Gesund mit Microgreens - Sebastian Vigl - E-Book

Gesund mit Microgreens E-Book

Sebastian Vigl

0,0

  • Herausgeber: Humboldt
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2021
Beschreibung

Microgreens setzen Trends in Spitzengastronomie und gesundheitsbewusster Ernährung. Sie heilen und nähren und wachsen als nachhaltiges Superfood direkt in der eigenen Küche. Das junge Grün von Pflanzen wie Basilikum, Erbse, Kresse, Linse, Radieschen oder Spinat ist gut erforscht, fördert eine gesunde Darmflora, verhilft zu mehr Leistungsfähigkeit, einer positiven Stimmung und gutem Schlaf. Es schützt vor Osteoporose und Diabetes und kann die Behandlung von Krebsarten unterstützen. Das Beste: Ihr Anbau ist sehr einfach und günstig. Die Heilpraktiker*innen Anne Wanitschek und Sebastian Vigl erklären in ihrem Ratgeber, wie man Microgreens richtig anbaut und bei welchen Erkrankungen und Beschwerden man sie anwenden kann. Mit ihren Rezeptideen lassen sich Gerichte mit einer gesunden Portion grüner Pflanzenkraft anreichern.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 151

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.

Beliebtheit




Das SPG-System für eine gezielte Versorgung mit Vitalstoffen

Als Microgreens können wir viele verschiedene Pflanzen anbauen – und die meisten davon haben interessante Wirkungen auf die Gesundheit. Wenn Sie die 29 Microgreens in diesem Buch kennenlernen, hätten Sie vielleicht am liebsten alle auf Ihrer Fensterbank. Aber das ist gar nicht nötig. Um Ihnen eine individuelle Auswahl zu erleichtern, haben wir das SPG-System entwickelt, das alle Microgreens dieses Buches in drei Kategorien unterteilt. In der ersten Kategorie S finden wir die Microgreens mit dem wichtigen Heilelement Schwefel, in der Kategorie P die proteinhaltigen Vertreter. Die Kategorie G vereint verschiedene Gemüse-, Getreide- und Gewürzpflanzen, die Sie als Microgreens anbauen können. Wenn Sie aus jeder Kategorie einen Vertreter anbauen und regelmäßig genießen, sind Sie mit den wichtigsten Vitalstoffen versorgt, die Microgreens uns bieten.

Kategorie SKategorie PKategorie GSchwefelhaltige MicrogreensProteinhaltige MicrogreensGemüse-, Getreideund GewürzpflanzenBrokkoli, Grünkohl, Knoblauch-Schnittlauch, Kohlrabi, Kresse, Mizuna, Radieschen, Rettich, Rotkohl, Rucola, ZwiebelAdzukibohne, Alfalfa, Bockshornklee, Erbse, Kichererbse, Linse, Mungbohne, RotkleeBasilikum, Buchweizen, Fenchel, Kapuzinerkresse, Koriander, Lein, Rote Bete, Sellerie, Sonnenblume, Spinat, Weizen

Gerne können Sie für Abwechslung sorgen und aus einer Kategorie auch mal andere Vertreter anbauen. Im Abschnitt „Empfehlungen für Krankheiten und Beschwerden“ (Seite 94) erfahren Sie, wie Sie bei speziellen Einsatzmöglichkeiten, Krankheiten oder Beschwerden Microgreens nach dem SPG-System wählen.

