Good by(e) Stress - Doris Eller-Berndl - E-Book

Good by(e) Stress E-Book

Doris Eller-Berndl

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Beschreibung

Noch ein Buch über Stress, Überforderung und Burn-out? Ja, aber ein völlig anderes! Machen Sie sich auf ein anregendes Duett gefasst: Biochemistry meets Prevention. Anhand neuester medizinischer Erkenntnisse, so etwa aus der Epigenetik, der Schlaf- oder Genderforschung, zeigt dieser Ratgeber, wer von uns aus welchen Gründen und wie für Stress anfällig ist - oder eben nicht ist - und stellt viele einfach umsetzbare und nachhaltige Strategien gegen Belastungen vor. Entdecken Sie Ihre persönlichen Stressfaktoren, deren wissenschaftliche Messbarkeit und finden Sie heraus, wie Sie erfolgreich mit Stress umgehen bzw. ihn verhindern können. Mit garantierten Aha-Erlebnissen!

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Table of Contents

Good by(e) Stress

Impressum

Vorwort

Zum Geleit

Stress wissenschaftlich erkennen – eine Aufgabe der Präventivmedizin

Wege aus dem Stress

Dr. Doris Eller-Berndl

Univ.-Prof. Dr. Erich Roth

 

Good by(e) Stress

Hilfe durch Präventivmedizin und Body-Mind-Therapien

 

© Verlagshaus der Ärzte GmbH

Nibelungengasse 13

A-1010 Wien

www.aerzteverlagshaus.at

 

1. Auflage 2014

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere das der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwendung, vorbehalten.

 

ISBN 978-3-99052-088-8

 

Umschlag & Satz: Grafikbüro Lisa Hahsler, 2232 Deutsch-Wagram

Umschlagillustration: Lisa Hahsler

Projektbetreuung: Hagen Schaub

Druck & Bindung: FINIDR, s.r.o., 73701 Český Těšín

Printed in Czech Republic

Sämtliche Angaben in diesem Buch erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung und Kontrolle ohne Gewähr und müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Eine Haftung der Autoren oder des Verlages aus dem Inhalt dieses Werkes ist ausgeschlossen.

Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit – vor allem in Hinblick auf die Vermeidung einer ausufernden Verwendung von Pronomen – haben wir uns dazu entschlossen, alle geschlechtsbezogenen Wörter nur in eingeschlechtlicher Form – der deutschen Sprache gemäß zumeist die männliche – zu verwenden. Selbstredend gelten alle Bezeichnungen gleichwertig für Frauen.

Vorwort

„Wenn etwas Schlechtes auf dich zukommt,

dann umarme es, als ob es etwas Gutes wäre.“

Ein Enxet-Mann.

Die Enxet sind eine aus ca. 17.000 Personen bestehende

indigene Gruppe im Regenwaldgebiet West-Paraguays

Die meisten Menschen in allen Kulturen dieser Welt sind bestrebt, Unglück zu vermeiden und wollen stattdessen möglichst oft, schnell oder für immer glücklich sein oder sich einfach nur wohlfühlen, im Einklang mit sich und ihrem Umfeld stehen. Dieses universelle Grundbedürfnis war, wie die Kulturgeschichte der Menschheit bezeugt, schon immer vorhanden, erreichte aber nie einen dermaßen hohen Grad an öffentlicher Artikulation und medialer Vermarktung: durch einschlägige Publikationen, Seminare, Filme. Keine Zeitschrift oder Tages­zeitung, welche nicht „simple Tipps“ für mehr Lebensfreude offeriert.

Wozu dann also noch ein weiterer „Glücks-Ratgeber“?

Weil der vorliegende Band gleichermaßen die neuesten Erkenntnisse von Medizin, Biochemie und Neurophysiologie mit alten und rezenten europäischen, asiatischen und indigenen Weisheiten über ein glückliches Leben verknüpft, Rankings von glücklichen Nationen mit kulturanthropologischen Studien kontrastiert, unterschiedliche wissenschaftliche Zugänge aufzeigt und so ein sehr umfassendes und profundes Bild über die Vielfalt an Szenarien und Repertoires zur Glücksmaximierung herzustellen vermag.

Wohlbefinden oder Glück, wie immer wir es nennen mögen, wird auf der individuellen, körperlichen Ebene erfahren (die dabei ablaufenden komplexen biochemischen und neurophysiologischen Prozesse werden ausführlich im Text beschrieben): ICH fühle mich wohl, glücklich – und doch darf der gesellschaftliche Anteil an Vorgaben, welche diese „Glücksszenarios“ generieren sollen, nicht unterschätzt werden.

Der enge Zusammenhang von Emotion und Kognition weist darauf hin, dass die Wahrnehmung von Glück davon abhängt, wie unser Gehirn befindet. In der „Datenbank“ des Gehirns sind aber auch all jene Fakten gespeichert, welche sich aus der individuellen Biographie einer Person (z.B. das Einstellen von Glücksgefühlen nach der Bewältigung von schweren Schicksalsschlägen) und der sie umgebenden Umwelt, des internalisierten kulturellen Kontextes ergeben:

Welche Haltungen/Handlungen werden kulturell geschätzt und machen bei Einhaltung den/die Einzelne/n im Sinne des Belohnungsmechanismus zufrieden, froh und glücklich? Darf Glück überhaupt im Diesseits und nicht erst in einem späteren Leben erreicht werden? Sollen die kurzfristigen Glücksgefühle (pleasure) unterdrückt oder dürfen sie ausgelebt werden? Wird der Ausdruck von Emotionen gesellschaftlich geschätzt oder unterbunden, privat, öffentlich? Welches Emotionsvokabular steht zur Verfügung, um die „guten Gefühle“ auszudrücken?

