Gibt's das auch in Grün? - Kerstin Scheidecker - E-Book

Gibt's das auch in Grün? E-Book

Kerstin Scheidecker

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Beschreibung

Kein Konsum ist auch keine Lösung Müssen wir den Greenwashing-Lügen der Konsumgüterhersteller auf den Leim gehen, die uns jedes noch so pestizid- und schadstoffbelastete Produkt als ökologisch fair, nachhaltig und klimafreundlich verkaufen möchten? Müssen wir nicht! Gestützt auf unabhängige Produkttests von ÖKO-TEST decken Kerstin Scheidecker und Katja Tölle die Marketingtricks der Industrie auf und geben Orientierung für den wöchentlichen Einkauf. Sie erfahren unter anderem: * welche Inhaltsstoffe Sie besser meiden, * welchen Labels für Lebensmittel, Drogerieartikel und Kleidung Sie trauen können * und ob Ihr Ökostromtarif wirklich grünen Strom liefert. Sie können mit Ihrer Kaufentscheidung den Anstoß zu nachhaltigen Veränderungen bei den Unternehmen geben. Wie das gelingt, zeigt Ihnen dieses Buch. »Kerstin Scheidecker und Katja Tölle machen ihr Buch mit Zusammenfassungen an jedem Kapitel-Ende und mit abgestuften Empfehlungen zu einem Einkaufsratgeber für alle, die angesichts der ernüchternden Erkenntnisse trotzdem versuchen wollen, möglichst umweltverträglich zu konsumieren.« Jens Dirksen, WAZ, 24.01.2024 »Greenwashing aufgedeckt: Kerstin Scheidecker und Katja Tölle nutzen ihre langjährigen Erfahrungen bei Öko-Test, um die irreführenden Praktiken der Konsumgüterindustrie zu beleuchten. In ihrem Buch ›Gibt's das auch in Grün??‹ bieten sie fundierte Einblicke und praktische Tipps für nachhaltigen Konsum. Ein hilfreicher Ratgeber für Verbraucher:innen, die nachhaltiger einkaufen möchten.« Martin Tillich, Utopia-Chefredakteur

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Cover for EPUB

KERSTIN SCHEIDECKER

KATJA TÖLLE

GIBT'S DAS AUCH IN GRÜN ?

TRICKS DER INDUSTRIE DURCHSCHAUEN, NACHHALTIG EINKAUFEN

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Kein Konsum ist auch keine LösungTomaten aus China in unserem Ketchup, Gentechnik-Sojafutter aus gerodeten Regenwaldflächen für unser Billigfleisch und dennoch versucht die Industrie uns diese und viele weitere Produkte als ökologisch fair, nachhaltig und klimafreundlich zu verkaufen – durchaus mit Erfolg. Gestützt von ihrer ÖKO-TEST-Expertise decken die Journalistinnen die Greenwashing-Lügen der Konsumgüterhersteller auf und sorgen für Durchblick im Label-Dschungel. Sie zeigen, wie Sie mit Ihren Kaufentscheidungen den Anstoß zu echten Veränderungen in der Industrie hin zu wirklich nachhaltigen Produkten geben können. Dabei wollen die Autorinnen nicht belehren, sondern aufklären, und geben Einkaufstipps für Einsteigerinnen und Einsteiger, Fortgeschrittene und Hardcore-Ökos.

Vita

Kerstin Scheidecker, ausgebildete Journalistin, ist seit über 20 Jahren für ÖKO-TEST tätig, inzwischen als Chefredakteurin und Geschäftsführerin. Gemeinsam mit der ÖKO-TEST-Redaktion schaut sie mithilfe unabhängiger Produkttests der Konsumgüterindustrie auf die Finger, deckt deren Marketingtricks auf und macht sich für Verbraucher- und Umweltschutz stark.Katja Tölle ist stellvertretende Chefredakteurin von ÖKO-TEST. Nach ihrem Studium der Politikwissenschaften arbeitete sie für mehrere Tageszeitungen.Gemeinsam mit der ÖKO-TEST-Redaktion schaut sie mithilfe unabhängiger Produkttests der Konsumgüterindustrie auf die Finger, deckt deren Marketingtricks auf und macht sich für Verbraucher- und Umweltschutz stark.

Übersicht

Cover

Titel

Über das Buch

Vita

INHALT

Impressum

INHALT

SHOPPEN FÜRS KLIMA?

Kapitel 1

Weit gereister Irrsinn

Tomaten aus China

Gibt’s das auch in Grün?

Erdbeeren aus Spanien, Marokko und Ägypten

Gibt’s das auch in Grün?

Flugrosen aus Kenia

Gibt’s das auch in Grün?

Honig: »Mischung aus EU/Nicht-EU«

Von Bio-Bienchen und Bio-Blümchen

Gibt’s das auch in Grün?

Verbotene Pestizide: Hin- und Rückreise inklusive

Gibt’s das auch in regional?

Inside ÖKO-TEST

Kapitel 2

Abgepumpt: Der Kampf ums Wasser

Brauchen wir überhaupt Mineralwasser?

Das Mineralstoff-Argument

Das Reinheits-Argument

Und was genau soll Bio-Mineralwasser sein?

Gibt’s das auch in Grün?

Inside ÖKO-TEST

Kapitel 3

Das tierisch schlechte Gewissen

Klimakiller Kuh – die Lüge von der »guten« Milch

Klimaneutrale Milch – Fakt oder Greenwashing?

Haltungsform – oder: Die Latte hängt tief

Gute Milch – nur eine Illusion?

»Weidemilch« ist ungeschützt

Gibt’s das auch in Grün?

Das Schweinefleisch: Unter aller Sau

Totalversagen der Politik

Das kurze Schweineleben oder: Sechs Monate im Stall

Straftaten im Stall kaum verfolgt

Die Mast: Schnell zunehmen, viel zunehmen

Klimasau Sau?

Gibt’s das auch in Grün?

Chicken Nuggets: Fette Farce

Qual global: Fleisch aus Brasilien, Thailand, Polen

40 Tage »Leben«

Antibiotikaresistenzen: Globale Bedrohung

Der Rest des Huhns

Exkurs: Legehennen und ihre Brüder

Gibt’s das auch in Grün?

Inside ÖKO-TEST

Unfassbare Dimension der Fleischproduktion

Das Butterbeben 2022

Tierische Lebensmittel: Diese Orientierung gibt es

Selbstkontrolle Teil 1: Die Haltungskennzeichnung

Selbstkontrolle Teil 2: Das QS-Siegel

Selbstkontrolle Teil 3: Die Initiative Tierwohl

Die Siegel des Deutschen Tierschutzbundes

Die staatliche Tierhaltungskennzeichnung

Die Bio-Siegel

Kapitel 4

Klimakämpfer Soja und Co.

Der Kampf um die Kosten

Der Kampf ums Kalzium

Der Kampf um den Namen

Der Kampf ums Image

Der Kampf ums Erkennen

Orientierung bietet das V-Label

Hier versteckt sich Tier

Gibt’s das auch in Grün?

Inside ÖKO-TEST

Kapitel 5

Kosmetik: Schöner Schein

Glatt oder glatt gelogen?

Grün oder grün gelogen?

