Gitarrengeist - ein Dschinn für Andrew - Vidora Black - E-Book

Gitarrengeist - ein Dschinn für Andrew E-Book

Vidora Black

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Beschreibung

Wie viel Magie braucht man, um sich seine Träume zu erfüllen? Seit er allein in die Großstadt gezogen ist, wird Andrews Leben mit jedem Tag schwieriger. Seine Kumpels beklauen ihn, obwohl das Geld kaum für die Miete reicht, sein Ex-Freund mutiert zum Stalker und der Traum von einer Karriere als Musiker scheint unerreichbar. Als dann auch noch eines Morgens plötzlich ein nackter junger Mann in seinem Bett liegt und behauptet, ein Dschinn zu sein, der ihm alle seine Wünsche erfüllen will, ist das Chaos perfekt. Oder ist es vielleicht genau das Wunder, auf das Andrew gewartet hat?

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Seitenzahl: 259

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Vidora Black

Gitarrengeist –

ein Dschinn für Andrew

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2017

http://www.deadsoft.de

© the author

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte:

© FX Quadro – shutterstock.com

© Nikolay Antonov – shutterstock.com

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-151-2

ISBN 978-3-96089-152-9 (epub)

Inhalt:

Wie viel Magie braucht man, um sich seine Träume zu erfüllen?

Widmung

Für alle,

Regen prasselte auf die Vordächer der Einkaufspassage und tanzte mit Gitarrenklängen durch die Straße.

Andrews Finger glitten kraftvoll über die Saiten – seine Anschläge sollten das Rauschen übertönen. Kälte kroch unter seine Jacke, doch das Vibrieren seiner Stimme hielt ihn warm. Auf die Musik war immer Verlass.

Bei diesem Mistwetter wagten sich nicht viele Leute auf die Straße. Zumindest für New Yorker Verhältnisse. Sie saßen lieber zu Hause und bestellten ihre neuen Schuhe online, statt an den Schaufenstern zu bummeln. In den zwei Stunden, die er jetzt hier auf seinem Klapphöckerchen saß, hatten gerade mal knapp drei Dollar ihren Weg in den Gitarrenkoffer gefunden. Das war mager. Andrew warf den Münzen einen resignierten Blick zu, auf dass sie seine Unzufriedenheit bemerkten und sich teilen sollten … tja, aber so funktionierte das Leben leider nicht. Die Dinge taten selten, was sie sollten. Und die Menschen erst recht. Sie gingen an ihm vorüber, ohne ihn wirklich zu beachten. Aber das lag an ihm. Er hätte jeden, der in seine Nähe kam, mit einem Blick einfangen und hierher lenken müssen. Ein charmantes Lächeln zum Gitarrenspiel brachte Extrapunkte, er hatte es oft genug bei anderen beobachtet. Aber immer wenn er es versuchte, gefror sein Gesicht auf seltsame Art und vermutlich machte er den Leuten damit eher Angst, als dass er sie anlockte und zum Spenden überredete. Deswegen ließ er es sein, beobachtete nur ihre Füße und wie sie an ihm vorbeigingen, wie die Tropfen aus den Pfützen hochsprangen, wenn ein Fahrrad hindurchfuhr, und wie die Gassi geführten Golden Retriever und Beagles einer nach dem anderen an die Laterne an der Ecke machten.

Langsam fühlten sich seine Fingerspitzen taub an. Andrew rollte die Zehen in seinen Turnschuhen zusammen. Seine Stimme blieb kraftvoll, um die leicht entglittenen Töne zu übertünchen. Zehn Pennys rieselten auf das schwarze Futter. Andrew nickte der fremden Frau zu und versuchte ein Lächeln. Vielleicht lag es auch an der Songauswahl. Die Beatles wären vermutlich besser gewesen als Thirty Seconds To Mars. Aber ihm war einfach danach. Nicht die richtige Einstellung zum Geldverdienen. Die Voraussetzungen waren also insgesamt beschissen. Er war kein Bühnencharmeur, das Wetter war schlecht, die Musik passte nicht zur Zielgruppe und seine Werkzeuge arbeiteten unpräzise. Situation analysiert, Problem gefunden … keine Lösungsansätze. Er lächelte innerlich während er sang.

Sie waren nur zu zweit, die Musik und er. Das reichte eigentlich und es war schön. Andrew schloss die Augen, spürte, wie die Worte des Liedtextes auf seinen Lippen prickelten, bevor sie von den Noten weggetragen wurden. Vielleicht war auch der Regen gar nicht sein Feind, sondern genau die richtige Kulisse für diesen Song. Vielleicht war es genau so, wie es sein musste. Für ein paar Atemzüge verschwand die Einkaufspassage mit ihren Stiefeln, Pfützen und nassen Dackeln ganz aus seiner Wahrnehmung.

