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In "Gesammelte Essays" präsentiert Ernst Weiß eine facettenreiche Sammlung seiner tiefgründigen und analytischen Essays, die sich eingehend mit den menschlichen Konflikten, der Kultur und der eigenen Identität auseinandersetzen. Diese Texte, geprägt von einem literarischen Stil, der sowohl lyrisch als auch präzise ist, reflektieren den tumultuösen Kontext des frühen 20. Jahrhunderts in Europa. Weiß gelingt es, persönliche Erfahrungen mit universellen Themen zu verweben, wodurch seine Essays nicht nur zeitgenössisch, sondern auch zeitlos werden. Die Kombination von philosophischen Betrachtungen und autobiografischen Elementen schafft eine dichte, nachdenkliche Atmosphäre, die den Leser zum Verweilen und Reflektieren einlädt. Ernst Weiß, geboren 1880 in Prag, zählt zu den bedeutenden Autoren der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts. Als Mitglied des literarischen Kreises um Franz Kafka und andere Wegbereiter des modernen Denkens, beeinflussten seine Erlebnisse als Jude in einer sich wandelnden Welt seine Schreibweise maßgeblich. Die essaysistischen Werke von Weiß sind oft als Brücke zwischen der persönlichen und der kollektiven Erfahrung zu verstehen, was ihm erlaubt, die leidvollen und aufsuchenden Fragen seiner Zeit zu thematisieren. Dieses Buch ist besonders empfehlenswert für Leser, die sich für die Schnittstellen von Kultur, Identität und Geschichte interessieren. Die Essays bieten nicht nur Einblicke in die Gedankenwelt eines tiefgründigen Denkens, sondern auch die Möglichkeit, sich mit den existenziellen Fragestellungen der menschlichen Erfahrung auseinanderzusetzen. Ein unverzichtbares Werk für alle, die die literarische und philosophische Landschaft des 20. Jahrhunderts näher erkunden möchten. In dieser bereicherten Ausgabe haben wir mit großer Sorgfalt zusätzlichen Mehrwert für Ihr Leseerlebnis geschaffen: - Eine umfassende Einführung skizziert die verbindenden Merkmale, Themen oder stilistischen Entwicklungen dieser ausgewählten Werke. - Ein Abschnitt zum historischen Kontext verortet die Werke in ihrer Epoche – soziale Strömungen, kulturelle Trends und Schlüsselerlebnisse, die ihrer Entstehung zugrunde liegen. - Eine knappe Synopsis (Auswahl) gibt einen zugänglichen Überblick über die enthaltenen Texte und hilft dabei, Handlungsverläufe und Hauptideen zu erfassen, ohne wichtige Wendepunkte zu verraten. - Eine vereinheitlichende Analyse untersucht wiederkehrende Motive und charakteristische Stilmittel in der Sammlung, verbindet die Erzählungen miteinander und beleuchtet zugleich die individuellen Stärken der einzelnen Werke. - Reflexionsfragen regen zu einer tieferen Auseinandersetzung mit der übergreifenden Botschaft des Autors an und laden dazu ein, Bezüge zwischen den verschiedenen Texten herzustellen sowie sie in einen modernen Kontext zu setzen. - Abschließend fassen unsere handverlesenen unvergesslichen Zitate zentrale Aussagen und Wendepunkte zusammen und verdeutlichen so die Kernthemen der gesamten Sammlung.
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Diese Werksammlung, Gesammelte Essays: Chateaubriant, Franz Kafka, Thomas Mann, Giacomo Casanova, Ernest Hemingway, Rousseau, Cervantes zu Ehren, Kleist und mehr, stellt eine großzügige Einladung zum Weiterlesen dar. Sie bündelt die essayistischen Huldigungen und kritischen Betrachtungen Ernst Weiß’ mit einer kuratierten Auswahl kanonischer Bücher, die in ihrer Spannweite vom europäischen Realismus über die Hochmoderne bis zur engagierten Literatur des 20. Jahrhunderts reichen. Namen wie Kafka, Thomas Mann, Casanova oder Hemingway treten dabei in ein lebendiges Gespräch mit weiterem geistigen Hintergrund von Rousseau, Cervantes oder Kleist. Ziel ist es, Orientierung zu geben, Zusammenhänge sichtbar zu machen und die offene Debatte über Stil, Idee und Verantwortung zu vertiefen.