Fragen, welche die kulturspezifische Abhängigkeit von kurzen Glücksmomenten, aber insbesondere bei der „Erarbeitung“ von länger andauerndem Wohlbefinden, bei der „Lebenskunst“, deutlich machen.

Es ist ein Verdienst dieses Buches, die gesellschaftlichen Vorgaben zur Erreichung von Wohlgefühlen nicht nur auf die sogenannte „westliche Welt“ und ebenfalls gerne zitierte asiatische Weisheiten zu beschränken, sondern auch kultur- und sozialanthropologische Studien über „Wohlbefinden“ bei indigenen Kulturen heranzuziehen.

Gerade das Denken und Handeln traditioneller indigener Kulturen hat die „westliche Welt“ schon immer abgestoßen, angezogen oder einfach nur Verwunderung und Unverständnis für andere Lebensentwürfe hervorgerufen. Im Gegensatz zu Sozialwissenschaftern und Psychologen haben die Kultur- und Sozialanthropologen selbst der Glücksforschung im indigenen Kontext bislang nur wenig Beachtung geschenkt, das intensive Studium von unterschiedlichen Lebensformen und humanitäre Anliegen standen im Vordergrund. Warum sollte man auch über Glücksmomente bei vom Aussterben bedrohten Kulturen, die überwiegend zu den ärmsten der Welt zählen, berichten, wo doch gerade „Reichtum“ bei vielen Untersuchungen ganz oben im Ranking steht?

Und doch sind die (bedauerlicherweise) wenig vorhandenen rezenten Studien bei Indigenen unverzichtbar, weil sie die Palette der „Glücksfacetten“ erweitern und andere Dimensionen, welche nicht unbedingt mit jenen der „westlichen Welt“ konform gehen, sichtbar werden lassen.

Gesundheit zählt, zusammen mit Reichtum und Lebensqualität, bei sehr vielen sozialwissenschaftlichen Untersuchungen zu den wichtigsten (messbaren) Indikatoren für ein „gutes“ Leben. Wie eine Untersuchung bei den Matsigenka, einer aus ca.10.000 Personen bestehenden indigenen Gruppe im Regenwaldgebiet Perus, zeigt, muss aber ein deutlich verbesserter Gesundheitszustand auf Grund verbesserter Gesundheitsversorgung nicht unbedingt glücklicher machen.

Die gegenwärtige Wahrnehmung von „sich wohlfühlen“ bei den Matsigenka, ihre Klagen über verminderte physische Gesundheit stehen in krassem Gegensatz zu objektiven medizinischen Untersuchungsergebnissen: Wie Longitudinaluntersuchungen beweisen, befanden sich die Matsigenka zum Zeitpunkt der Studie in einem weit besseren Gesundheitszustand als vor 20 Jahren. Für beide Geschlechter waren auf Grund besserer Ernährung, mehr Hygiene, westlichem Gesundheitswesen und Medikamenten die Proteinwerte und Hämoglobin signifikant höher, der Parasitenbefall deutlich reduziert.

Warum also die subjektiv negative Einschätzung des Befindens, die bei Befragungen geäußert wurde?

1998 wurden unter dem Territorium der ursprünglichen Hortikultur-, Jäger- und Sammler-Gesellschaft die größten natürlichen Gasreserven Lateinamerikas entdeckt. Derzeit führen multinationale Konzerne Millionen-Dollar-Projekte mitten im Gebiet der früher eher isoliert lebenden Matsigenka durch und verursachen Verunsicherung und Ängste über alte Lebensstrukturen, welche auf die Aufrechterhaltung von Harmonie mit dem sozialen, physischen und spirituellen Umfeld beruhten und nun nicht mehr aufrecht zu erhalten sind.

Möge das vorliegende Buch für Sie ein erkenntnis- und hilfreicher Wegweiser bei allen auftretenden Herausforderungen auf der Suche nach dem Wohlbefinden, dem Glück sein, um jenes so ersehnte und nicht immer leicht zu erreichende Gefühl der Leichtigkeit des Seins zu verspüren.

 

Dr. Jana Salat

Freie Kulturanthropologin und Lektorin am Institut für

Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien,

Gastdozentin an ausländischen Universitäten

Zum Geleit

 

„Good by(e) Stress“ – so haben Doris Eller-Berndl und Erich Roth ihren persönlichen Wegweiser für Streben nach Wohlbefinden und Gesundheit überschrieben.

Sicher ein guter Schachzug, dieser Titel: Das Oxymoron überliest man nicht so einfach – es lässt aufmerken! Bei einem aktuellen Angebot von etwa 500 deutschsprachigen Büchern zum Thema Stress muss man auffallen!

Warum so viel über Stress, Überforderung, Burn-out geschrieben und gelesen wird? Jeder Zehnte leidet unter starkem Stress, so aktuelle Studienergebnisse des Robert-Koch-Instituts in Berlin (Hapke 2013): chronischer Stress – die Epidemie unserer Zeit! Eine Epidemie, der man vorbeugen kann, wie uns die Autoren von „Good by(e) Stress“ klar machen.

Hält der Inhalt, was der Titel verspricht? Findet man Hilfe durch Präventivmedizin und Body-Mind-Therapien und damit konkrete Hinweise zu Entstehung und Folgen von Stress? Geben die Autoren praktische Empfehlungen zur Vermeidung von „bad“ Stress („good bye, stress“) und dazu, wie man von „good“ stress profitieren kann („good by stress“)?

Machen Sie sich auf ein anregendes Duett gefasst: Biochemistry meets Preven­tion.

„Good by(e) Stress“ – keine leichte Kost. Man sollte schon naturwissenschaftlich interessiert sein, um von der ausgiebigen Forschungstätigkeit Erich Roths bezüglich des Stressstoffwechsels sowie der jahrelangen Praxiserfahrung in der Präventivmedizin von Doris Eller-Berndl profitieren zu können.

