Handbuch Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD) -  - E-Book

Handbuch Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD) E-Book

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Beschreibung

Bereits in 4. Auflage: Das Grundlagenwerk zum "sozialen Basisdienst"! Das mediale Interesse am Allgemeinen Sozialen Dienst (AS) ist immer dann groß, wenn über Fälle der Kindesvernachlässigung berichtet wird. In der Fachliteratur wird der ASD selten als Ganzes in den Blick genommen. Dieses Handbuch stellt umfassend und differenziert das Fachwissen zum ASD, seine Aufgabenbereiche und Handlungsansätze dar: rechtliche Grundlagen, verschiedene Organisationsformen und Methoden, Qualitätsentwicklung und Personalmanagement. Arbeitsweisen, wie z.B. Hilfeplanung, Case Management, Hausbesuche und die Einschätzung von Risiken bei Kindeswohlgefährdung werden ausführlich behandelt. Das Handbuch ist ein zuverlässiger Begleiter für LeiterInnen und Fachkräfte im ASD, Führungskräfte in Jugend- und Sozialämtern, DozentInnen und Studierende der Sozialen Arbeit. Es ist sowohl für die Arbeit im Jugendamt oder in der Jugendhilfe als auch im Studium unverzichtbar!

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Joachim Merchel (Hg.)

Handbuch

Allgemeiner Sozialer Dienst(ASD)

4., überarbeitete Auflage Mit 32 Abbildungen und 8 Tabellen

Mit Beiträgen von Marie-Luise Conen, Sonja Enders, Kerstin Feldhoff, Christine Gerber, Ingrid Gissel-Palkovich, Peter Hammerschmidt, Luise Hartwig, Adam Khalaf, Eva Köhler,Benjamin Landes, Maria Lüttringhaus, Joachim Merchel, Thomas Meysen, Jutta Möllers, Sybille Nonninger, Hildegard Pamme,Wolfgang Rüting, Eric van Santen, Hans-Jürgen Schimke, Reinhold Schone, Christian Schrapper, Hubertus Schröer, Herbert Schubert, Mike Seckinger, Britta Tammen, Wolfgang Tenhaken, Uwe Uhlendorff, Ulrike Urban-Stahl, Dirk Waschull, Peter-Ulrich Wendt und Renate Zwicker-Pelzer

Ernst Reinhardt Verlag München

Prof. i.R. Dr. Joachim Merchel lehrte an der FH Münster im Bereich „Organisation und Management in der Sozialen Arbeit“.

 

Im Ernst Reinhardt Verlag ebenfalls erschienen:

Merchel, J., Berghaus, M., Khalaf, A.: Profil und Profilentwicklung im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) (2023; 978-3-497-03180-1)

Merchel, J.: Evaluation in der Sozialen Arbeit (3. akt. Aufl. 2019; 978-3-8252-5200-7)

Merchel, J.: Jugendhilfeplanung. Anforderungen, Profil, Umsetzung (2016; ISBN 978-3-8252-4677-8)

Merchel, J.: Leiten in Einrichtungen der Sozialen Arbeit (2010; 978-3-497-02123-9)

 

 

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-497-03221-1 (Print)

ISBN 978-3-497-61789-0 (PDF-E-Book)

ISBN 978-3-497-61790-6 (EPUB)

4., überarbeitete Auflage

 

© 2023 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt GmbH & Co KG, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Verlag Ernst Reinhardt GmbH & Co KG behält sich eine Nutzung seiner Inhalte für Text- und Data-Mining i. S. v. § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Printed in EU

Satz: ew print & medien service GmbH, Würzburg

Ernst Reinhardt Verlag, Kemnatenstr. 46, D-80639 München Net: www.reinhardt-verlag.de E-Mail: [email protected]

Inhalt

Einleitung: Der „Allgemeine Soziale Dienst (ASD)“ als Gegenstand eines Handbuchs – ein Beitrag zur Anerkennung der Bedeutung und der Professionalität eines Handlungsfeldes

Von Joachim Merchel

I Geschichte des ASD

1Zur Entstehungsgeschichte des ASD – von den Anfängen bis in die 1970er Jahre

Von Peter Hammerschmidt und Uwe Uhlendorff

1.1Zur Vorgeschichte des ASD – von den Anfängen der kommunalen Sozialverwaltung bis zum Ende des Kaiserreichs

1.1.1Soziale Dienste und die Armenfürsorge

1.1.2Die Anfänge und Entwicklung der kommunalen Sozialverwaltung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

1.1.3Das Elberfelder System und das Straßburger System

1.1.4Die „Sociale Ausgestaltung der Fürsorge“

1.2Zur Herausbildung der Familienfürsorge im Weimarer Wohlfahrtsstaat und ihre Fortentwicklung bis zu den 1960er Jahren

1.2.1Die Entfaltung der kommunalen Sozialverwaltung im Weimarer Wohlfahrtsstaat

1.2.2Die Familienfürsorge als neues Organisationsmodell

1.2.3Strukturprobleme der sozialen Außendienste – Versuche einer Professionalisierung

1.2.4Die Familienfürsorge während der NS-Zeit

1.2.5Die Familienfürsorge in der Nachkriegszeit

1.3Von der Familienfürsorge zum ASD in den 1970er Jahren

II Organisation /Organisationsformen

2Organisatorische Verortung des ASD

Von Benjamin Landes und Eva Köhler

2.1Grundlagen der Organisation

2.2Rechtliche Gestaltungsvorgaben zur Organisation

2.2.1Aufbauorganisation

2.2.2Ablauforganisation

2.2.3Dienstrecht

2.3Die Verwaltung des ASD

2.3.1Der ASD in der Gesamtverwaltung

2.3.2Die Binnenorganisation des ASD

2.4Anbindung an die lokale Fachpolitik

3Organisationsgestaltung im ASD

Von Joachim Merchel

3.1Zur Notwendigkeit von Organisationsgestaltung

3.1.1Handlungsprogramme

3.1.2Strukturen

3.1.3Leitung

3.2Organisation im ASD: Themen mit Entscheidungs­bedarf

3.2.1Generalisierte und spezialisierte Organisationsweisen

3.2.2Arbeitsteilung und Modalitäten der Kooperation

3.2.3Zentralität versus Dezentralität von Strukturen

3.2.4Handhabung der sozialräumlichen Ausrichtung

3.2.5Leitungsverantwortung und gruppenbezogene Teamorganisation

3.3Informalität und Organi­sati­ons­kultur als Dimension bei der Organisations­gestaltung im ASD

3.3.1Informalität in Organisationen

3.3.2Organisationskultur

3.3.3Zur Beeinflussbarkeit von Organisationskultur

4Teamstrukturen und Leitung im ASD

Von Joachim Merchel

4.1Notwendigkeit und Zweck von Teambildung im ASD

4.2Produktivität von Teams (auch) als Ergebnis von Strukturierung

4.3Leitungsfunktionen für die Gestaltung von Teamarbeit

4.4Teamleitungskompetenz als Bestandteil eines umfassenden Leitungskonzepts

III Rechtliche Grundlagen für die Arbeit des ASD

5ASD-Arbeit und Verwaltungsverfahren

Von Dirk Waschull

5.1Prinzipien und Perspektiven des Sozialverwaltungsverfahrens

5.2Maßgebliche Rechtsquellen

5.3Relevante Verfahrenssituationen

5.3.1Beginn des Verwaltungsverfahrens

5.3.2Bearbeitungsfristen

5.3.3Aufklärung des Sachverhalts

5.3.4Sozialdatenschutz

5.3.5Entscheidungsergebnisse

5.4Rechte der Verfahrensbeteiligten

5.4.1Vertretung durch einen Bevollmächtigten

5.4.2Akteneinsichtsrecht

5.4.3Anhörung

6Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII)

Von Sybille Nonninger und Thomas Meysen

6.1Das Handlungsfeld des ASD im Jugendamt

6.2Der ASD als Berater

6.3Der ASD als „Mittler“ von Leistungen

6.3.1Einleitung einer Hilfe durch eindeutige Willensbekundung

6.3.2Partizipative Entscheidungsprozesse

6.3.3Wunsch- und Wahlrecht bei Auswahl von Einrichtungen und Diensten (§§ 5, 37c Abs. 3 SGB VIII)

6.3.4Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII als Kernauftrag

6.3.5Leis­tungs­entschei­dung – Leis­tungs­gewährung

6.3.6Individualisierbare Leistungen vor §§ 27 ff. SGB VIII

6.3.7Leistungen der Hilfe zur Erziehung (§§ 27 ff. SGB VIII), der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche (§ 35a SGB VIII) und Hilfe für junge Volljährige (§ 41 SGB VIII)

6.4Der ASD als Motor der Schutzmaß­nahmen bei Kindeswohl­gefährdung

6.4.1Leistungsorientierung und Schutzauftrag

6.4.2Schutz vor Übergriffen im Rahmen der Hilfegewährung

6.4.3Verfahren zum Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung (§ 8a SGB VIII)

6.4.4Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42 SGB VIII)

6.4.5Vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Minderjährigen nach unbegleiteter Einreise (§ 42a SGB VIII)

6.5Die Aufgabenwahrnehmung unterstützende Aufgaben

7Grundsicherungsrecht und Sozialhilfe

Von Britta Tammen

7.1Das SGB II – Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende

7.1.1Zuständigkeit und Adressatenkreis

7.1.2Leistungen zur Eingliederung in Arbeit

7.1.3Leistungen zur Abdeckung des täglichen Lebensbedarfs nach dem SGB II

7.1.4Hilfebedürftigkeit

7.1.5Sanktionen

7.2SGB XII – Sozialhilfe

7.2.1Adressatenkreis und Zuständigkeit

7.2.2Hilfe zum Lebensunterhalt

7.2.3Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung

7.2.4Hilfebedürftigkeit

7.2.5Hilfen in besonderen Lebenslagen

8Familienrecht und familiengerichtliches ­Verfahren (FamFG)

Von Thomas Meysen und Sybille Nonninger

8.1Familienrecht im ASD

8.2Beratung und Unterstützung in Familienkonflikten

8.2.1Trennungs- und Scheidungsberatung (§ 17 SGB VIII)

8.2.2Beratung und Unterstützung bei Umgangskontakten (§ 18 Abs. 3 SGB VIII)

8.3Anrufung des Familiengerichts bei Kindeswohlgefährdung (§ 8a Abs. 2, § 42 Abs. 3 SGB VIII)

8.4Mitwirkung im familiengerichtlichen Verfahren (§ 50 SGB VIII)

8.4.1Hilfeauftrag überlagert Unterstützung für das Familiengericht

8.4.2Trennung und Scheidung, Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge (§ 155 Abs. 2, §§ 155a, 156, 162 FamFG)

8.4.3Kindeswohlgefährdung (§ 155 Abs. 2, §§ 157, 162 FamFG)

8.4.4Gewaltschutz- und Ehewohnungssachen (§§ 205, 213 FamFG)

8.4.5Abstammungssachen (§ 176 FamFG)

8.5Perspektive: Koordination und Kooperation in Rollenklarheit

8.5.1Familiengericht

8.5.2Jugendamt

8.5.3Die anderen Akteure

9ASD-Tätigkeit und strafrechtliche Verantwortung

Von Thomas Meysen und Sybille Nonninger

9.1Garantenstellung als Sinnbild für Erfolgsdruck

9.2Differenzierte Wahrnehmung der professionellen Verantwortung

9.3Logik strafrechtlicher Verantwortung

9.4Sicherheit durch fachliche Standards oder Standardisierungen?

