützung zunehmend schwieriger wird. Ich habe erlebt, was es bedeutet, wenn Pflegeplätze rar sind und Hilfe dann, wenn man sie am meisten braucht, nur eingeschränkt verfügbar ist. Und auch in meiner Kernfamilie haben sich alle – generationstypisch – weiterentwickelt. Unser Sohn (Generation Z) ist parallel zum Studium in einem durch Vertreter der Gen Z geführten Start-up für Influencer-Marketing als Head of Sales tätig. Unsere Tochter, auch Angehörige der jungen Generation, ist Consultant in einer Boutique-Unternehmensberatung, die neu eine generationsübergreifende Co-Leitung hat. Sie hat sich intensiv fachlich mit dem Thema auseinandergesetzt und engagiert sich auch beruflich aktiv dafür. Mein Mann (Babyboomer) und ich (Generation X) haben uns für eine weitere berufliche Herausforderung und einen Stellenwechsel entschieden. Mein Weg führt zurück in die Angewandte Psychologie und an die Hochschule und ich freue mich sehr auf diese neue Aufgabe.
Auch die vierte Auflage ist mit Unterstützung anderer entstanden: Jana Eberhardt verantwortet als Co-Autorin in der 4. Auflage die Überarbeitung des Kapitels zu den Generationen in der Arbeitswelt. Alina Wohlt hat die Grafiken zur demografischen Entwicklung sowie die Initiativen aktualisiert. Verschiedene Fachexpertinnen und Fachexperten haben in den Fallstudien zur Stadtverwaltung Zürich und zu anderen Organisationen ihren Beitrag zum Generationenmanagement aufbereitet und zur Verfügung gestellt. Miriam Minidis hat erneut die formale Überarbeitung unterstützt. Euch allen ganz herzlichen DANK dafür!
Daniela Eberhardt, Zürich im Juli 2024
»Generationen zusammen führen« erscheint in einer dritten und vollständig überarbeiteten Auflage. Seit der Erstausgabe sind erst sechs Jahre vergangen. Alter, Altern, verschiedene Generationen sind Themen, die heute genauso aktuell sind wie in den letzten Jahren. Und doch hat sich vieles weiterentwickelt und verändert. Wir haben jetzt bis zu fünf Generationen in den Unternehmen. Die Arbeitswelt hat im letzten Jahr große Veränderungen erfahren, die schnell umgesetzt werden mussten. Die weltweite Corona-Pandemie hat zu einer massiven Beschleunigung der Digitalisierung, des Kompetenzzuwachses im Bereich digitale und flexible Arbeitswelten bei allen Generationen und zu neuen Rahmenbedingungen der Führung und Zusammenarbeit geführt.
Zwischenzeitlich ist die Generation Z in das Berufsleben eingetreten oder steht an der Schwelle zum Berufseintritt. Sie muss sich in der Berufseintrittsphase in einer Lern- und Arbeitswelt zurechtfinden, die im Schwerpunkt digital, im Homeoffice und mit wenig direktem Austausch mit anderen stattfindet. Die Millennials haben sich in der Arbeitswelt etabliert und sind in den Unternehmen angekommen. Die Generation X hat neue Herausforderungen in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie bewältigt und kennt das Paralleluniversum von Homeoffice und Homeschooling, Arbeiten und Lernen in Videokonferenzen und hat die sich immer mehr auflösenden Grenzen von Arbeit und Privatem am intensivsten erlebt. Die Silver Worker sind weitgehend im Ruhestand und die Babyboomer, die immer noch die größte Anzahl an Erwerbspersonen in der Bevölkerung stellen, sind jetzt die älteste Mitarbeitendengruppe. Sie befinden sich in den »kritischen letzten Jahren« vor dem Erreichen des offiziellen Renteneintrittsalters. Einige von ihnen erfahren immer weniger Support im Unternehmen und stehen an der Schwelle zum freiwilligen oder forcierten früheren Austritt aus dem Berufsleben, andere sind weiterhin so eingebunden, dass das Ende der Berufstätigkeit noch kaum vorstellbar scheint.
Sie alle profitieren davon – virtuell oder physisch – zusammen zu arbeiten und gemeinsam und voneinander zu lernen.
Wie können Führungspersonen den Herausforderungen in der Arbeitswelt durch »Generationen zusammen führen« gerecht werden? Welche Rahmenbedingungen können durch Generationenmanagement aufgebaut werden, damit der demografische Wandel und ein Miteinander der Generationen gelingen können? Die dritte Auflage des Buches behandelt diese Fragen. Es wurden Ausführungen zu Generation Z integriert, die fachlichen Grundlagen, die Fallbeispiele und Initiativen, wie auch die Szenarien der demografischen Entwicklung überarbeitet, aktualisiert und durch neuere Entwicklungen ergänzt. Wie bisher werden durch Fachwissen, praktische Tipps, Praxisbeispiele, Checklisten und Hilfsmittel vielfaltige Möglichkeiten und Perspektiven auf das Thema geboten.
Die Reflexion zur Führung unterschiedlicher Generationen führt für mich immer auch zu einem Blick auf den Generationenzusammenhalt und die Alterungsprozesse in meinem privaten, persönlichen Umfeld. Neue Formen der Vereinbarkeit von Arbeit und Beruf haben mich aufgrund intensiver Betreuung der ältesten Generation beschäftigt und meine Auseinandersetzung mit der nächsten Lebensphase beschleunigt. Meine Kernfamilie besteht nur noch aus zwei Generationen. Mein Sohn (Generation Z) hat im Praktikum erste Arbeitserfahrungen gesammelt und ist im (unfreiwilligen Fern-)Studium angekommen. Meine Illustratorin und Tochter (Millennial) hat ihr Studium in Fine Arts abgeschlossen. Wir Eltern als Angehörige der Generationen X und Babyboomer sind indessen vor allem in flexibleren und digitaleren Arbeitsformen unterwegs. In nur wenigen Jahren ändert sich die persönliche Situation, was eine neue Art der Reflexion über das Thema Alter, älter werden, und wie wir über verschiedene Generationen miteinander umgehen und uns gegenseitig unterstützen einsetzt.
Auch die dritte Auflage von »Generationen zusammen führen« ist unter Mitwirkung verschiedener Generationen entstanden. Dieses Mal in weitgehend virtueller Zusammenarbeit, was wiederum neue und spannende Erfahrungen gebracht hat.
Viviane Peter, zuständig für das Generationenmanagement bei der Stadt Zürich und Alina Wohlt, die mit ihr zusammen das Projekt »Young Professionals« bei der Stadtverwaltung bearbeitet, haben die Ausführungen zur Generation Z übernommen und bei weiteren Aktualisierungen tatkräftig unterstützt. Miriam Minidis hat uns diverse administrative Aufgaben abgenommen. Herzlichen Dank für all den Fachaustausch und die gemeinsame Weiterentwicklung des Themas wie für die Unterstützung bei der Buchaktualisierung. Die Fallstudie »Stadt Zürich« und diverse Fallstudien anderer Organisationen wurde durch die jeweiligen Fachexpertinnen und Fachexperten aktualisiert, vielen Dank!
Daniela Eberhardt, Zürich, im August 2021
Das Thema »Generationen zusammen führen« hat wenige Jahre nach Erscheinen der ersten Auflage an Bedeutung weiter zugenommen. Die Arbeitswelt muss sich vielen Herausforderungen stellen, dazu gehört die größere Anzahl älterer Mitarbeitenden. In fast allen Industrienationen bleiben Menschen zunehmend länger im Arbeitsprozess. Die Gründe hierfür sind so vielfältig wie die Menschen selbst. Eine Ursache liegt sicherlich bei den veränderten Rahmenbedingungen der jeweiligen Vorsorgeeinrichtungen – durch zunehmend steigendes Lebensalter und eine anhaltend niedrige Verzinsung von Altersguthaben können sich immer weniger Menschen einen frühzeitigen Ausstieg aus dem Berufsleben leisten. Zugleich ist die heutige Generation älterer Mitarbeitender in dieser Lebensphase oftmals gesund, kompetent und motiviert. Mental und körperlich möchten sich diese Menschen beruflich engagieren und aktiv in den letzten Berufsabschnitten einbringen und häufig noch nicht kürzertreten oder aussteigen.
Gleichzeitig kommen jüngere Menschen auf den Arbeitsmarkt mit völlig anderen Kompetenzen, Wünschen, Wertvorstellungen und Ansprüchen an die Gestaltung der Arbeitswelt und einem veränderten Berufswahlverhalten. Die Arbeitswelt selbst schreitet mit Entwicklungen im Bereich Digitalisierung, Globalisierung, neuen Arbeitsformen etc. fort. Einige Branchen leiden bereits heute unter Fachkräftemangel, andere Bereiche sehen sich davon bedroht.
Wie können Führungskräfte diese Entwicklung positiv begleiten? Wie können sie zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen aus den HR- und Personalabteilungen die enormen Veränderungsprozesse im beruflichen Alltag abfedern, positiv nutzen und den oft anspruchsvollen und divergierenden Ansprüchen und Erwartungen gerecht werden?
»Generationen zusammen führen« gibt Führungskräften und HR-Fachkräften in unterschiedlichen Feldern der Zusammenarbeit wichtige Impulse zur aktiven Gestaltung und Nutzung der Rahmenbedingungen von Führung wie auch der eigenen Führungspraxis.
