Hand-Orakel und Kunst der Weltklugheit - Baltasar Gracián - E-Book

Hand-Orakel und Kunst der Weltklugheit E-Book

Gracián Baltasar

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Beschreibung

Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. Wie meistere ich mein Leben in einer Welt, die vergänglich und unvollkommen ist? Was muss ich tun, um mit mir selbst und meiner Umwelt in Einklang zu sein? – Fragen wie diese stehen im Mittelpunkt von Baltasar Graciáns ›Hand-Orakel‹. Spätestens seit Arthur Schopenhauers kongenialer Übersetzung gilt das Buch als einer der beliebtesten Ratgeber der Weltliteratur. Seine klugen Antworten auf die drängenden Fragen des Lebens erweisen sich gerade heute wieder als hilfreich und modern.

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Seitenzahl: 200

Veröffentlichungsjahr: 2012

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Baltasar Gracián

Hand-Orakel und Kunst der Weltklugheit

Aphorismen

 

Aus dem Spanischen von Arthur Schopenhauer

 

Impressum

 

 

Covergestaltung: bilekjaeger, Stuttgart

 

© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2011

 

Unsere Adressen im Internet:

www.fischerverlage.de

www.fischer-klassik.de

 

Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-10-401870-6

 

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Inhalt

Geh! gehorche meinen Winken,

Vorwort des Übersetzers

An den Leser

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel

39. Kapitel

40. Kapitel

41. Kapitel

42. Kapitel

43. Kapitel

44. Kapitel

45. Kapitel

46. Kapitel

47. Kapitel

48. Kapitel

49. Kapitel

50. Kapitel

51. Kapitel

52. Kapitel

53. Kapitel

54. Kapitel

55. Kapitel

56. Kapitel

57. Kapitel

58. Kapitel

59. Kapitel

60. Kapitel

61. Kapitel

62. Kapitel

63. Kapitel

64. Kapitel

65. Kapitel

66. Kapitel

67. Kapitel

68. Kapitel

69. Kapitel

70. Kapitel

71. Kapitel

72. Kapitel

73. Kapitel

74. Kapitel

75. Kapitel

76. Kapitel

77. Kapitel

78. Kapitel

79. Kapitel

80. Kapitel

81. Kapitel

82. Kapitel

83. Kapitel

84. Kapitel

85. Kapitel

86. Kapitel

87. Kapitel

88. Kapitel

89. Kapitel

90. Kapitel

91. Kapitel

92. Kapitel

93. Kapitel

94. Kapitel

95. Kapitel

96. Kapitel

97. Kapitel

98. Kapitel

99. Kapitel

100. Kapitel

101. Kapitel

102. Kapitel

103. Kapitel

104. Kapitel

105. Kapitel

106. Kapitel

107. Kapitel

108. Kapitel

109. Kapitel

110. Kapitel

111. Kapitel

112. Kapitel

113. Kapitel

114. Kapitel

115. Kapitel

116. Kapitel

117. Kapitel

118. Kapitel

119. Kapitel

120. Kapitel

121. Kapitel

122. Kapitel

123. Kapitel

124. Kapitel

125. Kapitel

126. Kapitel

127. Kapitel

128. Kapitel

129. Kapitel

130. Kapitel

131. Kapitel

132. Kapitel

133. Kapitel

134. Kapitel

135. Kapitel

136. Kapitel

137. Kapitel

138. Kapitel

139. Kapitel

140. Kapitel

141. Kapitel

142. Kapitel

143. Kapitel

144. Kapitel

145. Kapitel

146. Kapitel

147. Kapitel

148. Kapitel

149. Kapitel

150. Kapitel

151. Kapitel

152. Kapitel

153. Kapitel

154. Kapitel

155. Kapitel

156. Kapitel

157. Kapitel

158. Kapitel

159. Kapitel

160. Kapitel

161. Kapitel

162. Kapitel

163. Kapitel

164. Kapitel

165. Kapitel

166. Kapitel

167. Kapitel

