Godot war hier - Ulrich Klocke - E-Book

Godot war hier E-Book

Ulrich Klocke

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Beschreibung

Kurzgeschichten, Satire, Gedichte,Lieder und Essays

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Seitenzahl: 161

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Inhalt

Godot war hier

Ja, so ist sie

Autofahrer

Sinnlos

Freunde bleiben

Wir haben das Staunen verlernt

Vertrauen

Amok

Wenn die Apfelbäume träumen

Jenseits vom Diesseits

Oh Happy Day

Eine außergewöhnliche Karriere

Die Schicksalsnacht

Der Massenmörder

Die unendliche Zärtlichkeit des Seins

Gedanken über die Männer

Gedanken über die Frauen

Hurra, die deutsche Sprache lebt!

Ligalize it

Die ewige Kraft der Liebe

Dance the devildance

Centurylove

Wildes Leben

Offener Brief eines Rollstuhlfahrers

Der ganznormale Einkaufswahnsinn

Die Katakomben des Grauens

Dadaismus

Der Tannenbaum

Der Beweis

Weswegen ich beinahe noch einmal an den Weihnachtsmann geglaubt hätte

Heilig Abend bei Hagenbeck

Sentimental Journey

Parlez vous francais?

Op de Straat

Futtern wie bei Muttern

Das Licht

Für Nicole

für

Hanna

und

Stella

Godot war hier

Godot war hier.

Estragon hat gekocht.

ETA Hoffmann brachte den Nachtisch mit.

Nusskuchen.

Klein Zaches trat Berthold Brecht auf den Schlips, worauf er vom guten Mensch von Sezuan eine gescheuert bekam.

Mark Twain kam diesmal zu Fuß. Er spielte mit Kapitän Nemo nach dem Essen Schiffeversenken.

Dante verursachte beim Fondue mal wieder ein Inferno.

Edward Albee kam nicht. Er hat Angst vor Virginia Woolf.

Daniel Defoe hat am Freitag abgesagt.

Er fährt mit Aldous Huxley in die schöne neue Welt.

Hoffmanns Kuchen nahmen wir im Wintergarten ein.

Shakespeare dementierte dort heftig das Gerücht, dass der Mohr von Venedig bei der Schwarzarbeit erwischt wurde.

Schopenhauer und Kant philosophierten drei Stunden darüber, ob es paradox ist, wenn das Denkmal von Goethe durch die Bäume schillert.

Die Manns traten wieder im Rudel auf.

Heinrich brachte, wie immer, seinen Untertanen mit.

Golo erzählte mal wieder nur über Wallenstein und Thomas kam frisch vom Zauberberg.

Mitten beim Kaffee kann ein Schimmelreiter.

Herr Fontane ließe sich entschuldigen. Er käme gerade von einer Wanderung aus der Mark Brandenburg und wäre erschöpft. Jetzt läge er mit Effie Briest unter dem Birnbaum und genieße die Ruhe im Havelland.

Götz von Berlichingen nervte beim Abendessen mit seinem Zitatenschatz.

Schehezerade scheint länger bleiben zu wollen. Sie hat einen Butler mitgebracht. Was Scarlett O`Hara sofort veranlasste, abzureisen.

Und Dostojewski, dieser Idiot, hat von all dem mal wieder nichts mitbekommen

Ja, so ist sie

„Trara!“ Meine Lebensabschnittsgefährtin schwenkte triumphierend einen Plastikausweis in ihrer rechten Hand. „Du siehst hier vor dir eine Person, die ab heute, sechzehnuhrdreiundfünfzig, dazu berechtigt ist, einen Personenkraftwagen der Klasse B, bis dreikommafünf Tonnen, zu führen!“

„Na, denn! Willkommen im Club!“ Ich gab ihr einen Kuss. „Ich hab doch immer gesagt, du schaffst es!“

Innerlich tanzte ich Samba mit mir! Endlich vorbei, dieses ewige: „Kannst du mich mal abfragen?“

Endlich vorbei die schlaflosen Nächte neben einem, vor Selbstzweifeln und Prüfungsängsten sich hin- und herwerfenden, Wrack. Halleluja! Ich hab meine Nachtruhe wieder! Äußerlich blieb ich gelassen.