In der zweiten Auflage wurden notwendige Aktualisierungen vorgenommen, z. B. die Entwicklung der europäischen Arbeitsmarktzahlen, Internet-Links und einzelne Praxisbeispiele. Neu ist darüber hinaus ein durchgängiges Praxisbeispiel (Stadtverwaltung Zürich), das Umsetzungsmöglichkeiten in allen Handlungsbereichen aufzeigt. Die optimale Erfüllung staatlicher Aufgaben ist der Stadt Zürich ein zentrales Anliegen. Den Schlüssel hierzu liefert eine vielfältige Belegschaft, die als Organisation analog zur älter werdenden Gesellschaft die Entwicklung und Veränderung mitträgt und eine proaktive Rolle im Generationenmanagement einnimmt. Im Rahmen des Umsetzungsprojektes der HR-Strategie 2015 – 2018 wurde das Projekt »Vielfalt als Chance« mit Schwerpunkt Generationenmanagement lanciert, das erstmals die vielfältigen Aktivitäten integriert, sichtbar macht und um einzelne, bedarfsorientierte Maßnahmen ergänzt. Integrativ wurden diverse andere HR-strategische Umsetzungsprojekte so bearbeitet, dass sie für die Zusammenarbeit aller Generationen unterstützend, hilfreich und nützlich sind.
Ich bedanke mich bei den Co-Projektleiterinnen Mirjam Schlup und Rebekka Hofmann und dem altersgemischten Team des Projekts »Vielfalt als Chance« für ihr Engagement und die Ergebnisse und Aktivitäten rund um die gesamtstädtische Lancierung des Themenschwerpunkts Generationenmanagement. Bei der Recherche und Aufbereitung des Materials für die Neuauflage haben Viviane Peter, Ivana Fausch, Cordelia Kissling und Jacqueline Zürcher mitgeholfen, auch ihnen gilt mein bester Dank.
Daniela Eberhardt, Zürich, im September 2018
»Generationen zusammen führen« ist ein Buch, das die vielfaltigen Facetten der Führung von Millennials, Generation X und Babyboomern und allen gemeinsam aufzeigt. Durch Fachwissen, praktische Tipps, Praxisbeispiele, Checklisten und Hilfsmittel werden vielfaltige Möglichkeiten und Perspektiven für das Thema geboten.
Unterschiedliche Generationen am Arbeitsplatz erinnern an das Zusammenleben verschiedener Generationen in einer Familie und haben vergleichbare Chancen und Herausforderungen. In meiner angestammten Großfamilie leben drei Generationen miteinander verbunden. Immer wenn sich alle treffen, gibt es angeregte Gespräche, man meint fast, alles rede durcheinander und keiner höre zu. Dann gibt es noch die jüngste Generation, die während der Familiengespräche von mittlerweile 20 Personen in ihren Smartphones stöbert und sich Messages hin und her schickt. Und doch verstehen sich alle auf eine fast mystische Art und Weise, die einzelnen Generationen haben verschiedene Themen, die Kommunikation ist unterschiedlich. Es funktioniert durch ein gemeinsam getragenes Verständnis, dass alle zusammengehören und eine gewisse Führung und Koordination, die langsam von der ältesten Generation an die mittlere Generation übergeht. Das ist die Grundlage, dass diese kleine Gemeinschaft wertschätzend und im Austausch miteinander lebt. In meiner Kleinfamilie lässt sich noch mehr beobachten: Es gibt z. B. einen Angehörigen der Generation Z, das ist die Generation, die kurz vor dem Berufseintritt steht. Er arbeitet neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Oberstufenschüler als Texture Packer ganz freiwillig und sehr engagiert für möglichst angesagte Youtuber. Die Motivation kommt aus der Faszination für die Videospielszene und die Chance, dazuzugehören: Der Lohn ist die Ehre, dass seine kleinen Entwicklungen – immer wieder neu als im Internet platzierter Auftrag – vom Youtuber ausgewählt werden. Als Angehörige der Babyboomer-Generation ist mir dieses Medium eher fremd und dieses freiwillige und sehr engagierte Zusammenspiel von führen und geführt werden in der virtuellen Welt hat etwas Faszinierendes. Es stellt sich die Frage, welche neuen Formen der Führung und Zusammenarbeit kommen auf uns zu?
»Generationen zusammen führen« ist ein Buch, das unter Mitwirkung verschiedener Generationen entstanden ist. Die Arbeit in einem kleinen, generationenübergreifenden Verbund war spannend und lehrreich. In der Zusammenarbeit haben wir das Thema gelebt, uns teilweise virtuell ausgetauscht, an verschiedenen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten gearbeitet und verschiedene Schwerpunkte eingebracht. Es gab auch ein gewisses Unverständnis dafür, dass ich alle Fachartikel ausdrucke und in Papierform bearbeite und gewisse Triumpherlebnisse, dass diese vermeintlich altmodische Art überlegen war, als für längere Zeit die Technik nicht funktionierte.
Ich möchte mich sehr für die engagierte und kompetente Zusammenarbeit bei den beiden Co-Autoren Tamara Garcia (Millennial) und Jan Rauch (Generation X) bedanken, die je ein Kapitel zusammen mit mir verfasst haben. Großer Dank geht auch an alle anderen, die mitgewirkt haben: Christian Thurn (Millennial), der die Aufbereitung der Praxisbeispiele und -hilfsmittel verantwortet und mir immer wieder mit Feedback zum Text und praktischen Anfragen zur Unterstützung zur Seite stand; Bernadette Rufer (Babyboomer) hat das Buchprojekt an vielen Punkten administrativ unterstützt und v. a. die Literaturverwaltung und -dokumentation sehr zuverlässig übernommen; Sandrine Koch (Millennial) half bei Recherchearbeiten und Grafiken und Yole De Paola (Millennial) verantwortet die gesamte finale Aufbereitung der Tabellen und Abbildungen. Christine Engel-Haas (Babyboomer) hat uns mit dem Lektorat kompetent unterstützt, vielen Dank hierfür! Große Freude macht es mir auch, dass meine Tochter Jana Eberhardt (Millennial) die Illustrationen für das Buch übernommen hat.
Daniela Eberhardt, Zürich, im Juli 2015
Als wir jung waren, hat man uns gelehrt, uns nach den Älteren zu richten. Heute, wo wir selber älter sind, sollen wir auf die Jugend hören.
William Saroyan (amerikanischer Schriftsteller)
Kapitelübersicht
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen eines der wichtigsten Elemente für Unternehmenserfolg dar. Im Hinblick auf Alter ist ein differenzierteres Führungsverhalten gefragt, unsere Gesellschaft altert, die Anforderungen, Technologien und erforderlichen Kompetenzen verändern sich rapide. In den Unternehmen haben sich die Zusammensetzung und die altersgemäße Durchmischung der Belegschaft verändert, die Generation Z ist Teil der Arbeitswelt und die Generation Alpha steht vor dem Berufseintritt. Die Generationenperspektive bietet wertvolle Hinweise, um den Unterschieden der Angehörigen verschiedener Generationen gerecht zu werden und den Zusammenhalt zu fördern. Es bleiben aber Orientierungshilfen. Um der Vielfalt der Individuen gerecht zu werden, braucht es einen Fokus auf den oder die Einzelne. Werte und Erwartungen können jedoch besser eingeordnet und vieles erklärt und beschrieben werden, wenn die Besonderheiten der Generationen berücksichtigt werden. Die individuellen Ansprüche und Kompetenzen divergieren immer stärker und bieten gleichzeitig die Chance für eine vielfältige Form der Aufgabenbearbeitung. Zentrales Erfolgskriterium für die Arbeitsfähigkeit während der gesamten (Berufs-)Lebensspanne und auch für die Zusammenarbeit verschiedener Generationen ist die altersgerechte und generationengerechte Führung der Einzelnen und eine generationsübergreifende Führung der Belegschaft. Doch was bedeutet das für die Praxis? Es bedeutet, sich mit generationsspezifischen Themen und der Frage der Zusammenarbeit in der Vielfalt auseinanderzusetzen. Es heißt auch, Abschied zu nehmen vom Senioritätsprinzip und vom Jugendwahn. Der richtige Umgang mit Vielfalt ist facettenreich und kann gelernt werden. Vielfältige Ansatzpunkte, Betrachtungs- und Vorgehensweisen, Praxisbeispiele und Hilfsmittel zeigen auf, wie dies möglich sein kann.
Folgende Schwerpunktthemen bieten einen Einblick in die Besonderheiten und Vielfalt der Führung von Generation Alpha, Generation Z, Millennials, Generation X und Babyboomern: Beschreibung von Spezifika verschiedener Generationen in der Berufs- und Arbeitswelt, die demografische Entwicklung in Deutschland, der Schweiz und im europäischen Umfeld, Entwicklungsthemen über die Lebensspanne und Perspektiven zum lebenslangen Lernen und Wissenstransfer. Dieses Buch beschreibt u. a. Führungsansätze auf den beiden Ebenen Personalführung (interaktionelle Führung) und des Generationenmanagements (strukturelle Ebene).