168. Kapitel

169. Kapitel

170. Kapitel

171. Kapitel

172. Kapitel

173. Kapitel

174. Kapitel

175. Kapitel

176. Kapitel

177. Kapitel

178. Kapitel

179. Kapitel

180. Kapitel

181. Kapitel

182. Kapitel

183. Kapitel

184. Kapitel

185. Kapitel

186. Kapitel

187. Kapitel

188. Kapitel

189. Kapitel

190. Kapitel

191. Kapitel

192. Kapitel

193. Kapitel

194. Kapitel

195. Kapitel

196. Kapitel

197. Kapitel

198. Kapitel

199. Kapitel

200. Kapitel

201. Kapitel

202. Kapitel

203. Kapitel

204. Kapitel

205. Kapitel

206. Kapitel

207. Kapitel

208. Kapitel

209. Kapitel

210. Kapitel

211. Kapitel

212. Kapitel

213. Kapitel

214. Kapitel

215. Kapitel

216. Kapitel

217. Kapitel

218. Kapitel

219. Kapitel

220. Kapitel

221. Kapitel

222. Kapitel

223. Kapitel

224. Kapitel

225. Kapitel

226. Kapitel

227. Kapitel

228. Kapitel

229. Kapitel

230. Kapitel

231. Kapitel

232. Kapitel

233. Kapitel

234. Kapitel

235. Kapitel

236. Kapitel

237. Kapitel

238. Kapitel

239. Kapitel

240. Kapitel

241. Kapitel

242. Kapitel

243. Kapitel

244. Kapitel

245. Kapitel

246. Kapitel

247. Kapitel

248. Kapitel

249. Kapitel

250. Kapitel

251. Kapitel

252. Kapitel

253. Kapitel

254. Kapitel

255. Kapitel

256. Kapitel

257. Kapitel

258. Kapitel

259. Kapitel

260. Kapitel

261. Kapitel

262. Kapitel

263. Kapitel

264. Kapitel

265. Kapitel

266. Kapitel

267. Kapitel

268. Kapitel

269. Kapitel

270. Kapitel

271. Kapitel

272. Kapitel

273. Kapitel

274. Kapitel

275. Kapitel

276. Kapitel

277. Kapitel

278. Kapitel

279. Kapitel

280. Kapitel

281. Kapitel

282. Kapitel

283. Kapitel

284. Kapitel

285. Kapitel

286. Kapitel

287. Kapitel

288. Kapitel

289. Kapitel

290. Kapitel

291. Kapitel

292. Kapitel

293. Kapitel

294. Kapitel

295. Kapitel

296. Kapitel

297. Kapitel

298. Kapitel

299. Kapitel

300. Kapitel

Anhang

Editorische Notiz

Daten zu Leben und Werk

Baltasar Gracián, ›Hand-Orakel und Kunst der Weltklugheit‹

Baltasar Gracián y Morales

Geh! gehorche meinen Winken,

Nutze deine jungen Tage,

Lerne zeitig klüger sein:

Auf des Glückes großer Waage

Steht die Zunge selten ein:

Du mußt steigen oder sinken,

Du mußt herrschen und gewinnen

Oder dienen und verlieren,

Leiden oder triumphieren,

Amboß oder Hammer sein.

Goethe

Vorwort des Übersetzers

Von dem durch eine sehr alte und unvollkommene, später auch ins Lateinische übertragene, französische Übersetzung unter dem falschen Titel »L’homme de cour par Gracián« weltbekannten spanischen Buche ist dieses die erste und einzige, unmittelbar aus der Ursprache gemachte deutsche Übersetzung. Denn die von Dr. Müller 1717 herausgegebene, abgesehen davon, daß sie heutzutage schlechterdings unlesbar ist, kann nur für eine Paraphrase gelten. Gegenwärtige schließt sich dem Text so genau an, als der von Grund aus verschiedene Charakter beider Sprachen es irgend leiden wollte, und der Leser kann versichert sein, daß von dem »Oráculo manual y arte de prudencia« ihm hier nichts verlorengegangen ist, als bloß eine Anzahl Wortspiele, welche wiederzugeben unmöglich war: nur bei einigen ließ die Sprache den Versuch einer annähernden Nachahmung zu, bei welcher auf billige Nachsicht des Lesers gerechnet ist.

