Geschichten aus sechs Jahrtausenden Umweltschutz - Peter Hertel - E-Book

Geschichten aus sechs Jahrtausenden Umweltschutz E-Book

Peter Hertel

4,8

Beschreibung

Die menschliche Geschichte ist schon von jeher spannend und ihre Erforschung ein Abenteuer. Der Autor hat hier versucht, aus der Vielfalt der Geschichten zum Umweltschutz interessante aber auch humorvolle herauszusuchen. Sie zeigen allesamt den jahrtausendealten Kampf der Menschen um den Erhalt ihrer Umwelt. Ein Kampf der wenig Sieger und immer auch viele Verlierer hatte. Er begann vor Tausenden von Jahren mit dem Schutz des Wassers, dem sich der Schutz der Wälder anschloss. Wasser- und Abwasserleitungen versorgten schon in der Antike große Städte, die bereits nach bestimmten Grundsätzen gebaut wurden. Immer wieder standen den Bemühungen unbekannte Gesetzmäßigkeiten aber auch unfähige Herrscher und nicht immer fleißige Bürger entgegen. Gesetze wurden verfasst und nicht eingehalten, die Religion wurde von den Herrschern genutzt, um für sich selbst riesige Paläste zu bauen und dafür rodeten sie ganze Wälder. Die Geschichten erzählen von genialen Köpfen in der Antike, Technikern, die mit ihrem Wissen auch heute noch gebraucht würden und drei Kulturen, die mit großer Sicherheit einer Vernachlässigung des Umweltschutzes zum Opfer fielen. Freiberg im Sommer 2015

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Umweltschutz ist älter als der Mensch

Was genau ist Umweltschutz?

Das fiktive Ende einer Stadt

Alles hängt am Wasser

Erste Gebote waren Wassergesetze

Grundlage für die Existenz der Sumerer

Die Tragödie heißt: Versalzung des Bodens

Staudämme schon vor 5000 Jahren

Wasser für Samos

Etrusker waren die Meister

Wasser und Abwasser in Antike und Mittelalter

Pompejianische Küchen mit fließendem Wasser

Viele Probleme im Mittelalter

In den Städten wird es schwieriger

Gute Praktiker: Hippodamos und Vitruv

Stadtplanung mit Religion und Fachwissen

Stadt der Kanäle im Zweistromland

Umwelt wirkt auf die Gesundheit

Schon Hippokrates wusste Bescheid

Keine heile antike Welt

Saubere Städte auch heute noch aktuell

Die Straßen von Rom

Umweltprobleme nehmen im Mittelalter zu

Warum Ritter in der Jauche starben

Machen wir halt ein bisschen sauber

Schweine verursachen Verkehrsunfall

Viele Storys zur Städtereinigung

Toilettengeschichten

In der Antike war es oft gemütlicher

Von Kienspan und Kerzen

Umweltdreck zieht Seuchen nach sich

Die Pest, mehr als eine Mahnung an den Umweltschutz

Die Pocken gab es auch noch

Waschen ist gut für die Gesundheit

Öffentliche Bäder für alle

Klima, eine sich ständig veränderbare Größe

Wälder genau so wichtig wie Wasser

Lenin bestraft Baumfäller

Industriezeitalter begann mit Bergbauschäden

Auch Armut kann die Umwelt zerstören

Kulturen gehen an der Umwelt zugrunde

Maya – verdurstet im Regenwald?

