Globale Trends und Trendforschung im Tourismus – Zukunftsszenarien für verschiedene Tourismusmärkte -  - E-Book

Globale Trends und Trendforschung im Tourismus – Zukunftsszenarien für verschiedene Tourismusmärkte E-Book

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Beschreibung

In diesem Sammelband werden Ergebnisse aus Trendforschungsprojekten vorgestellt, die Studierende im Rahmen des Masterstudiengangs International Studies in Leisure and Tourism an der Hochschule Bremen im Modul Globale Trends und Trendforschung durchgeführt haben. Zukunftsszenarien inklusive innovativer Produkt- und Reiseideen werden ebenso wie der Prozess ihrer Entstehung in narrativer, gut verständlicher Form präsentiert. Der Band versammelt Beiträge, die methodisch sowie durch ihre kreativen Ideen und Lösungsansätze überzeugen und sich mit den folgenden Themenschwerpunkten befassen: · Städtetourismus, · Hochseekreuzfahrten, · Nachhaltiger Tourismus, · Wellnesstourismus, · Partytourismus, · Naturtourismus und · Wildlife Tourismus.

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Seitenzahl: 384

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ibidem-Verlag, Stuttgart

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1.Einleitung

1.1Einführung in die Trendforschung und Innovationen

1.1.1Theoretische Einführung in die Trendforschung

1.1.2Definition, Grundlagen und Einsatz der Trendforschung

1.1.3 Trendanalyse als zentrale Methode der Trendforschung

1.1.4 Anatomie der Trendaussage

1.1.5 Einteilung in Trendkategorien

1.1.6 Beschreibung der wichtigsten Megatrends

1.1.7 Bewertung von Trends

1.1.8 (Produkt-)Innovationen

1.2 Angewandte Forschungsmethoden im Master-Modul

1.2.1 Grundlagen der Szenariotechnik

1.2.2 Szenario Management und Phasen

1.2.3 Szenario-Vorbereitung

1.2.4 Szenariofeld-Analyse

1.2.5 Projektionsentwicklung

1.2.6 Szenariobildung

1.2.7 Szenario-Transfer

1.3 Literaturverzeichnis zur Einleitung

2.Szenarien für den Wildlife Tourismus (2020)

2.1 Phasen des Szenario Managements

2.1.2 Szenariofeld-Analyse

2.1.2 Projektionsentwicklung

2.1.3 Szenariobildung

2.2 Szenario Transfer

2.2.1 Trendszenario

2.2.2 Extremszenario I

2.2.3 Extremszenario II

2.3 Literaturverzeichnis Wildlife Tourismus

3.Szenarien für den Naturtourismus (2020)

3.1 Phasen des Szenario Managements

3.1.1 Szenariofeld-Analyse

3.1.2 Projektionsentwicklung

3.1.3 Szenariobildung

3.2 Szenario-Transfer

3.2.1 Trendszenario

3.2.2 Extremszenario I

3.2.3 Extremszenario II

3.3 Literaturverzeichnis Naturtourismus

4.Szenarien für den Partytourismus (2019)

4.1 Phasen des Szenario Managements

4.1.1 Szenariofeld-Analyse

4.1.2 Projektionsentwicklung

4.1.3 Szenariobildung

4.2 Szenario-Transfer

4.2.1 Extremszenario I

4.2.2 Trendszenario

4.2.3 Extremszenario II

4.3 Literaturverzeichnis Partytourismus

5.Szenarien für den Wellnesstourismus (2019)

5.1 Phasen des Szenario Managements

5.1.1 Szenariofeld-Analyse

5.1.2 Projektionsentwicklung

5.1.3 Szenariobildung

5.2 Szenario-Transfer

5.2.1 Trendszenario

5.2.2 Extremszenario I

5.2.3 Extremszenario II

5.3 Literaturverzeichnis Wellnesstourismus

6.Szenarien für Nachhaltigen Tourismus (2019)

6.1 Phasen des Szenario Managements

6.1.1 Szenariofeld-Analyse

6.1.2 Projektionsentwicklung

6.1.3 Szenariobildung

6.2 Szenario-Transfer

6.2.1 Trendszenario

6.2.2 Extremszenario I

6.2.3 Extremszenario II

6.3 Literaturverzeichnis Nachhaltiger Tourismus

7.Szenarien für Hochseekreuzfahrten (2018)

7.1 Phasen des Szenario Managements

7.1.1 Szenariofeld-Analyse

7.1.2 Projektionsentwicklung

7.1.3 Szenariobildung

7.2 Szenario-Transfer

7.2.1 Extremszenario I

7.2.2 Extremszenario II

7.2.3 Trendszenario

7.3 Literaturverzeichnis Hochseekreuzfahrten

8.Szenarien für den Städtetourismus (2016)

8.1 Phasen des Szenario Managements

8.1.1 Szenariofeld-Analyse

8.1.2 Projektionsentwicklung

8.1.3 Szenariobildung

8.2 Szenario-Transfer

8.2.1 Trendszenario

8.2.2 Extremszenario I

8.2.3 Extremszenario II

8.3 Literaturverzeichnis Städtetourismus

Autor:innenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

AS Aktivsumme

DI Dynamik Index

DIY Do It Yourself

II Impuls Index

KI Künstliche Intelligenz

LOHAS Lifestyle of Health and Sustainability

MICE Meetings Incentives Conventions Events

ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr

PS Passivsumme

WWF Worldwide Fund for Nature

Im Sinne der besseren Lesbarkeit wird im Verlauf dieses Buches das generische Maskulinum verwendet, womit stets alle Geschlechter gemeint sind.

1.Einleitung

Veränderungsbewegungen begleiten die Menschheitsgeschichte seit jeher. Die frühen Prophezeiungen formen den Grundstein für die heutige Zukunfts- und Trendforschung. Dabei ist diese keineswegs mit Wahrsagerei gleichzusetzen. Durch qualitative und quantitative Methoden lässt sich der Wandel in Gesellschaft, Kultur, Technologie und Wirtschaft beschreiben und deuten.

Führungskräfte in allen Branchen - und somit auch in der Freizeit- und Tourismusbranche - müssen sich auf diese veränderten Bedingungen sowie den Werte- und Verhaltenswandel ihrer Konsumenten einstellen. Während die Freizeitgestaltung in den letzten 30 Jahren stetig an Bedeutung gewann, wuchs auch die Tourismusbranche zu einem wichtigen Pfeiler der globalen Wirtschaft. Denn Urlaub und Reisen stellen für die meisten Menschen einen besonders wichtigen Ausgleich zum Arbeitsleben dar. Urlaub wird als „verdient” empfunden, als „Quality time” für die Familie oder auch sich selbst.

In diesem Buch werden Ergebnisse aus Trendforschungsprojekten vorgestellt, die Studierende im Rahmen des Masterstudiengangs International Studies in Leisure and Tourism an der Hochschule Bremen im Modul Globale Trends und Trendforschung durchgeführt haben. Der Fokus in diesem Modul liegt auf der Anwendung adäquater Instrumente und Methoden der Trendforschung sowie der Ableitung von Szenarien und innovativer Produkte.

Die Szenario-Technik stellt ein gängiges Modell dar, um potenzielle Entwicklungen in der Zukunft zu erkennen und aufzuzeigen. Diese Technik wird in den vorliegenden Projektarbeiten als grundlegende Methodik angewandt. Forschungsziel ist, drei Zukunftsszenarien für ausgewählte Märkte zu entwickeln. Hierbei werden zunächst zentrale Trends für den untersuchten Gegenstand (oder auch Forschungsthema) ermittelt. Ausgehend davon werden ein Szenario entwickelt, in dem sich diese Trends in ihrer Weiterentwicklung ähnlich verhalten wie bisher und zwei Szenarien, die extreme Entwicklungen der Trends in verschiedenen Ausprägungen zugrunde legen. Damit sollen verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten für die Zukunft bedacht werden (vgl. Cornish 2005, S.97).

Zukunftsszenarien inklusive innovativer Produkt- und Reiseideen werden in narrativer Form in diesem Buch ebenso wie der Prozess ihrer Entstehung präsentiert. Hierzu wurden sieben Hausarbeiten der letzten Jahre mit den folgenden Themenschwerpunkten ausgewählt: Städtetourismus (2016), Hochseekreuzfahrten (2018), Nachhaltiger Tourismus (2018), Wellnesstourismus (2019), Partytourismus (2019), Naturtourismus (2020) und Wildlife Tourismus (2020). Diese Arbeiten wurden ausgewählt, da sie methodisch sowie durch ihre kreativen Ideen und Lösungsansätze überzeugen.

