Grillen ist Krieg! - Juri Meister - E-Book

Grillen ist Krieg! E-Book

Juri Meister

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Beschreibung

Wenn der Nachbar 3 x klingelt!

Haben Sie Nachbarn, die über, neben oder unten Ihnen wohnen? Nachbarn, die auf dem Balkon grillen, mitten in der Nacht laut stöhnen oder deren Katze Ihren Blumentopf als Katzenklo missbraucht? Dann wissen Sie, dass auch der friedfertigste Mensch bei entsprechender Nachbarschaft Mordgelüste entwickeln kann.

Juri Meister hat die verrücktesten Nachbarschaftskonflikte für Sie zusammengetragen und schildert, sofern bekannt, wie der Konflikt ausging.

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Seitenzahl: 196

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Impressum

ISBN 978-3-641-19369-0V001

© 2016 by Bassermann Verlag, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Die Verwertung der Texte und Bilder, auch auszugsweise, ist ohne Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar.

Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung

und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Umschlaggestaltung: Atelier Versen, Bad Aibling

Grafik und Satz: Atelier Lehmacher, Friedberg

Projektleitung: Dr. Margit Roth

E-Book Produktion: Uhl + Massopust, Aalen

Die Informationen in diesem Buch sind vom Herausgeber und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung des Herausgebers bzw. des Verlags und seiner Beauftragten

für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

Inhalt

Vorwort

1. Kapitel: Lärmbelästigung

Lustgeräusche nur auf Zimmerlautstärke!

Kettensäge gegen Samurai-Schwert

Da habt ihr den Salat!

Rasen will gepflegt werden

Weil sie stets mit Geräusch verbunden

Der Lottogewinn

Endlosschleife

Neue Häuser in alter Umgebung

Wassertret-Sperrzeit

Caruso, der Hahn

2. Kapitel: Tierische Streitfälle

Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos

Nicht allen gefallen Vögel

Rache für Knötti!

Die Haare des Pudels

Hunde, die bellen, kosten viel

Der Garten nebenan, das große Katzenklo

Primetime-Terror

Bleiberecht für Schnitzel

Schlangen muss man mögen

Krähen sind intelligente Tiere

Muttertier trifft Catwoman

Katzenspuren auf dem Auto

3. Kapitel: Grillen

Grillen mit den Nachbarn

Noch einmal grillen

Die gemeine Gemeinde

4. Kapitel: Geruchsbelästigung

Rauch im Haus

„Deutschlands bekanntester Raucher nach Helmut Schmidt“

Nicht nur Verbote

Bitte die Katzen zu 93 % entfernen!

Der Komposthaufen

Kochen ist sozialtypisch

Der Mist stinkt mir gewaltig!

Nachbarn ärgern für Profis

Frische Wäsche stinkt mir!

5. Kapitel: Die lieben Kinder

Kinderlärmschallmessgerät

Alt genug!

Kinderlärm ist kein Lärm im Sinne des Gesetzes

6. Kapitel: Optische Belästigungen

Ungenehmigte Werbung!

Nicht schön, aber bunt

Von Zäunen und Mauern

Wenn es andere stört

Ein Herz für Zwerge?

Die unverschämten Gartenzwerge und die künstlerische Freiheit

Frühlingsgefühle auf der Terrasse

Ästhetik versus Bildung

Die perfekte Kontrolle

Ärger mit den Kuhfladen

7. Kapitel: Revierstreitigkeiten

Kloppe mit dem Stock

Mit der Sonnenblume verhauen

Tödlicher Schnee

Der Baum in Nachbars Garage

„Maschendrohtzaun in the morning“

Fußbälle gehören auf den Fußballplatz

Heißes Wasser und Pfefferspray

Bambus gegen Efeu

Pöbelei wie bei Gerichtsshow im Privatfernsehen

Fichte gegen Obstbäume

Nachbarschaft wird zu Kriegsgebiet

Take that, stairway to heaven!