Aber ich kann Ihnen versichern: Selten erleben Sie Darstellungen von Stress-Biochemie und -Physiologie einprägsamer als hier.

Und selten wird so plastisch vermittelt, wie äußere Einflüsse (Stress), persönliches Verhalten (Prävention von bzw. Umgang mit Stress) und Gesundheit/Wohlergehen interagieren.

Ich wünsche mir, dass meine Freude an Good by(e) Stress von Vielen geteilt wird.

 

Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Günter Ollenschläger

Internist & Apotheker

Institut für Gesundheitsökonomie & Klinische Epidemiologie (IGKE), Universitätsklinikum Köln

Schriftleiter, German Journal for Evidence in Healthcare ZEFQ

Leiter i.R. des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin ÄZQ, Berlin

Internet: www.evimed-institut.de

Stress wissenschaftlich erkennen – eine Aufgabe der Präventivmedizin

Überall Stress

„In der Mitte von Schwierigkeiten

liegen die Möglichkeiten.“

Albert Einstein

 

1,5 Millionen Österreicher sind burn-out-gefährdet, doppelt so viele leiden an Schlafstörungen. 30 Prozent der Beschäftigten sind wegen psychosomatischer Erkrankungen in Behandlung.

Diese Daten stammen aus dem Jahr 2010. Was uns damals belastete, hat sich bis heute eher noch verschärft. Stress ist ein Wort in aller Munde geworden.

Das Motto hinsichtlich Stress ist Komplexizität, und wenn ein österreichischer Bundeskanzler einst gesagt hat: „Es ist alles sehr kompliziert …“, so hätte er wohl besonders bei diesem Thema recht. Denn beim Stress ergeben sich bei näherem Hinsehen viele Fragen:

Welche Hintergründe, welche Ursachen und Wirkungen spielen dabei eine Rolle?

Gibt es möglicherweise keine ausschließlich psychischen oder körperlichen Erkrankungen?

Sind chronische Erschöpfung und Depression vielleicht Symptome? Oder sind sie lediglich eine gemeinsame Endstrecke unterschiedlichster innerer und äußerer Trigger?

Ist unser Lebens- und Arbeitsstil „nicht artgerechte Haltung”? Strapazieren wir dadurch unsere biologischen Regulationssysteme über die Gebühr?

Und warum beansprucht uns ein und dieselbe Belastung so unterschiedlich?

Im Folgenden versuchen wir darauf Antworten zu geben.

 

„Gefühle machen Moleküle,

und Moleküle machen Gefühle.”

Prof. Dr. Alfred Wolf

 

Der Beitrag der Präventivmedizin zum Thema Stress besteht im Erkennen der biologischen Mechanismen, die dahinterliegen, aber auch im Verständnis für den eigenen Körper – und er ist damit auch eine Entlastung, da gewisse Symptome nichts mit „Charakterschwäche” oder „mangelndem Willen” zu tun haben, sondern­ mit Vorgängen im Körper, die durch ein bisschen Genetik und viele Umwelteinflüsse, kombiniert mit dem Faktor Zeit, entstanden sind.

Bei der Behandlung des chronischen Stresses, der im schlimmsten Fall zum Zusammenbruch geführt hat, geht es primär um das Wiederherstellen einer körperlichen Handlungsfähigkeit, um das Erkennen der zugrunde liegenden Triggerfaktoren und um Entlastung, die es dann ermöglicht, die eigene Situation einzuordnen und wieder Entscheidungen in Eigenverantwortung treffen zu können. Immerhin sind wir nicht nur Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sondern nehmen viele Rollen im Leben ein. Stressbelastung kann uns dabei überall begegnen.

 

Was ist Präventivmedizin?

Neben unserer hochwertigen kurativen Medizin erfährt die Präventivmedizin durch den demografischen Wandel immer mehr Bedeutung. Seit über 150 Jahren geht die Entwicklung konstant in eine Richtung. „Alle zehn Jahre werden wir mit zweieinhalb zusätzlichen Lebensjahren beschenkt”, stellte der Bevölkerungswissenschaftler Prof. Dr. James W. Vaupel vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock fest.

Die Menschen leben aber nicht nur immer länger, sie altern auch später und bleiben länger gesund. Das Alter verschiebt sich nach hinten, während wir länger jung bleiben. Wer jung und wer alt ist, ist immer auch abhängig davon, aus welchem Blickwinkel man dies betrachtet. Aus wirtschaftlicher Sicht werden Arbeitnehmer bereits ab 40 Jahren als alt bezeichnet, in der Biologie gibt es meist nur fließende Übergänge und keinen Zeitpunkt für Alterung. Hier zählt mehr das biologische als das chronologische Alter.

Intensive medizinische Forschung trägt dazu bei, dass nun auch die Entwicklung von sogenannten „Volkskrankheiten“, wie z.B. Atherosklerose, Diabetes Typ 2, Osteoporose oder Altersdemenz, frühzeitiger erkannt werden kann. Noch lohnender ist allerdings das Erkennen funktioneller und damit reversibler Veränderungen, bevor strukturelle und damit nur bedingt rückgängig zu machende Veränderungen auftreten. Dazu zählen die Analyse persönlicher Ressourcen und Risikofaktoren sowie die genetische Prädisposition, die Einflussfaktoren, auf die wir seit unserer Zeugung gestoßen sind, die individuelle Lebensweise und die Umweltbedingungen. Moderne Diagnostik und Therapien ermöglichen es, degenerative Veränderungen zu verlangsamen und so die funktionell gute Lebensspanne zu verlängern und Lebensqualität zu erhalten.