Anzumerken ist, dass die Szenarien in einem dynamischen Gruppenprozess entstanden sind, also auf der Einschätzung der Gruppenmitglieder basieren. Die Studierenden arbeiteten nach dem Modell der „Multiplen Zukunft”, was bedeutet, dass es neben den ausgewählten und stimmigen Szenarien auch viele weitere Möglichkeiten geben kann. Für die Arbeiten aus 2020 gilt es zu beachten, dass diese zwar einen Bezug zu dem Covid-19 Pandemiegeschehen haben, dieses aber nicht Kern der Forschung war.

Der Sammelband richtet sich daher vor allem an Praktizierende, Lehrende und Studierende aus Freizeit- und Tourismus, mit Interesse an Trends und zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten der Branche.

Der erste Teil dieses Buches beschäftigt sich im ersten Kapitel mit der theoretischen und definitorischen Einführung in die Trendforschung und der Bewertung von Trends. Hierbei werden wichtige Begrifflichkeiten diskutiert und notwendigen Grundlagen zum Verständnis des Forschungsansatzes behandelt. Der nächste Abschnitt beschäftigt sich mit der Methodik des Szenario-Managements, wobei die verwendeten Techniken und Matrizen zunächst theoretisch erklärt und schlussendlich mit praktischen Beispielen verdeutlicht werden. Der zweite Teil dieses Buches beinhaltet die Ausarbeitungen der Studierenden, gegliedert nach den bearbeiteten Marktsegmenten. Zentrale Teile des Forschungsprozesses sowie die narrativ gestalteten Zukunftsszenarien sind hier zu finden. Dieser Teil beginnt mit den aktuellen Arbeiten aus dem Jahr 2020 und endet mit einer Arbeit aus 2016.

1.1Einführung in die Trendforschung und Innovationen

Dieses Kapitel dient dem Zweck, jedem Leser den theoretischen Hintergrund für die Entwicklung der Szenarien zu erläutern. Dabei geht es zunächst um die theoretische Einführung in die Trendforschung, von der Definition von Trends und Trendforschung bis zu ihrer Anwendung. Des Weiteren werden die verschiedenen Trendkategorien vorgestellt. Außerdem werden Megatrends skizziert und erläutert, da sie im weiteren Verlauf oftmals eine Schlüsselrolle im Forschungsprozess einnehmen. Zudem werden Produktinnovationen begrifflich eingeordnet, da solche einen festen Bestandteil der Zielsetzung der Arbeiten darstellten.

1.1.1Theoretische Einführung in die Trendforschung

Die Trendforschung ist eine Technik, die von Unternehmen angewandt wird, um Trends frühzeitig zu erkennen und sich dadurch Wettbewerbsvorteile zu verschaffen (vgl. Schögel 2007, S.329). Die Trendanalyse und -extrapolation kann dabei als eine Technik innerhalb der Szenario-Entwicklung genutzt werden. Die vorliegenden Projektarbeiten nutzten die Trendanalyse, um den Untersuchungsgegenstand (das Marktsegment) tiefgründig zu untersuchen und mögliche Entwicklungen für die Zukunft auf der Basis identifizierter Trendentwicklungen zu begründen.

1.1.2Definition, Grundlagen und Einsatz der Trendforschung

Blum (2021, S. 30-31) schreibt hinsichtlich der Definition, Grundlagen und des Einsatzes der Trendforschung folgendes:

„Die Geschichte zeigt, dass die Menschheit laufend Veränderungsprozessen unterliegt. Die Welt und damit auch die Gesellschaft befinden sich im stetigen Wandel. Es lässt sich daraus schließen, dass die Gesellschaft sich auch in der Zukunft weiter verändern wird. Diese These ist eine der Grundannahmen in der Trendforschung. „Trends beschreiben Veränderungsbewegungen in Wirtschaft und Gesellschaft (Horx et al. 2007, S.7)“. Laut dem Zukunftsforscher Matthias Horx existieren Trends seit Anbeginn der Menschheit. Die Zukunft ist ein ungewisser Faktor, mit dem Menschen sich zu jeder Zeitepoche und in allen Kulturen beschäftigt haben.

Trends sind laut Horx „konkret, analysierbar und systematisch auffindbar“ (ebd. S.1). Ein Trend ist ein zeitliches Muster, welches den Zustand des Interessensgegenstands in Bezug auf bestimmte Merkmale beschreibt. Trends betrachten zwar reale Phänomene, sind selbst allerdings durch Forscher konstruiert. Forscher betrachten zeitliche Veränderungsmuster bezogen auf einen bestimmten Gegenstand und schreiben ihnen mit der Trendbezeichnung Sinn zu (vgl. Neuhaus 2018, S.2). Damit versprechen „Trends und Trendforschung […] Ordnung im Ungeordneten, Übersicht im Unübersichtlichen, Richtung im Ungerichteten – oder, mit einem Wort: Komplexitätsreduktion“ (ebd. S.1).“

In den vorliegenden Projektarbeiten der Studierenden wird die Trendforschung mit dem Wissen angewandt, dass Trends nicht die Realität widerspiegeln, sondern als Mittel zur Reduktion von Komplexität fungieren und damit zur vereinfachten Darstellung der Realität verhelfen.

Blum (2021, S.31-32) konstatiert weiterhin: „Diese Definition von Trends ist abzugrenzen von der Nutzung des Begriffs im Volksmund. Hier wird Trend als kurzfristiges modisches Phänomen verstanden (vgl. Pfadenhauer 2005, S.135). Auch Bovenkerk (vgl. 2012, S.19-20) beschreibt diese Begriffsverwendung. Eine Mode ist die als zeitgenössisch angenommene Art und Weise von Personen oder Gruppen, etwas zu benutzen, sich anzuschaffen oder zu tun. Eine Mode ist sehr kurzlebig und kaum vorhersehbar; sie beschreibt zeitliche Präferenzen. Heutzutage wird Mode als etwas Neues und Beliebtes verstanden. Dabei handelt es sich um saisonale Phänomene, die nur kurzfristig währen. Sie haben keinen branchenübergreifenden oder gesellschaftlichen Einfluss. Sie können allerdings Indikatoren für sich entwickelnde Trends sein, die auf einer höheren Ebene wirken (vgl. ebd., S.20). Den Unterschied macht auch die Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche klar: Trend bedeutet auf Deutsch „Richtung“ oder „sich erstrecken, laufen“ (Langenscheidt 1994). Im Brockhaus (o. J.) wird Trend als Grundrichtung einer Entwicklung und langfristige, systematische Änderung eines Vorgangs beschrieben. In der Vergangenheit können abgeschlossene Trends erkannt werden.“

In den Ausarbeitungen der Studierenden geht es allerdings um Trends, die sich vermeintlich in der Zukunft fortsetzen.

Weiterführend schreibt Blum (2012, S.32-34) hierzu:

„Solche Trends betrachten die Vergangenheit, verlängern diese über die Gegenwart und machen dadurch Aussagen über eine mögliche Weiterentwicklung in der Zukunft. Trendforschung betrachtet dabei immer einen bestimmten Gegenstand und dessen Entwicklung über die Zeit (vgl. Neuhaus 2018, S.3). Trendforschung beschäftigt sich systematisch mit der Beobachtung, der Sammlung und der Analyse von Trends, die auf einen definierten Gegenstand einwirken. Dabei wird das Ziel verfolgt, Trendentwicklungen transparent zu machen und Trendaussagen nachvollziehbar zu formulieren (vgl. ebd. S.4).

Bovenkerk (vgl. 2006, S.44) schreibt der Trendforschung die Aufgaben der Analyse des Verlaufs von Trends und der Erfassung von Veränderungen über die Zeit zu. Dadurch können Zukünfte planbar und erfahrbar gemacht werden. Zudem soll die Trendforschung Dynamiken begreifen und diese für die Gestaltung von Produkten und Geschäftsfeldern nutzen sowie Handlungsempfehlungen entwickeln und Strategien zur Befriedigung von Kundenbedürfnissen ermitteln. Dazu müssen Entwicklungen rechtzeitig erkannt, benannt und bewertet werden, um neue Marktbedingungen und Kundenbedürfnisse frühzeitig ableiten zu können. Trendforschung ist eine anwendungsbezogene Forschung, die oftmals kommerziell und praxisorientiert durchgeführt wird.

Die zuvor aufgeführten Eigenschaften bieten eine Plattform für Kritik im wissenschaftlichen Kontext. So kritisiert beispielsweise Pfadenhauer (vgl. 2005, S.133-134) den umstrittenen Zustand der Trendforschung als wissenschaftliche Disziplin sowie, dass bereits die Definition des Begriffs Trend nicht (einheitlich) gegeben ist. Weiter findet die Wissensproduktion nicht ausschließlich zur Erkenntnisgewinnung statt, sondern vielmehr zur Nutzung in der Praxis. Dadurch misst sich die Qualität des Wissens nicht an herkömmlichen wissenschaftlichen Maßstäben, sondern an dem Ausmaß der Nützlichkeit. Damit ist die Trendforschung anwendungs- und auftragsbezogen. Diese Eigenschaft macht sie abhängig von der Zufriedenheit der Auftraggeber und nimmt ihr somit die Neutralität (vgl. Pfadenhauer 2005, S.135).