VORWORT

DIE GROSSE KEIMKRAFT KLEINER PFLANZEN ENTDECKEN

Wie Microgreens zu ihren Vitalstoffen kommen

Keimlinge, Sprossen und Microgreens – der Unterschied

Wasser aktiviert den Keimprozess

Dank Photosynthese: Vitalstoffe aus Licht

Gut für den Planeten: nachhaltiger Anbau

Die Genesung fördern und Gesundheit erhalten

Warum Gärtnern uns glücklich macht

Füttern der gesunden Darmflora

Verdauung und Regeneration stärken

Volle Keimkraft für kräftige Muskeln und Leistungsfähigkeit

Positive Stimmung und guter Schlaf

Entgiften und verjüngen: Detox, Entsäuerung, Anti-Aging

Senföle für ein schlagkräftiges Immunsystem

Hilfe bei Arthrose, Rheuma und entzündlichen Prozessen

Gesundheit für Gefäße, Herz und Kreislauf

Hormone und Sexualität natürlich regulieren

Starke Knochen: Schutz vor Osteoporose

Fettstoffwechsel verbessern und Übergewicht reduzieren

Gut geschützt vor Insulinresistenz und Diabetes

Demenz und neurodegenerativen Erkrankungen vorsorgen

Microgreens bei häufigen Krebsarten

MICROGREENS UND SPROSSEN RICHTIG ANBAUEN UND GENIESSEN

Die Fünf-Schritte-Methode für Microgreens

1. Behälter wählen

2. Behälter mit Erde füllen

3. Saatgut aussäen

4. Richtig bewässern – Schimmel vermeiden

5. Ernten

Inspirationen für den Genuss

Warum Genießen so wichtig ist

Frische Rezeptideen

Welche Microgreens passen zu mir?

SPG – drei Kategorien im gesunden Mix

Microgreens für Kinder

Empfehlungen für Krankheiten und Beschwerden

29 HEILSAME MICROGREENS IM PORTRÄT

Adzukibohnen

Alfalfa

Basilikum

Bockshornklee

Brokkoli

Buchweizen

Erbse

Fenchel

Grünkohl

Kapuzinerkresse

Kichererbse

Knoblauch-Schnittlauch (Knolau)

Koriander

Kresse

Lein

Linse

Mizuna

Mungbohne (oder Mungobohne)

Radieschen

Rettich (Daikon-Rettich)

Rote Bete

Rotklee

Rotkohl

Rucola

Sellerie

Sonnenblume

Spinat

Weizen

Zwiebel

ANHANG

Bezugsadressen

VORWORT

Liebe Leserin, lieber Leser,

was haben Sie heute gegessen? Sie kennen sicher den Satz: „Du bist, was du isst.“ In dieser Aussage steckt viel Wahres, wie uns die moderne Forschung zeigt. Was wir essen, beeinflusst, wie wir uns fühlen, wie viel wir leisten können, wie wir altern, ob und wann wir erkranken. Es verwundert also nicht, dass sich immer mehr Menschen kritisch mit ihrer Ernährung beschäftigen. Doch welche der vielen Fastenkuren, Diäten und Ratschläge sind richtig? Muss ich alles roh essen, macht mich mein tägliches Brötchen mit Marmelade unkreativ, oder soll ich lieber schmausen wie ein Steinzeitmensch? Wer sich gesund ernähren will, wird meist vor allem eines: verwirrt und verunsichert. Expertenmeinungen widersprechen sich häufig, neue Studien können jederzeit bislang sicher geglaubtes Wissen umwerfen.

Mit diesem Buch zeigen wir Ihnen, dass gesunde Ernährung einfach ist. Microgreens bieten hierfür einen tollen Ansatz, denn mit den kleinen Pflanzen können Sie mit geringem Aufwand viel für Ihre Gesundheit tun. Dafür müssen Sie auch Ihre Ernährung nicht auf den Kopf stellen. Sie essen weiter wie bisher, reichern Ihre Gerichte aber mit einer Portion grüner Pflanzenkraft an.

Sie geben Microgreens beispielsweise zu Ihrem Salat, in den Quark oder streuen sie über Risotto und Pasta. Das sieht nicht nur gut aus, weshalb die Spitzengastronomie schon länger mit den jungen Gemüsen und Kräutern arbeitet. Auch viele gesundheitsbewusste Menschen – und nicht zuletzt wir Heilpflanzenkundigen – haben die Microgreens entdeckt, denn sie strotzen vor Gesundheit, Kraft und Vitalität. Wenn wir sie verzehren, überträgt sich davon einiges auf uns. Dafür sorgen ihre Vital- und Heilstoffe, die uns regenerieren und gesund machen können.