Ein Räuspern unmittelbar neben ihm ließ Andrew die Augen öffnen und den Song mittendrin abbrechen. Es war wie das Erwachen aus einem Traum, kurz vor dem ersehnten Happy End. Man musste die Enttäuschung in seinen Augen sehen, als sie für einen Moment irritiert in das Gesicht eines fremden Mannes starrten.

»Entschuldigung, junger Mann, ich muss Sie bitten, diesen Platz zu räumen.«

Andrew legte seine flache Hand auf die Saiten und warf noch einen Blick zu seinen Einnahmen, ehe er aufstand, sich davor hockte und sie einzusammeln begann. Es war nicht das erste Mal, dass er weggeschickt wurde, aber die Einkaufspassage war ihm zu lieb, um sie gar nicht mehr zum Spielen zu besuchen, deswegen kehrte er oft hierher zurück.

»Sie haben Fans im Kollegenkreis, deswegen habe ich mich erst erkundigt, ob eine Genehmigung von öffentlicher Seite vorliegt. Leider war das nicht der Fall, also …« Seine Stimme klang, als hätte sie nicht viel Übung darin, so etwas wie Bedauern zu transportieren.

»Schon klar«, murmelte Andrew und zog die Reißverschlüsse seiner Gitarrentasche zu, ehe er sie sich vorsichtig über die Schulter hob. »Bin schon weg.«

Er räumte das Feld, ohne den Vertreiber genauer anzusehen.

Mit kalten Fingern wendete er die Münzen in seiner Jackentasche. Vielleicht waren es dreieinhalb Dollar. Er brauchte einen neuen Platz, einen besseren. Bei gutem Wetter wäre der Park eine mögliche Anlaufstelle gewesen, aber dort würde bei dem Wetter erst recht niemand wegen ihm stehen bleiben.

Andrew hob den Kopf. Graue Wolken wohin das Auge sah. Gut, dann also zur U-Bahn. Nicht sein bevorzugter Ort zum Spielen. Zu viele Dealer, zu viele Besoffene. Aber eben auch mehr Publikum und kein Regen. Es half ja nichts. Langsam joggte er die Treppen hinunter, hielt von oben schon Ausschau nach einer guten Stelle, an der er den Rest seines Nachmittags sitzen und spielen konnte. Nicht neben einem Mülleimer, wenn’s ging. Und nicht direkt unter einem der Hinweisschilder, auf denen die Tauben gerne saßen.

Seine Augen streiften dutzende von Personen in dem Gewusel, das sie bildeten, ohne dass er sie wirklich sah. Es war eher ein Wahrnehmen. Doch dann stockte er, blieb auf der Stufe stehen und vergewisserte sich. Nein, kein Zweifel, es waren dieselben blonden Ponyfransen und dieselbe rote Jacke mit den weißen Aufnähern an den Schultern. Andrew schluckte und machte auf den Hacken kehrt. Eilig stieg er die Treppen wieder hinauf. Nicht diese Station also … er musste wohl zur nächsten.

»Andrew?«, rief jemand hinter ihm.

Fuck.

Er hatte heute wirklich kein Glück. Er wollte nicht mit ihm reden. Und er wollte ihm auch nicht zuhören. Konnten sie es nicht einfach dabei belassen? Hatte die letzten Wochen doch auch super funktioniert. Er hatte schon fast angefangen gehabt, nicht mehr an ihn zu denken.

Die Schritte kamen auf ihn zu. Und Andrew rannte los. Raus aus der Überdachung, rein in den Regen. Die Gitarrentasche schaukelte auf seinem Rücken wild hin und her. Er hetzte über eine Ampel, die gerade von Grün auf Rot umsprang, rempelte einen Mann mit Aktentasche an, wandte nicht mal den Kopf. Weiter um die nächste Ecke, vorbei an ein paar Müllcontainern, wo eine aufgeschreckte Katze ihm auswich. Wieder um die Ecke.

Mitten rein in ein mit Regen gefülltes Schlagloch. Stolpernd ging er zu Boden, fing sich notdürftig mit den Händen ab. »Scheiße!« Sein Knie pochte, seine Hände waren nass und dreckig und sein linker Schuh komplett aufgeweicht. Er rappelte sich wieder auf die Beine und rannte weiter. Noch drei Straßen weiter, ehe er sich sicher fühlte. Angestrengt atmend drückte er sich an eine Hauswand. Abgehängt. Noch mal Glück gehabt. Fröstelnd rieb er sich die Oberarme. Seine Jacke war durch. Aber nach Hause gehen und warm duschen war jetzt nicht drin. Justin hatte ihn gesehen und auch wenn er ihn nicht mehr verfolgen konnte, würde er doch davon ausgehen, dass er nach Hause gelaufen war. Er warf einen Blick auf die Uhr. Wie lange ab jetzt? Welche Zeitspanne war sicher? Drei Stunden? Eigentlich war Justin nie ein besonders geduldiger Mensch gewesen … aber er konnte eine verdammte Hartnäckigkeit an den Tag legen, wenn er wollte. Ja, drei Stunden waren das Mindeste. Besser vier. Besser, es wäre schon dunkel, wenn er heimkam. Selbst Justin würde nicht den halben Tag vor der Tür verbringen wollen.