9.5Rechtliche Bewertung und reale Bedrohung

IV Methodische ­Anforderungen und Arbeits­weisen im ASD

A Übergreifende methodische Anforderungen

10Zwischen Hilfe und Kontrolle – der ASD im Spannungsfeld zwischen Dienstleistung und Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung

Von Reinhold Schone

10.1Ausgangspunkt: Der Auftrag der Jugendhilfe

10.2Rolle und Funktion des ASD

10.3Hilfe und Schutz als Auftrag und Aufgaben im Handlungsfeld der Hilfen zur Erziehung

10.4Zum Umgang mit der Ambivalenz

11ASD als interkultureller Sozialer Dienst

Von Hubertus Schröer

11.1Zur Funktion des ASD

11.2Vom Umgang mit Vielfalt

11.3Kinder, Jugendliche und Familien mit Migrationsgeschichte

11.3.1Migration als Familienprojekt

11.3.2Kulturelle Transformation

11.3.3Unterschiedliche Lebenslagen

11.3.4Rolle ethnischer Communities

11.3.5Sozialisation in Migrantenfamilien

11.3.6Zusammenfassung

11.4Interkulturelle Orientierung und Öffnung des ASD

11.4.1Historische Bezüge

11.4.2Interkulturalität

11.4.3Interkulturelle Orientierung

11.4.4Interkulturelle Öffnung

11.4.5Interkulturelle Kompetenz

11.5Konsequenzen für die Praxis

11.5.1Einzelfallorientierte Arbeit

11.5.2Fallübergreifende Arbeit

11.5.3Infrastrukturbezogene Arbeit

12ASD und Gender

Von Kerstin Feldhoff und Luise Hartwig

12.1ASD und Gender: Ausgangslage und Fragestellung

12.1.1§ 9 Abs. 3 SGB VIII

12.1.2Gender Mainstreaming

12.2ASD und Familie

12.3Alleinerziehende: prekäre Lebenslage von Müttern und Kindern

12.4ASD und das Handlungsfeld „Gewalt in der Familie“

12.4.1Wie reagieren Jungen, wie reagieren Mädchen auf häusliche Gewalt?

12.4.2Häusliche Gewalt als „gewichtiger Anhaltspunkt“ für eine Kindeswohlgefährdung

12.4.3Welche Perspektiven bietet die Kooperation von Frauen- und Jugendhilfe

12.4.4Rolle und Aufgabe des ASD bei Gewalt gegen Frauen in der Familie

12.5Geschlechtergerechte Hilfeplanung

12.5.1Problemlagen

12.5.2Gestaltung des Verfahrens

12.5.3Hilfearrangements

12.6Personal im ASD: hoher Frauenanteil und geschlechterspezifische Hierarchisierung

B Methodische Anforderungen in spezifischen Handlungsbereichen des ASD

13Hilfeplanung

Von Joachim Merchel

13.1Hilfeplanung als dauerhafte Entwicklungsaufgabe für den ASD

13.2Gesetzliche Verfahrensanforderungen

13.2.1Mitwirkung der Adressaten

13.2.2Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte

13.2.3Kontinuierlichkeit der Hilfeplanung

13.2.4Hilfeplanung bei der Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche (§ 35a SGB VIII)

13.3Weitere fachliche Anforderungen

13.4Hilfeplanung und Ressourcensteuerung

13.5Hilfeplanung in Spannung zu anderen methodischen Vorgehensweisen?

14Sozialpädagogische Diagnosen und sozialpädagogisches Fallverstehen

Von Christian Schrapper

14.1Sozialpädagogische Diagnostik und Fallverstehen und ihre Bedeutung für die Arbeit im ASD

14.2Herausforderungen sozialpädagogischer Diagnose- und Verstehensarbeit im ASD

14.3Methodisches Vorgehen für sozialpädagogische Diagnosen und Fallverstehen

14.3.1Themen und Fragestellungen

14.3.2Instrumente und Vorgehensweisen

14.3.3Zwischenfazit

14.3.4Diagnostik unter Zeitdruck?

14.4Schwierigkeiten bei der Umsetzung sozialpädagogisch verstehender Diagnostik im ASD

15Case Management im ASD

Von Ingrid Gissel-Palkovich

15.1Einbindung von CM in das Methodenspektrum

15.2Herkunft und Entwicklung von CM

15.3CM als Fall- und Systemsteuerung

15.3.1Fallsteuerung

15.3.2Systemsteuerung

15.4Die Implementierung von CM und die Funktion der Leitungskräfte

15.5Bedeutung von CM für den ASD

15.6Kritische Erfolgsfaktoren

15.6.1Zergliederung von Leistungsprozessen

15.6.2CM (auch) als Beratung, Fallbegleitung oder (nur) Fallvermittlung?

15.6.3Autonomie der Fachkräfte und Standardisierungsgrad von CM

16Beratung im Allgemeinen Sozialen Dienst

Von Renate Zwicker-Pelzer

16.1Orte von Beratung im ASD

16.2Die Besonderheit von Beratung als Dienstleistung

16.3Merkmale von Beratung

16.3.1Äußere Ordnung

16.3.2Innere Ordnung

16.3.3Ziel- und Auftragsklärung

16.3.4Veränderungen brauchen Zeit

16.3.5Vertrauensschutz

16.3.6Grenzen erkennen und Überleitung in andere Hilfen ermöglichen

16.3.7Umgang mit dem Druck zu schnellen Entscheidungen

16.4Beratung als zirkulärer Prozess von Diagnostizieren, Hypothesenbildung und Intervention

17Trennungs- und Scheidungsberatung sowie Zusammenarbeit mit dem Familiengericht gemäß FamFG

Von Wolfgang Rüting

17.1Trennung und Scheidung als gesellschaftliche Realität – Gestaltungsaufgabe für die Jugendhilfe (ASD)

17.2Psychosoziale Dimensionen des Trennungs- und Scheidungskonfliktes in Familien

17.3Zur Praxis der Trennungs- und Scheidungsberatung

17.4Das Verfahren in Kindschaftssachen § 151 ff. FamFG – Chancen zur Schlichtung und Entwicklung

17.5Die Zusammenarbeit des Jugendamtes mit dem Familiengericht im Netzwerk der Verantwortungsträger

18Begleiteter Umgang

Von Jutta Möllers

18.1Rechtliche Ausgangslage

18.2Begleiteter Umgang als Jugendhilfeangebot

18.2.1Ziele des begleiteten Umgangs

18.2.2Leistungsformen der Umgangsbegleitung

18.2.3Phasen des begleiteten Umgangs

18.2.4Leistungsbezogene Fallsteuerung durch das Jugendamt

18.2.5Organisationsformen des begleiteten Umgangs

18.3Das aktive Jugendamt im familiengerichtlichen Verfahren – Rolle und Funktion

18.4Kooperation der am begleiteten Umgang beteiligten Institutionen – Verantwortungsgemeinschaft für das Kind

19Hausbesuche

Von Ulrike Urban-Stahl

19.1„Hausbesuch“ oder „Heimsuchung“?

19.2Die „Haltung“ der Fachkraft beim Hausbesuch

19.3Informationsgewinnung und Beziehungsgestaltung

19.4Ambivalenzen des Hausbesuchs

19.5Rechtliche Aspekte von Hausbesuchen

19.6Methodische und organisatorische Aspekte

19.6.1Die Begründung von Hausbesuchen

19.6.2Vorbereitung von Hausbesuchen

19.6.3Durchführung

19.6.4Nachbereitung und Reflexion

19.7Qualitätssicherung von Hausbesuchen

19.8Der Hausbesuch im Kinderschutz

20Krisenintervention und Inobhutnahme

Von Christine Gerber

20.1Krisenintervention

20.1.1Belastungen und Risiken

20.1.2Interventionen in der Krise

20.2Inobhutnahme

20.2.1Entscheidung zur Inobhutnahme

20.2.2Vorbereitung einer Inobhutnahme

20.2.3Durchführung einer Inobhutnahme

20.2.4Während der Unterbringung

21Berichte / Dokumentation / Aktenführung

Von Hans-Jürgen Schimke

21.1Die Dokumentation als Grundlage und Inhalt der Akte

21.2Die Aktenführung in sozialen Diensten

21.3Die gutachtliche Stellungnahme im ASD

22Einschätzung von Gefährdungsrisiken im Kontext möglicher Kindeswohlgefährdung

Von Reinhold Schone

22.1Rechtlicher Ausgangspunkt

22.2Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung als auslegungsbedürftige Begriffe

22.3Bezugspunkte des Bewertungsprozesses zur Feststellung von Kindeswohlgefährdung

22.4„Gefährdungsrisiko“: zum Verhältnis von Risiko und Gefahr

22.5Beurteilung von Gefährdungsrisiken

22.5.1Instrumente zur Einschätzung von Gefährdungsrisiken

22.5.2Zusammenwirken mehrere Fachkräfte

22.5.3Beteiligung von Eltern und Kindern / Jugendlichen an der Einschätzung von Gefährdungssituationen

22.6Fazit

23„Unmotivierte“ und unfreiwillige Klienten im ASD

Von Marie-Luise Conen

23.1Einflussnahme

23.2Autonomie und Widerstand

23.3Motivation

23.4Freiwilligkeit – Hoffnung auf Veränderungen

23.5Veränderungsdruck und Zwang

23.6Das Dreieck Fachkraft – Klient – ASD-Mitarbeiter

23.6.1Rolle der beauftragten Fachkraft

23.6.2Rolle der Klienten

23.6.3Rolle des ASD-Mitarbeiters

23.7Effektivität

24Fachkonzept Sozialraumorientierung: Grundlagen und Methoden der fallunspezifischen und fallübergreifenden Arbeit

Von Maria Lüttringhaus

24.1Das Fachkonzept Sozialraumorientierung

24.1.1Sozialraumorientierung als Eckpfeiler der Ressourcenorientierung

24.1.2Drei Eckpunkte für die Umsetzung der Sozialraumorientierung: fallunspezifische Arbeit, fallübergreifende Arbeit, Netzwerkarbeit

24.2Der Fall im Feld: Es kommt darauf an, was man daraus macht!

