Gestohlene Liebe - Susanne Etz - E-Book

Gestohlene Liebe E-Book

Susanne Etz

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Beschreibung

Eine mutige Räuberin, ein leidenschaftlicher Krieger und ein geteiltes Schlafgemach Warrick Johnson hat nur einen Gedanken: Rache am Mörder seiner Eltern zu nehmen. Nachdem er seine Kindheit in Frankreich verbracht hat, kehrt er in seine Heimat Cheshire zurück und merkt, dass unter seinem Onkel als Herrscher das Land am Abgrund steht.  Eine Räuberbande macht seiner Familie außerdem das Leben schwer. Als plötzliche die rebellische und schöne Elinor auf der Burg auftaucht und von Warrick gefangen genommen wird, holt er sie bald aus dem Kerker in seine Gemächer. Er hält sie für die Geliebte Yoricks, dem Mörder seiner Eltern. Trotzdem kommen die beiden sich langsam näher und erleben schließlich heiße Nächte miteinander... Eine historische Shared-Bed-Romance mit jeder Menge spice.

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Gestohlene Liebe

Die Autorin

Susanne Etz wurde im Jahr 1987 in Erfurt geboren. Zusammen mit ihren Eltern und ihrem älteren Bruder verbrachte sie ihre Kindheit im hessischen Taunusstein. Mit vierzehn Jahren belegte sie bei einem Schriftstellerwettbewerb den Zweiten Platz. Heute arbeitet sie als Erzieherin und lebt mit ihrem Mann und ihren zwei kleinen Kindern in Taunusstein.

Das Buch

Eine mutige Räuberin, ein leidenschaftlicher Krieger und ein geteiltes Schlafgemach

Warrick Johnson hat nur einen Gedanken: Rache am Mörder seiner Eltern zu nehmen. Nachdem er seine Kindheit in Frankreich verbracht hat, kehrt er in seine Heimat Cheshire zurück und merkt, dass unter seinem Onkel als Herrscher das Land am Abgrund steht.  Eine Räuberbande macht seiner Familie außerdem das Leben schwer. Als plötzliche die rebellische und schöne Elinor auf der Burg auftaucht und von Warrick gefangen genommen wird, holt er sie bald aus dem Kerker in seine Gemächer. Er hält sie für die Geliebte Yoricks, dem Mörder seiner Eltern. Trotzdem kommen die beiden sich langsam näher und erleben schließlich heiße Nächte miteinander...

Eine historische Shared-Bed-Romance mit jeder Menge spicyness. 

Susanne Etz

Gestohlene Liebe

Roman

Ullstein

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Originalausgabe bei UllsteinUllstein ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin November 2023 (1)© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2023

Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Titelabbildung: © FinePic®E-Book powered by pepyrusISBN 978-3-8437-3101-0

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Leseprobe: Zur Liebe Verführt

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Cover

Titelseite

Inhalt

Prolog

Prolog

Dass die Sonne auf die Erde herabbrannte, war blanker Hohn für ihn. Die letzte Woche war die schlimmste gewesen: Warrick wurde von seinem Onkel aus dem Schlaf gerissen, dabei hatte er einen wunderbaren Traum gehabt. Wie jeder Junge im selben Alter war er in seiner Fantasie ein großer Krieger gewesen, doch das traurige Gesicht seines Onkels, der ihn wach gerüttelt hatte, ließ den Traum in Vergessenheit geraten.

Die Worte, die dann folgten, hatte er kaum verstehen können. Es war nur langsam in sein Bewusstsein eingedrungen, dass etwas Schreckliches geschehen war, etwas, das sein Leben für immer verändern sollte.

Heute, drei Tage später, stand er neben seinem Onkel Godric und seinem Vetter Edgar und rang um Fassung. Er durfte nicht weinen, ein Junge vergoss keine Tränen, hatte sein Onkel gesagt.

Warricks Blick war stur auf das Grab seiner Eltern gerichtet. Neben der Trauer beschäftigte ihn die Frage nach dem »Warum?«. Sein Vater war immer gut zu den Menschen gewesen, er hatte sich um all ihre Sorgen gekümmert, hatte für jeden ein offenes Ohr gehabt. Er war ein gerechter Lord gewesen, der seine Leute immer gut behandelt hatte. Und dennoch wurden er und seine Frau heimtückisch in der Dunkelheit der Nacht ermordet.

Erst nachdem sein Onkel ihm einen kleinen Stoß versetzt hatte, wurde Warrick bewusst, dass der Priester seine Trauerrede beendet hatte. Der Diener der Kirche war einen Schritt zurückgetreten, um der Familie etwas Platz zu machen. Warrick kniete sich vor das Grab, legte eine Hand an das Kreuz und schloss die Augen.

»Ich werde euch rächen, das verspreche ich. Ich werde den Mörder jagen und ihn leiden lassen.« Seine Worte waren nur ein Flüstern, bestimmt für seine Eltern, sonst niemanden.

An den Rest der Zeremonie konnte Warrick sich später kaum mehr erinnern. Er hatte kein Bedürfnis danach gehabt mit Edgar Steine ins Wasser zu werfen oder sich überhaupt mit jemand anderem zu beschäftigen.

Er hatte noch nie viel für die Interessen seines Vetters übriggehabt.

