Gewinne für jedermann - J. David Stein - E-Book

Gewinne für jedermann E-Book

J. David Stein

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Beschreibung

Professionelle Vermögensverwaltung ist ein Buch mit 7 Siegeln … bis man die richtigen Fragen stellt. David Stein, selbst professioneller Vermögensverwalter, geht in seinem Buch dem Geheimnis der erfolgreichen Geldanlage in Form von 10 Fragen auf den Grund, darunter: Ist es Investition, Spekulation oder Glücksspiel? Wer nimmt die Gegenseite des Trades ein? Was braucht es, um erfolgreich zu sein? Wenn die Leser sich diese Fragen stellen und die Antworten darauf kennen, sind zwei enorm wichtige Ziele erreicht: a) Sie wissen, dass sie nicht allwissend sind; b) sie wissen, dass sie auf sich und ihr Wissen vertrauen können. Diese Grundlage, auf die auch Profis zurückgreifen, ebnet den Privatanlegern den Weg zum Börsenerfolg.

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J. DAVID STEIN

Die 10 wichtigsten Fragenauf Ihrem Weg zum Börsenerfolg

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel

Money for the rest of us: 10 questions to master successful investing

ISBN 978-1-260-45386-7

Copyright der Originalausgabe 2020:

Original edition copyright 2020 by McGraw-Hill Education. All rights reserved.

Copyright der deutschen Ausgabe 2020:

© Börsenmedien AG, Kulmbach

Übersetzung: Egbert Neumüller

Gestaltung Cover: Daniela Freitag und Johanna Wack

Satz: Andreas Schubert

Lektorat: Claus Rosenkranz

ISBN 978-3-86470-694-3

eISBN 978-3-86470-695-0

Alle Rechte der Verbreitung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Postfach 1449 • 95305 Kulmbach

Tel: +49 9221 9051-0 • Fax: +49 9221 9051-4444

E-Mail: [email protected]

www.boersenbuchverlag.de

www.facebook.com/boersenbuchverlag

Für LaPriel

Inhalt

DANKSAGUNGEN

EINFÜHRUNG

1WAS IST ES?

Wenn man ein Investment nicht erklären kann, sollte man es nicht tätigen

2IST ES GELDANLAGE, SPEKULATION ODER GLÜCKSSPIEL?

Ein einfacher Filter für die Aufteilung des Anlage-Universums

3WELCHER VORTEIL WINKT?

Faustregeln zum Abschätzen von Investmentrenditen

4WELCHER VERLUST DROHT?

Faustregeln zum Abschätzen von Risiken

5WER STEHT AUF DER ANDEREN SEITE DES TRADES?

Einschätzen, was der Verkäufer über ein Investment weiß

6WAS IST DAS ANLAGEVEHIKEL?

Die Beurteilung von börsennotierten Fonds, Investmentfonds und anderen Anlagepapieren

7WAS BRAUCHT MAN, UM ERFOLGREICH ZU SEIN?

Erkennen, was das Ergebnis von Investments bestimmt

8WER SAHNT DABEI AB?

Managementgebühren und Steuern

9WIE WIRKT ES SICH AUF IHR PORTFOLIO AUS?

Asset Allocation

10SOLLTEN SIE INVESTIEREN?

Die Anwendung des Investmentrahmens

FAZIT

GLOSSAR

BIBLIOGRAFIE

ANMERKUNGEN

Danksagungen

Dank an Bernadette Jiwa, die auf den Buchtitel „Money for the Rest of Us“ kam, und an meinen Agenten Paul Lucas, der mich motivierte, das Buch zu schreiben – vier Jahre nachdem es einen Titel hatte. An meinen Lektor Noah Schwartzberg, der an mein Projekt glaubte und es unterstützte. An meine Söhne Bret und Camden für die zahllosen Stunden, in denen sie mir beim Korrigieren halfen. An die Zehntausenden Zuhörer des Podcasts „Money for the Rest of Us“ für ihre Unterstützung, ihre Fragen und ihre Ideen. An die 1.000 Mitglieder von „Money for the Rest of Us Plus“ dafür, dass sie da sind, denn wir helfen uns gegenseitig auf unseren jeweiligen Reisen durch die Welt der Finanzen. Besonderer Dank an diejenigen Plus-Mitglieder, die als frühe Leser fungierten, für ihre aufrichtigen Rückmeldungen, die das Buch verbessert haben: Catherine Anderson, Kent Baggett, Justin Belk, James Blandford, Robin Crisler, Marc DuVal, Christopher Ellis, Peter Forint, Simon Gogolin, Greg Golich, Anthony Indovina, Julia Khanova, Paul LaFrance, Mick Parent, Joseph Pelusi, Kathleen Pritchard, Michael Reese, Joe Talbert, David Toberisky, Dr. Alexander Walkhoff, Matt Weiser und ein Mitglied, das anonym bleiben möchte.

Einführung

DIE ZEHN FRAGEN

1.Was ist es?

2.Ist es Geldanlage, Spekulation oder Glücksspiel?

3.Welcher Vorteil winkt?

4.Welcher Verlust droht?

5.Wer steht auf der anderen Seite des Trades?

6.Was ist das Anlagevehikel?

7.Was braucht man, um erfolgreich zu sein?

8.Wer sahnt dabei ab?

9.Wie wirkt es sich auf Ihr Portfolio aus?

10.Sollten Sie investieren?

Vor einigen Jahren lernte ich auf unserer Farm in Teton Valley im US-Bundesstaat Idaho einen Kammerjäger kennen. Das 30 Hektar große Grundstück und das Ferienhaus bieten beeindruckende Aussichten auf Gerstenfelder und auf die Berge der Teton Range. Rothirsche und Elche streifen durch das Land, Berghüttensänger flattern von Baum zu Baum.

Mit unserem Traumobjekt gab es zwei Probleme. Erstens Mäusebefall im Haus – deshalb der Kammerjäger. Das zweite Problem war ernsterer Natur. Eine aufgegebene Kiesgrube ein Stück die Straße hinunter und auf der anderen Seite, die fast zehn Jahre lang stillgelegen hatte, war nun wieder vollumfänglich in Betrieb. Alle paar Minuten fuhr ein mit Kies beladener Kipplaster an unserem Haus vorbei und wirbelte Staub auf. Die Stille, die uns an diesen schönen Flecken gelockt hatte, war Geschichte. Zwölf Stunden am Tag war ein Steinbrecher in Betrieb. Das gute Geschäft, das wir gemacht hatten, als wir die Farm am Tiefpunkt des Immobilienkollapses gekauft hatten, erschien nun nicht mehr so attraktiv.

Der Kammerjäger und ich unterhielten uns, während er im ganzen Haus Fallen aufstellte. Ich erwähnte, dass ich institutioneller Anlageberater gewesen war und nun Privatpersonen in meinem Podcast und in meiner Mitgliedervereinigung zu den Themen Geld, Geldanlage und Wirtschaft schulte.