8. Kapitel: Diskriminierung, Beleidigung, Verleumdung

Ich bin ein Star – Holt meinen Nachbarn hier raus! (Oder mich.)

Der gar nicht „gute“ Tritt

„Stinkefinger“ als verbotene Kontaktaufnahme

Rassismus geht zu weit

Fotos von IS-Kämpfern im Briefkasten

Englisch-deutsche Feindschaft

Unter die Gürtellinie

9. Kapitel: Schikane

Ein knallgelbes Schild und ein Shitstorm

Ein Dorf im Streit

Der Nachbar aus der Hölle

Der Star und die rohen Eier

Big Neighbour is watching you

Unerlaubte Blicke

Blumenerde kontra Vuvuzela und „Luxusbuffet“

Der Kaffee wird zurückgegeben!

Fliegende Worte und fliegende Äste

10. Kapitel: Störungen durch den Vermieter

Under Suspicion

Ohne Rasenmähen kein Garten

Ein Gartenzaun als Treppenwitz

Renovieren nur gegen Schmerzensgeld

Wie bei Stephen King

Echte Männer und die Wildnis

Gott mit dir, du Land der Bayern

Schlusswort

Vorwort

Der einsame Robinson auf seiner Insel braucht kein Recht. Wozu wäre das auch gut? Sollte er dann besser mit den Kokospalmen und den Schimpansen auskommen? Nein, der Mensch für sich allein befindet sich in einem glücklichen Zustand ohne Streit und Gesetze. Und Nachbarn. Problematisch wird es dann, wenn Freitag die Bühne betritt. Ab diesem Zeitpunkt müssen zwei Menschen miteinander auskommen. Und da tun sich eine Menge Fragen auf: Wer macht morgens das Frühstück? Wer benutzt zuerst den Donnerbalken? Wer kraxelt auf die Bäume, um nach Schiffen Ausschau zu halten? Und so weiter und so fort. Die Nachbarschaft Robinsons und Freitags auf der einsamen Insel ist für uns Mitteleuropäer heute die städtische (oder auch dörfliche) Nachbarschaft in Häusern und Wohnungen.

Das Zusammenleben der Menschen wird erfahrungsgemäß immer schwieriger, je dichter sie zusammenleben. Und Nachbarn hocken sich ganz schön nahe auf der Pelle. Da bleibt Streit nicht aus. Wo man sich auf der einsamen Insel allerdings mit Kokosnüssen bewirft, da entscheiden in unseren Breiten Gerichte über tiefgehende Emotionen. Das heißt – das tun sie, wenn es gut läuft. Wenn unter streitlustigen Nachbarn wenigstens noch der Anstand herrscht, ihre Konflikte über das staatliche Gewaltmonopol zu regeln.

Das kann, aber es muss längst nicht immer so sein. Gerade unter Nachbarn macht sich auch in good old Europe des Öfteren die Wildwest-Mentalität breit, das Recht in die eigene Hand zu nehmen. Dabei wird oft vergessen, dass es u. a. die Sprache ist, die den Menschen vom Tier unterscheidet. Statt also vernünftig miteinander zu reden, greifen viele Nachbarn auf ein vorzivilisatorisches Instrumentarium zurück, will sagen: Die nonverbale Kommunikation aller Art ist unter Nachbarn besonders ausgeprägt.

Wie auch immer so ein Streit abläuft und egal, wie bescheuert er Außenstehenden vorkommt – Konflikte auf so engem Raum wecken tiefsitzende Emotionen. Und im Grunde geht es beim Nachbarschaftsstreit immer um diese zugrundeliegenden Gefühle. Über die Auswüchse kann und soll man sich ruhig lustig machen, und das tun wir in diesem Buch auch weidlich, aber wirklich verstehen kann man den Streit oft nur, wenn man tagtäglich in der Haut der Streithähne steckt. Und wer von uns hätte nicht schon einmal Probleme mit dem Nachbarn gehabt? In den Fällen, um die es hier geht, ist vernünftiges Reden miteinander schon gar nicht mehr möglich. Sehen wir anderen zu, damit uns dies Schicksal erspart bleibt.