Andrew schob die Tür zu einer Boutique auf und schlüpfte in die Wärme des Verkaufsraumes. Ein tiefes Seufzen entglitt ihm und er schob sich die nassen Haare, die an seinen Wangen klebten, aus dem Gesicht.

»Kann ich Ihnen helfen?«

»Nein, ich schaue nur.«

Wenn er schon gerade keine tragen konnte, konnte er sich ja wenigstens trockene Klamotten ansehen, oder? Ein bisschen hatte er Bedenken, dass sie ihn rauswerfen würden, denn besonders dekorativ sah er im Moment nicht aus, eher wie ein Penner, der in eine Pfütze gefallen war. Nein, eigentlich hatte er nur einen schlechten Tag. Das Best Guess hatte geschlossen, weil seinen Chef und dessen Frau spontan das Reisefieber gepackt hatte. Vielleicht eine Form von Midlife-Crisis. Auf jeden Fall blieb damit ein halber Monat Gehalt aus und das war absolut tödlich. Wenigstens das Geld für die Miete musste er irgendwie zusammenkratzen und dafür brauchte er mehr als drei Dollar zehn.

Uninteressiert schweifte sein Blick über die Kleiderständer. Er bewegte sich betont langsam durch die Gänge, damit sein Schuh nicht dieses ekelhaft auswringende Geräusch von sich gab, wenn er sich bewegte. Spontan griff er nach einem Bügel mit einem dunkelblauen Sweatshirt. Ja, das war gut. Schnell war auch eine Hose der passenden Größe gefunden und der Weg zur Umkleide eingeschlagen.

Andrew zurrte den Vorhang zu und entledigte sich der nassen Turnschuhe, dann folgten die Socken, dann die Hose, an der sich die Feuchtigkeit jede Minute weiter nach oben arbeitete. Beim Ausziehen merkte er, wie alles klebte. Handtücher gab es hier leider nicht zu kaufen, sonst hätte er so eins auch noch mit in die Kabine genommen. Leise seufzend zog er sich die Jacke aus und den Pulli, den er darunter trug. Einzig seine Boxershorts schien bisher von der Nässe verschont geblieben zu sein. Wie gut es tat, die klammen Sachen los zu sein. Er atmete durch und griff dann nach der neuen Hose und dem Shirt, zog beides an. Der Stoff war warm und trocken, die Jeans roch ein bisschen nach Chemie, aber das war egal. Andrew rieb seine nackten Füße über den Teppichboden und lehnte sich an die Rückwand der Kabine. Ja, das war besser. Viel besser.

In den Kabinen, die an seine grenzten, hörte er reges Stoffrascheln.

»Steht mir das?«

»Sieht mein Arsch in der Hose fett aus?«

Eine Weile hörte er den Belanglosigkeiten zu und wartete darauf, dass seine eigenen Klamotten trockneten und die fremden seinen Körper neu aufwärmten. Je mehr in dem Geschäft los war, umso länger würde man ihn nicht bemerken. Sein müder Blick fiel auf den Spiegel an der rechten Seitenwand. Eigentlich sah die Jeans nicht mal schlecht aus. Die Nähte setzten sich weiß von dem dunklen Stoff ab und die Taschen saßen genau an den richtigen Stellen. Neugierig drehte er die Hüfte ein wenig. Nein, sein Arsch sah definitiv nicht fett in der Hose aus, im Gegenteil … Er griff nach dem Preisschild. Fünfundzwanzig Tacken. Momentan gab die Kasse das leider nicht her. Er schnaubte und zog sein Handy hervor. Ein bisschen surfen würde die Zeit schon totschlagen.

»Alles okay da drinnen?« Eine Silhouette erschien vor dem Vorhang. Er war doch kaum eine Stunde hier …

»Ja, alles okay, ich kann mich nur so schlecht entscheiden«, erwiderte er.

»Ich helfe Ihnen gerne bei der Auswahl, Mister.«

Prüfend befühlte er die Hosenbeine seiner alten Jeans. Die Kälte saß immer noch in dem Stoff. Klar, so schnell ging das nicht und normalerweise hätte er sie auch über eine Heizung oder so legen sollen.