Die Green Claims Directive

Echte Naturkosmetik

Das erste Siegel: BDIH-kontrollierte Naturkosmetik

Der internationale Standard: Cosmos

Der Standard der großen Namen: Natrue

Der biologisch-dynamische Standard: Demeter

Noch ein Standard: Icada

Inside Naturkosmetik: Warum kein gemeinsames Siegel?

Besser ohne: Auf diese Inhaltsstoffe können Sie verzichten

Das riecht verdächtig

Umstrittene Konservierungsmittel

Fette aus Erdöl

Mikroplastik und Co.

Polyethylenglykole und ihre Abkömmlinge

Chemische UV-Filter

Palmöl

Aluminium

Mica

Besser weniger: Unnötige Verpackungen

Gibt’s das auch in Grün?

Inside ÖKO-TEST

Kapitel 6

Mikroplastik aus der Tube

Plastik im Stuhl

Plastik in uns

Plastik in der Rezeptur

Gibt’s das auch in Grün? 6 Tipps, um Mikroplastik zu reduzieren

Inside ÖKO-TEST

Kapitel 7

Waschmittel: Das Geschäft mit der Reinheit

Schwache Deklaration

Flüssigwaschmittel: Konservierte Kunststoffe

Jumbopackungen: Aufgepumptes Pulver

Weichspüler: Frühlingsfrische Schlachtabfälle

Hygienespüler: Das Geschäft mit der Angst

Und Pods, Caps und Discs?

Gibt’s das auch in Grün? 10 Tipps zum umweltfreundlichen Waschen

Inside ÖKO-TEST

Kapitel 8

Putzmittel: Grüner Glanz?

Diese Putzmittel brauchen Sie wirklich

Sonderfall Desinfektionsmittel

Auf diese Siegel ist Verlass

Gibt’s das auch in Grün? 7 Tipps zum umweltfreundlichen Spülen und Putzen

Inside ÖKO-TEST

Kapitel 9

(Ultra) Fast Fashion: Untragbar

Ein »Crop Top« für 1,25 Euro

Textilmüllhalden in Afrika und Chile

Gibt’s das auch in Grün?

Auf diese Siegel können Sie achten

Inside ÖKO-TEST

Kapitel 10

Ökostrom Reloaded

Missverständnis Nummer 1: Mein Ökostrom kommt aus der Steckdose

Missverständnis Nummer 2: Alle Ökostromtarife bringen die Energiewende voran

Missverständnis Nummer 3: Der Wechsel zu Ökostromprodukten trägt wesentlich zum Klimaschutz bei

Missverständnis Nummer 4: Mit dem richtigen Ökostromprodukt leiste ich einen großen finanziellen Beitrag zur Energiewende

Welcher Ökostromtarif hilft der Energiewende?

An diesen Labels können Sie sich orientieren

Grüner-Strom-Label

ok-power-Label

Gibt’s das auch in Grün?

Inside ÖKO-TEST

NERVEN SIE!

Wir können noch Wichtigeres tun, als korrekt zu konsumieren

DANK

ANMERKUNGEN

1 Weit gereister Irrsinn

2 Abgepumpt: Der Kampf ums Wasser

3 Das tierisch schlechte Gewissen

4 Klimakämpfer Soja und Co.

5 Kosmetik: Schöner Schein

6 Mikroplastik aus der Tube

7 Waschmittel: Das Geschäft mit der Reinheit

8 Putzmittel: Grüner Glanz?

9 (Ultra) Fast Fashion: Untragbar

10 Ökostrom Reloaded

SHOPPEN FÜRS KLIMA?

Kaufen müssen wir alle. Und dabei wissen wir sehr genau: Konsum zerstört die Umwelt, Konsum hat kein Gewissen. Für den Glitzer in unseren Lippenstiften arbeiten Kinder in indischen Minen, für unseren Ketchup bauen Zwangsarbeiter in China Tomaten an, für unsere Milch leben Kühe angebunden in engen Ställen, in denen sie sich nicht bewegen können. Unsere Waschmittel spülen jede Menge Chemikalien in die Meere, unser Hunger auf Erdbeeren und Avocados trocknet die Anbauländer aus. Die Verpackungen, die unser Konsum mit sich bringt, bilden inzwischen riesige Plastikinseln in den Meeren. Und unser Strom? Ist selten so »öko«, wie die Energieanbieter versprechen.

Die Industrie verkauft uns Umweltsünden – und wir kaufen sie. Weil wir sie selten überhaupt erkennen. Denn: Kein Hersteller, der chinesische Tomaten in seinem Ketchup verarbeitet, will, dass wir das wissen. Deswegen vertuscht er diesen ökologischen Irrsinn. Nur wie? Und wie verstecken Kosmetikhersteller Mikroplastik in ihren Tuben? Wie täuscht die Milchlobby Klimaschutz vor, obwohl Rinderhaltung einer der massivsten Treiber der menschengemachten Klimakrise ist? Dieses Buch zeigt, wie wir die Tricks der Industrie erkennen – und was wir dagegen tun können. Wie wir bewusst kaufen können, ohne dabei ständig ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.

Dabei bleiben wir bewusst im Spannungsfeld zwischen »Was soll es schon bringen, wenn ich festes Shampoo kaufe?« und den großen, notwendigen Veränderungen, für die Politik und Industrie verantwortlich sind. Wir wälzen die Verantwortung nicht auf die Einzelne oder den Einzelnen ab, hängen nicht dem Irrglauben an, dass individuelle Entscheidungen das Klima retten können. Aber einfach zurücklehnen? »Es gibt kein richtiges Leben im falschen« …? Sosehr wir Adorno schätzen – ein bisschen weniger falsch wäre ja schon mal ein Anfang.

Wir sehen Politik und Industrie in der Verantwortung, wissen aber auch, dass Veränderung im Großen durch Konsumveränderung im Kleinen möglich ist. Denn: Bio-Lebensmittel im Discounter gibt es nur, weil die Verbraucherinnen und Verbraucher immer häufiger zu Bio gegriffen haben. Die Auswahl an veganen Ersatzprodukten ist nur so groß, weil immer mehr Menschen immer häufiger auf Fleisch verzichten. Und das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz kommt nur, weil das Bewusstsein dafür gestiegen ist. Weil Umwelt- und Verbraucherschützer so genau hingeschaut haben und immer wieder so laut auf die Missstände am anderen Ende der Lieferkette aufmerksam gemacht haben. Denn wenn unsere Tests bei ÖKO-TEST eines seit Jahrzehnten zeigen, dann das: Die Industrie bewegt sich nicht freiwillig. Bewegung entsteht durch Druck – von Verbraucherschützerinnen, Umweltschützern und von jedem und jeder Einzelnen. Und von uns bei ÖKO-TEST. Es hat sich schon viel bewegt. Und es wird sich noch viel mehr verändern. Denn wir werden nicht aufhören, Produkte zu testen, Klimalügen und Greenwashing aufzudecken und die Industrie immer wieder laut zu fragen: »Gibt’s das auch in Grün?«

Wir stellen in diesem Buch die Ergebnisse vieler Tests vor. Weitere Informationen zu vielen der ausgewählten Tests finden Sie auf gibts-das-auch-in-gruen.de. Wenn Sie Ideen haben, was wir uns unbedingt einmal vornehmen sollten, wenn Sie sich über grün gewaschene Produkte ärgern, die alles andere als ökologisch sind, oder Sie uns von Ihren Erfahrungen mit wirklich grünen Produkten erzählen möchten – schreiben Sie uns unter [email protected]. Wir sind gespannt auf Ihre Nachrichten, Geschichten und Hinweise.

