Grenzüberschreitende Mitarbeiterentsendung - Walter Niermann - E-Book

Grenzüberschreitende Mitarbeiterentsendung E-Book

Walter Niermann

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Beschreibung

Grenzen überschreiten ohne Risiko! Der Einsatz von Mitarbeitern im Ausland bzw. die zeitweise oder permanente Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter in Deutschland nimmt kontinuierlich zu. Aus steuerlicher Sicht müssen dabei vielfältige nationale und internationale Regelungen beachtet werden. Mit seiner kompakten Darstellung gibt Ihnen dieses Buch einen fundierten Überblick über alle maßgebenden Rechtsnormen rund um die Mitarbeiterentsendung. Darüber hinaus behandelt es regelmäßig auftauchende Spezialfragen zu einzelnen Berufsgruppen. Instruktive Beispiele und Fallstudien veranschaulichen die vielschichtigen Fragen rund um den grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsatz und helfen Ihnen, die in der täglichen Praxis auftretenden Herausforderungen sicher zu bewältigen. Eine Sammlung wichtiger Verwaltungsanweisungen runden das Buch ab und geben Ihnen einen schnellen Zugriff auf alle benötigte Informationen. Die 4. Auflage dieses Werkes entspricht dem Rechtsstand Mai 2015. Änderungen durch die aktuelle Rechtsprechung sowie die Gesetzgebung im nationalen wie internationalen Bereich sind berücksichtigt. Aus dem Inhalt: Besteuerung des Arbeitslohns für eine Tätigkeit im Ausland – Allgemeines. Steuerpflicht und Steuerabzug. Freistellung von der Steuerpflicht durch Doppelbesteuerungsabkommen – DBA. Freistellung von der Steuerpflicht durch Auslandstätigkeitserlass – ATE. Besonderheiten rund um die beschränkte Steuerpflicht (ohne Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland). Auslandsreisekosten. Steuerfreistellung des Kaufkraftausgleichs. Mitarbeitereinsatz bei grenzüberschreitenden Bauleistungen. Zahlreiche nützliche Verwaltungsanweisungen (BMF, OFD, FinMin).

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Seitenzahl: 712

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NWB Verlag GmbH & Co. KG, Herne

Alle Rechte vorbehalten.

Dieses Buch und alle in ihm enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahmen der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages unzulässig.

ISBN: 978-3-482-78641-9

Vorwort

Die internationalen Märkte wachsen immer mehr zusammen, grenzüberschreitende Unternehmensaktivitäten werden zunehmend komplexer. Hiermit verbunden ist ein sich ständig ausweitender Einsatz von Mitarbeitern im Ausland bzw. die zeitweise oder permanente Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter in Deutschland.

Auch die 4. Auflage des vorliegenden Werkes behandelt daher Steuerfragen rund um den internationalen Mitarbeitereinsatz. Neben den nationalen Vorschriften des deutschen Einkommensteuerrechts werden die für den grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsatz maßgebenden internationalen Regelungen vorgestellt. Außerdem werden nationale Fördermaßnahmen zum Export von technischem Know-how sowie im Zusammenhang mit dem Aufsuchen und der Gewinnung von Bodenschätzen im Ausland im Rahmen des sog. Auslandstätigkeitserlasses erläutert. Ebenfalls behandelt wird das Recht der Auslandsreisekosten, das durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. 2. 2013 (BGBl 2013 I S. 285; BStBl 2013 I S. 188) mit Wirkung ab 2014 umfassend umgestaltet wurde.

Das Werk bietet einen Überblick über die aus der Sicht des Steuerpraktikers maßgebenden Rechtsnormen. Es geht darüber hinaus aber auch auf Spezialfragen zu einzelnen Berufsgruppen ein. Änderungen durch die aktuelle Rechtsprechung sowie die Gesetzgebung im nationalen wie internationalen Bereich sind berücksichtigt. Instruktive Beispiele und Fallstudien sollen dabei helfen, die vielschichtigen steuerlichen Fragen rund um den grenzüberschreitenden Mitarbeitereinsatz zu erfassen und die in der täglichen Arbeit auftretenden Probleme zu bewältigen.

Wir hoffen, dass die gewählte Form der Darstellung das Verständnis der komplexen Vorschriften erleichtert und begrüßen weiterhin Anregungen und Hinweise, die der Verbesserung des Werkes dienen.

Düsseldorf, im Juli 2015Verlag und Verfasser

Vorbemerkung:
Die nachfolgenden Ausführungen beruhen auf der aktuellen Fassung des EStG, den aktuellen Lohnsteuer-Richtlinien/Hinweisen und dem BMF, Schreiben v. 12. 11. 2014 – IV B 2 – S 1300 08/10027, das im Bundessteuerblatt – BStBl – 2014 Teil I S. 1467 veröffentlicht worden ist.

1. Besteuerung des Arbeitlohns für eine Tätigkeit im Ausland – Allgemeines

Viele Arbeitnehmer werden für ihren inländischen Arbeitgeber im Ausland tätig. In diesen Fällen ist zu prüfen,

ob und in welchem Umfang der Arbeitslohn im Inland steuerpflichtig ist,
ob eine Freistellung von der Lohnsteuer nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder
aufgrund des Auslandstätigkeitserlasses (ATE; § 34c Abs. 5 EStG) in Betracht kommt.

Doppelbesteuerung bedeutet, dass

Arbeitslohn in zwei oder mehreren Staaten für denselben Zeitraum besteuert wird. Wohnort und Arbeitsort liegen in verschiedenen Staaten. Die Besteuerung überschneidet sich, weil der eine Staat das Gesamteinkommen („Welteinkommen“) des ansässigen Steuerpflichtigen besteuert („unbeschränkte Steuerpflicht“) und der andere Staat die Einkünfte, die aus seinem Inland stammen, auch bei nicht ansässigen Personen besteuert („beschränkte Steuerpflicht“).