Für die Personalführung werden im Buch verschiedene Führungsstile für die Führung einer bestimmten Generation und die Zusammenarbeit zwischen den Generationen beleuchtet. Für jede Generation werden zudem ihre generationsspezifischen Besonderheiten in der Führung und als Führungsperson aufgezeigt und der Umgang mit kritischen Personalführungssituationen und Alter vertieft.
Das Generationenmanagement schafft förderliche Rahmenbedingungen, die die Führung von Mitarbeitenden und Teams im Sinne der gewünschten Entwicklung und Handlungsausrichtung unterstützt: »Ein aktives Generationenmanagement schafft Rahmenbedingungen im Sinne von Führungs- und Organisationsumfeldern, die die Beschäftigten aller Altersgruppen befähigen und motivieren, vollen Einsatz zu leisten und dabei mit sich und ihrem Umfeld zufrieden zu sein.«1 Im Buch werden Möglichkeiten und Rahmenbedingungen aufgezeigt, um durch Generationenmanagement die nötigen Strukturen und Vorgehensweisen zu gestalten und eine altersgerechte, generationenübergreifende Unternehmenskultur zu fördern.
1 Tavolato, 2016, S. 4.
Wichtig
Organisationen verfolgen Ziele. Dazu brauchen sie Mitarbeitende mit vielfältigen Kompetenzen, Interessen und Motivationslagen, um den unterschiedlichen Anforderungen und Ansprüchen gerecht zu werden. Eine altersheterogene Belegschaft stellt in diesem Bezug eine große Ressource dar. Eine generationenübergreifende Führung ermöglicht die Integration und zielgerichtete Ausrichtung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Generationen sowie die Zusammenarbeit zwischen den Generationen.
Jede Organisation – egal welcher Branche, Organisationsform oder -größe – strebt bestimmte Ziele an, die erreicht werden sollen. Die dafür zur Verfügung stehenden Mittel sind beschränkt. Zu den erfolgskritischsten Elementen gehören die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihre Kompetenzen, ihr Engagement und ihr Einsatz tragen entscheidend zum Unternehmenserfolg bei. Angehörige verschiedener Altersgruppen und Generationen haben unterschiedliche Kompetenzschwerpunkte, Werthaltungen, befinden sich in unterschiedlichen Berufs- und Lebensphasen etc. Diese Vielfalt stellt ein immenses Potenzial und zugleich eine enorme Herausforderung für die Führung dar.
Dieses Buch soll helfen, ein differenziertes Führungsverhalten im Hinblick auf die Thematik Alter und Generationenzugehörigkeit zu entwickeln. Nützliches Wissen, praktische Hinweise und Hilfsmittel sowie Beispiele aus der Praxis bieten dabei Unterstützung, altersgemischte Belegschaften erfolgreich und konstruktiv zu führen. Zentrale Grundlagen für die generationenübergreifende Führung sind eine Kultur und ein Führungsstil, die von Fairness und Wertschätzung geprägt sind. Jede Generation hat ihre Vorlieben, Stärken und Besonderheiten und keine ist per se leistungsschwächer oder Nutznießer der anderen Generationen. Und jede Generation hat unterschiedliche Präferenzen, Erfahrungen und Kompetenzschwerpunkte. Die Herausforderung an die Führungskraft besteht darin, vom Erfahrungsschatz, dem Know-how, den Vorlieben und Stärken zu profitieren und offen zu sein für neue Lebens- und Arbeitsmodelle, um Mitarbeitende aller Generationen langfristig für das eigene Unternehmen und die anstehenden Aufgaben begeistern zu können. Die Einteilung in Generationen gibt dabei nur einen Rahmen, der Orientierung bietet und für Besonderheiten sensibilisiert. In der Führung und Zusammenarbeit geht es darum, dem und der Einzelnen gerecht zu werden und adäquat zu reagieren. In diesem Sinne darf die Einteilung in Generationen und Zuschreibung von Besonderheiten nicht zu einer stereotypen oder vorurteilshaften Handlungsweise führen.
Wichtig
Unser Lebensalter und unsere Generationszugehörigkeit prägen unser Erleben und Verhalten.
Die Betrachtung von Lebensalter und Zugehörigkeit zu einer Generation ist ein nicht ganz einfaches Unterfangen, da der Prozess des Älter-Werdens völlig unterschiedlich verläuft. Kompetenzen und Fähigkeiten und auch vorherrschende Entwicklungsstufen verändern sich vom frühen Erwachsenenalter (Berufseintritt) bis zum späteren Erwachsenenalter (Berufsaustritt), wenngleich es große Unterschiede zwischen den Individuen gibt und sich Zuordnungen nur allgemein vornehmen lassen. Über viele Menschen hinweg betrachtet, gibt es jedoch einen Einfluss des Lebensalters auf bestimmte Werthaltungen und die Entwicklung von Kompetenzen, wenngleich der Unterschied zwischen den einzelnen Individuen mit zunehmendem Alter größer wird.
Neben Geschlecht, Religionszugehörigkeit, kulturellem Hintergrund u. a. ist Alter definitiv ein Diversity-Kriterium. Wir fühlen uns einer bestimmten Altersgruppe zugehörig, diese ist uns ähnlich, während andere Altersgruppen sich von uns unterscheiden. Diesem Zusammenspiel verschiedener Generationen liegt eine ganz eigene Dynamik und eigenes Muster zugrunde. Die Zusammensetzung der Belegschaft im Hinblick auf das Lebensalter (organisationale Demografie) und der geschickte Umgang mit dieser Thematik kann weitreichende Folgen für das Handeln von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder ganzen Organisationen haben. Diese werden mit der aktuell stattfindenden demografischen Entwicklung und Veränderung von Belegschaftsstrukturen in Organisationen für die erfolgreiche Bewältigung der Führungsaufgaben zunehmend erfolgskritisch. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema bedeutet auch gleichzeitig, Abschied zu nehmen vom Senioritätsprinzip und vom Jugendwahn. Derzeit arbeiten vier Generationen von Mitarbeitenden mit unterschiedlicher Sozialisation im Unternehmen zusammenarbeiten. Die Zusammensetzung der Generationen entwickelt sich in den nächsten Jahren rasant weiter, die Fragestellungen und Schwerpunkte in der Führung sowie die Dynamik zwischen den Generationen verändert sich fortlaufend. Auf die Führung kommen dabei immer wieder neue Themen der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, des lebenslangen Lernens, des Erhalts von psychischer und physischer Gesundheit über das gesamte Berufsleben hinweg, der Schaffung von förderlichen Arbeitsbedingungen (Arbeitsort inkl. Remote Work und Homeoffice sowie verschiedene Arbeitszeitmodelle), des Einsatzes von Digitalisierung und technologischen Entwicklungen, struktureller Rahmenbedingungen und einer alterssensitiven Führungskultur zu. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersgruppe und Generation ist individuell und die damit verbundenen Themen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind oftmals sehr persönlich und – im Falle von (ggf. auch unerwünschten) Veränderungen oder (anspruchsvollen) Erwartungen an die Zusammenarbeit innerhalb einer vielfältigen Belegschaft – oftmals auch emotional. Dabei kommt dem persönlichen Führungsstil und -verhalten im Umgang mit verschiedenen Generationen und in der generationenübergreifenden Führung eine besondere Bedeutung zu.
Wichtig
Die Themen Diversity und organisationale Demografie stellen zentrale Erfolgsfaktoren im Unternehmen dar.
Sind Unternehmen erfolgreicher, wenn sie Vielfalt leben und besonders auf altersgemischte Zusammenarbeit setzen? Diese grundsätzliche Frage nach den Vorteilen einer heterogenen im Gegensatz zu einer homogenen Belegschaft kann und soll nicht mit einem »ja« oder »nein« beantwortet werden. Erkenntnisse aus Fachliteratur und Forschung zur Vielfalt unterschiedlicher Personengruppen in der Organisation (Diversity) und zur demografischen Zusammensetzung der Belegschaft (organisationale Demografie) zeigen auf, welche Auswirkungen auf die Zusammenarbeit und den Erfolg eines Unternehmens zu erwarten sind, wenn die Personalstruktur heterogener oder homogener ist. Einfacher ausgedrückt: Es gibt immer Vor- und Nachteile, wenn sich die Mitarbeitenden in Geschlecht, Alter, Nationalität eher ähneln oder eben unterscheiden. Vielfalt, auch Altersvielfalt, ist also nicht per se gut oder schlecht, sondern kann Vorteile und auch Herausforderungen mit sich bringen. Altersvielfalt zu managen, ist eine aktuelle Herausforderung in der Führung und wird mit einer immer noch tendenziell alternden Belegschaft bis zum Ausscheiden der Babyboomer in Zukunft sowie der parallelen beruflichen Sozialisation und Integration der jungen Generationen noch zunehmen. Es geht dabei um Personalführungsthemen in dieser anspruchsvollen Situation und um die Weiterentwicklung der Belegschaft, der Organisation und die künftige Ausrichtung, zusammen mit den alternden Mitarbeitenden für eine Zukunft ohne sie. Um diese Führungssituation und den Wandel zu führen und zu gestalten, gibt es zahlreiche Perspektiven und Möglichkeiten, durch ein alterssensitives Vorgehen die Ressourcen der unterschiedlichen Generationen im Unternehmen zu verbinden.