Laut Pfadenhauer lässt sich die Trendforschung als Disziplin zwischen der Zukunftsforschung und der Marktforschung einordnen. Zukunftsforschung ist auf größere Zeithorizonte festgelegt und befasst sich mit möglichen Entwicklungen in der Zukunft und Voraussetzungen in der Vergangenheit. Marktforschung ist meist unternehmensbasiert und dient der zweckgerichteten Informationsbeschaffung. Trendforschung setzt sich in der Mitte zum Ziel, soziale und kulturelle Entwicklungen zu erkennen, zu benennen, zu bewerten und daraus Handlungsoptionen zu formulieren. Dabei greift die Trendforschung laut Pfadenhauer allerdings auf Methoden zu, denen es an Standardisierung fehlt (vgl. Pfadenhauer 2005, S.138).

Rust wirft der Trendforschung vor eine „profitgerichtete Pseudo-Wissenschaft“ zu sein. Er unterstellt ihr Intransparenz in dem Prozess von der Fragestellung bis zur Ergebnisgewinnung. Zudem fehlen ihm die deutliche Kennzeichnung von Spekulationen, die klare Definition von Begriffen und die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse. Auch äußert er die Problematik eines Interessenkonflikts zwischen dem Auftraggeber und wissenschaftlichen Erkenntnissen (vgl. Rust 2009, S.13-15).

Durch Grunwalds Definition der Zukunft kann ein Teil dieser Kritik relativiert werden: „Zukunft besteht nur als sprachlich formulierte Zukunft“ (Grunwald 2009, S.26). Sie kann nicht beobachtet, gemessen oder analysiert werden. Ein Zugang zur Zukunft kann allein durch das Medium der Sprache geschaffen werden. Zukunft kann somit nicht losgelöst von der heutigen Gegenwart betrachtet werden. Wird die Zukunft betrachtet, so spielen dabei immer gegenwärtige Einschätzungen zur Relevanz einzelner Faktoren und gegenwärtiges Wissen eine Rolle. Zukünfte stellen demzufolge gegenwärtige Konstruktionen von Situationen dar, die als zukünftige Gegenwarte angenommen werden (vgl. ebd., S.26-28). Hierbei wird deutlich, dass die Zukunft und Aussagen über diese immer als Konstrukte verstanden werden müssen, die ihre Geltung auf gegenwärtigem Wissen erreichen. Somit haben auch Trends, die in die Zukunft fortgeschrieben werden, keinen Wahrheitsanspruch, sondern stellen eine wahrscheinliche Weiterentwicklung aus heutiger Sicht dar. Unter Betrachtung der dargestellten Kritik gilt es zu gewähren, dass die angewandten Methoden in der Trendforschung transparent und nachvollziehbar sind. Es ist zudem sicherzustellen, dass die Forschung unabhängig von den Interessen eines potentiellen Auftraggebers bleibt.”

1.1.3 Trendanalyse als zentrale Methode der Trendforschung

Auch bei den folgenden Unterkapiteln handelt es sich um Auszüge aus Blum (2021, S.34-40):

„Bovenkerk (2012, S.58) beschreibt die Trendanalyse als den ersten Schritt in dem Prozess der Trendforschung. Dieser kann wiederum in Unterschritte unterteilt werden. Zunächst erfolgen hierbei Beschaffung, Verdichtung und Analyse von Informationen. Daraus lassen sich in einem zweiten Schritt Trends erkennen und beobachten. Zum Erkennen und Definieren eines Trends muss zunächst die Anatomie einer Trendaussage verstanden werden, weshalb diese im Folgenden erklärt wird.

1.1.4 Anatomie der Trendaussage

Um einen Trend benennen zu können, muss eine Trendaussage getroffen werden. Diese ist abzugrenzen von dem Trend selbst. Einer Trendaussage werden durch Neuhaus (vgl. 2018, S.4-5) zwei Ebenen zugeschrieben: die diagnostische Ebene und die prognostische Ebene. Die diagnostische Ebene bezieht sich auf die Gegenwart, während die prognostische Ebene Zukunftsaussagen trifft. Die diagnostische Ebene kann wiederum in drei Komponenten aufgeteilt werden: die statistische, die interpretative und die argumentative Komponente (vgl. ebd.,S.5). Die folgende Abbildung 1 verbildlicht die vorgestellte Anatomie von Trendaussagen:

Abbildung 1: Anatomie der Trendaussage

Quelle: Neuhaus (2018, S.5)

In der statistischen Komponente werden Beobachtungen und Daten gesammelt. Diese Daten und Beobachtungen bilden oft den Anlass dafür, einen Trend zu erkennen und sollen ihn zumeist auch belegen. Die interpretative Komponente deutet die zuvor gesammelten Daten und schreibt ihnen einen Sinn zu. Diese Sinnzuschreibung ist die zentrale Botschaft der Trendaussage. Die argumentative Komponente begründet den Zusammenhang zwischen statistischen Daten und der Interpretation. Zusammenfassend sollten demnach statistische Beobachtungen dokumentiert werden, die durch schlüssige Interpretation gedeutet und durch Argumentation plausibel begründet werden, um eine glaubwürdige Trendaussage zu formulieren. Die prognostische Ebene des Trends macht den Sprung von der Vergangenheit und der Gegenwart in die Zukunft. Hier wird eine Aussage über die Zukunft getroffen. Diese Projektion ist das zentrale Element der Trendaussage, aber auch besonders angreifbar. Die prognostische Ebene verlässt die empirische Analyse einer Entwicklung und formuliert eine Annahme über die Weiterentwicklung in einem nicht existierenden Zukunftsraum. Hierbei ist festzuhalten, dass es sich in diesem Schritt um den Entwurf eines Konstrukts der Zukunft handelt und nicht um eine Beschreibung der realen Zukunft (vgl. Neuhaus 2018, S.5-9).

1.1.5 Einteilung in Trendkategorien

Nachdem eine Trendaussage getroffen wurde, müssen Trends analysiert und bewertet werden. Dafür werden Trendkategorien sowie Eigenschaften von Trends genutzt. Das Zukunftsinstitut, die führende Einrichtung für Trend- und Zukunftsforschung in Deutschland, verwendet folgende Grafik in Abbildung 2, um zwischen verschiedenen Trendkategorien zu unterscheiden:

Abbildung 2: Trendkategorien im Wellenmodell

Quelle: Zukunftsinstitut GmbH (2018, S.12)

Die Abbildung 2 verdeutlicht, dass Trends auf verschiedenen Ebenen unterschiedlich wirken. Diese Ebenen weisen unterschiedliche Ausprägungen in der Dynamik des Wandels auf. Die Natur verändert sich über mehrere Jahrtausende oder Millionen von Jahren und weist somit langsame Veränderungsvorgänge auf. Auch Veränderungen auf der Ebene der Zivilisation verlaufen eher langsam. Wandel entsteht hier in einem Zyklus von Jahrhunderten oder Jahrtausenden. Typische Veränderungen treten hier in Produktionsweisen oder Sozialstrukturen auf. Dazu zählen beispielsweise die Entwicklung vom Nomadentum zur Agrargesellschaft oder die industrielle Revolution. Die Technologie durchläuft Zyklen von ungefähr 50 Jahren. So werden in diesem Abstand seit der industriellen Revolution neue Basistechniken entwickelt, die der Menschheit komplett neue Möglichkeiten bieten. Dazu gehören der Bau von Eisenbahnen, die Automobilbranche gepaart mit dem Ausbau des Straßennetzes in der Nachkriegszeit und die Entwicklung von Informationstechnologien und Computern. Die Ökonomie lässt sich wiederum durch einen kürzer getakteten Wandel beschreiben, der durch ein Auf und Ab in der Wirtschaft erkennbar wird. Auf der Ebene der Märkte und des Zeitgeistes verlaufen die Trendwellen schnell. Hier findet ca. alle fünf Jahre ein Wandel statt. Die Ebene der Produkte und Moden ist im Vergleich zu den vorigen Ebenen unberechenbar. Der Wandel kann hier nicht vorausgesagt werden, da die Trendwellen sich häufig von einer Saison zur nächsten oder innerhalb einer Saison verändern, zurückgehen oder ihre Richtung wechseln (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2018, S.10).

Die Ebenen, auf denen sich Trends abspielen, können dabei helfen, Trends in verschiedene Trendkategorien einzuteilen. Diese Einteilung ist wichtig, um zu verstehen, in welchen Dimensionen sich Veränderungen und Entwicklungen abspielen. Die Einteilung verläuft anhand der Parameterebene, Relevanz, Länge und Intensität (vgl. Deckers und Heinemann 2008, S.56).