Was jetzt also tun? Komplett vegan leben? Klamotten nur noch gebraucht kaufen? Überhaupt kein Plastik mehr verwenden? Schreckt viele ab – uns übrigens auch. Deswegen wollen wir zeigen, wie wir in kleinen Schritten zu einem gesunden und nachhaltigen Konsum gelangen. Und wie wir im Großen Politik und Industrie dazu bewegen, die notwendigen Änderungen umzusetzen. Was bringt das? Für die Umwelt und für unsere Gesundheit? Was sagen unsere Tests dazu? Was haben wir über die Jahre herausgefunden? Und wie setzen wir es um?

Kapitel 1 Weit gereister Irrsinn

Wir können alles haben, immer. Erdbeeren im Dezember, Rosen im Februar und Bananen das ganze Jahr über, obwohl bei uns keine einzige Banane wächst. Gäbe es keinen globalen Handel, könnten wir überhaupt nie Bananen essen. Wir könnten keine Rosen zum Valentinstag verschenken und Erdbeeren im Dezember hätten wir auch nicht. Auf die Erdbeeren zu Weihnachten könnten wir vielleicht gut und gerne verzichten. Aber sie sind nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs. Denn dass Dezembererdbeeren nicht aus regionaler Produktion kommen, das leuchtet jeder Verbraucherin, jedem Verbraucher unmittelbar ein. Wir können es erkennen, weil die Händler das Herkunftsland auf der Verpackung oder dem Schild an der Obsttheke angeben müssen. Doch bei vielen anderen Produkten tappen wir im Dunkeln. Wir kommen gar nicht auf die Idee, dass auch saisonunabhängige hochverarbeitete Lebensmittel dreimal um die Welt gereist sein könnten, bevor sie in unserem Einkaufskorb landen. Denn die Industrie importiert längst nicht nur Dinge, die es bei uns nicht gibt.

Die Industrie importiert genauso das eher saisonunabhängige Tomatenmark aus China, Hühnerfleisch aus Brasilien und Honig aus Uruguay. In den allermeisten Fällen ist der Grund dafür ganz einfach: Das Lebensmittel in einem anderen Land zu produzieren und dann um die halbe Welt zu verschiffen, ist immer noch günstiger, als es bei uns herzustellen.

Ja, und? Ist das nicht einfach okay in einer globalisierten Welt? Internationale Arbeitsteilung eben. Profitieren davon nicht alle? Wir, weil wir (noch mehr) Tomatenmark bekommen, und China, weil China Geld damit verdient, uns Tomatenmark zu verkaufen? Ja, na ja! Also einmal ganz von dem ökologischen Irrsinn abgesehen, das Mark per Schiff um die halbe Welt zu schicken, gibt es da noch einen ganz anderen Aspekt.

Wann immer ein Lebensmittel sehr billig ist, stellt sich die Frage: »Wer bezahlt dafür, wenn nicht wir?« Und eines ist sicher: Einer zahlt. Im Falle der Tomaten sind es etwa Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter, die die Tomaten auf den Feldern im chinesischen Xinjiang anbauen. Im Falle der Chicken Nuggets sind es die Hühner – und die Menschen, die in Polen oder Brasilien das Fleisch unter erbärmlichen Arbeitsbedingungen zerlegen. Und im Falle der Rosen, ein Strauß für 1,99 Euro im Discounter, sind es Arbeiterinnen und Arbeiter in Kenia, die bei uns längst verbotene Spritzmittel ohne Schutzkleidung sprühen. So ganz okay ist das also nicht – zumindest längst nicht immer.

Deswegen schauen wir bei ÖKO-TEST gerade bei herkunftskritischen Lebensmitteln genau hin: Woher stammen die Produkte? Wie wurden sie angebaut und von wem, unter welchen Bedingungen? Eine Herkunft, die sich überraschend häufig durch viele Lebensmitteltests zieht, ist China. Dass Technik, Spielzeug und Möbel oft aus China kommen, ist klar. Aber Weinblätter, Bio-Kidneybohnen, Bio-Erdnüsse, Honig? In unserem Test Weinblätter1 2023 stammten fünf der 20 Produkte gesichert aus China, zudem wollten fünf Hersteller die Karten nicht auf den Tisch legen, was die Herkunft betrifft. Und nur ein einziges Produkt kam tatsächlich aus Griechenland, wie die netten blau-weiß gehaltenen Verpackungen der »Dolmadakia« das häufig suggerieren. Von den sechs Bio-Kidneybohnen-Marken, die wir 2021 in unserem Test Kidneybohnen2 überprüft haben, stammten alle (!) aus China. Bio, wohlgemerkt. Die konventionellen hingegen kamen aus den USA, Kanada, Argentinien und Italien. Gleiches galt für die Erdnüsse3 im selben Jahr: Vier von fünf Bio-Erdnuss-Marken bezogen ihre Nüsse aus China, die konventionellen stammten fast alle aus Argentinien. Bei den »Iglo Kräutern italienischer Art« in unserem Test Tiefkühlkräuter4 stammte der Knoblauch aus China, die »Freshona 8 Kräuter« von Lidl kamen zwar nicht aus China, aber aus dem Rest der Welt – Dill aus Indien, Petersilie aus Großbritannien, der »Rest« aus Frankreich und Polen. Dill aus Indien? Lidl, echt jetzt? Was ist da los?

Und der Honig5? Gerade einmal drei der von uns 2022 getesteten Produkte kamen aus Deutschland. Die anderen waren Mischungen, oft mit der alles und nichts sagenden Deklaration EU/Nicht-EU – über diese Nichtaussage ärgern wir uns an späterer Stelle noch mehr. Auch bei den Leinsamen überraschte uns die Herkunft. Fünf der 20 Produkte im Test Leinsamen6 2022 stammten aus Indien – auch das allesamt Bio-Produkte –, acht weitere aus Kasachstan. Aus Deutschland kam kein einziges, nur eines, immerhin, aus Österreich, ein anderes aus Frankreich.

Schauen wir uns ein paar besonders extreme Beispiele an: Tomaten aus China, Erdbeeren aus Spanien, Ägypten und Marokko, Rosen aus Kenia und Honigmischungen aus der ganzen Welt.

Tomaten aus China

Machen Sie doch mal Ihre Kühlschranktür auf. Wenn dort eine Flasche Ketchup steht, eine Tube Tomatenmark liegt oder im Tiefkühlfach eine Fertigpizza auf den Moment wartet, in dem Sie schwach werden – wissen Sie, woher die Tomaten stammen, die darin stecken? Schauen Sie sich die Produkte einmal an. Finden Sie Hinweise? Am ehesten vielleicht noch bei dem Mark – je stärker verarbeitet die Lebensmittel sind, je mehr Zutaten zusammengemischt werden, desto schwieriger ist es, die Herkunft der Rohstoffe zurückzuverfolgen. Meist steht gar nichts da, das ist auch erlaubt – die Hersteller müssen die Herkunft ihrer Rohstoffe nur unter ganz bestimmten Bedingungen nennen. Bio-Hersteller beispielsweise müssen das. Aber so eine Angabe wie »EU« oder »Nicht-EU« reicht auch dann meistens aus. Fast ein bisschen wild wird es, wenn Hersteller »EU/Nicht-EU« auf die Verpackung schreiben, als seien Jupiter oder Mond eine weitere mögliche Herkunft. Auf Ihrem Ketchup steht nichts? Auch auf der Pizza nicht? Die Wahrscheinlichkeit, dass in Ihrem Kühlschrank auch chinesische Tomaten liegen, ist gar nicht mal so klein. Und das ist nicht »nur« ein ökologisches Problem, sondern leider auch ein menschenrechtliches.

