Grundkurs Arbeitsrecht für die Soziale Arbeit - Jörg Reinhardt - E-Book

Grundkurs Arbeitsrecht für die Soziale Arbeit E-Book

Jörg Reinhardt

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Beschreibung

Ein kompakter Überblick zum Arbeitsrecht in der Sozialen Arbeit Das Arbeitsrecht nimmt in der Sozialen Arbeit und in der Kindheitspädagogik unter zwei Aspekten eine wichtige Rolle ein: Zum einen spielen im Rahmen der Betreuung und Beratung von KlientInnen (z.B. der Verlust des Arbeitsplatzes, gesundheits­ oder behinderungsbedingte Fragen) eine große Bedeutung. Zum anderen können Fragen des Arbeitsrechts für die eigene Tätigkeit sozialarbeiterischer Fachkräfte relevant werden, bspw. zu Bereitschafts­ und Schichtdiensten, Wochenendeinsatz usw., aber auch zum Umgang mit MitarbeiterInnen. Der Grundkurs liefert hierzu eine kompakte Übersicht. Ein eigenes Kapitel zu wichtigen Tarifverträgen im sozialen Bereich und zum kirchlichen Arbeitsrecht rundet das Lehrbuch ab. Mit zahlreichen Beispielen und Infokästen sowie 8 Fällen und Musterlösungen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 283

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utb 5353

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Jörg Reinhardt • Daniel Klose

Grundkurs Arbeitsrecht für die Soziale Arbeit

Mit 11 Abbildungen und 2 Tabellen

Mit zahlr. Beispielen und Infokästen sowie 8 FällenMit Musterlösungen zu den Fällen als Online-Zusatzmaterial

Ernst Reinhardt Verlag München

Prof. Dr. Jörg Reinhardt lehrt rechtliche Grundlagen der Sozialen Arbeit an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München.

Daniel Klose, Master of International Law, ist Richter am Arbeitsgericht München; hält regelmäßig Vorträge für Betriebsräte und Arbeitgeber zu Themen des Arbeitsrechts und hat mehrfach Lehraufträge an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München durchgeführt.

Vom Autor außerdem lieferbar:

Reinhardt, Jörg: Grundkurs Sozialverwaltungsrecht für die Soziale Arbeit (2., überarb. Aufl. 2019; 978-3-8252-5195-6)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

UTB-Band-Nr.: 5353

ISBN 978-3-8252-5353-0 (Print)

© 2020 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt GmbH & Co KG, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Printed in EU

Satz: JORG KALIES – Satz, Layout, Grafik & Druck, Unterumbach

Ernst Reinhardt Verlag, Kemnatenstr. 46, D-80639 München

Net: www.reinhardt-verlag.de E-Mail: [email protected]