Er wandte sich zu mir und fragte: „Wie viel kann man pro Jahr verdienen, indem man in Aktien investiert?“

Bevor ich etwas erwidern konnte, beantwortete er seine Frage selbst: „Ich halte 80 Prozent für vernünftig.“

Es stellte sich heraus, dass er in jenem Jahr seine erste Aktie gekauft hatte und dass diese um mehr als 80 Prozent gestiegen war. An diese Rendite knüpfte er nun seine Erwartungen. Von meinem Versuch, ihm zu erklären, wovon Aktienrenditen abhängen und weshalb seine Erwartungen um den Faktor 10 zu hoch waren, ließ er sich nicht überzeugen.

FEHLER BEI DER GELDANLAGE SIND NORMAL

Sowohl der Kammerjäger als auch ich machten bei der Geldanlage Fehler. Seiner bestand darin, dass er nicht wirklich begriff, wie Aktien funktionieren, sodass seine Erwartungen unrealistisch waren. Meiner bestand darin, dass ich mich in ein Immobilienobjekt verliebt hatte, ohne mich ausreichend über den Status der nahegelegenen Kiesgrube zu erkundigen. Dass man bei der Geldanlage Fehler macht, ist normal. Alle Anleger, auch die Manager erfolgreicher Hedgefonds, machen Fehler. Der renommierte Investor und Markttechniker Ned Davis hat einmal gesagt: „Es ist unser Beruf, Fehler zu machen. Der einzige Unterschied zwischen den Gewinnern und den Verlierern ist, dass die Gewinner kleine Fehler und die Verlierer große Fehler machen.“1

Als Privatpersonen, die für die Rente sparen und investieren, müssen wir uns mit der Tatsache anfreunden, dass wir dabei einige Fehler begehen werden. Wir dürfen uns von der Angst davor nicht davon abhalten lassen. Gleichzeitig können wir uns große Fehler beim Investieren nicht leisten. Auf diesem Gebiet zu den Verlierern zu gehören bedeutet, dass einem im Ruhestand das Geld ausgeht oder dass man gar nicht erst in den Ruhestand gehen kann. Im Laufe meiner Anlegerkarriere habe ich mit Hunderten Vermögensverwaltern gesprochen, mit Aktienanlegern, Anleihemanagern, Hedgefonds-Managern und Wagniskapitalgebern, um zu verstehen, wie sie investieren. Ich bat sie immer, mir ein Beispiel für einen Investmentfehler zu nennen, den sie gemacht hatten, und mir zu sagen, was sie daraus gelernt hatten. Ich habe aber nicht nur aus den Fehlern anderer Anleger gelernt, sondern auch aus meinen eigenen. Ich habe Dutzende verschiedenartige Stiftungen mit einem Milliardenvermögen beraten und ihnen Finanzempfehlungen gegeben. Manche meiner Empfehlungen funktionierten, während andere Fehler waren. Als leitender Portfolio- und Anlagestratege war ich für das Tagesgeschäft eines zwei Milliarden Dollar schweren Investmentportfolios verantwortlich und steuerte es durch die globale Finanzkrise des Jahres 2008, wobei Kunden und Partner jede Bewegung des Portfolios beurteilten und kritisierten, einschließlich meiner Fehler.

Warren Buffett, einer der erfolgreichsten Anleger aller Zeiten, hat einmal gesagt, dass wir uns zu viel zu sehr wegen unserer eigenen Fehler fertigmachen.2 Und doch tun wir es alle. Ich erinnere mich an meine Investmentfehler weitaus besser als an meine Erfolge. Ein Grund, weshalb wir so hart zu uns sind, was unsere Fehler angeht, ist die Tatsache, dass es uns schwerfällt, ein schlechtes Ergebnis von dem Entscheidungsfindungsprozess zu unterscheiden.

Die professionelle Pokerspielerin und Spezialistin für Entscheidungsfindung Annie Duke schreibt in ihrem Buch „Thinking in Bets: Making Smarter Decisions When You Don’t Have All the Facts“: „Eine Entscheidung wird nicht dadurch großartig, dass sie ein großartiges Ergebnis bringt. Eine großartige Entscheidung ist das Ergebnis eines guten Prozesses. […] Entscheidungen sind Wetten auf die Zukunft und sie werden nicht dadurch richtig oder falsch, ob sie bei irgendeiner bestimmten Iteration gut ausgehen. Ein unerwünschtes Ergebnis macht unsere Entscheidungen nicht falsch, wenn wir im Voraus über die Alternativen und Wahrscheinlichkeiten nachgedacht und unsere Ressourcen entsprechend verteilt haben.“3 Manchmal funktionieren Investments nicht wie erwartet, aber das heißt nicht, dass sie ein Fehler waren, wenn die Entscheidung gut durchdacht war. Wir müssen das nehmen, was wir aus Erfahrungen lernen können, und dann zur nächsten Investmentchance übergehen.

SIE SIND EIN PORTFOLIOMANAGER

Was die Geldanlage angeht, sind Sie und ich Portfoliomanager. Portfoliomanager vergleichen verschiedene Investmentgelegenheiten und teilen Geld unter ihnen auf. Ein Hauptziel dieses Buches ist es, Ihnen einen Rahmen beizubringen, einen guten Prozess, um diese Allokationsentscheidungen so zu treffen, dass selbst dann, wenn es gelegentlich schlecht ausgeht, die Auswirkungen auf das finanzielle Auskommen gering sind. Angesichts extremer Unsicherheit kann einem ein disziplinierter Anlageprozess Zuversicht und Seelenfrieden schenken, während andere von der Vielzahl der finanziellen Wahlmöglichkeiten überwältigt sind oder beim neuesten Kursrutsch an der Börse in Panik verfallen. Disziplinierte Geldanlage kann einem helfen, die Angst zu überwinden, man könnte Fehler machen, und dabei größere Fehler zu vermeiden.

EIN BUCH DER ANDEREN ART ÜBER GELDANLAGE

Inzwischen manage ich nicht mehr beruflich Geld. Jetzt ist meine größte finanzielle Herausforderung die gleiche wie Ihre: dafür sorgen, dass ich genug Geld für den Ruhestand habe und dass meine finanziellen Mittel ausreichen. In den letzten fünf Jahren betrieb ich einen der beliebtesten Investment-Podcasts der Welt: „Money For the Rest of Us“. De Hörer fragen mich oft, ob ich ihnen ein Buch empfehlen könne, aus dem sie lernen können, wie man sein Geld anlegen soll. Natürlich gibt es eine ganze Menge Bücher über Geldanlage. Viele sind für Anfänger gedacht und geleiten den Leser durch die Schritte, ein Wertpapierdepot anzulegen, erklären, was ein Indexfonds ist, und besprechen, weshalb es so wichtig ist, zu sparen und zu diversifizieren. Andere Investmentbücher befassen sich mit den wesentlichen Details des Versuchs, die Börse mittels Value-Investing, Momentum-Investing, Optionshandel, Devisenhandel oder durch den Aufbau eines Immobilienportfolios zu schlagen.