China ist der größte Produzent von Tomaten weltweit. Das Land produziert auf einer Fläche von mehr als 1 Million Hektar Tomaten, die Produktionsmenge übersteigt die Italiens etwa um das Zehnfache. Das mag jetzt überraschen, weil Tomaten ja nicht unbedingt auf dem täglichen Speiseplan der chinesischen Küche stehen. Die Chinesen bauen diese riesigen Mengen auch nicht für sich selbst an, sondern für den Export. Und diese Tomaten schicken sie zu Mark verarbeitet mit Containerschiffen in die ganze Welt – auch zu uns, auch nach Italien.

Die Ironie der Geschichte: Die Italiener klagen heute über die billige Konkurrenz Chinas – dabei waren sie es, die den Chinesen die Maschinen und das Know-how in den 1990er-Jahren gebracht haben, weil sie eben billiges Tomatenmark kaufen wollten. Und den Preis der Chinesen, den schlägt nun einmal keiner. Die Produktionskosten in China sind viel niedriger, darunter auch die Arbeitskosten. Denn wenn die Arbeiterinnen und Arbeiter auf den Feldern in China bezahlt werden, dann bekommen sie einen Hungerlohn. Die Betonung liegt auf wenn, denn in der Hauptanbauregion Chinas, in Xinjiang, arbeiten auch Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter. Uigurinnen und Uiguren, die in Lagern festgehalten werden und überhaupt kein Geld für ihre Arbeit bekommen – Sklavenarbeiter. Menschenrechtsorganisationen schätzen die Zahl der inhaftierten Muslime auf über eine Million. Das macht es, sarkastisch gesprochen, natürlich relativ einfach, billig zu produzieren. Hinzu kommt: Die Umweltauflagen sind niedrig, der Schiffstransport günstig. Und tatsächlich gibt es auch ökologisch gesehen einen positiven Aspekt: Die Anbaubedingungen in Xinjiang sind klimatisch ideal – energetisch intensive und damit auch teure Gewächshäuser wie in Holland oder Deutschland sind nicht nötig. Doch das wiegt die katastrophalen menschenrechtlichen Zustände ja nicht auf.

Die USA etwa haben 2022 ein Importstopp für Tomaten und Baumwolle aus Xinjiang beschlossen, wegen menschenrechtlicher Bedenken. Bei uns und in der ganzen EU stehen weiterhin Ketchups, Grillsoßen und Co. mit Tomaten aus Xinjiang in den Supermarktregalen. In der ganzen EU? Nein, nicht in Italien. In Italien läuft das Geschäft mit den chinesischen Tomaten ganz, ganz schlecht. Denn Italien hat ein echtes Herkunftskennzeichnungsgesetz. In Italien muss auf einer Dose Tomaten stehen, dass sie aus China kommen, wenn sie aus China kommen. Und das kommt bei den Italienern nur so mittelgut an – chinesische Tomaten verkaufen sich nicht im Land der »pomodori«.

Warum Italien dann einer der größten Abnehmer von chinesischem Tomatenmark ist? Weil Italien die importierten Tomaten wieder exportiert, nachdem es die Produkte »veredelt« hat. So nennt man das fröhlich-euphemistisch in der Branche, wenn man etwa ein bisschen Salz dazu mischt und das Mark dann neu verpackt. Italienisches Fähnchen drauf, fertig sind die »pomodori italiani«. Italien exportiert 100 Prozent der aus China importierten Tomaten wieder als »italienische« Tomaten in den Rest der Welt. Bis April 2020 auch in den Rest der EU. Das geht so jetzt nicht mehr, zumindest nicht so ganz einfach.

Wie es geht, das regelt die EU-Verordnung mit dem entspannt klingenden Namen »Durchführungsverordnung (EU) 2018/775 der Kommission vom 28. Mai 2018 mit den Einzelheiten zur Anwendung von Artikel 26 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel hinsichtlich der Vorschriften für die Angabe des Ursprungslands oder Herkunftsorts der primären Zutat eines Lebensmittels«. Darin steht, vereinfacht: Hersteller dürfen weiterhin mit einer bestimmten Herkunft eines Lebensmittels werben, wenn das Lebensmittel nicht aus dem beworbenen Land stammt – aber, und das ist der Unterschied zu vorher, seit 2020 muss irgendwo auf der Verpackung im Kleingedruckten stehen, dass die sogenannte Primärzutat eben nicht aus dem entsprechenden Land stammt.

In unserem Beispiel bedeutet das also: Wenn die Italiener chinesisches Tomatenmark in der EU verkaufen wollen, dürfen sie das – wenn die Verpackung nicht den Eindruck erweckt, dass die Tomaten aus Italien stammen. Und selbst das dürfen sie, also italienische Fähnchen draufmalen und »pomodori di nonna« draufschreiben. Nur muss dann irgendwo im Kleingedruckten stehen, dass die Tomaten »nicht aus Italien« stammen. Diese Nichtangabe genügt. Dass die Tomaten in dieser italienischen Verpackung aus China kommen, das muss nirgendwo stehen. Die Latte hängt also nicht hoch.

Wenn nun aber auf einer Tomatensoße steht: »100 Prozent italienische Tomaten«, ist dann alles fein? Na ja! Dann kommen die Tomaten zwar aller Wahrscheinlichkeit nach aus Italien. Aber gerade im Süden Italiens liegt leider auch einiges im Argen im Anbau. Zwar arbeiten dort keine Zwangsarbeiter auf den Feldern, aber eben viele Menschen, die illegal dort leben, die für einen Hungerlohn in der sengenden Hitze Tomaten pflücken. Von den paar Euro, die sie am Tag verdienen, müssen sie noch Geld an die »caporali« abdrücken: Schlepper, die diese Arbeitskräfte vermitteln. Der internationale Verbund von Hilfs- und Entwicklungsorganisationen Oxfam hat eine Studie zu den Arbeitsbedingungen auf den süditalienischen Feldern veröffentlicht. Das krasse Ergebnis, weil, immerhin, wir reden hier von der EU: Die Arbeiterinnen und Arbeiter bekommen im Schnitt nicht einmal 4 Euro für 300 (!) Kilo gepflückte Tomaten. Sie arbeiten oft zehn Stunden oder mehr ohne Pause. Und viele von ihnen leben in Gettos ohne fließend Wasser und Strom. Diese dunkle Seite des Tomatenanbaus in Süditalien, die ist immer wieder Thema in den italienischen Medien. Immer wieder schreit die Öffentlichkeit auf. Und immer wieder tut sich nichts.

In Italien gibt es, wie bei so vielem, auch im Tomatenanbau eine scharfe Trennlinie zwischen Nord und Süd. Im Norden sind die Arbeitsbedingungen vielfach okay, überhaupt geschieht viel automatisiert und es gibt viel Bio-Anbau. Wer also guten Gewissens Tomaten essen will, kann darauf achten, dass es auf der Verpackung Hinweise auf eine norditalienische Herkunft gibt.