Diego de Landa, der Zerstörer und Bewahrer

Baron Waldeck, ein wunderlicher Zeitgenosse

Mayagebiet bereits vor 5000 Jahren besiedelt

Viele Ursachen für ein langsames Sterben

Die Khmer: wie Kulturen entstehen und vergehen

Ausgangspunkt war wieder das Wasser

Erfolgsrezept Reisanbau

Osterinsel – Gigantomanie gegen Umwelt

Neue Anpflanzungen von Eukalyptusbäumen

Langohren gegen Kurzohren

Rätsel sind auch bei manchen „Wissenschaftlern“ beliebt

Der Krieg ist die schlimmste Umweltzerstörung

Der Schluß, aber hoffentlich nicht das letzte Kapitel

Weiterführende Literatur

Prolog

Briefe aus einem Archiv zeigen, dass der Baumbestand der Wälder sorgsam überwacht und dies vom König kontrolliert wurde. So hatte eine Inspektion durch einen Beamten ergeben, dass in bestimmten Wäldern Bäume gefällt worden seien, weil niemand diese bewache. Es solle nun schleunigst festgestellt und berichtet werden, ob die Waldwächter selbst die Bäume gefällt hätten oder aber fremde Hände. Die Wächter wurden in den Palast bestellt und redeten sich erst mal raus. Es läge nämlich an den fehlenden schriftlichen Anweisungen. Künftig wolle man das aber genauestens regeln.

„Vernachlässigt nicht eure Wälder, sie sollen gut bewacht werden“, mahnte der König. Morgen wolle er bei seiner Inspektion nachschauen und jeden Verantwortlichen für einen gefällten und veruntreuten Baum töten.

Das sagt uns, liebe Freunde, zwei erstaunliche Dinge: Erstens haben die Menschen auch schon vor längerer Zeit auf ihre Wälder aufgepasst und zweitens waren es auch damals immer schon die Anderen, wenn etwas schief ging.

Es handelt sich um die geschichtliche Person des Königs Hammurapi I. von Babylon, der von 1792 bis 1750 vor Christus regierte. Die entsprechenden schriftlichen Quellen stehen auf Tontafeln in Keilschrift und gehören zum Schamasch-hasir-Archiv. Šamaš-hasir war im 18. Jahrhundert vor Christus ein altbabylonischer Beamter des Königs Hammurapi.

Ja, unsere Vorfahren haben sich auch schon Gedanken um die Umwelt gemacht und versucht sie zu schützen. Manchmal waren sie damit erfolgreich, aber auf Grund der Komplexität der Sache natürlich, wie heute auch, nicht allzu oft. So gibt es durchaus Hinweise, dass der Untergang einiger großer Kulturen auch etwas mit vernachlässigtem Umweltschutz zu tun haben könne.

Die Menschheit blickt heute auf eine vielfach noch unbekannte Vergangenheit zurück. Auch wenn einige Leute anderes behaupten. Nur wenige Prozent der einstigen Flächen alter Siedlungsstätten sind freigelegt. Immer wieder erleben wir bei fortschreitender Grabung Überraschungen. Deshalb wird es immer unmöglich bleiben, sich von einer bestimmten Kulturepoche ein einigermaßen komplettes Bild zu machen.

Platon: Menschen gleichen in Höhlen angeketteten Wesen, die die Wirklichkeit nicht sehen können. Sie halten die Schatten von Gegenständen für das wirkliche Leben. Vielleicht können wir seit Menschengedenken immer nur diese Schatten sehen, weil unsere Sinne für den Rest nicht eingerichtet sind. Liebe Freunde, wollen Sie dafür ein Beispiel? Welch unendlich viele Sinneseindrücke liegen in Form von Signalen an uns an, doch wir brauchen zum Erkennen mindestens ein TV-Gerät.

Wer kann sich schon in die Gedanken von Menschen hinein versetzen, die vor Jahrtausenden gelebt haben? Vielleicht gehört die Archäologie heute deshalb zu den Geisteswissenschaften? So richtig kann ich das allerdings nicht nachvollziehen. Das vergangene Leben bestand doch wie das heutige aus unendlich vielen Facetten. Dazu gehört Fachwissen auch aus Chemie, Physik, Technologie, Lebensmittelkunde, Landwirtschaft und vielem mehr. Das alles wollen die Philosophen erkunden? Das möchte ich, wie andere auch, stark bezweifeln.

Wie schwierig es ist, sich in die Gedanken-und Gefühlswelt anderer heutiger Völker hinein zu versetzen, zeigt folgendes Beispiel.

Auf dem riesigen Tonle Sap, einem See in Kambodscha, der zur Regenzeit um zwölf Meter ansteigt, leben Menschen in einem schwimmenen Dorf. Alles auf Booten, Flößen oder anderen schwimmfähigen Gegenständen.

Vorwiegend Vietnamesen leben auf dem schwimmende Dorf des Sees Tonle Sap.