25Digitalisierung – nicht nur Unterstützung des beruflichen Handelns durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien?

Von Wolfgang Tenhaken

25.1Informations- und Kommunikationstechnologien, digitale Transformation – Begriffsbestimmung

25.2Technologienutzung im Sozialwesen – eine kurze historische Einordnung

25.3Zur IT-Infrastruktur Sozialer Organisationen

25.4Die zentralen Funktionen von IT im Sozialwesen

25.5Anforderungen an Technologieunterstützung im ASD heute

25.5.1IT-gestützte Kommunikation

25.5.2Aufgaben- und Zeitmanagement

25.5.3Fallsteuerung und Prozesssteuerung

25.5.4Dokumentation und Fallevaluation

25.5.5Sach- & Finanzcontrolling

25.5.6Planung und Steuerung

25.6Technologiennutzung im ASD und Datenschutz

25.7Zukünftige Anforderungen an Technologieunterstützung im ASD

25.8Fazit

26Fachliches Handeln und Finanzsteuerung

Von Joachim Merchel

26.1Kostenentwicklung im Bereich der Hilfen zur Erziehung

26.2Zur Steuerbarkeit bei den Erziehungshilfen

26.3Ansatzpunkte für Steuerung

26.4Sozialraumbudget, wirkungsorientierte Finanzierung, Wettbewerb: Potenziale und Nebenwirkungen

V ASD als Teil der ­kommunalen Infrastruktur

27Der ASD im Kontext kommunaler Sozialpolitik

Von Joachim Merchel

28ASD und Sozialraumkonzepte

Von Herbert Schubert

28.1Definitionen: Sozialraum und Sozialraumorientierung

28.1.1Sozialraum

28.1.2Sozialraumorientierung

28.2Exemplarische Sozialraumkonzepte

28.3Praktische Perspektiven auf die Sozialraumarbeit des ASD

28.3.1Sozialraumpraxis in der Perspektive der Fachkräfte

28.3.2Reorganisationsprinzipien der Sozialraumorientierung

29Kooperation im ASD

Von Eric van Santen und Mike Seckinger

29.1Warum ist Kooperation für den ASD notwendig?

29.2Interinstitutionelle Kooperation und ihre Definition

29.3Der Kooperationsdiskurs

29.4Interinstitutionelle Kooperation und der ASD

29.4.1Kooperation des ASD innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe

29.4.2Kooperationspartner des ASD bezogen auf Kinderschutz

29.4.3Hilfeplanverfahren als Ort der Kooperation

29.4.4Neue Kooperationsanforderungen durch das KJSG

29.5Voraussetzungen für Kooperationen

29.5.1Klärung von Erwartungen und Ressourcen

29.5.2Ergebnissicherung

29.5.3Systematische Rückkopplung

29.5.4Doppelte Zielkongruenz und multiple Adhärenz

29.5.5Wissen über die Kooperationspartner

29.5.6Vertrauensbildung

29.5.7Zeitliche und persönliche Kontinuität

29.5.8Institutionelle Verankerung der Kooperation

29.5.9Erkennbares Kooperationsprofil

30ASD und Jugendhilfeplanung – der Allgemeine Sozialdienst als Subjekt und als Objekt der Planung kommunaler Jugendhilfe

Von Reinhold Schone

30.1Jugendhilfeplanung: Worum geht es?

30.2Berührungspunkte: Warum ist der ASD für die Jugendhilfeplanung so zentral?

30.3ASD als Sensor für soziale Problemlagen und Impulsgeber für Infrastrukturgestaltung

30.4ASD als Planungsinstanz für die Hilfen zur Erziehung

30.5Der ASD als Gegenstand der Jugendhilfeplanung

30.6Anforderungen an die Planungsorganisation

VI Mitarbeiter im ASD

31Anforderungen und Belastungen der Fachkräfte im ASD

Von Joachim Merchel

31.1Zum Begriff Arbeitsbelastung

31.2Hinweise zu quantitativen Aspekten der Arbeitsbelastung im ASD

31.3Die qualitative Dimension von Arbeitsbelastung im ASD

31.4Umgang mit Arbeitsbelastungen der ASD-Fachkräfte als Leitungsaufgabe

32Personalmanagement und Qualität der ­Arbeit des ASD

Von Joachim Merchel

32.1Zur Bedeutung von Personalmanagement bei sozialen Dienstleistungen

32.2Personal als entscheidender Qualitätsfaktor im ASD

32.3Zum Begriff Personalmanagement

32.4Zur Praxis des Personalmanagements im ASD

33Personalbemessung im bzw. für den ASD

Von Adam Khalaf

33.1Warum Personalbemessung?

33.2Vorstellung und Diskussion gängiger Verfahren der Personalbemessung

33.2.1Varianten mit einer einzelnen Messgröße

33.2.2Varianten mit mehreren Messgrößen

33.2.3Zeitbasierte Modelle

33.3Fazit

34Personalentwicklung im ASD

Von Hildegard Pamme

34.1Fachkräftemangel im ASD?

34.2Personalgewinnung

34.3Attraktive Rahmenbedingungen gestalten

34.4Personalbindung

34.4.1Kompetenzorientierte Personalauswahl

34.4.2Strukturierte Einarbeitung

34.4.3Regelmäßige Mitarbeiterentwicklungsgespräche

34.4.4Steuerung von Fort- und Weiterbildungen

34.4.5Methodisch basierte Kollegiale Beratung

34.4.6Zielorientierter Einsatz von Supervision und Coaching

VII Der ASD im Licht der Öffentlichkeit

35Jugendamt und ASD in den Medien – ­zwischen Überforderung und Untätigkeit?

Von Sonja Enders

35.1Zwischen gefühlten Annahmen und empirischen Befunden

35.2Wie öffentlich ist das Jugendamt?

35.3Wer oder was ist die relevante Öffentlichkeit aus Sicht der Jugendämter?

35.4Öffentlichkeitsarbeit als Marketingstrategie oder als eine zentrale Gestaltungsaufgabe?

35.5Öffentlichkeitsarbeit in Krisen

35.6Was braucht es für eine fachlich profilierte Öffentlichkeitsarbeit?

35.7Hinweise zu einer ‚guten‘ Öffentlichkeitsarbeit

VIII Qualität und Qualitäts­entwicklung im ASD

36Qualitätsmanagement und Organisations­lernen: Zur Förderung von Lernbereitschaft und Entwicklungsfähigkeit im ASD

Von Joachim Merchel

36.1Qualität und organisationale Lernbereitschaft – bedeutsame Themen für den ASD

36.2Qualitätsentwicklung im ASD

36.2.1Verfahrensstandardisierung

36.2.2Systematisierte Selbstbewertung

36.2.3Systematisierter Vergleich mit anderen ASD

36.2.4An Qualitätskriterien ausgerichtete Evaluationen

36.3Der ASD als lernbereite und lernfähige Organisation

37Qualitätskriterien: Was macht einen „guten ASD“ aus?

Von Joachim Merchel

37.1Fallbezogene Aktivitäten

37.1.1Strukturqualität

37.1.2Prozessqualität

37.1.3Ergebnisqualität

37.2Organisationsbezogene Aktivitäten

37.2.1Strukturqualität

37.2.2Prozessqualität

37.2.3Ergebnisqualität

37.3Umweltbezogene Aktivitäten

37.3.1Strukturqualität

37.3.2Prozessqualität

37.3.3Ergebnisqualität

38Fachliche und fachpolitische Perspektiven: der ASD zwischen regionaler Diversität und einheitlichem Profil

Von Joachim Merchel

Literatur

Autorinnen und Autoren

Sachregister

Einleitung: Der „Allgemeine Soziale Dienst (ASD)“ als Gegenstand eines Handbuchs – ein Beitrag zur Anerkennung der Bedeutung und der Professionalität eines Handlungsfeldes

Von Joachim Merchel

Betrachtet man die Veröffentlichungen zum „Allgemeinen Sozialen Dienst“ (ASD), so ist man erstaunt: Während seit einigen Jahren der ASD sich insbesondere vor dem Hintergrund der fehlgelaufenen Kinderschutzfälle und der damit einsetzenden Kinderschutzdebatten einer relativ großen Aufmerksamkeit in der Fachöffentlichkeit sicher sein kann, war das fachliche und fachpolitische Interesse, das dem ASD entgegengebracht wurde, über eine lange Zeit gering. Es hat zwar vielfältige Veröffentlichungen gegeben zu methodischen Aspekten (Hilfeplanung, kollegiale Beratung, Trennungs- und Scheidungsberatung, Case Management etc.), die auch in die Arbeit des ASD hineinragten, aber selten wurde der ASD als „Ganzheit“ in Blick genommen mit seinen vielfältigen Facetten der Organisationsmodalitäten, der fachlichen Anforderungen und methodischen Vorgehensweisen, der Herausbildung von professionellen Haltungen und Arbeitsweisen seiner Mitarbeiter, der Kooperationsbezüge zu anderen Organisationen u. a. m. Man war sich bewusst, dass es in der Kommunalverwaltung eine Organisationseinheit gab, die sich aus den Traditionen der kommunalen Armenpflege und später vor allem aus der Familienfürsorge, dem Außendienst des Jugendamtes, entwickelt hatte. Aber man hat diesem Dienst keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet, die Frage seiner professionellen Ausgestaltung wurde nur wenig diskutiert.