Arthur Schopenhauer

Frankfurt am Main 1832

An den Leser

Dem Gerechten keine Gesetze und dem Weisen keine Ratschläge. Und doch hat noch keiner so viel gewußt, als er für sich brauchte: Eines hast du mir zu verzeihen, ein anderes zu danken: daß ich nämlich dieses Handbuch der Lebensklugheit ein Orakel genannt habe, denn es ist ein solches wegen des Sentenziösen und Gedrungenen; sodann aber, daß ich dir in einem Federzuge alle zwölf Werke Gracians darbiete, deren jedes so hoch geschätzt wird, daß sein »Weltkluger« kaum in Spanien erschienen war, als er schon in Frankreich, in dessen Sprache übersetzt und an dessen Hofe gedruckt, genossen wurde. Gegenwärtiges sei der Vernunft ein Denkbuch bei dem Gastmahl ihrer Weisen, in welches sie die in den übrigen Werken aufzutragenden Schüsseln der Klugheit einschreibe, um den Genuß auf eine anmutige Weise zu vervielfältigen.

D. Vincencio Juan de Lastanosa

Geschrieben im Jahre 1653

1

ALLES HAT HEUTZUTAGE SEINEN GIPFEL ERREICHT, aber die Kunst, sich geltend zu machen, den höchsten. Mehr gehört jetzt zu einem Weisen, als in alten Zeiten zu sieben, und mehr ist erfordert, um in diesen Zeiten mit einem einzigen Menschen fertigzuwerden, als in vorigen mit einem ganzen Volke.

2

HERZ UND KOPF: die beiden Pole der Sonne unserer Fähigkeiten. Eines ohne das andere, halbes Glück. Verstand reicht nicht hin, Gemüt ist erfordert. Ein Unglück der Toren ist Verfehlung des Berufs im Stande, Amt, Lande, Umgang.

3

ÜBER SEIN VORHABEN IN UNGEWISSHEIT LASSEN. Die Verwunderung über das Neue ist schon eine Wertschätzung seines Gelingens. Mit offenen Karten spielen ist weder nützlich noch angenehm. Indem man seine Absicht nicht gleich kundgibt, erregt man die Erwartung, zumal wenn man durch die Höhe seines Amts Gegenstand der allgemeinen Aufmerksamkeit ist. Bei allem lasse man etwas Geheimnisvolles durchblicken und errege, durch seine Verschlossenheit selbst, Ehrfurcht. Sogar wo man sich herausläßt, vermeide man, plan zu sein, eben wie man auch im Umgang sein Inneres nicht jedem aufschließen darf. Behutsames Schweigen ist das Heiligtum der Klugheit. Das ausgesprochene Vorhaben wurde nie hochgeschätzt, vielmehr liegt es dem Tadel bloß, und nimmt es gar einen ungünstigen Ausgang, so wird man doppelt unglücklich sein. Man ahme daher dem göttlichen Walten nach, indem man die Leute in Vermutungen und Unruhe erhält.

4

WISSENSCHAFT UND TAPFERKEIT bauen die Größe auf. Sie machen unsterblich, weil sie es sind. Jeder ist so viel, als er weiß, und der Weise vermag alles. Ein Mensch ohne Kenntnisse – eine Welt im Finstern. Einsicht und Kraft: Augen und Hände. Ohne Mut ist das Wissen unfruchtbar!

5

ABHÄNGIGKEIT BEGRÜNDEN. Den Götzen macht nicht der Vergolder, sondern der Anbeter. Wer klug ist, sieht lieber die Leute seiner bedürftig als ihm dankbar verbunden; sie am Seil der Hoffnung zu führen, ist Hofmannsart, sich auf ihre Dankbarkeit verlassen Bauernart; denn letztere ist so vergeßlich als erstere von gutem Gedächtnis. Man erlangt mehr von der Abhängigkeit als von der verpflichteten Höflichkeit: wer seinen Durst gelöscht hat, kehrt gleich der Quelle den Rücken, und die ausgequetschte Apfelsine fällt von der goldenen Schüssel in den Kot. Hat die Abhängigkeit ein Ende, so wird das gute Vernehmen es auch bald finden und mit diesem die Hochachtung. Es sei also eine Hauptlehre aus der Erfahrung, daß man die Hoffnung zu erhalten, nie aber ganz zu befriedigen hat, vielmehr dafür sorgen soll, immerdar notwendig zu bleiben, sogar dem gekrönten Herrn. Jedoch soll man dies nicht so sehr übertreiben, daß man etwa schweige, damit er Fehler begehe, und soll nicht des eigenen Vorteils halber den fremden Schaden unheilbar machen.