Da gibt es neben den Behausungen sogar auch Schweinställe auf einem Floß. Die Menschen leben vom Fischfang und Reis, den sie gegen Fische an Land eintauschen. Ihre Notdurft verrichten sie in den See, woher auch dann das Trinkwasser für den Kaffee stammt. Wir europäischen Touristen rümpfen die Nase und können die „Armut und Primitivität“ überhaupt nicht verstehen. Stellen sie sich vor, sie sprechen die Sprache der schwimmenden Dorfbewohner, gehen, pardon fahren mit einem Boot hin und fragen sie, ob man denn nicht am nächsten Tag von sieben bis 16 Uhr arbeiten und Geld verdienen möchte? Soll ich Ihnen die Antwort sagen? Nein, die kennen Sie sicher selbst.

Erinnern möchte ich hier auch noch an den norwegischen Forscher Thor Heyerdahl. Für ihn hat der technische Fortschritt manches Gute gebracht, aber froher habe er uns nicht gemacht.

„Wir bauen bessere Häuser als früher, haben bessere Matratzen, köstlichere Speisen, elegante Kleider und Frisuren. Aber schlafen wir besser, lieben wir besser oder essen wir mit größerem Appetit? Wir haben unsere Maschinen, um Zeit und Muskeln zu sparen. Aber fühlen wir uns weniger verbraucht oder wissen wir mit unserer Zeit etwas Besseres anzufangen? Und vor allem: Wir haben uns gefährlichere Waffen geschaffen als je zuvor, aber fühlen wir uns deshalb sicherer als früher?“

Verständlicherweise interessieren sich immer mehr Menschen für ihre Vergangenheit und da ist der Umweltschutz meist eingeschlossen. In seiner Geschichte liegt ja auch der Schlüssel für unser aller Zukunft. Denn die Gesetze, die zum Entstehen und Vergehen bedeutender Hochkulturen führten, werden immer gelten. Sie zu erkennen, heißt auch, sie zu beeinflussen und möglicherweise unsere Kultur vor einem Untergang zu retten. Die schlechte Nachricht aber ist: Bislang ist noch jede Kultur eines Tages untergegangen.

Der Mensch war und ist die Triebkraft unserer Zivilisation. Und da sind wir bei der guten Nachricht. Unsere Zivilisation, also die Summe aller Kulturen auf der Erde, ist bislang immer noch vorhanden und wird es auch bleiben. Freunde der Sience fiction denken da noch einen Schritt weiter. Wenn die intelligenten Wesen (damit sind tatsächlich wir gemeint) die Schranke ihres Planeten durchbrechen können und Verbindung zur Nachbarzivilisation und dann mit dieser immer weiter das All erobern, dann werden auch die Zivilisationen niemals endgültig aussterben. Doch ich bitte Sie um große Zurückhaltung, das kann noch eine Weile dauern. Bleiben wir vorerst auf unserem Planeten mit all seinen vernunftbegabten und unvernünftigen Wesen.

Eine Erkenntnis für die neben anderen Thor Heyerdahl sein Leben lang eingetreten ist, besagt, dass unsere Kulturen schon vor Jahrtausenden miteinander Kontakt hatten. Daraus ist zu schlußfolgern, dass nur dann, wenn wir die menschliche Geschichte zeitlich sowie auch räumlich als Einheit betrachten, Licht in viele bislang noch unklare Prozesse zu bringen sein wird. Die immer vorhandenen Kontakte werden durch die Erkenntnis wahrscheinlich, dass sich der homo erectus in Südafrika, mit Funden in der Oldoway-Schlucht, entwickelt hat und sich von dort aus über den Planeten ausbreitete.

Bleibt da noch ein zutiefst menschlicher Aspekt, den wir nie vergessen sollten. Glück und menschliches Leid, Freude und Trauer, all die Emotionen, die unser Leben zum großen Teil ausmachen, waren vor Jahrtausenden die gleichen wie heute. Wer wagt zu behaupten, dass wir heute glücklicher leben, als die alten Griechen oder Römer? Und um es auf die Spitze zu treiben, wer möchte behaupten, dass meine Katze Tini, die satt gefressen und schnurrend auf dem warmen Sofa liegt, nicht vielleicht sogar glücklicher als der am Computer sitzende Journalist ist? In ihrer Seele ähneln uns die längst Verstorbenen viel mehr, als wir vermuten und auf dieser Basis wollen wir uns die Geschichten zum Umweltschutz anschauen.

