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So gelingt entspannte Erziehung Das Zusammenleben mit Kindern ist nicht immer leicht. Immer wieder bringen sie ihre Eltern durch ihr Verhalten an ihre Grenzen. Doch warum tun sie das? Und wie können Eltern ihre Kinder und sich selbst in solchen Momenten wieder beruhigen? Der Familientherapeut Deva Wallow und die Bloggerin Mira Mondstein zeigen, wie Mütter und Väter den Kreislauf aus Stress, Enttäuschung und Wut durchbrechen können. Verständnis, Verantwortung, Vertrauen Das beste Fundament für eine einfühlsame Kindererziehung und tolle Eltern-Kind-Beziehung besteht aus Vertrauen, Verständnis und Verantwortung. Im großen Praxisteil des Buches zeigen die Autoren anhand zahlreicher typischer Stress-Situationen, die zwischen Eltern und Kind entstehen können, wie sich diese „3 großen V’s der Kindererziehung“ umsetzen lassen. So gelingt ein entspannter Familienalltag mit glücklichen Kindern! Aus dem Inhalt: • Praktische Tipps für einen harmonischen Familienalltag • Voraussetzungen für ein entspanntes Zusammenleben • Unsere Kinder brauchen Liebe und Grenzen • Was uns in der Erziehung unterstützt • So können wir kindgerecht kommunizieren • Was entspannte Eltern brauchen • Herausforderungen gelassen entgegensehen • Wir haben ein Problem – was können wir tun? Auswahl der Stress-Situationen im Praxisteil: Typische Situationen im Alter zwischen 3 und 4 Jahren: • Unser Sohn haut und tritt uns • Unsere Tochter möchte nicht mehr in die Kita gehen • Unser Sohn hat Angst vor Gespenstern Typische Situationen im Alter zwischen 5 und 6 Jahren: • Unsere Tochter will sich morgens nicht anziehen • Unser Sohn will abends nicht ins Bett gehen • Unser Sohn kann nicht verlieren
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Seitenzahl: 226
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INHALT
Praktische Tipps für einen harmonischen Familienalltag
Voraussetzungen für ein entspanntes Zusammenleben mit Kindern
Wir Eltern beeinflussen unsere Kinder von Anfang an
Unsere Kinder kommen unschuldig zur Welt
Was geschieht, wenn wir Eltern Vergleiche anstellen und Erwartungen hegen?
Vertrauen, Verständnis und Verantwortung – die drei wichtigen Vs in unserer Erziehung
Vertrauen aufbauen
Verständnis zeigen
Verantwortung übernehmen und loslassen
Voraussetzungen für kooperatives Verhalten unserer Kinder
Wir begegnen unseren Kindern auf Augenhöhe
Wir sind authentisch und entspannt
Wir schaffen einen Ausgleich und sorgen für Bewegung
Unsere Kinder brauchen Liebe und Grenzen
Grenzen setzen heißt, Verantwortung übernehmen
Die Grenzen unserer Kinder weiten sich aus
Setzen wir unserer Angst Grenzen!
Die Grenzen unserer Verantwortung als Eltern
Wir setzen Grenzen durch Gefahrenhinweise und Hilfestellungen
Kinder brauchen die Fähigkeit, Grenzen zu setzen
Manchmal überschreiten wir die Grenzen unserer Kinder
Grenzen, die wir Eltern respektieren sollten
Kinder lernen den Umgang mit unterschiedlichen Grenzen
Grenzen setzen, Freiräume schaffen
Was uns in der Erziehung unterstützt
Humor als Deeskalationsmittel
Entspannt reagieren, selbst wenn wir wütend sind
Wir kommunizieren und handeln aus den richtigen Rollen heraus
Wir schenken unseren Kindern Aufmerksamkeit
So gehen wir mit Erfolgserlebnissen und Rückschlägen um
Wir lassen uns von Aussagen oder Handlungen unserer Kinder nicht verletzen
So können wir kindgerecht kommunizieren
Kommunizieren, (möglichst) ohne zu verletzen
Verantwortung statt Schuld
Würdest du bitte statt du musst
Kinder verstehen keine Ironie
Die starke Wirkung von Nein
Wünsche brauchen klare Formulierungen
Mit, statt über Kinder reden
Authentisch sein und sich entschuldigen
Sparsam mit Erklärungen umgehen
Was entspannte Eltern brauchen
Entspannte Elternschaft
Elternbedürfnissen Raum geben
Sagen wir Ja zu unseren Kindern, sagen wir nicht selten Nein zu uns
Eigene Bedürfnisse wahrnehmen und befriedigen
Es ist Arbeit, als Eltern auch ein Paar zu bleiben
Achtsam sein und immer wieder das eigene Tempo finden
Herausforderungen gelassen entgegensehen
Herausforderungen im Alltag
Wir möchten unseren Sohn dazu motivieren, sich die Zähne zu putzen
Wir müssen unserer Tochter ein Medikament geben
Wir möchten unsere Tochter dabei unterstützen, ein Hobby zu finden
Wir streiten uns vor unserem Kind
Ereignisse, die das Familienleben nachhaltig beeinflussen
Wir bekommen ein zweites Kind
Wir möchten den Kitastart vorbereiten und begleiten
Wir möchten den Schulstart vorbereiten und begleiten
Es gibt einen Todesfall in der Familie
Besondere Ereignisse im Alltag
Wir unternehmen eine Reise
Wir ziehen um
Wir sind auf einer großen Feierlichkeit eingeladen
Wir haben ein Problem - was können wir tun?