Das vorliegende Buch ist anders. Es enthält zwar eine ganze Menge Informationen über diverse Anlagestrategien, aber sein Hauptziel besteht darin, einen Schritt zurückzutreten und Ihnen vorzuführen, wie man Anlagechancen in der Weise beurteilt, dass man grundsätzlich entscheiden kann, ob man mit Optionen handeln, ein Immobilienportfolio aufbauen oder versuchen sollte, den Aktienmarkt zu schlagen, indem man investiert wie Warren Buffett. Den Rahmen für das Buch bilden zehn Fragen, die sich auf die Analyse jeglicher Geldanlage beziehen – damit Sie gravierende Fehler vermeiden und Ihre Chancen erhöhen können, von erfolgreichen Investments gleich welcher Art zu profitieren. Kurz gesagt: Dieses Buch ist für Anleger gedacht, die sich auf Portfolios und Anlageklassen konzentrieren, die genügend Disziplin bewiesen haben, für die Rente Geld zu sparen und anzulegen, und die sicherstellen wollen, dass sie alles tun, um ihr Vermögen selbstsicher zu bewahren und zu mehren.

WAS SIE LERNEN WERDEN

In Wahrheit braucht man kein Fachmann zu sein, um erfolgreich Geld anzulegen. Wir sind in der Lage, uns durch viele komplexe Bereiche zu bewegen, ohne Experten dafür zu sein. Wir schaffen es zum Beispiel, unseren Haushalt und unsere Berufstätigkeit zu managen, durch die Welt zu reisen und eine Sportart zu betreiben. Wir bewegen uns anhand von Faustregeln durch die Komplexität: Heuristiken, nach denen sich unser Handeln richtet. In diesem Buch vermittele ich Ihnen Faustregeln, nach denen sich Ihre Anlageentscheidungen richten können.

Sie werden Antworten auf folgende Fragen erhalten:

•Was ist der Unterschied zwischen Geldanlage, Spekulation und Glücksspiel?

•Wie findet man die Erwartungsrendite eines Investments heraus, seinen potenziellen Gewinn und seinen potenziellen Verlust?

•Was braucht man, um den Aktienmarkt zu schlagen, und sollte man es versuchen?

•Wie baut man ein diversifiziertes Portfolio auf, ohne sich in den Details der modernen Portfoliotheorie zu verzetteln?

•Was ist der Unterschied zwischen börsennotierten Fonds (ETFs), Investmentfonds und geschlossenen Fonds und welche Risiken bringen sie jeweils mit sich?

•Bedeutet der Einsatz passiver Indexfonds, dass man in allen Bereichen seiner Geldanlage passiv sein sollte?

•Ist es besser, einen einmaligen Betrag anzulegen oder regelmäßige Beträge einzuzahlen?

•Sollte man Gold oder Kryptowährungen kaufen und sollte man mit Devisen handeln?

•Sollte man dividendenorientiert investieren oder außerhalb seines Heimatlands investieren?

Und viele andere Fragen mehr.

Dieses Buch soll sowohl für Anfänger als auch für jene, die seit Jahren auf eigene Faust investieren, verständlich und hilfreich sein. Ein Buch, das Sie guten Gewissens verleihen können – für mich wäre es eine Ehre, wenn Sie es täten. Viele Zitate, die ich in dieses Buch aufgenommen habe, stammen von Investment-Mentoren. Manche habe ich persönlich kennengelernt, die meisten allerdings nicht. Sie sind sozusagen virtuelle Mentoren, deren Ansatz der Geldanlage und des Risikomanagements ich seit Jahren verfolge und bewundere. Ich habe diese Zitate nicht nur aufgenommen, um die Kernprinzipien des Buches zu untermauern, sondern auch als Erinnerung daran, wie viel wir aus den Erfahrungen anderer über die Geldanlage lernen können.

Ich weiß nicht, wie es dem Aktienportfolio meines Kammerjägers geht, aber unsere Investition in die Farm im Teton Valley zahlte sich trotz der Kiesgrube aus. Wir teilten das Grundstück in zwei Parzellen zu jeweils 16 Hektar auf und verkauften die eine Parzelle samt Haus, Weiden, Scheune und anderen Nebengebäuden an eine Frau, die dort ein Quartier und Klausurzentrum für Menschen betreibt, die mit Pferden arbeiten und das Leben auf einer Ranch kennenlernen wollen. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass wir ihr auch die restlichen 16 Hektar verkaufen werden, wenn sich ihr neues Unternehmen besser etabliert. Finanziell stehen wir mit unserer Investition auf null und wenn wir die wunderbaren Erlebnisse berücksichtigen, die wir mit der Familie und mit Freunden auf dem Anwesen hatten, haben wir ein deutliches Plus gemacht.

1

Was ist es?

Wenn man ein Investment nicht erklären kann, sollte man es nicht tätigen

DIE ZEHN FRAGEN

1.Was ist es?

2.Ist es Geldanlage, Spekulation oder Glücksspiel?

3.Welcher Vorteil winkt?

4.Welcher Verlust droht?

5.Wer steht auf der anderen Seite des Trades?

6.Was ist das Anlagevehikel?

7.Was braucht man, um erfolgreich zu sein?

8.Wer sahnt dabei ab?

9.Wie wirkt es sich auf Ihr Portfolio aus?

10.Sollten Sie investieren?

FRAGE 1: WAS IST ES?

Bevor man investiert, sollte man versuchen, die Merkmale einer Anlage zu verstehen und in einfachen Worten zu erklären. Der Akt des Erklärens bewahrt die Demut und hilft einem, zu erkennen, was man nicht weiß. Aus der Beantwortung der zehn in diesem Buch besprochenen Fragen ergibt sich ein disziplinierter Investmentansatz, der uns Zuversicht im Angesicht der Ungewissheit einflößen kann.

Erinnern Sie sich noch an die erste Aktie, in die Sie investiert haben? Ich kaufte meine erste Aktie in meiner Studienzeit, als ich meinen MBA mit Hauptfach Finanzwesen machte. Jeden Abend nach der Uni schaute ich „Nightly Business Report” auf PBS, um zu sehen, wie die Aktie an diesem Tag gelaufen war. Das war im Jahr 1991, also mehrere Jahre, bevor man das Internet durchsuchen und sofort auf Aktienkurse zugreifen konnte.

Ein paar Jahre davor hatte ich vorübergehend bei einem Tochterunternehmen von Novell gearbeitet, als ich in Provo im Bundesstaat Utah gewohnt hatte. Meine Aufgabe war es, die Bedienungsanleitungen für Novells führendes Produkt Netware zusammenzustellen.