Präventivmedizin hat also einen breiten Ansatz und umfasst:

genetische Prädisposition (Genvarianten/Epigenetik),

Ernährung,

Bewegung,

Umgang mit chronischer Stressbelastung,

Alterung des Immunsystems, chronische Minimalentzündungen,

Neurodegeneration,

Männergesundheit und Frauengesundheit,

Gefäßprävention,

Knochen- und Gelenksprävention,

Endokrinologie,

Umweltmedizin,

Krebsprävention und -früherkennung,

Stammzelltherapie und regenerative Medizin,

Hautalterung,

Mund-, Kiefer- und Zahnalterung.

Im Laufe des Lebens kumulieren zwangsläufig Belastungen, die damit zu Stressbelastungen für den Körper werden können. Fast jeder ist zum Beispiel in seiner Kindheit an Feuchtblattern (Varicellen) erkrankt. Doch auch nach der Genesung verlassen diese Viren unseren Körper nicht mehr. Sie verbleiben und werden vom gesunden Immunsystem in Schach gehalten. Jahrzehnte später können sie wieder aktiv werden, wenn das Immunsystem durch Stress überbeansprucht oder zu schwach geworden ist. Es tritt Herpes zoster (Gürtelrose) auf, derselbe Virus, der die Kinderkrankheit verursacht hat. So „schlafen” viele Viren in uns, zu denen wir einmal Kontakt hatten, und unser Immunsystem wacht darüber, sodass wir normalerweise nicht wieder erkranken.

 

 

Neben Infektionen sind es auch Umweltfaktoren wie Metalle, Chemikalien und Kunststoffe, die sich im Köper ansammeln. Ob sie zu einer Belastung werden, hängt davon ab, wie gut der Körper damit zurechtkommt. Es geht also nicht um gewisse Mengen, sondern ob gerade diese Menge für diesen Menschen „verwaltbar“ ist. Stress kann dann der entscheidende Faktor sein, der diese Umweltfaktoren nicht mehr „verwaltbar” macht. Die Summe von negativen und positiven physischen und psychischen Einflüssen kann so zu einer Einflussgröße werden, die aber bis zu einem gewissen Grad ausreguliert werden kann.

Diese Regulationsfähigkeit ist vor allem durch das Zusammenspiel des unbewussten autonomen Nervensystems, zahlreicher Hormone und des Immunsystems bedingt und individuell ganz unterschiedlich ausgeprägt. Genvarianten beeinflussen diese Regulationsfähigkeit, aber je älter wir werden, umso mehr dominieren unser Lebensstil und unsere angesammelten „Altlasten” diese Fähigkeit der Regulation.

Normaler Altersgang, leise schwelende Entzündungen, Infektionen, toxische Einflüsse und chronische Stressbelastung führen zu vorerst funktionellen und dann strukturellen Veränderungen des autonomen Nervensystems, des Hormon- und Immunsystems und damit zur Abnahme der Regulationsfähigkeit.

 

 

Stress ist nicht gleich Stress

Heutzutage klagen die meisten über „Stress“. Für jeden bedeutet Stress etwas anderes, aber meist wird er als negativ empfunden. Dabei ist Stress nicht zwangsläufig etwas Schlechtes. Er ist auch „Salz in der Suppe des Lebens“, er sorgt für Aufmerksamkeit und Motivation. Außerdem hat er uns im wahrsten Sinn des Wortes das Leben gerettet. Beziehungsweise das Leben jener unserer Vorfahren, die unser Leben erst ermöglichten. Wie wir sehen werden, ist es der chronische Stress, der die positiven Effekte von Stress ins Negative verkehrt und das Gleichgewicht der Gesundheit in Richtung Krankheit verschiebt.

 

Good Stress versus Bad Stress

Georg gehört zu den Menschen, die für die Bühne leben. Vor dem Auftritt kennt er kein Lampenfieber, im Gegenteil, er hat viel Spaß mit seinen Musikerkollegen, und er freut sich, da er jetzt mit ihnen auf die Bühne tritt. Es ist, als wenn mit den Scheinwerfern auch bei ihm ein Schalter umgelegt wird. Nun lebt er ganz den Moment, nimmt alles um sich herum besonders gut wahr und kann es genießen, die Aufmerksamkeit des Publikums, die Stimmung und die Musik. Man könnte es auch als „Flow“ bezeichnen, ein Gefühl der völligen Vertiefung und des Aufgehens in dem Erlebnis.

 

Sogenannter „Good Stress“ oder „Eustress“ ist die Art von Stress, die wir fühlen, wenn wir begeistert und aufgeregt sind. Unser Puls beschleunigt sich, unsere Hormone verändern sich, aber wir fühlen keine Bedrohung oder Angst. Wir spüren diese Art von Stress, wenn wir Hochschaubahn fahren, uns zum ersten Rendezvous treffen oder wenn wir ein lang gehegtes Ziel erreichen. Es gibt viele Auslöser für „Good Stress“, und er verhilft uns zu Lebensfreude und besonderer Lebendigkeit.

Eine gewisse Menge an Stress ist auch für unser Gehirn wichtig, um uns in einen Bereich zu bringen, der optimale Aufmerksamkeit und kognitive Leistungsfähigkeit ermöglicht.

Während zu wenig Stress zu Langeweile und Depression führen kann, verursacht zu viel Stress Angst und einen schlechteren Gesundheitszustand. Die richtige Portion „Good Stress“ jedoch verbessert unsere Gehirnleistung.

Auch „Good Stress“ kann sich aber ins Negative verkehren, wenn er einfach zu viel wird. Stellen Sie sich Aktivierung durch Stress einerseits und Erholung andererseits wie eine Schaukel vor. Man kann hoch schaukeln, allerdings muss der Gegenschwung genauso intensiv ausfallen. Regeneration und effektive Erholung, ein balanciertes Immunsystem und eine gute hormonelle Versorgung sind also wichtig, damit wir Stress als positiv empfinden können.