In unserer Praxis in Berlin sehen wir immer wieder, dass Gesunderhaltung und Genesung am besten gelingt, wenn Menschen selbst aktiv werden und ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen. Das fördert nicht nur die psychische Fähigkeit, Widrigkeiten zu trotzen, sondern gibt den Selbstheilungskräften oft den entscheidenden Impuls. Um aktiv zu werden und für sich Sorge zu tragen, braucht es keine großen Gesten, schon kleine Taten können viel bewirken. Wer heilkräftige Microgreens für sich und seine Lieben zieht, geht schon viele Schritte in die richtige Richtung.

Mit Microgreens verbinden Sie das, was Sie jeden Tag sowieso tun, mit dem, was Sie gerne tun würden: Sie nehmen Ihre gewohnten Mahlzeiten ein und tun einfach, effektiv und genussvoll etwas Gutes für sich. Für den Anbau der kleinen Gemüse und Kräuter zu Hause brauchen Sie auch keinen grünen Daumen, die jungen Pflanzen stellen nur wenige Ansprüche: Etwas Erde, Wasser und einen hellen Platz in Ihrer Wohnung machen aus Samen essbare Heilpflanzen.

Wir wünschen Ihnen viel Freude bei Anbau und Ernte und natürlich alles Gute für Ihre Gesundheit!

Die Heilpraktiker

DIE GROSSE KEIMKRAFT KLEINER PFLANZEN ENTDECKEN

Frisch gekeimte Pflanzen haben es eilig, sie müssen sich rasch einen Platz an der Sonne erkämpfen. Eine geballte Ladung an Vitalstoffen erlaubt ihnen diesen Kraftakt. Wenn wir Microgreens verzehren, leisten diese Vitalstoffe ihren Dienst auch in uns: Sie fördern unsere Gesundheit, Vitalität und Genesung. Die Wissenschaft unterstreicht dies mit spannenden und überraschenden Forschungsergebnissen. Und schon vor dem Genuss können uns Microgreens helfen, denn bereits ihr Anbau kann heilsam sein.

Wie Microgreens zu ihren Vitalstoffen kommen

Wasser, Erde, Licht: Diese drei Zutaten machen aus trockenen Samen heilsame kleine Gewächse. Dahinter stecken keine Zaubereien, sondern natürliche Prozesse. Ein paar davon stellen wir Ihnen vor, besonders jene, die Sie zwischen Aussaat und Ernte in Ihrem heimischen Microgreenbeet selbst beobachten können.

Microgreens sind gleichzeitig nahrhafte Lebensund wertvolle Heilmittel.

Asklepios war ein viel gefragter Gott im antiken Griechenland, viele Menschen müssen ihn angerufen haben. In seinen Tempeln herrschte auch nachts keine Ruhe: Wer krank war, legte sich nicht selten in die steinernen Kultstätten und erwartete etwas vom Gott der Heilkunde. Wer nicht tödlich krank war, erhoffte Genesung von ihm – das Heilen Todgeweihter hatte der Göttervater Zeus ihm verboten.

Wegweisend für eine ganzheitliche Art, gesund zu bleiben und zu genesen, sind für uns seine Töchter. Panakeia soll als Göttin der Heilpflanzen gewirkt haben, Hygieia war die Göttin des gesunden Lebensstils, zu dem auch die richtige Ernährung zählt. Bei unserer therapeutischen Arbeit lassen wir uns von beiden inspirieren: In unserer Berliner Praxis verbinden wir Kräuterrezepturen mit Hinweisen für eine gesunde Lebensführung. Daher sind wir auch so von den Microgreens begeistert, denn sie vereinen beide Aspekte und sind gleichzeitig Heilmittel wie ein gesundes Lebensmittel.

Der amerikanische Biochemiker McCay war auf der Suche nach einem Wundergemüse – und wurde fündig.