Das wünscht Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, und natürlich auch sich selbst

Ihr Juri Meister

1. Kapitel: Lärmbelästigung

Lustgeräusche nur auf Zimmerlautstärke!

In Filmen sieht das immer sehr witzig aus: Michael J. Fox wohnt in „Das Geheimnis meines Erfolges“ in einer kleinen Bude mit papiernen Wänden, und das Nachbar-Pärchen lässt ebendiese Wände jeden Abend lautstark krachen beim Sex. Fox löst das im Film mit einer kultigen Szene, in der er die Geräusche der Nachbarn dirigiert und auf dem „Höhepunkt“ zischend eine Getränkedose öffnet. In Warendorf aber herrschen Recht und Ordnung. Warendorf liegt im Münsterland, und der Münsterländer an und für sich mag keine Aufdringlichkeiten. Darum lässt sich ein Urteil des dortigen Amtsgerichts so zusammenfassen: Nachbarn dürfen prinzipiell zwar Sex haben, aber nur in Zimmerlautstärke. Und: Sex ist zwar vom Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit geschützt - aber nicht grenzenlos!

Wir befinden uns in einem Sechs-Parteien-Haus. Eines Tages ziehen neue Mieter im Erdgeschoss ein, ein Pärchen – und sie rammeln, wie die Karnickel. Was grundrechtlich geschützt ist, wie gesagt. Dieses Paar treibt es aber bei voll aufgedrehter Musik, streitet sich dazwischen gern und laut und produziert beim Sex überlaute Geräusche. Zu jeder Tages- und Nachtzeit hört der Mieter in der Wohnung darüber ein Stöhnen in fortissimo und gellende „Yippie“-Rufe. Das sieht der Nachbar nicht ein. Die Störungen hinderten ihn vor allem nachts am Ein- und Durchschlafen, sagt er.

Beide Seiten bestehen auf ihrem Standpunkt, sodass der Fall vor besagtem Amtsgericht landet. Der Nachbar will endlich seine Ruhe – in allen Lebenslagen. Das Pärchen darunter argumentiert, dass Lustgeräusche beim Sex kaum zu kontrollieren seien. Das Wohnhaus sei außerdem extrem hellhörig und schlecht isoliert. Diese Hellhörigkeit greift das Gericht aber auf und wendet sie gegen das Pärchen: Verursacher von Geräuschen müssten gerade dann ganz besondere Rücksicht auf die anderen Mieter nehmen, bei dünnen Wänden also. Erwachsene Menschen seien auch in der Lage, ihre Lautstärke beim Sex so weit zu kontrollieren, dass sie die Nachbarn nicht beeinträchtigen. Ein Problem sind noch die Grundrechte des Pärchens. Die stoßen aber an ihre Grenze bei den Grundrechten der Nachbarn: „Weil das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit seine Grenze in den Rechten anderer Mitmieter findet, ist ein grenzenloses Sexualleben nicht vom Grundgesetz gedeckt.“

Folglich sieht das AG Warendorf im Sex-Pärchen sogenannte Besitzstörer nach § 862 Abs. 1 BGB. Wer danach einen Besitzer (also auch den Mieter einer Wohnung) durch verbotene Eigenmacht im Besitz stört (also ohne dessen Willen den Gebrauch der Mietwohnung beeinträchtigt), der kann auf Beseitigung oder Unterlassung in Anspruch genommen werden. Diese Rechtsfolge wendet das Gericht am 19. 8. 1997 so an: Das Pärchen wird dazu verpflichtet, sämtliche Geräusche auf Zimmerlautstärke zu halten, und zwar besonders die, welche es beim Sex von sich gibt.

