Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
David Werner hat von Gott den Auftrag verfolgten Christen zu helfen. Anfangs schmuggelte er Bibeln in den kommunistischen Ostblock, später nach China, in den Iran und ins damals noch atheistische Albanien. Zehntausende Bibeln fanden so ihren Weg in Länder, wo Bibeln verboten sind. Gott öffnete Türen und bewirkte Wunder, um Sein Wort über die Grenzen zu bringen. Auch von Missionsreisen nach Rumänien, in die Türkei und Kasachstan wird berichtet. Beim Lesen wird deutlich dass Gott keine Superhelden sucht, sondern allen hilft, die mutig den Schritt wagen Seinen Willen zu tun. Das Buch handelt daher von den Abenteuern eines schwachen Menschen, der Gott kindlich vertraut und Seine Stärke erleben durfte.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 229
Veröffentlichungsjahr: 2025
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Vorwort
Eine Gebetserhörung, die Geschichte schrieb
Verfolgung im Nachbarland
Veränderung zum Guten
Albanien - an Gott zu glauben ist verboten
Das Weizenkorn
Gottes Ruf in den Iran
Die ganze Welt für Jesus Christus gewinnen
China –Bibeln für ein Fünftel der Menschheit
Ein Blick zurück – damals vor 14 Jahren
Mission in einem belagerten Dorf
Auf Zypern und zurück im Libanon
Verfolgung über Jahrhunderte
Eine Fahrt mit Hindernissen
Jedem Menschen eine Bibel in seiner Sprache
Zuerst nach Kasachstan
Die Qashqai-Nomaden im Iran
Zwischen Kreuz und Halbmond
Missionsurlaub in der Türkei
Die Christenmorde in der Türkei
Christen und Politik
Ein neuer Gedenktag
Das Kreuz auf sich nehmen
In islamischen Ländern kennt man mich seit fast 40 Jahren als „Bruder David“. Da ich nach wie vor in diese Länder reise, habe ich das Buch unter einem Pseudonym veröffentlicht. Es ist zwar nicht allzu schwierig meine Identität auf Grund der geschilderten Erlebnisse herauszufinden, da man mich in vielen christlichen Gemeinden kennt. Aber man findet mich beispielsweise nicht sofort als Autor dieses Buches, wenn an einer Grenze mein Name im Internet überprüft wird.
Dieses Buch ist keine Autobiographie, sondern ein Bericht über einige Erlebnisse im Dienst für die verfolgten Christen weltweit. Ich war 25, als ich in Kalifornien die Entscheidung traf Jesus nachzufolgen. Einige Jahre später begann ich mit anderen Christen (aus Deutschland, Österreich und der Schweiz) Bibeln in den kommunistischen Ostblock, nach China und in islamische Länder zu „schmuggeln“. Von einigen dieser Reisen und den erlebten Wundern berichte ich. Ich wollte dabei vermeiden zu übertreiben oder uns als Helden darzustellen. Alle Ehre gehört nur Gott und die wahren Helden sind die Christen in jenen Ländern, wo die Nachfolge Jesu mit Gefängnis oder Tod bestraft wird.
Die Motivation nach all den Jahren dieses Buch zu schreiben hat auch mit meiner Überzeugung zu tun, dass man mehr Einsatz für die verfolgten Christen einfordern und auch über deren Situation informieren muss. Gott kann uns dafür benutzen, dass Gefangene freigelassen und Unrecht beendet oder gemildert wird. Jesus sagte: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder (und Schwestern) getan habt, das habt ihr mir getan“ (Matthäusevangelium 25,40). Wenn man den Verfolgten hilft, ist es für Jesus so, als ob man ihm selbst damit dient. Welch wunderbare Möglichkeit für uns alle!
David Werner
Die Berliner Mauer war fast 30 Jahre lang das sichtbare Symbol der Trennung zwischen Osten und Westen nach dem zweiten Weltkrieg. Deutschland und Österreich hatten mit der Judenverfolgung und der Begeisterung für Hitler (darunter waren leider auch viele Christen aus Kirchen und Freikirchen) schwere Schuld auf sich geladen. Der Osten Deutschlands war nun seit der Gründung der DDR 1949 (ab 1945 war dort die sowjetische Besatzungszone) kommunistisch und Christen wurden verfolgt. Die Grenze zwischen demokratischen und kommunistischen Ländern in Europa nannte man den „Eisernen Vorhang“. Es schien unmöglich, dass die Berliner Mauer jemals fallen würde und dann geschah es dennoch unerwartet in einem atemberaubenden Tempo und an einem besonderen Tag.