Liebe Freunde, das bisherige Wissen über die Vergangenheit des Umweltschutzes erzählt eine Menge von den Anstrengungen der Menschen aller Zeiten zur Erhaltung einer intakten Umwelt, von ihrem Bemühen, ihre Ideen und ihr Handeln anderen Menschen zu vermitteln und darauf zu achten, dass diese auch eingehalten werden. Ihnen soll dieses Buch gewidmet sein.

Umweltschutz ist älter als der Mensch

Für viele ist Umweltschutz immer noch eine Erfindung der Gegenwart, zumindest aber eine Tatsache, die erst heute aktuell geworden sei. Sicher sind die Auswirkungen eines mangelhaften Umweltschutzes noch nie so deutlich, wie in den letzten hundert Jahren geworden, doch Umweltschutz ist tatsächlich älter als die Menschheit. Nur eine kühne Behauptung? Nein, denn unsere Biosphäre hatte schon vor dem Menschen unendlich viele Regelmechanismen zum Erhalt der Umwelt besessen. Nur sie garantieren seit Jahrmillionen die dauerhafte Existenz der Lebewesen. So bestimmt die Menge der vorhandenen Nahrungsmittel die Zahl der von ihnen existierenden Individuen. Das beginnt bei Fäulnis- und Verwesungsprozessen, die die Ausbreitung von Krankheitskeimen verhindern und gleichzeitig die Nahrungsgrundlage für neues Leben bilden. Schlußfolgern Sie daraus aber bitte nicht, dass sich Umweltschutz seit dem Zeitalter des Menschen von allein organisiert, genau das Gegenteil ist der Fall. Denn eine Zusammenballung von vielen Menschen auf kleinstem Raum und die totale Ausnutzung der natürlichen Ressourcen sah der Plan urspünglich nicht vor.

Erst seit Menschen zusammen siedeln, müssen sie Umweltschutz betreiben. Ein stinkender Abfallhaufen vor einer Wohnhöhle musste irgendwann weggeräumt werden, wenn man weiter in der Höhle leben und keine unliebsamen Raubtiere anlocken wollte. Das kann man sich doch vorstellen. War das nicht auch schon der ganz bescheidene Anfang eines Umweltschutzes?

Noch vor dem militärischen Schutz des Landes kam bei zahlreichen alten Völkern der Schutz des Wassers. Wir können durchaus heute beeindruckt sein welche fortschrittliche Einstellung die Herrscher mancher längst untergegangener Reiche zum Umweltschutz hatten.

Staunend stehen wir vor den alten Aufzeichnungen und Relikten, die zeigen, mit welchen teilweise drastischen, dafür aber wirksamen Mitteln für die Einhaltung der Gesetze gesorgt wurde.

Einen der frühen und allseits bekannten Hinweise finden wir in der Bibel. (Genesis 1 V 28 und 2 V 15):

„Seid fruchtbar und mehret euch, und füllet die Erde und machet sie euch untertan... Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn pflegte und schützte.“

Was genau ist Umweltschutz?

Heute versteht man darunter alle Maßnahmen, die die Biosphäre vor schädlichen Einflüssen bewahrt. Bereits eingetretene Schäden sollen durch Umweltschutzmaßnahmen gemildert oder behoben werden, was aber leider oft nur eine Wunschvorstellung bleibt.

Der heutige Umweltschutz umfasst viele Bereiche. Dazu gehören der Klimaschutz, der Waldschutz, Gewässerschutz, Schutz der menschlichen Gesundheit, aber auch neben anderen konkreter die Reinhaltung der Luft, die Abfallbeseitigung, der Lärm- und Strahlenschutz sowie die Überwachung von Lebensmitteln.

Das klingt alles ziemlich logisch und man könnte daraus entnehmen, dass nur ein paar Gesetze beachtet werden müssen und dann klappt es schon mit der Umwelt. Doch das, liebe Freunde, ist leider weit gefehlt.