„Hab ich nicht immer gesagt, dass du einen starken Willen hast? Wenn du die Prüfung nicht schaffst, wer denn sonst?“ Sie strahlte mich mit ihren rehbraunen Augen dankbar an. Liebe kann so einfach sein, mit den richtigen Worten. Für kurze Zeit. Beim feierlichen Abendessen in einem Lokal ihrer Wahl kam die Breitseite. „Jetzt brauch ich natürlich einen Wagen!“ „Aber, wir haben doch einen Wagen!“ „Falsch“, retournierte sie, „Du hast einen Wagen!“ „Aber du kannst ihn doch jederzeit benutzten. Schließlich gibt es so eine segensreiche Einrichtung, wie einen Zweitschlüssel!“ „Ja, aber es ist dann trotzdem immer noch dein Wagen.“ „Wo ist der Unterschied?“ „In der Versicherung! Ich habe mich erkundigt. Als Fahranfänger beginnt man mit zweihundertvierzig Prozent! Egal, wie alt man ist.

Wie soll ich denn je von den Prozenten runterkommen, ohne eigenen Wagen? Du lebst ja schließlich nicht ewig. Glaubst du, ich will mit Sechzig noch anfangen, Prozente abzubauen?“ Ich liebe ihre dezente Art, zu sagen: „Eh, du alter Sack!

Du bist satte dreizehn Jahre älter, als ich. Wenn dich schon längst der grüne Rasen bedeckt, fange ich erst an zu leben!“ „Dann lassen wir doch den Wagen auf deinen Namen laufen!“ „Nein, das will ich nicht. Für mich wäre es dann immer noch dein Auto. Ich will etwas Eigenes!“ „Dann hättest du ein Jodeldiplom machen müssen! (Anmerkung des Autors: Eingefleischte Loriot- Fans wissen, was ich meine. Meine LAG kannte den Gag). „Sehr witzig!“

„Na, dann lach doch!“ „Im Ernst jetzt! Verkauf du deinen Wagen und ich hol mir was Eigenes. Du arbeitest ja eh von zu Hause aus. Außerdem, wer wollte denn das Haus meiner Mutter behalten? Du doch! Ich wollte hier nicht rausziehen. Was meinst du denn, warum ich den Führerschein gemacht habe? Gewiss nicht aus Jux und Dollerei!“ Ich ahnte, dass eine fürchterlich Zeit vor mir liegen würde, wenn ich jetzt nicht klein beigäbe. Nach einer längeren Kunstpause stellte ich meine Bedingungen. „OK! Aber! Es muss wieder ein Kombi sein, und zwar mit Schiebedach! Am liebsten Opel. TÜV neu, preiswert in der Versicherung. Und nicht teurer, als viertausend Euro. Zum Üben und Kaputtfahren reicht das.“ Sie fiel mit um den Hals.

„Versprochen! Werd du den alten los, ich kümmere mich um einen neuen!“ Schweren Herzens suchte ich am nächsten Tag mehrere Händler auf. Ich war erstaunt, zu hören, mit welch einem Wrack ich die ganze Zeit unterwegs war. Wenn ich allen Händlern Glauben schenken durfte, hatte ich einen Radlagerschaden, flackernde Lenkung, miserable Bremsen, einen blinden Scheinwerfer und das Schlimmste, einen großen Kratzer auf der Tankklappe. Was für ein Glück, dass ich von all dem nichts bemerkt habe. Bis auf den Kratzer, natürlich. Letztendlich entließ ich mein Gefährt für zweitausend Euro in die Obhut eines vertrauenswürdig aussehenden Arabers. Inklusive meines altgedienten JVC- Radios.

Zwei Tage später klingelte mein Handy. „Du, Schatz, ich komme heute etwas später. Ich will mir ein Auto ansehen. Einen Opel Kombi. Mit Glasdach!“ „Willst du dir den allein ansehen, oder kommt da noch jemand mit?“ „Wie, jemand mitkommen? Meinst du, ich bin zu blöd, mir ein Auto anzusehen? Oder wie meinst du das? Traust du mir denn überhaupt nichts zu?“ Gefährliches Glatteis! Ich war versucht zu sagen: „Im Gegenteil!