Ein Leben lang motiviert, gesund und kompetent beruflich tätig zu sein, ist eine Lebensleistung. Grundlage für die Führung von Generationen ist die Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jeden Alters. Diese wird maßgeblich durch Führung beeinflusst.2 Es geht darum, den Einzelnen ein Berufsleben lang – vom Berufseinstieg bis zum Übertritt in die Nacherwerbsphase – in seiner Arbeitsfähigkeit zu fördern, der Vielfalt der verschiedenen Generationen gerecht zu werden und die gesamte Belegschaft in ihrer Kombination in ihrer Arbeits- und Zukunftsfähigkeit zu fördern.
Welche Faktoren machen eine gute Arbeitsfähigkeit aus? Wie kann diese erreicht werden?
Langjährige Studien zur Beschreibung und Erhebung der Arbeitsfähigkeit wurden in Finnland, am Finnish Institute of Occupational Health (FIOH) vorgenommen. Finnland gilt beim Thema Generationenmanagement und in der altersgerechten Führung als Pionierland. Die demografische Entwicklung hat in Finnland den Peak der geburtenstärksten Jahrgänge ein paar Jahre früher als Deutschland und die Schweiz erlebt, ihre Babyboomer sind also etwas älter. In Finnland erfolgten die ersten umfangreichen Forschungen zum Thema, Programme auf Ebene der Politik und Organisationen wurden entwickelt. Viele spätere wissenschaftliche Arbeiten orientieren sich an den Vorarbeiten und Erfahrungen der finnischen Kolleginnen und Kollegen. Forschungen und praktische Empfehlungen zum Generationenmanagement nahmen ihren Anfang mit der Beachtung von Alterungsprozessen und dem Umgang mit älteren Mitarbeitenden und wurden durch eine Gesamtperspektive auf alle Generationen und deren Miteinander ersetzt. Der Erwerb und Erhalt der Arbeitsfähigkeit ist und bleibt eine zentrale Grundlage für ein lebenslanges erfolgreiches Berufsleben.
Definition: Arbeitsfähigkeit
»Unter Arbeitsfähigkeit verstehen wir […] die Summe von Faktoren, die eine Frau oder einen Mann in einer bestimmten Situation in die Lage versetzen, eine gestellte Aufgabe erfolgreich zu bewältigen«.3
Arbeitsfähigkeit entsteht aus einer dynamischen Beziehung zwischen den individuellen Ressourcen und Bedürfnissen einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters und den Ressourcen, die am Arbeitsplatz zur Verfügung stehen. Die Passung von Person und Umgebung ist Teil des Kernkonzeptes der Arbeitsfähigkeit und die Interaktion der einzelnen Einflussfaktoren wird oftmals in Form eines »Hauses der Arbeitsfähigkeit« illustriert (vgl. Abb. 1.1).4 Dieser Vergleich ist sehr treffend. Man stelle sich vor, das Erdgeschoss stürzt ein, dann stürzt der Aufbau darüber auch ein. Genauso aufeinander aufbauend wie einzelne Stockwerke sind die einzelnen Elemente der Arbeitsfähigkeit zu beurteilen. Die Grundlage des Hauses der Arbeitsfähigkeit bildet die körperlich-seelische Vitalität. Mit zunehmendem Alter nehmen die gesundheitsbedingten Austritte aus dem Erwerbsleben zu. Aber auch in jungen Jahren sind die Belastungen enorm und die Gesundheitsrisiken im körperlichen wie im psychischen Bereich hoch. Erkrankungen wie Erschöpfungsdepression oder Burn-out stellen bereits heute die Hauptrisikofaktoren für Erkrankung, die von der OECD erhoben werden.5
Aufbauend auf der gesundheitlichen Grundlage folgt das Thema Kompetenz. Kompetenzen, die sich aus Ausbildung, Weiterbildung, praktische Erfahrung, persönliche Faktoren wie Intelligenz usw. ergeben, können sich z. B. durch Lernen und Erfahrung im Verlauf des Lebens verändern und verschiedene Generationen im Unternehmen haben unterschiedliche Kompetenzschwerpunkte. Sowohl Gesundheit (physische und psychische) als auch Kompetenzerwerb und -erhalt sind lebenslange Herausforderungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Beide Themenfelder werden durch Motivation, Einstellung und Werte beeinflusst, die den dritten Bereich der Arbeitsfähigkeit bilden. Schließlich spielen die Arbeit selbst sowie die Arbeitsumgebung eine wesentliche Rolle, während die altersgerechte Führung zentral beim Ausbau und Erhalt der Arbeitsfähigkeit ist. Beeinflusst wird die Entwicklung der Arbeitsfähigkeit des Mitarbeitenden ebenfalls durch das eigene persönliche Umfeld, die Familienkonstellation und auch die regionale Umgebung (einfachheitshalber in der Grafik nicht dargestellt).
Die Möglichkeit, ein Berufsleben lang erwerbstätig zu bleiben, wird neben der Arbeitsfähigkeit auch von anderen Faktoren beeinflusst. Beispielhaft zu nennen sind die Bevorzugung von Altersgruppen oder Generationen im Arbeitsmarkt oder Altersdiskriminierung, politische Rahmenbedingungen oder HR-Praktiken (z. B. Altersanstieg in Lohnsystemen und Auswirkungen auf die Rekrutierung Älterer, Altersbeschränkung bei Stelleninseraten).
Abb. 1.1:
Haus der Arbeitsfähigkeit (nach Tempel und Ilmarinen, 2013)
Generationen zusammen führen benötigt eine lebenslange Arbeitsfähigkeit der einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber auch eine Unternehmenskultur, die alterssensitiv ist und die Zusammenarbeit zwischen den Generationen fördert und unterstützt. Schlussendlich geht es darum, ein Mehrgenerationenhaus zu bauen, in dem für alle Generationen und Altersgruppen für bestimmte Herausforderungen altersspezifisch insgesamt aber generationenübergreifend Bedingungen geschaffen werden, die die Freude an der Arbeitstätigkeit und die Arbeitsfähigkeit fördern.
2 Vgl. Ilmarinen und Tempel, 2002.
3 Ebenda, S. 166.
4 Vgl. Wallin, 2015.
5 Vgl. auch Eberhardt, 2009.
Generationen zusammen führen – wie kann das ganz mittelbar durch Führung geschehen? In der Führungsliteratur wird ganz grob zwischen struktureller und interaktioneller Führung unterschieden.
In der strukturellen Führung geht es um die Schaffung von Rahmenbedingungen, Prozessen, Abläufen oder Führungshilfsmitteln, die in einer Organisation für alle Mitarbeitenden eingesetzt werden (z. B. Personalbeurteilungsbogen). Generationenmanagement ist diese strukturelle Führung, spezifiziert und konkretisiert für die Führung verschiedener Generationen. Generationenmanagement entlastet im Alltag, Mitarbeiterführung wird durch diese Rahmenbedingungen strukturiert und teilweise auch ersetzt. Ansatzpunkte zur Gestaltung des Generationenmanagements finden sich in der Organisationslehre und im Human-Resource-Management (HRM). In der Organisationslehre finden sich Modellvorstellungen und Gestaltungsoptionen, z. B. über den Organisationsaufbau, Entscheidungsprozesse in Organisationen oder auch über die strategische Führung und ihre Umsetzung. Diese Facetten haben einen indirekten Einfluss auf die Führung im Generationenmix. Werden z. B. organisatorische Kernprozesse so ausgerichtet, dass sehr global Aufgaben verteilt und via moderner Technologien koordiniert werden, hat das u. a. eine Wechselwirkung mit den verschiedenen Kompetenz- und Motivationsschwerpunkten verschiedener Generationen in der Organisation. Wenn die Unternehmensstrategie darauf fokussiert, vielfältige Kundensegmente zu bearbeiten, die unterschiedliche Altersgruppen ansprechen, wird eine altersgemischte Belegschaft zum Ziel strategischer Führung. Für die Gestaltung von Führungssystemen und -prozessen wie auch für die Umsetzung strategischer Maßnahmen durch Projekte und Programme ist das HRM in der Experten- und Umsetzungsrolle in der Organisation.
In der interaktionellen Führung geht es um die Personalführung und die Gestaltung der Interaktion zwischen Führungsperson und Mitarbeiterin oder Mitarbeiter. Personalführung kann unterschiedlich definiert werden. Beim Thema Generationen zusammen führen lohnt es sich, eine Perspektive einzunehmen, bei dem die Akzeptanz der Mitarbeitenden eine große Rolle spielt.
Definition: Führung
»Führung heißt, andere durch eigenes, sozial akzeptiertes Verhalten so zu beeinflussen, dass dies bei den Beeinflussten mittelbar oder unmittelbar ein intendiertes Verhalten bewirkt.«6
Mit einer kooperativen Führungsmentalität können Mitarbeitende in ihrer Motivation gestärkt und abgeholt werden. Generationen zusammen führen bedeutet, soziale Akzeptanz bei verschiedenen Generationen zu erlangen, unabhängig davon, welcher Generation die Führungskraft selber angehört. Besser ausgedrückt: Sie ist auf seine eigenen alters- oder generationsbedingten Anteile in der Führung aufmerksam und offen in der Begegnung mit verschiedenen Menschen und ihren Besonderheiten, die sich auch aus deren Zugehörigkeit zu einer Generation oder Altersgruppe ergeben.