Im Umfang vereint die Sammlung Romane, Novellen und erzählerische Großformen neben autobiografischen und biografischen Büchern sowie dokumentarischen Texten. Neben Werken wie Der Zauberberg, Der Prozeß, Mario und der Zauberer oder Manhattan Transfer stehen Zeno Cosini, Die Thibaults, Wargamäe und Der veruntreute Himmel; ihnen zur Seite treten Erinnerungen von Casanova, Menschen der Tiefe und König Alkohol von Jack London sowie biografische Darstellungen wie Joseph Fouché, Magellan und Madame Curie. Die Essays von Ernst Weiß sind als eigenständige Lektüren und Hommagen konzipiert; sie rahmen, verknüpfen und schärfen die Perspektiven auf die ausgewählten Texte, ohne deren Eigenart zu überblenden.
Die Bandbreite der Textsorten ist bewusst groß, um unterschiedliche Erkenntnismodi zu öffnen. Die Romane entfalten historische und psychologische Räume; Novellen und Erzählungen wie Der schwarze Mönch verdichten Erfahrung; Großstadtpanoramen geben soziale Tektonik zu erkennen; die Memoiren und autobiografischen Schriften – von Casanova bis Dreiser – reflektieren Selbstentwürfe; Reportagen und engagierte Prosa – etwa zu Arbeit, Armut oder Krieg – zeigen Realität unter Druck; die Biografien verhandeln exemplarische Lebensläufe zwischen Wissenschaft, Politik und Entdeckung. Dazwischen stehen essayistische und intellektuelle Prosa wie Valérys Herr Teste, die den Denkprozess selbst ins Zentrum rückt und die Lektüre als Experiment begreifbar macht.
Was die Auswahl verbindet, sind Fragestellungen, die über Zeiten und Nationen hinweg nachhallen: Individuum und Gesellschaft, Recht und Macht, Freiheit und Gewissen, Glaube, Liebe, Herkunft und Selbstentwurf. Romane der Krise und der Bewährung treffen auf Porträts politischer Akteure und Pioniere. Titel wie Der Prozeß, Union der festen Hand, Barbara oder Die Frömmigkeit, Zeno Cosini, Der fromme Tanz oder Mario und der Zauberer markieren Felder von Rechtserfahrung, Arbeit, Religion, Selbstbeobachtung, Identität und Verführung durch Autorität. Die Essays loten diese Felder aus, machen Konstellationen sichtbar und fragen nach den Bedingungen, unter denen Handeln und Urteil möglich bleiben.
Stilistisch reicht das Spektrum von epischer Ruhe und analytischem Realismus über symbolische Verdichtung bis zur experimentellen Montage. Manhattan Transfer entfaltet eine urbane Polyphonie; Hemingways In unserer Zeit prüft das Weglassen; Valéry erkundet eine denkende Stimme; psychologisch genaue Innenansichten prägen Svevos Prosa; satirische und gesellschaftskritische Tonlagen klingen bei Heinrich Mann; geschichtliche Zuspitzung bestimmt die biografischen Studien. Die Essays von Ernst Weiß spiegeln diese Vielfalt in einer Sprache, die abwägt, präzisiert und Hinweise gibt, ohne festzuschreiben. Sie suchen das verbindende Motiv, erklären Kontexte, achten auf Formentscheidungen und eröffnen Pfade, auf denen sich unterschiedliche ästhetische Verfahren gegenseitig erhellen.
Historisch spannt die Sammlung einen Bogen von klassischer Erinnerungskultur bis zu den Verwerfungen des 20. Jahrhunderts. Die Bücher geben Auskunft über Erfahrungen von Krieg, Revolution, Migration, Urbanisierung und wissenschaftlicher Neugier, über politische Versuchungen und zivilen Widerstand, über das Spannungsfeld von Provinz und Weltstadt. Texte zur spanischen Tragödie, zum industriellen Arbeitsalltag oder zur Geschichte naturwissenschaftlicher Entdeckungen stehen neben Werken, die die innere Topographie der Moderne vermessen. Indem die Essays die Resonanzen zwischen diesen Feldern hörbar machen, zeigen sie, wie Literatur Wirklichkeit nicht spiegelt, sondern strukturiert – und wie ihre Formen unser Verständnis von Geschichte, Verantwortung und Zukunft prägen.