Später am Tag hatten sich alle im Saal versammelt. Von Freunden und Verwandten bis hin zu den Gutsbesitzern waren alle anwesend. Von niemandem war ein Lachen zu hören, keiner trank übermäßig oder versuchte, sich die Zeit mit einem Spiel zu vertreiben.

Warrick saß neben Godric, der den gewohnten Platz seines Vaters eingenommen hatte, den in der Mitte des hohen Tisches.

»Edgar, hör auf mit dem Unsinn«, wies Godric seinen Sohn zurecht, als dieser versuchte, mit einem Stein nach Warrick zu werfen.

Edgar schnitt eine Grimasse, war aber gehorsam. Warrick nickte seinem Onkel dankbar zu.

»Es ist eine Schande, dass deine Eltern so früh von uns gegangen sind«, wandte Godric sich direkt an ihn.

Er antwortete nicht, sondern blickte nur traurig in das Gesicht des Älteren. Warricks bernsteinfarbenen Augen waren denen seiner Mutter so ähnlich.

»Dennoch musst du stark sein und lernen, wie dein Vater und ich es einst taten. Es gehört viel mehr dazu, sich um seinen Besitz zu kümmern, als nur dafür zu sorgen, dass die Jäger genug Wild mit nach Hause bringen.«

Warrick begriff nicht, was sein Onkel ihm sagen wollte. Er wäre viel lieber aufgestanden, um sich zurückzuziehen. Endlich die Tränen vergießen, die er sich in Anwesenheit anderer verweigerte.

»Ich kann deine Ausbildung nicht übernehmen. Meine Kraft reicht nicht aus, um dich und Edgar zu unterrichten. Was du brauchst, ist ein Lord, der dich lehren kann, eine Grafschaft zu führen, der dich darin unterweist, ein gerechter Anführer und gleichzeitig ein unbezwingbarer Krieger zu werden. Ein Mann, der Respekt ausstrahlt«, fuhr Godric fort.

»Aber Vater, warum kannst du uns nicht beide ausbilden? Hier gibt es doch genug Männer, die sich um uns kümmern könnten?«, fragte Edgar, der mit gespitzten Ohren zugehört hatte. Er wollte sich keine Gelegenheit entgehen lassen, seinen Vetter in einem Schlagabtausch zu besiegen, ob mit Waffen oder Worten.

»Misch dich nicht ein.« Godric wandte sich seinem Sohn nicht zu, während er sprach. »Ich habe mir schon eine Lösung einfallen lassen. Neffe, du wirst noch morgen früh zu dem Mann meiner Schwester reisen. Er wird dich unterrichten und einen fähigen Kämpfer aus dir machen.«

Nun war Warricks Interesse für einen Moment geweckt. Der Gedanke, seine Heimat zu verlassen, behagte ihm nicht. Aber welches Recht hatte er schon, sich zu widersetzen? Es war ja nicht für immer, redete er sich ein, und einen regelmäßigen Besuch würde man ihm gewiss nicht verwehren.

»Die Reise nach Frankreich ist lang und beschwerlich, also solltest dich bald zur Ruhe begeben.«

Godrics Worte hallten in seinem Kopf wider. Frankreich, für ein Kind eine unvorstellbare Entfernung, die er nicht überwinden konnte, fern von alldem, was er kannte.

Mit der Erlaubnis seines Onkels erhob Warrick sich von der Tafel, um die letzten Stunden auf der Burg seiner toten Eltern in seiner Kammer verbringen zu können.

Kapitel 1

Warrick ließ sein Pferd im Schritt gehen, er hatte es nicht eilig. Warum auch? Es gab niemanden, der ihn vermisste oder sich auf seine Rückkehr freute. Vor vierundzwanzig Jahren hatte er dieses Land verlassen, war fortgeschickt worden aus Cheshire, der kleinen englischen Grafschaft, in der er geboren wurde. Hier hatten seine Eltern gelebt, und hier waren sie auch gestorben.

Es waren so viele Jahre vergangen, bis sein Onkel, der Lord of Cheshire, nach ihm hatte schicken lassen. Warrick war dem Ruf nur widerwillig gefolgt. Er hatte nicht vergessen, was Godric einst für ihn getan hatte, wie er für ihn da gewesen war in seinen schlimmsten Stunden. Doch er hatte ihn fortgeschickt und ihm gesagt, er würde sich um alles kümmern. Nicht ein Mal in all den Jahren, die Warrick im Ausland verbracht hatte, hatte er vom Rest seiner Familie gehört. Niemand hatte ihm eine Nachricht geschickt oder versucht, ihn zurückzuholen. Er hatte ganz allein in einem fremden Land bei fremden Menschen aufwachsen müssen.

Nein, korrigierte Warrick sich selbst. Er war nicht ganz allein gewesen. Wie zur Bestätigung blickte er sich um. Conor O´Brain, ein Ire durch und durch, war bei ihm. Sie hatten sich gleich nach seiner Ankunft in Frankreich kennengelernt. Zusammen hatten sie die täglichen quälenden Aufgaben des Gutsbesitzers gemeistert, hatten sich gegenseitig Kraft geschenkt. Für die Menschen, bei denen er wohnte, war es egal, ob er ein entfernter Verwandter war, sie behandelten ihn genau wie alle anderen auch.