Die folgenden Schwerpunktthemen zum Thema Generationen zusammen führen ermöglichen einen vertieften Einblick in die ganze Vielfalt der Führung im demografischen Wandel.
Kapitel 2
In Kapitel zwei wird die Unterscheidung der verschiedenen Generationen am Arbeitsplatz eingeführt und die Besonderheiten und Spezifika von Generation Alpha, Generation Z, Millennials, Generation X und Babyboomern vorgestellt. Daraus ergeben sich generationsspezifische und -übergreifende Ansprüche für die Führung.
Kapitel 3
Im dritten Kapitel werden verschiedene Facetten der demografischen Entwicklung näher beleuchtet. Wie viele Erwerbspersonen stehen in welcher Altersgruppe oder Generation dem Arbeitsmarkt zur Verfügung? Wie hoch ist die Erwerbsbeteiligung unterschiedlicher Arbeitsgruppen? Zudem wird auf die aktuelle Situation des Fachkräftemangels sowie ausgewählte Megatrends eingegangen und ihre Auswirkungen auf die Zukunft der Führung unterschiedlicher Generationen vorgestellt.
Kapitel 4
In Kapitel vier werden Alterungsprozesse und die Entwicklung des Menschen im Lebenslauf genauer betrachtet. Die körperliche, geistig und gesundheitliche Verfassung verändert sich im Lebenslauf, die Lebensumstände auch. Diese Entwicklung und die Art, wie Alter wahrgenommen wird, hat einen Einfluss auf die generationengerechte Führung.
Kapitel 5
Lebenslanges Lernen bedeutet kontinuierliches Lernen über die gesamte Lebensspanne. Kapitel fünf beleuchtet Motivation und Lernen im Lebenslauf und zeigt auf, welche verschiedenen Lernformen sich für welche Generationen besonders eignen. Es geht aber auch um Bildungsinteressen, Wissenstransfer und -austausch, die Förderung intergenerationalen Lernens und lebensphasenorientierter Personalentwicklung.
Kapitel 6
In Kapitel sechs wird die Personalführung vertieft. Es gibt verschiedene Modellvorstellungen und Empfehlungen zur Führung von Mitarbeitenden verschiedener Generationen. Es werden Führungsstile für die generationengerechte Führung beschrieben und die Spezifika von Generation Z, Millennials, Generation X und Babyboomer als Mitarbeitende wie als Führungspersonen beleuchtet.
Kapitel 7
In Kapitel sieben werden die Möglichkeiten des Generationenmanagements beschrieben, die durch den Einsatz von einschlägigen HR-Praktiken konkretisiert werden. Nach einer Einbettung des Generationenmanagements in die strategische Führung werden anschließend eine Vielzahl an HR-Handlungsfeldern, z. B. die Durchführung von Altersstrukturanalysen und Erstellung von HR-Demografie-Berichten, die Mitarbeiterauswahl, -bindung oder das Performance-Management vertieft.
Kapitel 8
»Generationen zusammen führen« erfordert eine alterssensitive Organisationskultur, die Aspekte wie lebenslanges Lernen, generationenübergreifende Zusammenarbeit, Innovation und Gesundheit umfasst. Möglichkeiten der Kulturanalyse und -gestaltung sowie der generationenübergreifenden Teamarbeit werden aufgezeigt.
6 Weibler, 2012, S. 19.
»Generationen zusammen führen« bietet Leserinnen und Lesern einen fundierten Überblick über die Fachthemen, die sie für das Thema alter(n)sgerechte Führung und Generationen zusammen führen benötigen.
Die Aufbereitung von Wissen, Fakten und nützlichen Erkenntnissen erfolgt auf Basis des wissenschaftlich und fachlich fundierten state of the art. Ergänzt wird dies durch Praxisbeispiele und verschiedenste Arbeitshilfen, die einfach und direkt im eigenen Führungsalltag einsetzbar sind. Im Anhang findet sich ergänzend eine Liste nützlicher und weiterführender Internetlinks, die einzelne Facetten vertiefen oder verdeutlichen.
Das Lesen des Textes wird durch verschiedene, optisch voneinander differenzierte Textarten unterstützt: Definitionen von Fachbegriffen und Standards, Fragen zum Praxistransfer, wichtige Aussagen, praktische Arbeitshilfen und Tools, Interessantes aus der Forschung und Initiativen von Regierungen oder von Verbänden. Jedes Kapitel erhält zudem eine konkrete Umsetzung des Generationenmanagements bei der Stadt Zürich als Anwendungsbeispiel. Am Ende jeden Kapitels finden Sie Leitfragen für den unmittelbaren Praxistransfer.
Zusammenfassung und Kernaussagen des Kapitels
Es gibt immer Vor- und Nachteile, wenn sich Mitarbeitende in Geschlecht, Alter, Nationalität etc. ähneln bzw. unterscheiden. Der richtige Umgang mit Vielfalt muss gelernt werden. Dieses Buch zeigt Ihnen auf, wie dies möglich sein kann.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen eines der wichtigsten erfolgskritischen Elemente für Unternehmen dar. Führungsverhalten muss im Hinblick auf Alter differenziert werden. Dies erfordert eine Beachtung des Faktors Alter und Generation in der Führung, um einerseits den einzelnen Generationen gerecht zu werden, und diese andererseits zusammen zu führen und von dem Miteinander der Generationen zu profitieren.
Generationengerecht zu führen bedeutet auch, Abschied zu nehmen vom Senioritätsprinzip und vom Jugendwahn, die in einigen Unternehmen als Leitmotiv bestehen.
Die Grundlage für eine lebenslange Arbeitsfähigkeit bilden körperlich-seelische Vitalität und der Erwerb, Ausbau und Erhalt von Kompetenzen und Fähigkeiten. Um diese Kompetenzen für die Ziele der Organisation einzubringen, sind motivierte Mitarbeitende erforderlich, die über positive Einstellungen und Werte zur (generationengerechten) Zusammenarbeit verfügen. Die Arbeit selbst, z. B. die Arbeitsumgebung und die Führung sind weitere zentrale Aspekte für die Arbeitsfähigkeit von Mitarbeitenden. Hinzu kommen weitere Kontextfaktoren wie die eigene Familie, die regionale Struktur, das persönliche Umfeld.
In der Führungstheorie kann grob zwischen struktureller und interaktioneller Führung unterschieden werden. Strukturelle Führung erfolgt via Generationenmanagement und fokussiert auf die Schaffung von Rahmenbedingungen, Abläufen und Prozessen, also einer Struktur, die ein gewisses Maß an Verlässlichkeit für die Mitarbeitenden schafft. Interaktionelle Führung bedeutet »Führen im Generationenmix« und bezieht sich auf die direkte Beziehung zwischen Führungsperson und Mitarbeiterin oder Mitarbeiter.
Die Kapitel dieses Buches umfassen verschiedene Schwerpunktthemen, die einen Einblick in die Vielfalt der Führung von Generationen bieten:
In Kapitel 2 geht es um die verschiedenen Typen von Generationen und deren Ansprüche an die Führung,
Kapitel 3 beleuchtet die aktuelle demografische Entwicklung und Trends in der Arbeitswelt,
Kapitel 4 beschäftigt sich mit Alterungsprozessen auf körperlicher, geistiger und gesundheitlicher Ebene,
Kapitel 5 behandelt das Thema lebenslanges Lernen, Wissensmanagement und dessen Bedeutung für die Praxis.
Kapitel 6 beschreibt verschiedene Führungsstile und bespricht die Besonderheiten in der Führung unterschiedlicher Generationen sowie im Generationenmix.
Die Chancen und Möglichkeiten von Generationenmanagement und HR-Praktiken werden in Kapitel 7 erläutert.
Kapitel 8 beschäftigt sich mit der Rolle der Organisationskultur bei der auf Vielfalt und Inklusion ausgerichteten Führung von Generationen.
The old believe everything, the middle-aged suspect everything, the young know everything.
Oscar Wilde (Phrases of Philosophies for the Use of the Young, 1894)
Kapitelübersicht
Die alternde Belegschaft ist eine der zukünftigen Herausforderungen in den Industrieländern. Dafür sind neue Ansätze im Umgang mit allen Generationen nötig.
Jede Generation ist in einer Gesellschaft sozial-zeitlich positioniert. Daraus ergibt sich eine bestimmte Identität, die leitend ist für das Denken, Wollen, Handeln oder Fühlen dieser Personen. Derzeit befinden sich etwa Generationen in der Erwerbstätigkeit und erste Vertretende einer neuen Generation steigen bald ins Berufsleben ein:
Babyboomer (1956 – 1964) haben als Wert eine Ausrichtung auf das Materielle und auf Sicherheit. Teilweise wird auch die Generation der Silver Worker (1945 – 1955) zu dieser Gruppe hinzugezählt.
Die Werte der Generation X (1965 – 1979) sind stärker von dem Streben nach Wohlstand, Karriere und Sicherheit geprägt.
Wandel und Veränderung sind für die Generation Y (1980 – 1994) normal, sie schätzen die Vereinbarkeit der verschiedenen Lebensbereiche und finden den klassischen hierarchischen Aufstieg nicht mehr sehr attraktiv.