 

 

Akuter Stress

Stunden später, angegessen bis zum Erbrechen, wachte er jäh auf. Ohne zu wissen warum, setzte er sich in der Dunkelheit auf. Während ringsum sämtliche Mitglieder der Gruppe tief und satt schliefen, lauschte er in die Nacht. Nichts war zuhören, außer den schweren Atemzügen seiner Gefährten. Der Mond stand hoch, und die Felsen hinter dem Höhleneingang glitzerten in seinem fahlen Licht wie bleiche Knochen. Die ganze Umwelt schien friedlich zu schlafen. Da vernahm er das Geräusch eines fallenden Kiesels. Ängstlich, doch neugierig kroch er aus der Höhle und blickte den Abhang hinunter.

Was er sah, war so entsetzlich, dass er sekundenlang unfähig war, sich zu rühren. Nur zwanzig Fuß unter ihm sah er zwei topasfarben leuchtende Augen. Er war wie gelähmt vor Furcht, starrte in diese hypnotischen Lichter und bemerkte kaum den geschmeidigen Körper, der behende von Stein zu Stein glitt. Nie zuvor war der Leopard so weit hinaufgeklettert. Sekunden später schrillten die Schreckenschreie der Menschenaffen aus der darüberliegenden Höhle.

(nach Arthur C. Clarke, Odysee 2001, Dawn of Man)

Ein anderer Typ Stress ist der akute Stress. Er triggert die Antwort des Körpers ebenfalls, nur sind diese Auslöser nicht immer erfreulich und aufregend, sondern manchmal durchaus lebensbedrohend.

In unserem Beispiel ist es gut ausgegeangen, der Leopard konnte in die Flucht geschlagen werden und wurde durch den Absturz von den Felsenhöhlen in die Schlucht darunter getötet. Selbst dieses dramatische Ereignis belastet uns nicht, wenn wir danach die Möglichkeit finden, rasch zu entspannen und zu regenerieren.

Wenn wir den Stressor bewältigt haben, müssen wir unseren Körper wieder ins Gleichgewicht bringen und quasi den Rückschwung der Schaukel erleben, um gesund und leistungsfähig zu bleiben.

Lange Zeit, berauscht von dem Sieg, tanzten sie frohlockend vor dem Höhleneingang und stießen Jubellaute aus. Dann gingen sie in die Höhlen zurück und erfreuten sich erstmals seit langem eines sorglosen Schlafes.

(nach Arthur C. Clarke, Odysee 2001, Dawn of Man)

 

Chronischer Stress

Die Sorte von Stress, die uns Sorgen bereiten sollte, ist der chronische Stress. Hier werden wir ständig mit Alarmreizen konfrontiert, ohne dazwischen regenerieren zu können. Sie belasten uns stark, und wir können ihnen auch nicht ausweichen.

Da wir für chronischen Stress nicht gerüstet sind, müssen wir sowohl mit psychischen als auch körperlichen Folgen rechnen.

Wolfgang ist Informatiker und hat seit Jahren einen stressigen Job. Sein innerlicher Halt ist seine Familie – seine Frau und seine Töchter. Als ihm seine Frau überraschend mitteilt, dass sie sich von ihm trennen möchte, erleidet er vor dem Supermarkt einen Zusammenbruch mit Notarzteinsatz. Er wird im Krankenhaus eine Woche lang gründlich durchuntersucht. Organisch ist er gesund, doch er kann ab diesem Ereignis das Haus nicht mehr verlassen. Er leidet unter Schlafstörungen und Panikattacken. Neben der chronischen Stressbelastung über Jahre wurde durch das zusätzliche private Ereignis der Trennung „das Fass quasi zum Überlaufen“ gebracht.

 

 

Eine Studie der Yale-Universität zeigt: Können Sie die positiven Aspekte von Stress, wie höhere Aufmerksamkeit und höhere Leistungsfähigkeit, für sich sehen, so profitieren Sie auch von diesen Effekten und lassen weniger Stresssymptome erkennen. Sehen Sie jedoch die typischen Gefahren von Stress, wirkt der Stress auch negativ auf Sie. Es liegt also auch an unserer Ansicht, ob Stress seine positiven oder negativen Wirkungen entfaltet, und es gibt kein allgemein gültiges Maß an Belastung.

In der Studie der Yale-Universität wurden 380 Angestellte einer Bank in drei Gruppen eingeteilt:

Der Gruppe 1 wurden Videos mit der positiven Wirkung von Stress gezeigt.

Gruppe 2 sah Videos über die Gefahren von Stress.

Gruppe 3 war die Referenzgruppe ohne Videos.

Die Untersuchung ergab, dass Mitarbeiter der Gruppe 1 im Anschluss eine nachweisbare Verminderung der körperlichen Stresssymptome zeigten.

In einer Studie mit 29.000 Personen, die über 8 Jahre beobachtet wurden, hatten Menschen mit hohem Stresslevel, welche auch glaubten, dass der Stress sich stark auf ihre Gesundheit auswirkte, ein um 43% (!) erhöhtes Sterberisiko. Am seltensten verstarben jene, die viel Stress hatten, diesen aber nicht als negativ empfanden. Warum ist dies so? Wie wir noch sehen werden, können hier spezielle Genvarianten zum Tragen kommen.