Metatrends beschreiben die Ebene der Universaltrends. Das sind Trends, die die gesamte Welt beeinflussen und von langer Dauer (Jahrhunderte bis Millionen von Jahren) sind. Sie beschreiben allumfassende Prozesse auf der Ebene der Natur und der Zivilisation. Dazu gehören evolutionäre Gesetze und der Veränderungsprozess der Natur (vgl. ebd.).

Megatrends weisen vier Kriterien auf, die sie von anderen Trends unterscheiden. Sie haben eine Dauer von mehreren Jahrzehnten (Halbwertszeit mehrere Jahrzehnte) und sie weisen Ubiquität auf, was bedeutet, dass sie in allen Lebensbereichen (Ökonomie, Konsum, Wertewandel, Medien, Politik etc.) Auswirkungen zeigen. Außerdem sind sie als globale Phänomene mit unterschiedlicher Intensität auf der Welt verteilt und werden durch Komplexität charakterisiert. Die Trends sind vielschichtig und mehrdimensional, wobei Megatrends sich auch gegenseitig beeinflussen und verstärken (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2018, S.7). Megatrends bestehen in der Welt unabhängig von einem betrachteten Untersuchungsgegenstand. Es wird davon ausgegangen, dass sie global wirksam sind und somit relevant für jeden Lebensbereich (vgl. Tewes und Tewes 2020, S.23).

Sozio-kulturelle Trends sind Veränderungen, die sich in einem Zeitraum von ca. 15-50 Jahren abspielen. Diese Prozesse werden auf den Ebenen der Produkte, Märkte und Wirtschaft deutlich. Sie haben ihren Kern in sozialen Prozessen und äußern sich in Wertvorstellungen, Lebensstilen, Bedürfnissen und Werten der Menschen. Oftmals sind sie eine Reaktion auf Defizite und entstehen, um diese auszugleichen (vgl. Deckers und Heinemann 2008, S.57).

Technotrends beschreiben Veränderungsbewegungen auf der Ebene der Technologie. Diese Trends haben häufig einen Einfluss auf die weiteren Wirkungsbereiche von Trends und bringen somit auch Trends auf anderen Ebenen hervor. Unter einem Technotrend werden Veränderungen in der Basistechnologie aber auch mittelfristige und branchenspezifische Entwicklungen gefasst (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2018, S.11).

Ein Konsumtrend hat eine Wirkungsdauer von fünf bis zehn Jahren und zeigt Veränderungen im generellen Konsumverhalten der Menschen auf. Dieser Trend weist auf eine Veränderung auf sozialer Ebene hin und beschreibt veränderte Wünsche, Werte und Bedürfnisse von Kunden. Damit greifen Konsumtrends auf soziokulturelle Trends zurück und übersetzen diese in das daraus entstehende Konsumverhalten. Sie nehmen eine verbraucher- und marktbezogene Sichtweise ein (vgl. Deckers und Heinemann 2008, S. 57).

Mode- und Zeitgeisttrends sind kurzfristige, oberflächliche Entwicklungen, die oftmals saisonbedingt auftreten. Auf dieser Ebene werden laut Zukunftsinstitut (2018, S. 12) auch sog. Mikrotrends verortet. Mikrotrends sind kleine Veränderungen hinter den großen Trendbewegungen, „scharf umgrenzte Stilentwicklungen im Bereich des Designs, der Konsum- und Lebenswelt Phänomene, die sich bestens als Inspirationsquelle für Innovationen eignen“(vgl. ebd.).

1.1.6 Beschreibung der wichtigsten Megatrends

An dieser Stelle sollen, die im wissenschaftlichen Kontext anerkannten, Megatrends genauer erörtert werden, denn Sie sind ein Grundpfeiler der Arbeit in der Trend- und Zukunftsforschung. Sie sind langfristige Wandlungsprozesse mit enormen Ausmaßen und Auswirkungen. Megatrends sind nicht eindimensional, sondern vielfältig und vernetzt. Sie entfalten ihre Dynamik querschnittartig, zum Teil über alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche hinweg. Sie wirken nicht isoliert, sondern beeinflussen sich gegenseitig und verstärken sich so in ihrer Wirkung. Deshalb haben sich alle Projektgruppen zunächst mit den Megatrends und ihren Auswirkungen auf die bearbeiteten Marktsegmente beschäftigt. Zum besseren Verständnis der entwickelten Zukunftsszenarien werden nachfolgend die einzelnen Megatrends kurz skizziert werden.

Der Megatrend Individualisierung beschreibt das Streben der Menschen nach Autonomie und Selbstbestimmung. Konkret bedeutet das, dass das Leben nicht mehr von linear verlaufenden, festen Strukturen bestimmt wird. Biografien entwickeln sich hin zu „Multigrafien“, die durch Brüche, Umwege und Neuanfänge geprägt sind. Gründe dafür sind u. a. auf der einen Seite eine Gesellschaft, die uns einen individuellen und freien Entfaltungs- und Gestaltungsraum gibt, und auf der anderen Seite eine Gesellschaft, die uns stärker unter Entscheidungsdruck setzt (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2012a, online/Zukunftsinstitut GmbH 2016a). Die genannten gesellschaftlichen Aspekte führen insbesondere zu veränderten Werten und einer differenzierten, sich wandelnden Wirtschaft mit neuen Nischenmärkten. Höhere Bildung führt zu einer Wohlstandsgesellschaft, in der Menschen ein hohes Maß an Wahlfreiheit haben und ihr Leben individuell gestalten und führen können. Lebensstile pluralisieren sich und biografische Muster werden vielfältiger (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2012a). Neue Familienkonstellationen entstehen („Patchwork“). Soziale Werte bzw. das Pflegen von sozialen Kontakten stehen im Vordergrund. Als Treiber des dominierenden Megatrends kann die zunehmende technische und soziale Vernetzung gesehen werden, welche die Autonomie des Einzelnen erhöht und neue Marktzugänge für die Nutzer öffnet. Neue Produktionsverfahren ermöglichen eine Personalisierung von Produkten, sodass sich die Individualgesellschaft, auf ökonomischer Ebene betrachtet, zu einer „Unikatgesellschaft“ entwickelt (vgl. ebd.).

Der Wandel der Geschlechterrollen wird in der Trenddokumentation des Zukunftsinstituts als Gender Shiftbezeichnet. Die Auflösung von traditionellen Geschlechterrollen führt zu einem massiven Umbruch im Berufs- und Privatleben der jeweiligen Geschlechter. Dieser Umbruch bietet gleichzeitig die Chance, eine individuelle Balance zwischen Berufs- und Privatleben (Familie) zu finden (Work-Life Balance). Abseits von klassischen zeitgenössischen Familienmodellen (Vater-Mutter-Kind-Konstellation) findet eine Umstrukturierung statt, welche den Wunsch nach beruflicher Verwirklichung und den Wunsch nach mehr Zeit mit der Familie vereinbart (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2016b/Zukunftsinstitut GmbH 2012b). Die wechselnden Rollenbilder innerhalb der Gesellschaft führen auch zu einem Machtzuwachs der Frauen. Diese Entwicklung wird allgemein als Female Shift betitelt. Die Emanzipation der Frau ist insbesondere auf die gestiegene Wahl- und Entscheidungsfreiheit zurückzuführen. Frauen gelten bereits weltweit als Bildungsgewinner. Des Weiteren streben immer mehr Frauen Führungspositionen an oder üben bereits eine Führungsposition aus. Es sind genau diese genannten Aspekte, die einen Wandel in der von Männern dominierten Welt bewirken. Frauen haben einen großen Einfluss auf unterschiedliche Sektoren, wie Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Eine Diskrepanz zwischen Frauen und Männern ist dennoch zu erkennen, wenn es um Karrierechancen geht. Die Feminisierung der Gesellschaft lässt unterschiedliche Gesellschaftsformen entstehen, die sich in unterschiedlicher Art und Weise äußern. Sie ergründet sich auf den soziokulturellen Wertewandel sowie auf ökonomische Veränderungen und Neuorientierungen. Als Treiber dieser beschriebenen Entwicklung gelten u. a. das gesteigerte Selbstbewusstsein der Frau, bessere Bildungschancen sowie mehr Wahlmöglichkeiten in der individualisierten Gesellschaft. Immer mehr Frauen gehen männerdominierten Freizeitaktivitäten und/oder Berufsfeldern nach. Viele Frauen können sich erst in ihrem Beruf selbst verwirklichen. Der Mann muss lernen, dies zu akzeptieren und ihm wird damit die Chance geboten, sich mehr Zeit für seine Familie zu nehmen. Ein verändertes Rollenbild des Vaters ist ersichtlich: Der Vater repräsentiert nicht mehr (nur) den klassischen Versorger, sondern wird gleichzeitig auch zum Fürsorger der Familie. Der Megatrend Female Shift verändert damit also auch die Lebenswelten von Männern (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2012b).