Die Generation Z (1995 – 2009), auch Generation Internet genannt, sind in den letzten Jahren vermehrt ins Berufsleben eingestiegen.
Noch ist die Generation Alpha (2010 – 2025) nicht im Berufsleben, was sich aber bald durch erste Einstiege in die Berufsbildung ändern wird.
Altersvielfalt oder eine homogene Belegschaft haben verschiedene Auswirkungen auf das Unternehmen und bringen besondere Herausforderungen mit sich. Es gilt, die Führung so zu gestalten, dass die Vielfalt den Nutzen für die Organisation erhöht. Wir brauchen zwischen den Generationen einen bisher noch nie da gewesenen Dialog, Know-how-Transfer, eine Führung von Altersvielfalt und den Aufbau von einer generationengerechten Kultur mit altersgemischten Teams sowie Ansätze des lebenslangen Lernens.
7 Co-Autorin Kapitel zwei: Jana Eberhardt
Lange Zeit wurde in der Führung dem Umgang mit verschiedenen Generationen oder der Zusammenarbeit zwischen den Generationen wenig Beachtung geschenkt. Das Thema Altersdiversität hat kaum Eingang in die Managementkonzepte oder Führungsliteratur gefunden. Aktivitäten und Programme fokussierten – wenn überhaupt – auf die aging work force, ein unbestritten wichtiger Bestandteil für ein umfassendes Generationenmanagement. In Umfragen zur Bedeutung der Altersentwicklung erhielt das Thema lange Zeit kaum oder wenig Bedeutung.8 In neueren Umfragen zur Bedeutung von Themen für das HR-Management zeichnet sich ein steigender Trend für das Thema Generationenmanagement und Führung von Generationen ab. Z. B. wurde in einer Human-Resource-Management-Trendstudie die alternde Belegschaft unter anderem als zukünftige Herausforderung für Führungskräfte und das Human-Resource-Management angegeben.9 In den letzten Jahren entstand eine Vielzahl an Publikationen, Veranstaltungen, Weiterbildungsangeboten und Forschungsprojekten. Wagt man einen Blick in die Praxis, stellt man fest, dass es eher um die Kompensation von Fähigkeiten oder die Veränderung der Ansprüche älterer Arbeitnehmer (z. B. Altersteilzeit) geht, als um die Vorstellung eines integrativen Generationenmanagements.10 In Zukunft wird es neue Ansätze brauchen, die den verschiedenen Generationen mit ihren Besonderheiten gerecht werden und diese erfolgreich verbinden.
Motivierte und kompetente Mitarbeitende, die sich für die Ziele ihrer Organisation einsetzen sowie eine konstruktive Zusammenarbeit pflegen, sind für eine Organisation sehr wichtig. Verschiedene Generationen in einem Unternehmen haben unterschiedliche Stärken, Ansprüche, einen unterschiedlichen Wissens- und Erfahrungsstand und befinden sich in unterschiedlichen Lebensphasen – auch, was ihre Karrierevorstellungen oder ihre Lebensthemen außerhalb der Arbeit betrifft.
Vielfalt (oder Diversity) in Unternehmen geht weit über die Überlegungen der sozialen Gerechtigkeit und Chancengleichheit und Fairness hinaus. Kunden haben oftmals spezifische Bedürfnisse, zu denen die Mitarbeitenden ähnlicher Altersgruppen besseren Zugang erhalten. Z. B. arbeiten in Online- und Printmedien für Generation-Z- oder -Y-Angehörige zumeist auch nur Angehörige der Generation Z oder Y. Zudem verfügen langjährige Mitarbeitende zum Teil über spezifisches Wissen, dessen Weitergabe an die nächsten Generationen für die Fortschreibung des Unternehmenserfolgs maßgeblich sein kann.11 Es geht nicht mehr nur um Fairness, sondern auch um den Business Case.12
Senior Experten bereichern Teams
»Wie begegnen wir den Herausforderungen des demografischen Wandels? Und wie können das Know-how und die Erfahrung der Mitarbeiter für die Zukunft erhalten bleiben? Diese Fragen stellen wir uns beinahe täglich. Bosch hat mit den Seniorexperten einen Weg gefunden, Wissen rechtzeitig zu teilen.«13
Die Bosch-Gruppe setzt als internationales Technologie- und Dienstleistungsunternehmen mit knapp 400.000 Mitarbeitenden weltweit auf »Technik fürs Leben« und positioniert sich in vier verschiedenen Unternehmensbereichen als führender Anbieter im Internet der Dinge (IoT) und weiteren innovativen Produkten. Jährlich werden Tausende Patente angemeldet und in einer alternden Gesellschaft sieht das Unternehmen Bosch eine entscheidende Herausforderung darin, dass das Know-how nicht verloren gehen darf, wenn die Mitarbeitenden in den Ruhestand gehen. Bereits seit 1999 setzt Bosch auf »Senior Experts«, d. h. registrierte Ruheständler der Firma Bosch. Aus den anfänglich 30 Personen wurden 1500 Senior Experts weltweit, die mit ihren 50.000 Jahren Erfahrung bereits 65.000 Arbeitstage in verschiedenen Tätigkeitsbereichen, wie Schulungen, Qualitätssicherung, Vorträge, Konstruktionsunterstützung, Prozessanalyse- und design etc. eingebracht haben. Mit diesem Programm wird die Wertschätzung gegenüber den erfahrenen (ehemaligen) Mitarbeitenden ausgedrückt und auf Wissenstransfer im Unternehmen gesetzt. Langjährige Erfahrungen und frische Ideen werden bestmöglich kombiniert. Die Senior Experts werden dabei in Anlehnung an ihre letzte Tätigkeit entlohnt, damit sie nicht aus Kostengründen eingesetzt werden. Die Firma Bosch berichtet von sehr positiven und langjährigen Erfahrungen mit ihren Senior Experts, die zusammen mit einem starken finanziellen Engagement für die berufliche Weiterbildung Lernen und Entwicklung in der Firma fördert.14
Eine homogene oder heterogene HR-Demografie erzeugt unterschiedliche Realitäten. Auch wenn die Arbeit mit einer relativ altershomogenen Arbeitsgruppe auf den ersten Blick vieles vereinfacht (die Wertesysteme sind eher synchron, die Art der Arbeit und Zusammenarbeit auch), so liegt gerade darin die Krux: Wenn alle gleichzeitig den Schwerpunkt auf Vereinbarkeit von Beruf und dem Leben mit kleinen Kindern legen oder gleichzeitig um die Karrieremöglichkeiten rangeln, kann das anspruchsvoll für die Führung werden. Die demografische Zusammensetzung der Mitarbeitenden in einem Unternehmen hat Einfluss auf verschiedene Themen in der Personalführung:15
Aufstiegschancen:
Je nachdem wie heterogen oder homogen die Zusammensetzung einer Altersgruppe ist, hat das unterschiedliche Auswirkungen. V. a. in Unternehmen, bei denen der Aufstieg vorrangig nach dem Senioritätsprinzip erfolgt (dies ist häufig bei Führungspositionen der Fall), führt eine homogene Altersstruktur zum Beförderungsstau. Das Risiko besteht darin, hoch qualifizierte Personen nicht in entsprechende Positionen zu bekommen: Diese stufen ihren Aufstieg als unwahrscheinlich ein, weil alle Kolleginnen und Kollegen oder auch die Führungsperson im selben Alter sind.
Soziales Klima und Kultur:
Gleich und Gleich gesellt sich gern. Nimmt der Anteil einer anderen Altersgruppe (gekoppelt mit anderen Fähigkeiten) zu, nehmen normalerweise auch die Ängste, Konflikte und Vorurteile und der Konformitätsdruck innerhalb einer Gruppe zu. Daraus können die Abnahme der Arbeitszufriedenheit und eine zunehmende Fluktuation resultieren.
Entscheidungsfähigkeit von (Topmanagement-)Gruppen:
Die Entscheidungsfähigkeit und Innovationskraft kann ebenfalls abnehmen. Eine längere, gemeinsame Sozialisation und Zusammenarbeit kann dazu führen, dass z. B. Topmanagement-Teams ihre Strategie seltener anpassen.16
Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Arbeitnehmervertretungen:
Belegschaften mit großer Altersheterogenität verfügen über weniger Streikfähigkeit. Aufgrund von Generationsunterschieden werden objektiv gleiche Ereignisse anders verarbeitet und gemeinsame Problemsichten oder Interessensvertretungen erschwert.
Ein integrativer Ansatz von Diversity geht von verschiedenen Perspektiven aus. Einige Dimensionen, wie die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Altersgruppe, sind vorgegeben (dies ist auch bei Geschlecht, Nationalität etc. der Fall), andere werden im Laufe der Zeit erworben (z. B. Berufserfahrung, Ausbildung, Dauer der Beschäftigung/Dienstalter).17 Für verschiedene Aufgaben in Unternehmen werden verschiedene Perspektiven benötigt, die bevorzugt von Angehörigen verschiedener Generationen eingebracht werden. Verschiedene Altersgruppen im Unternehmen bringen unterschiedliche Talente ein, erhöhen den Zugang zu verschiedenen Kundengruppen und bringen unterschiedliche Perspektiven in die Zusammenarbeit ein. Da die verschiedenen Generationen unterschiedliche Lebensschwerpunkte haben, werden auch soziale Konflikte reduziert.