Die Erde mit ihrer Biosphäre ist ein kompliziert vernetztes System. Jedes Eingreifen des Menschen bringt neben den erwünschten Wirkungen eine Vielzahl unerwünschter hervor. Doch sie sind teilweise erst nach Jahren oder Jahrzehnten zu spüren. Oft zu einer Zeit, in der die Ursache gar nicht mehr bekannt ist.

Friedrich Engels hat dies bereits im Jahr 1878 so formuliert:

„In der Natur geschieht nichts vereinzelt. Jedes wirkt aufs andere und umgekehrt, und es ist meist das Vergessen dieser allseitigen Bewegung und Wechselwirkung, das unsre Naturforscher verhindert, in den einfachsten Dingen klar zu sehn. Schmeicheln wir uns indes nicht zu sehr mit unsren menschlichen Siegen über die Natur. Für jeden solchen Sieg rächt sie sich an uns. Jeder hat in erster Linie zwar die Folgen, auf die wir gerechnet, aber in zweiter und dritter Linie hat er ganz andre, unvorhergesehene Wirkungen, die nur zu oft jene ersten Folgen wieder aufheben.

Die Leute, die in Mesopotamien, Griechenland, Kleinasien und anderswo die Wälder ausrotteten, um urbares Land zu gewinnen, ahnten nicht, dass sie damit den Grund zur jetzigen Verödung jener Länder legten, indem sie mit den Wäldern die Ansammlungszentren und Behälter der Feuchtigkeit entzogen. Die Italiener der Alpen, als sie die am Nordabhang des Gebirges so sorgfältig gehegten Tannenwälder am Südabhang vernutzten, ahnten nicht, dass sie damit der Sennwirtschaft auf ihrem Gebiet die Wurzel abgruben; sie ahnten noch weniger, dass sie dadurch ihren Bergquellen für den größten Teil des Jahres das Wasser entzogen, damit diese zur Regenzeit umso wütendere Flutströme über die Ebene ergießen könnten.“

Schon am Anfang seiner Existenz hat der Mensch zunehmend über seine Lebenszeit hinaus wirkende Spuren, später auch Müllhalden, hinterlassen. Mit der Verwendung von Werkzeugen und der organisierten Gruppenarbeit wurde es unseren Vorfahren möglich, gigantische Bauwerke zu schaffen. Staudämme wurden errichtet und Flüsse umgeleitet. Doch nach der Rodung der Wälder kam es zur Versteppung des Landes, oft sogar zur Wüstenbildung, die in den meisten Fällen nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte.

Schon Anfang des 20. Jahrhunderts kam die Vermutung auf, dass einige der alten Kulturen durch die Vernachlässigung des Umweltschutzes untergegangen sind. Tatsache aber ist, dass die Schädigung der Umwelt zu einer beeindruckenden Kraft in der Geschichte der menschlichen Zivilisation geworden ist.

Lassen Sie sich jetzt zu unseren Geschichten durch die Jahrtausende einladen und erfahren sie einiges über unsere Vorfahren, die sich wie heute mit viel Fleiß, Können und Zuversicht und manchem Leid durch ihr Leben gekämpft haben.

Das fiktive Ende einer Stadt

Wir beginnen mit einer beeindruckenden Geschichte der amerikanischen Biologin Rachel Carson, die sie 1965 aufschrieb.

„Es war einmal eine Stadt, in der alle Geschöpfe in Harmonie mit ihrer Umwelt zu leben schienen. Die Stadt lag inmitten blühender Farmen mit Kornfeldern und mit Obstgärten an den Hängen der Hügel, wo im Frühling Wolken weißer Blüten über die grünen Felder trieben. Im Herbst entfalteten Eiche, Ahorn und Birke eine glühende Farbenpracht. Damals kläfften Füchse im Hügelland und lautlos, halb verhüllt von den Nebeln der Herbstmorgen, zog Rotwild durch die Äcker. Selbst im Winter waren die Plätze am Wegesrand von eigenartiger Schönheit. Zahllose Vögel kamen dorthin, um sich Beeren als Futter zu holen und aus den vertrockneten Blütenköpfchen der Kräuter, die aus dem Schnee ragten, die Samen zu picken. So war es gewesen, seit vor vielen Jahren die ersten Siedler ihre Häuser bauten, Brunnen gruben und Scheunen errichteten.