Der renommierte Investmentfonds-Manager Peter Lynch ist für seinen Ratschlag berühmt: „Investieren Sie in das, was Sie kennen.“1 Ich kannte Novell. Zumindest wusste ich davon, denn immerhin hatte ich ja dort gearbeitet.

Später stellte Peter Lynch klar, was er damit gemeint hatte: „Ich habe nie gesagt: ‚Wenn Sie in einem Einkaufszentrum ein Starbucks sehen und den Kaffee gut finden, sollten Sie einen Fidelity-Broker anrufen und die Aktie kaufen.‘ […] Manche Menschen kaufen eine Aktie und wissen nichts darüber. […] Das ist Glücksspiel und das ist nicht gut.“2

Meine Anlagethese für den Kauf von Novell war, dass ich dachte, die Aktie würde steigen, weil sie etwas mit Computernetzwerken zu tun hatte – was genau, wusste ich nicht – und weil Computer immer beliebter wurden. Ich erkundigte mich nicht über das Unternehmen. Ich wusste weder etwas über die Branche noch über den Verlauf der Konjunktur. Ich hatte keine Ahnung, ob die Aktie teuer oder billig war. Ich nahm einfach 1.000 Dollar – circa 25 Prozent der gemeinsamen Ersparnisse von meiner Frau und mir – und kaufte sie, weil ich dachte, sie würde steigen. Das war kurz gesagt ein Glücksspiel. Als ich Novell kaufte, war es das erste, aber nicht das letzte Mal, dass ich in etwas investierte, weil ich dachte, sein Preis würde steigen, ohne mir die Zeit zu nehmen, mir zu überlegen, weshalb. Natürlich steigt eine Aktie deshalb, weil andere Anleger bereit sind, dafür mehr zu bezahlen. Aber weshalb sind sie dazu bereit? Beispielsweise schnellte die Aktie des Wohnmobilhändlers Camping World am 17. September 2017 um mehr als sieben Prozent in die Höhe. Was hatte sich geändert, sodass die Anleger kollektiv bereit waren, für den Kauf der Aktie von Camping World an einem Tag einen um sieben Prozent höheren Preis zu bezahlen, an dem der US-amerikanische Aktienmarkt insgesamt nur um 0,3 Prozent stieg? Der Vorstandsvorsitzende von Camping World war auf CNBC interviewt worden und hatte für mehr Klarheit hinsichtlich der Strategie gesorgt, die das Unternehmen mit seinen jüngsten Übernahmen verfolgte. Außerdem berichtete er, er habe persönlich Aktien des Unternehmens nachgekauft.3 Nach seinen Äußerungen entschieden die Anleger kollektiv, der Aktienkurs von Camping World sei falsch und der richtige Kurs müsse um sieben Prozent höher liegen.

Laut Finanztheorie ist der korrekte Preis einer Aktie der heutige Wert in Dollar des künftigen Cashflows des Unternehmens in Form des Gewinnanteils, den es an die Aktionäre ausschüttet. Dieser an die Aktionäre ausgeschüttelte Gewinnanteil wird als Dividende bezeichnet. Der heutige Wert der künftigen Dividenden pro Aktie wird als Gegenwartswert oder innerer Wert bezeichnet. Der korrekte Preis einer Aktie sollte dem Gegenwartswert dieses Dividendenflusses entsprechen. Eine andere Art, sich den Gegenwartswert vorzustellen, ist der Wert, bei dem es einem Anleger gleichgültig ist, ob er heute oder zu einem künftigen Zeitpunkt Bargeld erhält. Mit dem Gegenwartswert werden wir uns in Kapitel 4 noch genauer befassen. Ein Problem bei der Geldanlage ist, dass niemand mit Sicherheit den richtigen Preis einer Aktie kennt, weil niemand die künftigen Dividenden kennt. Zudem schütten manche Aktien derzeit keine Dividenden aus und werden auch noch viele Jahre lang keine ausschütten.

DER WICHTIGSTE GRUND, EINE BESTIMMTE AKTIE ZU KAUFEN

Kommen wir nun zum wichtigsten Grundsatz der Aktienanlage, den ich kenne: Der wichtigste Grund, lieber eine einzelne Aktie als mittels eines Index-Investmentfonds oder eines börsennotierten Fonds (ETF) einen Aktienkorb zu kaufen, ist die Auffassung, der aktuelle Aktienkurs sei zu niedrig. Man kauft eine Aktie nicht, weil man meint, das Unternehmen werde schnell wachsen oder es habe tolle Produkte, so wie ich es bei Novell tat. Man kauft eine Aktie hauptsächlich, weil man überzeugt ist, dass sich die anderen Anleger irren. Dass sie das künftige Dividenden- und Gewinnwachstum des Unternehmens unterschätzen. Dass der Gegenwartswert der künftigen Dividenden je Aktie höher ist als der derzeitige Aktienkurs. Warum? Weil die Aktie nur dann steigen kann, wenn das Unternehmen besser läuft als nach allgemeiner Ansicht. Anders gesagt: wenn das Unternehmen positiv überrascht.

Ich kaufe selten einzelne Aktien, weil ich nicht bereit bin, meine Zeit mit Recherchen zu verbringen, um herauszufinden, ob sich die Anleger irren und die Aktie fehlbewertet ist. Im Falle von Novell hatte ich Glück und die Aktie stieg. Ich verkaufte sie etwa ein Jahr später, um die Anzahlung für unser erstes Haus mitzufinanzieren.

Meine Investition in die Novell-Aktie ist ein Paradebeispiel dafür, wie man nicht anlegen sollte. Hätte ich mir die zehn in diesem Buch behandelten Fragen gestellt, die wir uns alle stellen sollten, wenn wir eine neue Investition ins Auge fassen, hätte ich diese Aktie niemals gekauft. Dabei hätte ich mir nicht einmal alle zehn Fragen stellen müssen. Schon die erste Frage – „Was ist es?“ – hätte gereicht, um mir klarzumachen, dass ich nicht wusste, was ich tat.

WENN MAN ETWAS NICHT ERKLÄREN KANN, SOLLTE MAN DORT KEIN GELD ANLEGEN

Einer meiner ersten Kunden als Anlageberater war ein geisteswissenschaftliches College in Indiana. Bei einem unserer Termine sagte der Vorsitzende des Anlageausschusses des Colleges zu mir: „Wenn ich ein Investment, das wir in Betracht ziehen, einem anderen Ratsmitglied, das nicht dem Ausschuss angehört, nicht erklären kann, sollten wir es nicht tätigen.“ Das ist einer der hilfreichsten Anlageratschläge, die ich je bekommen habe.