6

SEINE VOLLENDUNG ERREICHEN. Man wird nicht fertig geboren; mit jedem Tag vervollkommnet man sich in seiner Person und seinem Beruf, bis man den Punkt seiner Vollendung erreicht, wo alle Fähigkeiten vollständig, alle vorzüglichen Eigenschaften entwickelt sind. Dies gibt sich daran zu erkennen, daß der Geschmack erhaben, das Denken geläutert, das Urteil reif und der Wille rein geworden ist. Manche gelangen nie zur Vollendung, immer fehlt ihnen noch etwas; andere kommen spät zur Reife. Der vollendete Mann, weise in seinen Reden, klug in seinem Tun, wird zum vertrauten Umgang der gescheiten Leute zugelassen, ja gesucht.

7

SICH VOR DEM SIEGE ÜBER VORGESETZTE HÜTEN. Alles Übertreffen ist verhaßt, aber seinen Herrn zu übertreffen, ist entweder ein dummer oder ein Schicksalsstreich. Stets war die Überlegenheit verabscheut; wieviel mehr die über die Überlegenheit selbst. Vorzüge niedriger Gattung wird der Behutsame verhehlen, wie etwa seine persönliche Schönheit durch Nachlässigkeit im Anzug verleugnen. Es wird sich wohl treffen, daß jemand an Glücksumständen, ja an Gemütseigenschaften uns nachzustehen sich bequemt, aber an Verstand kein einziger; wieviel weniger ein Fürst. Denn der Verstand ist eben die königliche Eigenschaft und deshalb jeder Angriff auf ihn ein Majestätsverbrechen. Fürsten sind sie und wollen es in dem sein, was am meisten auf sich hat. Sie mögen wohl, daß man ihnen hilft, jedoch nicht, daß man sie übertrifft. Der ihnen erteilte Rat sehe daher mehr aus wie eine Erinnerung an das, was sie vergaßen, als wie ein ihnen aufgestecktes Licht zu dem, was sie nicht finden konnten. Eine glückliche Anleitung zu dieser Feinheit geben uns die Sterne, welche, obwohl hellglänzend und Kinder der Sonne, doch nie so verwegen sind, sich mit den Strahlen dieser zu messen.

8

LEIDENSCHAFTSLOS SEIN: eine Eigenschaft der höchsten Geistesgröße, deren Überlegenheit selbst sie loskauft vom Joche gemeiner äußerer Eindrücke. Keine höhere Herrschaft, als die über sich selbst und über seine Affekte: sie wird zum Triumph des freien Willens. Sollte aber jemals die Leidenschaft sich der Person bemächtigen, so darf sie doch nie sich an das Amt wagen, und um so weniger, je höher solches ist. Dies ist eine edle Art, sich Verdrießlichkeiten zu ersparen, ja sogar auf dem kürzesten Wege zu Ansehen zu gelangen.

9

NATIONALFEHLER VERLEUGNEN. Das Wasser nimmt die guten oder schlechten Eigenschaften der Schichten an, durch welche es läuft, und der Mensch die des Klimas, in welchem er geboren wird. Einige haben ihrem Vaterlande mehr zu verdanken als andere, indem ein günstigerer Himmel sie umfing. Es gibt keine Nation, selbst nicht unter den gebildetsten, welche davon frei wäre, irgendeinen ihr eigentümlichen Fehler zu haben, welchen die benachbarten zu tadeln nicht ermangeln, entweder um sich davor zu hüten oder sich damit zu trösten. Es ist eine rühmliche Geschicklichkeit, solche Makel seiner Nation an sich selbst zu bessern oder wenigstens zu verbergen. Man erlangt dadurch den beifälligen Ruf, der einzige unter den Seinigen zu sein: und was am wenigsten erwartet wurde, wird am höchsten geschätzt. Ebenso gibt es Fehler der Familie, des Standes, Amtes und Alters; treffen alle diese in einem Menschen zusammen, ohne daß die Aufmerksamkeit ihnen entgegenwirkte, so machen sie aus ihm ein unerträgliches Ungeheuer.