Typische Situationen im Alter zwischen 3 und 4 Jahren
Unsere Tochter hat Angst auf dem Spielplatz
Unser Sohn haut und tritt mich
Die Eingewöhnung unserer Tochter in die Kita läuft schief
Ich sage Nein und unser Sohn stellt seine Ohren auf Durchzug
Unsere Tochter will plötzlich nicht mehr in die Kita gehen
Unsere Tochter will nicht weiterlaufen
Unser Sohn nimmt einem Mädchen das Spielzeug weg
Unsere Tochter hört nie zu und unterbricht uns dauernd
Unser Sohn hat Angst vor Gespenstern
Unser Sohn sagt nicht Danke
Unsere Tochter will keine Zeit mehr mit mir verbringen
Unser Sohn hat Wutanfälle
Unsere Tochter setzt sich auf ihren Babybruder
Unser Sohn rennt einfach über die Straße
Typische Situationen im Alter zwischen 5 und 6 Jahren
Unser Sohn wird schnell aggressiv und schlägt um sich, wenn er etwas nicht bekommt
Unsere Tochter beschimpft und beleidigt uns
Unser Sohn weint scheinbar grundlos
Unsere Tochter will sich morgens nicht anziehen
Unser Sohn fühlt sich in der Grundschule nicht wohl
Unser Sohn will abends nicht ins Bett gehen
Unsere Tochter weint, wenn ich abends zur Arbeit fahre
Unser Sohn bringt Schimpfwörter aus der Schule mit
Unsere Tochter nässt wieder ein
Unsere Tochter quengelt in der Arztpraxis
Unser Sohn zappelt am Tisch
Unsere Tochter ruft nach uns, wenn sie bereits im Bett liegt und schlafen soll
Unsere Tochter weigert sich, aufzuräumen
Unsere Tochter füllt sich mehr auf den Teller, als sie essen kann
Unsere Tochter mag plötzlich das Essen nicht mehr
Unser Sohn kann nicht verlieren
Typische Situationen im Alter zwischen 7 und 8 Jahren
Unser Sohn will immer mit dem Smartphone spielen
Unsere Tochter macht einen Aufstand im Supermarkt
Unser Sohn denkt immer nur an seinen Vorteil
Unsere Tochter fühlt sich in der Schule ausgeschlossen
Unser Sohn lügt beim Thema Hausaufgaben
Unser Sohn hat eine 5 im Diktat
Unser Sohn will nicht in die Schule gehen
Unsere Söhne streiten sich um Spielsachen
Typische Situationen im Alter zwischen 9 und 10 Jahren
Unsere Tochter will die Musik nicht leiser drehen
Unser Sohn will nicht lernen und droht sitzenzubleiben
Unser Sohn will nicht zuhören
Ein kurzes Schlusswort
Danksagung
In der heutigen Zeit redet jeder, wirklich jeder mit, wenn es um die Erziehung von Kindern geht. Unsere Meinung: Den einzig wahren Erziehungsstil gibt es nicht. Daher sucht ihr in diesem Ratgeber einen erhobenen Zeigefinger vergeblich – an seiner Stelle findet ihr ein echtes Pfund an hilfreichen Tipps für euren Elternalltag. Als Autorenteam schöpfen wir dabei aus dem Vollen: Wenn ein erfahrener Familientherapeut und eine gelebte Rabenmutter – beide Herzblut-Blogger mit engster Verbindung zu Tausenden Eltern – loslegen, geht es praktisch zur Sache!
Das beste Fundament für eine einfühlsame Kindererziehung und eine tolle Eltern-Kind-Beziehung besteht aus Vertrauen, Verständnis und Verantwortung. Anhand zahlreicher – und für Eltern meist stressiger – Alltagssituationen möchten wir euch zeigen, wie ihr die 3 großen Vs der Kindererziehung bestmöglich in eurem Familienalltag umsetzen könnt.