Ich konnte definitiv nicht die Geschäftstätigkeit von Novell erklären, als ich in das Unternehmen investiert hatte, oder weshalb ich es gekauft hatte oder weshalb die Aktie unterbewertet war. Aber meine Naivität ging noch weiter: Ich wusste nicht einmal, wohin mein Geld geflossen war oder wer mir die Aktie verkauft hatte.

Als ich in Novell investierte, kaufte ich die Aktie über meinen Broker, der den Kauf über die Börse Nasdaq abwickelte. Novell bekam mein Geld nie zu Gesicht. Mein Geld ging an irgendjemanden, der mir die Aktie verkaufte. Die Aktie wurde am sogenannten Sekundärmarkt gehandelt. Das einzige Mal, dass ein Unternehmen für eine Aktie Geld erhält, ist der Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen im Rahmen einer Erstemission oder einer Neuemission neue Aktien ausgibt. Sobald diese Aktien ausgegeben wurden und das Unternehmen den Erlös kassiert hat, werden die Aktien unter Anlegern am Sekundärmarkt gehandelt.

WER VERKAUFT SIE?

Wenn nicht Novell mir die Aktie verkaufte, hätte ich mir beim Versuch, die Anlage zu verstehen, überlegen sollen, wer mir die Aktie verkaufte und warum er das tat. Wenn man ein Haus oder ein Auto kauft, tut man das oft. Zu wissen, warum jemand ein Haus oder ein Auto verkauft, ist eine wichtige Information, die einem bei den Preisverhandlungen hilft. Wenn man weiß, dass der Verkäufer hochmotiviert ist, etwas loszuwerden, bietet man womöglich von vornherein weniger, als wenn es den Anschein hat, dass sich der Verkäufer über den Verkauf noch unklar ist.

Natürlich steht beim Aktienkauf eine Brokerfirma zwischen uns und dem Verkäufer, sodass wir niemals wissen, wer genau uns die Aktien verkauft. Aber zu wissen, welche Arten von natürlichen oder juristischen Personen den Handel einer bestimmten Anlageklasse dominieren, ist von entscheidender Bedeutung dafür, ob und wie man sich daran beteiligen will.

Im Jahr 1952 – drei Jahre nachdem der berühmte Investor Benjamin Graham seinen Klassiker „Intelligent investieren“ über Value-Investing veröffentlicht hatte – waren 75 Prozent der Aktien im unmittelbaren Besitz von Privathaushalten.4 Das heißt, wenn Benjamin Graham im Jahr 1952 eine Aktie kaufte, wusste er darüber viel mehr als der Haushalt, der sie verkaufte. Er hatte einen Informationsvorsprung, der es ihm erlaubte, herauszufinden, dass die Aktie fehlbewertet war, und dafür wurde er mit überdimensionalen Renditen belohnt.

Als ich im Jahr 1991 Novell kaufte, befanden sich 42 Prozent der Aktien im unmittelbaren Besitz von Privathaushalten.5 Pensionskassen, Versicherungen und Investmentfonds waren bedeutende Akteure am Aktienmarkt. Viele Pensionskassen und Versicherungen beauftragten externe Vermögensverwaltungen mit dem Management ihrer Portfolios. Anders gesagt gab es eine professionelle Klasse von Anlegern, die Stunde um Stunde damit verbrachten, Recherchen über Unternehmen anzustellen und Aktien zu bewerten. In diesem Umfeld war es unwahrscheinlich, dass ich in irgendeiner Weise einen Informationsvorsprung gegenüber dem Verkäufer hatte, um herauszufinden, weshalb die Aktie von Novell unterbewertet war – selbst wenn ich im Vorfeld ein paar Recherchen angestellt hätte. Inzwischen haben sich die Märkte erneut gewandelt und wenn man eine Aktie kauft, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie einem von einem Computeralgorithmus verkauft wurde.

VIELLEICHT WISSEN WIR WENIGER, ALS WIR MEINEN

Wenn man eine neue Investition in Betracht zieht, sollte man sich als Erstes fragen: „Was ist es?“

Man sollte in einfachen Worten erklären können, wohin das Geld fließt, wer einem die Aktie verkauft und wie das Geld eingesetzt wird, um eine positive Rendite zu erzielen. Wenn man ähnlich wie mein früherer Kunde die Anlage einem Familienmitglied oder einem Bekannten nicht so erklären kann, dass diese Person sie versteht, sollte man nicht in sie investieren.

Im Jahr 2017 gab es eine Manie um Kryptowährungen wie beispielsweise den Bitcoin. In jenem Jahr stieg der Preis eines Bitcoin von weniger als 1.000 Dollar auf mehr als 19.000 Dollar. Viele Anleger in aller Welt investierten zum ersten Mal in Bitcoin. Ich bin überzeugt, die meisten neuen Bitcoin-Käufer hätten, wenn man sie „Was ist es?“ gefragt hätte, nicht genau erklären können, was Bitcoin ist und wie er funktioniert.

Es gibt einen entscheidenden Grund, weshalb man in der Lage sein muss, die Frage „Was ist es?“ zu beantworten, bevor man Geld anlegt. Allein schon der Akt, zu versuchen, ein Investment zu erklären, macht uns demütig und hilft uns zu verstehen, was wir nicht wissen. Die Kognitionsforscher Frank Keil und Leon Rozenblit führten zahlreiche Studien durch, bei denen sie Menschen baten, zu erklären, wie etwas so Einfaches wie ein Reißverschluss funktioniert. Dabei stellten sie fest, dass die Menschen bei dem Versuch, zu erklären, was sie über ein Thema wussten, schon bald begriffen, dass sie darüber nicht so viel wussten, wie sie dachten. Die Erklärungsübung brachte ihnen Demut bei.6 Die Angst, eine tolle Chance wie Bitcoin zu verpassen, veranlasst uns oft zu übertriebener Zuversicht und zu übertriebenem Selbstvertrauen – wir sind überzeugt, wir wüssten mehr, als wir in Wirklichkeit wissen. Wenn man innehält, um die Frage „Was ist es?“ so genau wie möglich zu beantworten, merkt man, dass man Verständnislücken hat, und versucht, sie zu schließen.

DER UMGANG MIT UNBEKANNTEN

Ray Dalio, Gründer des Hedgefonds Bridgewater Associates und einer der erfolgreichsten Anleger der Welt, hat einmal geschrieben: „Welchen Erfolg ich auch immer in meinem Leben hatte, er hatte mehr damit zu tun, dass ich wusste, wie ich mit meinem Nichtwissen umgehen sollte, als mit irgendetwas, das ich wusste.“7 Wenn man zu erklären versucht, was ein Investment ist, merkt man, dass man einige Dinge über das Investment nicht wissen kann. Ein Grund dafür, dass es bei der Geldanlage so viele Unbekannte gibt, ist die Tatsache, dass die Finanzmärkte ein nichtlineares, komplexes adaptives System sind. Lassen Sie mich anhand einer Anekdote erklären, was das ist.