»Nein, schon gut … ich bin gleich so weit.«

Er hatte wirklich keine Lust, hier ein Schauspiel zu veranstalten. Jeff hätte das gekonnt, der wäre rausgegangen, hätte eine halbe Stunde den unentschiedenen Kunden gespielt, an dem Stoff herumgezupft, die Korrelation zwischen der Farbe des Stoffs und der Farbe seiner Augen diskutiert und wäre am Ende gegangen, ohne sich genötigt zu fühlen, irgendwas davon zu kaufen. Er hätte definitiv noch eine Stunde in Trockenheit und Wärme rausgeschlagen. Beneidenswertes Talent. Aber er selbst … war eher einer der Leute, die am Rand der Manege stehen blieben und nur fasziniert zusahen.

Ade du trockenes Paradies.

Das Gesicht verziehend stieg er wieder in die klamme Hose. Es war grässlich, aber was half das schon. War ja nur … vorübergehend. Er ließ die Aufwärmsachen in der Kabine liegen. Verdreht und ganz und gar nicht ordentlich zurück auf die Bügel gehängt. Seine Rache an Miss Überaufmerksam.

Es regnete immer noch. Andrew schaute auf die Uhr. Bestimmt saß Justin jetzt im Treppenhaus auf einer der Stufen und hörte Musik auf seinem iPod. Gott, er konnte Stunden damit zubringen, wenn er wollte. Er konnte jetzt noch nicht zurück. Also ging er in das nächste Geschäft, ein Spielzeugladen, vertrieb sich die Zeit damit, die Titel jedes einzelnen Brettspiels zu lesen, schaute nach, ob die Puzzles wirklich akkurat nach der Anzahl der Teile sortiert waren und stand dann eine geschlagene halbe Stunde nur vor dem Barbiepuppenregal. Entweder die Leute hielten ihn für einen sehr jungen Vater, der sich nicht sicher war, welches Modell nun das von seiner Tochter ersehnte war … oder für einen Perversen. Tja, ihm wäre es auch lieber gewesen, wenn es das Matchboxregal gewesen wäre … aber die Heizung war nun mal leider genau hier und ihre Anziehung geradezu magisch.

So klapperte er Laden für Laden ab. Die ganze Reihe durch. Er kam sich bescheuert dabei vor, obwohl vermutlich niemand überhaupt bemerkte, was er abzog. Und hey, das war ein freies Land, er durfte wahllos jedes bescheuerte Geschäft durchsehen, ohne was zu kaufen. Trotzdem hielt er den Blick gesenkt und hoffte einfach, dass die Zeit schneller verging.

Erst um elf ließ der Regen nach.

Andrew stand vor dem Schaufenster einer Pizzeria und kämpfte gegen den Drang, hineinzugehen und sein hart erkämpftes Geld in Fast Food zu investieren. Inzwischen war sein Reichtum immerhin auf knapp zehn Dollar angewachsen, weil er noch eine Weile an der Ecke des Drogeriemarktes gesessen hatte – strategisch sinnvoll, denn der Bedarf an Regenschirmen wuchs an so einem Tag spontan um gefühlte tausend Prozent.

Spätestens jetzt ging sicher auch Justin nach Hause, falls er so lange durchgehalten hatte. Die Regenpause war ja geradezu eine Aufforderung dazu.

Andrew gab ein unwirsches Brummen von sich, bevor er sich von den warmen Lichtern und dem Geruch von Tomaten und Salami loseiste, ließ die Hände in die Jackentaschen gleiten und ging weiter. Es war noch ein gutes Stück die Straße runter und dann rechts.

Müdes Laternenlicht schwamm in den Pfützen wie ertrunkene Glühwürmchen.

Andrew wich dem Spritzwasser eines vorbeirauschenden Autos aus. Wahrscheinlich besoffen. Ebenso wie die Gruppen von Jugendlichen, die grölend und lachend durch die nahen Gassen schlenderten. In der Seitenstraße links von ihm kreischten zwei Katzen. Revierkampf oder Sex? Andrew tippte auf Ersteres, aber nur aus Neid. Jetzt hatten Stubentiger schon mehr Spaß als er. Tja, selber schuld, wenn er seine Abende singend auf Gehwegen verbrachte, statt tanzend in einem der Clubs. Sobald sein Gehalt wieder floss, stand das definitiv ganz oben auf der To-do-Liste!

Vorsichtig linste er um die Ecke.

Nein, es stand schon mal niemand vor dem Hauseingang. Gutes Zeichen. Andrew schloss die schwere Tür auf und trat ein. Jesus, wie lange hatte er sich heute darum gedrückt? Vielleicht war Justin auch gar nicht hergekommen, sondern abgedreht, nachdem er ihn verloren hatte. Innerlich lachte er sich aus, als er die Treppen zum zweiten Stock hinaufstieg. Na ja, immerhin kannte er jetzt das Sortiment sämtlicher Geschäfte auf der Zehnten Straße. War auch was wert.