Unser Erziehungsstil basiert darauf, unseren Kindern mit ganz viel Verständnis und Vertrauen die Grenzen zu setzen, die sie brauchen, um sich sicher zu entfalten und ihnen den Freiraum zu geben, den sie brauchen, um ihre Welt mutig und selbstbewusst zu erkunden.
Wir wünschen uns, dass unsere Erfahrungen aus Devas praktischer Arbeit als Familientherapeut und Vater sowie aus Miras persönlicher Umsetzung des klassischen Rabenmutter-Modells euch dabei unterstützen, den Familienalltag zu gestalten, der euch alle glücklich macht.
Ein paar Dinge möchten wir euch für alle Familiensituationen sehr ans Herz legen:
• Ignoriert nie euer Bauchgefühl!
• Achtet immer auch auf euch selbst.
• Geht niemals davon aus, dass euer Kind böse oder falsch ist, egal wie es sich auch verhält.
•Alles, was nicht Liebe ist, ist ein Schrei nach Liebe! – und dieser resultiert immer aus einer Verletzung.
In der Praxis zeigt sich, dass zu viel Theorie es schwer macht, in die Umsetzung zu kommen. Aus diesem Grund haben wir dieses Buch mit sehr vielen Praxisbeispielen gefüllt, die genau die typischen Problemsituationen aus dem Familienalltag zeigen, die alle Eltern nicht selten in den Wahnsinn treiben.
Wir wünschen euch viel Erfolg und Freude auf eurem Erziehungsweg. Betrachtet euer Kind als ein einzigartiges Kunstwerk und seid stolz auf dieses kleine Wunder, das ihr erschaffen habt.
Liebe Grüße
Mira und Deva
Das Zusammenleben mit unseren Kindern ist nicht immer leicht. Nicht selten bringen sie uns durch ihr Verhalten an unsere Grenzen. Doch wieso tun sie das? Und wie können wir Eltern unsere Kinder und uns selbst in solchen Momenten wieder beruhigen?
Wir Eltern wünschen uns alle ein entspanntes und harmonisches Zusammenleben mit unseren Kindern, doch leider ist das Familienleben oft für alle Mitglieder anstrengend. Das liegt unter anderem daran, dass wir Eltern buchstäblich rund um die Uhr vor der Aufgabe stehen, Entscheidungen anstelle unserer Kinder zu treffen.
WIR ELTERN SIND HIN- UND HERGERISSEN
Einerseits wollen wir unseren Kindern mit jedem Verhalten und jeder unserer Entscheidung zeigen, wir sehr wir sie lieben und andererseits sind wir besorgt, dass es manchmal etwas zu viel des Guten und für die Entwicklung unserer Kinder vielleicht besser sein könnte, auch mal Grenzen zu ziehen bzw. Nein zu sagen.
Zudem haben unsere Kinder das Talent, mit ihrem Verhalten unsere empfindsamsten bzw. schmerzhaftesten Punkte zu drücken, die uns schnell wütend oder traurig werden lassen. Das kann uns dazu verleiten, unüberlegt zu reagieren, was häufig nicht sehr verständnisvoll ist.
Dabei steht hinter jedem unkooperativen Verhalten unserer Kinder ein Schrei nach Liebe und Aufmerksamkeit. Im Sinne von: Siehst du denn nicht, wie verletzt und traurig ich bin? Diese Aussage gilt übrigens nicht nur für Kinder, sondern für alle: Junge wie Alte. Wir alle reagieren immer nur verletzend oder unkooperativ, wenn wir uns selbst verletzt fühlen. Und dies ganz häufig nicht unmittelbar, nachdem die Verletzung passiert ist, sondern dann, wenn etwas (oft) Banales das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Die Tatsache, dass das unangebrachte Verhalten nicht unmittelbar auf diese Verletzung folgt, macht es so schwierig, diesen Zusammenhang zu erkennen. Wenn wir uns dies vor Augen führen, haben wir die Möglichkeit bzw. die Wahl, den uns hingeworfenen Fehdehandschuh (Aufforderung zu einem Duell) aufzunehmen – oder halt nicht.
Deshalb ist es wichtig, dass wir Eltern uns immer wieder bewusst die Frage stellen: Was könnte unser Kind so erschreckt, ihm solche Angst gemacht oder es so verletzt haben, dass es sich so (unkooperativ) verhält?