Vor einigen Jahren sah ich auf der Heimfahrt zu meinem Haus im Südosten von Idaho, dass ein Sommergewitter heraufzog. Es sah nicht besonders bedrohlich aus. Es waren ein paar Cumulonimbus-Wolken zu sehen, also die Sorte, die zu dieser Jahreszeit durchzieht und manchmal Regen bringt, manchmal nicht. Nur dass die Wolken diesmal über meiner Stadt zum Stillstand kamen und in weniger als einer Stunde fünf Zentimeter Regen abließen – fast 15 Prozent unseres jährlichen Niederschlags bei einem einzigen Gewitter. Es gab Überschwemmungen, Kanäle traten über die Ufer, Straßen wurden zu Flüssen, Keller füllten sich mit Wasser.

Die Schwere dieses Gewitters kam vollkommen unerwartet. Der Wetterdienst hatte sie nicht vorhergesagt. Auch war es örtlich sehr begrenzt. Ein paar Meilen nördlich und südlich meines Hauses hatte es überhaupt nicht geregnet. Gewitter sind Beispiele für nichtlineare Systeme – Systeme, die nicht jedes Mal das gleiche Ergebnis hervorbringen, auch wenn die Eingangsgrößen und die Bedingungen gleich sind.

Ein anderes Beispiel für Nichtlinearität ist ein Sandhaufen. Wenn man ein Korn Sand ums andere senkrecht rieseln lässt, entsteht ein kegelförmiger Haufen, der einen relativ stabilen Eindruck macht. Aber zu einem gewissen Zeitpunkt löst ein Sandkorn, das auf den Haufen fällt, eine Lawine aus. Man könnte meinen, die Sandmenge, ab der die Lawine beginnt, wäre jedes Mal ungefähr die gleiche, aber dem ist nicht so. Eine Lawine kann schon nach ein paar Hundert Sandkörnern oder erst nach Tausenden ausgelöst werden. Der Zeitpunkt einer Lawine ist keine Funktion der Größe des Haufens, sondern der dynamischen Wechselwirkungen zwischen den Sandkörnern – wie sie rutschen und sich im Verhältnis zueinander verlagern –, ihrer Wechselbeziehungen. Je mehr Sandkörner, desto mehr Wechselwirkungen gibt es und umso schwieriger lässt sich vorhersagen, wann es zu einer Lawine kommen wird.8

KOMPLEXE ADAPTIVE SYSTEME

Auch Finanzmärkte sind ebenso wie Sandhaufen und Gewitter nichtlinear. Dabei handelt es sich um einen Sonderfall der Nichtlinearität, die man als komplexes adaptives System bezeichnet. Anders als ein Sandhaufen, der nur aus Sand besteht, beinhaltet ein komplexes adaptives System eine breite Vielfalt von wechselseitig verbundenen Eingangsgrößen, die sich im Laufe der Zeit anpassen (adaptieren) und die im Laufe der Zeit lernen. Die Finanzmärkte setzen sich aus Millionen einzelnen sogenannten Agenten zusammen – Menschen und Computer –, die danach streben, Stück um Stück alle Informationen über Wirtschaft, Politik, Unternehmen, Technologien und die Natur des Menschen zu interpretieren. Da die Eingangsgrößen (Input) des Marktes vielfältig sind und sich im Laufe der Zeit anpassen, sind die Wechselwirkungen des Marktes noch komplexer als die in einem Sandhaufen, sodass unmöglich vorherzusagen ist, wann die nächste Marktlawine stattfinden wird. Sie könnte in einem Jahr oder in fünf Jahren kommen.

Aber dass wir nicht vorhersagen können, wann ein enormer Kursrutsch stattfinden wird, bedeutet nicht, dass wir blindlings investieren. Selbst wenn die Meteorologen nicht voraussagen konnten, dass ein Gewitter zum Stillstand kommen und meine Stadt überfluten würde, so wussten sie doch genug über die atmosphärischen Bedingungen, um zu vermuten, dass an jenem Tag in meiner Gegend ein höheres Gewitterrisiko bestand als an einem durchschnittlichen Tag. Und als die Schwere des Gewitters offenbar wurde, gaben sie eine Warnung heraus, damit die Menschen sich in Sicherheit bringen konnten. Anders gesagt reagierten sie auf die Informationen, die sie hatten.

AUF DIE VORHANDENEN INFORMATIONEN REAGIEREN

Wenn man in etwas investiert, ohne seine Eigenschaften zu verstehen, dann ist das so, als würde man zu einer ausgedehnten Expedition in die Wildnis aufbrechen, ohne alles zu wissen, was über das Klima, die Wetterbedingungen und das Gelände bekannt ist, in dem man wandern will. Wenn Ray Dalio schreibt, sein Erfolg habe mehr damit zu tun, das er weiß, wie er mit seinem „Nichtwissen“9 umgehen muss, bedeutet das nicht, dass er nicht viel Zeit damit verbringt, das zu erfahren, was man wissen kann. Dalio schreibt, er freue sich sehr, Menschen zu treffen, die anderer Meinung sind als er, weil er dann durch ihre Augen sehen könne, was ihm vielleicht entgehe. Einer seiner liebsten Aussprüche ist: „Wer von der Kristallkugel lebt, ist dazu verurteilt, gemahlenes Glas zu essen.“ Weiter schreibt er: „Ich hatte genug Glas gegessen, um zu begreifen, dass das Wichtigste nicht war, die Zukunft zu kennen – sondern zu wissen, wie man jederzeit angemessen auf die verfügbaren Informationen reagieren muss.“10

Die Zukunft korrekt vorherzusagen ist äußerst schwierig. Im Jahr 1900 veröffentlichte John Elfreth Watkins, Jr. im Ladies’ Home Journal einen Artikel mit der Überschrift „What May Happen in the Next Hundred Years“. Er fasste für das Jahr 2000 eine Welt ins Auge, in der die Erdbeeren so groß wie Äpfel und die Erbsen so groß wie Rote Bete wären. Eine Welt, in der Stechmücken, Fliegen und Kakerlaken ausgerottet und die Pferde fast ausgestorben wären. Ein Land, in dem Pakete durch ein Netzwerk pneumatischer Röhren versandt würden und die Buchstaben C, X und Q aus Gründen der Vereinfachung aus dem englischen Alphabet gestrichen worden wären.11

Die meisten seiner Vorhersagen waren falsch, aber ein paar waren zutreffend. Watkins sagte korrekt drahtlose Telefone und das Fernsehen voraus.12 Stellen Sie sich einmal vor, aufgrund dieser Vorhersagen Investments auszuwählen. Selbst wenn man geglaubt hätte, dass das Fernsehen möglich wäre, in welches Unternehmen hätte man dann investiert? Welcher Fernsehhersteller würde überleben? Die Aktie welcher Fernsehgesellschaft war fehlbewertet, weil die Anleger die künftigen Dividenden der Gesellschaft unterschätzten?