Zugegeben, das war jetzt alles ziemlich düster. Zeit also, noch etwas düsterer zu werden. Denn die Arbeiterinnen und Arbeiter auf den italienischen Feldern, die dort oft illegal leben, kommen häufig aus Afrika. Und die Tomaten, die sie dort in der sengenden Hitze für einen Hungerlohn pflücken, die werden auch in ihre Heimat geschickt. Nicht die frischen, die guten. Die landen bei uns. Aber die, die unseren Ansprüchen eben nicht genügen, werden in Afrika so billig verscherbelt, dass sie die lokalen Märkte zerstören.

Jean-Baptiste Malet, ein französischer Autor, der zwei Jahre lang für sein Buch Das Tomatenimperium die ganze Welt bereist hat, schreibt, dass der Tomatenabfall, der nach Afrika verkauft werde, in der Branche »black ink«, schwarze Tinte, heiße. So nenne man ein Konzentrat, das so alt sei, so oxidiert, dass es seine rote Farbe längst verloren hat. Wie der Name schon sagt: Es ist schwarz. Manche Hersteller würden die schwarze Tinte mischen, mit guten oder zumindest etwas besseren Tomaten. Aber das, das sei die Ausnahme. »Die gängigste Methode ist nämlich, das Zeug mit noch günstigeren Zutaten zu panschen, etwa mit Stärke und Sojabohnenfasern, und dann etwas roten Farbstoff hinzuzugeben, damit es frischer aussieht.«7 Der afrikanische Zoll in Tunesien oder in Algerien entdeckt immer wieder abgelaufene, vergammelte Ware. Immer wieder veröffentlicht die afrikanische Presse diese Meldungen. Und immer wieder passiert nichts.

Zusammenfassung

In aller Kürze: TOMATEN

China ist der größte Produzent von Tomaten weltweit.

Italien importiert chinesisches Tomatenmark, steckt es in italienisch aussehende Verpackungen und schickt es in den Rest der Welt – als italienisches Tomatenmark.

Sieht eine Verpackung italienisch aus, steht dort »pomodori« und prangt darauf ein italienisches Fähnchen, kann es sein, dass die Tomaten nicht aus Italien kommen. Das muss dann aber irgendwo im Kleingedruckten stehen.

Steht auf der Verpackung: »Tomaten 100 Prozent aus Italien«, ist alles fein? Leider nein. Auch in Süditalien sind die Arbeitsbedingungen der Pflückerinnen und Pflücker oft miserabel.

Gibt’s das auch in Grün?

Schwierig. Bei frischen Tomaten wäre es noch relativ einfach – wir könnten raten, dass Sie selbst welche anbauen, dass Sie welche im Hofladen kaufen, natürlich regional, saisonal und bio. Bei verarbeiteten Tomatenprodukten stehen wir Verbraucherinnen und Verbraucher häufig vor großen Hürden, was das Erkennen der Herkunft betrifft – und je verarbeiteter die Produkte sind, desto größer die Hürde. Beginnen wir also mit den am wenigsten verarbeiteten, den geschälten Tomaten aus der Dose oder dem Glas. Die gute Nachricht hier ist, dass diese Produkte unseren Tests nach für gewöhnlich nicht aus China kommen. Die allermeisten stammen demnach aus Italien. Nur wissen wir ja nun: Auch dort gibt es Probleme im Anbau – einen hohen Wasserverbrauch in eher trockenen Gebieten und vor allem menschenrechtliche Probleme, was die Arbeiterinnen und Arbeiter auf den Feldern betrifft. Hier gilt: Die Arbeitsbedingungen in Norditalien sind im Vergleich zu denen in Süditalien recht gut. Wer also guten Gewissens Tomaten essen will, kann auf Hinweise wie »100 Prozent Tomaten aus der Toskana« achten. Bei hochverarbeiteten Produkten wie Ketchups oder Soßen sind die Hürden, vor denen wir stehen, allerdings häufig zu hoch. Da haben wir meist überhaupt keine Chance zu erkennen, woher die Tomaten stammen, die in dem Produkt verarbeitet wurden. Frustrierend? Ja, aber leider legal.

AUTSCH

In vielen verarbeiteten Tomatenprodukten wie Ketchups, Grillsoßen oder Pizzen stecken chinesische Tomaten.

Auf den Feldern in Xinjiang, der chinesischen Hauptanbauregion für Tomaten, arbeiten geschätzt eine Million Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter auf den Feldern – Uigurinnen und Uiguren, die in Lagern festgehalten werden.

Tomatenabfall, der so vergammelt ist, dass er sich hier nicht mehr verkaufen lässt, landet rot eingefärbt oft in Afrika. Mit den Dumpingpreisen unseres Abfalls können die lokalen Bäuerinnen und Bauern nicht mithalten, ihre Existenzen werden dadurch zerstört.

Fazit

Das zeigen unsere Tests

Weil wir bei ÖKO-TEST um die Problematiken im chinesischen und im süditalienischen Tomatenanbau wissen, testen wir immer wieder Tomatenprodukte von Soßen über passierte Tomaten und Mark bis hin zu Saft – zuletzt im Jahr 2023 Ketchup8 und geschälte Tomaten9. Und natürlich wollen wir dann auch immer ganz genau wissen, woher die Tomaten stammen, die in der von uns getesteten Charge stecken. Was Dosentomaten angeht, können wir, zumindest was die mögliche Herkunft China angeht, Entwarnung geben. Die kommen unseren Tests nach in aller Regel tatsächlich aus Italien, manchmal, selten, aus Spanien oder Portugal. Was diese reinen Tomatenprodukte betrifft, ist die Sachlage auch recht einfach: Da kann man die Herkunft im Labor mit einer Isotopenanalyse nachweisen. Zusätzlich bitten wir die Hersteller, uns ihre Lieferkette bis zurück aufs Feld offenzulegen und zu belegen, was die allermeisten inzwischen tatsächlich tun.

Bei den verarbeiteten Tomatenprodukten wie Ketchups, wo zusätzlich andere Zutaten ins Spiel kommen, in dem Fall ein Haufen Zucker, wird es im Labor dann leider schwierig bis unmöglich mit dem Herkunftsnachweis. Und, Überraschung, auf einmal sind auch einige der Hersteller plötzlich etwas schweigsamer, wenn es darum geht offenzulegen, woher die Tomaten in dem Ketchup denn nun stammen. Für sieben Ketchups belegten die Hersteller die Lieferkette nur teilweise oder gar nicht. Auffällig besser: die Bio-Hersteller im Test. Bis auf einen legten sie ihre Lieferketten komplett offen und wiesen die Herkunft der Tomaten bis auf die Felder in Italien und Spanien zurück. Hier können wir immerhin sagen: In den von uns getesteten Bio-Ketchups steckten keine chinesischen Tomaten. Bei den konventionellen sah das anders aus – für die Hälfte der Produkte können und wollen wir nicht die Hand ins Feuer legen.