Keimlinge, Sprossen und Microgreens – der Unterschied

Der amerikanische Biochemiker Clive McCay (1898–1967) war ebenfalls davon inspiriert, die Ernährung gesünder und natürlicher zu machen. Eine seiner wichtigen Erkenntnisse war, dass Kalorienreduktion die Lebensspanne von Tieren und Menschen verlängern kann. Übermäßiges Essen wirkt sich demnach unvorteilhaft auf unsere Genetik aus, richtig durchgeführte Fastenkuren und bewusstes Essen lassen unsere Zellen länger leben. Eine seiner in den 40er-Jahren des letzten Jahrhunderts veröffentlichten Publikationen beginnt mit einem provokanten Aufruf:

„Gesucht! Ein Gemüse, das in jedem Klima wächst, mit dem Nährwert von Fleisch konkurriert, in drei bis fünf Tagen reift, an jedem Tag des Jahres gepflanzt werden kann, weder Erde noch Sonnenschein benötigt, dessen Vitamin-C-Gehalt mit dem von Tomaten vergleichbar ist, dessen Herstellung keinen Abfall produziert, das mit wenig Hitze zubereitet werden kann und so schnell wie ein … Kotelett.“

Die Anforderungen, die McCay an das gesuchte Lebensmittel stellte, waren enorm. Vielleicht geht es Ihnen wie uns: Wir hätten gezweifelt, dass es eine Lösung für dieses Rätsel gibt. McCay hatte jedoch eine gefunden und seine Studien waren dafür verantwortlich, dass dieses Lebensmittel in den folgenden Jahrzehnten auf dem ganzen Globus gezüchtet und angebaut wurde: Sprossen.

Sprossen sind schnell angebaut. Die richtige Mischung aus Feuchtigkeit, Temperatur und Licht sorgt zunächst dafür, dass beim Keimprozess im Samen der Pflanzenembryo (auch Keimling genannt) heranwächst. Dabei durchbricht er die Samenhülle und wird dann – sobald er Richtung Licht zu wachsen beginnt – Sprosse oder Keimsprosse genannt. In seiner ursprünglichen Publikation bezog sich McCay vor allem auf die eiweißreichen Sprossen von Sojabohnen, er konnte sich jedoch bald vom Nährwert anderer Sprossenarten überzeugen.

Würde er noch leben, wäre er sicher von einem neuen Trend begeistert, der weltweit in der Fünf-Sterne-Küche, der Ernährungswissenschaft und bei Gesundheitsbewussten für Aufsehen sorgt. Anstatt die Sprossen schon nach wenigen Tagen zu ernten, lässt man sie noch etwas wachsen (bis zu zwei Wochen), grün werden und Blätter ausbilden. Man erhält dann keine Sprossen mehr, sondern Microgreens (deutsche Bezeichnung: Keimgrün bzw. Mikrogrün). Während Sie Sprossen auf einem Tuch oder in einem Glas anbauen können, benötigen Microgreens etwas Erde.

In ihrer gesundheitlichen Wirkung sind sich Sprossen und Microgreens sehr ähnlich, weshalb wir beim Schreiben dieses Buches auch viele Studien mit Sprossen berücksichtigt haben. Microgreens sind sogar noch etwas wertvoller, da sie mit ihren grünen Blättern viele Vitalstoffe bilden können.

Oben die Keimlinge, unten die Microgreens.

SPROSSEN

MICROGREENS

benötigen weder Erde noch Tageslicht

brauchen Erde und Tageslicht

meist farblos, schwach grün

intensiv grün gefärbt (Chlorophyll)

werden mit den Wurzeln verzehrt

Wurzeln werden nicht gegessen

Ernte nach zwei bis drei Tagen

Ernte nach einer Woche

Wasser aktiviert den Keimprozess

Kinder brauchen regelmäßig Nährstoffe, damit sie wachsen. Wenn der Nachwuchs früh das Haus Richtung Schule verlässt, achten die Eltern darauf, dass der Schulranzen mit Pausenbroten und Obst gefüllt ist. So bekommen die Kinder wertvolle Nährstoffe, Mineralien und Vitamine für ihre geistige und körperliche Entwicklung.