Als Beginn der Judenverfolgung in Deutschland gelten die Novemberpogrome 1938 mit der unrühmlichen Reichskristallnacht vom 9. auf den 10. November. Juden wurden ermordet und mehr als 1400 Synagogen und Versammlungsräume in Deutschland und Österreich zerstört. Ab dem 10. November begann man damit, Juden in Konzentrationslager zu bringen. Es entging der Welt (und auch vielen Christen) fast vollständig, dass die Mauer nicht „irgendwann“ fiel, sondern ausgerechnet in dieser Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1989. Das mag für viele ein „Zufall“ sein, aber könnte es nicht sein, dass Gott hier ein Zeichen setzte, dass ein Neuanfang und Vergebung der begangenen Gräueltaten an den Juden möglich ist?
1982 startete „Open Doors“ (eine Organisation, die verfolgte Christen unterstützt) eine siebenjährige weltweite Gebetskampagne für die Sowjetunion. Ab 1987 wurden viele Christen in Russland aus Gefängnissen und Arbeitslagern entlassen. 1988 gestattete der Generalsekretär der Kommunistischen Partei (Michail Gorbatschow) die Verteilung von zehntausenden Neuen Testamenten in der Sowjetunion. Am Ende der siebenjährigen Gebetskampagne fiel die Berliner Mauer. Die Wiedervereinigung Deutschlands war damit nach 40 Jahren DDR in die Wege geleitet. Zumindest hier sollten Christen nicht an „Zufall“ glauben, sondern sich freuen, dass Gott Gebet erhört.
In der kommunistischen Diktatur Tschechoslowakei (heute die Länder Tschechien und Slowakei) kam es im November 1989 nach dem Fall der Mauer zu Demonstrationen in Prag und anderen Städten und die Regierung trat zurück. Der Bürgerrechtler Vaclav Havel wurde noch im gleichen Jahr zum Staatspräsidenten gewählt und war der Wegbereiter der deutsch-tschechischen Versöhnung. Man weiß, dass Havel zuvor auch Gast in den damals verbotenen Bibelrunden war. Vielleicht hat er damals sogar in einer jener Bibeln gelesen, die wir in die Tschechoslowakei schmuggelten.
Gott schreibt Geschichte und wir sind das Werkzeug, mit dem Er auf dieser Welt schreibt. Wir können und müssen auch heute den verfolgten Geschwistern beistehen, die in vielen Ländern der Welt leiden – für sie betend, zu ihnen gehend und für ihre Not gebend. Wenn wir in Jesu Namen in Gottes Werk aktiv sind, wird dies niemals vergeblich sein: „Darum, meine lieben Brüder und Schwestern, seid fest und unerschütterlich und nehmt immer zu in dem Werk des Herrn, denn ihr wisst, dass eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem Herrn.“ (Apostel Paulus im 1. Korintherbrief 15,58).
Das Klopfen an meiner Zimmertür in dem schäbigen Hotel in Prag wurde immer lauter. Es war noch stockdunkel draußen um 5.00 am Morgen und ich hatte bereits einige Minuten angespannt gelauscht. Am Abend hatte ich wieder einmal eine Lieferung Bibeln in der Wohnung meines Freundes Dan abgegeben. Dann war ich direkt zum Hotel gefahren. Ich übernachtete schon lange nicht mehr in den üblichen Touristenhotels, da es dort nur so von Geheimpolizei wimmelte. Hier war es wesentlich sicherer. Man musste zwar in Kauf nehmen, dass die Dusche am Gang war, aber das heruntergekommene Hotel erfüllte seinen Zweck bei meinen Reisen und die Einbettzimmer waren billig. Seit über einem Jahr war ich beim Bibelschmuggeln allein unterwegs, denn es war mittlerweile für mich beinahe zur Routine geworden.