Dir ist alles zuzutrauen!“ Aber wer will schon eine Woche lang auf einer durchgesessenen Couch im Gästezimmer nächtigen. „Ich mein doch nur, nimm einen Experten mit. Einen, der was von der Materie versteht!“ „Und wer soll dieser Experte sein? Du vielleicht?“ Hörte ich da einen leichten Spot in ihrer Stimme? Einen Anflug von Ironie? Warte nur!

Diesen Bauchklatscher machst du allein! „Nein, mein Schatz. Mach, wie du es für richtig hältst!“

Es hupte vor dem Haus. Stolz entstieg meine LAG ihrem neuen Gefährt. Einem weinroten Astra Kombi. Mit Glasschiebedach. „Sieht er nicht ein bisschen aus, wie dein Alter?“ „Ja“, sagte ich. „Und wie teuer?“ „Etwas mehr, als viertausend.“ „Genauer bitte! Wie viel mehr?“ „Siebenhundert.“

Hörbar entließ ich meinen Überdruck durch die Nüstern, steckte meine Hände in die Hosentasche und umrundete den Wagen. Ein schöner Anblick.

Der Lack glänzte, Die Reifen frisch geschwärzt, TÜV neu. „Ist dir nichts aufgefallen, als du den Wagen zugelassen hast?“ „Ich hab ihn nicht zugelassen. Das hat der Händler für mich gemacht.

Aber nun lenk doch nicht immer ab! Schau doch! Ist er nicht schön? Fast, wie dein Alter!“ Ich nahm die Frau meines Herzens in den Arm, gab ihr einen langen Kuss und seufzte: „Ja, Schatz. Du hast Recht. Fast, wie mein Alter. Sogar mit JVC- Radio und einem Kratzer auf der Tankklappe.“

Autofahrer

Wenn sie es bis jetzt noch nicht wussten, Carl Friedrich Benz hat die erste wirklich funktionierende Zeitmaschine der Welt erfunden. Den Beweis dafür haben wir täglich vor Augen. Ein Mann setzt sich hinter das Volant seines PKWs, klickt den Gurt ein und dreht den Zündschlüssel um. Diese kleine Bewegung wirft ihn um Äonen in der Entwicklung zurück. In diesem Moment mutiert er vom Homo Sapiens zum Pan Paniscus. Das Kleinhirn dieses Übergangsaffen in uns schaltet in diesem Augenblick alles aus, was der Mensch in den letzten Jahrtausenden an Physik und Sozialverhalten je erlernt hat. All das wird auf einmal auf das Minimalste reduziert. Ab jetzt zählt nur noch eins! Imponiergehabe. Seit Anbeginn der Zeit hat nur der Stärkste überlebt. Oder der Dämlichste. Und irgendwann trafen diese Spezies aufeinander. Der Autofahrer ward geboren.

Hier einige Beispiele! Es fängt an mit dem Mann mit Hut. Garagenwagen, gehäkelte Toilettenrollenabdeckung auf der Hutablage. Oder ein Kissen mit aufgestickter Autonummer. Oder beides. Würde sich nie einen Kombi kaufen. Weil, keine Hutablage!

Sein Lieblingsspruch bei einer Polizeikontrolle:

„Mein Fahrlehrer hat mir das damals so beigebracht!“ Gut, zu seiner Zeit hatten auch die meisten Leute einen Tennisarm vom deutschen Gruß und lernten auf einem VW Kübelwagen das Fahren. Kein guter Grund, den Fahrstil von Annodunnemal beizubehalten. Und ein großer Verfechter des traditionellen Fahrens: „Wieso gegen die Fahrtrichtung? Ich bieg hier immer ab!“ Und ignoriert gern §8 der StvO. „Was heißt hier Vorfahrt beachten? Neulich kam hier auch keiner!“