Dann tauchte überall in der Gegend eine seltsame schleichende Seuche auf, und unter ihrem Pesthauch begann sich alles zu verwandeln. Irgendein böser Zauberbann war über die Siedlung verhängt worden. Rätselhafte Krankheiten rafften die Kükenscharen dahin. Rinder und Schafe wurden siech und verendeten. Die Farmer erzählten von vielen Krankheitsfällen in ihren Familien. Einige Menschen waren plötzlich und unerklärlicherweise gestorben, nicht nur Erwachsene, sondern sogar Kinder.

Es herrschte eine ungewöhnliche Stille. Wohin waren die Vögel verschwunden? Es war ein Frühling ohne Stimmen. Die einst so anziehenden Landstraßen waren nun von braun und welk gewordenen Pflanzen eingesäumt, als wäre ein Feuer über sie hinweggegangen. Selbst in den Flüssen regte sich kein Leben mehr. In den Rinnsteinen, unter den Traufen und zwischen den Schindeln der Dächer zeigten sich noch ein paar Fleckchen eines weißen körnigen Pulvers; es war vor einigen Wochen wie Schnee auf die Dächer und Rasen, auf die Felder gerieselt.

Kein böser Zauber, kein feindlicher Überfall hatte in dieser verwüsteten Welt die Wiedergeburt neuen Lebens im Keim erstickt. Das hatten die Menschen selbst getan.“

Tatsächlich, fast unbemerkt, war ein Schreckgespenst unter den Menschen aufgetaucht und seine Tragödien füllten schon heute ganze Bände, wenn sie je ein Autor aufgeschrieben hätte.

Der Chemieunfall 1976 nahe Mailand mit einer Dioxinwolke, die Seveso traf, 800 Millionen Liter Rohöl im Golf von Mexico 2010 und schließlich die Atomkatastrophe von Fukushima 2011 sind nur drei Beispiele. Die Umweltkatastrophen der Gegenwart unterscheiden sich von denen der Vergangenheit außerdem noch in ihrer Schnelligkeit, ihren Ausmaßen und ihren riesenhaften und andauernden Schäden.

Alles hängt am Wasser

Am Anfang einer der ersten Hochkulturen unserer Zivilisation stritten sich, so die Mythologie, erst mal die Götter. Das muss so um 5000 vor Christus gewesen sein. Es ging um das fehlende Wasser im fruchtbaren Land Dilmun, der heutigen Insel Bahrain. Das Gebiet liegt im Süden des Zweistromlandes. Die Göttin Ninsikila ging ihrem Vater Enkis, der als sumerischer Gott der Weisheit und des Süßwassers galt, solange auf die Nerven bis er sich entschloss Kanäle und Zisternen anzulegen, um das fruchtbare Land endlich nutzen zu können. Nach unserem heutigen Wissen war das einer der ersten Aufträge für eine erforderliche Umweltmaßnahme und ist dem Trotz einer jungen Dame zu verdanken.

Geblieben sind von den alten Städten im Land zwischen den Strömen Euphrat und Tigris nur die Tells, Hügel, die teilweise gigantische Ausmaße von bis zu 30 Metern Höhe und anderthalb Kilometer Durchmesser erreichen. Sie sind dem Häuserbau mit ungebrannten Lehmziegeln zu verdanken. Immer dann, wenn man die Instandhaltung des Daches vernachlässigt hatte und die Siedlung aufgab, löste der Regen den Lehm wieder auf und spülte ihn nach unten. Durch immer wieder neue Hausbauten auf den planierten Resten der alten wuchsen diese Hügel über Jahrhunderte weiter an. Man wohnte sich gewissermaßen empor. So ist auch zu erklären dass beispielsweise in Ninive (heute Mossul) die obersten Schichten mittelalterliche Ruinen bergen und die unterste Schicht bis in die Zeit 5000 vor Christus und weiter zurückreicht.