Als Haupteinleitung versteht sich dieser Band als Lesekompass. Er ordnet nicht hierarchisch, sondern lädt zu Querwegen ein: vom psychologischen Roman zur Reportage, von der Biografie zur Großstadtsinfonie, vom klassischen Erinnerungswerk zu modernen Formexperimenten. Die Texte von Ernst Weiß eröffnen den Dialog mit den hier versammelten Werken, ehren ihre Eigenständigkeit und regen zu erneuter, genauer Lektüre an. Wer dieser Spur folgt, entdeckt nicht nur Epochen und Stile, sondern ein Netz aus Fragen, die Gegenwart behalten. So bildet die Sammlung ein offenes Archiv der Möglichkeiten, in dem Literatur als Erfahrung, Prüfung und Hoffnung zugleich erfahrbar wird.
Ernst Weiß, Arzt und Schriftsteller aus dem Prager Umfeld, bündelt in seinen Essays Lektüren, die vom frühen Roman Europas bis zur Zwischenkriegsmoderne reichen. Dass Cervantes, Rousseau oder Kleist neben Kafka, Thomas Mann, Hemingway und Chateaubriant auftreten, spiegelt die Erfahrung eines Kontinents, den 1914–1918 erschütterten. Die Knotenpunkte Prag, Wien, Berlin und Paris strukturieren diese Perspektive: Monarchien zerfallen, Republiken entstehen, Grenzräume werden neu gezogen. Als Mediziner deutet Weiß Literatur diagnostisch, als Ausdruck von Krisen und Heilversuchen. Seine Auswahl nimmt die bewegte Rezeption der 1920er und 1930er Jahre auf, als Zeitschriften, Verlage und Salons um Deutungshoheit konkurrierten.
Die unmittelbare Nachkriegszeit prägt zahlreiche Werke der Sammlung. Thomas Manns Zauberberg macht das Sanatorium in Davos zur Metapher europäischer Hinfälligkeit; zugleich treten Kriegsneurosen, Tuberkulose und die Sprache der Medizin ins Zentrum bürgerlicher Selbstprüfung. Auf der anderen Seite des Atlantiks verhandeln Ernest Hemingways In unserer Zeit und John Dos Passos’ Manhattan Transfer die Desillusion der Lost Generation und die Entfremdung der Großstadt. Bereits Jack Londons Sozialreportagen und Alkoholbeichte sowie Theodore Dreisers Selbstbericht schufen Vorläufer einer nüchternen, dokumentarischen Tonlage. Weiß liest diese Texte als Zeugnisse einer Generation, die zwischen heroischer Erinnerung und traumatischer Erinnerungspolitik in Deutschland, Frankreich und den USA schwankt.
Die Weimarer Republik liefert den Resonanzraum für politische und ökonomische Konflikte, die sich 1923 in Hyperinflation zuspitzen und 1929 in der Weltwirtschaftskrise eskalieren. Hans Falladas Bauern, Bonzen und Bomben, Erik Regers Union der festen Hand und Heinrich Manns Die große Sache sowie Sinclair Lewis’ Diagnosen amerikanischer Geschäftsmentalität belichten Mechanismen von Machtkartellen, Streiks und Presse. Der nüchterne Ton der Neuen Sachlichkeit, den auch Alfred Wolfenstein aus Paris beobachtet, verschränkt Reportage und Roman. In diesem Klima entstand eine aufmerksame, aber polarisierte Leserschaft, deren Urteil von Parteipresse, Gerichtsprozessen und Straßengewalt geprägt war. Weiß koppelt ästhetische Formfragen eng an die demokratische Belastungsprobe.
Ein zweite Achse verläuft nach Osten. Die russische Klassik bei Leskow und die psychologischen Erzählungen Tschechows bilden Folien für das moderne Allegorische von Franz Kafka, dessen postum edierter Prozeß 1925 das Prager deutsch-jüdische Milieu vergegenwärtigt. Zugleich propagiert der sowjetische Avantgardist Sergej Tretjakow mit Den-Schi-Chua 1927 eine montagehafte, biografische Faktographie im Zeichen von Revolution und Fünfjahrplan. A. H. Tammsaara spiegelt nach 1918 estnische Nationsbildung in bäuerlicher Moralökonomie. Zwischen Zensur, Parteikunst und experimenteller Form verschieben sich Begriffe von Wahrheit und Autorenschaft. Weiß beobachtet, wie Bürokratie, Schuld und Schicksal in Ost und West unterschiedlich gerahmt werden, und notiert die Wirkungen von Moskauer und Berliner Zeitschriftennetzwerken auf Übersetzungen und Debatten.