Eine Doppelbesteuerung kann durch verschiedene einseitige oder mehrseitige Maßnahmen vermieden oder eingeschränkt werden:

Ein Staat kann einseitig darauf verzichten, bestimmte ausländische Einkünfte zu besteuern. Er kann aber auch die auf ausländische Einkünfte im Ausland erhobene Steuer auf die inländische Einkommensteuer anrechnen (§ 34c Abs. 1 EStG) oder die ausländische Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte abziehen (§ 34c Abs. 2 und 3 EStG). Die Anrechnung der ausländischen Steuer ist nur im Veranlagungsverfahren möglich (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG). Soweit ein DBA nicht besteht, ist in Deutschland grundsätzlich die Anrechnungsmethode (§ 34c Abs. 1 EStG) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuwenden, sofern der Steuerpflichtige ausländische Einkünfte erzielt hat. Art und Höhe der ausländischen Einkünfte werden nach deutschem Recht ermittelt.
Doppelbesteuerung kann auch durch zwei- oder mehrseitige Maßnahmen vermieden werden, insbesondere durch „Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung“ (vgl. hierzu Abschnitt 3).
Deutschland als Ansässigkeitsstaat vermeidet bei Einkünften aus unselbständiger Arbeit die Doppelbesteuerung regelmäßig durch Freistellung der Einkünfte unter Berücksichtigung des § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG (Progressionsvorbehalt). Die Steuerfreistellung setzt allerdings i. d. R. die ausländische Besteuerung voraus; diesbezüglich wird auf die Ausführungen zu § 50d Abs. 8 bzw. 9 EStG und zu den Rückfallklauseln in den DBA verwiesen.
Nach einzelnen DBA-Bestimmungen werden die Einkünfte nicht von der Besteuerung ausgenommen; vielmehr wird die Doppelbesteuerung durch Steueranrechnung nach Maßgabe des § 34c EStG vermieden (Anwendung der Anrechnungsmethode). Dies gilt u. a. für Fälle der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (z. B. DBA mit Dänemark, Frankreich, Italien, Norwegen, Polen oder Schweden) oder für Vergütungen des Bordpersonals von Schiffen und Luftfahrzeugen.
In einigen Fällen sehen DBA die Anrechnungsmethode grundsätzlich vor (z. B. Art. 22 Abs. 1 DBA-VAE; Art. 23 Abs. 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe ee DBA-Liechtenstein; Art. 22 Abs. 1 DBA-Zypern; Art. 23 Abs. 2 Buchstabe a DBA-Mauritius). Die vollständige Anrechnung ausländischer Steuern i. S. des § 36 EStG stellt eine seltene Ausnahme dar (z. B. Art. 15a Abs. 3 Buchstabe a DBA-Schweiz, Grenzgängerregelung). Es ist jedoch zu beachten, dass die Doppelbesteuerung stets durch die Freistellungsmethode (mit Progressionsvorbehalt) vermieden wird, wenn im einschlägigen DBA-Artikel dem anderen Staat ein sog. ausschließliches Besteuerungsrecht zugewiesen wird (z. B. Art. 22 Abs. 2 i. V. m. Art. 14 Abs. 4 DBA-Zypern).

2. Steuerpflicht und Steuerabzug

2.1 Unbeschränkte Steuerpflicht

Arbeitnehmer, die einen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung – AO) oder gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9AO) im Inland haben, sind mit dem aus ihrer Auslandstätigkeit erzielten Arbeitslohn unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 EStG). Der Steuerabzug ist vom Arbeitgeber nach den Merkmalen der Lohnsteuerkarte vorzunehmen.

Wohnsitz (§ 8 AO):

„Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.“

Mehrfacher Wohnsitz ist möglich; für unbeschränkte Steuerpflicht reicht ein Wohnsitz im Inland; die deutsche unbeschränkte Steuerpflicht besteht daher auch dann, wenn der Steuerpflichtige je eine Wohnung im Inland und im Ausland hat.
Wohnsitz ist neben gewöhnlichem Aufenthalt möglich (nicht jedoch zwei gewöhnliche Aufenthalte gleichzeitig).
Ehegatten können ihren Wohnsitz an verschiedenen Orten haben; allerdings hat ein Ehegatte, der nicht dauernd getrennt lebt, seinen Wohnsitz (auch) dort, wo seine Familie lebt (BFH, Urteil v. 6. 2. 1985 – BStBl 1985 II S. 331).
Kinder behalten regelmäßig ihren Wohnsitz bei den Eltern, auch wenn sie sich vorübergehend zu Ausbildungszwecken im Ausland aufhalten.
Ausländische Kinder, die bei Verwandten im Heimatland leben, haben aber regelmäßig ihren Wohnsitz im Ausland. Besuchsaufenthalte im Inland begründen hier keinen Wohnsitz (BFH, Urteil v. 22. 4. 1994 – BStBl 1993 II S. 887).
Die bloße Absicht, einen Wohnsitz zu begründen oder aufzugeben bzw. die An- oder Abmeldung bei der Ordnungsbehörde entfalten allein keine unmittelbare steuerliche Wirkung (BFH, Urteil v. 14. 11. 1969 – BStBl 1970 II S. 153). Die An- oder Abmeldung bei der Ordnungsbehörde kann aber im Allgemeinen als Indiz dafür gewertet werden, dass der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz unter der von ihm angegebenen Anschrift begründet bzw. aufgegeben hat.
Wird ein mit einer Deutschen verheirateter Ausländer nach teilweiser Verbüßung einer Freiheitsstrafe von der Ausländerbehörde ausgewiesen und zugleich ein zehnjähriges Aufenthaltsverbot verhängt, ist von einer Aufgabe des Wohnsitzes in Deutschland auszugehen (FG München, Urteil v. 19. 12. 2003 – EFG 2004 S. 637, rkr.).