In einer weiteren Untersuchung wurden 850 Personen zwischen dem 39. und 94. Lebensjahr zu Stressereignissen und Hilfsbereitschaft für andere befragt und über 5 Jahre beobachtet. Jedes bedeutende Stressereignis erhöhte das persönliche Sterberisiko um 30 %. Dieses erhöhte Risiko wurde jedoch erstaunlicherweise durch hohe Hilfsbereitschaft gegenüber anderen wieder ausgeglichen, auch wenn gleichzeitig eine hohe Stressbelastung vorlag.

Unsere Empfindung und Bewertung scheinen also eine wichtige Rolle zu spielen.

Ob wir Belastung als positiv einstufen, hängt unter anderem mit dem Abbau von Stresshormonen und der Fähigkeit zum Abbau belastender Substanzen zusammen, die genetisch mit beeinflusst ist. Es gibt also Menschen, welche gut und andere, welche weniger gut mit Stress umgehen können, darüber werden wir noch ausführlicher berichten.

 

Der „Erfinder“ des Stresses Hans Seyle

Hans Selye (1907–1982) war der erste, der die Reaktion des Köpers auf Belastungen erkannte und als Stress bezeichnete. Er wurde in Wien geboren und studierte an der deutschen Universität in Prag Medizin, verbrachte ein Jahr an den Universitäten in Paris und Rom, bevor er 1929 Arzt wurde. 1931 promovierte er zusätzlich in organischer Chemie. Er wanderte in die USA aus und übernahm letzlich eine Dozentenstelle für Biochemie in Montreal. Seyle erzählte oft die Geschichte seiner Entdeckung des Stresses: Er hatte sich schon früh gefragt, warum die unterschiedlichsten Krankheiten besonders in der Frühphase ähnliche Symptome aufweisen, verlor dieses „Sickness-Syndrom“ dann aber für ein Jahrzehnt aus den Augen. Erst 1935 stieß er wieder darauf. Auf der Suche nach einem Hormon injizierte er Ratten ein Extrakt aus Rinder-Eierstöcken. Dies rief charakteristische Reaktionen hervor. Die äußere Schicht der Nebennieren vergrößerte sich, gleichzeitig traten Magengeschwüre auf. Diese Reaktion blieb immer gleich, auch als er alle möglichen Organextrakte injizierte. Es schien, als würde jede toxische Substanz zu den beschriebenen Reaktionen führen. „Ich glaube nicht, dass ich jemals gründlicher enttäuscht worden war. Plötzlich waren alle meine Träume, ein neues Hormon zu entdecken, zerstört“, sagte Seyle später. Dann allerdings erinnerte er sich an die Beobachtungen aus seinen Studententagen. Er rief sich die Symptome ins Gedächtnis, die viele der an Infektionskrankheiten leidenden Patienten gezeigt hatten und erkannte ein ähnliches Reaktionsmuster wie bei seinen Versuchsratten. „Wenn wir nachweisen könnten“, schrieb Selye, „dass der Organismus über ein allgemeines, nicht spezifisches Reaktionsmuster verfügt, mit dem er auf die potentiellen Schäden durch krankheitsauslösende Faktoren antwortet, dann könnten wir diese Verteidigungsreaktion einer streng objektiven und wissenschaftlichen Analyse unterziehen.“ Das Stresskonzept war entstanden. Seyle unterteilte es in drei Phasen: dem ersten Stadium, der Alarmreaktion, folgen das Widerstandsstadium und schließlich das Erschöpfungsstadium. Selye wusste sicherlich selbst, was Stress bedeutet: Von 1945 bis zu seiner Pensionierung 1975 war er Professor und Direktor am Institut für experimentelle Medizin und Chirurgie der Universität Montreal, er hielt sich aber sein Leben lang körperlich fit, heiratete 3 Mal, sprach angeblich 10 Sprachen und war sicherlich ein „Workaholic“. Er starb am 16. Oktober 1982.

 

Alte Baupläne treffen auf modernen Lebensstil

„Hinter jedem lebenden Menschen

stehen 30 Geister.”

Arthur C. Clarke

 

Unsere Baupläne sind seit etwa 50.000 Jahren unverändert. Viele tausend Jahre lebte der Mensch als Jäger und Sammler, und in dieser Zeit haben sich körperliche Eigenschaften, Triebe und Verhaltensformen entwickelt, die bis heute ein Teil von uns sind.

Jeder von uns ist das Endglied einer langen Kette, die ununterbrochen unseren Ursprung als Menschen mit dem Heute und über unsere Kinder mit der Zukunft verbindet. Alle einzelnen Glieder waren immer erfolgreich gewesen, auch wenn ihre Lebensspanne vielleicht nur kurz war – aber lang genug, um die Information, die Botschaft, der sie ihre Geschichte hinzugefügt haben, weiterzugeben.

Unsere Geschichte ist voller Abenteuer, Konflikte und jeder Menge Sex. Sie zieht sich durch alle Generationen und über alle Kontinente.

Jeder Mensch, der heute lebt, trägt mit seinen Genen eine direkte Verbindung zu den Anfängen in sich und steht an der Spitze von Generationen von Vorfahren, die erfolgreich überlebt haben. Unsere Baupläne sind seit etwa 50.000 Jahren unverändert, unser Lebensstil und die Umwelt haben sich jedoch drastisch verändert.

Es ist also eines unserer Probleme, dass unsere Biologie einerseits nicht für die Art von Stress ausgelegt ist, mit der wir heute konfrontiert sind. Unsere ererbten Regulationssysteme sind auf Inspiration und Begeisterung beim Erforschen und Erlernen neuer Fähigkeiten sowie auf wiederkehrende Flucht- und Kampfsituationen ausgerichtet. Jedoch nicht auf die Spielarten der anhaltenden und vielfach quälenden Belastungen, wie z.B. Termindruck und Infomationsüberlastung, aufgepfropft auf ein biologisches System, welches sich um Anpassung an veränderte Umweltbedingungen bemüht und dessen ursprüngliche Regulationsfähigkeit meist längst eingeengt wurde. Heute leben wir in einer „Matrix des empfundenen Stresses“ – Zeitdruck, ständige Anforderungen, hastige soziale Kontakte, hastiges Essen …

In Wahrheit muss aber keiner ständig rund um die Uhr erreichbar sein und die belastende E-Mail-Flut ist selten das Ergebnis betrieblicher Notwendigkeit, sondern das Resultat schlechter Kommunikationskultur.

