Hamburg - Bremen - Michael Schildmann - E-Book

Hamburg - Bremen E-Book

Michael Schildmann

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Beschreibung

Nachdem er viel über den Olavsweg in Norwegen erzählt hat, nimmt uns Michael Schildmann hier mit auf einen kleinen, scheinbar unbedeutenden Weg. Er pilgerte im Herbst 2022 von Hamburg nach Bremen (Dauer 1 Woche). Aber auch diese Strecke ist Teil des berühmten Jakobsweges, des Camino, genau genommen der Via Baltica, und führt somit letztendlich nach Santiago de Compostela. Und sie beginnt weit im Nordosten Europas in Tallinn, in der Hauptstadt Estlands. Bereits 2014 und 2015 war Schildmann mit seiner Frau gemeinsam unterwegs auf dieser Route. Damals liefen sie von Swinemünde in Polen nach Rostock und im folgenden Jahr von Rostock nach Hamburg. Schon daraus ergab sich als nächster Schritt irgendwann die Strecke Hamburg bis Bremen zu laufen.

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Inhaltsverzeichnis

1. Versuch

SAMSTAG 23.07.2022 21.44

SONNTAG 24.7.2022 22:30 Uhr

MONTAG 25.7.2022 (Rückfahrt)

2. Versuch

MITTWOCH 19.Oktober 2022 (Anfahrt)

DONNERSTAG 20.Oktober 2023 (Tag-01)

FREITAG 21.10.2022 (Tag 2)

SAMSTAG 22.10.2022 (Tag 03)

SONNTAG 23.10. (Tag 04)

MONTAG 24.10.2022 (Tag 05)

1.Versuch

SAMSTAG 23.07.2022 21.44

Ich komme gerade vom Essen zurück. Im „Ancora“ haben meine Frau und ich schon vor einigen Jahren gegessen. Es liegt im Portugiesenviertel von Hamburg, nahe den Landungsbrücken und damit auch nahe der Jugendherberge „Am Stintfang“. Oft habe ich hier seitdem genächtigt, meist weil ich zur Pilgermesse in „St.Jacobi“ gereist bin. Auf dieser Messe habe ich seit meinem ersten Buch über den Olavsweg immer einen kleinen Stand, meist direkt neben den Gästen aus Norwegen und Schweden, und stelle meine Erfahrungsberichte vor - von 2010, von 2012 und von 2017. Frau

Heute geht es mir um die „Via Baltica“, den Jakobsweg vom Baltikum durch Polen über Swinemünde nach Deutschland und weiter nach Santiago. In den Jahren 2014 und 2015 ging ich diesen Weg zusammen mit meiner Frau, in zwei Etappen: 2014 von Swinemünde nach Rostock und 2015 von Rostock nach Hamburg (mit Hin- und Rückreise jeweils zwei Wochen). Heute

Jetzt, im Jahre 2022, - 5 Jahre nach dem Olavsweg von Karlstad nach Trondheim (meiner letzte Pilgerreise) möchte ich „endlich“ wieder pilgern, laufen, wandern, auf mich zurückgeworfen sein. Das 9-Euro-Ticket macht es mir leicht, an meinen Startpunkt zu kommen, nach Hamburg in diese Jugendherberge. Jetzt,

Heute Morgen bin ich noch mit meiner Frau und einem Anhänger nach Burhafe in der Wesermarsch gefahren. Dort holten wir drei großformatige Aludibond-Platten ab. Sie bilden den Malgrund für ein Garagentor. Ein Tor, das meine Frau im Rahmen einer Kunstaktion gestalten soll. Zurück in Oldenburg haben wir die drei Platten in ihrem Atelier senkrecht aufgestellt. Jetzt kann sie arbeiten, während ich unterwegs bin. Das ist der Plan.

Heute nachmittag kurz vor 16:00 Uhr waren wir am Bahnhof in Oldenburg, es war überall ziemlich voll, trotzdem war mein Zug fast pünktlich. Erst in Bremen gab es ein ziemliches Durcheinander. Ich stand bereits auf dem Bahnsteig, als die Durchsage kam, dass der Zug auf einem anderen Bahnsteig einfährt. Mit mir rannten viele andere Fahrgäste hinüber. Aber es kam kein Zug, er hatte Verspätung. Fast eine Stunde wartete ich. Zwar hatte ich keinen großen Zeitdruck, mein Bett in der Jugendherberge war schon reserviert, aber es war ziemlich heiß und voll, und das Warten war einfach nur langweilig. Irgendwann sprach mich eine Gruppe junger arabischer Frauen an und fragte, was ich vorhätte. Mein Rucksack und die Wanderstöcke hatten wohl ihre Aufmerksamkeit erregt. Also versuchte ich auf Englisch mein Vorhaben und die Hintergründe zu erklären. Als ich zur Verdeutlichung und Erklärung den Jakobsweg mit der islamischen Pilgerfahrt nach Mekka verglich, verstanden sie und wünschten mir alles Gute.

Plötzlich machte mich eine Frau darauf aufmerksam, dass auf einem anderen Gleis ein Zug nach Hamburg abfahren würde. Eigentlich fuhr dieser Zug später als meiner, aber durch dessen Verspätung hatte sich das Blatt gewendet. Also stürmte ich noch einmal zu einem anderen Bahngleis und erwischte einen Zug, der zügig bis Hamburg durchfuhr und nicht „an jeder Milchkanne“ hielt.