Bereits vor 5000 Jahren hatten die Sumerer ein umfangreiches Bewässerungssystem geschaffen. Um die Regen- und Schmelzwässer Armeniens zu nutzen, bauten sie große Dämme und leiteten in der Trockenzeit das angestaute Wasser über Kanäle und Bäche auf die Felder. Es entstand ein blühendes Paradies mit Getreidefeldern und Gärten. Für das Vieh gab es saftige Weiden und die landwirtschaftlichen Produkte wurden in die umliegenden Länder exportiert.

Nach den bisherigen Erkenntnissen bestand die Nahrung der Sumerer vor allem aus Graupen, Mehlbrei, Datteln, Honig, Sesamöl. Eiweiß lieferten Eier und Käse, Gänse, Enten, Hühner sowie Heuschrecken. Seltener gab es Schlachtfleisch der verwendeten Nutztierassen Rinder, Esel, Schweine, Schafe, Ziegen. Gejagt wurden Hasen, Wildschweine, Wildziegen, Wildschafe, Antilopen, Gazellen und Wildhirsche. Die Löwenjagd war allerdings das Privileg der Könige. Intensiv wurde Fischfang betrieben, die Karpfen wurden exportiert. Teilweise nutzte man abgerichtete Pelikane zum Fischefangen. Kostenloser Tipp: Vielleicht sollten das unsere geplagten Fischzüchter mal mit den ziemlich ungeliebten Komoranen probieren?

Die Sumerer hätten ihre Kultur niemals so weit entwickelt, wäre ihnen nicht die Beziehung zwischen Leistung und sozialer Ordnung bekannt gewesen. Deshalb wurde die Disziplin der Menschen durch zahlreiche Gesetze und Verordnungen immer weiter entwickelt und notgedrungen mit Strafen auch manchmal erzwungen.

Etwa um 3000 vor Christus waren im südlichen Mesopotamien vermutlich bereits 30.000 Quadratkilometer bewirtschaftet und eine Regulierung der Flüsse Euphrat und Tigris konnte nachgewiesen werden. Die Aufsicht über die Bewässerungsanlagen hatte die Priesterschaft. Es wird angenommen, dass die Planung und der Bau von Kanälen und Deichen, die Verteilung des Wassers und die Bestellung der Felder sowie die Erfassung und Verteilung der Ernte samt Vorratshaltung in einer Hand waren. Vielleicht hatte man da schon einen Landwirtschaftsminister, aber der dürfte bei der Aufgabenfülle und dem erforderlichen fachlichen Wissen ausgebildet und nicht vorher beispielsweise Kultus-, oder Verteidigungsminister gewesen sein.

Die ältesten gefundenen Siedlungsreste der vorsumerischen Völker stammen bereits aus dem zehnten Jahrtausend vor Christus. Schon um 4000 haben die Sumerer in Keilschrift Anweisungen zur Bewässerung ihrer Felder nach einem Stufenplan aufgezeichnet. Immer wiederfinden sich in den Schriften Hinweise auf die Bedeutung, die man der Bewässerung beimaß. So schrieb um 2300 ein Chronist auf eine Kalksteinstele, die am Euphrat gefunden wurde:

„Ur-Namu hat die Arbeiten für die Kanäle ausführen lassen, aber er gibt den Göttern die Ehre, das segensspendende Geschenk des Wassers, dass dem Land Fruchtbarkeit bringt“.

Die Flüsse wurde auch hier beidseitig besiedelt und an großen Süßwasserseen entstanden mächtige Reiche.

Mesopotamien ist das beste Beispiel dafür, wie das Erblühen einer Kultur mit einer ausreichenden Trinkwasserversorgung zusammenhängt. Im Laufe der Jahrhunderte erbauten die Summerer ein immer größeres und verzweigteres Bewässerungsnetz. Immer mehr, bis dahin trockenes Land, konnte dadurch kultiviert werden. Die Hauptkanäle wurden breiter und dienten bald auch dem Schifsverkehr. Es gab mehrere Wasseradern, die den Euphrat mit dem Tigris verbanden.