Inhalt

Abkürzungen

Vorwort

1Einführung in das Arbeitsrecht

1.1Rechtsquellen im Arbeitsrecht

1.1.1Internationales Recht

1.1.2Grundgesetz

1.1.3Gesetzliche Regelungen

1.1.4Rechtsverordnungen

1.1.5Tarifverträge

1.1.6Betriebsvereinbarungen

1.1.7Arbeitsvertrag

1.1.8Betriebliche Übung

1.1.9Gesamtzusage

1.1.10Direktionsrecht des Arbeitgebers

1.1.11Verhältnis der Rechtsquellen untereinander

1.2Begriffsdefinitionen

1.2.1Arbeitnehmer

1.2.2Arbeitgeber

2Arbeitsvertrag

2.1Abschluss des Arbeitsvertrags

2.1.1Minderjährigkeit

2.1.2Formvorschriften

2.1.3Allgemeine Geschäftsbedingungen

2.2Besondere Arten von Beschäftigungsverhältnissen

2.2.1Teilzeitbeschäftigung

2.2.2Aushilfen

2.2.3Ausbildungsverhältnisse

2.2.4Leiharbeit

2.3Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags

2.3.1Gesetzliche Verbote und Sittenwidrigkeit

2.3.2Anfechtung des Arbeitsvertrags

2.3.3Rechtsfolgen von Nichtigkeit und Anfechtung

2.3.4Teilnichtigkeit

2.4Beendigung des Arbeitsverhältnisses

2.4.1Kündigung

2.4.2Befristung

2.4.3Auflösende Bedingung

2.4.4Aufhebungsvertrag

2.4.5Tod

2.4.6Rücktritt

2.4.7Keine Aufhebungsgründe

3Pflichten aus dem Arbeitsvertrag

3.1Vorvertragliche Pflichten

3.1.1Ersatz der Vorstellungskosten

3.1.2Datenschutz und Vernichtung von Bewerbungsunterlagen

3.1.3Diskriminierungsverbot

3.1.4Aufklärungspflicht

3.2Arbeitspflicht als vertragliche Hauptpflicht

3.2.1Arbeitsort

3.2.2Arbeitszeit

3.2.3Inhalt der Arbeitspflicht

3.2.4Befreiung von der Arbeitspflicht

3.3Vergütungspflicht als vertragliche Hauptpflicht

3.3.1Lohnanspruch mit Arbeitsleistung

3.3.2Lohnanspruch ohne Arbeitsleistung

3.4Vertragliche Nebenpflichten des Arbeitnehmers

3.4.1Treuepflicht

3.4.2Gehorsamspflicht

3.5Vertragliche Nebenpflichten des Arbeitgebers

3.5.1Schutzpflichten

3.5.2Beschäftigungspflicht

3.5.3Gleichbehandlungspflicht

3.5.4Freistellung zur Stellensuche

3.6Nachvertragliche Rechte und Pflichten

3.6.1Zeugnis

3.6.2Arbeitspapiere, Rückgabe von Arbeitsmaterial

3.6.3Verschwiegenheit

3.6.4Konkurrenzverbot

3.7Rechtsfolgen bei Verletzung der arbeits-vertraglichen Pflichten

3.7.1Verletzung der Arbeitnehmerpflichten

3.7.2Verletzung der Arbeitgeberpflichten

3.8Verjährung und Verwirkung

4Kündigung des Arbeitsvertrages

4.1Allgemeines zur Kündigung

4.1.1Kündigungserklärung

4.1.2Beteiligung des Betriebsrats

4.2Ordentliche Kündigung

4.2.1Kündigungsfrist

4.2.2Allgemeiner Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz

4.3Fristlose („außerordentliche“) Kündigung

4.3.1Wichtiger Grund und Interessenabwägung

4.3.2Kündigungserklärungsfrist

4.3.3Umdeutung

4.4Änderungskündigung

4.5Besonderer Kündigungsschutz bestimmter Arbeitnehmergruppen

4.5.1Schwangere und Mütter

4.5.2Eltern

4.5.3Pflegezeit und Familienpflegezeit

4.5.4Schwerbehinderung

4.5.5Kollektivrechtliche Amtsträger

4.5.6Auszubildende

4.6Sonstige Unwirksamkeitsgründe

4.6.1Sittenwidrigkeit, Treu und Glauben

4.6.2Maßregelungsverbot

4.6.3Betriebsübergang

4.6.4Massenentlassung

4.7Rechtzeitige Klageerhebung

4.8Prüfschema zum Kündigungsrecht

5Kollektives Arbeitsrecht

5.1Tarifvertragsrecht

5.1.1Zustandekommen eines Tarifvertrags

5.1.2Inhalt und Wirkungen des Tarifvertrags

5.1.3Kollisionsregeln

5.2Arbeitskampf

5.2.1Streik

5.2.2Aussperrung

5.2.3Auswirkungen des Arbeitskampfes auf das Arbeitsverhältnis

5.3Betriebsverfassungsrecht und Personal-vertretungsrecht

5.3.1Betriebsverfassungsrecht

5.3.2Personalvertretungsrecht

6Sonderregelungen für Beschäftigtengruppen in der Sozialen Arbeit

6.1Beschäftigte im öffentlichen Dienst

6.1.1Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst

6.1.2Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder

6.1.3Tarifverträge für Auszubildende und Praktikanten im öffentlichen Dienst

6.2Kirchliches Arbeitsrecht

7Verfahren vor den Arbeitsgerichten

7.1Aufbau und Zuständigkeit der Arbeitsgerichts-barkeit

7.1.1Aufbau der Arbeitsgerichtsbarkeit

7.1.2Zuständigkeit der Arbeitsgerichte

7.2Verfahrensablauf im arbeitsgerichtlichen Verfahren

7.2.1Verfahrensarten

7.2.2Verfahrensgang

7.3Kosten des Verfahrens

Literatur

Sachregister

In den einzelnen Kapiteln gibt es jeweils Fälle. Musterlösungen zu den Fällen finden Sie auf der Homepage des Ernst Reinhardt Verlags und der UTB GmbH bei der Darstellung dieses Titels: www.reinhardt-verlag.de, www.utb.de

Soweit der Autor Aktualisierungen zu evtl. Gesetzesänderungen mitteilen sollte, wären diese ebenfalls auf den genannten Websites zu finden.

Abkürzungen

AdVermiGAdoptionsvermittlungsgesetz

AEntGArbeitnehmerentsendegesetz

AEUVVertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

AGAktiengesellschaft

AGBAllgemeine Geschäftsbedingungen

AGGAllgemeines Gleichbehandlungsgesetz

AktGAktiengesetz

Alt.Alternative

AltPflGGesetz über die Berufe in der Altenpflege (Altenpflegegesetz)

ArbeitsstättVOArbeitsstättenverordnung

ArbGArbeitsgericht

ArbGGArbeitsgerichtsgesetz

ArbSchGArbeitsschutzgesetz

ArbZGArbeitszeitgesetz

AÜGArbeitnehmerüberlassungsgesetz

AVRArbeitsvertragsrichtlinien der kirchlichen Träger

BAGBundesarbeitsgericht

BATBundesangestelltentarifvertrag

BayPVGBayerisches Personalvertretungsgesetz

BBiGBerufsbildungsgesetz

BDSGBundesdatenschutzgesetz

BEEGBundeselternzeit- und Elterngeldgesetz

BEMBetriebliches Eingliederungsmanagement

BErzGGBundeserziehungsgeldgesetz

BetrAVGGesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung

BetrVGBetriebsverfassungsgesetz

BGBBürgerliches Gesetzbuch

BPersVGBundespersonalvertretungsgesetz

BUrlGBundesurlaubsgesetz

DEÜVVerordnung über die Erfassung und Übermittlung von Daten für die Träger der Sozialversicherung (Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung)

DrittelbGDrittelbeteiligungsgesetz

DSGVOEuropäische Datenschutz-Grundverordnung

EFZGEntgeltfortzahlungsgesetz

EGEntgeltgruppe

EGBGBEinführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

EntgTranspGGesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern – Entgelttransparenzgesetz

ERVVVerordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach („Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung“)

EStGEinkommensteuergesetz

EUEuropäische Union

EuGHEuropäischer Gerichtshof

EuGVOVerordnung des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen („Brüssel Ia-Verordnung“)

EUREuro (Währung)

e.V.Eingetragener Verein

FPfZGFamilienpflegezeitgesetz

GbRGesellschaft bürgerlichen Rechts

GewOGewerbeordnung

GGGrundgesetz

gGmbHgemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GKGGerichtskostengesetz

GmbHGesellschaft mit beschränkter Haftung

HAGHeimarbeitsgesetz

HGBHandelsgesetzbuch

HSHalbsatz

InsOInsolvenzordnung

i.R.d.im Rahmen des

i.S.d.im Sinne des

i.S.v.im Sinne von

i.V.m.in Verbindung mit

JArbSchG Jugendarbeitsschutzgesetz

KGKommanditgesellschaft

KindArbSchVKinderarbeitsschutzverordnung

KitaKindertagesstätte

KrPflGGesetz über die Berufe in der Krankenpflege

KSchGKündigungsschutzgesetz

LAGLandesarbeitsgericht

lit.Buchstabe

MiLoGMindestlohngesetz

MitbestGGesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer

MuSchGMutterschutzgesetz

MuSchRiVVerordnung zur ergänzenden Umsetzung der EG-Mutterschutz-Richtlinie (Mutterschutzrichtlinienverordnung)

NachwGNachweisgesetz

Nr.Nummer

OHGOffene Handelsgesellschaft

PflegeZGPflegezeitgesetz

RLRichtlinie

RPflGRechtspflegergesetz

S.Satz

SchwbAVSchwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung

SGBSozialgesetzbuch (die nachfolgende römische Zahl gibt das jeweilige Buch an)

SGB IAllgemeiner Teil

SGB IIGrundsicherung für Arbeitssuchende

SGB IIIArbeitsförderung

SGB IVGemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung

SGB VGesetzliche Krankenversicherung

SGB VIGesetzliche Rentenversicherung

SGB VIIGesetzliche Unfallversicherung

SGB VIIIKinder- und Jugendhilfe

SGB IXRehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen

SGB XVerwaltungsverfahren, Schutz der Sozialdaten

SGGSozialgerichtsgesetz

SprAuGSprecherausschussgesetz

TdLTarifgemeinschaft deutscher Länder

TVA-L BBiGTarifvertrag für Auszubildende der Länder in Ausbildungsberufen nach dem Berufsbildungsgesetz

TVAÖDTarifvertrag für Auszubildende im öffentlichen Dienst

TVGTarifvertragsgesetz

TV-LTarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder

TVöDTarifvertrag für den Öffentlichen Dienst

TVPöDTarifvertrag für Praktikantinnen / Praktikanten des öffentlichen Dienstes

TzBfGTeilzeit- und Befristungsgesetz

VKAVereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände

VOVerordnung

VwGOVerwaltungsgerichtsordnung

WRVWeimarer Reichsverfassung

WVOWerkstättenverordnung

ZPOZivilprozessordnung

Vorwort

Das Arbeitsrecht nimmt in der Sozialen Arbeit und der Kindheitspädagogik keine vorrangige, aber doch eine wichtige Rolle ein. Dies gleich unter zwei Aspekten: Zum einen können im Rahmen der Beratung und Begleitung von KlientInnen arbeitsrechtliche Aspekte (etwa der Verlust des Arbeitsplatzes) eine Rolle spielen. Zum anderen können Fragen des Arbeitsrechts für die eigene Tätigkeit sozialarbeiterischer Fachkräfte relevant werden, bspw. wenn es um die eigenen Arbeitsbedingungen (z. B. Bereitschafts- und Schichtdienste, Wochenendeinsatz oder Überstundenausgleich) oder den Umgang mit Verfehlungen von MitarbeiterInnen geht.