Bei Erwachsenen können wir darauf reagieren, indem wir langsam und achtsam, die Grenze des Gegenübers achtend, auf diesen zugehen und ihm anbieten, ihn zu umarmen. Je nach Alter des Kindes geht das ähnlich bzw. in etwas abgewandelter Variante: Indem wir mit einem wohlwollenden Blickkontakt kleine Schritte auf unser Kind zugehen und mit jedem Schritt die Arme etwas mehr ausbreiten als Einladung, es zu umarmen. Doch unabhängig vom Alter unseres Kindes können wir auf das unangebrachte Verhalten mit einem einfachen Ja reagieren, im Sinne von: Ja, ich habe dich gehört! Was aber nicht bedeutet: Ja, ich gebe dir recht!
HALTUNG ZEIGEN!
Wichtig ist dabei, dass wir eine verständnisvolle Haltung einnehmen und diesen Satz nicht einfach nur so dahinsagen. Denn dies würde in dieser Situation sehr wahrscheinlich kontraproduktiv wirken und die Aggressivität unseres Kindes verstärken.
Ganz im Sinne der Buddha zugeschriebenen Aussage können wir uns fragen: Willst du recht haben oder glücklich sein? Menschen möchten oft beides haben. Doch es ist hilfreicher, wenn wir den Wunsch, recht zu haben, ab und zu zurückstellen. Er steht nämlich sehr häufig zwischen uns und unseren glücklichen Beziehungen – und dies nicht nur in Bezug auf unsere Kinder.
Je nach Verlauf und Erfahrungen der Mutter während der Schwangerschaft nimmt das ungeborene Kind die vielschichtigen Gefühle und Ängste seiner Mutter bereits im Bauch wahr. Dies führt zu Überzeugungen des Ungeborenen, wie das Leben ist, vor allem, ob es sicher oder gefährlich bzw. ob das Kind selbst liebenswert ist oder nicht.
Diese Überzeugungen wirken wie in Stein gemeißelte Gesetze. Diese Gesetze geben dem Kind das Gefühl von Sicherheit, unabhängig davon, ob die Überzeugungen positiv oder eher negativ sind. Das hat zur Folge, dass sie nicht so schnell über den Haufen geworfen werden. Ein Mangel an positiven Gefühlen der Mutter bleibt gespeichert als bekannter, aber unsicherer Hafen – selbst wenn das Kind später viel Liebe erfährt: Immer wenn es später etwas erlebt, das seine lieblose Überzeugung bestärkt, denkt es sich: Ich habe es doch gewusst!
Wenn Kinder das Licht der Welt erblicken, sind sie unschuldig und kennen keinen seelischen Schmerz bzw. keine seelischen Verletzungen, es sei denn, sie erlebten während der Schwangerschaft oder der Geburt Traumata. Falls dies der Fall ist, fühlen sie sich ausnahmslos selbst dafür verantwortlich und empfinden keine feindseligen Gefühle.
Als unschuldige Wesen brauchen Kinder vor allem von ihren Eltern liebevolle Aufmerksamkeit und Grenzen, innerhalb derer sie sich selbst und die Welt erkunden und weder sich noch andere (körperlich) verletzen können. Sie sind – wie jeder Erwachsene auch – okay so wie sie sind! Was ganz und gar nicht heißt, dass ihr bzw. unser Verhalten immer okay ist.
Wir Eltern haben ein natürliches Bedürfnis nach Sicherheit. Wenn wir wissen, dass unsere Kinder nicht aus der Reihe tanzen, fühlen wir uns in unserer Aufgabe als Eltern bestätigt. Dies gibt uns Sicherheit. Deshalb beginnen wir früh, die Entwicklung unserer Kinder und ihr Verhalten mit dem anderer Kinder zu vergleichen.
UNSERE ERWARTUNGEN SIND GIFT
Erwartungen sind Glücksblocker. Sie nehmen uns die Freude über etwas vorweg, das unsere Kinder selbst und von sich aus oder mit unserer Unterstützung schaffen.
Wir beginnen schon während der Schwangerschaft bei den Ultraschalluntersuchungen der Embryonen mit deren Bewertung: Wir fragen uns unsicher und nervös: Entspricht unser Embryo der Norm? Hat er die richtige Größe und das passende Gewicht? Trifft unser Baby den errechneten Geburtstermin und wird es pünktlich geboren? Wie verlaufen die Vorsorgeuntersuchungen unseres Säuglings? Nimmt er schnell genug an Größe und Gewicht zu? Trinkt er genug? Beginnt er rechtzeitig, sich zu drehen, zu krabbeln, zu laufen, zu sprechen usw.?