Nun begann ein Mann gegen die Zimmertür zu treten und wütend in Tschechisch zu schreien. Auch wenn ich die Sprache so gut wie gar nicht beherrschte, war klar, dass von mir verlangt wurde sofort zu öffnen. In der damaligen kommunistischen Tschechoslowakei wurden alle Ausländer, die an der Grenze mit tschechischen Bibeln erwischt wurden, ausnahmslos zur Abschreckung für ein Jahr eingesperrt. Ich würde meine Familie also für ein Jahr nicht mehr sehen. Während die Fußtritte gegen die Tür immer heftiger wurden, kniete ich am Bett nieder und betete, dass Gott mir Kraft gibt bei den Verhören niemanden zu verraten. Und ich hoffte, dass sie meinen Kontakt Dan – den Pastor der größten Untergrundgemeinde in Prag mit vielen jungen Menschen – nicht schon verhaftet hatten.
Es war Gottes Führung, wie ich ihn vor einigen Jahren kennenlernte. Wir fuhren zu dritt nach Prag und schmuggelten in unseren Koffern ängstlich insgesamt nur zehn Bibeln ins Land. Kontakt hatten wir keinen einzigen, aber wir hatten gebetet, dass uns Gott zu Christen führt. Das kam uns dann doch sehr vermessen vor, als wir auf den belebten Plätzen der Altstadt die dahin hastenden Menschen betrachteten. „Vielleicht brauchen sie hier gar keine Bibeln“, sagte mein Reisebegleiter Karl und deutete auf einen Buchladen. „Fragen wir doch da drinnen, ob sie tschechische Bibeln haben.“ Ich war empört: „Auffälliger geht es wohl nicht!“, wehrte ich ihn ab, aber er ließ sich nicht hindern und verschwand in dem kleinen Laden. Als er wieder herauskam, berichtete er, dass sie ihn bei seiner Frage sehr seltsam angesehen hatten und dass es im ganzen Land keine Bibeln zum Kaufen gibt. Wir gingen weiter und ich bemerkte einen jungen Mann, der aus dem Buchladen kam und uns beharrlich verfolgte.
„Jetzt haben wir ein Problem“, sagte ich und wir versuchten ihn abzuhängen, aber er holte schnell auf und sprach uns in gebrochenem Deutsch an. Er war im Laden auf der Suche nach einem Buch für die Universität gewesen und wollte wissen, warum wir nach Bibeln fragen. Ob wir Christen sind? Wir waren misstrauisch, aber nach einigen Sätzen stellte sich heraus, dass unser „Verfolger“ zu einer Untergrundgemeinde gehörte. An diesem Abend nahm er uns zum Gottesdienst mit und erzählte dort von der Führung Gottes, wie er uns kennenlernte. Wir hatten keinen Plan für unseren Bibelschmuggel, aber Gott hatte den perfekten Plan. Unsere Bibeln wurden freudig entgegengenommen und der Pastor wurde ein Freund, den wir jahrelang mit Bibeln versorgten, als seine Gemeinde mit vielen jungen Menschen beständig wuchs.
Ihn hatte ich gestern auch wieder in seiner Wohnung besucht. Das war wohl ein Fehler gewesen, denn er wurde vermutlich überwacht. Aber ich hatte niemanden gesehen, der mir folgte. Seit mir bei einem meiner Besuche in Dans Gemeinde ein Spitzel nachgegangen war, verhielt ich mich besonders vorsichtig. Damals hatte ich ihn zufällig gesehen, als er sich hinter uns (wir waren da noch zu zweit unterwegs) in einen Hauseingang drückte. Es gelang uns ihn abzuhängen, indem wir ruhig um die nächste Hausecke gingen und dann zu laufen begannen, als er uns nicht mehr sah. Bis er um die Ecke bog waren wir bereits verschwunden. Seitdem war es für mich zur Gewohnheit geworden nach meinen Gottesdienstbesuchen einen kleinen Umweg zu gehen. Aber gestern ging ich von Dan direkt zum Hotel zurück.
Mittlerweile wurde draußen am Gang geschrien, an der Türklinke gerüttelt und immer wütender gegen meine Zimmertür getreten. Gäste aus anderen Zimmern hatten auch schon ihre Türen geöffnet und schimpften offensichtlich über den Lärm. Ich begann mich anzuziehen und meinen Koffer und die Reisetasche zu packen, denn ich wollte nicht halb bekleidet von der Statni (Geheimpolizei) abgeführt werden.