Daher ist das Arbeitsrecht in die sozialarbeiterische und kindheitspädagogische Ausbildung zurecht einbezogen, wenn auch häufig nur im Rahmen von Wahl(pflicht)kursen. Der vorliegende Grundkurs verfolgt das Ziel, Studierenden, PraktikerInnen, Leitungskräften und in Mitarbeitervertretungen engagierten Fachkräften eine erste Einführung und Übersicht an die Hand zu geben.

Wie bei jedem rechtlichen Lehrbuch gilt auch für das vorliegende, dass es für das Verständnis der Texte unerlässlich (!) ist, die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen nachzulesen. Nur so kann eingeübt werden, arbeitsrechtliche Fragen oder Fälle „mit dem Gesetz“ zu lösen, was nicht nur in der Prüfungssituation, sondern insbesondere auch in der sozialarbeiterischen Praxis von Vorteil ist.

Ein ganz besonders herzlicher Dank geht an Herrn Rechtsanwalt Günther Schmauß, dessen Kurzskript letztlich den Anstoß für das vorliegende Werk gegeben hat, das wir zunächst gemeinsam geplant hatten. Darüber hinaus gilt unser Dank Theranda Dobruna und Angelika Nemela für ein erstes „Gegenlesen“ und viele hilfreiche Anmerkungen aus studentischer Sicht.

Leider ist in Werken wie dem vorliegenden immer noch der Hinweis erforderlich, dass eine geschlechtsneutrale Sprache nicht durchzuhalten ist, wenn der Text noch prägnant und verständlich sein soll. Da der Gesetzgeber fast durchgängig die männliche Form für Rechtsbegriffe verwendet, legen auch wir diese zu Grunde und bitten, uns dies nachzusehen.

Rechtsstand ist Juli 2019.

München, im August 2019

Jörg Reinhardt und Daniel Klose

1Einführung in das Arbeitsrecht

Das Arbeitsrecht wird als „Sonderrecht der Arbeitnehmer“ bezeichnet. Es umfasst alle rechtlichen Rahmenbedingungen, die für die Ausgestaltung von Arbeitsverhältnissen von Bedeutung sind und regelt alle durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Ziel des Arbeitsrechts ist es, einen angemessenen Ausgleich zwischen den wirtschaftlichen Interessen von Arbeitgebern und dem in aller Regel vorhandenen sozialen Schutzbedarf und Sicherheitsinteresse der Arbeitnehmer zu schaffen.

Arbeitsverhältnisse können im Einzelfall eine ganze Reihe von Problemen aufwerfen. Beginnend mit der Frage, ob überhaupt ein Vertrag geschlossen wurde, über Fragen seines Inhalts (z. B. Aspekte des Einsatzorts, der Arbeitszeit, der Urlaubsansprüche, von Wochenenddiensten und Pausenregelungen) bis zu dessen Beendigung umfasst das Arbeitsrecht eine Vielzahl unterschiedlichster Regelungsfelder. Ganz grundsätzlich untergliedert sich das Arbeitsrecht dabei in zwei große Teilbereiche:

•das Individualarbeitsrecht, das die Rechte und Pflichten der einzelnen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Bezug auf ein konkretes, individuelles Arbeitsverhältnis festlegt, und

•das Kollektivarbeitsrecht, das die Rechte und Pflichten bestimmter arbeitsrechtlich relevanter Gruppen (z. B. der Tarifpartner oder von Betriebsräten) regelt. Hierzu gehören etwa das Tarifvertragsrecht, das Betriebsverfassungsrecht oder das Arbeitskampfrecht.

Das Arbeitsrecht ist als ein eigenständiges Rechtsgebiet anerkannt. Trotzdem sind alle bisherigen Gesetzgebungsinitiativen zur Schaffung eines einheitlichen „Arbeitsgesetzbuchs“ gescheitert. Das hängt auch mit rechtssystematischen Schwierigkeiten zusammen: Im Arbeitsrecht geht es vor allem um den Abschluss und die Abwicklung von Arbeitsverträgen (vgl. §§ 611a ff. BGB), was dem Zivilrecht zuzurechnen ist. Daneben beinhaltet das Arbeitsrecht aber auch Aspekte, die zum öffentlichen Recht gehören: Gerade die Regelungen über den Arbeitsschutz oder die Beschäftigung schwerbehinderter Arbeitnehmer stellen öffentlich-rechtliche Regelungen dar, die ggf. (z. B. bei Verstößen gegen Beschäftigungsverbote) ein hoheitliches Einschreiten von Behörden (bspw. des Gesundheits-, des Integrations- oder des Gewerbeaufsichtsamts) nach sich ziehen können. Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Teilbereiche des Arbeitsrechts.

Abb. 1: Teilbereiche des Arbeitsrechts

1.1Rechtsquellen im Arbeitsrecht

Da das Arbeitsrecht nicht in einem einheitlichen Gesetz zusammengefasst ist, stehen hier viele Rechtsquellen nebeneinander. Es ist daher immer sorgfältig zu prüfen, welche Regelung oder Rechtsnorm auf eine bestimmte Rechtsfrage anwendbar ist und welche eine andere verdrängt.

Beispiel

Erzieherin E will kündigen. Gilt die Kündigungsfrist aus dem Tarifvertag oder die des BGB?

Sozialarbeiterin A hat Urlaub beantragt. In ihrem Arbeitsvertrag sind 31 Urlaubstage pro Jahr vereinbart, im einschlägigen Tarifvertrag sind nur 29 Urlaubstage vorgesehen, im Bundesurlaubsgesetz sind es nur 24 Tage jährlich. Welche Rechtsquelle ist nun maßgeblich?

Arbeitsvertraglich relevante Regelungen können sich dabei aus folgenden Rechtsquellen ergeben.

1.1.1Internationales Recht

Im Rahmen des internationalen Rechts sind vor allem die Regelungen des Europarechts von erheblicher Bedeutung für das Arbeitsrecht.