WESHALB ES SO SCHWIERIG IST, DIE ZUKUNFT KORREKT VORHERZUSAGEN

Die Geldanlage wäre leicht, wenn man die Zukunft korrekt voraussehen könnte. Aber das können wir nicht. Die Details, die wir uns vorstellen, werden massiv von unseren derzeitigen Einstellungen, Gefühlen und von unserem derzeitigen Wissen beeinflusst. Die meisten Vorhersagen entpuppen sich als Fortschreibung bestehender Trends. Wir sehen die Zukunft durch die Brille der Gegenwart. Was die Vorhersagen nicht erfassen, ist das Unvorhersehbare – die unerwarteten Ereignisse und Überraschungen. Diese Überraschungen wirken sich häufig am stärksten auf die Zukunft aus. Sie verändern die Spielregeln und verdrängen die schrittweisen Entwicklungen sowie die aktuellen Trends. Je detaillierter die Prognosen werden, umso mehr Überraschungen können diese kippen. Das ist ein weiterer Grund, weshalb ich selten in einzelne Aktien investiere. Ich stelle fest, dass dann, wenn ich konkrete Vorhersagen darüber treffe, was mit einem Unternehmen passieren wird, gewöhnlich etwas passiert, das ich nicht in Betracht gezogen hatte.

Es gibt einen besseren Weg. Wenn wir als Privatanleger auch keine speziellen Einblicke haben, ob eine Aktie korrekt bewertet ist oder nicht, so können wir doch stattdessen Aktienkörbe kaufen, die Hunderte oder gar Tausende Aktien enthalten – mittels eines gemischten Anlagevehikels wie einem Investmentfonds oder einem ETF. Auf diese Weise können wir von positiven Überraschungen profitieren, die die Aktienkurse in die Höhe treiben, ohne dass wir vorhersagen müssten, worin diese Überraschungen bestehen werden. Aktien sind ein Beispiel für ein Wertpapier, ein handelbares Finanzinstrument, an dem ein Anleger ein Eigentumsrecht besitzt. Einen Korb oder eine Gruppe von Wertpapieren mit ähnlichen Merkmalen bezeichnet man als Anlageklasse. Als Privatanleger gelangen wir mit höherer Wahrscheinlichkeit zum Erfolg, wenn wir uns auf Anlageklassen anstatt auf einzelne Wertpapiere konzentrieren. Wir können in Anlageklassen mithilfe von börsennotierten Fonds und Investmentfonds investieren, die von professionellen Teams aus Anlageberatern betrieben und gemanagt werden.

IN DIE VORDERSTE FRONT DER GEGENWART INVESTIEREN

Ned Davis, der über mehr als 50 Jahre Investmenterfahrung verfügt, erzählt, seine Aktienprognosen seien derart gut gewesen, dass Louis Rukeyser, der Moderator der Sendung „Wall Street Week“, im Jahr 1978 sagte: „Ned Davis hatte in den letzten Jahren eine herausragende Erfolgsbilanz … und hatte mit den meisten großen Anstiegen und Rückgängen recht.“13

Aber Ned Davis stellte fest, dass er am Ende der jeweiligen Jahre nicht viel verdient hatte. Er schrieb:

„Bevor mich jemand anders fragen konnte, fragte ich mich selbst: ‚Wenn du so schlau bist, warum bist du dann nicht reich?‘ Etwa in dieser Zeit (1978 bis 1980) begann ich zu begreifen, dass Klugheit, Fleiß und sogar der brennende Wunsch, recht zu haben, weder wirklich meine Probleme noch die Lösung meiner Probleme waren. Meine eigentlichen Probleme waren, dass ich meine Verluste nicht begrenzte, mangelnde Disziplin und mangelndes Risikomanagement, dass ich meine Marktsicht von meinem Ego trüben ließ (das es mir erschwerte, Fehler einzugestehen) und meine Schwierigkeiten, Angst und Gier unter Kontrolle zu halten. Was mich bremste, war also das Fehlen einer eigentlichen Anlagestrategie und guter Money-Management-Methoden, nicht schlechte Prognosen.“14

Mit Anlagestrategie und Risikomanagement meint Davis den gleichen Prozess, den Ray Dalio beschreibt: „Jederzeit angemessen auf die verfügbaren Informationen reagieren.“15 Ich spreche davon, in die vorderste Front der Gegenwart zu investieren. Wenn Sie die Fragen, die ich Ihnen in diesem Buch präsentiere, beantworten, bevor Sie in eine neue Chance investieren, erhalten Sie entscheidende Informationen, anhand deren Sie angemessen handeln können, sogar wenn viele Unbekannte vorliegen.

MATHEMATIK UND EMOTIONEN BEI DER GELDANLAGE

Wenn man eine Investmentgelegenheit in Betracht zieht, muss man die Mathematik und die Emotionen verstehen. Mit Mathematik meine ich die Mechanismen, die die Renditen einer konkreten Anlage bestimmen: Anleiherenditen werden in erster Linie von den aktuellen Zinsen bestimmt. Aktienrenditen werden von Dividenden- und Gewinnwachstum bestimmt. Immobilienrenditen werden von den Mieten bestimmt. Anders gesagt besteht die Mathematik der Geldanlage darin, zu verstehen, wie ein bestimmtes Wertpapier oder eine bestimmte Anlageklasse Cashflow generiert. Unternehmensbesitzer und potenzielle Käufer machen das Gleiche, wenn sie einschätzen, wie ein Unternehmen Cashflow generiert.

Bei den Emotionen im Zusammenhang mit der Geldanlage geht es darum, wie Anleger die Cashflows von Anlagen beurteilen. Wenn Anleger die Zahlungsströme einer Anlage hoch bewerten und die Wertpapierpreise in die Höhe treiben, resultieren daraus geringere Renditen. Wenn die Anleger ängstlich sind und den erwarteten Cashflow einer Anlege niedrig einschätzen, resultieren daraus höhere Renditen. Wieso steigen dadurch die Renditen? Weil dann, wenn die Bewertung einer Anlageklasse unterdurchschnittlich ist und die Anleger pessimistisch sind, die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass einzelne im Korb enthaltene Papiere nach oben überraschen. Die Anlageklasse hat das Potenzial für künftige positive Überraschungen. Im Gegenzug ist die Wahrscheinlichkeit negativer Überraschungen höher, wenn man einen perfekt bepreisten Korb hoch bewerteter Wertpapiere kauft.