An solche gerichtlichen Verpflichtungen hält man sich besser, denn sonst kann es teuer oder eng werden. Im hohen Norden (auf der Grenze zwischen Schleswig und Holstein) sieht man das mit der Nachtruhe und lautem Sex nämlich genauso wie im Münsterland: 1994 entscheidet das Amtsgericht Rendsburg einen Fall, in dem ein Mieter gegen seine Nachbarn klagt, weil die ihn nachts wiederholt des Schlafs berauben (durch das Übliche – Stöhnen und Schreien). Durch den Schlafmangel entstehen bei diesem Mieter sogar Konzentrationsstörungen, sodass er seine Arbeit nicht mehr ordentlich durchführen kann. Justitia entscheidet: Zwischen 22 und 6 Uhr gilt Nachtruhe, und das gilt auch für Geräusche beim Sex. Wenn man dennoch so laut ist, dass man nachts die Nachbarn weckt, dann handelt es sich nicht mehr um einen „normalen Gebrauch der Mietsache“. Deshalb Poppen nur bei Zimmerlautstärke. Nun zu den Kosten: Als Ordnungsgeld bei Verstoß gegen die Zimmerlautstärke während der Nachtruhe setzt das AG Rendsburg bis zu 500.000 DM fest, also heute rund 255.000 Euro. Das gilt für Störungen „insbesondere durch lautes Gestöhne, Geschreie und Gerede“. Alternativ droht eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten für das Paar – in getrennten Zellen.

Kettensäge gegen Samurai-Schwert

Zuerst einmal: Ja, man darf sich allzu laute Musik verbitten. Aber: Nein, man sollte deshalb noch nicht gleich auf den Nachbarn losgehen. Man könnte ihn etwa auch bitten, den Lautstärkeregler seiner CD-Anlage ein wenig nach unten zu regulieren.

Aber genau das tat der 26jährige Peter M. aus Minto, südlich von Sidney/Australien, nicht. Vielleicht hatten derlei Vorschläge sich vorher als nicht zielführend erwiesen. Auf alle Fälle griff er zur – Kettensäge. Das fand sein drei Jahre älterer Nachbar nicht so nett und zückte seinerseits ein Samurai-Schwert. Das Resultat dieser „Diskussion“: ein beinahe abgesägter Arm beim Ruhestörer und ein vollständig abgetrennter Finger beim Angreifer.

Da allerdings nachher niemand mehr rekonstruieren konnte, wer von den beiden mit dem Streit angefangen hatte, blieb es bei der Aussage, das Ganze sei wohl etwas eskaliert …

Da habt ihr den Salat!

Oft landen Nachbarstreite ja vor Gericht. Manchmal kommt es aber auch in Mitteleuropa zu Szenen wie im Wilden Westen. Die folgende Szene spielt in Kelheim, Niederbayern, sozusagen dem deutschen Carson City. In Kelheim wiederum liegt die Gemeinde Langquaid, eine alte niederbayerische Siedlung, wo besondere Geschosse zum Einsatz kommen. Im August 2011 trägt eine Frau nämlich einen Nachbarschaftsstreit mit rabiaten Methoden aus. Sie veranstaltet zuerst mitten in der Nacht ein Hupkonzert. Ihre Nachbarn sind darüber not amused und ermahnen die Frau zur Ruhe. Was nun folgt, ist eine Schimpftirade der Huperin. Und wer jemals einen Niederbayern fluchen gehört hat, der kann sich vorstellen, dass diese Kanonade nicht jugendfrei ausfällt. Es kommt, wie es so kommt … ein Wort gibt das andere, und dann fliegen seitens der Dame die – Salatköpfe! Sie wirft minutenlang laut Angaben der Polizei „ganze Salatköpfe sowie zahlreiche Brot- und Obststücke in das Schlafzimmer“ ihrer Nachbarn. Man kann jetzt sagen: Zum Glück waren es keine Bierflaschen oder Hundehaufen – aber erledigt hat sich der Streit auf diese Weise jedenfalls nicht. Nach dieser besonderen Art von Zimmerservice oder Lebensmittellieferung hat die streitlustige Dame eine Anzeige wegen Beleidigung und Sachbeschädigung am Hals.