Bereits der Vertrag über die Arbeitsweise der EU (AEUV) enthält für das Arbeitsrecht so wichtige Grundfreiheiten wie die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 AEUV) und die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV). Diese schützen EU-Staatsangehörige vor Benachteiligungen, wenn sie grenzüberschreitend tätig sind. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist der in Art. 157 AEUV enthaltene Grundsatz der Entgeltgleichheit von Männern und Frauen, wenn diese gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten.

Im Rahmen des sog. sekundären Gemeinschaftsrechts unterscheidet man EU-Verordnungen, die – wie die vorgenannten Regelungen des AEUV – in den Mitgliedsstaaten unmittelbar und ohne weitere nationale Umsetzungsakte wirken (Art. 288 Abs. 2 AEUV), und Richtlinien, deren Vorgaben durch die Mitgliedsstaaten in deren nationales Recht zu übernehmen sind (Art. 288 Abs. 3 AEUV), die aber für sich keine unmittelbare Rechtswirkung auf den Bürger entfalten.

Die wichtigsten Beispiele für unmittelbar anwendbare EU-Verordnungen im Bereich des Arbeitsrechts sind die sog. „Freizügigkeitsverordnung“ (VO Nr. 492 / 2011), die die in Art. 45 AEUV enthaltene Arbeitnehmerfreizügigkeit konkretisiert, und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Diese regelt u. a. den Umgang mit personenbezogenen Daten von Arbeitnehmern (Kap. 3.5.1).

Im Bereich der Richtlinien gibt es eine ganze Reihe wichtiger Bestimmungen, die in das deutsche Arbeitsrecht übernommen wurden. Einige dieser Richtlinien dienen der Beseitigung von Diskriminierungen:

•Die Gleichbehandlungsrichtlinie (2006 / 54 / EG) soll die Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen sicherstellen, während die sog. „Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie“ (2000 / 78 / EG) den Schutz vor Diskriminierungen wegen der Religion und Weltanschauung, aber auch wegen Behinderung, Alter oder der sexuellen Orientierung bezweckt. Die Vorgaben beider Richtlinien sind in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eingeflossen (Kap. 3.1.3 und 3.5.3).

•Mit der „Entsenderichtlinie“ (1996 / 71 / EG) wird ausgeschlossen, dass die deutschen Arbeitsrechts- und Arbeitsschutzbestimmungen umgangen werden. Diese Richtlinie wird im Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) umgesetzt.

Im Bereich des Arbeitsvertragsrechts existiert eine ganze Reihe weiterer Richtlinien, die in das deutsche Recht überführt wurden. Diese zeigt Tabelle 1.

Tab. 1: EU-Richtlinien zum Arbeitsvertragsrecht

Richtlinie

Ziel/Inhalt

Umsetzung in

Nachweisrichtlinie (1991/533/EWG)

Pflicht der Arbeitgeber zur Unterrichtung ihrer Arbeitnehmer über die für deren Arbeitsverträge geltenden Bedingungen

Nachweisgesetz (NachwG)

Befristungsrichtlinie (1999/70/EG)

Verhinderung der Aushöhlung des arbeitsrechtlichen Schutzes von Arbeitnehmern durch die Befristung von Arbeitsverhältnissen

Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)

Richtlinie über Teilzeitarbeit (1997/81/EG)

Beseitigung von Diskriminierungen Teilzeitbeschäftigter; Förderung der Teilzeitarbeit und einer flexiblen Organisation der Arbeitszeit

Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)

Leiharbeitsrichtlinie (2008/104/EG)

verbesserter Schutz von Leih- oder Zeitarbeitskräften (Grundsatz des „equal pay, equal treatment“)

Arbeitnehmerüber lassungsgesetz (AÜG)

Betriebsübergangs richtlinie (2001/23/EG)

schützt die vertraglichen Rechte von Arbeitnehmern, wenn ein Betrieb oder ein Unternehmen verkauft wird und dadurch ein anderer Arbeitgeber an die Stelle des früheren tritt

§ 613a BGB

Besonders bedeutsam sind auch die im Bereich des Arbeitsschutzrechts vorhandenen Richtlinien der EU, die in Tabelle 2 genannt werden.

Tab. 2: EU-Richtlinien im Bereich des Arbeitsschutzes

Richtlinie

Ziel/Inhalt

Umsetzung in

Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG)

Vorgaben zu Höchstarbeitszeiten, Nachtarbeit, zwingend einzuhaltenden Ruhe- und Pausenzeiten sowie zum Mindestjahresurlaub

Arbeitszeitgesetz (ArbZG) Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)

Richtlinie über den Jugendarbeitsschutz (1994/33/EG)

schützt Minderjährige durch Beschäftigungsverbote für bestimmte Tätigkeiten sowie durch Vorgaben zur Arbeitszeit einschließlich eines Nachtarbeitsverbots

Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)

Mutterschutzrichtlinie (1992/85/EWG)

Schutz werdender und junger Mütter durch ein Kündigungsverbot, Beschäftigungsverbote, Mutterschaftsurlaub und Freistellungen für Vorsorgeuntersuchungen

Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Elternurlaubsrichtlinie (2010/18/EU)

Anspruch auf Freistellung von der Arbeit im Fall der Geburt oder der Adoption eines Kindes

Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)

Auch wenn die vorgenannten Richtlinien vollständig in das deutsche Recht überführt wurden, sollte man stets bedenken, dass der Ursprung der entsprechenden Regelungen letztlich im europäischen Recht liegt. Deshalb sind die deutschen Umsetzungsregelungen, wie sie etwa im ArbZG, dem AGG, dem TzBfG und weiteren Vorschriften enthalten sind, entsprechend den Zielsetzungen und der Entstehungsgeschichte der jeweiligen europäischen Richtlinie zu interpretieren und anzuwenden. Dieses „Gebot richtlinienkonformer Auslegung“ geht letztlich auf Art. 4 Abs. 2 und 3 AEUV zurück. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die besondere Rolle, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Arbeitsrecht einnimmt: Er entscheidet über Fragen zur Auslegung und Anwendung der europäischen Verordnungen und Richtlinien. Selbst wenn sich Urteile des EuGH auf Rechtsstreitigkeiten aus anderen EU-Staaten beziehen, geben diese auch für die Anwendungspraxis in Deutschland wichtige Hinweise.

Beispiel

Gerade im Bereich des kirchlichen Arbeitsvertragsrechts hat der EuGH einige Grundsatzentscheidungen getroffen, die sich mit der Zulässigkeit von Diskriminierungen aufgrund der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft befassen (Kap. 6.2).

Auch das Urlaubsrecht hat der EuGH nunmehr wesentlich geprägt. Seitdem werden die betreffenden Fragen auch durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) entsprechend den europarechtlichen Vorgaben ausgelegt.