Dann kommt der Familienkutschenfahrer. Gerne Opel Zafira oder ähnliches. Bärchensonnenblenden in den hinteren Seitenfenstern sind das Markenzeichen. Hypergestresst, weil er sich mit drei bis vier Blagen auf einmal herumschlagen muss. Mit Babybrei auf der Brille und gehetztem Blick hält er sich gerne zwischen den Trucks auf der rechten Spur auf, um dann urplötzlich nach ganz links auszuscheren. Mutiert dann in kürzester Zeit zum Kamikazefahrer, weil die Zweitjüngste jetzt und sofort Pipi machen muss. Meist begleitet von einer ungepflegten, stillenden Mama, die ihr Äußeres und ihre Karriere der Familie geopfert hat. Eigentlich ist sie die wirkliche Beherrscherin des fahrbaren Untersatzes, muss sie doch ihre Brut unter der Woche mehrmals täglich kutschieren. Vom Blockflötenunterricht zum Reiten, vom Judo zum CVJM. Vom Schwimmen zum Makrameekursus für Fortgeschrittene. Und am Samstag die Älteste vom Landjugendball abholen. Möglichst noch vor der traditionellen Schlägerei zwischen zwei rivalisierenden Dorfjugendgruppen. Er, meist in öffentlichen Dienst oder wird seit zwanzig Jahren in seiner Lehrfirma nicht für ganz voll genommen.

Fährt unter der Woche mit dem Fahrrad in die Firma, um dann am Wochenende, mit konstanten Hundertzwanzig Stundenkilometern über die Autobahn, im Heidepark die Sau raus zu lassen.

Äußeres Merkmal, der stilisierte Fisch der Christenheit als Autoaufkleber!

In den unteren Gewichtsklassen vertreten, ob getunter Fiat fünfhundert oder Renault Twingo, die Erben Walther Röhrls und die New Editions Schumacher. Sie lauern überall. Mit Sechzig durch die dreißiger Zone, rechts überholen, bei Hundertachtzig auf der zweiten linken Spur, dem sogenannten Grünstreifen? Kein Problem! Wohl keine Ahnung vom sportlichen Fahren, was?

Kommentar in einem Fernseh- Interview von einem querschnittgelähmten zweiundzwanzigjährigen Autofahrer in der Rehaklinik: „Wer konnte auch das ahnen? Bei nur Ein Hundertzwanzig Km/h auf der Landstraße Aquaplaning. Gut, es hat in Strömen gegossen, aber ich hatte doch nagelneue Reifen drauf!“ Demnächst versucht er mit seinem AOK-Chopper die Gesetze der Physik außer Kraft zu setzen!

Ob Poloclub Oberammergau oder Cinquecento-Freunde Klein- Twülpstedt, tiefer, schneller, lauter!

Radstand zweimeterzwanzig! Am besten pro Zentimeter ein PS für meinen Seicento. Man hat ja sonst nichts vom eh so kurzen Leben. Unglaublich, dass die größten Atheisten das meiste Gottvertrauen haben. Hauptsache schnell! Noch ein paar PS mehr! Und anscheinend das Bestreben, unter allen Umständen noch ein paar Millisekunden schneller tot zu sein, als der jüngst verunglückte Clubkamerad. Schlimmer noch sind die Wölfe im Schafspelz. Die vermeintliche Mittelklasse. Nur der Fachmann erkennt die Werks- Edition an den Details. Doppelter Auspuff, breitere Reifen, Sportfahrwerk, alles Dinge, die Ottonormalverkehrsteilnehmer nie so richtig wahrnimmt, jedenfalls nicht auf der Autobahn.

Entweder fahren die Eigner dieser Karossen so dicht auf, dass man die Puschen eh nicht sieht, geschweige denn die, zur Unterstreichung des sommerlichen Flairs, eingeschalteten Nebelscheinwerfer, oder sie sind zu schnell am Horizont verschwunden, als das man je Gelegenheit gehabt hätte, die Endrohre zu zählen. Ein weiteres Merkmal: Bei zähfließendem Verkehr unterschreitet er seltenst den Höchstabstand von einem Meter zum Vordermann.