„Wohnung“:

alle Räumlichkeiten, die zum Wohnen geeignet sind (z. B. auch möbliertes Zimmer, Gemeinschaftsbaracke, feststehender Campingwagen, der ständig zu Wohnzwe­cken und nicht nur vorübergehend zu Erholungszwecken genutzt wird). Eine bescheidene Bleibe genügt. Eine abgeschlossene Wohnung mit Küche und separater Waschgelegenheit ist nicht erforderlich. Ein Hotelzimmer wird auch bei langfristiger Nutzung nur in Ausnahmefällen als Wohnung anzusehen sein (aber Prüfung gewöhnlicher Aufenthalt!).

„innehat“:

nach Belieben über die Wohnung verfügen können = tatsächliche Verfügungsmacht (= „Schlüsselgewalt“). Diese ist z. B. nicht mehr gegeben, wenn die Wohnung vermietet wird. Das Innehaben der Wohnung setzt die Möglichkeit der jederzeitigen Wohnnutzung voraus, die dann zu verneinen ist, wenn bei einer Wohngemeinschaft die geringe Wohnungsgröße kein gemeinsames Wohnen gestattet („Standby-Zimmer“ mehrerer Piloten, BFH, Urteil v. 10. 4. 2013, BFH/NV 2013 S. 1909).

„beibehalten und benutzen“:

die Wohnung wird ständig oder doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Gewohnheit benutzt (z. B. Nutzung einer Doppelhaushälfte im Inland regelmäßig zweimal jährlich zu bestimmten Zeiten über mehrere Wochen; BFH, Urteil v. 23. 11. 1988 - BStBl 1989 II S. 182). Behält ein ins Ausland versetzter Arbeitnehmer eine Wohnung im Inland bei, deren Benutzung ihm jederzeit möglich ist und die so ausgestattet ist, dass diese ihm jederzeit als Bleibe dienen kann, so ist – widerlegbar – zu vermuten, dass er einen Wohnsitz im Inland hat (BFH, Urteil v. 17. 5. 1995 – BStBl 1996 II S. 2). Ein Wohnsitz setzt nicht voraus, dass der Steuerpflichtige von dort aus seiner täglichen Arbeit nachgeht. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass der Steuerpflichtige sich während einer Mindestzahl von Tagen oder Wochen im Jahr in der Wohnung aufhält. Nach der Lebenserfahrung spricht es für die Beibehaltung eines Wohnsitzes, wenn jemand eine Wohnung, die er vor und nach einem Auslandsaufenthalt als einzige ständig nutzt, während desselben unverändert und in einem ständig nutzungsbereiten Zustand beibehält (BFH, Urteil v. 19. 3. 1997 – BStBl 1997 II S. 447); Ausstattung und Einrichtung sprachen im Streitfall für das Vorliegen eines Wohnsitzes.
Wegen des engen sachlichen Zusammenhangs von Wohnsitz (§ 8 AO) und gewöhnlichem Aufenthalt (§ 9 AO) kommt der Frist von sechs Monaten (vgl. § 9 AO) auch Bedeutung für die Frage des „Beibehaltens“ zu (BFH, Urteil v. 30. 8. 1989 – BStBl 1989 II S. 956):

-

Ein Wohnsitz wird auch dann begründet, wenn die Verfügungsmacht über die Wohnung zwar zeitlich von vornherein begrenzt ist, sich jedoch mindestens auf einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten erstreckt. Dies gilt selbst dann, wenn die Wohnung aufgrund eines späteren Entschlusses vorzeitig aufgegeben wird.

-

Innehaben einer Wohnung auf unbestimmte Zeit mit jederzeitiger Kündigungsmöglichkeit kann nur zur Begründung eines Wohnsitzes genügen, wenn andere Umstände den Schluss zulassen, dass der Inhaber die Wohnung für mehr als sechs Monate beibehalten wird (z. B. Dauer des befristeten Arbeitsvertrags).

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Wer eine Wohnung von vornherein in der Absicht nimmt, sie weniger als sechs Monate beizubehalten und zu benutzen, begründet dort keinen Wohnsitz; dies kann u. a. in den sog. „Trainee-Fällen“ von Bedeutung sein.

Ein Wohnsitz besteht nicht mehr, wenn die inländische Wohnung aufgegeben wird. Das ist z. B. der Fall bei Kündigung und Auflösung einer Mietwohnung, bei nicht nur kurzfristiger Vermietung des eigenen Einfamilienhauses/der Eigentumswohnung. Wird die inländische Wohnung zur bloßen Vermögensverwaltung zurückgelassen, endet der Wohnsitz mit dem Wegzug. Bloße Vermögensverwaltung liegt z. B. vor, wenn ein ins Ausland versetzter Arbeitnehmer sein Haus/seine Wohnung verkaufen oder langfristig vermieten will und dies in absehbarer Zeit auch tatsächlich verwirklicht.

„Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen Zwecken genommen wird und nicht länger als ein Jahr dauert.“ (= Gesetzeszitat)

Ein Aufenthalt von mehr als sechs Monaten im Inland führt also zu der unwiderlegbaren gesetzlichen Vermutung, dass unbeschränkte Steuerpflicht (und zwar von Anfang an) vorliegt. Kurzfristige Unterbrechungen (z. B. Urlaub) bleiben ohne Auswirkung; es erfolgt für die Prüfung des Sechsmonatszeitraums eine kalenderjahrübergreifende Betrachtung (vgl. das folgende Beispiel).
Der Unterschied zum Wohnsitz liegt darin, dass keine Wohnung als fester Lebensmittelpunkt unterhalten werden muss, ja dass nicht einmal ein gleichbleibender Aufenthaltsort zu bestehen braucht.
Grenzgänger, die täglich ins Ausland zurückkehren, begründen keinen gewöhnlichen Aufenthalt (da Nächte nicht im Inland). Grenzgänger, die hingegen nur zum Wochenende heimfahren, begründen einen gewöhnlichen Aufenthalt (BFH, Urteil v. 25. 5. 1988 – BStBl 1988 II S. 944).
Der gewöhnliche Aufenthalt im Inland ist grundsätzlich aufgegeben worden, wenn der Steuerpflichtige zusammenhängend mehr als sechs Monate im Ausland lebt.
Beispiel: Ein ausländischer Arbeitnehmer reist am 12.10.01 nach Deutschland ein, um bei der Versicherungsgesellschaft „Sekuritas“ tätig zu werden. Seine Aufenthaltsdauer ist zunächst unbestimmt; er wohnt im Hotel. Am 22.12.01 verlässt er das Inland zu einem Weihnachtsurlaub in Griechenland. Er kehrt am 3.1.02 ins Inland zurück, wo er bis zum 29.4.02 (Ausreisetag) bleibt. Ist der Arbeitnehmer unbeschränkt steuerpflichtig?
Lösung: Das Wohnen im Hotelzimmer begründet keine Wohnung und keinen Wohnsitz. Gewöhnlicher Aufenthalt: Trotz der Urlaubsreise in das Ausland ist noch ein einheitlicher Aufenthalt im Inland anzunehmen. Nach § 108 Abs. 1 AO gelten für die Fristberechnung die §§ 187 - 193 BGB. Die Sechsmonatsfrist ist abhängig vom Ereignis der Einreise. Nach § 187 Abs. 1 BGB wird der Einreisetag nicht mitgerechnet. Bei einem unterbrochenen Inlandsaufenthalt wird gem. § 191 BGB die Frist nach Tagen berechnet. Es zählen nur volle Tage. Die Zeit des Auslandsaufenthaltes (hier: Weihnachtsurlaub in Griechenland) zählt nicht mit:
Durch den Aufenthalt von mehr als sechs Monaten in Deutschland erstreckt sich die unbeschränkte Steuerpflicht auf den gesamten Inlandsaufenthalt, also auch auf die ersten sechs Monate.

Zur Beurteilung der Frage, ob sich ein ausländischer Arbeitnehmer voraussichtlich länger als sechs Monate im Inland aufhalten wird, ist grundsätzlich auf die dem Arbeitnehmer erteilte Arbeitserlaubnis abzustellen. Hat die Arbeitserlaubnis eine Gültigkeit von mehr als sechs Monaten, erhält der Arbeitnehmer sofort eine ID-Nummer zugeteilt, aufgrund derer die elektronischen Lohnsteuer-Abzugsmerkmale gebildet werden können. In diesen Fällen ist der Arbeitnehmer auch dann als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln, wenn er aus unvorhersehbaren Gründen (Krankheit, Tod in der Familie) vor Ablauf von sechs Monaten in sein Heimatland zurückkehrt.

Ist die Arbeitserlaubnis zunächst für eine Zeit von weniger als sechs Monaten erteilt worden und wird sie während des Aufenthalts verlängert, so wird der Arbeitnehmer von Anfang an unbeschränkt steuerpflichtig.

Exkurs: Abtretung von Steuererstattungsansprüchen an den Arbeitgeber bei Nettolohnvereinbarung

Maßgeblich für den Lohnsteuereinbehalt vom laufenden Arbeitslohn bei einer Nettolohnvereinbarung ist der Arbeitslohn, der vermindert um die übernom­menen Lohnabzüge den arbeitsvertraglich vereinbarten Nettobetrag ergibt. Damit ist die steuerliche Ausgangsgröße des Lohnsteuerabzugs auch im Fall der Nettolohnabrede ein Bruttobetrag. Ein Einkommensteuererstattungsan­spruch, den der Arbeitnehmer im Rahmen einer Nettolohnvereinbarung an seinen Arbeitgeber abgetreten hat, ist deshalb im Rahmen des Lohnsteuer­einbehalts nur durch einen Abzug vom laufenden (Brutto)Arbeitslohn und nicht etwa durch eine Verminderung des laufenden Nettolohns zu berücksichtigen. Eine Hochrechnung der Steuererstattung auf einen fiktiven Bruttobetrag ist laut BFH ebenfalls nicht möglich. Im Übrigen ist die Abtretung der Steuerer­stattungsansprüche – und zwar durch Abzug vom laufenden Bruttoarbeitslohn – erst in dem Lohnzahlungszeitraum steuermindernd zu berücksichtigen, in dem das Finanzamt den Erstattungsbetrag tatsächlich an den Arbeitgeber gezahlt hat (BFH, Urteil v. 30. 7. 2009 – BStBl 2010 II S. 148).

Exkurs: Hypotax-Zahlungen

Schließt der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer eine Vereinbarung über den Ausgleich oder die Tragung von Steuern des Auslandsaufenthalts, wird bei der Berechnung des Arbeitslohns für Arbeitnehmer im internationalen Einsatz in vielen Fällen eine sog. fiktive bzw. hypothetische Steuer (auch Hypo-Tax) ausgewiesen. Hierbei handelt es sich um eine fiktive Berechnungsgröße, die den auszuzahlenden Arbeitslohn i. d. R. tatsächlich mindert. Im Gegenzug verpflichtet sich der Arbeitgeber regelmäßig, die im Ansässigkeitsstaat oder im Tätigkeitsstaat anfallende Einkommensteuer des Arbeitnehmers zu bezahlen, soweit sie dem Arbeitsverhältnis zuzurechnen ist (sog. Nettolohnvereinbarung).