Ja, ich war in den letzten Jahren etwas übermütig geworden. Anfangs hatten wir die Bibeln noch in doppelten Böden in Kinderwägen oder Sitzbänken versteckt und so über die Grenze geschmuggelt. Nun packte ich aber nur mehr zwei Gepäcksstücke bei den Schmuggelreisen. Eines war voll mit Bibeln und das andere mit Kleidung und den üblichen Reiseutensilien. Manchmal war der Zöllner schon dabei den „Bibelkoffer“ zu öffnen, aber im letzten Moment entschied er sich dann doch für den ohne Bibeln. Es ging immer gut aus. Das „Schmuggeln“ war bald zu einer Spazierfahrt zu Freunden geworden, denn Gott hatte es für mich einfach gemacht. Nur mein Pass war bald bis auf die letzte Seite voller Stempel und den Visa, die man damals noch brauchte.
Jetzt musste ich aber endlich die Zimmertüre aufsperren. Ich hatte meinen gepackten Koffer (darinnen die nun leere Reisetasche) neben mir stehen und stellte mich aufrecht hin. Ich war vollständig angezogen und hatte meine Schuhbänder geschnürt. Nachdem ich den wuchtigen Schlüssel zweimal im Schloss umgedreht hatte, riss ich die Tür auf. Vor mir stand ein kleiner dicklicher Mann, der offenbar nackt war und nur ein Handtuch um seine Hüften gewickelt hatte. Seine Haare waren tropfnass und er sah mich entgeistert an. In Sekundenschnelle verstand ich, was passiert war. Er war in der Dusche am Gang gewesen und hatte beim Zurückgehen die Zimmertür verwechselt. Vermutlich war er mit seiner Frau hier und war der Meinung, sie sei wieder eingeschlafen, als er duschen war. Es war ihm schrecklich peinlich und er stammelte auf Tschechisch etwas, das wie Entschuldigungen klang und deutete mit Gesten an, wie unangenehm ihm alles sei. Ich war aber so froh, dass keine Geheimpolizei vor meiner Tür stand, dass ich ihn fröhlich anlächelte und ihm mit Gesichtsausdruck und Gestik versicherte, dass es nicht das geringste Problem sei. Das verwirrte ihn noch mehr und er stolperte rückwärts von der Tür weg und verschwand auf der Suche nach dem richtigen Zimmer. Als ich die Tür wieder verschlossen hatte, war für mich nicht mehr an Schlaf zu denken. Ich verbrachte die Zeit bis zum Sonnenaufgang damit, Gott zu danken und für meine Geschwister auf der Welt zu beten, die in solchen Momenten tatsächlich von der Geheimpolizei abgeholt werden, und in schrecklichen Gefängnissen endeten und in vielen Ländern sogar gefoltert werden. Noch wusste ich nicht, dass Gott auch in anderen Ländern eine Aufgabe für mich haben würde.
Mein Freund Dan und ich haben bei unserem nächsten Treffen herzlich über dieses Erlebnis gelacht. 1989 fiel der eiserne Vorhang und seine erste Auslandsreise war in unsere Stadt, um in unserer Gemeinde zu predigen. Auch nach der Teilung der Tschechoslowakei in Tschechien und Slowakei blieb ich dem Land verbunden. 2015 fuhr ich einmal im Monat zu einem Bibelkreis in Prag und wir erinnerten uns manchmal an die dunklen Zeiten im Ostblock, als die Bibel noch ein verbotenes Buch war. Es scheint heute so unvorstellbar. Damals war aber die heutige Freiheit für uns alle eine Utopie. So ist es auch in muslimischen und atheistischen Ländern, die ich bereiste und bereise. Doch Gott kann auch hier alles völlig verändern.
Heute gibt es gläubige Menschen aus der ehemaligen Tschechoslowakei, die selbst in Länder mit Christenverfolgung reisen, um Bibeln zu bringen und die Gemeinden zu stärken. Einige wissen nur aus den Erzählungen ihrer Eltern, was es damals für sie an Ermutigung bedeutete, wenn Christen aus anderen Ländern das Risiko auf sich nahmen, ihnen Bibeln zu bringen und sie durch ihre Gegenwart zu unterstützen.
Das biblische Prinzip ist einfach. Jene, die in Ländern leben, wo sie nicht verfolgt werden, sollen die Glaubensgeschwister unterstützen, die in anderen Ländern leiden. Das war schon in der ersten Gemeinde so und hat bis heute Gültigkeit. Jesus sagte seinen Jüngern: „Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen.“ (Johannesevangelium 15,20). Es wird also immer Christen geben, auf die diese Voraussage zutrifft. Und es wird auch immer Christen geben, die ihnen betend und gebend zur Seite stehen, um sie in ihrer schwierigen Lage zu unterstützen.