Das war schon lange her, viel zu lange, um sich jetzt noch darüber Gedanken zu machen. Er und O´Brain waren keine Jungen mehr, die man herumschubsen konnten. Ihre Schwerter waren weit über die Grenzen Frankreichs hinaus gefürchtet, auch in ihren Heimatländern wusste man, wer sie waren.

»Ich verstehe nicht, was wir hier wollen«, erklang Conors tiefe Stimme.

»Das, mein Freund, kann ich dir selbst nicht erklären.« Warrick wandte seinen Blick von den Bäumen um sie herum ab und sah den Iren an. War dieser Wald schon immer so dicht gewesen? Er konnte sich nicht daran erinnern.

»Wenn du mich fragst, hätten wir die Nachricht deines Onkels einfach ignorieren sollen. Er hat die Macht an sich gerissen, also sollte er sich auch um seine Probleme allein kümmern.« Es war offensichtlich, dass Conor ihr Ausflug nach England nicht gefiel.

»Bisher habe ich noch nicht zugestimmt, ihm zu helfen«, wehrte Warrick ab. Er hatte lange mit sich selbst gehadert, zurückzukehren. Was ihn letztlich dazu bewogen hatte, war die Aussicht, endlich dem Mörder seiner Eltern zu begegnen, seinen Schwur aus Kindertagen erfüllen zu können und seinen Vater und seine Mutter zu rächen.

»Dann bringen wir es endlich hinter uns.« Conor wollte seinem Pferd die Sporen geben, als sich plötzlich die Ereignisse überschlugen. Ein Mann tauchte vor ihnen auf. Wie aus dem Nichts stand er mit wild rudernden Armen mitten auf dem Weg.

Noch bevor Warrick sich fragen konnte, was das sollte, verspürte er einen heftigen Schlag. Anscheinend war jemand von oben direkt auf ihn gesprungen und traf mit dem Ellbogen seine Schulter. Gleichzeitig klammerte sich dieser Angreifer an ihm fest, um ihn aus dem Sattel zu ziehen.

Doch der Fremde hatte nicht mit seiner Stärke gerechnet. Geschickt verlagerte er sein Gewicht nach hinten, sodass sein Gegner keine Möglichkeit hatte, ihn mit sich vom Pferd zu reißen.

Warrick griff nun selbst nach dem Jungen, denn er konnte nicht viel älter sein, so schmächtig, wie er war. Er verwarf den Gedanken, sein Schwert zu ziehen, das würde er nicht brauchen. Sein Gegner hatte sich eine Mütze tief ins Gesicht gezogen, sodass er nicht zu erkennen war.

»Da müsst ihr schon früher aufstehen, um uns zu überfallen«, meinte Warrick, wusste jedoch sofort, dass er das Falsche gesagt hatte. Der Junge griff blitzschnell mit seiner freien Hand an seinen Hals. Er bekam Warricks Kette zu fassen, riss ihm diese vom Hals und machte gleichzeitig einen Satz nach oben. Das alles wäre kein Problem gewesen, wenn sein Pferd nicht auf einmal den Drang verspürt hätte, zu steigen. Warrick bemerkte, wie ein weiterer Angreifer mit einem Ast auf die Brust seines Tieres schlug, sodass dieses sich erschrocken auf die Hinterläufe stellte. So abgelenkt, lockerte Warrick kurz seinen Griff, was der Angreifer ausnutzte und sich befreite. Einen Wimpernschlag später war er nach oben gesprungen und im Dickicht der Bäume verschwunden, sein Kumpan war ebenso weg.

Verblüfft und verwirrt von diesem Überfall, suchte Warrick nach seinem Gefährten. O´Brain stand nicht weit entfernt auf dem Weg, sein Pferd neben ihm. Er schien genauso erstaunt.

»Ich glaube, wir haben das Problem deines Onkels gefunden«, meinte Conor und schwang sich wieder in den Sattel.

Warrick stimmte ihm zu. Diese Räuber hatten das nicht zum ersten Mal gemacht, sie waren aufeinander eingespielt gewesen, hatten genau gewusst, was sie tun mussten. Ihre Erfahrung sprach für sich.

Es war bisher noch nie jemandem gelungen, einen Überfall auf ihn und Conor erfolgreich zu Ende zu bringen. Diese halbe Portion hatte es nicht nur gewagt, auf ihn zu springen, er hatte ihm auch noch den einzigen Besitz genommen, an dem Warrick wirklich etwas gelegen war. Die Kette seiner Mutter. Seit ihrem Tod hatte er sie immer bei sich getragen, sie nie abgelegt.

Das Schmuckstück hatte ihn nicht nur an die Frau erinnert, die ihn stets behütet hatte, es war auch eine Erinnerung daran, dass sie ihm so früh genommen worden war.

Als sie durch das Tor ritten, fiel die Begrüßung eher verhalten aus. Die Wachen im Hof machten nicht den Eindruck, als ob sie ihrer Arbeit nachkämen. Sie lehnten an der Mauer, unterhielten sich und schenkten den Fremden nur wenig Aufmerksamkeit.

Warrick erfasste die Situation und schüttelte den Kopf. Was war nur aus dem Besitz seiner Eltern geworden? Hühner liefen frei herum, hinterließen überall ihren Dreck, Kinder saßen in schmutziger Kleidung auf den Stufen zur Burg und warfen mit Steinen. Niemand machte Anstalten, die Neuankömmlinge nach ihrem Anliegen zu fragen.