In vielen Tomatenprodukten von den passierten Tomaten über das Mark bis hin zum Ketchup gibt es aber noch ein ganz anderes Problem: Schimmelpilzgifte. Die von uns beauftragten Labore stoßen immer wieder auf die sogenannten Alternariatoxine, speziell auf die beiden Formen Alternariol und Tenuazonsäure. Beide sind bedenklich, Alternariol noch einmal mehr: Es wirkt »in vitro« genotoxisch, hat also in Zellstudien das Erbgut geschädigt. Den höchsten Fund unserer Tests hatten wir im Heinz-Ketchup. Der überschritt den Richtwert der EU gleich mehrfach. Ganz so hoch lagen die Belastungen in anderen Produkten nicht, aber auch fast jede fünfte Passata und sogar jedes zweite Tomatenmark im Test hatte ein Problem mit Schimmelpilzgiften.

Das bedeutet: Bei der Herstellung sind wohl schimmlige Tomaten in die Dosen gewandert. Dass die getesteten Tomatenmarks nochmal höhere Mengen enthalten, überrascht nicht, weil sie ja stärker konzentriert sind und sich so die Belastung mit Schimmelpilzgiften ebenfalls konzentriert. Immer wieder sind jedoch auch Bio-Produkte betroffen, und zwar eher stärker als konventionelle Produkte. Tatsächlich ist es für Bio-Anbieter etwas schwieriger, Belastungen mit Schimmelpilzgiften zu reduzieren, da sie keine Fungizide spritzen dürfen. Heißt aber im Umkehrschluss natürlich, dass konventionelle Hersteller Fungizide spritzen. Ist also beides nicht so richtig ideal. Unsere Tests zeigen aber auch immer wieder, dass es Bio-Hersteller gibt, die die Schimmelpilzgifte ohne Fungizide im Griff haben. Im Grunde ist das eine Frage der Sorgfalt: Die Hersteller müssen verdorbene, alte Tomaten aussortieren.

Erdbeeren aus Spanien, Marokko und Ägypten

Erdbeeren stehen bei uns im Supermarkt das ganze Jahr über. Und besonders im Frühjahr, bevor bei uns die Saison beginnt, füllen sich die Regale. Die allermeisten dieser Früherdbeeren stammen aus Spanien, genauer aus der andalusischen Provinz Huelva. Einige wenige werden sogar aus Ägypten oder Marokko zu uns eingeflogen.

In Huelva reiht sich kilometerweit ein Erdbeerfeld an das nächste, reine Monokulturen unter Plastikplanen. »Na und?«, könnte man jetzt wieder fragen. Ist doch wunderbar, wenn die Sonne in Spanien so viel früher so viel wärmer ist, dass die Erdbeeren dort schon im März reif sind? Und wenn die Spanier dann noch so viele Erdbeeren produzieren, dass sie sie gar nicht alle essen können, umso besser? Nein. Huelva gehört zu den trockensten Regionen in Europa – und der Anbau von Erdbeeren ist sehr wasserintensiv. Heißt: Mit den Erdbeeren importieren wir auch jede Menge Wasser aus einer der trockensten Regionen Europas in eine der wasserreicheren, zu uns. Rund 300 Liter Wasser verbraucht 1 Kilo Erdbeeren laut WWF im Durchschnitt – und fährt dann noch die rund 2 500 Kilometer per Lastwagen zu uns. Alles andere als ideal also fürs Klima. Um an das Wasser zu kommen, graben die Landwirte immer tiefere Brunnenlöcher, viele davon illegal. Und sie rücken immer näher an den Nationalpark Coto de Doñana – einst Spaniens wichtigstes Feuchtgebiet und Lebensraum für viele seltene Tierarten wie den Iberischen Luchs und Vogelarten wie die Uferschnepfe. Im Jahr 2022 trocknete der Park komplett aus, als Folge von Klimakrise, Tourismus und der intensiven Landwirtschaft. Der Europäische Gerichtshof verurteilte Spanien schon 2021 für die mangelnden Bemühungen, den Park zu schützen. Ohne Erfolg. Die Behörden versiegeln zwar einige der illegalen Brunnen. Sie können aber nicht so viele versiegeln, wie die Landwirte wieder neue bohren.

Also Erdbeeren aus Marokko oder Ägypten kaufen, die es sogar noch früher gibt? Bloß nicht. Deren CO2-Fußabdruck ist rund 5,5-mal so hoch wie der der spanischen Erdbeeren – einfach, weil sie eingeflogen werden. Und auch diese Regionen sind extrem trocken. Die Landwirte dort bohren so tief, dass sie an fossile Grundwasserspeicher kommen. Und die sind nicht erneuerbar. Wenn das Wasser einmal weg ist, ist es für immer weg. Wasserintensive Früchte wie Erdbeeren in dermaßen trockenen Regionen anzubauen, ist ökologischer Irrsinn.

Den Preis für die Früherdbeeren, den zahlen nicht wir an den deutschen Supermarktkassen. In unserem Test Erdbeeren im Mai 2023 kosteten die günstigsten Erdbeeren 1,94 Euro für 500 Gramm. Die deutschen Erdbeeren sind meist teurer. Den Preis zahlt die Umwelt in Ägypten und Andalusien – und die Menschen, die die Erdbeeren dort anbauen. Denn auch die Arbeitsbedingungen der Pflückerinnen und Pflücker sind alles andere als ideal. Viele der Wanderarbeiterinnen und -arbeiter haben keine Aufenthaltserlaubnis, bekommen nicht einmal den Mindestlohn und leben in Gettos ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser. Alles dafür, dass wir im März günstige Erdbeeren essen können.

AUTSCH

1 Kilo Erdbeeren schluckt rund 300 Liter Wasser. Und diese immensen Mengen Wasser transportieren wir von einer der trockensten in eine der wasserreicheren Regionen Europas.

Die riesigen Monokulturen in Huelva graben dem Nationalpark das Wasser ab – und bedrohen damit seltene Tierarten wie den Iberischen Luchs.

Deutsche Erdbeeren im Winter sind fürs Klima eine der schlechtesten Alternativen: Sie stammen aus energieintensiven Gewächshäusern. Und verursachen laut Ifeu rund 3,4 Kilo CO2-Emissionen. Damit sind sie viel schlechter für die Umwelt als die spanischen Erdbeeren aus dem Freiland, die etwa 0,4 Kilo CO2-Emissionen verursachen.

Gibt’s das auch in Grün?

Klar, die ideale Erdbeere ist die, die wir selbst in unserem Garten anbauen – regional, saisonal, bio. Oder die, die wir beim Öko-Hofladen um die Ecke kaufen, zu dem wir natürlich mit dem Fahrrad fahren. Wenn der nächste Hofladen nun aber gerade nicht um die Ecke und der eigene Garten nur ein Wunschtraum ist, können Sie auf ein paar Dinge beim Erdbeerkauf achten. Erst einmal: Die Herkunft der Erdbeeren muss am Regal oder auf der Verpackung gekennzeichnet sein. Und hier gilt, dass das Gewächshaus energetisch immer eine ganz schlechte Option ist. Heißt: Wenn in dem Land, aus dem die Erdbeere stammt, gerade nicht Saison ist, dann belastet diese Erdbeere das Klima wahrscheinlich stärker als die aus einem weiter entfernten Land, in dem die Beeren zu dem Zeitpunkt auf dem Feld wachsen. Klingt kompliziert? Brechen wir es auf ein Beispiel runter: Es ist März, im Supermarktregal liegen deutsche und spanische Erdbeeren. Wir greifen automatisch zu den deutschen? Was die schädlichen Klimagase angeht, ist das im März eine schlechte Idee. Denn deutsche Erdbeeren aus dem Gewächshaus verursachen laut dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) 3,4 Kilogramm »CO2-Äquivalente«. Hinter den CO2-Äquivalenten verbirgt sich eine Berechnung, die neben CO2 auch etwa die klimaschädlichen Gase Methan und Lachgas mit einbezieht – um mit einer einzigen Zahl die Klimawirkungen vergleichbar zu machen. Die spanischen Erdbeeren aus dem Freiland kommen demnach nur auf 0,4 Kilo. Trotzdem ist es nicht so einfach, wie es scheint. Denn wie wir wissen, bringen die spanischen Erdbeeren andere Probleme mit sich – menschenrechtliche und ökologische, den Wassermangel. Deswegen sind sie keine wirkliche Option.