Die Zwischenkriegszeit erlebt einen Boom der Biographie als Selbstvergewisserung. Stefan Zweigs Joseph Fouché (1929) porträtiert opportunistische Anpassung zwischen Revolution und Empire, Magellan (1938) feiert Entdeckermut in Zeiten der Abschottung. Eve Curies Madame Curie (1937) bietet ein Wissenschaftsmodell weiblicher Professionalität. Franz Werfel setzt religiöse und humanitäre Motive dagegen und verschiebt sie in Der veruntreute Himmel 1939 in exilnahe Perspektiven. Zudem beleuchtet Margaret Mitchells Vom Winde verweht (1936) konflikthafte Erinnerungskultur in den USA. In Wien und Paris, wo Verlage wie Fischer um internationale Leserschaften werben, liest Weiß diese Bücher als Suche nach verlässlichen Charakteren in brüchigen Institutionen – eine Suche, die die autoritären Zäsuren von 1933 und 1938 existentiell zuspitzen.
Der Spanische Bürgerkrieg 1936–1939 wird zum Prüfstein politischer Literatur. Willi Bredels Begegnung am Ebro und die Schilderungen über die Kinder von Gernika reagieren auf die Bombardierung von Guernica am 26. April 1937 und die Mobilisierung der Internationalen Brigaden. Thomas Manns Mario und der Zauberer von 1930 antizipiert dieses autoritäre Schauspiel auf italienischem Boden. Gegenöffentlichkeit entsteht in Exilverlagen von Paris bis Mexiko-Stadt, während in Franco-Spanien Zensur und Repression dominieren. Weiß ordnet diese Texte in eine europäische Frontstellung ein, die bereits mit Mussolinis Machtübernahme 1922 und Hitlers Regierungsantritt 1933 vorbereitet war. Leserinnen und Leser sahen in ihnen nicht nur Dokumente, sondern Appelle, die literarische Form und politisches Handeln eng verschränkten.
Modernisierung verhandelt sich auch in Körper- und Identitätsentwürfen. Klaus Manns Der fromme Tanz eröffnet 1929 eine frühe schwule Selbstbehauptung gegen bürgerliche Normen; Rahel Sanzaras Das verlorene Kind spiegelt weibliche Rollenkonflikte in urbaner Arbeitswelt. Italo Svevos Zeno Cosini und Ein gelungener Scherz führen freudianische Selbstanalyse als ironisches Verfahren vor; Paul Valérys Herr Teste radikalisiert intellektuelle Innenschau. Zwischen Reformdiskursen der Neuen Frau, Sexualstrafrecht und Zensur entzündet sich die Rezeption, von München bis Mailand. Als Arzt registriert Weiß die Verschiebung von Sittlichkeits- zu Krankheitsdebatten und die neue Autorität von Psychiatrie, die zugleich Befreiungspathos und Normierungsdruck mit sich bringt.
Durch Rückgriffe auf Cervantes, Rousseau, Casanova und Kleist kontrastiert die Sammlung die langen Linien europäischer Selbstbefragung mit der fragilen Moderne. Alphonse de Chateaubriants Schwarzes Land beschwört ländliche Reinheit, deren Autor später in Kollaboration verfiel, während John Galsworthys Schwanengesang den bürgerlichen Epochenstil auslaufen lässt. Zusammengenommen zeichnet die Auswahl eine Karte transatlantischer Moderne, in der New York, Madrid, Davos und Prag als Prüfstationen erscheinen. Die eskalierende Gewalt bis 1939, Bücherverbrennungen 1933 und die Emigration prägen Ernst Weiß’ Blick auf Autorenschaft. Nach der Besetzung Frankreichs 1940 endete sein Leben in Paris – eine düstere Klammer, die die Dringlichkeit seiner Deutungen erklärt.
Ein Davoser Sanatorium wird zur Bühne eines Bildungs- und Ideenromans, in dem Zeitdehnung, Krankheit und ironische Reflexion die Orientierung eines jungen Mannes zersetzen und schärfen.
Eine spätere Urlaubsbühne enthüllt die gefährliche Macht charismatischer Suggestion, womit beide Texte die Motive Verführung, Ambivalenz und intellektuelle Kälte der Moderne bündeln.
Ein Mann wird ohne klares Vergehen in ein opakes Verfahren verstrickt, das ihn durch labyrinthische Amtsräume und schiefe Machtverhältnisse treibt.