Dies änderte sich nachdrücklich erst mit dem Beginn der Kinderschutzdebatten, ausgelöst durch das „Osnabrücker Verfahren“ (Mörsberger / Restemeier 1997) und in der Folge durch die intensiven Diskussionen zu weiteren „fehlgelaufenen“ Kinderschutzfällen. Doch das „Osnabrücker Ver­fahren“ wurde noch weniger unter der Frage diskutiert, wie sich ein Jugendamt bzw. ein ASD organisatorisch und fachlich auf die Erfüllung der Schutzaufgaben einzustellen habe, sondern eher unter dem Aspekt der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und des Risikos, dem die einzelne Fachkraft bei ihren beruflichen Aufgaben ausgesetzt sei (Deutscher Verein / AGJ 2001, Bringewat 1997). Erst allmählich gerieten die fachlichen und organisationsbezogenen Anforderungen an das Jugendamt bzw. den ASD bei der Gewährleis­tung eines angemessenen Kinderschutzes in den Blick – eine Perspektive, die dann im Gefolge weiterer zu Tode gekommener Kinder intensiver und differenzierter diskutiert wurde. Mit der Hervorhebung, dass bei den „fehlgelaufenen“ Kinderschutzfällen nicht nur die Qualifikationen und das Handeln der jeweiligen Mitarbeiter überprüft werden dürfen, sondern gleichermaßen die Organisationsverantwortung des Jugendamtes zur Debatte steht (ISS 2012), wurden nun auch Aufgaben, Organisationsmodalitäten und Handlungsweisen im ASD intensiver analysiert und diskutiert. Zugespitzt formuliert: Bedauerlicherweise löste erst der Tod von Kindern eine intensivere fachliche Beschäftigung mit dem ASD aus – dies aber unter einem spezifischen Fokus: dem Kinderschutz. „Kinderschutz“ wurde einseitig zum zentralen thematischen Verankerungspunkt der Debatten zum ASD.

Obwohl der ASD, dem bisweilen der Status eines „Basisdienstes“ der Sozialen Arbeit zugesprochen wurde (Greese 1994, 45), eine erhebliche Bedeutung hat für eine gute Leistungsgewährung und Leistungsgestaltung in der Sozialen Arbeit und obwohl – vor allem im Zuge der Diskussionen um Kindeswohlgefährdung / Kindesschutz – der ASD verstärkt in den Fokus der fachpolitischen (zum Teil auch öffentlichen) Aufmerksamkeit gerückt ist, existieren bisher nur einige Veröffentlichungen, die den Stand des Fachwissens über den ASD, seine Aufgabenbereiche und seine Handlungsansätze dokumentieren. Die wenigen Buchveröffentlichungen zum ASD stammen vorwiegend aus der ersten Hälfte der 1990er Jahre (Krieger 1994, Textor 1994, Greese et al. 1993, ISA 1991). Weitere Veröffentlichungen zum ASD entstanden erst mit deutlichem zeitlichem Abstand: neben einigen Beiträgen in Fachzeitschriften insbesondere das vom ISS (2011) herausgegebene Buch, das eine erste allgemeine Orientierung bietet, der als „Lehrbuch“ konzipierte Band von ­Gissel-Palkovich (2011a), der Forschungsbericht von Gissel-Palkovich / Schubert (2015) und die Studie von Beckmann et al. (2018), die zwar viel Aufmerksamkeit in der Presse gefunden hat, jedoch von einigen elementaren Unzulänglichkeiten in der Forschungsmethodik durchzogen ist (u. a. Mühlmann / Pothmann 2018).

Die Ergebnisveröffentlichung zu einem neuen Forschungs- und Diskursprojekt „Profil und Profilentwicklung im ASD“ (Merchel et al. 2023; Berghaus et al. 2022), das weitere und genauere Profildebatten zum ASD anregen will, vermag hoffentlich, die Fachdebatten zum ASD im Bewusstsein zu halten und zu fördern.

Anders als in anderen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit kann man im Hinblick auf den ASD wahrlich nicht von einer zur Unübersichtlichkeit neigenden Literaturlage sprechen. Das relativ geringe Interesse, das dem ASD in der Fachöffentlichkeit über eine längere Zeit entgegengebracht wurde, lässt sich beispielhaft auch daran ablesen, dass im „Handbuch Soziale Arbeit“, das den Anspruch erhebt, „den gegenwärtigen Stand der Entwicklung in der theoretischen Diskussion, der Forschung und der Praxis der Sozialen Arbeit“ zu präsentieren (Otto / Thiersch 2011, V), ein Beitrag zum ASD, der noch bis zur 3. Auflage im Handbuch enthalten war (Greese 2005), ab der 4. Auflage nicht mehr zu lesen ist. Auch in den umfangreichen Handbüchern bzw. „Kompendien“ zur Kinder- und Jugendhilfe (Schröer et al. 2016; Böllert 2018) sucht man vergeblich nach einem Beitrag, der die spezifischen fachlichen und organisationalen Aspekte des ASD verdeutlicht. Selbst in den dort enthaltenen Beiträgen zum Jugendamt findet der ASD lediglich marginale Erwähnung.

Dies trifft auch zu auf Einführungsbücher zur Kinder- und Jugendhilfe; lediglich die Einführung von Hansbauer et al. (2020) würdigt das Handlungsfeld „ASD“ in einem eigenen, inhaltlich profilierten Abschnitt (S. 220–237).

Die Herausgabe des vorliegenden Handbuchs zum ASD folgt dem Motiv, ein umfassendes Werk vorzulegen, in dem die verschiedenen, für den ASD relevanten fachlichen und damit verknüpften organisationsbezogenen Aspekte zusammengefasst dargestellt werden. Ein solches Handbuch entspringt gleichermaßen dem Bestreben, den mittlerweile erreichten fachlichen Entwicklungsstand des Handlungsfeldes ASD zum Ausdruck zu bringen, sowie dem Anliegen, mit einer Zusammenfügung des Wissensstandes über den ASD Impulse für eine fachliche Weiterentwicklung und eine qualitative Stabilisierung des Praxisfeldes ASD zu geben. Das Handbuch zum ASD spiegelt also zum einen die fachliche Bedeutung dieses Handlungsbereichs der Sozialen Arbeit wider und will zum anderen einen Beitrag leisten zur Festigung dieser Bedeutung, indem es Anregungen zur professionellen Selbstverständigung der Akteure in diesem Handlungsfeld und Anstöße zur Weiterentwicklung in der praktischen Ausgestaltung der jeweiligen regionalen ASD vermittelt.

Nicht zuletzt soll durch das Handbuch die Tatsache markiert werden, dass der „Kinderschutz“, für den der ASD in weiten Teilen der öffentlichen Debatten zum Jugendamt steht, zwar einen wichtigen Bestandteil im Aufgabenprofil des ASD darstellt, jedoch das, was im ASD fachlich und organisational geschieht, deutlich über ein enges Verständnis von Kinderschutz hinausgeht.

Zur Definition: Was ist ein ASD?

In den bisherigen Ausführungen wurde so getan, als sei für alle Akteure in der Sozialen Arbeit, für die Kooperationspartner, mit denen der ASD zu tun hat, und nicht zuletzt für alle Leser dieses Handbuchs klar, was „der ASD“ ist. Angesichts der organisatorischen Vielfalt des ASD und der verschiedenartigen Begriffe, mit denen dieser Dienst in Kommunalverwaltungen belegt wird, kann man jedoch nicht von einem einheitlichen Begriffsverständnis ausgehen. Schon die Namen, die diesem Dienst zugeordnet werden, können für Verwirrung sorgen: Die Rede ist nicht nur vom ASD, sondern auch vom KSD (Kommunaler Sozialdienst), manchmal nur vom Sozialdienst oder Kinder- und Jugendhilfedienst, manchmal vom Bürgerbüro oder Sozialbürgerhaus u. a. m. Neben diesen unterschiedlichen Begrifflichkeiten findet man verschiedene organisatorische Zuordnungen in der Kommunalverwaltung: in der Regel die Zuordnung zum Jugendamt, das aber wiederum in verschiedenen Organisationsmodalitäten auftaucht (als Fachbereich oder als Amt, mehr oder weniger verkoppelt mit weiteren Aufgabenbereichen außerhalb oder am Rande der Jugendhilfe), in einigen Fällen auch dem Fachbereich Soziales oder Sozialamt zugeordnet oder als eine relativ selbstständige Organisationseinheit (analog einem Amt) organisiert. Noch vielfältiger wird es, wenn der ASD anhand seiner Aufgaben eingegrenzt werden soll: Der Schwerpunkt der ASD-Aufgaben liegt in der Kinder- und Jugendhilfe, aber ob noch weitere Aufgaben aus anderen Handlungsbereichen hinzukommen (Altenhilfe, Behindertenhilfe, sozialpsychiatrische Versorgung) und welche Dienste als Spezialdienst organisiert sind (z. B. Jugendgerichtshilfe, Pflegekinderdienst, Vormundschaften / Pflegschaften) oder dem ASD zugeordnet sind, kann örtlich verschiedenartig geregelt werden.

Dies alles führt zu der Schwierigkeit, die Übersicht zu behalten und das zu definieren, was „den ASD“ ausmacht. Der immer wieder eingebrachte Hinweis „jeder ASD ist anders“ spiegelt die Erfahrungen zur Unterschiedlichkeit dessen wider, was mit dem Begriff ASD umfasst werden kann. Trotz aller Unterschiedlichkeit können einige markante Merkmale, die den ASD ausmachen, festgehalten werden (auch Gissel-Palkovich 2011b, Müller 2008):

■Der Begriff ASD kennzeichnet eine Verwaltungseinheit innerhalb einer kommunalen Behörde. Als Bestandteil der Kommunalverwaltung – in der Regel des Jugendamtes – (Pluto et al. 2007, 48 ff.) wirkt der ASD an der infrastrukturellen Gewährleistungsverantwortung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe (§ 79 SGB VIII) mit. Eine eigene Rechtsgrundlage für die Organisationsweise eines ASD existiert nicht; mit welchen Aufgaben bzw. Aufgabenkombinationen ein ASD versehen und in welcher administrativen Zuordnung der ASD organisiert wird, unterliegt der jeweiligen kommunalen Entscheidungshoheit.