Und wenn wir in eine dieser spanischen Früherdbeeren beißen, fragen wir uns auch schnell: »Dafür der Aufwand?« Sie schmecken schließlich nicht einmal. Die Sorten, die dort für den Export angebaut werden, sind hart – gemacht für den langen Transport. Das geht aber auf Kosten des Geschmacks. Und jeder, der in Spanien schon einmal Erdbeeren gegessen hat, weiß: Die Erdbeeren, die die Spanier dort verkaufen, schmecken viel besser. Aber sie sind eben zu weich für den Lkw-Transport. Und trotzdem: Wenn es unbedingt mal, und wir betonen hier das Wort »ausnahmsweise«, Früherdbeeren sein sollen, bitte wenigstens die spanischen. Die ägyptischen und die marokkanischen fliegen wir ein – und damit sind sie um ein Vielfaches schlechter fürs Klima als die spanischen.

Aber eigentlich ist der Fall klar: Erdbeeren gibt es in Deutschland von Ende Mai bis Ende Juni, Anfang Juli, so in etwa, je nach Wetter. Einige Sorten tragen auch etwas später noch. Und dann schmecken sie auch: saftig, aromatisch, frisch. Das Warten auf die Saison lohnt sich also.

Fazit

Das zeigen unsere Tests

Wir haben zuletzt für die Mai-Ausgabe 2023 Erdbeeren10 getestet. Im Februar hatten unsere Einkäuferinnen und Einkäufer in den großen Bio-Märkten, Supermärkten und Discountern Früherdbeeren aus Spanien und Ägypten eingekauft und ins Labor geschickt, um sie dort durch ein sehr umfangreiches Pestizidscreening von rund 500 Wirkstoffen laufen zu lassen. Das Ergebnis, für alle, die jetzt erwarten, dass spanische Erdbeeren vor Pestiziden nur so strotzen: In zwei konventionellen Mischproben von jeweils drei Packungen wies das von uns beauftragte Labor kein einziges Pestizid nach – solche erfreulichen Befunde haben wir selten und für gewöhnlich eher bei Bio-Waren. In diesem Test stellte sich die Lage etwas anders dar. Zwar waren auch drei der vier Bio-Produkte pestizidfrei. Im vierten hingegen, den Bio-Erdbeeren, die wir bei Tegut gekauft hatten, steckte ein bienengiftiges Pestizid. Wie das? Bio ist doch ohne chemisch-synthetische Pestizide? Ja, schon. Aber einige wenige Pestizide natürlichen Ursprungs sind auch im Bio-Anbau erlaubt. Tatsächlich handelte es sich bei der Substanz, die wir gefunden haben, um einen erlaubten Stoff, der durch Fermentation aus einem Bodenbakterium gewonnen wird, also »natürlich« ist. Trotzdem kratzt gerade ein bienengiftiges Pestizid natürlich am guten Ruf der Bio-Branche.

Dass nur zwei konventionelle Proben unbelastet waren, heißt im Umkehrschluss aber auch, dass in allen anderen acht Produkten Pestizide steckten. Trauriger Spitzenreiter im Test waren die Erdbeeren, die wir bei Norma gekauft haben. In Ihnen steckten sieben verschiedene Pestizide, wenig appetitlich. Sind Erdbeeren aus Spanien also stärker belastet als deutsche Erdbeeren? Eher nicht. Tests von Untersuchungsämtern zeigen, dass auch deutsche Erdbeeren gespritzt werden. Ob Spanien oder Deutschland, scheint in der Hinsicht viel weniger entscheidend als ob bio oder konventionell. Im Bio-Anbau sind nur sehr wenige Spritzmittel überhaupt zugelassen, die allermeisten Bio-Erdbeeren sind entsprechend auch pestizidfrei.

Zusammenfassung

In aller Kürze: ERDBEEREN

Auf den Erdbeeren, die wir im Supermarkt kaufen, muss die Herkunft deklariert sein.

Erdbeeren, die im Frühjahr bei uns verkauft werden, stammen entweder aus Ländern mit einer hohen Dürreproblematik oder aus Gewächshäusern. Beides ist schädlich für die Umwelt.

Rein von der Klimabilanz her gerechnet unterscheiden sich die spanischen von den deutschen Erdbeeren gar nicht so sehr, wenn beide im Freiland angebaut sind. 1 Kilo spanische verursacht laut Ifeu rund 0,4 Kilo CO2-Emissionen, 1 Kilo deutsche 0,3.

Schwerer wiegt der extreme Wasserverbrauch der spanischen Erdbeeren in einer sehr trockenen Region.

Warten lohnt sich auch für den Geschmack: In Spanien werden hauptsächlich festere Sorten angebaut, die beim Transport wenig anfällig sind und länger schön aussehen, dafür aber auch weniger aromatisch schmecken.

Flugrosen aus Kenia

Rosen blühen bei uns im Sommer – wir kaufen sie aber das ganze Jahr über. Woher stammen sie dann? Aus Gewächshäusern in Holland? Eher nicht. Zwar liefern die Niederlande Deutschland die meisten Rosen, aufs Jahr gerechnet. Außerhalb der Saison ist die Wahrscheinlichkeit allerdings hoch, dass die Rosen, die wir kaufen, aus Kenia, Sambia oder Äthiopien stammen. Wenn ein Strauß 1,99 Euro kostet, kann man sich sogar ziemlich sicher sein: Denn für 1,99 Euro lassen sich Blumen in den Niederlanden oder Deutschland schlicht nicht produzieren.

Der Anbau in Kenia bringt gleich fünf große Probleme mit sich. Erst einmal halten sich die Rosen natürlich nicht lang. Deswegen müssen sie so schnell wie möglich nach Deutschland – sie fliegen also, was die Klimawirkung der Blumen drastisch in die Höhe treibt. Zweitens: Der Anbau von Rosen ist wasserintensiv. Eine Studie, die das Schweizer Handelsunternehmen Migros 2019 in Auftrag gab, kam zu dem Schluss, dass eine Rose in Kenia im Durchschnitt 5 Liter Wasser verbraucht. Eine Rose. Bei einem Strauß von zwölf Rosen kommen da also 60 Liter zusammen. Und der Wasserverbrauch von drei Sträußen füllt dann schon bequem eine Badewanne. Mit den Rosen importieren wir also jede Menge Wasser aus extrem trockenen Anbauländern in ein ja (noch) eher wasserreiches Land. Und den Wasserbedarf, den decken die kenianischen Anbauer in erster Linie über den Naivashasee, dessen Wasserspiegel bereits massiv gesunken ist. Hinzu kommt, dass das Abwasser nach Angaben der Umweltschutzorganisation WWF teilweise ungefiltert zurück in den See geleitet wird und ihn mit teils hoch bedenklichen Pestiziden verschmutzt.