Gott hat immer Wege, um sie zu erreichen. Für IHN – und damit auch für jene, die ER sendet - gibt es keine verschlossenen Länder. Es gibt selbst in der Diktatur in Nordkorea heute eine stark wachsende Gemeinde mit geschätzten 500.000 Christen. Auch in dieses Land, das seit vielen Jahre auf Platz 1 des Weltverfolgungsindex von „Open Doors“ steht, - nur 2022 von Afghanistan auf Platz 2 „verdrängt“ - lässt Gott Bibeln bringen, um die Jünger und Jüngerinnen Jesu durch Sein Wort zu stärken und zu trösten.
Für Gott ist nichts unmöglich und daher auch nicht für uns unter Gottes Führung. Er sucht „normale“ Menschen, die bereit sind, Seinen Willen zu tun. Für alles andere sorgt Gott, wenn wir im Gehorsam in der Nachfolge Jesu handeln.
Einige Regierungen versuchten oder versuchen noch immer, den Glauben an Gott völlig zu verbieten. Sie sind alle gescheitert, denn der Mensch ist dazu geschaffen Gott zu suchen und zu finden. In Psalm 53,1 heißt es: „Der Tor sprach in seinem Herzen: Es ist kein Gott!“ Im gleichen Vers steht geschrieben: „Da ist keiner, der Gutes tut!“ Diktaturen versuchten die Tatsache, dass der Mensch zum Bösen neigt, mit drastischen Strafen wie Arbeitslager oder Hinrichtungen zu ändern. Das zeigte bei vielen Menschen die erwünschte Wirkung, und es gab nur wenig Kriminalität. Aber gegen den Glauben an Jesus halfen ihre Gefängnisse und Strafen nichts – im Gegenteil. Je mehr sie Christen verfolgten, desto mehr Menschen wurden gläubig.
Als in Albanien nach über 40 Jahren Atheismus die kommunistische Diktatur ihre Macht verlor, begannen viele zu stehlen. Als ich im Land kurz bei einer Tankstelle stoppte, wurde der Kofferraum aufgerissen und das Gepäck meiner Mitreisenden entwendet. Rund um unser Kinderheim, das wir in Elbasan eröffneten, mussten wir zuerst eine hohe Mauer bauen und sogar die Eingangstore bewachen, bis der Zement trocken war, damit sie nicht weggetragen wurden. Unseren Lastwägen mit Hilfsgütern wurden während des Ausladens die Blinker und Beleuchtung abmontiert. Zuvor hatte alles in dem Staat gehört, und Diebstahl hatte daher schreckliche Konsequenzen. Nun war das Regime machtlos, und es gab bei großen Teilen der Bevölkerung kein Unrechtsbewusstsein etwas zu stehlen. Die Neigung zum Bösen kann der Atheismus nicht besiegen. Dazu braucht es das befreiende Evangelium Jesu Christi.
In Albanien gab es ab 1967 über 40 Jahre keine Kirche oder Gemeinde und auch noch kein Internet, wo man sich über den Glauben austauschen konnte. Es gab keine Bibeln und keine Möglichkeiten für Kontakte ins Ausland. Es war die lange „Wüstenzeit“ eines Landes, in dem vielleicht sogar der Apostel Paulus schon das Evangelium verkündet hatte (Illyrien – Römerbrief 15,19).
Den Aufbruch dort in den ersten acht Jahren nach dem Zusammenbruch des atheistischen Regimes hautnah miterleben zu dürfen, war ein Privileg, für das ich sehr dankbar bin. Ich sah die Veränderung eines Landes, in dem nun das Evangelium in überfüllten Stadien gepredigt wurde. Ich erlebte viele Bekehrungen von Albanern, aber ich sah auch viele andere, die sich dem verlockenden Konsumangebot des Westens mit all seinen Verirrungen als Lebensinhalt freudig und willig hingaben.