Mit kühler, alptraumhafter Logik verhandelt der Text Schuld, Ohnmacht und das Ausfransen von Recht in Ritual.
Ein europäisches Wanderleben entfaltet sich als Kette von Liebesabenteuern, Fluchten und gesellschaftlichen Maskenspielen.
Selbstinszenierung, Witz und genaue Milieubeobachtung verschränken Verführungskunst mit einem Porträt der Aufklärungszeit.
Zwischen Jugend, Begehren und Etikette zeigen zwei kurze Romane, wie Leidenschaft gesellschaftliche Ordnungen unterläuft.
Die nüchterne, frühreife Prosa schneidet moralische Pose von Gefühl ab und spürt der Kälte hinter Skandal und Sentiment nach.
Eine Freundschaft wird im Druck der modernen Zeit auf ihre Loyalität und ihr moralisches Gewicht geprüft.
In humanistischem, gedämpftem Ton sucht der Text nach Anstand und Nähe jenseits von Lärm, Karriere und Kriegserfahrung.
Beide Romane verankern Schicksale im harten Boden – estnischer Hofkampf und bretonisches Moor – wo Arbeit, Erbe und Natur das Leben diktieren.
Die epische Ruhe und elementare Bildkraft machen Bindung an Land zur ethischen Prüfung und zur Poesie des Widerstands gegen Modernisierung.
Ein autobiografischer Bericht über Rausch und Abstinenz trifft auf eine schonungslose Erkundung urbaner Armut im East End.
Direkter Ton, Körpernähe und investigative Beobachtung ergeben ein Doppelporträt von Abhängigkeit und Klassengewalt.
Zwischen künstlerischem Erwachen, Sexualität und gesellschaftlicher Norm verhandeln die Figuren ihre Identität als Entwurf und Risiko.
In spröder Modernität kollidieren Begehren, Mutterschaft und Selbstbestimmung, wodurch eine neue Sensibilität sichtbar wird.
Vision und Wahn, Pflicht und Freiheit stehen in stiller Spannung, wenn Tschechow geistige Überhitzung gegen Alltagsnüchternheit spiegelt.
Leskow entfaltet volksnahe, farbige Erzählweisen, in denen Findigkeit und Gewissensfragen ein schillerndes Moralspektrum bilden.
Ein radikal reflektierender Kopf beobachtet sein Denken wie ein Instrument und entzieht sich konsequent der Welt der Affekte.
Kühle Präzision und formale Askese erkunden die Grenzen von Bewusstsein, Selbstbezug und Sprache.
Montierte Szenen, Stimmen und Schlagzeilen lassen die Stadt als Strom aus Arbeit, Lust, Verkehr und verpassten Chancen erscheinen.
Fragmentarische Form und Rhythmus der Großstadt übersetzen Vereinzelung in Bewegungsbilder und machen Biografien zu Durchgangsräumen.
Familien, Besitz und Zivilität geraten unter den Druck historischer Umbrüche, vom höfischen Habitus bis zur Vorkriegsnervosität.
Mit ruhiger epischer Atmung und ironischer Distanz beleuchten beide Werke Pflicht, Gefühl und den Preis sozialer Stellung.
Karriere, Konformität und Marktrhetorik werden als soziale Maschine gezeigt, die Biografien antreibt und standardisiert.
Gegen diese Kräfte entwirft das autobiografische Selbst eine spröde Bildungsbewegung, deren Wahrhaftigkeit im Reiben an Kapital und Provinz entsteht.
Ein unzuverlässiger Erzähler zerlegt seine Gewohnheiten, Laster und Erinnerungen im Spiegel der Psychoanalyse.
Aus Spiel und Täuschung wächst eine komische Moralphysik, in der Selbstbetrug, Aufschub und klare Prosa zum Erkenntnisinstrument werden.
Politisches Kalkül, Weltumfahrung und wissenschaftliche Ausdauer erscheinen als dramatische Lebenskurven, erzählt mit spannungsreicher Empathie.
Psychologische Nahsicht verbindet das Pathos der Entscheidung mit dem Atem der Epoche und gestaltet Wissen und Wille als Schicksalskräfte.
Frömmigkeit stößt auf Begehren und Täuschung, wenn Menschen Sinn und Gnade im allzu Irdischen suchen.
Mit emphatischer, moralisch tastender Erzählweise erkundet Werfel Mitgefühl als Kraft und Gefahr.