Die obere Mittelklasse unterscheidet sich nur wenig von der unteren, in der das Alter der PKWs eigentlich kaum eine Rolle spielte. Bisher zählte nur PS, egal, ob in Rostrot nature oder Perlmuttlack, Hauptsache Flensburg- München in sechs Stunden, davon fünfdreiviertel auf der linken Spur. Der Besitzer der Lower- Upperclass setzt hier schon mehr auf Bequemlichkeit. Und vor allen Dingen auf Sicherheit. Am besten ein Ganzkörper- Airbag.

Schließlich soll`s ja nicht allzu weh tun, wenn man auf der Bundesstraße nach dem Überholen von fünf PKWs, hinter der Kurve plötzlich feststellen muss, dass der Schwertransport mit Überbreite auf der B4, der im Verkehrsfunk zwar gemeldet, aber im Navi nicht angezeigt wurde, schon unbequem nah ist.

Für die erste Leasingrate deines SLK `s hat es ja gerade noch gereicht, da war eben ein Werksnavi nicht mehr drin. Scheiß auf Sicherheit! Das Neunundzwanzigeuroteil von Aldi mit lebenslangem freiem Update auf Andorra, Liechtenstein, Monaco und dem Vatikan erfüllt ja auch seinen Zweck.

Die Fahrer in der der Ober- und Luxusklasse könnte man unter Umständen auch an der noblen Kleidung erkennen, wäre das menschliche Auge ausgelegt für Warp 10. Denn das ist die Durchschnittsgeschwindigkeit von Mister Wichtig auf den gesamtdeutschen Bundesautobahnen. Mit der tiefeingepflanzten Gewissheit, dass Deutschland ohne sie rettungslos verloren wäre, käme er zu einem Termin auch nur zwanzig Minuten zu spät, und der absolut festen Überzeugung, die StvO gelte nur für PKWs mit weniger, als zweihundertachtzig PS, lichthupt sich jeder kleine Aushilfsvertreter für Plastikhaarspangen im firmeneigenen Dienst- Cayenne seinen Weg auf unseres Gröfatz Abm frei! Aber das Alles sind nur Peanuts gegen einen soliden lettischen Vierzigtonner mit eleganten Slicks, der sich in den Kasseler Bergen seit vierzehn Kilometern ein atemberaubendes Rennen mit einem niederländischen Wohnwagengespann liefert. Viel Zeit und Muße für den entspannten Trucker, sich einen Kaffee zu kochen und den Lieben daheim in Riga schnell noch eine SMS zu schicken, weil er just im bordeigenen TV entdeckt hat, dass er Live im deutschen Fernsehen ist. Direkt vom ADAC-Hubschrauber gefilmt. Es ist nicht das Rennen gegen unseren holländischen Nachbarn, weswegen der Helikopter diese aufregenden Bilder überträgt.

Es ist eher der Umstand, dass der Fahrer noch immer nicht bemerkt hat, dass ihm bereits zwei, von den ursprünglich vier tonnenschweren, Papierrollen abhandengekommen sind, die er geladen hatte, obwohl die in seiner Heimat so sorgfältig mit einer Wäscheleine gesichert wurden.

Oh tempore, oh mores! Vorbei, die Zeiten wo vor jedem verbrennungsmotorbetriebenen Fortbewegungsmittel ein Läufer mit roter Fahne die Allgemeinheit vor diesem Ungetüm warnen musste.