Die Höhe bzw. die Berechnung der Hypo-Tax ist abhängig von der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffenen Vereinbarung. Insbesondere in den Fällen der Entsendung von Führungskräften nach Deutschland ist dies regelmäßig eine Nettolohnvereinbarung, wobei die Übernahme der Einkommensteuer im Lohnsteuerabzugsverfahren bereits durch Hochrechnung des Nettolohns auf den Bruttolohn berücksichtigt wird.

Soweit vom Arbeitgeber eine Hypo-Tax berücksichtigt wird, fließt kein Arbeitslohn zu. Sie ist deshalb – da die entsprechenden Beträge nicht tatsächlich zufließen – auch nicht der Besteuerung zuzuführen. Maßgebend sind die tatsächlich anfallenden und vom Arbeitgeber gezahlten Steuern.

Die vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte Einkommensteuer ist in voller Höhe jeweils dem Staat (Ansässigkeits- oder Tätigkeitsstaat) als Arbeitslohn zuzuordnen, in dem sie anfällt. Übernimmt der Arbeitgeber darüber hinaus auch Steuern, die mit anderen Einkunftsquellen in Zusammenhang stehen, ist der hierauf entfallende Betrag abkommensrechtlich nach den allgemeinen Grundsätzen in einen auf die Tätigkeit im Ansässigkeitsstaat und in einen auf die Tätigkeit im Tätigkeitsstaat entfallenden Anteil aufzuteilen.

Sollte es sich nicht um einen inländischen Arbeitgeber handeln und die Zahlung an den Arbeitnehmer in Form einer Nettolohnvereinbarung erfolgen, ist im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung, abweichend vom Lohnsteuerabzugsverfahren, nur der tatsächlich gezahlte Nettolohn zu versteuern. Erst wenn die angefallenen Steuerbeträge später vom ausländischen Arbeitgeber ersetzt werden, ist dieser Betrag der Besteuerung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu unterwerfen.

Beispiel 1: Ein im DBA-Ausland ansässiger Arbeitnehmer wird von seinem ausländischen Arbeitgeber nach Deutschland entsandt. Der Arbeitnehmer wird für eine im Inland ansässige Betriebsstätte des ausländischen Arbeitgebers tätig oder übernimmt die Funktion eines ständigen Vertreters i. S. des § 13 AO. Der Arbeitgeber hat ihm für den Entsendungszeitraum unter Berücksichtigung einer fiktiven ausländischen Steuer von 10.000 € einen Nettoarbeitslohn von 45.000 € zugesagt. Das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn in diesem Zeitraum steht Deutschland zu.
Lösung: Der Nettoarbeitslohn i. H. v. 45.000 € ist unter Berücksichtigung der tatsächlichen inländischen Steuerbelastung im Jahr der Zahlung auf einen Bruttoarbeitslohn hochzurechnen.
Beispiel 2: Wie Beispiel 1, jedoch existiert kein zum LSt-Abzug verpflichteter inländischer Arbeitgeber i. S. des § 38 Abs. 1 EStG.
Lösung: Der Nettoarbeitslohn in Höhe von 45.000 € ist im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers in Deutschland anzusetzen. Die sich ergebende deutsche Einkommensteuer, die vom ausländischen Arbeitgeber gezahlt wird, ist im Jahr der Zahlung durch den Arbeitgeber beim Arbeitnehmer als weiterer geldwerter Vorteil zu erfassen (BFH, Urteil v. 6. 12. 1991, BStBl 1992 II S. 441).
Beispiel 3: Ein im Inland ansässiger Arbeitnehmer wird von seinem inländischen Arbeitgeber zu einer ausländischen Tochtergesellschaft abgeordnet, die auch die Lohnkosten wirtschaftlich trägt. Der Arbeitnehmer behält seinen inländischen Wohnsitz bei. Der Bruttolohn des Arbeitnehmers beträgt monatlich 3.000 €. Der monatliche Nettoarbeitslohn (ohne Berücksichtigung der Sozialversicherungsabzüge) vor Entsendung beträgt 2.421 €. Der Arbeitnehmer soll weiterhin den gleichen Nettobetrag erhalten. Im Ausland sind monatlich 250 € Steuern für den Arbeitslohnbezug des Arbeitnehmers fällig. Die Lohnabrechnung sieht wie folgt aus:
Lösung: Für Zwecke des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG ist der im Ausland erzielte Arbeitslohn wie folgt zu ermitteln:
Der Betrag von monatlich 2.671 € ist für Zwecke des Progressionsvorbehalts bei der Ermittlung der deutschen Einkommensteuer anzusetzen. Der Arbeitgeber wird für den Zeitraum der Entsendung um monatlich 329 € entlastet. Die Hypo-Tax ist unbeachtlich. Sofern der Arbeitgeber die dem Arbeitnehmer obliegenden steuerlichen Pflichten (z. B. Abgabe der Steuererklärung ggf. einschließlich Steuerberatung) im ausländischen Staat erfüllt, ist ein weiterer geld­werter Vorteil im Rahmen des Progressionsvorbehalts anzusetzen (BFH, Urteil v. 21. 1. 2010 –BStBl 2010 II S. 639).
Beispiel 4: Wie Beispiel 3, jedoch beträgt die monatliche Steuerbelastung 800 €. Die Lohnabrechnung sieht wie folgt aus:
Lösung: Für Zwecke des Progressionsvorbehalts nach § 32b EStG ist der im Ausland erzielte Arbeitslohn wie folgt zu ermitteln:

Von dem vorstehend dargestellten System zu unterscheiden sind Treuhandmodelle, bei denen die Arbeitnehmer freiwillig Beiträge in ein gemeinsames Treuhandvermögen leisten, ohne dass der Arbeitgeber eine Zuschuss- oder Insolvenzpflicht hat und aus diesem Treuhandvermögen die ausländischen Steuern beglichen werden. In diesen Fällen gelten die in das gemeinsame Treuhandvermögen (sog. Steuertopf) von den Arbeitnehmern eingebrachten Beträge, die aus dem geschuldeten Arbeitslohn finanziert werden, als sog. Einkommensverwendung. Denn der Arbeitnehmer hat mit der Einbringung der Beträge Rechtsansprüche gegenüber einem fremden Dritten (Treuhandvermögen) erworben. Damit führen die eingebrachten Beträge nicht zu einer Minderung des Bruttoarbeitslohnes.