Eine Pflanzenmutter verfährt da ganz ähnlich: Sie packt ihrem Nachwuchs den Samen voll mit Proviant. Im Unterschied zu uns Menscheneltern weiß sie nicht, wann der Nachwuchs davon nascht. Kann sein, dass sich ihm erst nach zwei oder mehr Jahren die günstige Gelegenheit bietet, auf seinen Vorrat zurückzugreifen. Manche Samen können sogar noch länger ausharren, wie der in unseren Siedlungen häufige weiße Gänsefuß (Chenopodium album) – sein Samen keimt auch noch nach über 1700 Jahren.

Eine Mutterpflanze kann ihrem Nachwuchs also keine leicht verderblichen Bestandteile einpacken, doch vieles, was ein Pflanzenembryo zum Wachsen verbraucht, ist nicht lange haltbar. Dazu zählen z. B. Vitamine, viele Aminosäuren und kurzkettige Kohlenhydrate, die einen Samen anfällig für Schimmel und andere Organismen machen würden.

Enzyme verwandeln bei der Keimung Speicherstoffe in spezifische Vitalstoffe.

Die Natur hat für dieses Problem eine elegante Lösung gefunden: Die Mutterpflanze packt dem jungen Keimling alles in Form von Speicherstoffen in den Samen, damit er die für das erste Wachstum notwendigen Vitalstoffe mithilfe von Enzymen selbst daraus herstellen kann. Dieser Umwandlungsprozess geschieht während der Keimung.

Die Proteine, Kohlenhydrate und Fette seines Vorrats zerkleinern spezifische Enzyme, die sogenannten Hydrolasen, die wir uns als kleine Werkzeuge vorstellen können. Hydrolasen benötigen Wasser. Sobald sie mit Feuchtigkeit in Berührung kommen, aktivieren sie sich und damit den Stoffwechsel des Keimlings. Aus langkettigen Speichermolekülen schneiden sie kurzkettige Vitalstoffe, innerhalb kurzer Zeit kann damit der Vitamingehalt eines Keimlings beispielsweise um bis zu 600 Prozent ansteigen.

Im 18. Jahrhundert entdeckten Seeleute wie der britische Kapitän James Cook (1728–1779) dieses Phänomen. Er brauchte keine frische, aber verderbliche Nahrung mitzunehmen, um seine Mannschaft mit notwendigen Vitaminen zu versorgen. Er ließ stattdessen an Bord Sprossen wachsen, die er mit Regenwasser nährte. Daneben bildet ein Keimling sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe während der Keimung, für die wir uns besonders interessieren, denn sie haben viele gesundheitsfördernde Effekte.

Heranwachsenden Pflänzchen dienen sie vor allem als Schutz – nicht nur wir Menschen, auch viele Tiere wollen ihren Bedarf mit den wertvollen Nähr- und Vitalstoffen decken. Viele Inhaltsstoffe bremsen auch den Appetit von Tieren, junge Pflanzen bilden davon reichliche Substanzen aus. Auch davon lernen Sie in diesem Buch einige kennen, denn viele von ihnen helfen uns Menschen, gesund zu bleiben oder zu genesen.

Wasser verändert nicht nur den Inhalt, sondern auch die Gestalt von Samen, wie Sie beim Züchten Ihrer Microgreens bemerken werden. Diese saugen sich mit Wasser voll, bevor sie keimen, besonders bei den Samen von Hülsenfrüchten wie Bockshornklee oder Bohnen lässt sich das gut beobachten. Diese sind nach dem ersten Kontakt mit Wasser beinahe doppelt so groß. Beim Quellen wird die harte Schale gesprengt, die den Samen bis zur Keimung geschützt hat. Das ist wichtig, damit der Keimling seine Fühler in die Erde und Richtung Sonne strecken kann.