Seine Schuhsohlen ließen bei jedem Schritt dieses feuchte Geräusch entstehen, als würde man über feinen Kies laufen, dazu spielte im dritten Stock laut Scooter How much is the fish?. Andrew kramte den Schlüssel aus seiner nassen Jacke und steckte ihn ins Schloss. Zwei Drehungen, acht Schritte, dann stünde er in seinem Bad und müsste sich nur noch die Klamotten vom Leib pellen. Warmes Wasser, das wäre …

»Hey.«

Andrew zuckte zusammen. Sein Kopf ruckte nach rechts. In der Dunkelheit des Treppenaufgangs – ja, die Lampen waren immer noch kaputt – bewegte sich etwas Schemenhaftes. Gott, bitte nicht! War der ganze Scheiß umsonst gewesen?

»Justin«, bemerkte er. »Bisschen spät für einen Besuch. Was willst du?« Ob es ihm irgendwie gelang, diese Mischung aus Überraschung und Lässigkeit rüberzubringen, die er in der Situation für cool gehalten hätte, wusste er nicht. Sicherheitshalber ließ er den Schlüssel nicht los. Er müsste nur ein wenig drehen und schon wäre die Tür offen für seine Flucht und rasch wieder zu.

Die Ahnung einer Silhouette löste sich aus dem Dunkel und kam einen Schritt auf ihn zu, stand jetzt irgendwo zwischen zu nah und verdammt viel zu nah. Andrew bewahrte seine Haltung und hob fragend eine Braue.

Justin schnaubte. »Du bist so ein feiger Wichser.«

Ah ja. Und für diese Information hatte er den ganzen Tag hier auf ihn gewartet? Eine Postkarte hätte es auch getan. Oder ein Tweet.

»Ich hab mir zwar schon gedacht, dass die Story von deiner Reise Schwachsinn ist, aber weil's von Sarah kam, hab ich mal drauf vertraut.«

»Komm zum Punkt.«

Justin gab ein genervtes Schnauben von sich. »Du kennst den Punkt doch, Mann. Du … hast mich einfach abserviert ohne irgendeinen Grund, ohne überhaupt IRGENDWAS. Dann lässt du dich wochenlang verleugnen und dann haust du vor mir ab. Wie wär’s, wenn du mir einfach sagst, was dein verdammtes Problem ist?«

Andrew schwieg. Wenn Justin sich das wirklich nicht selbst denken konnte, wenn es ihm nicht mal ansatzweise in den Sinn kam, dann würde es wahrscheinlich auch nichts ändern, wenn er es ihm sagte. Jede Wette, dass er sich schon hundert andere Gründe zurechtgesponnen hatte, wegen denen er sich von ihm getrennt hatte. Und alle diese hundert Gründe hatten ihre eigenen Namen und Gesichter.

»Ich versteh das einfach nicht. Ist mir zu hoch. Wir hatten doch 'ne gute Zeit, oder? Oder? Hab ich mir das nur eingebildet?«

Auf Andrews Gesicht formte sich ein freudloses Lächeln. Nein, sie hatten auch eine gute Zeit gehabt, klar, sonst wäre er nicht so lange mit ihm zusammengeblieben. Aber seine scheiß Eifersucht hatte das immer mehr überschattet, bis jedes Treffen nur noch eine Kette aus Vorwürfen, Unterstellungen und Rechtfertigungen war. Dass sie nach diesen heftigen Streits oft dennoch Sex gehabt hatten, hatte womöglich falsche Signale gesendet.

»Du hast dir eine ganze Menge eingebildet. Das war das Hauptproblem«, erwiderte er sarkastisch. Und dann brach es doch aus ihm heraus.

»Ich konnte keinen Abend mal mit meinen Kumpels rumhängen, wenn’s nach dir ging, hatte ich ja mit allen von denen was.« Er schüttelte den Kopf, als ihm in den Ohren klang, wie die anderen Justin als seine Furie von Ehefrau bezeichnet hatten. »Dann deine ständige Kontrolliererei. Dass du jetzt hier vor meiner Wohnung campst, sagt doch alles. Wie lange hast du gewartet? Sechs Stunden? Das ist doch total bescheuert!«

»Und wie lange bist du draußen rumgeirrt, bis du dich hergetraut hast? Oder bei wem warst du?«

Andrew schüttelte unwirsch den Kopf. »Ist mir zu blöd. War’s das jetzt?« Die Schlüssel am Bund klirrten, als er dazu ansetzte, die Tür ganz aufzuschließen. Justin legte die Hand auf seinen Arm. »Warte!« Das Wort klang sanfter, fast versöhnlich. »Wow … Du bist so kalt«, murmelte er und schien etwas in seiner Hosentasche zu suchen.

»Kalt wie mein Herz?«, bot Andrew an.

»Nein, das meinte ich nicht.« Das Rascheln des Stoffs endete jäh und Justin zog etwas hervor, das im Dunkeln schwer auszumachen war. Eine … Kette oder so? Sein fragender Blick traf auf den jungen Mann. Was sollte das? Wollte er sich jetzt mit ihm versöhnen? Bitte nicht. Das erste Schlussmachen war ihm schwer genug gefallen. Es war absolut grauenhaft gewesen. Unangenehm. Aufwühlend. Und … ja … traurig.