Die Aufteilung des ungekürzten Bruttoarbeitslohnes in einen steuerpflichtigen- und steuerfreien Teil erfolgt nach allgemeinen Grund­sätzen. Im Gegenzug bewirkt die Finanzierung der anfallenden Steuer im Ausland oder in Deutschland aus dem Treuhandvermögen keinen Zufluss von Arbeitslohn; es liegt eine steuerlich unbeachtliche Einkommensverwendung vor.

Exkurs: Folgen einer Arbeitnehmerentsendung ins Ausland bei betrieblicher Altersversorgung

Soweit die Beiträge den steuerfreien Höchstbetrag übersteigen, kommt es auf das jeweilige Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) an. Steht das Besteuerungsrecht nach dem DBA dem anderen Staat zu und vermeidet Deutschland als Ansässigkeitsstaat die Doppelbesteuerung durch Freistellung, unterliegen diese Arbeitslohnbestandteile dem Progressionsvorbehalt (BMF-Schreiben vom 23. 12. 2013 – IV C 5 - S 2333/13/10002).

Beispiel: Der Arbeitgeber entsendet einen Arbeitnehmer vom 1. 1. 2015 bis 31. 12. 2015 in einen Staat, mit dem Deutschland ein DBA abgeschlossen hat. Er zahlt zugunsten dieses Arbeitnehmers 6.000 € in eine Pensionskasse ein.
Lösung: Von diesem Betrag sind 2.904 € bereits nach innerstaatlichem deutschem Recht steuerfrei. Die restlichen 3.096 € (6.000 € abzüglich 2.904 €) unterliegen in Deutschland wegen des abgeschlossenen DBA ebenfalls nicht dem Lohnsteuerabzug. Sie werden jedoch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung über den Progressionsvorbehalt bei der Besteuerung weiterer in Deutschland steuerpflichtiger Einkünfte berücksichtigt.

2.2 Beschränkte Steuerpflicht (ausländische Arbeitnehmer im Inland ohne Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt)

Arbeitnehmer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland sind mit ihren inländischen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit beschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 4 i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Inländische Einkünfte liegen vor, wenn die nichtselbständige Arbeit vom Arbeitnehmer im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a EStG).
Wichtiger Hinweis:
Unter bestimmten Voraussetzungen werden auf Antrag auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im vorstehenden Sinne erzielen (vgl. hierzu die Ausführungen im Abschnitt 5 „Besteuerung beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer“).

Die nichtselbständige Tätigkeit wird im Inland ausgeübt, wenn der Arbeitneh­mer im Geltungsbereich des Einkommensteuergesetzes persönlich tätig wird. Bei Ausübung der Tätigkeit im Inland kommt es nicht darauf an, ob ein inländischer oder ein ausländischer Arbeitgeber den Arbeitslohn zahlt.

Was bedeutet „. . . nichtselbständige Tätigkeit verwertet wird oder worden ist“?

Eine Verwertung im Inland liegt vor, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsergebnis einer außerhalb des Geltungsbereichs des Einkommensteuergesetzes ausgeübten Tätigkeit seinem Arbeitgeber im Inland zuführt/nutzbar macht:
Beispiele:
Der von einer inländischen Reederei beschäftigte nicht unbeschränkt steuerpflichtige Kapitän erzielt keine inländischen Einkünfte, soweit sich sein unter einer ausländischen Flagge fahrendes Schiff außerhalb der deutschen Hoheitsgewässer aufhält (BFH, Urteil v. 12. 11. 1986 – BStBl 1987 II S. 377).
Der Angestellte (= Arbeitnehmer) einer inländischen Firma hat keine steuerpflichtigen Einnahmen, wenn er nur allgemeine Kontaktpflege im Ausland betreibt. Die Übermittlung von Marktanalyseberichten führt hingegen zu einer inländischen Verwertung (BFH, Urteil v. 12. 11. 1986 – BStBl 1987 II S. 379).
Die Tätigkeit von ausländischen Arbeitnehmern deutscher Luftverkehrsgesellschaften auf ausländischen Flughäfen wird nicht im Inland verwertet. Das Arbeitsergebnis wird dem Arbeitgeber im Ausland zugeführt (BFH, Urteil v. 12. 11. 1986 – BStBl 1987 II S. 381).
Die Leistungen eines ausländischen Ingenieurs für ein deutsches Ingenieurbüro bei der Errichtung eines Gebäudes im Ausland werden nicht im Inland verwertet (BFH, Urteil v. 12. 11. 1986 – BStBl 1987 II S. 383).

Der Verwertungstatbestand setzt also voraus, dass die nichtselbständige Arbeit an einem anderen Ort als dem Ort der Ausübung der Tätigkeit verwertet wird. Es ist steuerlich ohne Bedeutung, ob der Arbeitnehmer für einen inländischen Arbeitgeber tätig ist und der Arbeitslohn vom Inland aus gezahlt wird.