Rasen will gepflegt werden

Kennen Sie das? Es ist ein wunderschöner, sonniger, aber nicht allzu heißer Tag, Sie sind gerade aus dem Büro gekommen und haben sich mit einem Kaffee auf die Terrasse gesetzt. Und dann: Rasenmäher. Nicht nur von einer Seite, das alleine wäre ja schon lästig genug. Sondern von vielen. Anscheinend haben alle Nachbarn außer Ihnen keine anderen Wünsche an ihren Feierabend als den einen: ihren Rasen zu mähen. Lange und gründlich.

Zieht sich diese Rasenpflege länger hin, kann man durchaus auf nicht ganz so freundliche Gedanken kommen: Was, wenn da jede Menge kleiner Steine in der Wiese lägen … gar nicht gut für den Rasenmäher. Oder wenn da am nächsten Tag gar keine Wiese mehr wäre, nur noch umgegrabenes Erdreich? Beide Maßnahmen haben nur den einen Haken, nämlich den, dass man sie vorbereiten muss. Aber der Rasenmäherlärm ist jetzt. Nicht morgen.

Es sind also Maßnahmen gefragt, die schnell greifen. Erst recht, wenn der Rasen nicht einmal am Nachmittag gemäht wird, sondern erst am Abend, präzise um zwanzig Minuten nach acht. Um diese Uhrzeit nämlich macht sich der Nachbar von Thomas K. aus Grevenbroich an die Arbeit, nicht nur einmal und ausnahmsweise, sondern immer. Und eines Tages reicht es Thomas K. Sein Nachbar ist bereits 68 Jahre alt, da möchte man doch annehmen, dass sich andere Uhrzeiten für den Rasen finden lassen als so spät am Abend. Aber Thomas K. hat eine phantastische Schere, mit der lassen sich auch Kabel aller Größen durchschneiden. Und genau das tut er eines Abends. Keine weiteren Diskussionen, keine Bitten, sondern die Schere! Schnipp, ist das Kabel durch, und wunderbare Ruhe breitet sich aus.

Dumm nur, dass Thomas K.s Nachbar passionierter Heimwerker ist. So ein Kabel ist ruckzuck geflickt.

Die Schere ist allerdings immer noch einsatzbereit …

Wie lange sich dieses Hin und Her aus Schere und Kabelreparatur hinzieht, ist leider nicht zu ermitteln gewesen. Beide Nachbarn dürften auf alle Fälle einen oder auch mehrere vergnügliche Abende gehabt haben.

Weil sie stets mit Geräusch verbunden

„Musik wird oft nicht schön gefunden, / Weil sie stets mit Geräusch verbunden.“, schreibt der weise Wilhelm Busch. Wie wahr. Der durchschnittliche Schallpegel, der von Klavieren, Geigen und Flöten ausgeht, liegt mit 80 bis 86 Dezibel etwa auf dem Niveau von Autos, Fräsmaschinen und Rasenmähern. Auf Dauer führt so viel Lärm zu Gesundheitsschäden. Die Grenze für Zimmerlautstärke haben Gerichte auf 40 Dezibel am Tag festgelegt und 30 Dezibel in der Nacht. Trompeten und Schlagzeuge entsprechen mit 95 Dezibel Presslufthämmern, Motorsägen und Diskotheken. Möchten Sie unter einer Diskothek wohnen?