Neben den Entwicklungen bezüglich der Geschlechterverteilung ist weltweit auch eine steigende Lebenserwartung erkennbar sowie eine Veränderung der Art und Weise des Alterns. Die Menschen altern langsamer und später. Das Heraustreten aus traditionellen Altersrollen, auch als „Downaging“ bezeichnet, zeichnet sich stärker ab denn je. Nach dem Ruhestand beginnt eine zweite Ära, in der Selbstverwirklichung, Gesundheit, Geselligkeit, Aktivität, Freude und der Genuss am Leben eine zentrale Rolle spielen. Die Rolle des Alters wird in der Gesellschaft neu definiert. Auch im hohen Alter werden gesellschaftliche Verpflichtungen übernommen. Viele sind auch im Rentenalter ehrenamtlich oder beruflich tätig. Ebenso gilt ein Studium als eine Möglichkeit, um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und gleichzeitig das eigene Wissen erweitern zu können (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2016c/Zukunftsinstitut GmbH 2012c). Das Altern bzw. das Alter bietet neue Chancen sich individuell zu entfalten und die persönliche Multigrafie zu schreiben. Diese Veränderung des Altersbildes bzw. des Alterns beschreibt der Megatrend Silver Society(vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2012c). Die Alterung der Gesellschaft wird das Leben auf der ganzen Welt verändern. Märkte, wie z. B. Städtebau, Wohnungsbau, Verkehr, Tourismus sowie die Gesundheitsbranche sind von der Alterung betroffen. Das Altern bietet jedoch auch eine große wirtschaftliche Chance für die genannten Märkte. Daher ist es essenziell, dass sich eben diese den oben genannten Aspekten öffnen (vgl. ebd.).

Mit dem bereits erwähnten Megatrend der Individualisierung geht auch der Megatrend Wissenskultur einher. Digitale Medien bieten einen leichteren Zugang zur Wissenswelt. Dabei gilt die Bildung als Schlüsselfaktor für die zukünftige Entwicklung unserer Gesellschaft. Die individuelle Förderung jedes einzelnen Talents sowie das Interesse am „Lebenslangen Lernen“ gilt als Voraussetzung für eine Zukunft voller Innovationen und sozialem Aufstieg. Das Lernen ereignet sich nicht mehr nur allein in der staatlich vorgesehenen Phase (Schule), sondern darüber hinaus während des gesamten Lebens. Neue pädagogische Konzepte sowie die Nutzung neuer Medien dienen der Wissensvermittlung fernab vom klassischen Frontalunterricht. Die neuen Medien lösen das alte autoritäre Modell ab. Eine neue Kommunikationskultur etabliert sich in den Schulen, fernab von stringenten und linearen Strukturen. Das Internet findet Einzug ins Klassenzimmer und dient dabei als Medium zur unendlichen Wissensquelle. Neue Bildungsangebote werden geschaffen, die den Anforderungen der Wissensgesellschaft von morgen gerecht werden. Der Arbeiter der Zukunft vereinbart Kreativität, soziale Kompetenzen, Persönlichkeit, Kontextualisierung und intrinsische Motivation. Diese Anforderungen erzeugen ein einzigartiges Profil und bilden einen individuellen „Unique Selling Point (USP)“ (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2016d/Zukunftsinstitut GmbH 2012d).

Der Megatrend New Work beschreibt einen Wandel der Industrie- zur Wissensgesellschaft. Eine Reaktion auf diesen Wandel sind veränderte Unternehmensstrukturen und Arbeitsräume. Kreative Mitarbeiter sowie Service- und Informationsmitarbeiter rücken dabei in den Vordergrund. Mit der „Work-Life Balance“ verblassen die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben. Die Kreativität eines Mitarbeiters befähigt gleichzeitig auch zur Selbstständigkeit (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2016e). Der globale Arbeitsmarkt ist von einer größeren Wettbewerbsintensität geprägt. Insbesondere die Schwellenländer haben hierbei eine zentrale Bedeutung. Neue Schlüsselqualifikationen erfahren eine hohe Relevanz. Fachspezifische Kenntnisse allein sind nicht mehr ausreichend. Der Mitarbeiter von morgen muss dazu fähig sein, ganzheitlich und vernetzt denken zu können. Gleichzeitig sollte er aber auch kreativ sein. Produktentwicklungsprozesse verändern sich. Innovationsqualität und Bandbreite geraten in den Fokus unterschiedlicher Branchen. Dezentrale Arbeitsformen entstehen ausgelöst von den Megatrends Konnektivität und Globalisierung. Produktives Arbeiten fernab vom klassischen Arbeitsplatz wird durch neue Raumkonzepte in- und außerhalb des Unternehmens ermöglicht. Zudem entstehen flexible und teamorientierte Arbeitsformen (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2012e).

Bezogen auf den Megatrend Gesundheit ist zu sagen, dass die Gesundheit heutzutage vermehrt ganzheitlich betrachtet wird. Unter dem Begriff ist nicht mehr nur das Gegenteil von Krankheit zu verstehen, sondern vielmehr ein Bewusstsein für den eigenen Körper und für die eigene Seele – eine Balance der individuellen Lebensenergie. Ziel ist es, das richtige Maß zwischen Arbeit und Privatleben zu finden („Work-Life Balance“). In den nächsten Jahren wird der Megatrend Gesundheit den Lebensstil der Menschen vermutlich immer stärker beeinflussen (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2016f). Die Begriffe „Krankheit“ und „Gesundheit“ werden neu definiert. Als Folge dessen ist eine enorme Entwicklung innerhalb des medizinischen Sektors zu beobachten. Das Wissen über die Gesundheit und den menschlichen Körper wächst exponentiell. Neue Behandlungsmethoden entstehen. Erfahrungswissen verknüpft mit wissenschaftlichem Forschungswissen lassen ein neues, integriertes Verständnis von Medizin entstehen. Gesundheit zieht sich durch alle Lebens- und Konsumbereiche. Auch in der Arbeitswelt sind die genannten Entwicklungen des Megatrends zu beobachten („Corporate Health“). Gleichzeitig kann Gesundheit als ein unschlagbares Verkaufsargument gesehen werden. Der Megatrend Gesundheit ist aber auch stark von der digitalen Vernetzung geprägt. Gesundheitliche Fragen werden im Netz diskutiert und Diagnosen werden mobil erstellt, was zu einer veränderten Kommunikation zwischen Arzt und Patient führt (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2016f/Zukunftsinstitut GmbH 2012f).

Die voranschreitende Globalisierung, der Klimawandel, die Rohstoffknappheit sowie ein verändertes und stärkeres Verantwortungs- und Umweltbewusstsein der Menschen führt zu einem differenzierten Wachstum, das von ökologischer, ökonomischer und sozio-kultureller Verantwortung geprägt ist. Mit dem Megatrend Neo-Ökologie findet eine Verschiebung des Wirtschaftssystems statt. Dies drückt sich vor allem im „Lifestyle of Health and Sustainability“ (LOHAS) aus. Eine radikale Veränderung der Märkte und des Konsumverhaltens ist ersichtlich. Die Konzentration liegt dabei nicht nur auf rein ökologischen Themen (Flächenverbrauch, Co2-Ausstoß etc.), sondern auch auf sozial-ökologischen Folgen unseres Handelns (Verdrängung lokaler Kulturen) (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2016g). Der Markt wird durch den Ausbau erneuerbarer Energien revolutioniert. Städte und Unternehmen stehen vor der Herausforderung diese produzierte Energie zu steuern und dafür zu sorgen, dass alle Haushalte stabil versorgt werden. Strategien und Produkte werden nachhaltig gestaltet, um ökologisch und ökonomisch einen langfristigen Erfolg zu erzielen. Zudem ist eine effektive Ressourcennutzung, die durch entsprechende Geschäftsmodelle, neue nachhaltige Recyclingstrategien und Produktionskreisläufe ermöglicht wird, unerlässlich. Geschäftsmodelle werden damit revolutioniert (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2012g).

Unter dem Megatrend Konnektivität ist eine neue Organisationsform innerhalb von Netzwerken zu verstehen. Gemeint ist damit eine Kommunikation, die über das Internet erfolgt. Praktiziert wird diese von Menschen und Maschinen. Dieser Wandel ergründet sich neben technischen Aspekten auch auf sozialen Belangen. Es ist die von der Gesellschaft ausgehende Forderung nach Transparenz, die Unternehmen und administrative Strukturen nach außen öffnet (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2016h). Diese Forderung nach Transparenz und der Wunsch nach Offenheit befähigt dazu, dass Daten und Informationen zu jeder Zeit für jedes Individuum verfügbar und abrufbar sind. Des Weiteren ist eine schnellere Weiterverarbeitung und Aufbereitung der Daten gewährleistet. Konnektivität prägt die Gesellschaft in allen Lebensbereichen. Oft wird die digitale Vernetzung jedoch nicht bewusst wahrgenommen. Konnektivität wird beispielsweise durch die Nutzung von Smartphones ermöglicht. Social Media Anwendungen (Facebook, Twitter, Instagram etc.) befähigen zu einer kreativen und innovativen Form der Kommunikation (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2012h).