Diversity-Management, HR Policies und ein förderliches Führungsverhalten unterstützen die Inklusion von Mitarbeitenden aller Generationen in die Organisation, das Unternehmen, wobei Letzterem eine wichtige und häufig zu wenig beachtete Funktion zukommt. Eine erfolgreiche Umsetzung kann gelingen, wenn Führungspersonen (und Mitarbeitende) den Kontext und die Bedeutung von Vielfalt erkennen, im Unternehmen entsprechende Age-Management-Praktiken etabliert werden und Führungspersonen die Integration und Inklusion aller Generationen fördern anstelle einer Aufspaltung der Belegschaft.18
Wichtig
Vielfalt in der Zusammensetzung der Belegschaft erhöht den Anspruch an die Führung. Verschiedene Kompetenzen, Ansprüche, Erfahrungen und Erwartungen müssen integriert werden. Gelingt es, diese Vielfalt zusammenzuführen, erhöhen sich der Handlungsspielraum und die Möglichkeiten von Organisation und Mensch.
Der Zusammenhang zwischen Diversity und Ergebnissen ist in die Organisationskultur, die Unternehmensstrategie und die Richtlinien für Human-Resource-Management und -prozesse eingebettet. Aus der Vielfalt, zu der auch die demografische Vielfalt gehört, lassen sich bestimmte Unternehmensergebnisse ableiten (z. B. Leistung, Zufriedenheit, Fluktuation). Diese Ergebnisse werden durch die Kommunikation, Konflikte, den Zusammenhalt in der Arbeitsgruppe/im Unternehmen, Information und Kreativität beeinflusst. Die Führungsherausforderung liegt gerade darin, diese Prozesse so zu gestalten, dass die Vorteile der vielfältig zusammengesetzten Belegschaft einen Mehrwert für das Unternehmen erzeugen.19
Abb. 2.1:
Diversity und ihr Einfluss auf die Unternehmensergebnisse (aus Kochan et al., 2003, S. 7)
Praxisbeispiel: Generationenmanagement bei der Stadt Zürich
Als größte Stadtverwaltung der Schweiz zählt die Stadt Zürich im Jahr 2024 rund 30.000 Mitarbeitende, die in neun Departementen bzw. in über vierzig Dienstabteilungen beschäftigt werden. Weiterhin werden rund 1350 Lernende in 50 verschiedenen Berufen und unterschiedlichen Lehrformaten ausgebildet. Die Stadt Zürich umfasst als einzige Schweizer Stadtverwaltung neben der klassischen Kommunalverwaltung auch Betriebe wie das Elektrizitätswerk, die Verkehrsbetriebe, die Wasserversorgung sowie Entsorgung + Recycling Stadt Zürich. Ebenso umfasst sie auch ein städtisches Krankenhaus, Gesundheitszentren für das Alter, Schulen oder kulturelle Einrichtungen.
Als Besonderheit der Stadt Zürich als Arbeitgeberin gilt die Branchenvielfalt und die damit einhergehenden vielfältigen Aufgabenstellungen, die für Mitarbeitende in verschiedenen Berufen und Dienstabteilungen eine sinnstiftende Tätigkeit ermöglichen und den Service Public in den Mittelpunkt stellen. Die übergeordnete personalpolitische Ausrichtung der Stadt Zürich setzt u. a. auf die aktive Förderung von Vielfalt der Mitarbeitenden, unabhängig von Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung, Herkunft, Funktion oder Beschäftigungsgrad und betrachtet diese Vielfalt als Chance.
Die Stadt Zürich ist eine lernende Organisation, die Raum für Ideen und selbstständiges Arbeiten bietet, als Einrichtung der öffentlichen Hand jedoch auch für Stabilität, Zuverlässigkeit und Gleichbehandlung ihrer Mitarbeitenden einsteht. Die Wertschätzung gegenüber allen Mitarbeitenden sowie eine gelebte positive Führungskultur stellen wichtige Grundlagen der Zusammenarbeit dar.
Die Betrachtung der demografischen Zusammensetzung der Stadtverwaltung im Jahr 2024 ergibt, dass mehr Frauen (55,5 %) als Männer bei der Stadtverwaltung arbeiten. Das Durchschnittsalter der städtischen Mitarbeitenden ist mit 44,5 Jahren relativ hoch, verglichen mit demjenigen der schweizerischen Erwerbsbevölkerung (42,2 Jahre20). Das eher hohe Durchschnittsalter der städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist repräsentativ für die öffentliche Verwaltung, das Durchschnittsalter im öffentlichen Sektor lag im Jahr 2023 bei 44,2 Jahren.21 Die demografische Entwicklung bringt für die Stadt Zürich, wie für andere Unternehmen und Verwaltungen auch, etliche Herausforderungen wie Pensionierungswellen, alternde Belegschaften, Fachkräftemangel und Wettbewerb um qualifizierte Nachwuchs- und Fachkräfte mit sich.
Um diesen Herausforderungen aktiv zu begegnen, setzt die Arbeitgeberin Stadt Zürich analog zur personalpolitischen Ausrichtung auf Inklusion und Gleichbehandlung aller Generationen und bietet auf die unterschiedlichen Lebensphasen zugeschnittene Angebote an.
Die Stadt Zürich engagiert sich neben der Ausbildung von Lernenden in einer Vielzahl von Berufen auch durch ein breites Angebot an Praktikumsstellen in der Nachwuchsförderung.
Auch ermöglicht die Arbeitgeberin mit flexiblen Arbeits(zeit)modellen und weiteren Angeboten die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben. Für ältere Mitarbeitende gibt es diverse Angebote, wie beispielsweise den flexiblen Altersrücktritt. Ebenso investiert die Stadt Zürich in den Erhalt und die Förderung der individuellen Arbeitsfähigkeit sowie das lebenslange Lernen der gesamten Belegschaft. Den städtischen Mitarbeitenden steht dazu ein breites Weiterbildungsangebot zur Verfügung, das entsprechend der auf dem Arbeitsmarkt erforderlichen Kompetenzen kontinuierlich angepasst oder erweitert wird. Beispielsweise wurden aufgrund der zunehmenden Digitalisierung und dem verstärkten mobilen Arbeiten verschiedene Bildungsangebote ergänzt, die die Zusammenarbeit auf Distanz sowie den zunehmenden Einsatz von Onlinemedien im Arbeitsalltag thematisieren. Darüber hinaus fördert die Stadt Zürich mit verschiedenen Angeboten und förderlichen Rahmenbedingungen die Gesundheit der eigenen Mitarbeitenden und sie verfügt über ein stadtweites Case Management, das Mitarbeitende nach Krankheit oder Unfällen bei der Rückkehr in den Arbeitsalltag unterstützt.
Aufgrund des demografischen Wandels und zur Stärkung der Arbeitgeberattraktivität für alle Generationen definierte die Stadt Zürich das Thema Generationenmanagement seit 2015 als strategischen HR-Schwerpunkt definiert. Die Umsetzung erfolgte in zeitlich gestuften Umsetzungsphasen innerhalb der nächsten Jahre. Ausgangspunkt der von 2016 bis 2018 stattfindenden Projektarbeit war die Aktualisierung des HR-Demografieberichts der Stadt Zürich (ehemals Altersstrukturbericht) mit deskriptiven Kennzahlen zur Beschreibung der Personalstruktur sowie eine umfassende Analyse der bereits existierenden gesamtstädtischen und dienstabteilungsspezifischen Maßnahmen, Richtlinien und »Good Practices« zum Generationenmanagement. Es entstanden im Projekt eine ganzheitliche Perspektive für das Thema Generationenmanagement, eine Sensibilisierung der altersgemischten HR-Community sowie die Sichtbarmachung bereits existierender generationenübergreifender und generationenspezifischer Arbeitgeberangebote. Das altersdurchmischte Projektteam definierte aufgrund dieser Analyse Handlungsfelder und erarbeitete verschiedene Beiträge für ein erfolgreiches Generationenmanagement. In der letzten Strategiephase, die bis Ende 2022 dauerte, wurde der Altersstrukturbericht erneut aktualisiert und ausgebaut. Beispielsweise wurden neu Kennzahlen zur jüngsten Berufsgruppe, zur Voll- und Teilzeitarbeit sowie zum Pensionierungsverhalten in der Stadt erhoben. Projekte zur Erarbeitung altersgruppenspezifischer Maßnahmen wurden weiter konkretisiert oder lanciert. In der Periode der HR-Strategie 2022 – 2026 ist das Generationenmanagement einer von drei Strategieschwerpunkten. Neu wurden in diesem Zeitraum u. a. ein stadtweites Hochschulpraktikumsprogramm zur Weiterbildung und Vernetzung von Hochschulpraktikantinnen und -praktikanten sowie die Teilnahme an Hochschulmessen eingeführt. Zudem wird ein Demografie-Cockpit eingeführt, das im Intranet jederzeit aktuelle Demografie-Daten zur Verfügung stellen und den periodisch erstellten Altersstrukturbericht ablösen wird. In der aktuellen Strategiephase bis Ende 2026 werden weitere Maßnahmen zur Förderung des Direkteinstiegs von jungen Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern geprüft sowie Methoden zum Wissenstransfer zwischen den Generationen erprobt. Für die älteren Mitarbeitenden wurden zum 01.01.2024 erweiterte Möglichkeiten für mehr Flexibilität in der letzten Berufsphase eingeführt. Es wurden sowohl Grundlagen für einen früheren Austritt aus dem Berufsleben mit Beteiligung der Arbeitgeberin Stadt Zürich an der Pensionskasse als auch eine zeitlich begrenze Weiterführung der beruflichen Tätigkeit über das ordentliche Pensionierungsalter hinaus geschaffen.