Andere Stressfaktoren sind „nicht artgerechte Haltung“ durch Bewegungsarmut, ungünstige Ernährung, Belastungen durch Umweltfaktoren oder Vereinsamung. Der Mensch als soziales Wesen, der Jahrtausende in Kleingruppen gelebt hat, gerät sowohl in der Isolation als auch in der Masse der Überbevölkerung unter Stress.

Auch belastende Lebensereignisse hinterlassen Spuren im menschlichen Organismus, die handfeste Auswirkungen auf die körperliche, aber auch auf die psychische Gesundheit haben können. Nicht nur bei uns selbst, sondern auch bei unseren Kindern und Enkeln. Wie diese Weitergabe an zukünftige Generationen erfolgt, erfahren Sie später im Kapitel Epigenetik auf Seite 59.

 

 

Ich bin dauernd so erschöpft – das Symptom des 21.Jahrhunderts

Michaela, 49 Jahre alt, kommt in die Sprechstunde. Zuerst erzählt sie, warum sie Hilfe sucht: „Frau Doktor, ich kenne mich selbst nicht mehr! Ich bin so unruhig und mache mir über Dinge Sorgen, die mich früher nicht belastet haben. In letzter Zeit habe ich auch immer wieder Schmerzen, aber ich kann Ihnen gar nicht genau sagen wo, weil das ist einmal hier und einmal dort. Ich, die nie Kopfschmerzen kannte, leide nun fast täglich darunter. Ich schlafe schlecht und werde immer zur selben Zeit gegen 3.00 Uhr munter. Ständig fühle ich mich erschöpft, und außerdem habe ich zugenommen, da ich an Süßigkeiten überhaupt nicht mehr vorbeikomme.“

Michaela wirft sich selbst Schwäche und mangelnde Disziplin vor. Sie fühlt sich regelrecht erleichtert, als ich ihr erkläre, dass sie mir soeben alle wichtigen Symptome eines Serotoninmangels geschildert hat und es wahrscheinlich handfeste biologische Gründe gibt, warum sie sich derzeit so fühlt.

Was kann Serotoninmangel nun mit Erschöpfung und Stress zu tun haben, und gibt es vielleicht auch andere Ursachen?

Das Symptom Erschöpfung, welches ein Leitsymptom chronischer Stressbelastung ist, kann viele verschiedene Auslöser haben.

Am Anfang der Diagnostik steht daher immer ein ausführliches Gespräch. Die Befragung erlaubt die Entscheidung, welche Untersuchungen in weiterer Folge wesentlich und sinnvoll sind.

Dabei werden auch ungewöhnliche Dinge gefragt, wie zum Beispiel: „Was wissen Sie über Ihre eigene Schwangerschaft?“, oder: „Träumen Sie?“ Über die Hintergründe dieser Fragen erfahren Sie später noch mehr.

Heutzutage können wir fast alles messen und bestimmen, es ist nur die Frage, ob sich aus diesem Befund eine Konsequenz ergibt, die richtungsweisend ist und weiterhilft. Sich Zeit für ein ausführliches Gespräch (= Anamnese) zu nehmen, erspart daher so manche Untersuchung.

Basis bleibt jedoch immer eine körperliche und eine Routine-Labor-Untersuchung, welche unter anderem „Verdächtige“ wie Schilddrüsenfunktion, Eisenstoffwechsel und Entzündungstendenzen als Verursacher abklärt.

 

Information ist alles

Auch die Informationssysteme unseres Körpers spielen im Zusammenhang mit chronischer Stressbelastung und Erschöpfung eine wesentliche Rolle und bestehen

aus dem autonomen Nervensystem, welches Information besonders schnell vermitteln kann,

dem hormonellen System, welches zwar langsamer agiert, dafür aber differenzierte Informationen über den Blutweg weitergibt,

und dem Immunsystem.

Das autonome Nervensystem mit dem „Aktivierer“ Sympathikus und dem „Dämpfer“ Parasympathikus arbeitet mit verschiedenen Botenstoffen und Immunzellen quasi Hand in Hand. Alle Systeme gemeinsam ermöglichen unsere Anpassungs- und Regulationsfähigkeit unter verschiedene Alltagsbedingungen innerhalb einer gewissen Bandbreite. Diese wollen wir als Variabilität bezeichnen, sie ist ein gewisser Spielraum, der flexible Anpassungen an Situationen ermöglicht. Je besser wir dies können, umso jünger und gesünder sind wir. Zu viel und zu wenig wäre dabei schlecht. Daher gibt es immer Starter und Bremser innerhalb dieser drei Systeme, die dafür sorgen sollen, dass es zu keinen Entgleisungen kommt.

Da wir es im Zusammenhang mit Stress häufig mit funktionellen Veränderungen zu tun haben, ist die Diagnostik oft schwieriger, da verfügbare Untersuchungsmethoden oft nur strukturelle Veränderungen nachweisen können. Eine funktionelle Diagnostik des autonomen Nervensystems stellt die Herzratenvariabilitätsmessung in Form eines besonders hochauflösenden 24-Stunden-EKGs dar, das hormonelle und Immunsystem werden am besten durch die Laboruntersuchung zugänglich.