Wir warten vertrauensvoll oder ängstlich ab, ob unsere Kinder der Norm bzw. unseren Erwartungen entsprechen. So schwer es uns Eltern häufig fällt, uns von den Erwartungen an unsere Kinder zu lösen, so wenig hilfreich sind diese. Was geschieht eigentlich, wenn unsere Kinder unseren Erwartungen entsprechen? Macht uns das glücklich? Beruhigt es unsere Angst? Oder ist es einfach nur okay?
Wie groß ist die Freude, wenn unser Kind zum ersten Mal Mama oder Papa sagt!? – Doch stellen wir uns mal folgende Situation vor: Wir warten die ganze Zeit auf diese magischen Wörter, weil wir wissen, dass gleichaltrige Kinder sie schon gesagt haben. Und wenn sie dann aus dem Mund unseres Kindes kommen: Was fühlen wir dann? Freuen wir uns oder sind wir gedanklich schon beim nächsten Meilenstein in seiner Entwicklung?
Als Eltern ist es angesichts der vielen Beurteilungen unserer Kinder – von Außenstehenden, aber auch durch unsere eigenen Vergleiche mit anderen Kindern – nicht leicht, im Vertrauen zu bleiben, dass mit unseren Kindern und ihrer Entwicklung alles okay ist. Kinder entwickeln sich nun mal nicht alle im gleichen Tempo und haben zudem unterschiedliche Stärken und Schwächen. Die individuelle Kombination dieser Stärken und Schwächen macht jedoch unsere Kinder und ihre besonderen Begabungen aus.
MENSCHEN SIND BUNT – VERGLEICHE TUN NICHT GUT
Auch wenn die Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt natürlich sehr wichtig sind, halten wir die Vergleiche, die dadurch manchmal etwas leichtfertig angestellt werden, wenig hilfreich bis gefährlich.
Aus diesen Vergleichen entstehen Urteile, die immer eine Form von Trennung verursachen: Unsere Kinder entsprechen entweder den anderen oder eben nicht. Und damit gehören sie entweder dazu oder fallen sprichwörtlich aus dem Rahmen.
Damit treffen wir Eltern unbewusst eine Unterteilung in weiß (gut) und schwarz (schlecht). Für Grautöne gibt es keinen Raum. Doch wir Menschen sind eben weder schwarz noch weiß und auch nicht grau – wir sind bunt!
Vertrauen, Verständnis und Verantwortung sind die drei wichtigen Vs in der Erziehung. Kinder wünschen sich Verständnis für ihre Wünsche und Bedürfnisse, und dafür, wie sie vorgehen, damit diese erfüllt werden. Sie brauchen auch Verständnis für ihre unterschiedlichen Gefühle, die damit verbunden sind. Sie wünschen sich von uns Eltern das Vertrauen darin, dass sie ihren eigenen Weg schon finden und gehen werden, egal ob er gradlinig verläuft oder mit vielen Hindernissen und Umwegen gespickt ist. Unsere Kinder wünschen sich außerdem, dass wir Eltern sie dabei unterstützen, Verantwortung selbst zu tragen und dass wir diese auch mal übernehmen, wenn sie ihnen zu schwer ist oder wird.
Vertrauen ist das Gegenteil von Angst und basiert auf einem Gefühl der Sicherheit. Da unser Stammhirn unter Angst immer gleich etwas Lebensgefährdendes versteht, wollen wir dieser unbedingt entfliehen und etwas tun, damit wir uns wieder sicher fühlen können. Weil wir nach Sicherheit nicht suchen können, beginnen wir nach Gefahren Ausschau zu halten. Dafür beobachten wir unsere Umgebung und unsere Mitmenschen, um deren Gefühle, deren Gedanken und deren mutmaßlichen Motivationen möglichst frühzeitig erahnen und kontrollieren zu können.
UNSERE ÄNGSTE SIND NICHT DIE UNSERER KINDER
Weil wir uns wünschen, dass es unseren Kindern gut geht und sie sich sicher fühlen vor Ablehnung, Ausgrenzungen und Gefahren, wollen wir ihnen einen sicheren Weg weisen. Doch dieser Weg basiert auf unseren ganz persönlich wahrgenommen und erfahrenen Gefahren und Ängsten, die nicht mit denen unserer Kinder übereinstimmen müssen.
Deshalb ist es hilfreich, sich als Erwachsener seine Ängste immer wieder anzuschauen und diese zu überprüfen. Meistens handelt es sich dabei um Ängste, die wir als Kind wahrgenommen und erfahren haben, wie z. B. die Angst vor dem Allein- und Unversorgtsein. Aus der Perspektive eines Babys bzw. Kleinkindes sind diese Ängste verständlich, da sich diese nicht allein versorgen können. Obwohl wir als Erwachsene in der Lage sind, uns sehr gut selbst zu versorgen und in der Regel über ein soziales Netz aus guten Freunden und unserer Familie verfügen, haben wir trotzdem Angst vor Trennungen und daraus resultierend davor, allein zu sein.