Während der Keimung bauen Enzyme nicht nur nützliche Stoffe auf, sondern auch ungünstige ab. Zu diesen zählen Stoffe, die unsere Verdauungsenzyme hemmen können (z. B. Trypsin- Inhibitoren), toxische Proteine wie die Lektine und Phytinsäure, die Mineralstoffe im Samen schützt, indem sie sich an diese bindet. Phytinsäure ist allerdings auch der Grund, warum wir Mineralien wie Eisen, Zink, Magnesium oder Kalzium aus vielen pflanzlichen Lebensmitteln nur schlecht aufnehmen können – der Komplex aus Mineralstoffen und Phytinsäure ist für uns nicht verdaulich. Mineralien aus Microgreens können wir hingegen gut aufnehmen, da ihre Phytinsäure bei der Keimung abgebaut wird. Auch andere Lebensmittel wie Nüsse und Getreide enthalten diese Säure, die Sie durch Einweichen jedoch leicht unschädlich machen können.

Für uns heilsame Pflanzeninhaltsstoffe bilden Keimlinge vor allem zur Verteidigung.

Nüsse und Getreide durch Einweichen aktivieren

Wasser erweckt Samen zum Leben – das nutzen wir beim Anbau von Microgreens aus. Auch andere Lebensmittel können durch Wasser aktiviert werden, dazu zählen insbesondere Nüsse wie Mandeln, Cashewkerne, Walnüsse, Hasel-, oder Pekannüsse, Hanfsamen und Getreidesamen wie Roggen, Quinoa, Dinkel, Hirse oder Buchweizen. Wenn wir sie vor dem Verzehr einweichen, erhöhen enzymatische Prozesse ihren Nährwert und die Bekömmlichkeit. Dafür genügen schon kurze Einweichzeiten von sechs Stunden – Sie können jeweils über Nacht das einweichen, was Sie am nächsten Tag benötigen. Übergießen Sie hierfür die benötigte Menge an Samen oder Nüssen mit mindestens dem doppelten Volumen an Wasser.

Phytinsäure hemmt die Mineralstoffaufnahme, kann jedoch durch enzymatische Aktivierung abgebaut werden.

Weitere ungünstige, weil leicht toxische oder unverdauliche Stoffe finden wir in vielen Hülsenfrüchten, zu denen z. B. Kichererbsen, Erbsen, Linsen oder Bohnen zählen. Diese beinhalten komplexe Eiweißstrukturen, die Fressfeinde abschrecken.

2020 entdeckte eine russische Forschergruppe, dass spezielle Eiweißstrukturen Erbsensamen unempfindlich gegenüber aggressiven Verdauungsenzymen machen. Da diese Eiweiße Allergien auslösen können, empfiehlt das Team um den Biochemiker Anton Nizhnikov, Samen von Erbsen und anderen Hülsenfrüchten vor dem Verzehr auskeimen zu lassen. Bei der Keimung wandelt der Keimling die für uns ungünstigen Eiweißstrukturen in wertvolle Aminosäuren und damit günstige Eiweißbausteine um.

An den grünen Spitzen der Radieschensprossen können Sie erkennen, dass die Photosynthese begonnen hat.

Dank Photosynthese: Vitalstoffe aus Licht

Kleine Pflanzen haben wenig Zeit, die Konkurrenz ist groß. Wer nicht rechtzeitig einen Platz mit ausreichend Licht erwischt, gedeiht nicht richtig oder geht ein. Aus diesem Grund hat das Größenwachstum für einen Keimling höchste Priorität. Sobald ausreichend Licht auf seine ersten Blätter trifft, ist er nicht mehr auf seinen begrenzten Proviant angewiesen, er kann sich mithilfe der Photosynthese selbst versorgen.

Photosynthese und der Gesundheitsfaktor Chlorophyll

Photosynthese ist der wohl erstaunlichste Prozess auf diesem Planeten, mit seiner Hilfe verwandeln Pflanzen und einige wenige Einzeller Licht in energiereiche Materie. Ohne diesen Prozess hätte nicht nur die Pflanze selbst, sondern auch jeder von uns nichts zu essen. Selbst für die Herstellung tierischer Lebensmittel werden pflanzliche Nährstoffe benötigt.