Hieraus folgt für die Praxis:

Zunächst muss festgestellt werden, welche Tätigkeiten im Einzelnen vom Arbeitnehmer ausgeübt werden und welche Bedeutung diese Tätigkeiten für das inländische Unternehmen haben. Nur bei genauer Kenntnis der Tätigkeit des Arbeitnehmers lässt sich beurteilen, ob (und inwieweit) der Arbeitnehmer das Ergebnis seiner ausländischen Tätigkeit seinem inländischen Arbeitgeber im Inland oder Ausland zuführt.
Bei verschiedenartigen Tätigkeiten des Arbeitnehmers ist auf die einzelne Tätigkeit abzustellen (BFH, Urteil v. 12. 11. 1986 – BStBl 1987 II S. 379). Sollte im Einzelfall eine gemischte Tätigkeit (teilweise Verwertung im Inland) vorliegen, ist das Arbeitsentgelt im Schätzungswege aufzuteilen.
Für die Frage, an welchem Ort (Inland oder Ausland) der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber das Ergebnis seiner Tätigkeit zuführt, kommt es entscheidend darauf an, wo der Arbeitnehmer den Erfolg seiner Tätigkeit seinem Arbeitgeber nutzbar macht. Insoweit obliegt den Beteiligten eine erhöhte Mitwirkungspflicht wegen eines Auslandssachverhalts (§ 90 Abs. 2 AO).
Beispiel: Ein lediger Wissenschaftler wird im Rahmen eines Forschungsvorhabens in Südamerika tätig. Seinen inländischen Wohnsitz hat er aufgegeben. Er übergibt entsprechend den getroffenen Vereinbarungen seinem inländischen Arbeitgeber einen Forschungsbericht. Der Arbeitgeber sieht von einer kommerziellen Auswertung der Forschungsergebnisse ab.
Lösung: Der Wissenschaftler ist mit den Bezügen, die er für die Forschungstätigkeit von seinem Arbeitgeber erhält, beschränkt einkommensteuerpflichtig; sie unterliegen deshalb dem Lohnsteuerabzug für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer.

Zu beachten ist:

Von der Besteuerung des Verwertungstatbestandes wird abgesehen, wenn

nach einem DBA zwischen Deutschland und dem ausländischen Wohnsitzstaat Deutschland kein Besteuerungsrecht zusteht oder
der Arbeitnehmer mit den Einkünften aus seiner Tätigkeit im Tätigkeitsstaat einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer unterlegen hat.

Der Steuerabzug ist von einem inländischen Arbeitgeber oder einem ausländischen Verleiher (§ 38 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG) vorzunehmen. Inländischer Arbeitgeber ist, wer im Inland einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seinen Sitz, eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter hat. Ausländischer Verleiher ist, wer einem Dritten Arbeitnehmer gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung im Inland überlässt, ohne inländischer Arbeitgeber zu sein. Legt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber keine Bescheinigung des Betriebsstätten-Finanzamts über die Besteuerungsmerkmale vor, hat der Arbeitgeber die Steuerabzugsbeträge nach Steuerklasse VI einzubehalten.

Besonderheit bei Vorruhestandsgeldern:

Auch Vorruhestandsgelder, die an inzwischen in ihre Heimatländer zurückgekehrte Personen gezahlt werden, die nicht mehr unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, gehören zu den der deutschen Besteuerung unterliegenden Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Denn auch diese Bezüge sind letztlich Einkünfte aus einer Tätigkeit, die im Inland ausgeübt oder verwertet worden ist.

Da Vorruhestandsgelder der Versorgung des Steuerpflichtigen dienen, steht das Besteuerungsrecht allerdings regelmäßig dem Ansässigkeitsstaat im Zeitpunkt der Zahlung der Vorruhestandsgelder zu (Art. 18 OECD-MA). Entsprechendes gilt auch für die in der Praxis häufig gezahlten Betriebsrenten.

Künstler, Berufssportler, Schriftsteller, Journalisten usw.:

Einkünfte von beschränkt steuerpflichtigen Künstlern, Berufssportlern, Schriftstellern, Journalisten und Bildberichterstattern, die ihre Tätigkeit bei einem inländischen Arbeitgeber im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nichtselbständig ausüben, sind – wie alle anderen beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer auch – dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen (hinsichtlich der Möglichkeit einer pauschalen Lohnsteuererhebung bei kurzfristig – höchstens sechs Monate – beschäftigten Künstlern vgl. BMF, Schreiben v. 31. 7. 2002 – BStBl I S. 707).

Die pauschale Lohnsteuer bemisst sich nach den gesamten Einnahmen des Künstlers einschließlich der Beträge im Sinne des § 3 Nr. 13 und 16 EStG. Abzüge, z. B. für Werbungskosten, Sonderausgaben und Steuern, sind nicht zulässig. Die pauschale Lohnsteuer beträgt 20 % der Einnahmen, wenn der Künstler die Lohnsteuer trägt. Übernimmt der Arbeitgeber die Lohnsteuer und den Solidaritätszuschlag von 5,5 % der Lohnsteuer, so beträgt die Lohnsteuer 25,35 % der Einnahmen; sie beträgt 20,22 % der Einnahmen, wenn der Arbeitgeber nur den Solidaritätszuschlag übernimmt. Der Solidaritätszuschlag beträgt zusätzlich jeweils 5,5 % der Lohnsteuer. Diese Regelung ist erstmals anzuwenden für Einnahmen, die nach dem 30. Juni 2013 zufließen (BMF- Schreiben vom 28. 3. 2013, BStBl I S. 443; vgl. auch Holthaus, Ausländische Künstler und Sportler im Steuerrecht, 2. Aufl., Teil B, S. 70).

Beschränkte Steuerpflicht für Geschäftsführer, Prokuristen und Vorstandsmitglieder (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 c EStG)

Einkünfte aus Arbeitnehmertätigkeit können – soweit es sich nicht um Zahlungen aus öffentlichen Kassen handelt – bei nicht in Deutschland ansässigen Arbeitnehmern grundsätzlich nur dann im Inland besteuert werden, wenn die Tätigkeit in der Bundesrepublik ausgeübt oder dort verwertet wird bzw. worden ist.