Dann kamen korrupte Politiker, organisierte Kriminalität, Bürgerkrieg und später die ersten Anfeindungen von Christen durch Muslime. Niemand von uns war auf all das vorbereitet. Unsere erste Gemeinde in Albanien wurde von „unerfahrenen“ Missionaren geleitet, die sich spontan dazu entschieden hatten. Ein Malermeister zog für einige Jahre mit seiner Familie – und schulpflichtigen Kindern – nach Albanien. Ein anderes Ehepaar war bereits einige Jahre in Pension und sie lebten dort unter herausfordernden Umständen mit mangelnder medizinischer Versorgung. Sie alle gaben ihr „gutes“ Leben auf, um in dieser Stunde der offenen Tür in Albanien zu wirken. Die Männer dieser beiden Familien sind bereits vor einiger Zeit endgültig „heimgegangen“. Sie waren dem Ruf Gottes in ihrem Leben gehorsam, und so bin ich zuversichtlich, dass ihnen von Jesus gesagt wurde: „Kommt her, Gesegnete meines Vaters, erbt das Reich!“. Denn sie haben den Armen gedient und damit Jesus selbst:
Neben Nordkorea gab es 1990 ein ebenso verschlossenes und von der Welt isoliertes Land, das sich sogar selbst als „erster atheistischer Staat der Welt“ (totales Religionsverbot seit 1967) bezeichnete. Wer sich in Albanien dazu bekannte an Gott zu glauben, landete mit seiner ganzen Familie in einem Arbeitslager – meistens ohne jegliche Chance auf eine Entlassung.
In Albanien war der Diktator Enver Hoxha sogar der Meinung, dass auch die damals noch kommunistischen Staaten Russland und China den „wahren Kommunismus von Stalin“ verraten hatten, und ließ selbst aus diesen Ländern niemanden mehr einreisen. So gab es Fabriken, welche die Russen zu bauen begonnen hatten. Dann übernahmen die Chinesen und als auch sie ausgewiesen wurden, versuchten die Albaner sie selbst fertig zu stellen. Die Infrastruktur des Landes war katastrophal. Es gab beispielsweise keine einzige Verkehrsampel, da es ohnehin keine Privatautos gab. Die Läden waren leer, da so gut wie nichts importiert werden konnte. Ich habe zuer Erinnerung an diese Zeit einen „Federball“ zu Hause. Es ist ein alter Flaschenkorken, in den Hühnerfedern gesteckt wurden. Die Albaner lernten in den Jahrzehnten zu improvisieren. Gleichzeitig dachten sie, dass sie in einem der reichsten Länder der Welt leben. Die Regierung ließ in den Schulen alte Fotos von bettelnden Kindern in Indien herzeigen und erklärte ihnen, das sei die Lage in Amerika...
Man befürchtete dennoch den Einmarsch der Nachbarländer in das verarmte Land und es wurden über 200.000 Betonbunker mit Schießscharten aus Angst vor einer Invasion gebaut. Von dort sollten die Albaner jedes Dorf heldenhaft bis zum Tod verteidigen. Nach der Revolution versuchte man in diesen massiven und fast unzerstörbaren Bunkern Champignons anzubauen. Heute sind sie eine „Touristenattraktion“.
Als Enver Hoxha 1985 starb, regierte Präsident Ramiz Alia ganz in seinem Sinne weiter. Doch einige Jahre später begann die Zeit des Umbruches. Die Berliner Mauer war gefallen und diese Nachricht war selbst in das isolierte Albanien durchgedrungen. Das war nicht selbstverständlich, denn ausländische Medien konnten im Land nicht gesehen, gehört oder gelesen werden.
Ich hatte im Gebet den Eindruck, dass ich dorthin bei einer Reise einige Bibeln schmuggeln sollte. Das war schwierig, denn es gab so gut wie keinen Tourismus, noch Geschäftsreisende. Nach langem Suchen fand ich eine einwöchige „Kultur- und Badereise“ nach Durrës in einem kommunistischen Reisebüro und buchte im Sommer 1990 einen Platz für mich und Gerhard aus meiner Gemeinde. Wir kauften 30 albanische Bibeln und teilten sie untereinander auf.
Wir hatten keine Ahnung, dass unsere „Reisegruppe“ nur aus sechs Personen bestehen würde. Und wir wussten auch nicht, dass in Albanien damals in der Woche maximal drei Flugzeuge ankamen. Als wir landeten, nahm man uns sofort die Pässe ab und brachte uns in der leeren Flughafenhalle zu einem Tisch zum Gespräch. Bei Wasser und Tee begann dann ein scheinbar freundliches, aber langes Verhör mit uns allen über die Motivation unserer Reise. Unsere beiden Reiseleiter (in Wahrheit auch unsere Bewacher) sprachen perfektes Deutsch und sie wollten von jedem von uns den Beruf und unsere Ansichten wissen. Gerhard und ich waren die einzigen Österreicher, die anderen vier waren aus der Schweiz. Nach einer Stunde sah ich Schweißperlen auf Gerhards Stirn, der bei der Sommerhitze eine grüne Jacke trug. Einer der Reiseleiter fragte, ob er sie denn nicht ausziehen wolle, aber er winkte ab. Ich hatte plötzlich einen schrecklichen Verdacht...