Eine Inselutopie kippt in Ritual und Rausch, während andere Texte Eros und Besessenheit als schöpferische und zerstörerische Energie zeigen.
Symbolische Überhöhungen, Naturbilder und psychologischer Druck zeichnen den Weg vom Aufbruch zur Überforderung.
Parteien, Provinz und Produktionspaläste bilden Schauplätze von Intrige, Korruption und Arbeitskampf.
Satirische Schärfe und dokumentarische Breite verdichten sich zu Gesellschaftspanoramen, in denen Machttechniken und Widerstand sichtbar werden.
Zwischen experimenteller Biografie, Frontbegegnung und Zivilperspektive entsteht ein engagiertes Bild vom Umsturz und seinen Kosten.
Montage, Protokoll und erzählerische Verdichtung verbinden politische Parteinahme mit nüchterner Zeugenschaft.
Kurze, harte Szenen spannen einen Bogen von Jagd und Boxen bis zu Krieg und Heimkehr, mit viel Weißraum zwischen den Schlägen.
Der Eisbergstil verdichtet Verletzung, Mut und Sprachaskese zu einer lakonischen Moderne.
Ein junger Offizier gerät in eine Beziehung, in der Mitleid, Eitelkeit und Sehnsucht unentwirrbar ineinandergreifen.
Psychologische Spannung und moralische Grauzonen machen Gefühlsversprechen zum Prüfstein für Selbstbild und Verantwortung.
Eine willensstarke Frau navigiert durch Krieg, Niederlage und sozialen Wandel im amerikanischen Süden.
Romantik, Besitz- und Überlebensfragen werden in einem breit erzählten Epos zu einem Bild von Anpassung und Verblendung.
Der Beginn des neuen Romanes von Gerhart Hauptmann ist prachtvoll: »Dem Ufer einer herrlich und verlassen prangenden, von Gebirgen überhöhten Insel im südlichen Weltmeer näherten sich eines Tages mehrere Boote, als die Sonne gerade im Mittag brütete.« Solch eines Einleitungssatzes brauchte sich Kleist nicht zu schämen, und die folgende Exposition scheint den hochgespannten Erwartungen recht zu geben. Es sind schiffbrüchige Frauen, die sich, lachend und wehklagend zugleich, in den Booten auf die verlassene Insel flüchten, die ihnen von jetzt an Heimat, Bodenkrume, Arbeitsfeld, Totenacker, Schauplatz aller Leiden, Freuden, Pläne, Hoffnungen und Leidenschaften werden soll. Sie werden, so glaubt man, jetzt wie Robinson Crusoe die Zivilisation, die Gesittung, die menschliche Gesellschaft aus dem Urkern wieder aufbauen; die reinsten menschlichen Beziehungen werden sich in der balsamischen, regenfreien, klaren Luft der einsamen Insel wie in Goethes »Wahlverwandtschaften« in völliger Reinheit, Unbefangenheit und daher mit letzter Tragik entwickeln. Nun müßte das Menschengeschlecht mit ihnen aussterben, falls nicht eine unter ihnen wäre, die guter Hoffnung ist. Doch dies trifft nicht zu. Aber es ist ein zwölfjähriger schöner Knabe, namens Phaon, mit gerettet worden, von dem nun die Erhaltung dieses von dem übrigen Menschengeschlecht abgeschnittenen Zweiges abhängt. Zweihundert Frauen und nur ein Mann. Zweihundert vollblütige Menschen im sinnlichen Überfluß, denn diese schiffbrüchigen Weiber haben alles Nötige und Überflüssige gerettet: Sie haben in ihren Kähnen nicht, nur Feuerzeug, Waffen, Kochgeschirr, sondern Pelze, Füllfedern, Papier, Taschentücher, Zigarren, Bordstühle und ein Büchelchen von Wilhelm Bölsche gerettet, worin der Schädel eines auf Java ausgegrabenen Menschenaffen abgebildet ist, damit man seine Ähnlichkeit mit dem ersten Menschen feststellen könne, der auf der Insel geboren wird. Alles haben diese guten Weiber gerettet, nur ihr Empfinden, ihre angeborenen, selbstverständlichen Instinkte haben sie bei dem Untergang ihres Schiffes verloren, oder der Dichter hat sie ihnen grausam genommen. So viel Frauen und kein Mann. Eine Komödie. So viel Frauen und kein Kind. Eine Tragödie. Keines von beiden erfüllt sich.