■Der ASD ist in der Regel bezirklich (an Sozialräumen oder an administrativ festgelegten Regionen) ausgerichtet. Die Verteilung der Zuständigkeiten an Teams oder an einzelne ASD-Mitarbeiter erfolgt nach räumlichen Bezirken.

■Ein Aufgabenschwerpunkt des ASD liegt bei der Kinder- und Jugendhilfe, wodurch die Zugehörigkeit zum Jugendamt begründbar ist, denn für Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe muss dem zweigliedrigen Jugendamt die Verantwortung zugewiesen sein (§ 70 Abs. 1 SGB VIII).

■Beim ASD handelt sich um ein eher generalistisch ausgerichtetes Arbeitsfeld; denn mit dem Adjektiv „allgemein“ wird verdeutlicht, dass der ASD eine erste Anlaufstelle bei vielfältigen und noch nicht genau strukturierten Problemsituationen von Bürgern ist. Der ASD vermittelt auf der Grundlage einer fachlichen Kenntnis zu den regional vorhandenen Hilfeangeboten zielgerichtete Hilfen und verschafft einen Zugang zu sozialen Unterstützungsmöglichkeiten.

■Mit dem Etikett des Allgemeinen unterscheidet sich der ASD von Besonderen Sozialen Diensten, da diese sich entweder auf vorher definierte Ausschnitte bzw. Aufgaben beschränken (Jugendgerichtshilfe, Vormundschaften / Pflegschaften) oder sie zwar organisatorisch Bestandteil des öffentlichen Trägers sind, aber in ihrem Aufgabenzuschnitt bereits auf der Grundlage vorheriger Hilfe-Entscheidungen – anders als der ASD in der Funktion eines fachlich fundierten „Leistungsverteilers“ – als Leistungserbringer fungieren (z. B. Pflegekinderdienst, ambulante Hilfen in Trägerschaft des Jugendamtes).

■Entsprechend der Aufgabenzuordnung an den ASD steht methodisch die Einzelfallarbeit im Mittelpunkt. Dies schließt fallübergreifende und fallunabhängige Tätigkeiten nicht aus, erfordert diese sogar, um in individuellen Lebenssituationen von Adressaten auf geeignete Hilfe- und Unterstützungsmöglichkeiten zurückgreifen zu können. Aber auch solche zunächst vom Einzelfall als abgelöst erscheinenden Tätigkeiten sind letztlich immer auf Problembewältigungspotenziale ausgerichtet, die für den Einzelfall eingesetzt werden.

■Der ASD fungiert nicht nur als ein Ansprechpartner für Bürger (insbesondere Kinder, Jugendliche, Eltern / teile), sondern er muss auch das staatliche Wächteramt zur Abwendung von Gefahren für das Wohl von Kindern und Jugendlichen wahrnehmen. Hierbei muss er neben den Unterstützungen für Eltern (reaktiv und präventiv) auch kontrollierend und eingreifend handeln. Dadurch wird das Bild, das sich die Öffentlichkeit vom Jugendamt bzw. vom ASD macht, stark geprägt.

An diesen Merkmalen ausgerichtet lässt sich folgende Arbeitsdefinition zum ASD zugrunde legen:

Der ASD ist ein bezirklich organisierter Dienst innerhalb der Kommunalverwaltung, der als eine erste Anlaufstelle bei schwierigen Lebenssituationen von Bürgern einen Hilfebedarf analysiert und den Betroffenen einen zielgerichteten Zugang zu sozialen Hilfen verschafft. In seinem Aufgabenschwerpunkt der Kinder- und Jugendhilfe nimmt der ASD die dem staatlichen Wächteramt entsprechenden Aufgaben der Kon­trolle / des Eingriffs und der Unterstützung zur Abwendung einer Gefährdung des Wohls von Kindern / Jugendlichen wahr. Seine Aufgaben bestehen vor allem in der einzelfallbezogenen Steuerung von Hilfen, die ergänzt werden durch Aktivitäten, die eine angemessene Infrastruktur von Hilfemöglichkeiten bewirken sollen.

Abb. 1: Bedingungen zur Herausbildung „guter Arbeit“ im ASD

Diese Arbeitsdefinition spiegelt die wesentlichen Strukturmerkmale wider, die das Handlungsfeld prägen und die für alle Organisationseinheiten des öffentlichen Trägers, die mit dem Begriff ASD oder einem ähnlich gelagerten Begriff gekennzeichnet werden, zutreffen und die insofern – bei aller Unterschiedlichkeit in Begriffen und regionalen Or­ganisationsweisen – den Kern des ASD ausmachen. An dieser Stelle sei betont, dass es sich hier um einen Dienst innerhalb der Kommunalverwaltung handelt, mit dem der öffentliche Träger seiner Gewährleistungsver-antwortung (einzelfallbezogen und – vermittelt – infrastrukturbezogen) gerecht wird, und ausdrücklich nicht diejenigen Dienste bei Regionalgliederungen von Wohlfahrtsverbänden gemeint sind, die gelegentlich unter der Bezeichnung „Allgemeiner Sozialer Dienst“ oder einem ähnlichen Etikett tätig sind.

Man kann darüber streiten, ob es angesichts der nicht delegierbaren Gewährleistungsverantwortung des öffentlichen Trägers sinnvoll ist, Teile der ASD-Aufgaben an freie Träger zu delegieren (und dann Modalitäten zu finden, wie der öffentliche Träger im Einzelfall seiner Verantwortung wieder gerecht werden kann). Da die Kernaufgaben des ASD die Gestaltungsaufgaben des öffentlichen Trägers ansprechen, bleiben die wenigen Konstellationen, in denen ein wohlfahrtsverbandlicher Träger unter dem Etikett ASD Aufgaben zugewiesen bekommen und übernommen hat, hier unberücksichtigt.

Zum Konzept des Handbuchs

Das vorliegende Handbuch stellt den Wissensstand über den ASD zusammenfassend, aber auch dem Gegenstand angemessen differenziert dar und erörtert und begründet auf dieser Basis die Entwicklungsperspektiven des ASD. Die in diesem Buch dargelegten Aspekte sind für das Verständnis der Institution ASD, ihre Handlungsweisen und Entwicklungsperspektiven bedeutsam: Geschichte, Organisation / Organisationsformen, gesetzliche Anforderungen und Aufgabenbereiche, gesellschaftliche und sozialpolitische Einbindung, Konzepte und methodische Handlungsweisen, Qualitätskriterien und Qualitätsentwicklung. Dem inhaltlichen Aufbau des Handbuchs, der Auswahl der thematischen Bereiche und der einzelnen Beiträge liegt ein Verständnis zugrunde, das in Abbildung 1 zusammengefasst ist.

Mit dem Schaubild (➞ Abb. 1) ist das Gefüge gekennzeichnet, innerhalb dessen sich eine „gute Arbeit“ im ASD oder ein „guter ASD“ herausbilden kann. Der ASD wird konstituiert durch drei zen­trale Elemente:

■die Aufgaben, die zum einen durch Gesetze und zum anderen durch Anforderungen aus seinem gesellschaftlichen Umfeld definiert sind. Die Anforderungen durch das gesellschaftliche Umfeld resultieren aus der Sozialpolitik, aus den Kooperationsbezügen mit anderen Institutionen / Organisationen, aus den Anforderungen der Leistungs­adressaten. Um sie angemessen zu verstehen, ist es hilfreich, sich die geschichtlichen Wurzeln und die bisherigen Entwicklungsverläufe des ASD bewusst zu machen.

■die Organisationsmodalitäten, in die der ASD eingebunden ist (äußere Organisationsmodalitäten) und die er sich selbst zur angemessenen Bewältigung seiner Aufgaben gestaltet (innere Organisationsmodalitäten).

■die Mitarbeiter, durch die der ASD gegenüber den Leistungsadressaten und gegenüber anderen Organisationen / Institutionen ein „Gesicht“ erhält und von deren Qualifikation, Motivation, Haltungen die konkrete Leistungserbringung bzw. Aufgabenbearbeitung im ASD wesentlich abhängt.

Diese drei Konstitutionselemente bilden den Rahmen für das Entstehen eines fachlich guten Handelns, einer guten Leistungserbringung im ASD. Damit eine gute Leistung im ASD zustande kommt, bedarf es der Verarbeitung der Konstitutionselemente im Hinblick auf drei für die Leistungserstellung maßgebliche Prozesselemente:

■Konzipierung, kontinuierliche Aufrechterhaltung und Förderung fachlich angemessener methodischer Handlungsweisen: Methodische Handlungsweisen im ASD müssen sowohl einzelfallbezogen als auch fallübergreifend und im Hinblick auf eine Einflussnahme auf die Infrastruktur der regionalen Hilfen implementiert und kontinuierlich beobachtet, bewertet, mit Impulsen zur Weiterentwicklung versehen werden. Methodische Handlungsweisen, die dem „Stand der fachlichen Kunst“ entsprechen und den jeweiligen Bedingungen in einem ASD angepasst werden, werden sowohl von den einzelnen Fachkräften als auch im Gruppenkontext (Team) realisiert. Die Einflussnahme auf das methodische Handeln erfolgt zum einen in fachlicher (sozialarbeiterischer) Hinsicht und zum anderen mit Blick auf die administrativen Verfahrensweisen und auf deren Auswirkungen auf das fachliche Handeln.

■Herstellung und Gewährleistung adäquater organisatorischer Rahmenbedingungen: Die organisatorischen Rahmenbedingungen richten sich einerseits auf die Bereitstellung der finanziellen, räumlichen und sachlichen Ressourcen, die für erforderlich gehalten werden, um fachlich angemessenes Handeln erzeugen und aufrechterhalten zu können. Andererseits geht es um die Gestaltung von Organisationsstrukturen, die eine verlässliche Leistungserstellung erzeugen, sowie um eine Organisationskultur, die fachlich sinnhafte Interaktionen im ASD zu fördern vermag.