Warrick lenkte sein Pferd in Richtung der Stallungen. Aus seiner Kindheit hatte er das Gebäude als einen großen aus Stein errichteten Bau in Erinnerung, immer gepflegt und erfüllt mit Leben. Was er jetzt sah, ließ ihn kurz innehalten. Das große Stalltor war verschwunden, Überreste davon lehnten an der Mauer, ein übler Geruch von altem Mist wehte ihnen entgegen. Das Dach war an mehreren Stellen löchrig, und man konnte die Sonne durchscheinen sehen.

»Das hier ist dein Zuhause?« O´Brain zog skeptisch eine Augenbraue nach oben.

»War«, korrigierte Warrick ihn. Dieser Ort hier hatte nichts mit der fröhlichen und gepflegten Burg seiner Eltern gemein. Es war nur noch ein stinkendes, verkümmertes Loch.

»Lass uns mal sehen, wie es im Inneren aussieht«, schlug Warrick vor.

Sie banden ihre Pferde an einen Holzpfosten, die Überreste eines Zaunes, und betraten die Burg. Auch hier wurden sie von niemandem aufgehalten.

Am hohen Tisch saß ein einzelner Mann, seine Aufmerksamkeit war auf den Teller vor ihm gerichtet.

»Seit wann werden Gäste in Cheshire nicht mehr begrüßt?« Warricks Stimme dröhnte durch den leeren Raum.

Mit einem misstrauischen Gesichtsausdruck wandte der Mann sich ihm zu.

»Wer seid ihr?«, verlangte er zu wissen.

»Ich bin gerufen worden«, erklärte Warrick, ohne auf die Frage zu antworten.

»Ich habe nach niemandem geschickt, also verschwindet wieder. Wir haben nichts übrig für Bettler.«

Von Conor kam ein unterdrücktes Lachen. Die beiden Krieger wussten, dass es hier wenig zu holen gab. Vermutlich mussten die Bewohner selbst betteln gehen, um zu überleben.

»Wo ist der Burgherr?« Warrick ignorierte das überhebliche Auftreten des Mannes. Er ahnte, wer er war, wollte sich ihm aber nicht zu erkennen geben.

»Haben Sie nicht zugehört? Sie sollen von hier verschwinden!«

»Nein, ich glaube eher, dass du nicht begreifst, dass ich nicht mit einem kleinen überheblichen Wurm wie dir rede. Der Burgherr hat nach mir verlangt, also werde ich auch nur mit ihm sprechen.« Seine Geduld neigte sich dem Ende zu. Nur zu gerne hätte er seinen Frust über den Verlust seiner Kette und den Zorn, der ihn beim Anblick seines ehemaligen Heims überkam, an seinem Vetter ausgelassen. Er wusste, dass es unfair war, aber es war der Zorn, der ihn beherrschte.

Es war Edgars Glück, dass in diesem Moment ein älterer Mann den Saal betrat. Sich schwer auf seinen Stock stützend, kam er näher. Das Haar war grau, und die einst so vollen Wangen waren eingefallen. Dennoch erkannte Warrick seinen Onkel sofort. Godric Johnson, der jetzige Lord, strahlte, trotz seiner gebrechlichen Erscheinung und seinem hinkenden Bein, dieselbe Autorität aus wie früher.

»Du bist ein beeindruckender Mann geworden«, begrüßte Godric seinen Neffen. Er humpelte näher, stellte sich zu seinem Sohn und gab ihm einen Klaps.

»Steh auf, du fauler Hund, und begrüße gefälligst deinen Vetter.«

Edgar schaute verwirrt drein. Es war offensichtlich, dass er nicht damit gerechnet hatte, Warrick wiederzusehen. Langsam erhob er sich und trat ihnen an der Seite seines Vaters entgegen.

»Ich hoffe ihr hattet eine angenehme Reise.« Godric sprach im Plauderton, doch sein Blick war ernst.

»Wenn wir von dem kleinen Zwischenfall kurz vor euren Toren absehen, war der Weg recht entspannt«, meinte Conor.

»Was soll das bedeuteten?« Edgar sah ihn misstrauisch an. Warrick fragte sich, ob sein Vetter überhaupt im Bilde war. Er sah nicht so aus, als ob er wüsste, dass sein Vater nach Hilfe geschickt hatte.

»Das bedeutet, dass wir überfallen wurden.« Die Stille, die nach Warricks Worten herrschte, war trügerisch. Wie er und O´Brain bereits vermutet hatten, war genau das der Grund, aus dem sie gerufen worden waren.

»Sie sprangen direkt aus den Bäumen auf uns. Es war ein Hinterhalt. Leider sind sie uns entwischt.«

»Das ist typisch für Yoricks Leute«, meinte Edgar.

»Für wen?«, hakte Warrick nach.

»Eine Bande von Räubern. Ihr Anführer Yorick schickt sie aus. Ein lästiges Übel, aber nichts, worüber man sich aufregen müsste.«

»Verflucht noch mal Sohn, red nicht so einen Unsinn. Diese Bande ist eine Plage, sie treiben uns in den Ruin!«, brauste Godric auf.

»Kommt, setzen wir uns erst einmal.« Er führte sie an den Tisch und nahm den Platz des Lords ein.

»Ist das der Grund, warum es hier so aussieht?«, wollte Warrick wissen.