10

GLÜCK UND RUHM. So unbeständig jenes, so dauerhaft ist dieser; jenes für das Leben, dieser nachher; jenes gegen den Neid, dieser gegen die Vergessenheit. Glück wird gewünscht, bisweilen gefördert; Ruhm wird erworben. Der Wunsch nach Ruhm entspringt aus dem Werte. Die Fama[1] war und ist noch die Schwester der Giganten, stets folgt sie dem Übermäßigen, den Ungeheuern oder den Wundern, dem Gegenstand des Abscheus oder des Beifalls.

Fußnoten

[1]

Göttin des Ruhmes und Gerüchts

11

MIT DEM UMGEHEN, VON DEM MAN LERNEN KANN. Der freundschaftliche Umgang sei eine Schule der Kenntnisse und die Unterhaltung bildende Belehrung. Aus seinen Freunden mache man Lehrer und lasse den Nutzen des Lernens und das Vergnügen der Unterhaltung sich wechselseitig durchdringen. Mit Leuten von Einsicht hat man einen abwechselnden Genuß, indem man für das, was man sagt, Beifall, und von dem, was man hört, Nutzen einerntet. Was uns zu andern führt, ist gewöhnlich unser eigenes Interesse, dies ist hier jedoch höherer Art. Der Aufmerksame besucht häufig die Häuser jener großartigen Hofleute, welche mehr Schauplätze der Größe als Paläste der Eitelkeit sind. Es gibt Herren, welche im Ruf der Weltklugheit stehen; nicht nur sind diese selbst, durch ihr Beispiel und ihren Umgang, Orakel aller Größe, sondern auch die sie umgebende Schar bildet eine höfische Akademie guter und edler Klugheit jeder Art.

12

NATUR UND KUNST: der Stoff und das Werk. Keine Schönheit besteht ohne Nachhilfe, und jede Vollkommenheit artet in Barbarei aus, wenn sie nicht von der Kunst erhöht wird: diese hilft dem Schlechten ab und vervollkommnet das Gute. Die Natur verläßt uns gemeinhin beim Besten; nehmen wir unsere Zuflucht zur Kunst. Ohne sie ist die beste natürliche Anlage ungebildet, und den Vollkommenheiten fehlt die Hälfte, wenn ihnen die Bildung fehlt. Jeder Mensch hat ohne künstliche Bildung etwas Rohes und bedarf in jeder Art von Vollkommenheit der Politur.

13

BALD AUS ZWEITER, BALD AUS ERSTER ABSICHT HANDELN. Ein Krieg ist das Leben des Menschen gegen die Bosheit des Menschen. Die Klugheit führt ihn, indem sie sich der Kriegslisten hinsichtlich ihres Vorhabens bedient. Nie tut sie das, was sie vorgibt, sondern zielt nur, um zu täuschen. Mit Geschicklichkeit macht sie Luftstreiche, dann aber führt sie in der Wirklichkeit etwas Unerwartetes aus, stets darauf bedacht, ihr Spiel zu verbergen. Eine Absicht läßt sie erblicken, um die Aufmerksamkeit des Gegners dahin zu ziehen, kehrt ihr aber gleich wieder den Rücken und siegt durch das, woran keiner gedacht. Jedoch kommt ihr andererseits ein durchdringender Scharfsinn durch seine Aufmerksamkeit zuvor und belauert sie mit schlauer Überlegung; stets versteht er das Gegenteil von dem, was man ihm zu verstehen gibt, und erkennt sogleich jedes Falsche-Miene-Machen. Die erste Absicht läßt er immer vorübergehen, wartet auf die zweite, ja auf die dritte. Indem jetzt die Verstellung ihre Künste erkannt sieht, steigert sie sich noch höher und versucht nunmehr, durch die Wahrheit selbst zu täuschen: sie ändert ihr Spiel, um ihre List zu ändern und läßt das nicht Erkünstelte als erkünstelt erscheinen, indem sie so ihren Betrug auf die vollkommenste Aufrichtigkeit gründet. Aber die beobachtende Schlauheit ist auf ihrem Posten, strengt ihren Scharfblick an und entdeckt die in Licht gehüllte Finsternis; sie entziffert jenes Vorhaben, welches je aufrichtiger, desto trügerischer war. Auf solche Weise kämpft die Arglist des Python[1] gegen den Glanz der durchdringenden Strahlen Apollos.