■Beobachtung und Förderung der Mitarbeiterpotenziale: Da der ASD personenbezogene (Dienst-)Leistungen erzeugen soll und die Qualität solcher Leistungen von einem gelingenden koproduktiven Interaktionsprozess zwischen Leistungsadressat und ASD-Mitarbeiter abhängt, kommt der Qualifikation, der Motivation und Haltung der Mitarbeiter eine entscheidende Bedeutung zu – mit der Folge, dass Mitarbeiterführung im Sinne einer Beobachtung und Förderung der Mitarbeiterpotenziale als ein elementarer Bestandteil guter Leistungserstellung im ASD gewertet werden muss. Mitarbeiterführung gehört zu den Aufgaben der Leitung (der ASD-Leitung und der Amtsleitung) und bezieht sich sowohl in personenbezogenen Interaktionen auf einzelne Mitarbeiter als auch auf die Gestaltung von strukturellen Bedingungen, die das Verhalten der Einzelnen prägen und herausfordern sollen.

Durch die genauere Betrachtung der Konstitutionselemente und deren Verarbeitung in den für die Leistungserstellung maßgeblichen Prozessbereichen entsteht ein Bild von einem als „gut“ angesehenen ASD mit entsprechenden Qualitätskriterien, die für weitere Fachdiskurse orientierende Richtungen angeben, welche in die Debatte aufgenommen und kritisch verarbeitet werden sollten. Das so kons­truierte Bild von einem „guten ASD“ sollte nicht missverstanden werden als ein „Leitbild“ oder eine „Vision“, wie sie in vielen Konzepten zur Organisationsentwicklung propagiert werden, jedoch häufig weniger gelebt werden als vielmehr – in schönen Formulierungen glattgebügelt – in Aktenordnern abgelegt und vor allem an Feiertagen und zu Legitimationszwecken (häufig bei Konflikten) hervorgeholt und funktionalisiert werden. Das „Bild von einem guten ASD“ sollte als eine fachliche Folie betrachtet werden, vor der der konkrete Zustand eines bestimmten ASD eingeordnet und im Diskurs bewertet werden kann. Mithilfe einer solchen Einordnung und Bewertung können konkrete Ansatzpunkte zur Organisationsgestaltung, Organisationsveränderung und Qualitätsentwicklung in einem ASD gefunden und praktisch genutzt werden. Die skizzierte Vorstellung von einer Herausbildung „guter Arbeit“ im ASD bildet die Grundlage für die Struktur des Handbuchs:

1.Im ersten Teil wird eine geschichtliche Einordnung des ASD vorgenommen, die einen historischen Zugang ermöglichen soll zum Verstehen aktueller organisationsbezogener, sozialpolitischer und methodischer Fragestellungen zum ASD.

2.Der zweite Teil beschäftigt sich mit dem Organisationscharakter des ASD. Hier geht es um grundlegende Organisationsentscheidungen zur Verortung des ASD in der Kommunalverwaltung sowie um Fragen der Organisationsgestaltung innerhalb des ASD: um Organisationsstrukturen und Organisationskulturen, in denen sich die Leistungserstellung im ASD ereignet, und um Anforderungen an Teamgestaltung und an Steuerung durch Leitung.

3.Der dritte Teil thematisiert die gesetzlichen Aufgabenbereiche des ASD und Regelungen für die Arbeit des ASD im Sozialgesetzbuch. Es werden aus den einzelnen Rechtsbereichen diejenigen gesetzlichen Grundlagen dargelegt und erläutert, die für eine Tätigkeit des ASD von Bedeutung sind und in denen sich Anforderungen an den ASD dokumentieren.

4.Der vierte Teil ist der umfangreichste des Handbuchs und unterteilt in zwei Abschnitte: Erläuterungen zu generellen methodischen Orientierungen, die in allen Handlungsfeldern des ASD eine prägende Bedeutung haben (sollten), und Erörterungen zu spezifischen Handlungsfeldern mit ihren jeweiligen methodischen Anforderungen. Es werden die methodischen Anforderungen gekennzeichnet, die sich an die Akteure im ASD richten; es werden Verfahren benannt, in denen diese Anforderungen bearbeitet werden; und es werden Konstellationen erläutert, die die Umsetzung der methodischen Anforderungen als schwierig und fachlich herausfordernd erscheinen lassen.

5.Im fünften Teil des Handbuchs steht der ASD in seiner Einbindung in die kommunale Infrastruktur im Mittelpunkt. Der ASD übernimmt eine Funktion in der kommunalen Sozialpolitik, und als Teil des Jugendamtes beteiligt er sich an Aufgaben der Jugendhilfeplanung. Der ASD bewegt sich in der kommunalen Infrastruktur und wirkt als Gestaltungsakteur durch seine vielfältigen Kooperationsbezüge mit anderen Organisationen innerhalb und außerhalb der Jugendhilfe sowie durch seine Einflussnahme auf die Entwicklungsdynamiken in Sozialräumen.

6.Die Bedeutung der Mitarbeiter, die spezifischen Belastungspotenziale der ASD-Tätigkeit und die daraus folgenden Anforderungen an das Personalmanagement im ASD sind Gegenstand des sechsten Teils. Die Thematisierung von Personalmanagement-Aufgaben in einem eigenen Handbuch-Teil soll die zentrale strategische Bedeutung dieses in der Vergangenheit zumeist vernachlässigten Aspekts in der Steuerung des ASD hervorheben.

7.Im siebten Teil des Handbuchs wird ein Problemkomplex bearbeitet, der insbesondere in den Debatten zum Kinderschutz ins Bewusstsein getreten ist, der aber in der Diskussion „Jugendamt zwischen Dienstleistung und Kontrollbehörde“ schon lange eine Herausforderung darstellt: das schwierige Verhältnis zwischen Jugendamt und Öffentlichkeit bzw. die Probleme des Jugendamtes, ein angemessenes Bild oder ein angemessenes Image in der Öffentlichkeit zu erzeugen. Zu einem „guten ASD“ gehört auch, der Öffentlichkeit die elementaren Aufgaben und Handlungsweisen adäquat zu vermitteln und somit ein Bild des ASD zu erzeugen, das eine generelle Akzeptanz des ASD sowohl in der Öffentlichkeit als auch bei potenziellen Leistungsadressaten ermöglicht.

8.Der abschließende achte Teil widmet sich den Entwicklungsperspektiven des ASD und damit zum einen der Frage, was einen „guten ASD“ ausmacht, also der Frage nach den Qualitätskriterien, die in den Beiträgen des Handbuchs bereits zum Ausdruck gebracht wurden und die abschließend zu einem Gesamtbild zusammengeführt werden, und zum anderen den Verfahrensweisen, mit deren Hilfe sich ein ASD lernbereit und entwicklungsfähig halten kann, durch die er sich also gleichermaßen als eine verlässlich handelnde, kalkulierbare wie auch lernfähige und entwicklungsoffene Organisation erweisen kann, die Qualität nicht nur „absichert“, sondern als kontinuierlichen Entwicklungsprozess begreift und gestaltet. Ferner wird in einem Ausblick die Frage nach dem künftigen fachlichen und fachpolitischem Profil des ASD angesprochen.

Der Herausgeber verfolgt mit diesem Handbuch neben dem zentralen Motiv – Beitrag zur Profilierung und Professionalisierung des ASD durch einen umfassenden Überblick – einen Nebenzweck: Das Handbuch kann (und sollte) auch als ein Beitrag zu einem fachlich profilierten Sozialmanagement gelesen werden.

Im Unterschied zu rein betriebswirtschaftlichen Managementvorstellungen (die teilweise in Veröffentlichungen zu Management in Non-Profit-Organisationen propagiert werden), sollte das Sozialmanagement von einer integrierten Managementperspektive geprägt sein, bei der die Besonderheiten der fachlichen Aufgaben und der Gegebenheiten in einem Handlungsfeld Eingang finden in die verschiedenen Steuerungsüberlegungen und Strategien des Managements (Merchel 2015a und 2017). In dem Handbuch finden sich Aussagen zu allen Steuerungsbereichen, die das Management prägen: fachliche Steuerung, ökonomische Steuerung, organisationsbezogene Steuerung, mitarbeiterbezogene Steuerung, Steuerung der Bezüge zur Umwelt. Hinzu kommen Beiträge zur rechtlichen Dimension, die in die Steuerung des ASD hineinwirken, und Aussagen zu ethischen Erwägungen bei der Arbeit des ASD (z. B. zum Thema Schutz / Kontrolle, zu Hausbesuchen etc.). Das Handbuch verdeutlicht auf diese Weise beispielhaft, welche Anforderungen im Handlungsfeld Soziale Arbeit an das Steuerungs- und somit Managementhandeln gestellt werden und im Management bewältigt werden müssen.

Damit ist mit der Herausgabe des Handbuchs ASD der Anspruch verbunden, gleichsam als „Nebeneffekt“ auch einen Beitrag zu einem handlungsfeldorientierten Sozialmanagement, zu einem mit fachlichen Ansprüchen rückgekoppelten und für die Profession Soziale Arbeit tragfähigen Management zu leisten.

Hinweis zur „Handhabung der Geschlechterfrage“ in der Schreibweise

Bei der im Jahr 2012 erschienen ersten Auflage wurde darauf hingewiesen, dass zur besseren Lesbarkeit der Texte in der Regel die grammatikalisch männliche Form benutzt wird, wobei damit ein bestimmter Typus bezeichnet wird und nicht ein bestimmtes Geschlecht gemeint ist. Trotz der formal männlichen Form wird jeweils ein Typus angesprochen, und es sind selbstverständlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Männer und Frauen, Mädchen und Jungen, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Richterinnen und Richter etc. gemeint. Beide Geschlechter sind immer mitzudenken!

Über die diesbezüglich angemessene Schreibweise ist mittlerweile viel und kontrovers diskutiert worden. Eine solche Regelung wie im Jahr 2012 wäre wohl heute bei vielen Autorinnen und Autoren sowie bei vielen LeserInnen nicht mehr akzeptabel. Für die vierte Auflage haben wir davon abgesehen, eine durchgängige neue Regelung für alle Kapitel einzuführen. Somit finden Leserinnen und Leser unterschiedliche geschlechterbezogene Schreibweisen in verschiedenen Kapiteln. Die meisten Kapitel folgen noch dem Modus der ersten Auflage, in anderen Kapiteln haben Autorinnen und Autoren bei der Überarbeitung einen anderen Modus eingefügt, der nach ihrer Ansicht für die sprachliche Handhabung der Geschlechterfrage angemessener ist. Wir bitten somit die LeserInnen, die diesbezügliche Unterschiedlichkeit zu tolerieren.