Hierdurch entstanden für Einnahmen, die im Ausland ansässige Beschäftigte für inländische Unternehmen erhielten, in Deutschland Besteuerungslücken. Die Einführung von § 49 Abs. 1 Nr. 4c EStG ab 2001 bewirkte, dass Deutschland ein ihm auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens bereits zugewiesenes Besteuerungsrecht tatsächlich ausüben kann. Dies betrifft vor allem die Einkünfte im Ausland ansässiger und für eine Gesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland tätiger Geschäftsführer, Prokuristen und Vorstandsmitglieder, die ihre Geschäftsführertätigkeit vom Ausland aus per E-Mail, Telefon oder FAX erledigen.

Zuvor konnte Deutschland das ihm nach einigen Doppelbesteuerungsabkommen zugewiesene Besteuerungsrecht hier allenfalls über den sog. Verwertungstatbestand ausüben, der jedoch durch die Rechtsprechung einschränkend ausgelegt wird. Durch die Gesetzesänderung wurde die Grundlage dafür geschaffen, dass die Einkünfte in Deutschland besteuert werden, wenn Deutschland nach dem einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen als Quellenstaat das Besteuerungsrecht zugewiesen bekommen hat.

Die Regelung greift im Verhältnis zu Belgien, Dänemark, Japan, Kasachstan, Österreich, Schweden, Schweiz und Türkei. In diesen DBA ist geregelt, dass das Besteuerungsrecht für Vergütungen an den hier infrage stehenden Personenkreis ausdrücklich dem Staat (auch) zugewiesen wird, in dem die Kapitalgesellschaft ihren Sitz hat.

Beschränkte Steuerpflicht von Abfindungen (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 d EStG)

Zu den inländischen Einkünften eines beschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmers ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehören auch steuerpflichtige Abfindungen für die Auflösung des Dienstverhältnisses, soweit die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen Einkünfte der inländischen Besteuerung unterlegen haben. Dies wurde in § 49 Abs. 1 Nr. 4d EStG i. d. F. des Steueränderungsgesetzes 2003 vom 15. 12. 2003 (BGBl 2003 I S. 2645) nach Auffassung des Gesetzgebers „klargestellt“.

Damit ist jedoch noch nicht entschieden, dass ab 2004 auf die Abfindung in Deutschland tatsächlich Steuern entrichtet werden müssen, da nach der Mehrzahl der geltenden DBA das Besteuerungsrecht für Abfindungen dem Ansässigkeitsstaat zugewiesen wird (Hinweis auf BFH, Urteil v. 10. 7. 1996 – BStBl 1997 II S. 341). Die Neuregelung betrifft daher im Wesentlichen die Fälle, in denen der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Abfindungszahlung in einem Nicht-DBA-Staat ansässig ist. Vgl. aber auch Abschnitt 3.2.6 [Abkommensrechtliche Besonderheiten].

Besteuerung des Bordpersonals von Luftfahrzeugen (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe e EStG)

Nach Artikel 15 Abs. 3 des OECD-Musterabkommens und der entsprechenden Regelung in den meisten DBA hat Deutschland bei dem Bordpersonal von Luftfahrtunternehmen, deren Geschäftsleitung sich im Inland befindet, das Besteuerungsrecht, auch soweit die Tätigkeit nicht im Inland ausgeübt wird. Der ausländische Ansässigkeitsstaat stellt die Einkünfte nach dem DBA von seiner Besteuerung frei, wenn er die Doppelbesteuerung durch die Freistellungsmethode vermeidet.

Für Einkünfte des in Deutschland nicht ansässigen Bordpersonals von Luftfahrzeugen, die von Unternehmen mit Geschäftsleitung im Inland betrieben werden, wurde daher zur Realisierung des sich aus Artikel 15 Abs. 3 des OECD-Musterabkommens für Deutschland ergebenden Steueranspruchs ab 2007 in § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. e EStG ein neuer Besteuerungstatbestand geschaffen.

Seit 2007 liegen beschränkt steuerpflichtige Einkünfte vor, wenn die Tätigkeit an Bord eines im internationalen Luftverkehr eingesetzten Luftfahrzeugs ausgeübt wird, das von einem Unternehmen mit Geschäftsleitung im Inland betrieben wird. Ohne § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. e EStG i. d. F. des JStG 2007 blieben die Einkünfte in diesen Fällen völlig steuerfrei. Eine Aufteilung der Einkünfte in einen steuerpflichtigen und einen steuerfreien Teil ist zudem ent­behrlich.

Durch das Abstellen auf die im internationalen Luftverkehr einge­setzten Luftfahrzeuge wird vermieden, dass auch das beschränkt steuerpflich­tige, im Ausland ansässige Bordpersonal von inländischen Unternehmen erfasst wird, das auf Flügen eingesetzt wird, die ausschließlich im Hoheitsgebiet dieses ausländischen Staates durchgeführt werden (z. B. wenn ein in Deutschland ansässiges Unternehmen einen in den USA wohnenden Hubschrauberpiloten für Flüge über den Grand Canyon beschäftigt). Für Einkünfte aus solch einer Tätigkeit weist auch Art. 15 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens und die entsprechenden DBA dem Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zu.

3. Freistellung von der Steuerpflicht durch Doppelbesteuerungsabkommen – DBA

3.1 Allgemeines

Bei beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht kann für den Arbeitslohn aus einer im Ausland ausgeübten Tätigkeit eine Befreiung

nach einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) oder
nach dem Auslandstätigkeitserlass (ATE)

in Betracht kommen.

Deutschland hat mit anderen Staaten bilaterale DBA geschlossen. Eine aktuelle Zusammenstellung der gültigen DBA nebst Hinweisen auf etwaige Änderungen wird einmal jährlich im BStBl I veröffentlicht (zuletzt zum Stand der DBA zum 1. 1. 2015: BMF-Schreiben vom 19. 1. 2015, BStBl 2015 I S. 128).

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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