Der Megatrend Globalisierung beschreibt eine Veränderung der Weltwirtschaft und zählt gleichzeitig zu den zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Viele Schwellen- und Entwicklungsländer partizipieren und profitieren zunehmend am und vom Weltwandel, Wohlstand sowie dem Wirtschaftswachstum. Grund dafür ist die Internationalisierung der Märkte und der Unternehmen. Der Megatrend wirkt sich neben dem wirtschaftlichen Sektor auch auf gesellschaftliche und soziale Bereiche aus, wie das Bildungssystem, den Konsum von Massenmedien und Kultur, aber auch das Privatleben. Globalisierung und die damit verbundene Migration führen zu einer kulturellen Diversität. Diese Vielfalt ist bereits jetzt schon im Alltag erkennbar. So haben beispielsweise „Bollywood Filme“ die Filmindustrie erobert. Auch die Liebe kennt keine Grenzen. Das Führen von Fernbeziehungen wird durch die Globalisierung erleichtert. So sind Paarkonstellationen aus den geografisch entferntesten Nationen möglich (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2016i). Während die Welt näher zusammenrückt, repräsentiert das Internet einen virtuellen Entstehungsraum für eine globale Kultur. Mit der Globalisierung geht aber auch eine „Glokalisierung“ einher, in der Globalisierung und Regionalisierung aufeinanderstoßen. Viele Kunden beziehen regionale Produkte und suchen damit die Nähe zum „Erzeuger“. Das Lokale bzw. das Regionale gewinnt damit als Teil der Globalisierung immer mehr an Bedeutung. Ein weiterer Aspekt, der mit der Globalisierung zusammenhängt, ist die „multipolare Weltordnung“, womit die Entstehung mehrerer zentraler globaler Mächte gemeint ist, die Macht und Einfluss untereinander haben. Die Welt wird militärisch und wirtschaftlich von mehreren Mächten beherrscht. China beispielsweise etabliert sich zunehmend als Wirtschaftskraft und repräsentiert damit gleichzeitig eine wichtige Weltmacht. Durch die Herstellung eigener Hightech-Produkte wird China weiterwachsen. Innovative und kreative Städte, auch als „Global Cities“ bezeichnet, werden zu ökonomischen, kulturellen und politischen Zentren der Weltwirtschaft. Sie sind der lokale Knotenpunkt der Globalisierung, da sie regionale, nationale und internationale Finanz-, Dienstleistungs- und Warenströme miteinander verknüpfen. Somit haben die „Global Cities“ eine zentrale Steuerungsfunktion (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2016j).

Seit Beginn des 19. Jahrhunderts ist die Welt durch eine stetige Zunahme der Mobilität geprägt, die besonders auf die Beschleunigung des Lebens bzw. des Alltags zurückzuführen ist. Der Megatrend Mobilität und der Megatrend Globalisierung stehen in enger Verbindung zueinander. In der globalisierten Gesellschaft bildet Mobilität die Basis des Wirtschaftens und des Lebens. Mobilität versteht sich als zentraler Baustein des Erlebens sowie des Konsums. Durch Mobilität wird die individuelle Bewegung, Veränderung und Wandlungsfähigkeit ermöglicht. Hinter dem Begriff verbirgt sich eine große Vielfalt der Optionen Neues zu entdecken und sich selbst zu verwirklichen. Im Zeitalter der „Multimobilität“ werden Möglichkeiten gesucht, um die individuellen und heterogenen Mobilitätsansprüche und –wünsche jedes Einzelnen zu erfüllen. Gleichzeitig müssen jedoch ökonomische und nachhaltige Aspekte dabei berücksichtigt werden. Folglich hat der Megatrend Mobilität einen starken Einfluss auf unterschiedliche Bereiche der Wirtschaft und Gesellschaft, wie z. B. auch auf den Tourismussektor (vgl. Zukunftsinstitut GmbH 2016k/Zukunftsinstitut GmbH 2016l).

1.1.7 Bewertung von Trends

Bezogen auf die Bewertung von Trends schreibt Blum (2021, S.40-41) folgendes:

„Die bereits vorgestellten Trendkategorien werden durch die Parameter Ebene, Länge, Intensität und Relevanz ermittelt. Bovenkerk (2012) stellt neben diesen Kriterien weitere vor, nach denen Trends bewertet werden können. Diese werden in der nachfolgenden Tabelle 1 dargestellt:

Tabelle 1: Bewertungskriterien für Trends

Bewertungskriterium

Beschreibung/Fragestellung

Zeit

Wie lange dauert der Trend an?

Intensität/Qualität

Wie groß ist seine Anziehungskraft? Wie viele Anhänger hat er?

Entwicklungsdynamik

Wie (schnell) vergrößert sich seine Anhängerschaft?

Dimension

Auf welcher Ebene wirkt der Trend?

Interaktivität/Interaktion

Welchen Einfluss wirkt der Trend auf andere Produkte oder die Gesellschaft aus? Welche Wechselwirkungen bestehen mit anderen Trends?

Zielgruppenbestimmung

Welche Anhänger hat der Trend? Wie lassen sie sich beschreiben und welche Merkmale weisen sie auf?

Ausdrucksformen der Trends

Wie zeigt sich der Trend im Verhalten der Anhänger?

Verlaufsstruktur der Trends

Wie verläuft der Trend?

Reaktionen der Trendverläufe

Wie reagiert der Trend auf äußere Einflüsse wie Krisen, politische Veränderungen, Marketing-Maßnahmen?

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bovenkerk (2012, S.27f.).

Neben den bereits betrachteten Kriterien stellt Bovenkerk hier die Kriterien Entwicklungsdynamik und Verlaufsstruktur des Trends vor. Diese beiden Kriterien können durch das Sammeln von Daten und später durch Graphen dargestellt werden. Zudem nennt sie qualitative Kriterien, die sich mit der Interaktion des Trends mit anderen Einflüssen, mit der Zielgruppe des Trends und dessen Ausdrucksformen und der Reaktion des Trends auf äußere Einflüsse beschäftigen (vgl. Bovenkerk 2012, S. 27f.).”

“Bei der Trendanalyse wird zwischen der quantitativen und qualitativen Methode unterschieden. Liegen quantitative Daten vor, können durch Berechnungen Entwicklungen für die Zukunft bestimmt werden. Wenn keine quantitativen Daten vorliegen oder eine Quantifizierung der Daten nicht sinnvoll erscheint, wird die qualitative Trendanalyse verwendet. Hierbei werden vor allem weiche Faktoren wie gesellschaftliche Werte oder politische Aspekte betrachtet. Das Vorgehen bei qualitativen Daten sieht hierbei so aus, dass Einflussgrößen definiert und durch Informationen beschrieben werden, eine Verlaufsstruktur ist hierbei häufig nicht erkennbar (vgl. Gaßner und Kosow 2008, S.35f.). Wenn einem Trend quantitative Daten zugrunde liegen, kann dieser als linear, exponentiell oder logistisch beschrieben werden.”

Zusammengefasst ist die Trendforschung für Unternehmen sämtlicher Branchen, auch der Freizeit und Tourismuswirtschaft, eine relevante Dienstleistung, um Entwicklungspotenziale und Chancen frühzeitig zu erkennen und unternehmerische Tätigkeiten und Produkte zukünftigen Gegebenheiten anzupassen. Dazu bedarf es vor allem innovativer Produkte und Dienstleistungen. Was Produktinnovationen sind und welche Arten es davon gibt wird im nächsten Abschnitt erläutert.

1.1.8 (Produkt-)Innovationen

Der Begriff Innovation stammt vom lateinischen Wort „innovatio“ und bedeutet so viel wie „Erneuerung“ oder „Veränderung“. Jedoch ist auch dieser Begriff, wie die vorausgegangenen Begriffsbestimmungen bezüglich Trends, nicht eindeutig. Allen Innovationsbegriffen ist jedoch gemeinsam, dass es sich bei Innovationen um etwas Neues handelt (vgl. Vartanian 2003, S.7). Im wirtschaftlichen und für die folgenden Szenarien relevanten Kontext, wurde der Begriff insbesondere von dem Ökonom Schumpeter geprägt, der Innovation allgemein im Sinne der Neuerungen als "Durchsetzung neuer Kombinationen“ (Schumpeter 1926, S.100) definierte, also jene, die sich am Markt etablieren (vgl. Gausemeier et al., 2019, S.V).