Dieses Bedürfnis nach Kontrolle, um Sicherheit zu erlangen, können wir nicht einfach loslassen. Aber es kann durch Vertrauen ersetzt werden, das wir durch regelmäßiges Üben (wieder) gewinnen können.
Wenn wir unsere Kinder auf ihrem Weg begleiten, erwachsen zu werden, wollen wir sie vor Enttäuschungen und Verletzungen bewahren. Deshalb sagen wir ihnen oft, was sie tun und was sie besser lassen bzw. meiden sollten. Wollen wir, dass sie auf uns hören, weil sie Angst vor Strafe oder Liebesentzug haben? Oder weil sie uns vertrauen und wissen, dass wir immer unser Bestes für sie geben und nur ihr Bestes wollen?
Das Wort Verständnis hat mehrere Bedeutungen. Wir meinen in diesem Buch damit die Fähigkeit, sich in sein Gegenüber hineinversetzen und mitfühlen zu können.
Die Mitglieder einer Familie sind für ein harmonisches Familienleben dazu aufgefordert, Verständnis füreinander und auch für sich selbst zu entwickeln. Das Verständnis für das eigene Sein und das eigene Verhalten ist die Grundlage dafür, sich angenommen und geliebt zu fühlen.
Mit unserem Verständnis für sie können wir unsere Kinder unterstützen. Wenn sie mit uns nicht kooperieren, fehlt ihnen etwas. Sie sind in diesen Momenten nicht aufnahme- bzw. lernfähig. Wenn wir dann Verständnis für sie haben, kommen unsere Kinder wieder runter und werden für unsere erzieherischen Hinweise empfänglich. Umgekehrt gilt dasselbe: Wenn wir Eltern nicht entspannt sind, gelingt es uns nicht, unseren Kindern etwas beizubringen bzw. sie zu erziehen.
Doch wie können wir Verständnis für unsere Kinder entwickeln, wenn wir ihr Verhalten oder ihr Bedürfnis nicht nachvollziehen können?
EINE KLEINE GEDANKLICHE ÜBUNG FÜR MEHR VERSTÄNDNIS
Wir vermuten, dass ihr bestimmt mindestens eine erwachsene Person kennt, die große Angst vor Mäusen oder Spinnen hat, oder? Vielleicht seid ja sogar selbst betroffen. Ist die Angst vor Mäusen bzw. Spinnen denn berechtigt? – Rational betrachtet ist sie es natürlich nicht.
Falls ihr selbst diese Angst verspürt, interessiert euch nicht, ob die Angst berechtigt ist oder nicht. Ihr wünscht euch, dass ihr mit eurer Angst angenommen werdet und sie nicht kleingeredet wird. Es geht euch vor allem darum, Unterstützung zu erhalten, wenn ihr euch z. B. vor der großen Spinne im Badezimmer ängstigt, und nicht noch ausgelacht zu werden. Genauso geht es euren Kindern.
Wir wünschen uns, dass es euch gelingt, Verständnis für die Bedürfnisse und Gefühle eurer Kinder zu empfinden und auszudrücken, unabhängig davon, wie ihr sie bewertet oder ob ihr sie nachvollziehen könnt. Dies wird eure Beziehung und Bindung stärken und eure Kinder in ihrem Selbstbewusstsein enorm stärken.
Immer wenn ihr merkt, dass ihr Schwierigkeiten habt, euren Kindern Verständnis zu schenken, empfehlen wir, zu schauen, was euch selbst gerade fehlt bzw. was euch zu viel ist und welche Unterstützung ihr euch von wem in dieser Situation wünscht.
Welche Verantwortung tragen wir Eltern gegenüber unseren Kindern und welche legen wir uns zusätzlich auf?
Wir tragen keine Verantwortung für die uneingeschränkte Gesundheit unserer Kinder. Es ist einfach nicht möglich, sie vor jeder Erkrankung und vor jeder Verletzung zu schützen. Kinder werden krank und können Treppen hinunterfallen, beim Fahrradfahren stürzen, sich beim Essen verschlucken etc. Aber wir können sie von klein auf schützend begleiten und sie jedes Mal unterstützen, wieder aufzustehen. So übernehmen wir Verantwortung für ihr Wohlergehen.
Eltern zu sein und Verantwortung für Kinder zu übernehmen, bedeutet, Schutz, Geborgenheit und Trost zu bieten, ihnen Gelegenheiten und Raum für persönliche Entwicklung zu schenken, sie zu nähren, zu lehren und noch vieles mehr. Das ist die große Aufgabe Elternschaft.