Das will eine Physiotherapie-Praxis im Münchner Westend auch nicht. Aber zuerst zu demjenigen, der quasi die älteren Rechte hat: Ein Jugendlicher, dessen Wohl seinen Eltern stark am Herzen liegt, nimmt seit seinem 7. Lebensjahr Schlagzeug-Unterricht. Mittlerweile ist er 17. Das alles stört in den letzten zehn Jahren keinen und ist für den Jungen ja auch besser als Alkohol und Drogen. Der ist mit Begeisterung bei der Sache. Besonders Jazz und südamerikanische Rhythmen haben es ihm angetan. Unterricht nimmt er in einer Musikschule, übt ansonsten aber zu Hause. Da steht sein eigenes Schlagzeug, das er ausgiebig benutzt.

Aber nach zehn Jahren tolerierten Übens ist Schluss mit lustig. Da zieht nämlich besage Praxis ins Haus. Und die fühlt sich durch die Rhythmen des trommelnden Teenagers sehr gestört. Kann man sich ja vorstellen: Der eine will Ruhe und Entspannung, der andere Samba und Be Bop – das geht nicht gut zusammen. Die Parteien reden zuerst mal miteinander, um die Sache zu klären – aber es hilft alles nichts, man zieht vor Gericht. Die Physiotherapeuten sagen, der Junge spiele „zu laut und zu oft“. Wie man das Urteil des Landgerichts München I vom Oktober 2014 versteht, hängt von der Perspektive ab. Die einen sagen so, die anderen so. Der Teenager darf weitertrommeln. Aber: Nur eine halbe Stunde am Tag und am Sonntag gar nicht.

Über nichts streiten Nachbarn so gern wie über Lärm. Und dazu zählt oft auch das Musizieren. Wann geklimpert, trompetet, geflötet werden darf, darüber urteilen Gerichte aber sehr unterschiedlich. Meist geht es um das Klavierspiel. Das AG Frankfurt erlaubt es anderthalb Stunden am Tag, das Oberlandesgericht Düsseldorf zwei Stunden und das Bayerische Oberste Landgericht drei Stunden. Normalerweise ist wochentags um 20 Uhr Schluss und an Sonn- und Feiertagen um 19 Uhr. Und dann gibt es je nach Hausordnung noch eine Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr.

Bei Saxophon und Klarinette gewährt das OLG Karlsruhe bis zu zwei Stunden Spiel an Wochentagen, sonntags höchstens eine Stunde. Für Akkordeon sieht das LG Kleve maximal 90 Minuten am Tag vor. Beim Schlagzeug sind manche Gerichte auch großzügiger als in der Entscheidung aus München – das LG Nürnberg/Fürth erlaubt bis zu anderthalb Stunden täglich, das LG Freiburg je eine Stunde am Vor- und Nachmittag. Wie immer hängt natürlich alles von den konkreten Umständen ab, etwa der Hellhörigkeit oder der Wohngegend. Ob Dilettanten oder Künstler am Werk sind, ist nicht entscheidend: Auch hochwertige Musik kann ohne weiteres als störend empfunden werden, hat das Landgericht Düsseldorf entschieden.

Führen Gerichtsurteile auch zu Frieden unter den Nachbarn? Im Münchner Westend scheint sich die Sache auf andere Weise erledigt zu haben: Der jugendliche Schlagzeuger macht bald sein Abitur, sagt sein Vater. Zum Spielen komme er zurzeit nicht mehr viel.

Der Lottogewinn

So ein Lottogewinn kann toll sein. Für den Gewinner. Weniger toll kann er bisweilen für die Umwelt sein. Dann nämlich, wenn der Gewinner das Geld in ruhestörende Objekte investiert. Aber noch einmal ganz von vorne:

Es ist das Jahr 2002, als Michael Caroll aus Norfolk, damals 19 Jahre alt, insgesamt 9.736.131 englische Pfund im Lotto gewinnt. Das sind knapp 14 Millionen Euro. Bisher war er Müllmann in Teilzeitanstellung, und da er eine schwere Kindheit hatte, war er bereits mit 13 Jahren das erste Mal im Jugendgefängnis.