Fußnoten

[1]

Drache, der das Delphische Orakel bewachte

14

DIE SACHE UND DIE ART. Das Wesentliche in den Dingen ist nicht ausreichend, auch die begleitenden Umstände sind erfordert. Eine schlechte Art verdirbt alles, sogar Recht und Vernunft; die gute Art hingegen kann alles ersetzen, vergoldet das Nein, versüßt die Wahrheit und schminkt das Alter selbst. Das Wie tut gar viel bei den Sachen, die artige Manier ist ein Taschendieb der Herzen. Ein schönes Benehmen ist der Schmuck des Lebens, und jeder angenehme Ausdruck hilft wundervoll von der Stelle.

15

AUSHELFENDE GEISTER HABEN. Es ist ein Glück der Mächtigen, daß sie Männer von ausgezeichneter Einsicht sich beigesellen können: diese entreißen sie jeder Gefahr der Unwissenheit und müssen schwierige Streitfragen für sie erörtern. Es liegt eine besondere Größe darin, die Weisen in seinem Dienst zu haben, und solche übertrifft bei weitem den barbarischen Geschmack des Tigranes[1], der etwas darin suchte, gefangene Könige zu Dienern zu haben. Eine ganz neue Herrlichkeit ist es, und zwar im Besten des Lebens, künstlich die zu Dienern zu machen, welche die Natur hoch über uns gestellt hat. Das Wissen ist lang, das Leben kurz, und wer nichts weiß, der lebt auch nicht. Da ist es denn ungemein geschickt, ohne Müheaufwand zu studieren, und zwar viel durch viele, um durch sie alle gelehrt zu sein. Da redet man nachher in der Versammlung für viele, indem aus eines Munde so viele reden, als man vorher zu Rate gezogen hat: so erlangt man durch fremden Schweiß den Ruf eines Orakels. Jene aushelfenden Geister suchen zuvörderst die Lektion zusammen und tischen sie uns sodann in Quintessenzen des Wissens auf. Wer nun aber es nicht dahin bringen kann, die Weisen in seinem Dienst zu haben, ziehe Nutzen von ihnen im Umgang.

Fußnoten

[1]

König von Armenien (95–96v.Chr.)

16

EINSICHT MIT REDLICHER ABSICHT: zusammen verbürgen sie durchgängiges Gelingen. Ein widernatürliches Ungeheuer war stets ein guter Verstand, vereint mit einem bösen Willen. Die böswillige Absicht ist ein Gift aller Vollkommenheiten; vom Wissen unterstützt, verdirbt sie auf eine feinere Weise. Unselige Überlegenheit, die zur Verworfenheit verwendet wird! – Wissenschaft ohne Verstand ist doppelte Narrheit.

17

ABWECHSLUNG IN DER ART ZU VERFAHREN. Man verfahre nicht immer auf gleiche Weise, damit man die Aufmerksamkeit, zumal die der Widersacher, verwirre; nicht stets aus der ersten Absicht, sonst werden jene diesen einförmigen Gang bald ausgelernt haben und uns zuvorkommen oder gar unser Tun vereiteln. Es ist leicht, den Vogel im Fluge zu treffen, der ihn in gerade fortgesetzter Richtung, nicht aber den, der ihn in gewundener nimmt. Aber auch aus der zweiten Absicht darf man nicht immer handeln; denn schon beim zweiten Mal kennen die Gegner die List. Die Bosheit steht auf der Lauer, und großer Schlauheit bedarf es, sie zu täuschen. Nie spielt der Spieler die Karte aus, welche der Gegner erwartet, noch weniger die, welche er wünscht.