Daran anlehnend beschreibt das Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache Innovationen aus wirtschaftlicher Sicht als „Realisierung einer neuartigen, fortschrittlichen Lösung für ein bestimmtes Problem, besonders die Einführung eines neuen Produkts oder die Anwendung eines neuen Verfahrens“ (o.V. Wörterbuch der Deutschen Gegenwartssprache, 2020b). Innovationen werden in der Literatur häufig nach ihrer Art differenziert. Dabei lassen sich u.a. Produkt, Verfahrens- und Sozialinnovationen unterscheiden. Für die Zielsetzung der Arbeiten der Studierenden sind insbesondere die Produktinnovationen von Interesse, weswegen hier näher darauf eingegangen wird.

Produktinnovationen stellen Veränderungen und Erneuerungen im Leistungsprogramm eines Unternehmens dar. Dabei kann es sich um neuartige Waren, aber auch um neuartige Dienstleistungen handeln. Sie schaffen und/oder befriedigen neue Bedürfnisse besser als bereits am Markt existierende Produkte (Steigerung des Kundennutzens). Auf Unternehmensseite sollen Produktinnovationen dazu dienen, die Wettbewerbsfähigkeit am Markt zu steigern. Je nach Branche und Produktlebenszyklus ist der Bedarf nach Erneuerungen unterschiedlich ausgeprägt. Die Notwendigkeit neuer bzw. veränderter Produkte ist jedoch unbestritten (vgl. Vartanian 2003, S.8/ Gausemeier et. al. 2019, S.5).

Hinsichtlich des Neuigkeitsgrades kann laut Becker (1990, S. 130) zwischen drei unterschiedlichen Produktinnovationen unterschieden werden:

Echte Neuheiten, d.h. originäre Produkte, die es bisher noch nicht gab,

Quasi-neue Produkte, d.h. neuartige Produkte, die an bestehende Produkte bzw. Produktleistungen anknüpfen und auch als Verbesserungsinnovationen bezeichnet werden,

Me-Too-Produkte, d.h. nachempfundene bzw. nachgeahmte Produkte, die sich vom Original weniger in der Produktsubstanz, sondern mehr im Produktäußerem unterscheiden

1.2 Angewandte Forschungsmethoden im Master-Modul

Das Modul Global Trends und Trendforschung ist seit mehreren Jahren fester Bestandteil des Masterstudiengangs International Studies of Leisure and Tourism an der Hochschule Bremen. Der Fokus der Lehrveranstaltung liegt auf der Anwendung adäquater Instrumente und Methoden der Trendanalyse sowie der Ableitung von Trendszenarien und innovativer Produkte. Organisation und Inhalt globaler Trendforschung sind Gegenstand der Lehre. Mithilfe grundlegender Trend-Literatur lernen die Studierenden die wichtigsten Methoden und Instrumente der Trendforschung kennen und wenden diese in einem eigenen Trendforschungsprojekt in Gruppenarbeit an. Die Veranstaltung mündet in der Entwicklung von Trendszenarien und Maßnahmen am Beispiel konkreter Themenfelder aus der Freizeit- und Tourismusbranche. Hierdurch werden zum einen Kompetenzen im Umgang mit Instrumenten der Trendanalyse gefördert, zum anderen werden die Studierenden darin geschult, auf unterschiedliche Trends praxisorientiert zu reagieren. Im Folgenden soll der Aufbau des Moduls konkretisiert werden.

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, besteht die Zielsetzung für die Trendforschungsprojekte der Studierenden darin, in denen von ihnen selbst gewählten Marktsegmenten drei Zukunftsszenarien zu entwickeln, sowie innovative Produkte für die Szenarien abzuleiten. Die Durchführung der Veranstaltung erfolgt in einem Wechsel aus theoretischem Input, Anwendung und Reflektion der (Zwischen-)Ergebnisse. Im ersten Schritt wählen die Studierenden ein Untersuchungsfeld (Marktsegment) und nehmen eine präzise Marktabgrenzung vor. Der nächste Schritt beinhaltet die Identifikation von passenden Trends und deren Zuordnung in die Trendebenen: Mega, Gesellschafts-, Technologie-, Konsumenten- und Produkttrends. Begonnen wird mit der Methode des Scanning. Scanning bedeutet, dass auf verschiedenen Plattformen nach Oberflächenphänomenen gesucht wird. Beim Scanning werden systematisch Magazine, Zeitungen, Publikationen, Webseiten oder Social-Media-Kanäle gesichtet, um für das Segment relevante Phänomene und Entwicklungen zu entdecken. Es sollen dabei Zeichen, Entwicklungen und Trends identifiziert werden, die direkt oder indirekt etwas mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun haben. Ziel ist es, möglichst umfassend die Entwicklungen im Markt zu identifizieren und festzuhalten (vgl. Schögel 2007, S.335).

Anschließend erfolgt eine Bewertung der gefundenen Trends in Bezug auf die ausgewählten Marktsegmente. Veränderungen und Dynamiken der Trends werden analysiert und begreifbar gemacht. Auf Basis der Bewertungen und mit Hilfe unterschiedlicher Methoden und Techniken wie der Erstellung eines Flow Charts, wird die Anzahl der gefundenen Trends auf eine handhabbare Größe reduziert.

Den theoretischen Rahmen für diese ersten Schritte bilden der Trendforschungsprozess nach Bovenkerk (2012, S.57-59.) sowie das Szenario Management nach Gausemeier und Plass (2014). Die unterschiedlichen Phasen der Szenario-Technik werden nachstehend erläutert und mit Beispielen aus der Praxis veranschaulicht. In den Berichten der Studierenden wird die Szenario-Technik dann konkret angewandt.

1.2.1 Grundlagen der Szenariotechnik

Ein Szenario wird als Zukunftsbild ausgelegt, welches „auf einer in sich schlüssigen Kombination von denkbaren Entwicklungen (Projektionen) einzelner Einflussfaktoren beruht (Gausemeier und Plass 2014, S.42)“. Für jeden Einflussfaktor werden zudem mögliche Entwicklungen bzw. Ausprägungen betrachtet und berücksichtigt. Die Szenario-Technik beruht im Wesentlichen auf zwei Grundprinzipien: dem vernetzten Denken und dem Denken in multipler Zukunft (vgl. ebd. S.44-45). Da es sich bei den auf den Markt einwirkenden Einflussfaktoren in der Regel nicht um unabhängig auftretende Faktoren, sondern um ein in sich überlappendes komplexes System handelt, sprechen Gausemeier und Plass von vernetztem Denken (vgl. ebd., S.45). Daraus resultierend kann auch die Projektion der Zukunft nicht einseitig angenommen werden, es muss in Szenarien gedacht werden.

1.2.2 Szenario Management und Phasen

Die Entwicklung der Zukunftsszenarien mit Hilfe der Szenario-Technik wird nach Gausemeier und Plass (2014, S.48) als Prozess beschrieben, welcher sich in fünf Phasen unterteilen lässt und auch als Szenario Management bezeichnet wird. Die folgende Abbildung 3 veranschaulicht die Phasen inklusive ihrer Aufgaben und Ergebnisse.

 

Abbildung 3: Szenario-Management als Phasenmodell

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Gausemeier & Plass (2014, S.48)

1.2.3 Szenario-Vorbereitung

Im ersten Schritt des methodischen Vorgehens der Szenario-Technik werden zunächst das Projektziel sowie die Projektorganisation festgelegt. Dies umfasst nicht nur die konkrete Zielformulierung der Trendforschung, sondern ebenso die erforderliche Abgrenzung des Marktes, die Analyse des Gestaltungsfeldes sowie die Einführung und Ableitung aller für das Gestaltungsfeld notwendigen Definitionen (vgl. Gausemeier und Plass 2014, S.48f). Neben den definitorischen Grundlagen und der Formulierung des Projektziels, zählt auch eine erste inhaltliche Annäherung möglicher Einflussfaktoren zur Szenario-Vorbereitung. Um die Einflussbereiche strukturiert einzuordnen und eine mögliche Überschneidung unterschiedlicher Trends zu erkennen, ist eine detaillierte Szenario-Vorbereitung essenziell.

Eine umfangreiche Sichtung möglicher Trendeinflüsse ermöglicht beispielsweise das Scanning oder die Trendverdichtung (vgl. Cornish 2004). Auch das Aufstellen eines Flow Charts, beispielhaft dargestellt in Abbildung 4, zählt zu einer ersten inhaltlichen Visualisierung. Die aufgeführten Techniken erleichtern den Prozess der Identifikation von relevanten Einflussfaktoren und bilden den Übergang zur Szenariofeld-Analyse.