Als sich unsere beiden Bewacher gerade intensiv mit den Reisemotiven einer Schweizerin und ihrer Tochter beschäftigten, sagte ich leise zu ihm: „Sag bitte nicht, dass du die Bibeln einfach nur in deiner Jacke verstaut hast!?“ Ich gab beim Bibelschmuggeln den anderen nie Anweisungen, wo sie die Bibeln verstecken sollten, jeder musste das selbst von Gott hören. Denn jeder ging auch selbst für lange Zeit ins Gefängnis, wenn er erwischt wurde.
„Ja“, sagte er beinahe im Flüsterton. „Aber natürlich nicht alle, die anderen habe ich einfach in den Koffer gelegt.“ Jetzt begann ICH zu schwitzen. Unsere Koffer standen an der Wand in der Flugzeughalle, und wir sahen von uns in einen kleinen Raum, wo vier Beamte standen, die offensichtlich darauf warteten, dass sie unser Gepäck gründlich durchsuchen konnten.
„Du hast hier keine Chance“, sagte ich so leise, wie es mir unauffällig möglich war. „Ich gehe zuerst durch die Kontrolle und du gehst als letzter der Gruppe. In der Zeit, bis du durchsucht wurdest, werde ich versuchen, meine Bibeln am Weg vom Flughafen zum Bus irgendwo zu verstecken, denn sie werden mein Gepäck sicher nochmals durchsuchen, wenn sie dich erwischt haben, denn nur wir beide sind aus Österreich.“
Ich hatte eine große Reisetasche mit zwei Reißverschlüssen. Mein „Trick“ war ziemlich simpel. Ich öffnete beim Zoll den Reißverschluss des größeren Faches und zog dann die Tasche mit einer Hand weit auseinander, während ich dabei den anderen Teil der Tasche mit meinem anderen Arm verdeckte. Der zweite Reißverschluss öffnete nämlich den etwas schmäleren Teil der Tasche mit den Bibeln. Natürlich funktionierte auch das nur, wenn Gott die Augen der Zöllner mit Blindheit schlug, denn das war nicht gerade eine geniale Methode. Aber wie ich eine Viertelstunde später herausfand – sie funktionierte mit Gottes Hilfe. Der Zöllner kramte in dem Teil der Tasche, die ich ihm offenhielt. Für ihn war es sicherlich interessant, Alltagsgegenstände aus dem Westen zu sehen. Als ich später die leeren Geschäfte sah und welche Armut hier herrschte, war mir klar, dass meine Tasche für ihn voll mit Luxusgütern war.
Ich machte den Reißverschluss zu, nahm die Tasche und ging schnell zum Parkplatz, wo ein Kleinbus mit neun Plätzen auf uns wartete. Aber ich hatte nicht die geringste Chance meine Bibeln zu verstecken, denn ungefähr alle 30 Meter war auf diesem gepflasterten Weg ein bewaffneter Soldat positioniert, und ich wurde genau beobachtet. Ich gab meine Tasche in den Kofferraum, setzte mich in den Kleinbus undefinierbarer Automarke und harrte der Dinge, die nun wohl kommen würden.