Wenn man die Mathematik und die Emotionen rund um eine Anlageklasse zu einem bestimmten Zeitpunkt kennt, ist das so, als wäre man der Meteorologe, der an jenem Sommertag, als meine Stadt in Idaho überschwemmt wurde, wusste, dass die Bedingungen für ein Gewitter reif waren – auch wenn er nicht genau wusste, wo das Gewitter ausbrechen würde. Die Mathematik und die Emotionen einer Anlageklasse zu kennen – ich spreche von den Investmentbedingungen – heißt an der vordersten Front der Gegenwart zu investieren. Ein entscheidender Aspekt ist dabei natürlich, dass wir unsere Emotionen im Griff haben. Wir dürfen uns nicht von dem Hype und der Angst mitreißen lassen, die andere Anleger in einen Rausch oder in eine Panik treiben.

EIN INVESTMENT-RAHMEN

Wenn man zum ersten Mal mit einer neuen Anlagechance konfrontiert ist, kann man die Frage „Was ist es?“ häufig nicht beantworten. Dann muss man anhand der restlichen neun Fragen, die ich in diesem Buch bespreche, herausfinden, was es ist. Diese Fragen helfen uns, die Mathematik und die Emotionen der konkreten Anlagechance zu ermitteln. Dadurch erfahren wir, wie die Renditen generiert werden, wie sich die Emotionen der Anleger auf die Erwartungsrenditen auswirken, welche Verluste drohen, wie hoch die Gebühren sind, was das Anlagevehikel ist, wie die steuerlichen Konsequenzen aussehen und was mit dem Anlagevehikel passieren muss, damit die Anlage ein Erfolg wird. Zudem hilft uns die Beantwortung dieser Fragen, die Grenze unseres Verständnisses zu erkennen – dass es vieles gibt, was wir nicht wissen. Das Nichtwissen hilft uns, nicht zu selbstbewusst zu werden und keine großen Anlagefehler zu begehen. Zusammengenommen führen diese Fragen zu einem disziplinierten Anlagekonzept, das uns im Angesicht der Ungewissheit Selbstvertrauen beschert.

ZUSAMMENFASSUNG

•Wenn man eine neue Anlage in Betracht zieht, sollte man zunächst fragen: „Was ist es?“ Man sollte in einfachen Worten erklären können, wohin das Geld fließt, wer uns die Anlage verkauft und wie das Geld eingesetzt wird, um eine positive Rendite zu erzielen.

•Wenn man keine besonderen Erkenntnisse darüber hat, ob eine bestimmte Aktie korrekt bewertet ist oder nicht, dann ist es besser, mithilfe gemischter Anlagevehikel wie Index-Investmentfonds oder ETFs einen Korb mit Hunderten oder gar Tausenden Aktien zu kaufen.

•Der Akt, dass man versucht, eine Anlage zu erklären, macht demütig und hilft uns zu erkennen, was wir nicht wissen und was man nicht wissen kann.

•Wenn man ein Investment einem Angehörigen oder einem Bekannten nicht so erklären kann, dass die Person es versteht, sollte man es nicht tätigen.

•Das Wissen um die Mathematik und die Emotionen im Zusammenhang mit einer Geldanlage hilft einem, das Richtige zum richtigen Zeitpunkt zu tun und dabei Fehler zu vermeiden.

•Zur Mathematik der Geldanlage gehört es, zu verstehen, wie ein bestimmtes Wertpapier oder eine Anlageklasse Cashflow generiert. Die Emotionen der Geldanlage drehen sich darum, zu verstehen, wie die Anleger die Cashflows der Anlage bewerten.

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Ist es Geldanlage, Spekulation oder Glücksspiel?

Ein einfacher Filter für die Aufteilung des Anlage-Universums

DIE ZEHN FRAGEN

1.Was ist es?

2.Ist es Geldanlage, Spekulation oder Glücksspiel?

3.Welcher Vorteil winkt?

4.Welcher Verlust droht?

5.Wer steht auf der anderen Seite des Trades?

6.Was ist das Anlagevehikel?

7.Was braucht man, um erfolgreich zu sein?

8.Wer sahnt dabei ab?

9.Wie wirkt es sich auf Ihr Portfolio aus?

10.Sollten Sie investieren?

FRAGE 2: IST ES GELDANLAGE, SPEKULATION ODER GLÜCKSSPIEL?

Die Einteilung finanzieller Gelegenheiten danach, ob sie mit höherer Wahrscheinlichkeit profitabel oder unprofitabel sind oder ob das Ergebnis sehr ungewiss ist, vereinfacht das Anlage-Universum. Der Recherche-Aufwand reduziert sich, wenn man seine Bemühungen vor allem auf finanzielle Gelegenheiten mit positiven Erwartungsrenditen richtet.

Vor ein paar Jahren habe ich zum ersten Mal den Grand Canyon besucht. Überflogen hatte ich ihn schon oft, aber ich hatte es noch nie geschafft, hinzufahren. Meine Familie und ich hielten am Südrand des Canyons an. Da es kalt war, eilten wir in den Desert View Watchtower, der von der Architektin Mary Colter entworfen und 1932 fertiggestellt wurde. Im Hauptstockwerk hängen an den Fensterrahmen mehrere getönte, mit dicken Hölzern befestigte Spiegel. Auf einer Tafel neben einem dieser Spiegel steht, es handele sich um „Reflektoskope“, besser bekannt als Claude-Gläser – benannt nach dem Maler Claude Lorrain, der im 17. Jahrhundert lebte.

Wenn man die Reflexion des Grand Canyon in einem Claude-Glas betrachtet, passieren mehrere Dinge. Der großartige Blick auf den Grand Canyon wird in verdaulichen Portionen eingerahmt. Ein Rahmen setzt Grenzen. Wenn ein Maler eine Szene wählt, die er malt, oder wenn ein Fotograf ein Motiv wählt, das er fotografiert, setzen sie einen Rahmen. Sie begrenzen den Blick auf vielleicht zehn Grad ihres Gesichtsfelds von 120 Grad. Wenn man seine materiellen Besitztümer begrenzt, setzt man ebenfalls einen Rahmen. Man setzt einen Rahmen, wenn man die Anzahl seiner Aktivitäten einschränkt, und wenn man seine Geldanlagen auf Anlageklassen beschränkt, die man in einfachen Worten erklären kann, setzt man ebenfalls einen Rahmen.

Ein Claude-Glas rahmt eine Szenerie nicht nur ein, sondern durch das getönte Glas wird die Reflexion auch „rauchig“ gefiltert, sodass man die Unterschiede zwischen verschiedenen Farben und Schattierungen besser unterscheiden kann – also besser vergleichen kann.1 Ebenso wie ein Claude-Glas Künstlern hilft, verschiedene Farben und Schattierungen zu vergleichen, wird es Ihnen der in diesem Buch erläuterte aus zehn Fragen bestehende Rahmen ermöglichen, die Welt der Geldanlagen zu vereinfachen, und es Ihnen erleichtern, verschiedene Anlagechancen zu vergleichen.