Bei einem Auslandsbezug, d. h., wenn etwa deutsche Staatsangehörige bei Firmen mit Sitz im Ausland oder umgekehrt Ausländer bei in Deutschland ansässigen Arbeitgebern tätig sind, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob sich ein arbeitsrechtlicher Sachverhalt nach deutschem oder nach ausländischem Arbeitsrecht beurteilt. Geregelt ist dies im sog. „Kollisionsrecht“ (auch „internationales Privatrecht“ genannt). Dieses geht grundsätzlich von der Möglichkeit einer freien Rechtswahl durch die Vertragspartner aus, sofern dadurch nicht Arbeitnehmern der Schutz entzogen wird, der ihnen zustünde, wenn keine Rechtswahl getroffen worden wäre. Geregelt ist das Kollisionsrecht im Einführungsgesetzbuch zum BGB (EGBGB), EU-Verordnungen und speziellen völkerrechtlichen Vereinbarungen.

1.1.2Grundgesetz

Im Grundgesetz werden nur sehr allgemeine Aspekte des Arbeitsrechts angesprochen, etwa das Grundrecht auf Freiheit der Berufswahl (Art. 12 GG) oder das Koalitionsrecht (Art. 9 Abs. 3 GG). Ein Recht auf Arbeit findet sich hier dagegen nicht. Die Grundrechte sind im Grundgesetz nämlich (im Gegensatz zu Art. 24 Abs. 1 S. 1 der ehemaligen DDR-Verfassung) als reine Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat ausgestaltet, nicht aber als Forderungsrechte.

Zwischen den Vertragspartnern eines Arbeitsvertrags gelten die Grundrechte somit nicht unmittelbar. Allerdings entfalten sie auf dem „Umweg“ über die sog. „Generalklauseln“ des BGB (das sind Paragrafen, die allgemeine und letztlich auf die Verfassung zurückgehende fundamentale Rechtsprinzipien enthalten, vgl. etwa §§ 134, 138 oder 242 BGB) auch im Arbeitsrecht eine Wirkung, die man „mittelbare Drittwirkung“ nennt.

Beispiel

A will B gegen ein Festgehalt beschäftigen: B soll Frauen vermitteln, die sich als Leihmütter zur Verfügung stellen. Die Beschäftigung ist sittenwidrig und deshalb nach § 138 BGB unwirksam, da die Leihmutterschaft in Deutschland als nicht im Einklang mit den Persönlichkeitsrechten der Leihmütter vereinbar angesehen wird. Der auf Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG beruhende Persönlichkeitsschutz wirkt über § 138 BGB in das Arbeitsverhältnis hinein. Im Übrigen ist die Leihmuttervermittlung ohnehin gemäß § 13c des Adoptionsvermittlungsgesetzes (AdVermiG) verboten. Damit verstößt die Beschäftigung von B auch gegen ein Gesetz; der Arbeitsvertrag ist damit zusätzlich gemäß § 134 BGB unwirksam.

Weiteres Beispiel: In einem Kinderheim erhält ein Bezugsbetreuer ein jährliches Weihnachtsgeld; sein Kollege, der ebenso lange in derselben Abteilung arbeitet und die gleiche Qualifikation hat, nicht. Hier liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor, der durch die arbeitsgerichtliche Praxis entwickelt wurde, aber letztlich auf Art. 3 Abs. 1 GG zurückgeht (Kap. 3.5.3).

1.1.3Gesetzliche Regelungen

Im Arbeitsrecht existiert eine Vielzahl von Gesetzen, die jeweils einzelne Teilaspekte arbeitsvertraglicher Vereinbarungen abdecken. Zu nennen sind insbesondere

•das Arbeitsvertragsrecht, das vor allem in §§ 611a ff. BGB geregelt ist. Daneben können sich auch aus weiteren speziellen Gesetzen Bestimmungen über den Abschluss und den Inhalt von Arbeitsverträgen ergeben, etwa aus §§ 105 ff. der Gewerbeordnung (GewO). Hinsichtlich der Formanforderungen sind bspw. das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) sowie das Nachweisgesetz (NachwG) zu beachten; im Rahmen der Vertragserfüllung kommen die Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG), des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) oder im Fall der Beschäftigung behinderter Menschen auch das SGB IX zum Tragen. Bei der Beendigung des Vertrags können sich insbesondere aus dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Besonderheiten ergeben.

•Sonderregelungen für bestimmte Arbeitnehmergruppen finden sich bspw. für kaufmännische Angestellte im Handelsgesetzbuch (HGB) oder für Auszubildende im Berufsbildungsgesetz (BBiG) und dem Altenpflegegesetz (AltPflG).

•die Vorschriften des Arbeitnehmerschutzes. Sie sind etwa im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), im Mutterschutzgesetz (MuSchG), dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG), dem SGB IX (in Bezug auf schwerbehinderte Arbeitnehmer) oder im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zu finden.

•das kollektive Arbeitsrecht (zum Begriff Kap. 5). Es ist vor allem im Tarifvertragsgesetz (TVG) und dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), aber auch in weiteren Gesetzen geregelt.

•die Regelungen über das Verfahren vor den Arbeitsgerichten (Kap. 7) finden sich v.a. im Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) und ergänzend in der Zivilprozessordnung (ZPO).

1.1.4Rechtsverordnungen

Rechtsverordnungen wirken – wie Gesetze – unmittelbar und zwingend für alle. Sie werden von der Bundes- oder Landesregierung oder einzelnen Ministerien auf der Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage erlassen (Art. 80 Abs. 1 GG). Rechtsverordnungen finden sich insbesondere auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit, etwa die Arbeitsstättenverordnung (ArbstättV) oder die Kinderarbeitsschutzverordnung (KindArbSchV).

1.1.5Tarifverträge

Tarifverträge sind sog. Kollektivvereinbarungen, d. h. Verträge zwischen Tarifpartnern. Sie werden von den Gewerkschaften mit den Arbeitgeberverbänden für große Tarifgebiete als sog. „Flächentarifverträge“ (z. B. ganze Bundesländer) oder mit einzelnen Arbeitgebern als sog. „Firmen“- bzw. „Haustarifvertrag“ abgeschlossen. Da die Tarifverträge oftmals gesetzliche Bestimmungen verdrängen (§ 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 4 des TVG sowie Kap. 1.1.11) und sich unmittelbar auf die Ausgestaltung der individuellen Arbeitsverhältnisse auswirken, besitzen sie eine große praktische Relevanz.

Gerade im Bereich der Sozialen Arbeit spielen Tarifverträge eine sehr große Rolle: Viele SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen, aber auch ErzieherInnen, PädagogInnen oder PsychologInnen sind in Landesbehörden (z. B. den Versorgungs- oder Integrationsämtern) tätig oder bei den sozialen Diensten, Jugend- oder Gesundheitsämtern der Kommunen (Kreisfreie Städte, Landkreise, Gemeinden etc.) angestellt. Für sie gelten die Tarifverträge der Länder (TV-L) bzw. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). In der Praxis sind nur die kleinen und kleinsten Träger (z. B. ein örtlicher Kita-Träger in der Form eines eingetragenen Vereins) tarifvertraglich ungebunden.

Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht (Kap. 6.2) erlaubt den kirchlichen Trägern, eigene arbeitsrechtliche Regelungen für die bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer zu schaffen. Bei diesen sog.. „Arbeitsvertragsrichtlinien“ (AVR, Kap. 6.2) handelt es sich rechtlich gesehen allerdings nicht um Tarifverträge, sondern um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 ff. BGB (Kap. 2.1.3).

1.1.6Betriebsvereinbarungen

Zu den Kollektivvereinbarungen gehören auch die Betriebsvereinbarungen. Diese sind quasi ein „Parallelinstitut“ zum Tarifvertrag, gelten aber nicht für eine ganze Branche, sondern nur auf der Ebene einzelner Betriebe, Unternehmen oder Konzerne (in letzteren Fällen spricht man von Gesamt- bzw. Konzernbetriebsvereinbarungen). Wegen ihrer unmittelbaren und zwingenden Wirkung (§ 77 Abs. 4 BetrVG) werden Betriebsvereinbarungen auch gelegentlich als „das Betriebsgesetz“ bezeichnet: Betriebsvereinbarungen können Rechte und Pflichten für die Arbeitnehmer eines Betriebs begründen, die nicht im Rahmen von einzelnen Arbeitsverträgen oder einseitigen Arbeitgeberweisungen zu Ungunsten der Arbeitnehmer abbedungen werden können.

Vertragspartner solcher Vereinbarungen sind aufgrund ihrer Betriebsbezogenheit immer nur ein einzelner Arbeitgeber und der jeweilige Betriebsrat (bzw. der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat).

Die gesetzliche Grundlage für Betriebsvereinbarungen findet sich in § 77 BetrVG; sie sind nach § 77 Abs. 2 BetrVG zwingend schriftlich abzuschließen.

Betriebsvereinbarungen kommen immer dort in Betracht, wo im Betriebsverfassungsgesetz Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates vorgesehen sind.

Beispiel

Heimträger A hat mit dem Betriebsrat schriftlich vereinbart, dass künftig jeder Beschäftigte, der an Heiligabend arbeiten muss, dafür an Silvester freinehmen kann und umgekehrt. Hier ist eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen worden (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Gleiches wäre der Fall, wenn der Träger einer Erziehungsberatungsstelle im Einvernehmen mit dem Betriebsrat die Regelarbeitszeit für Silvester und den Heiligen Abend auf jeweils vier Stunden festlegt. Auch die Einführung der gleitenden Arbeitszeit, einer elektronischen Arbeitszeiterfassung oder die zeitliche Lage der einzelnen Schichten im Schichtdienst können durch Betriebsvereinbarung festgelegt werden.

Je nach Art der Mitbestimmung (Kap. 5.3.1) können Betriebsvereinbarungen durch den Betriebsrat (ggf. über eine Einigungsstelle – hierzu §§ 76 und 87 Abs. 2 BetrVG) u.U. gegen den Willen des Arbeitgebers durchgesetzt, jedenfalls aber freiwillig vereinbart werden (z. B. § 88 BetrVG).

Betriebsvereinbarungen enden automatisch, wenn sie von den Betriebsparteien nur befristet abgeschlossen oder einvernehmlich aufgehoben bzw. abgeändert wurden. Zudem können sie einseitig durch Arbeitgeber oder Betriebsrat gekündigt werden. Ist eine Betriebsvereinbarung abgelaufen, so gelten die darin enthaltenen Regelungen in Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung (v.a. solche gemäß § 87 BetrVG) so lange weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden (sog. „Nachwirkung“, § 77 Abs. 6 BetrVG).

1.1.7Arbeitsvertrag

Besonders bedeutsam für die im konkreten Einzelfall maßgeblichen Regularien ist natürlich der jeweilige, zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossene Arbeitsvertrag. Durch dessen Abschluss entsteht das Arbeitsverhältnis. Die für dieses geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen (§§ 611a ff. BGB) sind allerdings nur sehr knapp: Das BGB enthält nur Mindeststandards, die zwingend zu beachten sind. Wegen der grundgesetzlich verbürgten Vertragsfreiheit steht es den Parteien des Arbeitsverhältnisses frei, alle weiteren Details nach ihren individuellen Anforderungen, Bedürfnissen und Wünschen auszugestalten. Da das Arbeitsrecht aber auch dem Schutz der Interessen von Arbeitnehmern dient, gibt es eine Reihe von Vorschriften, die der Vertragsfreiheit aus Gründen des Sozial- und des Individualschutzes Grenzen setzen.

Beispiel

Im Arbeitsvertrag wird eine längere Kündigungsfrist festgelegt, als in § 622 BGB vorgesehen. Das ist zulässig. Eine kürzere als die gesetzliche Kündigungsfrist wäre dagegen nicht mit dem Schutzzweck des Arbeitsrechts vereinbar (§ 622 Abs. 5 BGB) – schließlich ist es für Arbeitnehmer typischerweise von existenzieller Bedeutung, dass sie sich auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses als ihrer „Einkommensquelle“ verlassen können. Dieses soll daher nicht „von heute auf morgen“ einseitig durch den Arbeitgeber beendet werden können.

1.1.8Betriebliche Übung

Eine sog. „betriebliche Übung“ kann in Bezug auf Leistungen des Arbeitgebers, aber auch hinsichtlich der Pflichten von Arbeitnehmern entstehen, die im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich geregelt sind. Dies gilt vor allem im Bereich freiwilliger Zusatzleistungen durch Arbeitgeber: Nach dreimaliger freiwilliger Gewährung einer Gratifikation ohne Freiwilligkeitsvorbehalt entsteht beim Arbeitnehmer laut der Rechtsprechung ein schützenswertes Vertrauen, dass diese Leistung auch in Zukunft erfolgen wird. Obwohl es sich eigentlich um einen Fall der sog. „Vertrauenshaftung“ handelt, konstruiert das BAG das Zustandekommen der betrieblichen Übung im Wege des Vertragsschlusses: Das wiederholte Verhalten des Arbeitgebers wird als Vertragsangebot angesehen, dessen ausdrückliche Annahme durch den Arbeitnehmer nicht erforderlich ist (§ 151 BGB).

Beispiel

Im Arbeitsvertrag von Heilerziehungspflegerin A ist ein Weihnachtsgeld nicht vereinbart. Gleichwohl erhält sie in drei aufeinander folgenden Jahren eine Weihnachtsgratifikation ausgezahlt auf der Grundlage einer E-Mail mit dem Wortlaut: „Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir freuen uns, Ihnen auch dieses Jahr wieder ein Weihnachtsgeld in Höhe von 500 EUR auszahlen zu können.“ Hier ist eine betriebliche Übung entstanden. Mitarbeiterin A hat also auch im kommenden Jahr einen Rechtsanspruch auf die Bezahlung von Weihnachtsgeld.