»Du hattest letzte Woche Geburtstag. Schon vergessen? Ich hatte es schon vor einem Monat gekauft, als alles noch gut war … oder auch nicht.« Er hielt es ihm hin.

»Dann gib es zurück?«

»Nein, ich hab’s für dich gekauft und ich will es dir geben, okay? Abgesehen davon glaube ich, dass du es … na ja, dass du es brauchen könntest.«

Ehe er sich zu einer Reaktion durchgerungen hatte, steckte Justin ihm das Geschenk bereits zu, versenkte es in die Tiefen seiner nassen Jacke.

»Du musst ja nicht an mich denken, wenn du es trägst. Denk an das, was sein … eigentlicher Zweck ist.«

»Du sprichst in Rätseln«, war das Einzige, was ihm dazu einfiel.

»Kein Wunder, ich hab den ganzen Tag auf dieser Treppe gesessen und gewartet.« Justin schenkte ihm eins dieser melancholischen Lächeln und die Hand an seinem Arm löste sich scheinbar widerwillig von ihm.

»Ich gehe dann … gute Nacht, Andy.«

Vielleicht hatte er gehofft, Andrew würde ihn hereinbitten, aber er ließ es bleiben, presste die Lippen aufeinander und wartete, bis Justin verschwunden war. Dann öffnete er eilig die Tür, betrat seine Wohnung und schloss hinter sich ab.

Eine halbe Stunde später lag Andrew frisch gewaschen und in dem Pyjama aus Teenager-Tagen, dessen Hose ihm zu kurz und dessen Oberteil ihm zu klein war – er hatte keine Nerven mehr gehabt, etwas anderes zu suchen –, im Bett, dick in die Decke gewickelt, und versuchte einzuschlafen. Was war das da draußen auf dem Flur gewesen? Hatten sie sich jetzt ausgesprochen? War die Sache geklärt, sodass es in Zukunft reichte, elegant auszuweichen, statt wegzurennen, wenn er Justin irgendwo sah? Jesus, hoffentlich fand er bald jemanden, dann würde er ihn leichter loslassen können. Er selbst wäre wohl als Single besser dran. Das mit den Beziehungen hatte er irgendwie nicht drauf.

Der nächste Tag begann mit Bon Jovis It’s my life. An sich kein schlechter Tagesbeginn. Das Problem war, dass es der Klingelton seines Handys war und ein Anruf am frühen Morgen selten etwas Gutes bedeutete.

Murrend drehte Andrew sich auf die Seite und fuhr sich durch das verstrubbelte Haar. Der Songausschnitt fing jetzt schon zum dritten Mal von vorne an, das war wohl wirklich was Wichtiges. Gähnend rappelte er sich hoch und setzte die Füße vor das Bett. Halb elf schon, von wegen am frühen Morgen. Unwillig ging er ein paar Schritte in die Richtung, aus der das Geräusch kam und schaute sich um. Nein, nicht auf der Kommode. In der Jacke? Nein, da war das Geld. Im Bad? Im Wäschehaufen im Bad? Auch nicht.

»Au! Fuck … verdammter …!« Fluchend riss er den Fuß hoch. Auf was war er da bitte getreten? Reißzwecken? Die Nagelschere. Geil. Halb humpelnd setzte er seine Suche fort. Das Klingeln kam doch ungefähr von hier! Und in dem Moment verstummte es natürlich. Dankeschön! Genervt kramte er auf seinem Schreibtisch herum, suchte unter den letzten Rechnungen nach seinem Telefon, obwohl es da rein logisch betrachtet gar nicht sein konnte, oder? Er hatte es dabei gehabt, als er draußen rumgelaufen war, und er hatte vor dem Schlafen nicht mehr viel getan, außer sich zu duschen und sich umzuziehen. Stirnrunzelnd öffnete er den Kleiderschrank. Und siehe da: Dort lag es, als könne es kein Wässerchen trüben, und verkündete mit einem kurzen Blinken, dass er einen Anruf in Abwesenheit hatte. Und er kam von Bill. Hu? Vielleicht war er früher aus dem Urlaub zurück. Das wäre tatsächlich eine gute Nachricht. Okay, er würde zurückrufen, aber für den Fall, dass er dann gleich ausrücken musste, wollte er sich erst mal einen Kaffee gönnen. Seinem Arbeitgeber seine grummelnde Ich-hatte-noch-kein-Koffein-Stimme zuzumuten, war keine so gute Idee.