Und jetzt das große Geld. Michael kauft sich eine Villa, subventioniert großzügig seine Lieblingsfußballmannschaft, er kauft teure Autos, investiert in Kokain zum Eigenverbrauch, besucht Partys und – bleibt seiner einmal eingeschlagenen kriminellen Laufbahn treu: Er wird verhaftet, weil sein teurer BMW nicht versichert ist, er beschriftet seinen Mercedes-Transporter mit der Bezeichnung „King of Chavs“, Proletenkönig, und wirft dann diesem Schlagwort getreu Stahlkugeln auf Autos und Ladenfenster, insgesamt 32 mal. Im Jahr 2006 muss er – wieder einmal, könnte man fast sagen - für neun Monate wegen Störung der öffentlichen Ordnung ins Gefängnis.

Und die Nachbarn? Die kommen jetzt ins Spiel. Denn Michael Caroll hatte eine Weile Geld genug, um sich seine eigene kleine Rennstrecke direkt im Garten seiner Villa bauen zu lassen. Nun machen Autorennen aber bekanntlich zum einen Lärm, zum anderen wirbeln sie jede Menge Staub auf. Und beides mögen Nachbarn im Allgemeinen gar nicht. Was sie außerdem nicht mögen, sind gute Freunde des Hobby-Rennfahrers, die über ihren Häusern Feuerwerkskörper und Leuchtgeschosse zünden. Elf Mal in drei Monaten rückt die Polizei aus und bittet Michael darum, Autorennen und Feuerwerk doch möglichst zu unterlassen. Was der aber nicht tut. Die Nachbarn ihrerseits tun auch zunächst einmal nichts, außer sich in den Raum des Hauses zurückzuziehen, der am weitesten von Michaels privatem Nürburgring entfernt liegt. Anzeige erstatten sie lieber nicht, Michaels kriminelle Laufbahn war durch die Medien zu gut bekannt. Unter anderem hat er nämlich auch seine Schwester mit einem Samurai-Schwert bedroht. Die einen Nachbarn verkaufen schließlich ihr Haus und ziehen weg. Die anderen setzen ganz einfach auf Zeit. Eines Tages würde dem Lottogewinner mit den vorbildlichen Manieren das Geld ausgehen, dann wäre wieder Ruhe.

Und genau so kommt es auch. Im Jahr 2010 arbeitet Michael wieder in seinem alten Job als Müllmann, ob Teil- oder Vollzeit, ist nicht bekannt. Heute lebt Michael Carroll in Schottland und arbeitet in einer Fabrik, die Shortbread herstellt. Vom Lottogewinn dürfte nicht mehr allzu viel übrig sein.

Der Held dieser Nachbarschaftsbelästigung hat es übrigens zu einem eigenen Eintrag in die Wikipedia geschafft (https://en.wikipedia.org/wiki/Michael_Carroll_(lottery_winner)).

Endlosschleife

Noch einmal zur Lösung von Nachbarkonflikten, ohne die sowieso überlasteten Gerichte zu bemühen: Stellen Sie sich vor, Ihr Nachbar stellt, sagen wir: „Griechischer Wein“ auf Endlosschleife. Vielleicht mögen Sie das Lied sogar. Zuerst. Also, vielleicht die erste Stunde. Mit viel gutem Willen. Bei zwei Stunden ist dann aber endgültig Schluss, oder? Bei drei allerspätestens. Das hält doch keiner mehr aus. In diesem Fall geht es nicht um Udo Jürgens, sondern um Robbie Williams und seinen Song „Angels“. Der ist etwa vier Minuten lang. Pro Stunde macht das 15 Mal „Engel“. Am Tag ist das 360 Mal dasselbe Stück von Robbie Williams. Und wenn es auch nicht bei einem Tag bleibt? Horror! Zehn Tage lang ununterbrochen „Angels“! 3.600 Mal in Endlosschleife.