Gerhard kam wie erwartet und geplant als letzter. Er wirkte entspannt. Seine Jacke hatte er noch immer an und seinen Koffer trug er in der Hand. Wir schwiegen im Auto und fuhren zu unserem Hotel am Strand von Durrës, wo wir ein gemeinsames Zimmer bezogen. Kaum schloss sich die Tür hinter uns, sagte ich: „Wie hast du das geschafft?!“ Gerhard lächelte: „Ich habe gewartet, bis alle durch waren und wollte dann meinen Koffer in der Flughafenhalle holen, aber er war nicht mehr da. Ich dachte, sie haben ihn sich selbst zum Durchsuchen geholt, aber er war auch nicht in dem Zimmer, wo die Zöllner waren und das Gepäck der anderen durchsucht hatten. Ich sagte kein Wort, sondern gab ihnen meine kleine Umhängetasche zum Durchsuchen. Am Gang nach dem Zöllnerraum stand dann mein Koffer am Rand. Ich nahm ihn und ging zum Auto. Das war alles.“
Hatte jemand aus Versehen den Koffer von Gerhard genommen und ihn dann einfach dort abgestellt? Wollte ihn jemand stehlen und hat ihn dann dort abgestellt, weil jemand kam? Das klingt alles nicht sehr realistisch. Erklären können wir uns beide bis heute nicht, was da geschehen ist, aber ich war sehr beschämt. Ich hatte Gott nicht vertraut, dass ER Gerhard mit den Bibeln durchbringen konnte, so ganz ohne menschliche Tricks. Wir dankten Gott und baten um Führung für unsere „Badewoche“ in Durrës.
Auf Schritt und Tritt bewacht
Wir wurden von Morgen bis Abend von den beiden „Reiseleitern“ (ein Mann und eine Frau) beaufsichtigt, wobei an unserem Strandabschnitt beim Hotel der Zugang für Albaner verboten war. Es gab keine sichtbare Absperrung, aber es war wie eine unsichtbare Grenze, welche die Albaner nicht zu überschreiten wagten. Links und rechts von uns lagen und saßen die Albaner dichtgedrängt, und wir waren nur einige wenige Menschen auf dem Strandabschnitt direkt vor dem Hotel. Diese unsichtbare „Absperrung“ ging auch im Meer weiter. In „unserem“ Abschnitt wagte kein Einheimischer zu schwimmen.
Ich versuchte eine milde Beschwerde, dass wir gar keinen Kontakt mit den Einheimischen hatten. Daraufhin organisierten die beiden Bewacher ein kleines Fußballspiel auf unserem Strandabschnitt gegen die Männer unserer Reisegruppe. Wir fanden schnell heraus, dass unsere Gegner die Köche und Kellner aus unserem Hotel waren. Sie waren scheinbar besonders unterwiesen, wie sie mit Ausländern reden sollten. Jedes Gespräch verlief mit fast identen Antworten.
Es gab so also keine Chance, unsere Bibeln zu verteilen oder mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Wenn wir nicht mit unseren Bewachern am Strand waren, dann fuhren wir mit dem Kleinbus zu einem Kastell oder in ein Museum und wieder zurück. Ich bestand bei einem dieser Ausflüge darauf, das Enver-Hoxha-Museum zu sehen. In einer riesigen Glaspyramide war das Leben des verstorbenen Diktators ausgestellt – vom nachgebauten Geburtszimmer bis zu seinen Schreibmaschinen und Anzügen. Eine überlebensgroße Statue von ihm „empfing“ alle Besucher. Ich sah Albaner, die davor die Knie beugten und rote Rosen niederlegten. Es war eine gespenstische Führung durch die vielen Stockwerke des modernsten Gebäudes im Land. Zumindest hatte mein Interesse an ihrem Staatsgründer die Bewacher etwas lockerer gemacht. Und mir kam auch eine Idee, wie wir sie loswerden konnten.
„Gerhard“, sagte ich im Hotel, „wir müssen so tun, als ob du einen Sonnenstich hast und im Zimmer bleiben musst, damit wir unbemerkt verschwinden können.“ Am nächsten Tag ließ sich Gerhard den ganzen Vormittag von der Sonne braten und beim gemeinsamen Mittagessen kollabierte er beinahe. Er wurde plötzlich aschfahl und war nahe daran sich zu übergeben. Ich schleppte ihn auf sein Zimmer, während er leise stöhnte. „Du bist ein begnadeter Schauspieler“, sagte ich dort zu ihm, „ich hatte keine Ahnung, welche Talente in dir schlummern.“ Als er weiter stöhnte und sich zum Bett schleppte, wurde mir klar, dass er tatsächlich zu viel Sonne erwischt hatte. Ich brachte ihm Wasser, zog die Vorhänge zu und packte einige Bibeln in eine Umhängetasche. Dann ging ich alleine los, um einige Bibeln zu verteilen.
Ich schlich mich durch einen Seiteneingang der Küche aus dem Hotel und steuerte zielsicher im ersten Lokal am Meer einen Tisch mit Albanern an. Zuhause hatte ich einige Brocken Albanisch gelernt, mit denen ich die Menschen ansprach. Es gab damals nur zwei