Während der Kaffee frisch aufkochte, suchte Andrew den Erste-Hilfe-Kasten, um die klaffende Wunde an seiner Fußsohle zu verarzten … die Küchenfliesen sahen schon aus, als hätte ein Kampf auf Leben und Tod stattgefunden. Wieso hatte er eigentlich nur diese dummen Motiv-Pflaster? Die waren winzig. Für Kinderfinger und Kinderknie gedacht. »Ach was soll’s.« Er klebte zwei der Bienchen-Pflaster nebeneinander und gab sich damit zufrieden. Würde ja eh keiner sehen.

»Komm sofort her« war nicht unbedingt die Begrüßung, die er erwartet hatte. Das Telefonat hatte kaum zwei Minuten gedauert und nicht viele Worte gebraucht, damit Andrew verstand, dass irgendwas im Argen lag. Sein Magen fühlte sich an wie ein falsch gekrempelter Ärmel, als er die Treppen nach unten joggte und zur U-Bahn rannte. Hechelnd erreichte er die Bahn gerade noch, schlüpfte durch die sich bereits schließenden Türen und schnappte sich eine der Halteschlaufen. Wie ein Tropfen am Wasserhahn hing er dort, während der Wagen ruckelte und die Meute durch die Tunnel beförderte. Der Ellenbogen eines anderen Fahrgasts drückte gegen sein Kreuz und der Geruch von ungefähr sechs verschiedenen Deos und Parfüms kroch in seine Nase. Ob die in seiner Nasenschleimhaut miteinander reagierten? Dem Brennen nach zu urteilen schon. Er hatte nicht mal genug Platz, um sein Smartphone aus der Jacke zu holen. Genervt hielt er still und konzentrierte sich auf die Rückennaht des Mantels seines Vordermanns, während er versuchte, keine allzu bildlichen Vorstellungen zu entwickeln, was auf der Arbeit auf ihn wartete. Warum hatte Bill so wütend geklungen? Hatte vielleicht jemand in den Laden eingebrochen? Jegliche andere Optionen schob Andrew beständig beiseite. Konnte schon sein, dass er irgendwo mal einen Fehler gemacht hatte, aber selbst wenn das jetzt irgendwie aufgefallen war, konnte es wohl nichts Kritisches sein, oder?

Wäre es möglich gewesen, bestimmte Momente im Leben mit Musik zu unterlegen, wie es in TV-Serien manchmal der Fall war, hätte jetzt definitiv das Thema vom Weißen Hai gespielt. Nur dass der Hai sich nicht auf ihn zubewegte, sondern umgekehrt.

Bills Musikgeschäft kam mit jedem Schritt näher. Von außen waren keine Spuren eines Einbruchs zu erkennen, keine Glassplitter auf dem Gehweg, keine Absperrungen und schon gar keine Polizei. Nur der übliche Werbeaufsteller in Form einer E-Gitarre. Seine Schritte wurden immer langsamer, bis sein Gang eher einem Schleichen ähnelte. Vorsichtig spähte er durchs Schaufenster. Er konnte Bill drinnen nicht sehen. Andrew schluckte den Kloß in seinem Hals herunter und wagte sich durch die Tür.

Drinnen war es warm und der leicht würzige Geruch von Holzpolitur lag in der Luft. Bill liebte dieses Zeug und die glänzenden Theken und Regale werteten die Optik des Ladens auch wirklich auf. Alles sah edler aus, wenn es von poliertem dunklem Holz umgeben war – das hätte sogar mit leeren Bierdosen funktioniert, da ließ es Gitarren, Saxophone und Geigen erst recht schick aussehen. Während sein Blick kurz über die Instrumente glitt, hatte er sogar das mulmige Gefühl in seinem Magen vergessen, doch es schob sich wieder ins Rampenlicht, als er Bills Räuspern aus dem hinteren Teil des Ladens hörte.

»Guten Morgen«, grüßte Andrew mit bemüht unbelasteter Stimme und hob die Hand. »Wie … ähm … war der Urlaub?«

»Nicht gut genug, um das hier zu kompensieren.«

Oh, oh.

»Wie wär’s, wenn du es dir mal ansiehst, statt da dumm rumzustehen?«

So vorsichtig, wie man sich einem wilden Krokodil nähern würde, um die neben ihm am Boden liegende Geldbörse aufzuheben, näherte er sich dem Durchgang zum Lager, wo Bills Stimme herkam. Schließlich stand er im Türrahmen, lehnte sich pseudo-lässig dagegen und musterte das Regal, vor dem Bill sich aufgebaut hatte. Auf dem Boden lagen einige geöffnete Ordner und überall standen Kartons herum – alles ganz normal. Eigentlich. Sein Chef hockte sich vor die Ordner, blätterte unwirsch darin herum und es klang, als würde das dünne Papier dabei fast reißen.