Doch diese Zeiten kommen wieder. Zurück zum guten alten Hafermotor, in Fachkreisen auch Pferd genannt. Spätestens, wenn Benzin mangels Masse wieder nur in der guten, alten Apotheke zu haben sein wird, wenn Erdölmangel die Autokonzerne soweit schrumpfen lässt, dass sich alle Mitarbeiter mit Vornamen kennen, wenn alle Autobahnen gerodet sind, um Anbauflächen für Hafer zu schaffen, dann ist auch unser Arbeitslosenproblem gelöst. Die wenigen, die sich noch einen PKW leisten können, brauchen dann wieder so einen Vorwarner mit roter Fahne, damit die Pferde nicht scheu werden. Aber das allein schafft nicht genügend Arbeitsplätze. Nein! In der jetzigen Zeit kann jeder Idiot ein KFZ bedienen. Oder auch anders ausgedrückt, die heutigen Autos sind ziemlich idiotensicher geworden. Einsteigen, Schlüssel drehen, losfahren. Aber mit einem Hafermotor sieht das alles ganz anders aus! Das heißt auf Hochdeutsch, die Manager, die heute mit ihren PS- schwangeren Prestigeobjekten die Autobahnen unsicher machen, sind dann zu dämlich oder zu degeneriert, um mit wahren Pferdestärken umgehen zu können. Ebenso der verklemmte Endvierzigerinnen- Marlene- Jaschke-Verschnitt, erkennbar an der unverkrampften Art, sich das Lenkrad an die Brust zu pressen und zwecks besserer Sicht die Nasenspitze an die Windschutzscheibe zu drücken. All diese netten Mitmenschen werden dann eins benötigen:

Kutscher! Denn all die Schrauber und Mechatroniker, Benzin im Blut und Maschinenöl als Eau de Cologne, werden umschulen müssen zum Pferdelenker, mussten sie doch entsetzt feststellen dass man Trakener nicht tiefer legen kann.

Höchstens beim Schlachter. Dieser altehrwürdige Beruf des Kutschers also wird binnen kürzester Zeit derart an Prestige gewinnen, dass die Sozialpyramide droht, umzukippen. All die frustrierten Hartz4- Empfänger von heute haben dann endlich wieder eine Zukunft! Und was nicht Kutscher werden will, geht in die Landwirtschaft.

Denn unsere neuen Pferdestärken benötigen handfesten Betriebsstoff und der muss schlichtweg angebaut werden. Von deutschen Landen frisch in den Stall! Und wer sich da nicht etablieren kann, macht in Straßenreinigung. Hier kackt das gute, alte deutsche Pferd persönlich und nicht irgendeine asiatische Reisschüssel verpestet die Umwelt.

Denn etwas Gutes hat die ganze Sache doch. Wir werden nie wieder frieren müssen in Deutschland.

Damit unser Land nicht bis zum Stehkragen zugeschissen wird, von all den Zossen, benötigen wir zwecks Entsorgung der Hinterlassenschaften Biogasanlagen noch und nöcher. Auch das schafft wieder Arbeitsplätze. Und für die ewig Gestrigen entsteht ein neues Paradies. Deutschland, einig Vaterland. Was Hitler und Ulbricht nicht geschafft haben, erledigt im Vorbeigehen die Natur. Endlich der wahre Arbeiter- und Bauernstaat, endlich wieder Herr über die deutsche Scholle. Hervorgerufen durch den schnöden Mangel an etwas älteren vergammelten Farnen, Bäumen Fischen und Krebsen, landläufig auch Rohöl genannt.

Sinnlos

Seh ich die schweren Nobelkisten

rasen, wie auf Rallyepisten,

fahr ich gelassen heiter weiter.

Ich bin nicht so ein wackrer Streiter,

der die Straße für ein Schlachtfeld hält.

Ich fahre sinnig, spar mein Geld.

Komm ich dann an die Ampel ran,

stehn sie schon da, Mann für Mann.

Lassen die Zeit, die sie eingespart

nach jedem kühnen Ampelstart,

sinnlos an sich vorüberziehen.

Denk ich in mir, das Benzin,

was man planlos durch den Auspuff jagt,

hat nur einen Sinn. Denn ungefragt

wird dadurch so`n arab`scher Scheicher

mal wieder um ein Stückchen reicher.

Freunde bleiben

Jetzt sitz ich hier am Rechner. Nach dem Genuss einer Flasche billigsten Erdbeersektes erfüllt mich die Sehnsucht nach der Vergangenheit. Ich sehe mir eine Internetseite an, die verheißt, dass man Freunde bleiben soll. Ein irrführender Name, wie ich feststellen muss. Wenn wir Freunde geblieben wären, bräuchten wir uns jetzt nicht im Internet zu suchen.

Die Neugier auf alte Klassenkameraden und Verflossene treibt mich. Eine sadistische Neugier.