»War eine Frau bei dem Überfall dabei?« Edgar ging weder auf die Zurechtweisung seines Vaters noch auf die Frage ein.

Conor und Warrick sahen sich kurz an und schüttelten dann die Köpfe. Sie hatten beide bemerkt, dass Edgar versuchte, sie abzulenken, ließen ihn aber fürs Erste gewähren.

»Was hätte denn eine Frau bei solch einer Bande zu suchen?«, fragte Conor belustigt.

»Lacht nur, solange ihr noch könnt. Dieses Weib ist die Schlimmste von allen.« Godric lehnte sich in seinem Stuhl zurück und streckte sein Bein aus.

»Elinor ist die Geliebte von Yorick und wird oft vorgeschickt. Was deutlich zeigt, wie harmlos diese Bande ist«, spielte Edgar die Sache runter. »Ich meine, wer lässt sich schon von einer Frau ausrauben?« Er lachte überheblich.

Warrick versuchte, das Gehörte einzuordnen, genauso wie das, was nicht gesagt worden war. Sein Onkel schien wirklich besorgt, ganz im Gegensatz zu Edgar.

Könnte es sein, dass der Dieb seiner Halskette eine Frau gewesen war? Er erinnerte sich, wie schmal er war und vor allem, wie leicht. Er hatte ihn kaum gespürt, während er an ihm hochgesprungen war.

Warrick hielt sich für den Rest des Gespräches bedeckt. Er überließ es Conor, die Unterhaltung zu führen. Der Ire war nicht nur außergewöhnlich groß, sondern verfügte zudem über das Talent, andere zum Sprechen zu bringen, ohne dass sie es wirklich bemerkten.

Mit seiner Vermutung hatte er richtiggelegen, sein Vetter hatte nichts von ihrem Besuch gewusst. Er war der Meinung, dass es in Cheshire keine Probleme gab und sein Vater Gespenster sah. Doch die Tatsache, dass die ganze Burg vor sich hin verkümmerte, war nicht zu übersehen.

Nicht zum ersten Mal stellte Warrick sich die Frage, was hier vor sich ging und ob er das ernstlich wissen wollte. Vermutlich war es ein Fehler gewesen, zurückzukehren.

Nachdem sich das Gespräch dem Ende zugeneigt hatte, ließ Godric einen Jungen kommen, der seine Gäste in ihre Kammern bringen sollte.

Edgar hatte sich ebenfalls erhoben. Mit den Worten, dass er etwas erledigen müsse, verließ er die Halle. Warrick hatte auf diesen Moment gewartet, er wollte einen Augenblick ungestört mit seinem Onkel reden.

Er gab Conor ein Zeichen, sodass dieser dem Jungen folgte.

Godric machte Anstalten, sich zu erheben, doch Warrick bedeutete ihm, sitzen zu bleiben. Er hatte gesehen, wie schwer es dem alten Mann fiel, aufrecht zu stehen.

»Was ist mit dem Mörder meiner Eltern?« Die Frage hatte ihm schon lange auf der Seele gebrannt. »Du hattest mir zugesichert, mich zu informieren, sobald du etwas erfahren würdest.«

Warrick sah es in seinen Augen. Das, was er nun zu hören bekam, würde ihm gar nicht gefallen.

»Ja, das hatte ich, leider ließen die Umstände es nicht zu«, versuchte Godric ihn zu beschwichtigen.

Warrick nickte.

»Die Mörder deiner Eltern wurden gefasst, vor Jahren schon.«

»Was ist mit ihnen passiert?«

»Sie sind tot.«

Warrick presste die Zähne aufeinander. Er war nicht traurig über den Tod dieser Mörder, er war wütend, weil er seinen eigenen Schwur nicht hatte halten können. Es wäre seine Pflicht gewesen, seine Eltern zu rächen.

»Es tut mir leid, dass wir dich nicht benachrichtigen konnten. Wir hatten sie entlarvt, doch anstatt sich zu ergeben, haben sie lieber den leichten Weg gewählt. Sie haben ihr eigenes Heim angezündet und sind dabei verbrannt, wie Feiglinge.« Godric schien wirklich betroffen.

»Sie haben nichts anderes verdient.« Warrick wollte gehen. Er brauchte Zeit für sich, als sein Onkel ihn noch einmal zurückhielt.

»Dieser Yorick hatte etwas damit zu tun.«

Warrick hielt mitten im Schritt inne, versuchte jedoch, eine neutrale Miene zu bewahren.

»Er war wohl ausschlaggebend an dem Plan, deine Eltern zu ermorden, beteiligt.«

»Danke.« Warrick zog sich zurück. Es gab einiges, worüber er nachdenken musste, und im Anschluss wollte er sich mit Conor besprechen.

Kapitel 2

Das Gefühl der Enttäuschung ließ nicht nach. Auch wenn der Überfall geglückt war und dabei niemand verletzt worden war, hatten sie keine große Beute gemacht.

Elinor hielt die Halskette in der Hand, die sie dem Fremden vom Hals gerissen hatte. Sie saß an einen Baum gelehnt mit untergeschlagenen Beinen und konnte es nicht fassen. Beinahe wären sie und ihre beiden Männer Garvin und Jacobs nicht davongekommen. Es war nicht das erste Mal, dass sie nur knapp hatten entrinnen können, doch diesmal hatte sie die beiden Reisenden gründlich unterschätzt. Sie hatten sich nicht so leicht überrumpeln lassen, hatten sich deutlich heftiger gewehrt als ihre anderen Opfer. Und dann war bei ihnen noch nicht einmal etwas zu holen gewesen, nichts als eine Halskette.