Zur vierten Auflage:

AutorInnen und Herausgeber sind erfreut über das Interesse am ASD, das eine vierte Auflage des Handbuchs ermöglicht. Die einzelnen Beiträge des Handbuchs sind aktualisiert worden. Einige Beiträge hatten keinen oder nur einen geringen ­Aktualisierungsbedarf, andere Beiträge bedurften einer weitergehenden Überarbeitung. Rechtliche Neuregelungen, die seit der dritten Auflage konstituiert wurden, sind bei der Überarbeitung bis zum September / Oktober 2022 berücksichtigt worden (insbesondere die durch KJSG bewirkten Änderungen im SGB III).

Zwei Kapitel sind gegenüber der dritten Auflage stark verändert bzw. neu geschrieben worden: ➞ Kap. 25 (Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien; Wolfgang Tenhaken) und ➞ Kap. 27 (ASD im Kontext kommunaler Sozialpolitik; Joachim Merchel). Die Erfahrungen in der Corona-Pandemie und die schnellen Weiterentwicklungen im IT-Bereich erforderten eine etwas umfassendere Bearbeitung des ➞ Kap. 25 gegenüber der dritten Auflage. Der Autor des Beitrags zur kommunalen Sozialpolitik aus den ersten drei Auflagen, Peter-Ulrich Wendt, hat seinen Beitrag für die vierte Auflage zurückgezogen; da der Herausgeber die Bedeutung der kommunalen Sozialpolitik für den ASD weiterhin im Bewusstsein halten wollte, hat er in einem neuen kurzen Beitrag für vierte Auflage diese Bedeutung thesenartig zu konturieren versucht.

Der Autor Wolfgang Rüting, Jugendamtsleiter im Kreis Warendorf sowie vielfältig engagierter Fachmann für die Belange des ASD, ist im Dezember 2019 verstorben. Der Beitrag von Wolfgang Rüting (➞ Kap. 17) ist von der dritten Auflage unverändert übernommen worden; die zentralen Argumentationslinien, die Wolfgang Rüting in seinem Beitrag darstellt, sind weiterhin für die vierte Auflage aktuell und gültig. Wir bedauern den Verlust von Wolfgang Rüting als einen kundigen Mitautor und einen engagierten Akteur für die Belange von Kindern, Jugendlichen und Familien sehr.

Auch bei der vierten Auflage geben AutorInnen und Herausgeber ihrer Hoffnung (und Zuversicht) Ausdruck, dass das Handbuch Orientierungen für fachliche und organisationale Entwicklungen im ASD zu vermitteln vermag, mit deren Hilfe die Qualität der Arbeit im ASD entfaltet und dynamisch gehalten werden kann. Der ASD als wichtiger „Basisdienst der Sozialen Arbeit“ verdient Aufmerksamkeit, Interesse und Engagement. Wenn das Handbuch mit seiner vierten Auflage dazu beitragen könnte, hätte es seinen Zweck erreicht!

 

Merchel (Hg.), Handbuch Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD), DOI 10.2378 / asda4.art01

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I Geschichte des ASD

1 Zur Entstehungsgeschichte des ASD – von den Anfängen bis in die 1970er Jahre

Von Peter Hammerschmidt und Uwe Uhlendorff

 

■Soziale Arbeit als unmittelbare Betreuung unterstützungsbedürftiger Armer oblag seit Beginn des 19. Jahrhunderts kommunal organisierten ehrenamtlichen Kräften, die dann mit dem Elberfelder System für kleinräumig zugeschnittene Quartiere zuständig waren.

■Mit dem Straßburger System etablierten die Kommunen nach der Jahrhundertwende dann einen hauptamtlichen Innendienst für die administrativen und entscheidungsbezogenen Aufgaben. Die damit bestehenden Strukturen bestanden in der Weimarer Republik fort, auch wenn die sozioökonomischen und soziokulturellen Voraussetzungen für dieses Ehrenamt zunehmend erodierten.

■Mit der FaFü als unmittelbare Vorläuferorganisation des ASD traten dann ab den 1920er Jahren fürsorgerisch ausgebildete hauptamtliche Kräfte neben die ehrenamtlichen, um sie dann im Verlauf mehrerer Jahrzehnte weitgehend zu ersetzen. Im Ergebnis erbte damit die berufliche Fürsorge / Sozialarbeit die Nicht-Entscheidungsbefugnis des Straßburger Armenpflegers, der Dualismus von Haupt- und Ehrenamt transformierte sich zum Dualismus von Innen- und Außendienst.

■Denkbar und sinnvoll wurde ein allgemeiner Außendienst erst mit Entfaltung kommunaler Sozialpolitik, der Etablierung sozialer kommunaler Ämter – Jugendamt, Fürsorgeamt, Gesundheitsamt, Wohnungsamt, Erwerbslosenamt – auf der einen und einer Vielzahl spezialisierter (Besonderer) Sozialer Dienste auf der anderen Seite, als drittes, verbindendes Element in der „kommunalen Apparatur der öffentlichen Hilfe“ (Vogel 1966). Das war mit dem Ausbau des Weimarer Wohlfahrtsstaates gegeben. Die Betreuung einer Familie durch mehrere unverbunden nebeneinander tätige Außendienstmitarbeiter verschiedener Ämter mit speziellen Aufgaben, das zeigte sich in den 1920er Jahren rasch, war weder fachlich (fürsorgerisch, sozialarbeiterisch) angemessen noch fiskalisch effizient. Dies war dann die Geburtsstunde der FaFü als gemeinsamer, allgemeiner Außendienst mehrerer Ämter.

■Erst in den 1970er Jahren erfolgte die Ersetzung der FaFü durch den ASD, der sich mit der Zusammenlegung von Innen- und Außendienst bei gleichzeitiger Dezentralisation, d. h. der Übertragung von Entscheidungskompetenzen auf die Sozialarbeiter / Sozialpädagogen, in einem zentralen Merkmal von der tradierten FaFü unterscheidet. Die Spannungen und Widersprüchlichkeiten zwischen Verwaltungs- und sozialen Fachkräften, zwischen Innen- und Außendienst, zwischen der vorrangig konditionalprogrammiert arbeitenden Bürokratie und dem vorrangig zweckprogrammierten Handeln professioneller Sozialer Arbeit wurden damit in die Organisationsform ASD und damit auch in die Soziale Arbeit verlagert (Müller / Otto 1980b, 24; Ortmann 2008). Professionelle Autonomie und Kompetenz haben ihren Preis.

 

Der Allgemeine Soziale Dienst (im Folgenden: ASD) ist eine Organisationsform der kommunalen Sozialverwaltung. Seine konkrete Ausgestaltung – und ob es ihn überhaupt gibt – legt jede Kommune selbst fest, denn die Kommunen verfügen im Rahmen ihrer Selbstverwaltung über Organisationshoheit. Insofern sind empirische Feststellungen über den ASD schwierig.

Möglich und historisch sinnvoll wurde der ASD erst mit Entfaltung kommunaler Sozialpolitik. Ein gemeinsamer, allgemeiner sozialer (Außen-)Dienst setzt voraus, dass es mehrere kommunale Stellen / Ämter gibt, die für die Gewährung sozialer Rechte sowie auch für die Einrichtung sozialer Dienste zuständig zeichnen, und dass sich ein Angebot an besonderen, sozialen Dienstleistungen ausdifferenziert hat. In Deutschland war dies vor allem seit der wilhelminischen Zeit und hier zunächst nur in den Groß- und Industriestädten gegeben. Eine dementsprechende flächendeckende Etablierung sozialer kommunaler Ämter – Jugendamt, Fürsorgeamt, Gesundheitsamt, Wohnungsamt, Erwerbslosenamt – und sozialer Dienste erfolgt im Deutschen Reich erst im Kontext des verfassungsmäßig vorgesehenen Ausbaus des Wohlfahrtsstaates und durch das Weimarer Fürsorgerecht. Die Betreuung einer Familie durch mehrere unverbunden nebeneinander tätige Außendienstmitarbeiter verschiedener Ämter mit speziellen Aufgaben, das zeigte sich nach Inkrafttreten des Weimarer Fürsorgerechts Mitte der 1920er Jahre rasch, war weder fachlich (fürsorgerisch, sozialarbeiterisch) angemessen noch fiskalisch effizient. Dies war die Geburtsstunde des ASD, damals noch unter dem Namen Familienfürsorge (FaFü), als gemeinsamer, allgemeiner Außendienst mehrerer Ämter. Ein Charakteristikum des ASD, die Dezentralisation, war seinerzeit indes noch nicht gegeben und erfolgte erst in den 1970er Jahren. Dies ist insofern bemerkenswert, als eine Dezentralisation früher schon in der (Armen-)Fürsorge von den Kommunen in ihren Armenordnungen verankert und auch praktisch angewandt wurde. Das Mitte des 19. Jahrhunderts praktizierte Modell dafür war das „Elberfelder System“, das über das Quartiersprinzip hinaus einige weitere Grundprinzipien der Fürsorge und Sozialarbeit formulierte, die auch heute noch als gültig angesehen werden (Besuchsprinzip, Individualisierungsprinzip). Für die hier vorgelegte Darstellung folgt daraus, dass neben der Familienfürsorge (➞ 1.1) und dieser vorangestellt auch die Organisation der Armenpflege vor der Zeit des Deutschen Kaiserreichs sowie die sich daneben etablierenden besonderen sozialen Dienste (➞ 1.2) als Teil der Geschichte des ASD thematisiert werden, bevor dann die Weiterentwicklung der Familienfürsorge bis zu ihrer Neuorganisation in den 1970er Jahren skizziert wird (➞ 1.3).

1.1 Zur Vorgeschichte des ASD – von den Anfängen der kommunalen Sozialverwaltung bis zum Ende des Kaiserreichs

1.1.1 Soziale Dienste und die Armenfürsorge

Soziale Dienste wurzeln in der kommunalen Armenfürsorge und damit im Kern der kommunalen Sozialverwaltung. Die Armenfürsorge als öffentliche Zuständigkeit für Menschen, denen es ansonsten nicht möglich war, ihre Existenz zu sichern, entstand im Übergang zur Neuzeit.