Andrew sagte nichts, sondern wartete darauf, dass Bill ihn aufklärte. Meistens war es sowieso besser, aufgebrachte Menschen erst mal wettern zu lassen. Dampf ablassen. Wenn man nämlich irgendwo ein falsches Wort oder eine falsche Formulierung benutzte, riskierte man eine Eskalation. Es dauerte auch nur einen Atemzug, bis er sich aufrichtete und sich ihm zuwandte.

Bill war größer als er, doch normalerweise fiel ihm das nicht so auf, weil er meistens einen kleinen Buckel machte. Jetzt aber stand er aufrecht vor ihm und verschränkte die Arme. Die langen, braunen Haare waren zu einem recht unordentlichen Zopf zusammengerafft und die Bartstoppeln heute Morgen nicht abrasiert worden.

»Wo sind die Belege vom Freitag?«

Andrew runzelte die Stirn. Freitag … Freitag vor anderthalb Wochen. Da war Bill vormittags abgehauen, weil sein Flieger zeitig ging, und hatte ihm erstmals allein die Abrechnung und die ganze Schließung des Ladens überlassen. Andrew erinnerte sich noch an das Gefühl des Schlüssels in seiner Hand und wie er sich extra eine Alarmnotiz ins Handy getippt hatte, damit er nicht doch noch das Abschließen vergaß. Und die Belege … in seinen Erinnerungen kramend starrte er auf die Ordner zu ihren Füßen und kratzte sich am Kinn.

»Die hab ich doch abgeheftet.«

»Ach ja? Das wäre zu schön, aber ich kann sie nirgends finden. In welchem Ordner?«

Puh, woher sollte er das noch wissen? In einem schwarzen? War sicher nicht die richtige Antwort. Unter Bills ungeduldigem Starren wandte er sich ab und ging zur Theke, bückte sich dahinter und suchte in den dortigen Fächern nach dem Ordner. Oder war er wirklich mit der Zettelei ins Lager gegangen und hatte dort … nein … Er hatte die Zettel hier vorne gelocht, das Ding hatte geklemmt und er hatte geflucht, weil das obere Blatt dabei eingerissen war und er wusste, wie Bill so was hasste. Genau! Und dann …

Die kleine Denkfalte zwischen seinen Augenbrauen wurde tiefer und sein Blick wanderte zur Tür. Dann war dieser späte Kunde reingeschneit, weil er nicht vorher abgeschlossen hatte, sondern es beim Gehen erledigen wollte. Er hatte nur ein Plektrum gewollt, nichts Großes, doch Andrew hatte im Grunde nur auf seine Tattoos geachtet … Tiger mit Notenschlüssel-Streifenmuster. Irgendwie bescheuert, aber es hatte ihm gefallen. Natürlich hatte er es nicht geschafft, ihn nach seiner Telefonnummer zu fragen, obwohl da vielleicht sogar was gegangen wäre, zumindest seinem Lächeln nach und dem langen Blick beim Einstecken des Wechselgeldes. Verdammt, er hatte ihn sogar zur Tür gebracht. Genau … und dann hatte er von draußen abgeschlossen. Ohne die Belege vorher wegzusortieren. Er atmete schwer aus.

»Ich wollte sie abheften«, korrigierte er sich murmelnd und schaute sich auf der Theke um. Okay, er war sich definitiv sicher, dass er sie dort liegen gelassen hatte. Wo waren sie hin?! Doch Einbrecher? Aber wer klaute denn bitteschön nur irgendwelches Papier und ließ die teuren Instrumente stehen?

»Und ich wollte im Lotto gewinnen«, grummelte Bill, der ihm inzwischen gefolgt war und sich mit beiden Armen auf der Theke abstützte. »Und ich wollte mich drauf verlassen, dass du das hinkriegst.«

War das jetzt wirklich so schlimm? Andrew wagte einen kurzen Seitenblick zu seinem Chef. Scheinbar schon.

»Sie lagen hier. Bevor ich gegangen bin.«

»Wieso bist du gegangen ohne sie abzuheften?!«

»Ein Kunde hat mich abgelenkt.«

Bill schnaufte. »Und wo sind sie dann?«

Das fragte er ausgerechnet denjenigen, der sein Handy im Kleiderschrank vergaß? Schnell hockte er sich hin und zog ein paar der Schubladen auf, krabbelte auf allen vieren vor dem Monstrum von Möbelstück herum, durchsuchte alle Fächer und Ablagen. Die konnten doch nicht weg sein, verdammt! War heute der erste April? Hatte Bill den Kram versteckt und wollte ihn mal ordentlich verarschen? Er wagte es nicht nachzufragen. Nach ein paar Minuten unruhigen Mit-der-Fußspitze-auf-den-Boden-Tippens tigerte Bill wieder ins Lager und suchte dort weiter, immer wieder leise grummelnd. »Ich wusste ja, was für ein Chaot du bist, aber ich hab drauf vertraut, dass du die Arbeit ernst genug nimmst, so wie du’s mir hoch und heilig versprochen hast.«