Elinor hielt das Schmuckstück gegen die Sonne und betrachtete den Anhänger von allen Seiten. Es war ein kleines schlichtes Kreuz aus Gold, kaum von Wert. Sie konnte es höchstens gegen etwas Obst oder Gemüse eintauschen.

Warum trug ein Mann die Kette einer Frau um den Hals? Vielleicht war es ein Geschenk seiner Ehefrau, um ihren Mann an sie zu erinnern, wenn er in den Kampf zog?

Sie wusste es nicht, und es spielte auch keine Rolle. Es kümmerte sie nicht, was einen fremden Mann dazu bewog, Schmuck zu tragen. Er und sein Begleiter hatten den Weg zur Burg eingeschlagen, vermutlich Freunde des Lords. Sympathisanten und somit potenzielle Opfer. Elinor hoffte, dass die beiden nur die Vorhut waren und weitere folgen würden, hoffentlich solche mit mehr Gepäck.

»Elinor!« Sie hörte, wie ihr Name gerufen wurde, und erhob sich. Ohne darüber nachzudenken, hängte sie sich die Kette um den Hals und verbarg sie unter ihren schwarzen Locken.

»Elinor!«

»Komme schon«, rief sie und rannte los.

Das Versteck der Räuberbande lag tief verborgen im Wald, umgeben von hohen Tannen, die im Winter wie im Sommer sämtliche Blicke fernhielten. In der Mitte des Lagers gab es einen kleinen Platz, an dem sie sich versammeln konnten, um sich gemeinsam am Feuer zu wärmen oder sich nett zusammenzusetzen. Zu Beginn hatte es nur eine kleine notdürftig gezimmerte Hütte gegeben. Mittlerweile waren es ein Dutzend kleinere Häuser aus Holz, die die Bewohner vor Wind und Wetter schützten. Sie waren so angelegt, dass sie einen Kreis um die Feuerstelle bildeten.

Elinor grüßte jeden, an dem sie vorbeikam, hielt aber erst an, als sie ihr Ziel erreicht hatte. Yorick stand vor einer der Hütten und wartete auf sie.

»Garvin hat mir bereits erzählt, was passiert ist«, begann er. »Das war definitiv viel zu riskant. Was hast du dir nur dabei gedacht?«

»Ohne Risiko wird es keine Veränderung geben. Oder möchtest du, dass das Volk von Cheshire verhungert, weil dieser feine Lord drüben in seiner Burg alles für sich behält?«, erwiderte Elinor wütend.

»Natürlich will ich das nicht, aber das, was du machst, ist gefährlich.«

»Du wiederholst dich.« Sie konnte es nicht mehr hören. Immer wieder dasselbe, mittlerweile musste Yorick doch wissen, dass sie alles tun würde, um eine gerechte Ordnung herzustellen.

»Ihr beide streitet ja wohl nicht schon wieder.« Die Stimme des alten Draga ertönte laut und deutlich neben ihnen. Er war langsam näher gekommen, gestützt auf seinen Stock.

»Wir haben nur eine kleine Meinungsverschiedenheit.« Elinor mochte den alten Mann, war er doch fast wie ein Vater für sie.

»Mir ist zu Ohren gekommen, dass der Überfall heute Morgen nicht sehr erfolgreich war.« Draga schien nicht enttäuscht, dennoch sah Elinor verlegen zu Boden.

»Nein, die beiden hatten nichts Wertvolles bei sich.«

»Oh doch, das hatten sie.« Der alte Mann lächelte geheimnisvoll.

»Nein, hatten sie definitiv nicht. Es gab keine gefüllte Geldbörse«, erklärte Elinor. »Oder redest du etwa von ihren Schwertern? Die hätten durchaus etwas wert sein können, würden sich aber schlecht eintauschen lassen. Es würde auffallen, wenn ein Dorfbewohner jemandem so eine Klinge zum Verkauf anbieten würde.«

Draga schüttelte den Kopf.

»Das meine ich nicht. Einer dieser beiden Fremden ist der Sohn des alten Lords.«

»Du scherzt.« Yorick schien erstaunt. Sie alle wussten, dass Godric Johnson nur vorübergehend den Titel Lord of Cheshire innehatte. Er war nach dem Tod seines Bruders eingesetzt worden.

»Das wird Edgar aber gar nicht gefallen. Immerhin plant er schon seit Jahren, seinen alten Herrn zu beerben«, meinte Elinor. »Der Neue wird das wohl kaum überleben.«

Sie rief sich noch einmal alle Einzelheiten des Überfalls ins Gedächtnis. Wer von beiden war es, der Hüne mit dem roten Schopf? Sie hatte ihn nur kurz beachtet, da ihr Ziel der zweite Reiter gewesen war. Sie hatte sich auf ihn konzentriert, hatte ihn beobachtet, wie entspannt er auf seinem Pferd gesessen hatte, die Zügel locker in einer Hand. Sein rabenschwarzes Haar war etwas länger als das der meisten Männer, die sie kannte, ein Merkmal, das ihr sofort ins Auge gestochen war.