Gegenbeispiel: Arbeitgeber A bewilligt seinen Beschäftigten ein Urlaubsgeld. Vor dessen Auszahlung erhält jeder Arbeitnehmer einen Brief mit dem Wortlaut: „… können wir ihnen aufgrund unserer guten finanziellen Entwicklung ein Urlaubsgeld von 1.000 EUR auszahlen. Wir weisen aber darauf hin, dass es sich hierbei um eine rein freiwillige Leistung handelt, mit der keinerlei Ansprüche auf erneute Auszahlung in den kommenden Jahren verbunden sind.“ Hier entsteht kein Anspruch aus betrieblicher Übung, da ein Freiwilligkeitsvorbehalt erklärt wurde. Aus diesem wird deutlich, dass sich der Arbeitgeber rechtlich nicht für die Zukunft binden wollte. Das ist zulässig. Es besteht daher kein Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf Auszahlung eines Urlaubsgeldes im Folgejahr.

Will der Arbeitgeber eine bestimmte Gratifikation künftig nicht weiter gewähren, so kann er dies laut der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur über eine Änderungskündigung (Kap. 4.4) oder durch eine entsprechende einvernehmliche Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer erreichen.

1.1.9Gesamtzusage

Während die betriebliche Übung durch Wiederholung schlüssigen Arbeitgeberverhaltens entsteht, kann sich ein Arbeitgeber auch durch eine einmalige einseitige Erklärung (bspw. durch ein E-Mail-Rundschreiben, einen Aushang am „schwarzen Brett“ oder eine Info im betrieblichen Intranet) rechtlich binden. Voraussetzung hierfür ist, dass er ein Leistungsversprechen bekannt gibt und dabei keinen Freiwilligkeitsvorbehalt macht. Die Arbeitnehmer müssen das in der Gesamtzusage liegende Angebot des Arbeitgebers wegen § 151 BGB nicht ausdrücklich annehmen.

Beispiel

Der Geschäftsführer eines Senioren- und Pflegeheims gibt während seiner „Jahresabschlussrede“ im Rahmen der Weihnachtsfeier bekannt, dass er „ab sofort immer ein Weihnachtsgeld in Höhe eines halben Monatsgehalts ausbezahlen wird“. Hier ist eine Gesamtzusage erfolgt. Mitarbeiterin A kann aufgrund dieser ab sofort jedes Jahr die Auszahlung von Weihnachtsgeld fordern und ggf. gerichtlich durchsetzen.

1.1.10Direktionsrecht des Arbeitgebers

Das Direktionsrecht („Weisungsrecht“) des Arbeitgebers ergibt sich aus § 611a Abs. 1 S. 2 BGB und § 106 Gewerbeordnung (GewO), aber auch ganz allgemein aus dem Wesen des Arbeitsvertrags, das gerade durch die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers und dessen Eingliederung in den Betrieb gekennzeichnet ist. Das Direktionsrecht erstreckt sich auf die Durchführung des Arbeitsverhältnisses, also auf den Inhalt sowie Zeit und Ort der konkreten Tätigkeit des Arbeitnehmers (§ 611a Abs. 1 S. 2 BGB). Es gibt dem Arbeitgeber somit die Möglichkeit, die im Arbeitsvertrag in aller Regel nur allgemein bezeichneten beruflichen Aufgaben eines Beschäftigten („Heilerziehungspfleger“, „Gruppenleitung in den Erzieherischen Hilfen“, „Fachberaterin“, „Streetworker“) zu konkretisieren und zu bestimmen, welche Aufgaben der Beschäftigte genau zu übernehmen und zu erledigen hat (Kap. 3.4.2).

Beispiel

Sozialarbeiterin S wird im Jugendamt laut Arbeitsvertrag als „Fachkraft im Bereich der Allgemeinen Sozialen Dienste“ beschäftigt. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers ermöglicht der Amtsleitung, die S künftig je nach Bedarf für die „Erzieherischen Hilfen, Buchstabe A bis C“, die Erziehungsberatung, die Trennungs- und Scheidungsberatung, die „präventiven Jugendhilfeaufgaben in den Stadtteilen Ostvorstadt und Zentrum Ost“ oder andere Aufgaben(teil)bereiche einer solchen Fachkraft einzusetzen.

1.1.11Verhältnis der Rechtsquellen untereinander

In der Praxis sind oftmals mehrere der vorgenannten Rechtsquellen auf einen Sachverhalt anwendbar, führen aber zu unterschiedlichen oder sich möglicherweise sogar widersprechenden Rechtsfolgen.

Beispiel

Urlaubsregelungen können sich im Arbeitsvertrag, dem einschlägigen Tarifvertrag und dem Bundesurlaubsgesetz finden.

Deshalb gibt es Regeln, die festlegen, welche Norm von einer anderen Norm verdrängt wird und welche Normen vorrangig sind:

•Laut dem „Rangprinzip“ hat grundsätzlich die ranghöhere Norm Vorrang vor der rangniederen Norm. Hierbei herrscht ein festes Rangverhältnis, das sich aus der Wertigkeit der jeweiligen Norm ergibt. Dieses kann aus der in der rechtswissenschaftlichen Literatur verwendeten „Normenpyramide“ (Abb. 2) abgelesen werden.

Beispiel

Das Europarecht (Kap. 1.1.1) hat im Arbeitsrecht oftmals Vorrang vor den nationalen Vorschriften.

Aus dem Tarifvorrang (§§ 77 Abs. 3 und 87 Abs. 1 BetrVG) folgt, dass Tarifverträge grundsätzlich Betriebsvereinbarungen vorgehen. Betriebsvereinbarungen dürfen also keine Arbeitsentgelte und sonstigen Arbeitsbedingungen regeln, die bereits Inhalt oder üblicherweise Gegenstand eines Tarifvertrages sind, sofern dies nicht in einer sog. „Öffnungsklausel“ des Tarifvertrags ausdrücklich gestattet ist. Fällt also bspw. ein Betrieb in den räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrags, der z. B. einen Jahresurlaub von 30 Tagen vorsieht, dürfen die Betriebsparteien in einer Betriebsvereinbarung keinen weitergehenden Urlaubsanspruch, etwa von 33 Tagen, vorsehen, auch wenn diese Regelung für die Arbeitnehmer des Betriebes günstiger wäre.

Gemäß § 106 Satz 1 GewO reicht das Weisungsrecht des Arbeitgebers nur so weit, wie Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag nichts anderes regeln. Deshalb steht das Weisungsrecht in der Normenhierarchie ganz unten.

•Innerhalb einer gleichrangigen Rechtsquelle löst eine spätere Regelung eine frühere Regelung ab (sog. „Ordnungsprinzip“).