Das ist das Schicksal des 45jährigen Alexander Alexandrov aus Bulgarien Ende 2009. Objektiv betrachtet hat er folgende Möglichkeiten: Einfach weghören. (Nein, das scheidet mittlerweile wohl aus.) Ohropax vielleicht. Oder Revanche mit Motörhead oder Slayer. Objektive Betrachtung hilft Alexandrov inzwischen allerdings kaum noch weiter. Dieses ewige „Angels“ macht ihn schlicht rasend.

Also Plan B: Alexandrov geht zu seinem Nachbarn Martin Kromov und ersticht ihn. Jetzt ist Ruh‘. Kein Robbie Williams mehr. Es hat sich „ausgeangelt“. Jetzt nur noch die Leiche loswerden. Alexandrov packt sie in sein Auto und fährt los. Leider geht im unterwegs das Benzin aus. Mit dieser Panne wird er geschnappt. Vor Gericht sagt er: „Ständig wurde ich von dieser Musik terrorisiert! Ich konnte an nichts anderes mehr denken als wie ich ihn dazu bringen könnte, sie endlich abzustellen.“ Dummerweise ist „Robbie-Williams-Folter“ weder eine Rechtfertigung noch eine Entschuldigung, wenn man jemanden ersticht. Alexander Alexandrov wird zu 16 Jahren Haft verurteilt.

Neue Häuser in alter Umgebung

Manchmal ist es nicht ganz so einfach auszumachen, wer der Belästigte ist und wer der Belästiger. Wie nachbarschaftskompatibel ist es etwa, ein altes Haus zu kaufen, es abzureißen und ein neues an seiner Stelle zu errichten? Oder ein altes Haus umzubauen, das man schon länger besitzt?

Gar nicht! Überhaupt nicht! Das findet zumindest der schottische Schauspieler Tom Conti. Er ist vor allem Theaterschauspieler, einem breiten Publikum ist er darüber hinaus aus Filmen wie „The dark night rises“ aus der Batman-Reihe bekannt. Contis Problem sind oder vielmehr waren gleich mehrere renitente Nachbarn in Serie.

Angefangen hatte alles im Jahr 2012, als der französische Fußballer Thierry Henry nach Stationen in Barcelona und New York zum FC Arsenal zurückkehrte, wo er bereits von 1999 bis 2007 äußerst erfolgreich gewesen war. Nun kam er also wieder nach England und kaufte sich für bescheidene sechs Millionen Pfund ein Haus im noblem Londoner Stadtteil Hampstead. Schräg gegenüber von Conti. Allerdings hatte er den tatsächlich etwas absurden Wunsch, über insgesamt vier Stockwerke ein Aquarium zu ziehen, 25.000 Liter Wasser sollte es fassen. In den Keller sollten außerdem Swimmingpool und Fitnessraum. Von der Idee mit dem Aquarium waren die Londoner Behörden allerdings nicht allzu begeistert, und so änderte Henry zumindest dieses Detail. Das alte Haus aber musste weg. Das war ganz einfach unzumutbar. Und genau das sah Tom Conti ganz anders: Ein Neubau passe schlicht nicht in die Umgebung. Wenn Henry ein neues Haus wolle, warum kaufe er sich nicht einfach eins in einem anderen Stadtteil? Die Frage ist berechtigt, hat aber weder Henry noch die Behörden beeindruckt. Ein weiterer Aspekt war übrigens die Unruhe, die die Bauarbeiten ins Viertel bringen würden. Eigentlich hatte Conti nichts gegen den Fußballstar: „Ich habe Thierry Henry noch nie getroffen und ich bin mir sicher, dass er sehr nett ist“, erklärte er in den Medien. „Er kann gerne bauen, was er will, nur nicht hier neben mir, mit dem ganzen Lärm.“ Baulärm aber ließen die Behörden als Argument gegen das Vorhaben nicht gelten, und so baute der Fußballer.