»Wir mischen uns nicht ein. Sollen die sich selbst um ihre Angelegenheiten kümmern«, entschied Yorick.

»Ich halte das für keine gute Idee. Was, wenn der neue Lord noch schlimmer ist?«, warf Elinor ein. Sie wollte sich nicht zurücklehnen und den Dingen ihren Lauf lassen. Es konnte so viel passieren, worauf sie nicht vorbereitet wären.

»Schlimmer als jetzt? Nein, Ell, das ist nicht möglich.«

Elinor blieb skeptisch. Ihre Erfahrungen, die sie mit den Johnsons in der Vergangenheit gemacht hatte, ließen sich nicht verdrängen. Die ganze Familie war verdorben, dieser neu aufgetauchte Lord bildete mit Sicherheit keine Ausnahme.

»Du wirst dich raushalten.« Yorricks Worte waren an sie gerichtet. Er kannte sie genau und wusste offenbar, was in ihr vorging.

»Es wäre ratsam, etwas über ihn in Erfahrung zu bringen.«

»Wir werden schon genug hören«, behauptete Yorick.

Elinor blickte zu Draga, konnte in seinem Gesicht jedoch keine Regung erkennen. Der alte Mann hielt sich bedeckt. Sie nahm es ihm nicht übel, auch wenn sie es gerne gesehen hätte, dass er Partei ergriff. Immerhin hatte er die meiste Lebenserfahrung von ihnen.

Elinor zeigte sich zufrieden und verabschiedete sich mit den Worten, dass sie etwas zu essen holen wollte. Sie spürte deutlich die Blicke der anderen beiden im Rücken, während sie sich immer weiter entfernte. Sie brauchte Zeit, um sich zu überlegen, wie sie am besten vorgehen sollte.

Sie konnten in Cheshire nicht noch jemanden gebrauchen, der allen Dörflern das Geld raubte, um es in seine eigene Tasche zu stecken. Das würde sie nicht zulassen.

Es dauerte eine ganze Woche, bis Elinor die Gelegenheit bekam, den neuen Lord zu beobachten. Es hatte sich schnell herumgesprochen, dass Godrics Neffe zurück war. Anscheinend hatte er seinen Onkel bisher nicht von seinem Thron verbannt. Vermutlich wollte er sich erst einmal ansehen, über was für ein heruntergekommenes Land er herrschen sollte und ob es überhaupt noch etwas zu holen gab.

Elinor hatte gehört, dass dieser neue Johnson fast sein ganzes Leben im Ausland verbracht hatte. Er und der Krieger an seiner Seite hatten bereits viele Kämpfe ausgefochten und waren immer als Sieger daraus hervorgegangen. Sie wollte den Gerüchten keinen Glauben schenken, solange sie sich nicht selbst davon überzeugen konnte. Dass er sie bei ihrer ersten Begegnung beinahe gefasst hätte, zählte für sie nicht. Sie hatte sich von seiner schlichten Erscheinung täuschen lassen und ihn falsch eingeschätzt. Das würde ihr kein zweites Mal passieren.

Sie war am Morgen ins nahe gelegene Dorf gegangen, um den Bewohnern dort eine Kiste voll Gemüse zu bringen. Elinor hatte zusammen mit ein paar Männern am Vorabend einen Tross überfallen, der auf dem Weg zur Burg gewesen war. Die Kutsche mit Lebensmitteln hatte ein leichtes Ziel abgegeben.

Elinor verabschiedete sich gerade von einer Familie, als sie Hufgetrappel hinter sich hörte. Schnell wich sie in den Schatten der Häuser zurück, um nicht gesehen zu werden. Sie hatte kein Problem damit, es mit den schwächlichen Soldaten der Burg aufzunehmen, wollte aber den Ärger vermeiden. Am Ende würden die Bewohner dafür zur Rechenschaft gezogen werden.

Doch anstatt eines Trupps von Johnsons Männern war es der neue Lord selbst, der näher kam. Er und dieser Hüne, der mit ihm reiste, blieben mitten auf dem Dorfplatz stehen und sahen sich um.

Elinor konnte nicht verstehen, was die beiden sagten. Im Gegensatz zu dem, was Yorick von ihr verlangt hatte, wollte sie so viel wie möglich über den Fremden herausfinden. Sich weiter bedeckt haltend, schlich sie näher heran. Der Brunnen in der Mitte des Platzes bot ihr ein gutes Versteck.

»Hier müsste einiges gemacht werden«, hörte sie ihn sagen. Seine Stimme klang tief und schien bis in ihr Inneres widerzuhallen.

»Diese Räuberbande scheint wirklich vor nichts haltzumachen«, meinte sein Freund mürrisch.

»Das heißt, du bist für meinen Onkel?«

»Nein, ich kann ihn nicht leiden, aber noch weniger mag ich mitansehen, wie deine Heimat in sich zusammenfällt.«

Elinor hörte das verächtliche Schnauben. Anscheinend schob man ihnen die ganze Schuld zu. Sie sollten dafür verantwortlich gemacht werden, dass es diesem Teil des Landes so schlecht ging.

Das konnte sie nicht auf sich sitzen lassen. Niemand wusste genau, was vor sich ging, Cheshire verkam von Tag zu Tag mehr. Die Steuern wurden ständig angehoben, aber das Geld wurde nicht in die Erhaltung der Burg oder in den ausschweifenden Lebensstil des Lords gesteckt. Elinor vermutete schon seit Längerem, dass Edgar etwas damit zu tun hatte, konnte ihm aber bisher noch nichts nachweisen. Sie hatte bereits mehrfach versucht, ihn zu verfolgen, leider immer ohne Erfolg.