Im Zug versuchte ich, etwas abseits zu sitzen und fand einen Platz bei den Fahrradstellplätzen. Schräg gegenüber saß ein bärtiger, jüngerer Mann, ebenfalls mit Rucksack. Er stellte sich als finnischer Künstler vor, der auf dem „Rückweg“ von Spanien sei. Immer in Etappen, mit Zug, Bus und zu Fuß war er inzwischen bis Bremen gekommen. Und ganz selten: Er kannte den „Olavsweg“, wusste sogar, dass man ihn seit einigen Jahren in Finnland beginnen, dann nach Schweden überqueren und anschließend z.B. von Sundsvall über Östersund nach Trondheim wandern kann. (Das war 2012 mein zweiter Olavsweg – damals von Sundsvall aus). In Hamburg verabschiedeten wir uns und ich fuhr mit der S1 (Richtung Wedel) bis zur Haltestelle Landungsbrücken. Von dort stieg ich zur Jugendherberge hinauf. Man hat dort einen wunderbaren Blick über den Hafen - von der neuen Elbphilharmonie ganz links bis zum Fischmarkt auf der rechten Seite.

In der Herberge musste ich einchecken damit mein Bett sicher war. Ich mag diese gemischten 8-Bett-Zimmer. Bei jeder meiner bisherigen Übernachtungen traf ich auf sehr unterschiedliche Menschen. Heute liegt z.B. eine junge Italienerin auf ihrem Bett und liest. In fließendem Englisch erklärt sie, dass sie einen verletzten Fuß habe und deswegen nicht mit ihren Freundinnen in der Stadt unterwegs sei.

Nach dem ich mein Bett bezogen und meine Sachen eingeschlossen habe, gehe ich hinunter ins portugiesische Viertel. Einfachheitshalber lasse ich mein Navi im Smartphone die Strecke aufzeichnen. So kann ich in fremder Umgebung entspannt durch die Straßen laufen, weiß immer, wo ich bin und finde später schnell einen Rückweg.

Viele Gäste sitzen drinnen, aber bei „unserem“ Italiener kann ich auch draußen essen. Eine Pizza und ein Glas Bier. Als mir irgendwann zu kühl wird, breche ich auf, mache noch einen kleinen Schlenker zu den Landungsbrücken und steige dann wieder hinauf zur Jugendherberge. Unterhalb der Anlage überquere ich einen Aussichtsplatz. Etliche, meist jüngere Menschen genießen hier den Abend. Auch oben in der Herberge sind die Fenster und Türen weit geöffnet. Drinnen und draußen sitzen die Gäste, man trinkt ein Bier, liest, redet, schreibt oder daddelt am Computer. Und das alles mit dem Blick auf den nächtlichen Hafen und die Landungsbrücken, wo noch immer viele Menschen am Wasser entlang laufen.

Was verspreche ich mir von diesem Weg?

Möchte ich Gott „begegnen“ (wie Hape Kerkeling es einmal ausdrückte), mit ihm reden? Geht das sonst nicht? Was möchte ich von ihm? Schutz? Hilfe?

Später, nach einer kleinen Recherche im Netz weiß ich: Der geplante Besuch des Gottesdienstes von St. Jacobi morgen (Sonntag) vormittag klappt nicht. Er beginnt zu spät und die Kirche liegt in der Gegenrichtung meines Weges. Natürlich ist sonntags auch das Pilgerzentrum nicht geöffnet, einen Stempel bekomme ich also nicht, oder? Nun muss der Stempel der Jugendherberge ausreichen. Ist ja auch nicht wirklich wichtig, sondern hat eher einen Erinnerungswert.

Es ist jetzt zehn Uhr: Ich bin müde, sitze draußen auf der kleinen Terrasse am Speisesaal. Beim weiteren Suchen im Netz stelle ich fest: Die anglikanische Kirche öffnet um neun Uhr, auch der kleine Michel öffnet um neun Uhr. Dann suche ich nach Kirchen, die an meinem Weg liegen. St. Pauli? Um elf Uhr und zu nahe. Dann finde ich die Christianskirche. Sie liegt am Weg, am Ottenser Marktplatz, etwa eine Laufstunde entfernt und der Gottesdienst beginnt morgen um zehn Uhr dreißig. Passt. Damit kann ich jetzt ausrechnen, wann ich aufstehen und frühstücken sollte. Und natürlich wann ich aufbrechen muss. Morgen früh um neun Uhr? Das sollte reichen.

SONNTAG 24.7.2022 22:30 Uhr

Ich sitze wieder in der Jugendherberge, draußen, mit Blick auf den Hafen. Das kann eigentlich nicht sein, ist aber so. Einige Ereignisse hatten meine Pläne durchkreuzt. Jetzt ist weniger los als gestern Abend. Vielleicht weil morgen die neue Woche beginnt? Trotzdem sind etliche Krankenwagen und auch Polizeiwagen mit Blaulicht unterwegs. Die Martinshörner heulen immer wieder unten vorbei. Stille wird es hier wohl nie geben. Aber ich wollte ja auch längst weg sein.

Der Tag war gut – und blöd. Weil er blöd zu Ende gegangen ist, weil in Wedel/ Schulau bis auf Weiteres keine Fähre zum anderen Elbufer fährt, weil ich meine Herberge auf der anderen Seite der Elbe gebucht hatte.