Beispiel

Bis zum Jahr 2001 hatten Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Erziehungsurlaub, der sich aus § 15 des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) ergab. Diese Regelung wurde durch des Bundeselternzeit- und Elterngeldgesetz (BEEG) abgelöst. Daher besteht nun kein Anspruch auf Erziehungsurlaub mehr – Eltern haben nun einen Anspruch auf Elternzeit (§ 15 BEEG), deren Ausgestaltung völlig anderen gesetzlichen Kriterien unterliegt als der im früheren Gesetz geregelte Erziehungsurlaub.

•Bei gleichrangigen Rechtsquellen gilt das „Spezialitätsprinzip“, d. h. die speziellere Regelung geht der allgemeinen vor.

Beispiel

Während das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden bei einer Sechs-Tage-Woche vorsieht (§ 3 ArbZG), bestimmen §§ 8 und 15 des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) für Jugendliche eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden bei einer Fünf-Tage-Woche. Beide Gesetze sind in Kraft und gleichrangig, das JArbSchG ist jedoch für jugendliche Arbeitnehmer (zum Begriff siehe § 2 Abs. 2 JArbSchG) die speziellere Norm und hat für diese Personengruppe Vorrang, da der Gesetzgeber Jugendlichen einen weiter gehenden Schutz gewähren will als „normalen“ Arbeitnehmern.

•Vom Rangprinzip und dem Ordnungsprinzip gibt es die Ausnahme des sog. „Günstigkeitsprinzips“. Dieses Prinzip, das etwa in § 4 Abs. 3 TVG oder § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG zum Ausdruck kommt, besagt, dass entgegen den vorstehenden Ausführungen eine rangniedere die ranghöhere Regelung verdrängen kann, wenn diese für den Arbeitnehmer günstiger ist.

Beispiel

Verpflichtet sich ein Arbeitgeber dazu, einem Arbeitnehmer ein deutlich über dem Tariflohn liegendes Arbeitsentgelt zu bezahlen, so ist diese Regelung aus dem (an sich „rangniederen“) Arbeitsvertrag für den Arbeitnehmer günstiger als die Bestimmung des einschlägigen ranghöheren Tarifvertrags. Gleichwohl ist die nachrangige vertragliche Regelung aufgrund des Günstigkeitsprinzips die entscheidende Bestimmung. Der Arbeitnehmer kann also den darin vereinbarten höheren Lohn verlangen.

Während im Verhältnis von Betriebsvereinbarung zu Tarifvertrag gemäß § 77 Abs. 3 BetrVG das Rangprinzip gilt, der Tarifvertrag also kraft Gesetzes Vorrang hat, gilt im Verhältnis von Betriebsvereinbarung zum Arbeitsvertrag wieder das Günstigkeitsprinzip: Für den Arbeitnehmer günstigere arbeitsvertragliche Regelungen haben also Vorrang vor den Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung. § 4 Abs. 3 TVG wird entsprechend auf die Betriebsvereinbarung angewandt (Abb. 2).

Abb. 2: Normenpyramide

1.2Begriffsdefinitionen

Wie überall in der Rechtswissenschaft ist es auch im Arbeitsrecht unerlässlich, exakt mit den in den einzelnen Rechtsnormen verwendeten Begriffen umzugehen. Im Arbeitsrecht erhalten diese ihre genaue Ausprägung oftmals erst aufgrund der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und anderer Obergerichte.

1.2.1Arbeitnehmer

Arbeitnehmer ist nach § 611a BGB, wer im Dienste eines anderen zur Leistung einer weisungsgebundenen, fremdbestimmten Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Im Gegensatz zu einem Selbstständigen („Freiberufler“) kann ein Arbeitnehmer seine Tätigkeit im Wesentlichen nicht frei gestalten und seine Arbeitszeit sowie regelmäßig auch seinen Arbeitsort nicht frei bestimmen. Er unterliegt den fachlichen und organisatorischen Weisungen des Arbeitgebers (§ 611a Abs. 1 S. 3 BGB).

Beispiel

S arbeitet als Streetworkerin für einen freien Jugendhilfeträger in einer Großstadt. Vom Träger erhält sie Anweisungen, zu welchen Tagen und Uhrzeiten sie an welchen Standorten präsent sein soll. S kann nicht selbst entscheiden, wann und wo sie ihre Angebote platziert.

Selbst wenn eine weitgehende fachliche Selbstständigkeit gegeben ist, liegt eine Arbeitnehmereigenschaft vor, wenn die betreffende Person hinsichtlich Ort und Zeit der Arbeitsleistung in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert ist oder aus anderen Gründen eine persönliche Abhängigkeit vorliegt.

Beispiel

Sozialarbeiter S ist bei einem freien Träger als Vollzeitkraft für die berufsbezogene Sozialarbeit mit Menschen mit Migrationshintergrund eingestellt. Er kann zwar selbst bestimmen, welche konkreten Angebote und Kurse er für die Zielgruppe entwickelt und durchführt; es ist aber klar geregelt, wie viele Stunden pro Woche seine Arbeitszeit beträgt und zu welchen Zeiten er in seinem Büro persönlich erreichbar sein muss. S ist Arbeitnehmer.

Da die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmereigenschaft und Selbstständigkeit oftmals nicht eindeutig ist, muss im Einzelfall immer eine Gesamtschau der Verhältnisse vorgenommen werden (§ 611a Abs. 1 S. 5 BGB). In diese ist bspw. auch einzubeziehen, ob die beschäftigte Person einem einzigen Vertragspartner ihre gesamte Arbeitskraft zur Verfügung stellt und ob sie berechtigt ist, die Tätigkeit weiter zu delegieren (z. B. an eigene Mitarbeiter oder Subunternehmer) oder in eigener Person die Leistung erbringen muss (§ 613 BGB). Des Weiteren wird als Indiz zu beachten sein, inwieweit Urlaubszeiten mit dem jeweiligen Betrieb abgestimmt werden müssen, ob im Fall von Krankheit eine Lohnfortzahlung bezahlt wird oder ob alle Arbeitsmaterialien (z. B. Computer, Büromaterial, Dienstwagen) bereitgestellt werden. Zudem ist zu prüfen, wem im konkreten Einzelfall das unternehmerische Risiko obliegt, wer also dafür haften muss, wenn die vereinbarte Leistung nicht wie gewünscht erbracht wurde.

Führt die Gesamtschau der konkreten Verhältnisse des jeweiligen Einzelfalls zur Annahme eines Arbeitsverhältnisses, so ist völlig unerheblich, ob der Arbeitnehmer im Vertrag als „Honorarkraft“, „Praktikant“, „Subunternehmer“ etc. bezeichnet wurde. Die Bezeichnung ist nicht maßgeblich; entscheidend sind ausschließlich die tatsächlichen Verhältnisse (§ 611a Abs. 1 S. 6 BGB). Liegt also aufgrund der Umstände ein Arbeitsverhältnis vor, dann ist auch das gesamte Arbeitsrecht auf dieses anzuwenden.

Beispiel