»Hey, bist du taub?«

Aufgeschreckt durch die Worte erhob Elinor sich von ihrem Platz hinter dem Brunnen. Schon wieder war sie so in Gedanken versunken gewesen, dass sie nicht auf ihre Umgebung geachtet hatte. Der neue Lord und sein Begleiter standen vor ihr und sahen sie fragend an.

»Nein, natürlich nicht, ich soll nur nicht mit Fremden sprechen.« Hoffentlich wurde sie nicht wiedererkannt.

»Schon gut, wir wollten dich nicht erschrecken. Mein Name ist Warrick Johnson, und das hier«, er deutete auf den Hünen, »ist Conor O´Brain.«

Ihr fiel auf, dass er sich nicht als Lord of Cheshire vorstellte.

Elinor tat so, als ob sie den beiden noch nie zuvor begegnet wäre und nichts über sie wüsste.

»Suchen Sie jemanden, oder sind Sie nur auf der Durchreise?«

»Eigentlich wollten wir uns nur einmal das Dorf anschauen, aber anscheinend sind die Bewohner nicht da«, erklärte Warrick. Er wirkte anders, nicht so düster wie der Rest seiner Familie.

»Um diese Tageszeit sind die meisten Dorfbewohner auf dem Feld. Es gibt viel Arbeit, die erledigt werden muss«, erklärte sie.

»Und warum bist du dann hier?«, fragte O´Brain. Er war deutlich misstrauischer.

Elinor wandte sich ihm direkt zu und erwiderte seinen Blick mit derselben Arroganz.

»Es gibt auch Aufgaben abseits der Felder.« Sie hoffte, dass die Männer sich damit zufriedengaben. Wenn nicht, musste sie sich etwas einfallen lassen, vielleicht konnte sie behaupten, Wäsche zu waschen. Aber wo waren dann die Körbe mit der schmutzigen Kleidung?

Elinor verstand sich selbst kaum mehr. Normalerweise war sie nicht auf den Mund gefallen, hatte immer eine passende Erwiderung parat. Doch heute schien ihr ihre Fähigkeit, sich aus allem herausreden zu können, abhandengekommen zu sein. Ein Umstand, der sie noch nervöser machte.

Das Lächeln, das Warrick ihr schenkte, verunsicherte sie noch weiter. Sie war es gewohnt, dass Männer sie als gleichwertig ansahen, sie so behandelten, als wäre sie eine von ihnen. Bisher hatte es sie nicht gestört, sie hatte nie über ihre Weiblichkeit nachgedacht, aber dieser neue Lord bedachte sie mit diesem seltsamen Gesichtsausdruck, den sie nicht deuten konnte.

»Dann wollen wir Euch nicht länger von Euren Tätigkeiten abhalten.« Seine Stimme war tief und schien förmlich zu vibrieren.

Elinor war nicht imstande zu antworten. Sie nickte nur und kehrte ihnen dann den Rücken zu. Sie widerstand der Versuchung, sich noch einmal umzuschauen, und steuerte geradewegs auf eine kleine Gasse zu, deren Ende vom Dorfplatz aus nicht einsehbar war. Dann rannte sie los, direkt in den nahe gelegenen Wald hinein. Sie lief so lange weiter, bis sie außer Atem war und stehen bleiben musste. Tief durchatmend versuchte sie, ihre wirren Gedanken zu ordnen.

Elinor wollte mehr über diese Männer erfahren. Sie musste herausfinden, was sie planten und was sie mit dem Land vorhatten. Sicher rührte auch ihre plötzliche Nervosität daher, dass sie die Absichten der Neuankömmlinge nicht abschätzen konnte. Ganz bestimmt hatte sie nichts mit dem bezaubernden Lächeln des Lords zu tun.

Kapitel 3

Nach ihrem Erkundungsritt brachten sie ihre Pferde in den heruntergekommenen Stall in der Burg. Der Anblick des Gebäudes war alles andere als schön. Warrick nahm sich vor, mit seinem Onkel über die Instandsetzung zu reden. Einiges war zu reparieren oder zu erneuern. Und auch diese berüchtigte Räuberbande würden sie schnell fassen.

Wenn Warrick sich die wenigen Wachen der Burg anschaute mit ihrer offensichtlichen Lustlosigkeit ihrer Verpflichtung gegenüber, war es kein Wunder, dass es hier so zuging. Was hier fehlte, war eine starke Hand, die den Männern Disziplin und Ordnung abverlangte.

»Die Kleine im Dorf hat dir gefallen«, bemerkte Conor plötzlich, während sie die Burg betraten.

»Red keinen Unsinn.« Warrick wollte das Thema nicht weiter vertiefen, sonst hätte er zugeben müssen, dass diese Augen, die wie Smaragde gefunkelt hatten, ihn mehr als nur fasziniert hatten.

»Ein bisschen Spaß im Heu würde dir guttun.« Conor würde ihn nicht in Ruhe lassen. »Ich meine, wie lange ist das jetzt her mit Celin?«

»Fang nicht schon wieder damit an!« Warrick warf ihm einen finsteren Blick zu.