WELCHE VERANTWORTUNG KANN MAN ÜBERNEHMEN?
Falsch verstandene Verantwortung ist eine der Hauptursachen für Stress in Familien. Einerseits fühlen sich fast alle Eltern für das Wohl und Glück ihrer Kinder verantwortlich. Andererseits kann und sollte man vollumfängliche Verantwortung nur für etwas übernehmen, das man auch selbst beeinflussen kann. Und Gefühle anderer kann man schließlich nicht wirklich beeinflussen.
Eltern können ihr Bestes geben und Rahmenbedingungen schaffen, in denen sich ihre Kinder zufrieden und wohlfühlen können. Doch ob die Kinder tatsächlich so empfinden, können Eltern jedoch nicht beeinflussen.
Wir wünschen uns, dass unsere Kinder eine starke Persönlichkeit entwickeln. Doch Persönlichkeit wird nicht durch eine in Watte gebettete Kindheit hervorgebracht. Kinder brauchen keine (Helikopter-) Eltern, die sie davor bewahren, auf die Nase zu fallen. Sie brauchen Eltern, die ihnen den Raum geben, sich, ihre Fähigkeiten und ihre Welt in einem geschützten Rahmen zu erkunden. Sie brauchen Eltern, die ihnen – falls sie fallen – beim Aufstehen die Unterstützung und Liebe geben, die sie brauchen, um es so gut wie möglich allein zu schaffen.
Dafür brauchen Eltern wiederum das Vertrauen ihres sozialen Umfeldes und niemanden, der ihnen Vorwürfe macht und ihnen das Gefühl gibt, schlechte Eltern zu sein, falls ihre Kinder eben doch mal fallen.
DIE EIGENEN GRENZEN ERKUNDEN
Es ist noch nicht lange her, da war es (fast) normal oder zumindest nicht aufsehenerregend, wenn sich ein Kind mal den Arm brach oder sich eine leichte Gehirnerschütterung zuzog. Dies half bzw. hilft Kindern, ihre (körperlichen) Fähigkeiten und Grenzen (noch) besser einzuschätzen, sie kennenzulernen und daraus Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Denn dies gelingt vor allem durch eigene Erfahrung. Dabei sehen wir unsere Aufgabe als Eltern, Risiken zu minimieren, indem wir unseren Kindern z. B. Hilfestellung bieten oder Grenzen setzen, wenn es zu gefährlich wird.
Wenn wir unsere Kinder mit rohen Diamanten vergleichen, könnte man sagen: Es sind die Widrigkeiten des Lebens, die ihnen ihren besonderen Schliff verleihen und die schönen Momente, die sie polieren und ihnen den Mut schenken, weiterzugehen.
Verantwortung wird von vielen als Aufgabe interpretiert, bei der sie keine Wahl haben, Nein zu sagen. Im Sinne von: Wenn ich Kinder in die Welt setze, muss ich mich auch um sie kümmern. Das ist schade, denn diese Art von Pflichtgefühl erstickt oft die Liebe. Dabei geht es doch gerade darum, sie wiederzufinden. Denn wenn wir lieben, spüren wir dieses erfüllende Gefühl, das uns die Kraft gibt, unserer Liebe weiter Ausdruck zu verleihen. Wenn wir stattdessen der Versuchung erliegen, uns für unsere Kinder aufzuopfern, erwarten wir im Gegenzug etwas von ihnen, weil wir ihnen ja etwas gegeben haben, das uns jetzt fehlt. In den meisten Fällen ist dies Zeit: Zeit, einer Tätigkeit nachzugehen, die uns Erfüllung bereitet oder Anerkennung gebracht hätte.
Doch es ist absolut nicht unsere Aufgabe als Eltern, uns für unsere Kinder aufzuopfern. Unsere Verantwortung liegt allein darin, unser Bestes in der Befriedigung unserer vielfältigen Bedürfnisse sowohl als Mann bzw. Frau, Eltern, Berufstätiger, u. a. zu geben.
Wir wissen, dass unsere Kinder grundsätzlich immer mit uns kooperieren möchten. Dennoch finden wir uns alle oft genug in Situationen mit unseren Kindern wieder, in denen diese genau das nicht tun, – weil die Voraussetzungen dafür nicht stimmen. Welche Voraussetzungen sind es denn überhaupt, die unsere Kinder brauchen, um kooperieren zu können?
Spätestens in der Pubertät kommt der Moment, in dem wir uns den Respekt unserer Kinder explizit wünschen und einfordern. Der Grundstein dafür wird jedoch schon viel früher gelegt und liegt allein in unseren Händen. Es ist kein großes Geheimnis: Wenn wir Respekt von unseren Kindern bekommen möchten, müssen wir ihnen ebenfalls Respekt entgegenbringen – und das am besten von Beginn an.