»Generationen zusammen führen« setzt bei einem grundlegenden sozialen Thema an, den Generationsbeziehungen. Die Reflexion und Gestaltung des Zusammenlebens von Jung und Alt beschäftigt die Menschheit schon lange. Die Perspektive der Betrachtung von Generationen in Bezug auf Führung hingegen ist recht jung und hat mit den Umbrüchen zu tun, die in der Führung zu beachten sind. Sie definieren die bisherige Abfolge und das Zusammenleben von Generationen neu. Beispielhaft hierfür ist der nicht mehr zwingend ans Lebensalter gebundene Zuwachs an Erfahrung mit Blick auf die neuen Technologien und ihre Anwendung im Arbeitsleben. Mit der Veränderung der HR-Demografie werden neue Karrieremodelle und Entwicklungspfade von Jung und Alt zum Thema. Ältere Mitarbeitende steigen aus der Führung aus und bekommen jüngere Chefs, jüngere Mitarbeitende werden damit konfrontiert, ältere Mitarbeitende zu führen. Dies weicht von überlieferten Traditionen ab, die mit dem Alter die Seniorität und die Richtung des Lerntransfers definieren. Es gilt also, umzudenken, und neue Wege zu finden, um dieser Entwicklung gerecht zu werden.
Höpflinger (2008a) hat sich vertieft mit dem Begriff Generation und den verschiedenen Perspektiven der Betrachtung von Generationen im Zusammenspiel gewidmet. Schon in der Antike wurde auf das Spannungsfeld von Generationsbeziehungen verwiesen. Kinder bilden die neue Generation und im Umgang mit Generationen geht es immer um die »Differenzen vor dem Hintergrund menschlicher Gleichheit« (S. 21). Das Generationenetikett oder Generationenbegriffe werden in der Öffentlichkeit vielfältig verwendet, z. B. 68er-Generation (rebellische Jugend um 1968), Generation @ (Kinder der Computerrevolution), Generation Golf (1965 – 1975 geboren, unpolitisch, spezifisches Konsumverhalten), No-Future-Generation (Jugend in den 1980er-Jahren), gierige Generation (neue egoistische Rentnergeneration).
Oftmals sind diese Etiketten unscharf, da sie auf Basis von kurzfristigen kulturellen, technischen oder medialen Entwicklungen Menschen zu Generationen zusammenfassen. Dies vereinfacht und ist plakativ. Generationeneinteilungen, bei denen gemeinsame Erlebnisse, Erfahrungen oder Werthaltungen vorhanden sind (z. B. Nachkriegsgeneration), sind hingegen robuster in der Einschätzung von Wahrnehmungen und Handlungen. Die Einteilung in Generationen kann hilfreiche Hinweise für die Betrachtung von Phänomenen, Erwartungen und Handlungen liefern. Sie darf gleichwohl nicht überstrapaziert werden, birgt sie doch die Gefahr von unzutreffenden Verallgemeinerungen.
Was ist eine Generation? Wissenschaftlich werden verschiedene Basisdefinitionen unterschieden.22 Diese Perspektiven fassen wir etwas zusammen und nutzen sie als Arbeitsdefinition für dieses Buch.
Definition: Generation
Generationen werden innerhalb einer Gesellschaft, einem Staat oder einer Familie sozial-zeitlich positioniert. Daraus ergibt sich eine bestimmte Identität, die leitend ist für das Denken, Wollen, Handeln oder Fühlen dieser Personen. Dabei sind die Geburtenjahrgänge und die Zugehörigkeit zu den oben genannten Gruppierungen bedeutend.23
Die Perspektive der zeitlichen Einordnung einer Generation wird auch bei der Einteilung in Generation Alpha, Generation Z, Millennials, Generation X und Babyboomer eingenommen. Wenn eine bestimmte Altersgruppe zusammengefasst betrachtet und nicht direkt einer bestimmten Zeitphase zugeordnet wird, reden wir von Kohorten.
Definition: Kohorte
Als Kohorten werden in den Sozialwissenschaften Gruppen bezeichnet, die bestimmte Lebensphasen oder Ereignisse in einer bestimmten Zeit gemeinsam erlebt haben. So kann man Personen z. B. in Alterskohorten oder Berufskohorten einteilen.
Generationenbeziehungen umfassen die wechselseitige Beeinflussung und das soziale Lernen zwischen Angehörigen einer Organisation, innerhalb einer Generation sowie zwischen verschiedenen Generationen. Wenn z. B. Perspektiven wie junge Chefin/junger Chef und ältere Mitarbeiterin/älterer Mitarbeiter eingenommen werden, dann werden intergenerationelle Beziehungen beleuchtet. Geht es um das Kommunikationsverhalten der Millennials untereinander, dann geht es um die Beziehungen innerhalb einer Generation, um intragenerationelle Beziehungen. Auch wenn Wertvorstellungen und Einstellungen zwischen Generationen nicht immer übereinstimmen, ist aus den sozialpsychologischen Forschungen bekannt, dass Kontaktdichte und -häufigkeit die Chance erhöhen, Nähe und ein Zugehörigkeitsgefühl zu erzeugen, was für den Aufbau funktionierender Teams – auch über die Generationen hinweg – ein zentrales erfolgskritisches Element ist und durch Führung beeinflusst werden kann.
In der Wissenschaft geht der Anspruch an die Verwendung des Generationenbegriffs noch weiter und umfasst auch die Perspektive der Generationendifferenz. Die Angehörigen einer Generation verbinden gemeinsame »prägende Erfahrungen sowie Umbrüche der Lebens- und Gesellschaftsgeschichte und dementsprechend in Fühlen, Denken, Wissen und Handeln«.24 Solche prägenden Ereignisse, wie z. B. die gemeinsame Kindheit während des Krieges, bilden bei einer solchen Verwendung des Generationenbegriffs die Grundlage für eine Generation. Auch das Konzept der Generationenordnung ist Teil dieses umfassenden wissenschaftlichen Generationenbegriffs. Dabei wird die Gesamtheit aller Bräuche, Sitten und Regelungen in einer Gesellschaft betrachtet.
Die Einteilung der Generationen in Generation Alpha, Generation Z, Millennials, Generation X und Babyboomer oder andere Begriffe setzt bei der zeitlichen und gesellschaftlichen Positionierung an, betrachtet auch die Beziehung innerhalb und zwischen diesen Generationen und kann prägende Umbrüche der Gesellschaftsgeschichte enthalten (z. B. die rapide und umfassende Verbreitung von Neuen Medien im Alltag).
Der in diesem Band gewählte Generationenbegriff geht jedoch nicht so weit, dass die betrachteten Generationen der umfassenden, wissenschaftlichen Einteilung in Generationen gerecht werden. Dies wäre kontraproduktiv für die Thematik »Generationen zusammen führen«. Die Einteilung in verschiedene Gruppierungen hilft, bestimmte Werte, Erfahrungen etc. zu beleuchten und zu gruppieren. Es bleiben grobe Orientierungen, die nicht dieselbe Bedeutung wie Generationen, die tatsächlich massive, einschneidende Erlebnisse teilen, haben. Diese erste Einteilung in Generation Alpha, Generation Z, Millennials, Generation X und Babyboomer hilft als Vereinfachung, den Blick zu schärfen. Bei der Zusammenarbeit von Jung und Alt und der generationenübergreifenden Führung dient sie zur Orientierung, bleibt jedoch relativ allgemein. Dieser Verweis auf einen groben Bezugsrahmen ist wichtig, wenn wir uns im nächsten Kapitel den psychologischen Phänomenen des Alterns und der Entwicklung von Kompetenzen und Fähigkeiten zuwenden. Es lassen sich über Altersgruppen hinweg bestimmte Phänomene beschreiben und beobachten, aber auch hier kann eine derartige Einteilung keinesfalls dem Individuum gerecht werden.
Wichtig
Die Beschreibung unterschiedlicher Generationen dient der Orientierung und dem Verständnis für unterschiedliche Schwerpunkte von Personengruppen. Diese Vereinfachung und Kategorisierung hat ihre Grenzen. Für die Führung braucht es eine differenzierte Betrachtung von Mensch und Situation, dabei kann die Beachtung von Generationsspezifika helfen, Handlungen zu verstehen oder Lösungen zu finden.
Die Zuordnung von Mitarbeitenden zu einer Generation hilft, bestimmte Aspekte zu verstehen, die auf die Führung von Mitarbeitenden einen Einfluss haben oder die Führungsbeziehung zwischen Mitarbeiterin/Mitarbeiter und Führungsperson beeinflussen. Es geht um die Betrachtung der »pädagogischen Perspektive« und der »zeitgeschichtlich-gesellschaftlichen« Betrachtung im weiteren Sinne.25
Die pädagogische Perspektive