Wann die Photosynthese einsetzt, können Sie bei Ihren Microgreens genau erkennen, denn diese färben sich dann grün. Ab diesem Zeitpunkt sind die kleinen Pflänzchen auch ordentlich durstig, denn Wasser ist neben Kohlendioxid ein wichtiger Bestandteil, um mithilfe von Sonnenlicht Zuckerstoffe herzustellen.

Der Farbstoff Chlorophyll ermöglicht es den Pflänzchen, das Sonnenlicht besonders gut aufzunehmen und sorgt zudem für die grüne Färbung. Er ähnelt dem Aufbau nach unserem roten Blutfarbstoff, dem Hämoglobin. Dieses benötigt Eisen als zentrales Element, Chlorophyll hingegen Magnesium. Intensiv grüne und damit chlorophyllreiche Microgreens wie etwa der Grünkohl sind aus diesem Grund auch reich an Magnesium.

Die Wurzeln eines Keimlings machen sich dabei auf die Suche nach Wasser und wachsen stets Richtung Erdmittelpunkt. Wenn Sie einen Samen nach der Keimung drehen, sodass seine Wurzeln in die Luft zeigen, wird er diese bald wieder Richtung Erde wenden. Die Zellen seiner Wurzeln nutzen die Schwerkraft, um herauszufinden, wo oben und wo unten ist.

Die oberirdischen Zellen orientieren sich am Licht und schieben die Blätter der stärksten Lichtquelle entgegen. Sie werden auch beobachten können, wie Microgreens ihre Köpfchen der Helligkeit zuneigen. Die meisten bilden zunächst zwei Blätter, die sogenannten Keimblätter. Diese sind im Unterschied zu den später nachfolgenden Blättern wenig differenziert, wobei sich viele Keimblätter verschiedener Microgreensorten ähneln.

Die ersten Blätter der Microgreens heißen Keimblätter – sie sind besonders nahrhaft.

Microgreens werden meist im Keimblattstadium verzehrt – das hat einen guten Grund. Im Unterschied zu den späteren Blättern dienen die Keimblätter auch als Speicherorgan, sie sind reich an Nährstoffen. Die Keimblätter von Hülsenfrüchten wie Erbsen sind beispielsweise aufgrund ihres hohen Eiweißgehaltes beliebt.

Kommerzielle Hersteller ernten frische Microgreens meist erst nach dem Keimblattstadium. Sie haben dann schon ihre sortenspezifische Blattform, und sind damit gut zu unterscheiden. Die spätere Ernte hat auch einen wirtschaftlichen Grund: Microgreens mit vielen Blättern sind deutlich schwerer und bringen dadurch höhere Erträge.

Gut für den Planeten: nachhaltiger Lebensmittelanbau

Wenn wir Lebensmittel einkaufen, werden dafür jedoch nicht nur wir zur Kasse gebeten. Einen Teil des Preises für unsere tägliche Nahrung zahlen die Umwelt, Menschen in fernen Ländern und nachfolgende Generationen. Die momentane Agrarwirtschaft verbraucht viele Ressourcen – zu viele, wie Experten seit Jahrzehnten warnen. Damit wir satt werden, werden momentan auch noch zu große Mengen an wertvollem Wasser, Ackerboden oder Weidefläche verbraucht und zu viele Treibhausgase, Pestizide oder Herbizide freigesetzt.

Um den Anbau nachhaltiger zu gestalten, sollen Lebensmittel möglichst einen hohen Nährwert haben und dafür in unserer unmittelbaren Umgebung wachsen, um lange Transportwege einzusparen – und die Versorgung auch in Krisenzeiten wie der Covid- 19-Pandemie sicherzustellen. Die Ökolandwirtschaft bringt Produzenten und Konsumenten wieder näher zueinander, in vielen Städten entstehen Modellprojekte für eine urbane Landwirtschaft.