Für den Bau und die Instandhaltung solcher Anlagen hatten die Babylonier spezielle Fachleute, genannt Gugalla. Sie mussten Wassermengen für ein bestimmtes Land abschätzen, konnten messen, nivellieren und abstecken. Besonders wichtig war die Ermittlung des richtigen Gefälles. Für die Ausbildung der Gugallus gab es in Keilschrift verfasste Lehrbücher. Sie enthielten mathematische und technische Aufgaben. Die Art der Wasserleitungen war immer den geographischen Gegebenheiten angepasst.

Im vorchristlichen Persien baute man Dschubbs. Die unterirdischen Kanäle waren in fünf bis zehn Meter Tiefe so angelegt, dass das Wasser möglichst ohne zu verdunsten zum Verbraucher geführt werden konnte. In den Gebieten des heutigen Iran und Irak sind die Auswurfschächte der Dschubbs vom Flugzeug aus noch zu sehen. Experten schätzen, dass heute noch 22.000 derartiger Dschubbs in Betrieb sind. Man schätzt eine Gesamtwasserführung von 560 Kubikmeter pro Stunde. Derartige unterirdische Kanäle wurden einst auch in Nordafrika gebaut und heißen dort Foggeras.

Natürlich hatten die Pharaonen noch weitere gute Ideen, um die Trockenzeiten zu überbrücken. Mitten in der Wüste, 100 Kilometer südwestlich von Kairo liegt die Oase Fayyum. Sie gehört heute zum gleichnamigen Gouvernement in Ägypten und gilt als Gemüsegarten Kairos. Herodot schrieb die Schaffung des Sees dem sagenhaften König Moeris zu. Sein historischer Zuführungskanal, als Josefskanal bekannt, leitete das Wasser des Nils bei Hochwasser in den See und in Trockenzeiten konnte das Wasserdefizit auf umgekehrtem Weg ausgeglichen werden. Schließlich predigen die Mohammedaner, dass das Reichen von Wasser als religiöse Nächstenliebe anzusehen ist. Es ist Gesetz, dass jeder Mohammedaner freien Zugang zum Wasser haben muss.

Wasser ist auf unserem Planeten bekanntermaßen Grundlage jeglicher Lebensformen. Schon in der Frühzeit der menschlichen Geschichte suchten unsere Vorfahren deshalb ihre Wohnplätze in der Nähe von Trinkwasser. An den Wasserläufen entlang drangen sie in bisher unbetretene Gebiete vor und errichteten stets in der Nähe ihre Siedlungen. Deshalb liegen viele große Städte weltweit an den Ufern von Flüssen. Sie waren einst menschen- und völkerverbindend und erst in der Neuzeit oft auch zu Grenzgebieten.

Doch mancherorts war es nicht so einfach, um zum Trinkwasser zu gelangen. Wenn Bäche und Flüsse versiegten, dann griff man zunächst auf die primitivste Technik der Wassergewinnung zurück. Mit der Hand oder einfachen Werkzeugen wurde nach Wasser gegraben. Aus diesen Scharrlöchern sind später die ersten Brunnenlöcher im Sand oder weichen Gestein entstanden.

Weiterhin wurde schon vor Jahrtausenden Regenwasser aufgefangen und genutzt. Dazu könnten auch schräg gestellte Wände, wie Pyramiden verwendet worden sein. In der Hauptstadt der Hethiter, Hattuscha, fanden Archäologen eine solche schräge Mauer mit besonders exakt verfugten Steinen. Am Fuße der Mauer wurde eine Zisterne entdeckt. Sie stammt vermutlich aus dem dritten Jahrtausend vor Christus.

Noch interessanter, weil auch in Gebieten ohne Regen nutzbar, ist die Gewinnung des Trinkwassers aus dem Tau. In der Burg von Tiryns (Peleponnes) gibt es Rundtürme, an deren Basis befinden sich noch heute große Tongefäße zum Auffangen des Wassers. Bei Grabungen in Qumran am Toten Meer sind am Fuße von Befestigungstürmen Zisternen gefunden worden. Sie fingen vermutlich den sich auf der Festungswand absondernden Tau auf. Die Festungstürme von Ur (Mesopotamien) sind unten schmäler als oben. Unter ihrem Fundament befinden sich wieder Zisternen.