18

FLEISS UND TALENT: ohne beide ist man nie ausgezeichnet, jedoch im höchsten Grade, wenn man sie in sich vereint. Mit dem Fleiße bringt ein mittelmäßiger Kopf es weiter als ein überlegener ohne denselben. Die Arbeit ist der Preis, für den man den Ruhm erkauft: was wenig kostet, ist wenig wert. Sogar für die höchsten Ämter hat es einigen nur an Fleiß gefehlt, nur selten ließ das Talent sie im Stich. Daß man lieber auf einem hohen Posten mittelmäßig als auf einem niedrigen ausgezeichnet ist, hat die Entschuldigung eines hohen Sinnes für sich; hingegen daß man sich begnügt, auf dem untersten Posten mittelmäßig zu sein, während man auf dem obersten ausgezeichnet sein könnte, hat sie nicht. Also sind Natur und Kunst erfordert, und der Fleiß drückt ihnen das Siegel auf.

19

NICHT UNTER ÜBERMÄSSIGEN ERWARTUNGEN AUFTRETEN. Es ist das gewöhnliche Unglück alles sehr Gerühmten, daß es der übertriebenen Vorstellung, die man sich von ihm machte, nachmals nicht gleichkommen kann. Nie konnte das Wirkliche das Eingebildete erreichen: denn sich Vollkommenheiten denken ist leicht; sie verwirklichen sehr schwer. Die Einbildungskraft verbindet sich mit dem Wunsche und stellt sich daher stets viel mehr vor, als die Dinge sind. Wie groß nun auch die Vortrefflichkeiten sein mögen, so reichen sie doch nicht hin, den vorgefaßten Begriff zu befriedigen; und da sie ihn unter der Täuschung seiner ausschweifenden Erwartung vorfinden, so werden sie eher seinen Irrtum zerstören als Bewunderung erregen. Die Hoffnung ist eine große Verfälscherin der Wahrheit; die Klugheit weise sie zurecht und sorge dafür, daß der Genuß die Erwartung übertreffe. Daß man beim Auftreten schon einigermaßen die Meinung für sich habe, dient die Aufmerksamkeit zu erregen, ohne dem Gegenstand derselben Verpflichtungen aufzuerlegen. Viel besser ist es immer, wenn die Wirklichkeit die Erwartung übersteigt und mehr ist, als man gedacht hatte. Diese Regel wird falsch beim Schlimmen, denn da diesem die Übertreibung zustatten kommt, so sieht man solche gern widerlegt, und dann gelangt das, was als ganz abscheulich gefürchtet wurde, noch dahin, erträglich zu scheinen.

20

DER MANN SEINES JAHRHUNDERTS. Die außerordentlich seltenen Menschen hängen von der Zeit ab. Nicht alle haben die gefunden, deren sie würdig waren, und viele fanden sie zwar, konnten aber doch nicht dahin gelangen, sie zu nutzen. Einige waren eines besseren Jahrhunderts wert, denn nicht immer triumphiert jedes Gute. Die Dinge haben ihre Periode, und sogar die höchsten Eigenschaften sind der Mode unterworfen. Der Weise hat jedoch einen Vorteil, den, daß er unsterblich ist: ist dieses nicht sein Jahrhundert, so werden viele andere es sein.

21

DIE KUNST, GLÜCK ZU HABEN. Es gibt Regeln für das Glück, denn für den Klugen ist nicht alles Zufall. Die Bemühung kann dem Glücke nachhelfen. Einige begnügen sich damit, sich wohlgemut an das Tor der Glücksgöttin zu stellen und zu erwarten, daß sie öffne. Andere, schon besser, streben vorwärts und machen ihre kluge Kühnheit geltend, damit sie auf den Flügeln ihres Wertes und ihrer Tapferkeit die Göttin erreichen und ihre Gunst gewinnen mögen. Jedoch richtig philosophiert gibt es keinen anderen Weg als den der Tugend und Umsicht, indem jeder gerade so viel Glück und so viel Unglück hat als Klugheit oder Unklugheit.

22

EIN MANN VON WILLKOMMENEN KENNTNISSEN.