Euren Kindern könnt ihr auf verschiedene Arten und Weisen und vor allem in kleinen Gesten euren Respekt zeigen. Hier ein paar Beispiele:
• Begebt euch so oft wie möglich auf gleiche Augenhöhe mit euren Kindern. Tut dies vor allem, wenn ihr sie kritisierst oder sie auffordert, etwas für euch zu tun. So fühlen sich eure Kinder euch nicht so leicht unterlegen.
• Wenn ihr wütend oder enttäuscht seid, sagt es euren Kindern: Ich kann gerade nicht mit dir sprechen. Ich bin einfach nur wütend bzw. enttäuscht. Bitte lasst hier am Ende unbedingt von dir weg, denn das glaubt ihr nur zu denken. Eure Kinder haben eure Erwartungen womöglich nicht erfüllt, doch für die Erfüllung eurer Erwartungen tragt ihr allein die Verantwortung, nicht eure Kinder!
• Entscheidet nicht über den Kopf eurer Kinder hinweg, sondern fragt sie, erahnt je nach Alter, ihre Bedürfnisse und Wünsche, bietet Alternativen an oder erfragt sie.
• Nehmt die Bedürfnisse und Wünsche eurer Kinder ernst, selbst wenn sie für euch nicht nachvollziehbar sind. Es gibt einen Grund, aus dem sie für eure Kinder wichtig sind. Achtung Falle: Die Wünsche ernstzunehmen, bedeutet nicht, dass sie erfüllt bzw. umgesetzt werden müssen.
• Ganz wichtig: Seid nicht nachtragend! Wenn ihr euren Kindern mitgeteilt habt, worüber ihr euch geärgert habt, lasst es los. So lernen eure Kinder, dass sie von euch geliebt werden, auch wenn sie sich mal anders verhalten haben, als ihr es euch gewünscht hättet. Notfalls sucht ihr euch einen ungestörten Raum und lasst eure übrige Wut an einem Kissen raus oder – falls genug Zeit ist – powert sie im Fitnessstudio oder beim Joggen raus.
Was bedeutet es, authentisch zu sein? Es heißt, glaubwürdig bzw. echt zu sein. Anders gesagt: eure Gefühle auszudrücken, was jedoch nicht heißt, dass ihr sie auch offen zeigen müsst.
Seid euren Kindern gegenüber authentisch. Falls ihr befürchtet, euch nicht mehr halten zu können, wenn ihr z. B. euren Tränen freien Lauf lasst, dann verzichtet darauf. Teilt aber eure Gefühle mit. Erzählt, dass ihr traurig seid, oder euch zum Weinen ist. Sucht euch später eine erwachsene Schulter zum Anlehnen und Ausweinen. Dasselbe Vorgehen empfehlen wir, wenn ihr wütend oder ängstlich seid.
Das ist wichtig für eure Kinder, damit sie lernen, dass sie ihrer Wahrnehmung trauen können. Sie nehmen eure Gefühle nämlich wahr – ob ihr sie ausdrückt oder nicht. Wenn ihr sie überspielt oder unterdrückt, verursacht das bei euren Kindern eine Verunsicherung und Angst, ihrer eigenen Wahrnehmung nicht mehr trauen zu können. Beantwortet euch selbst die Frage, wie es euch gehen würde, wenn ihr euren Augen oder Ohren nicht mehr trauen könntet.
Kinder (und selbstverständlich auch wir Eltern) brauchen ausreichend Bewegung und Gelegenheiten, um zur Ruhe zu kommen. Das macht Kinder und Eltern ausgeglichen und schafft eine gute Basis, um gut miteinander umzugehen.
Sich bewegen und zur Ruhe zu kommen, gelingt uns besonders gut in der Natur. Wenn ihr in der Großstadt lebt, ist es vielleicht etwas aufwendiger in Wald und Felder zu kommen, aber der Weg lohnt sich und durch den Kontrast zur Alltagsumwelt sind der positive Effekt und der Ausgleich noch mal größer.
SAMMELT GLÜCK IN DER NATUR!
Sich in der Natur aufzuhalten, sorgt für eine Ausschüttung von Glückshormonen – umso mehr, wenn die Zeit dort mit geliebten Menschen geteilt wird. Geht also als Familie raus in die Natur. Spielt Fangen und Verstecken, baut Hütten, geht schwimmen und tut, was euch einfällt und gut tut. So tragt ihr zur Ausgeglichenheit eurer Kinder bei und schafft eine ideale Voraussetzung für kooperatives Verhalten.