Chronische Stressbelastung führt langfristig zu Botenstoffdefiziten mit unterschiedlichen Symptomen, je nach verbleibendem „Botenstoffmix“ dominieren depressive Verstimmung mit Rückzugstendenzen, Angstzustände oder Aggressivität.

Die Stressspirale verläuft über das Stadium längerfristiger Fehlbelastung mit Müdigkeit über das chronische Überlastungssyndrom mit abnehmender Erholungsfähigkeit. Ein sogenanntes Burn-out-Syndrom bedeutet letztlich den vollständigen Verlust an Regulationsfähigkeit, sowohl die Aktivierbarkeit als auch die Erholungsfähigkeit gehen verloren.

 

Asche kann man nicht mehr anzünden – das „Unwort“ Burn-out

Derzeit existiert keine einheitliche Definition von Burn-out. In den Niederlanden haben sich 2011 drei Dachverbände von Ärzten und Psychologen nach langwierigen Vorarbeiten auf eine Definition von Fehlbelastung und Burn-out geeinigt, welche für die Praxis einsetzbar erscheint.

Man spricht von Fehlbelastung, wenn alle vier der folgenden Kriterien erfüllt sind:

A Mindestens drei der folgenden Beschwerden sind gegeben:

Müdigkeit

gestörter oder unruhiger Schlaf

Reizbarkeit

Druck und Unsicherheit, nicht gewachsen sein

emotionale Labilität

Grübeleien

Gefühl von Gehetztheit

Konzentrationsprobleme und/oder Vergesslichkeit

B Gefühle von Kontrollverlust und/oder Hilflosigkeit treten als Reaktion auf die Unfähigkeit auf, Stressoren beim alltäglichen Funktionieren zu bewältigen. Die Stressregulation ist unzureichend; die Betroffenen kommen nicht mehr dagegen an und haben das Gefühl, die Dinge nicht mehr im Griff zu haben.

C Es bestehen deutliche Einschränkungen im beruflichen oder sozialen Funktionieren.

D Spannungsbeschwerden, Kontrollverlust und Funktionsstörungen sind nicht ausschließlich die Folge einer psychiatrischen Erkrankung.

 

 

Tipp:

Lassen Sie Symptome wie Erschöpfung und Müdigkeit, wenn sie länger bestehen, ärztlich abklären und schieben Sie sie nicht sofort auf psychische Belastung.

 

Wer viel weiß, macht vieles richtig

Um chronische Stressbelastung zu vermeiden, ist es hilfreich, die Ursachen und Folgen von Stress auf unseren Körper zu verstehen. In den folgenden Kapiteln zeigen wir Ihnen daher Zusammenhänge, für deren Verständnis auch ein klein wenig Physik und Chemie des menschlichen Körpers notwendig sind.

 

 

Stress und Energie

Dass Stress etwas mit Energie zu tun hat, können wir spüren. Dass es auch eine messbare zelluläre Erschöpfung gibt, werden wir im Folgenden sehen.

 

Woher nehmen wir unsere Energie?

Seit unseren Anfängen sind wir durch den Wechsel von Licht und Dunkel geprägt. Nicht umsonst haben die Sonne und das Firmament der Nacht die Phantasie unserer Vorfahren beschäftigt. Das Sonnenlicht erscheint uns als kontinuierliche Strahlung, in Wirklichkeit treffen unzählige Photonen als Lichtteilchen auf die Erde. Nach der Quantentheorie wird jede Energie in Portionen, sogenannten Energiequanten, transportiert und aufgenommen. Licht ist elektromagnetische Energie, also gleichzeitig Teilchen und Welle.

Pflanzen können in der Photosynthese Lichtenergie in Materie übersetzen. Der zyklische Elektronenfluss, der durch Licht angetrieben wird und chemische Energie freisetzt, ist einzigartig und zeichnet photosynthetisierende Zellen aus. Pflanzen bauen so Materie aus Energie auf. Diese verwenden Tiere und Menschen in Form von Zucker, Fett und Eiweiß, um mit Hilfe von Sauerstoff mittels Elektronentransfer wieder Energie zu erzeugen.

 

Mitochondrien – die Kernkraftwerke in uns

Im Jahr 1850 entdeckten Forscher kleine Körnchen im Inneren der Zellen und bezeichneten diese als Mitochondrien, indem sie die beiden griechischen Wörter „mitos” (Faden) und „chondros” (Korn) zusammenfügten.

Mitochondrien sind winzige Zellbestandteile, die sich außerhalb des Zellkernes befinden und eigentlich Bakterien, mit denen wir vor Millionen von Jahren einen Handel eingegangen sind: mehr Energie für uns, im Gegenzug Vollpension für die Bakterien. Diese besitzen immer noch ihre eigenen Gene, die sie unabhängig von unserem Erbgut mit jeder neuen Menschengeneration weitergeben.

Unsere Mitochondrien stammen mit sehr seltenen Ausnahmen nur von unseren Müttern, da die Mitochondrien der Väter deren Spermien antreiben und wie ein Außenbordmotor zwischen Kopf und Schwanz der Spermien sitzen. Bei der Befruchtung dringt nur der Kopf des Spermiums in die Eizelle ein, die väterlichen Mitochondrien bleiben draußen. Daher werden die mütterlichen Mitochondrien an den neu entstehenden Menschen weitergegeben. Am zwölften Tag nach unserer Zeugung beginnt unsere eigene Energieproduktion.

In der Familienanamnese frage ich daher aus gutem Grund nach dem erreichten Alter und eventuellen Erkrankungen der Mütter, Groß- und Urgroßmütter mütterlicherseits: Wenn diese alt wurden und keine Krebs- oder Autoimmunerkrankungen erleben mussten, haben Sie quasi einen Mitochondrien-„Lamborghini” geerbt. Es könnte aber auch ein „Smart” sein …