 

Abbildung 4: Flow Chart Darstellung der Trendanalyse

Quelle: Eigene Darstellung

Im Rahmen des Forschungsprozesses soll das Flow Chart bei der Verdichtung der relevanten Trends helfen, da es aufzeigt, in welcher Beziehung die einzelnen Entwicklungsfaktoren zueinanderstehen. Es soll veranschaulichen, welcher Trend Einfluss auf einen anderen hat. Die Komplexität der Trendsysteme soll reduziert werden, indem jeder Trend mit einem anderen verbunden wird, den er am meisten zu beeinflussen scheint. Im Ergebnis führt dies dazu, dass mehrere Trends zu einem anderen Trend führen können, jedoch jeder Trend nur einen anderen Trend beeinflussen kann. Von einem Trend darf also nur ein Pfeil abgehen, obwohl mehrere Pfeile auf ihn zeigen können. Beispielhaft wird dies in der folgenden Abbildung 5 mit den vorselektierten Trends zum Marktsegment Themenparks (2020) verdeutlicht (man beachte, von jedem der Trends geht nur ein einziger Pfeil ab).

 

Abbildung 5: Flow Chart Themenparks

Quelle: Drohla et al (2020, S.17)

Eine weitere Methode der Trendverdichtung ist die Erstellung sogenannter Trendhierarchien. Bei dieser Methode werden die einzelnen Trends bausteinartig den Trendkategorien (oder auch Trendebenen) Mega-, Gesellschafts-, Konsum-, Branchen und Produkttrends zugeordnet, wie in der folgenden Abbildung 6 verdeutlicht wird. Anhand dieser Methode können Wirkungszusammenhänge diskutiert und systematisiert werden. Gleichzeitig wird die Komplexität weiter reduziert.

Abbildung 6: Darstellung der Trendverdichtung

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Groher et al. (2018, S.28)

Abbildung 7: Beispiel Trendhierarchie Mobilität

Quelle: Eigene Darstellung

Um an dieser Stelle auch dieses theoretische Konzept exemplarisch an einem Beispiel zu verdeutlichen, wurde eine Trendhierarchie aus dem Marktsegment nachhaltiger Tourismus (2018) ausgewählt.

Diese Trendhierarchie verdeutlicht die Bezüge der einzelnen Trends kategorisiert unter dem Megatrend der Mobilität. Als gesellschaftliche Trends wurden hier der Bike Boom und die E-Mobilität zugeordnet. Die drei Trends individuelle Freiheit, Energie sparen und Ökoeffektivität folgen auf der Ebene der Konsumtrends. Weitere drei Trends wurden als Branchentrends kategorisiert, nämlich Bett & E-Bike Angebote, die sanfte Mobilität sowie Rail and E-Drive Pakete. Letztlich werden der unteren Produktebene passende Produkte wie ein E-Bike Reparatur- Service im Hotel oder auch E-Bikes und Autos im Allgemeinen zugeordnet.

1.2.4 Szenariofeld-Analyse

Das Ziel der Szenariofeld-Analyse ist die Identifikation der relevantesten Einflussfaktoren, den sogenannten Schlüsselfaktoren, welche auf das Marktsegment einwirken. Um die Schlüsselfaktoren dabei möglichst präzise auswählen zu können, schlagen Gausemeier und Plass (2014) hierfür ein mehrstufiges Vorgehen unter Anwendung unterschiedlicher methodischer Verfahren vor (vgl. S.51). So muss zunächst erfasst werden, welche Einflussbereiche und Trends den Untersuchungsgegenstand, also das jeweilige Marktsegment, direkt sowie indirekt tangieren. Direkte Einflussbereiche können dabei beispielsweise Branchen oder Märkte, aber auch Produkte und Lieferanten sein. Unter die indirekten Einflussbereiche fallen im Kontext der Szenariofeld-Analyse globale Trends aus den Bereichen Ökonomie, Technologie, Politik oder Gesellschaft, also Trends, die per Definition den Mega- und Gesellschaftstrends zuzuschreiben sind (vgl. Bovenkerk, 2012). Dies sorgt vor allem für eine weitere Clusterung und verschafft Übersicht.

Um die Schlüsselfaktoren zu ermitteln, folgt im nächsten Schritt die Relevanzanalyse. Diese basiert auf einer paarweisen Gegenüberstellung der Einflussfaktoren in einer Relevanzmatrix, dargestellt in Abbildung 8. Dabei wird geprüft, ob die Relevanz des Einflussfaktors der Zeile für den Untersuchungsgegenstand höher ist als der der Spalte. Ist dies der Fall, wird eine 1 vergeben, ist der Einflussfaktor der Spalte höher, entsprechend eine 0. Am rechten Rand der einzelnen Zeilen ergeben sich daraus aus einfacher Addition die Relevanzsummen. Je höher die Relevanzsumme eines Einflussfaktors ausfällt, desto größer ist dessen Bedeutung für das Szenariofeld (vgl. Gausemeier und Plass 2014, S.53).

Abbildung 8: Darstellung der Relevanzmatrix

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Gausemeier und Plass (2014, S.53)

Ein konkretes Beispiel (vgl. Abbildung 9) aus der Trendforschung zu Themenparks (2020) veranschaulicht, wie eine Relevanzmatrix aussieht, wenn sie von drei Mitgliedern eines Teams ausgefüllt wird. Mit dem Microsoft Office Programm Excel können alle notwendigen Formeln hinterlegt werden, sodass alle Summen einfach und direkt ausgerechnet werden. Bei den 19 Trends in dieser Matrix wird schnell deutlich, dass nach der Bewertung durch die Studierenden, die Trends Authentizität, Theming, Emotionalisierung und Alltagsflucht die größte Relevanz aufweisen, weil sie in der rechten Spalte die höchsten Werte erzielen.

Abbildung 9: Beispiel Relevanzanalyse Themenparks

Quelle: Drohla et al. (2020, S.19)

Neben der Relevanzanalyse wird zusätzlich eine Einflussanalyse durchgeführt. Ähnlich wie bei der Relevanzmatrix werden die Einflussfaktoren in einer Einflussmatrix paarweise gegenübergestellt. Allerdings wird hier der Frage nachgegangen, wie stark der Einflussfaktor der Zeile den Einflussfaktor der Spalte beeinflusst und umgekehrt, dargestellt in Abbildung 10.

Abbildung 10: Darstellung der Einflussanalyse

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Gausemeier und Plass (2014, S.51)

Die Bewertung erfolgt auf der Grundlage einer einfachen Intervallskala von 0 (kein Einfluss) bis 3 (starker Einfluss). Aus der Einflussmatrix ergeben sich mehrere Zahlenwerte, welche für die Identifikation der Schlüsselfaktoren herangezogen werden können. Die Höhe der Zeilensumme wird als Aktivsumme (AS) bezeichnet und sagt aus, wie stark ein Einflussfaktor Einfluss auf alle anderen Faktoren nimmt. Die Spaltensumme beschreibt die Passivsumme (PS) und gibt an, wie stark ein Einflussfaktor von anderen Einflussfaktoren beeinflusst wird. Zusätzlich lassen sich mit Hilfe der Zahlenwerte unterschiedliche Indizes berechnen. Der Impuls Index (II) ergibt sich als Quotient aus Aktiv- und Passivsumme und beschreibt, wie impulsiv ein Einflussfaktor ist. Er ist demnach ein Maß dafür, wie stark ein Faktor andere Einflussfaktoren beeinflusst, ohne dabei selbst Veränderungen zu erfahren. Im Gegensatz zum Impuls-Index kann mit Hilfe des Dynamik-Index angegeben werden, wie stark ein Einflussfaktor in das Gesamtsystem des Szenariofeldes eingebunden ist. Dieser ergibt sich aus dem Produkt der Aktiv- und Passivsumme (vgl. Gausemeier und Plass 2014, S.51f).

Abbildung 11: Beispiel Einflussanalyse Themenparks

Quelle: Drohla et al. (2020, S.19)

Die obige Abbildung 11 bildet die Einflussanalyse im Marktsegment der Themenparks (2020) ab. Anhand der Aktiv- und Passivsummen lässt sich hierbei beispielhaft ablesen, dass die Trends Individualisierung, Emotionalisierung, Content-Co-Creation und Gamification viel Einfluss auf andere Trends ausüben, da sie in der rechten Spalte die höchsten Werte aufweisen. Auf die Trends Theming, Gamification und Alltagsflucht wird viel Einfluss ausgeübt. Diese erhalten in der Passivsumme die höchsten Werte.

Den Abschluss der Szenariofeld-Analyse bildet die Zusammenführung der beschriebenen Matrizen unter Verwendung eines System Grids, wobei sich die Achsen aus den Aktiv- und Passivsummen ergeben.

Abbildung 12: Darstellung System Grid

Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 12 stellt ein vereinfachtes System Grid dar. Hier werden die einzelnen Einflussfaktoren mit der entsprechenden Aktiv- (x-Achse) und Passivsumme (y-Achse) in Form von Kugeln eingetragen. Die Größe der Kugeln spiegelt die zuvor ermittelte Relevanzsumme wider (vgl. Gausemeier und Plass 2014, S.54)