Womit wir bei Problem Nummer 3 sind: Pestizide. Der Rosenanbau ist extrem pestizidintensiv. Und in Kenia und Äthiopien sind viele Giftstoffe erlaubt, die in der EU längst verboten sind, weil sie entweder für die Umwelt oder für die Menschen zu gefährlich sind. Das führt uns zu Problem Nummer 4: Die Menschen, die die Rosen in Afrika anbauen, tun das häufig ohne Schutzkleidung, ohne entsprechende Schulungen. Pestizidvergiftungen bis hin zum Tod sind keine Seltenheit. Und wo wir bei den Menschen in Kenia sind, kommt Problem Nummer 5 ins Spiel: Die riesigen Felder, die immensen Mengen Wasser, die könnten in Afrika sicherlich sinnvoller verwendet werden als für den massenhaften Anbau von Blumen für Europäer – für Nahrungsmittel, um die Bevölkerung zu versorgen. Alles in allem also doch ein recht hoher Preis dafür, dass wir im Februar ein paar hübsche Blumen auf dem Tisch stehen haben.

Rosen aus den Niederlanden sind im Winter ökologisch gesehen trotzdem keine Alternative. Dort verbrauchen die Rosen zwar weniger Wasser, wachsen dafür aber in beheizten Gewächshäusern. Die verursachten Emissionen sind dadurch insgesamt sogar deutlich höher als etwa bei den kenianischen Flugrosen.

AUTSCH

Mit dem teuren Fleurop-Strauß für fast 28 Euro verschickte der Anbieter in unserem Test 2023 gleich 21 verschiedene Spritzgifte.

Die Arbeiterinnen und Arbeiter auf den Feldern in Kenia und Äthiopien spritzen oft ohne Schutzkleidung Pestizide, die so gefährlich sind, dass sie bei uns längst verboten sind.

Mit den Rosen importieren wir pro Strauß von zwölf Blumen durchschnittlich 60 Liter Wasser von einem sehr trockenen in ein wasserreiches Land.

Gibt’s das auch in Grün?

Regional, saisonal, bio – wir singen das Loblied auf diesen Dreiklang so oft, weil diese Aspekte so wichtig sind. Im Falle von Blumen gilt das Loblied leider mit einer Einschränkung: Bio-Blumen gibt es bisher nur wenige, der Marktanteil ist verschwindend gering. Es kann also gut sein, dass es in Ihrer Stadt überhaupt kein Angebot an Bio-Blumen gibt. Das wirft uns zurück auf regional und saisonal – auch schon eine ziemlich gute Kombination. Denn was, wenn wir nur noch dann Blumen auf unserem Tisch stehen haben, wenn sie draußen auch wachsen? Schnittblumen sind ein Luxusgut, wir brauchen sie nicht. Schön sind sie, ja, aber eben kein Brot, nicht unentbehrlich.

Rund 80 Prozent unserer Schnittblumen importieren wir nach Deutschland – 80 Prozent! Und dann gibt es nicht einmal eine Deklarationspflicht für die Herkunft, sodass wir eigentlich gar nicht erfahren können, woher unsere Blumen stammen. Die allermeisten der importierten Blumen kommen aus den Niederlanden, gefolgt von Kenia. Beide Herkünfte sind ökologisch gesehen problembehaftet. Bei den niederländischen Blumen ist nicht einmal klar, ob sie wirklich aus unserem Nachbarland kommen oder einfach nur dort weitergehandelt werden. Und wenn sie wirklich aus den Niederlanden stammen, verursachen die Blumen in weiten Teilen des Jahres immens viele schädliche Treibhausgase – immer dann, wenn sie außerhalb der Saison im Gewächshaus angebaut werden. Sie sind damit sogar noch schlechter fürs Klima als die aus Kenia mit dem Flugzeug hierher transportierten. Da geht es aber nur um die CO2-Bilanz – in Kenia gibt es massive menschenrechtliche Probleme, zudem verbrauchen die Blumen in dem sehr trockenen Land immense Mengen an Wasser.

Also keine Rosen zum Valentinstag? Genau. Die ja ohnehin wenig kreativ Beschenkte freut sich gewiss auch über ein paar Pralinen. Und von Mai bis September, wenn bei uns die meisten Blumen blühen, können Sie Ihrer Liebsten, Ihrem Liebsten guten Gewissens Blumen schenken – regional und saisonal, vielleicht sogar bio. Sie können auch auf das Label der Slowflower-Bewegung achten, die sich regionalen, ungespritzten Blumen verschrieben hat.

Wer unbedingt außerhalb der Saison Blumen kaufen möchte, kann zumindest auf das Fairtrade-Siegel achten. Die Zertifizierung steht dafür, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter Schutzausrüstungen bekommen und geschult werden, was die Anwendung von Pestiziden betrifft. Außerdem dürfen sie sich gewerkschaftlich organisieren und bekommen den Mindestlohn plus eine Fairtrade-Prämie. Zudem ist eine ganze Reihe an Pestiziden im Fairtrade-Anbau verboten.

Fazit

Das zeigen unsere Tests

Pünktlich zum Valentinstag haben wir 2023 für unsere Februar-Ausgabe Rosen11 getestet. Das erschreckende Ergebnis: Kein einziger Strauß kam ohne Pestizidcocktail daher, jeder dritte Strauß enthielt sogar eine zweistellige Zahl. Erschreckend deshalb, weil wir schon 2017 Rosen getestet hatten – und sich seither nichts Grundlegendes an der Situation verändert hat. Die Probleme – Wasser, Pestizide, Umwelt, Menschenrechte – sind bekannt, nur: Es tut sich nichts.

Unbefriedigend ist das Ergebnis auch deshalb, weil unser Test gezeigt hat, dass es nicht ganz leicht ist, bessere von schlechteren Sträußen zu unterscheiden. Gleich 21 verschiedene Spritzgifte verschickte Fleurop mit seinem teuren Strauß für 28 Euro – und am besten schnitt ein Billigstrauß für 2,99 Euro ab. 2,99 Euro für ganze zehn Rosen. Zehn Rosen, die gepflanzt, gepflegt, gegossen und hierher geflogen werden. Wie ist ein solcher Preis möglich? Indem andere ihn bezahlen. Die Umwelt und die Arbeiterinnen und die Arbeiter auf den Rosenfeldern. Und das ist selbst bei Fairtrade-Rosen nur ein bisschen besser.

Denn was wir kritisieren und was unsere Tests zeigen: Auch Fairtrade-Rosen sind oft stark mit Pestiziden belastet. Weil die Liste der verbotenen Stoffe nicht lang genug ist. Und: Mindestlöhne sind das eine. Die Arbeiterinnen und Arbeiter brauchen aber existenzsichernde Löhne. Also Löhne, mit denen sie ihr Leben finanzieren können. Und das, so traurig es ist, hat auch Fairtrade bisher nicht für sie herausgeschlagen.

Zusammenfassung

In aller Kürze: ROSEN