Kodifiziert wurde eine solche Verpflichtung zunächst in allgemeinen Regelungswerken, zuerst in der Reichspolizeiordnung von 1530 und später im Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794. Armen- und Arbeitshäuser waren im 17. und 18. Jahrhundert die dominante Form der Armenfürsorge, das änderte sich im 19. Jahrhundert. Zu dieser Zeit erließen die einzelnen deutschen Staaten auch spezielle Armenpflegegesetze (z. B. Bayern 1816, Preußen 1842). Mit der Armenfürsorge reklamierte der Staat keine exklusive Zuständigkeit für Arme, im Gegenteil: Vorgelagerte Sicherungsmöglichkeiten – familiäreund ständische Hilfe, private Unterstützung usw. –sollten vorrangig genutzt werden. Armenfürsorge war Ausfallbürge, ihr Prinzip das der Nachrangigkeit. Zur Nachrangigkeit gehört auch die Arbeitspflicht. Deshalb ist für die Armenfürsorge immer die Unterscheidung zwischen arbeitsfähigen und arbeitsunfähigen Armen zentral sowie damit einhergehend die strenge Prüfung von Arbeitsfähig- und -willigkeit sowie die Ausgrenzung sogenannter unwürdiger Armer. Der Bezug von Armenfürsorgeleistungen sollte unbequem sein; unbequemer als Lohnarbeit zu ungünstigen Bedingungen. Weil Unterstützungsleistungen ohne (direkte) Gegenleistung grundsätzlich geeignet sind, als Alternative zur gesellschaftlich geforderten (Lohn-)Arbeit zu dienen, sind in ihrer rechtlichen wie faktischen Ausgestaltung „Sicherungen“ eingebaut. Neben den schon genannten Elementen – Nachrangigkeit, Arbeitspflicht, Ausgrenzung „Unwürdiger“ – gehören hierzu die Ausrichtung auf das Minimum der Existenzsicherung, eine disziplinierende Ausgestaltung und ein persönliches Einwirken als Einheit von Hilfe und Kontrolle, Erziehung und Repression.

So wenig es auch unserem heutigen, positiv konnotierten Verständnis von sozialen Dienstleistungen entsprechen mag: Die persönliche, erzieherische, disziplinierende Einwirkung auf fürsorgebedürftige Menschen als Voraussetzung und Teil der Hilfegewährung bildete die Keimzelle sozialer Dienstleistungen, und ihre Organisation war der Kern und Ausgangspunkt sozialer Dienste und der kommunalen Sozialverwaltung (Hammerschmidt 2012, 2010a, 2011).

1.1.2 Die Anfänge und Entwicklung der kommunalen Sozialverwaltung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Die preußische Städteordnung von 1808 gilt als Gründungsdokument der modernen kommunalen Selbstverwaltung in Deutschland (zunächst nur in Preußen). Mit ihr räumte der preußische Staat den preußischen Städten kommunale Selbstverwaltungsrechte ein und schrieb sie ihnen aber auch vor (Krebsbach 1970).

Die Idee der kommunalen Selbstverwaltung wurzelte im seinerzeit modernen Aufklärungsdenken sowie in der bürgerlichen Revolution und konnte darüber hinaus an sehr viel ältere Traditionen stadtbürgerlicher Freiheiten anknüpfen (Thamer 2000, 290). Ihre Umsetzung war Teil der später sogenannten Stein-Hardenbergschen Reformen, die den Weg zu einer bürgerlich-liberalen Gesellschaft auf industriekapitalistischer Grundlage ebneten (Koselleck 1989, Bogumil / Holtkamp 2006, 15–18).

Die preußische (steinsche) Städteordnung sah eine zu wählende Stadtverordnetenversammlung als Beschlussorgan und einen Magistrat als ausführendes Organ vor, der fortan nicht mehr staatlich eingesetzt, sondern von der Stadtverordnetenversammlung zu wählen war. Für bestimmte Aufgaben sollten Deputationen eingerichtet werden, in denen Stadtverordnete unter Vorsitz eines Magistratsmitglieds die laufenden Angelegenheiten der Städte eigenverantwortlich zu erledigen hatten. Nur die zeitlich befristet (für sechs bis zwölf Jahre) bestallten Mitglieder des Magistrats erhielten eine Entlohnung, ansonsten waren die städtischen Aufgaben ehrenamtlich zu leisten. Die Selbstverwaltung hatte einen doppelten Preis: einerseits die praktische Mitwirkung an der Gestaltung und Verwaltung der städtischen Angelegenheiten und das Aufbringen der dafür erforderlichen Finanzmittel durch das städtische Bürgertum selbst. Andererseits entfiel die vormalige staatliche Finanzierung. In den 1820er und 1830er Jahren folgten die übrigen deutschen Staaten dem preußischen Vorbild und führten durch Städteordnungen und Kommunalverfassungen kommunale Selbstverwaltungsrechte für das Bürgertum ein. Die Armenfürsorge gehörte neben dem Bau-, Straßen- und Schulwesen von Beginn an zum Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung. Eine öffentliche Zuständigkeit für Arme hatte zuvor schon das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten (ALR) von 1794 kodifiziert. Mit der vorher genannten Städteordnung übertrug der Staat die öffentliche Verpflichtung, „für die Ernährung ihrer verarmten Mitglieder und Einwohner [zu] sorgen“ (ALR § 10 i. V. m. § 1 II 19), auf die kommunale Selbstverwaltung. Konkrete staatliche Vorgaben für die Erfüllung der gemeindlichen Pflicht zur Armenfürsorge formulierte der Staat nicht; nur die Einrichtung von Armendeputationen (Städteordnung § 179 c) war obligatorisch; sie bildeten den Kern und Ausgangspunkt der kommunalen Sozialverwaltung.

Eine spezialrechtliche Grundlage erhielten die Kommunen mit dem preußischen Armenpflegegesetz vom 31. Dez. 1842, das als armenrechtliche Flankierung der am selben Tag eingeführten allgemeinen Niederlassungsfreiheit und zum Ausgleich der Armenlasten diente. Bis dahin herrschte das Heimatprinzip vor, d. h. zur Unterstützung eines Verarmten war diejenige Gemeinde verpflichtet, in der ein Verarmter geboren worden war. Im Verarmungsfall war der Arme dorthin „zurückzuschaffen“ (ALR § 5 II 19). Vor dem Hintergrund der enormen Binnenwanderungen ab den 1820er Jahren vom Land in die nun entstehenden städtischen industriellen Ballungszentren hieß das auch, dass die Städte von ihren neuen Einwohnern in Form von Steuern und Abgaben profitierten, ohne im Verarmungsfall in der Pflicht zu sein, während umgekehrt die meist ärmlichen Herkunftsgemeinden aus den Wegzuggebieten ohne Ausgleich die Risiken von Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit und generell Verarmung ihrer vormaligen Einwohner zu schultern hatten. Das mit dem Armenpflegegesetz von 1842 begründete Unterstützungswohnsitzprinzip änderte dies. Nicht mehr der Heimatort war auf Lebenszeit im Bedarfsfall für einen (ehemaligen) Einwohner verantwortlich, sondern der Ort (Ortsarmenverband), an dem ein Hilfsbedürftiger in der Regel durch einen dreijährigen Aufenthalt einen sogenannten Unterstützungswohnsitz erworben hatte (Hammerschmidt 2010b, 857 f., Schinkel 1963).

Abb. 1: Das Elberfelder System der Armenpflege (Hering / Münchmeier 2000, 32)

Die Kommunen konnten die Unterstützung der Armen in Form der geschlossenen Fürsorge, d. h. durch Unterbringung in Armenhäusern oder sonstigen Anstalten, oder als offene Fürsorge vornehmen. Wegen der vergleichsweise hohen Kosten machten die Kommunen von dieser neuen armenrechtlichen Möglichkeit der geschlossenen Armenfürsorge – jenseits der durchaus geschätzten Androhung – wenig Gebrauch, sie favorisierten die offene Fürsorge (Sachße / Tennstedt 1998, 244 ff.; Rumpelt / Luppe 1923; Hammerschmidt 2010b, 858 f.). Die offene Armenfürsorge der Kommunen war in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts aufgrund der weitgehenden Gestaltungsfreiheit in Verbindung mit den höchst unterschiedlichen lokalen Verhältnissen unüberschaubar uneinheitlich. Das änderte sich allmählich im Verlauf der 1860er Jahre, denn viele Städte orientierten sich nun bei der (Re-)Organisation der offenen Armenfürsorge an der Armenordnung der jungen Industriestadt Elberfeld vom 9. Juli 1852, die es deshalb im Folgenden gesondert darzustellen gilt.

1.1.3 Das Elberfelder System und das Straßburger System

Unter dem Elberfelder System (➞ Abb. 1) versteht man eine kommunale Organisationsform ehrenamtlich durchgeführter Armenfürsorge in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach dem Vorbild der Armenordnung der Stadt Elberfeld.

Danach wurde die Stadt in zehn Bezirke und jeder Bezirk wiederum in 14 bis 15 Quartiere eingeteilt. Die Armenpflege in den Quartieren wurde von ehrenamtlichen Armenpflegern durchgeführt. Ihnen war der ehrenamtliche Bezirksvorsteher übergeordnet, der die Bezirksversammlung leitete, an der alle Armenpfleger des jeweiligen Bezirks teilnahmen. Wie Abbildung 1 zu entnehmen, stand an der Spitze der kommunalen Armenfürsorge die Armenverwaltung, ein öffentlicher Ausschuss, der sich aus Stadtverordneten sowie gewählten Bürgern und dem Oberbürgermeister zusammensetzte und der für Rechtsaufsicht, Rechnungswesen und Etataufstellung zuständig war. Die Beantragung von Armenfürsorge erfolgte über den zuständigen Armenpfleger, der den Antrag des Bittstellers prüfte und der Bezirksversammlung mit einem Vorschlag zur Abstimmung vorlegte. Jeder Armenpfleger betreute maximal vier Arme bzw. Familien. Aufgabe des Armenpflegers war es, bei seinen in der Regel vierzehntägigen Besuchen (Besuchsprinzip) in detaillierten Fragebögen die vorgefundenen wirtschaftlichen Verhältnisse, die individuelle Notlage und den individuellen Bedarf festzustellen (Individualisierungsprinzip). Dabei sollte auf das Verhalten der Betroffenen kontrolliert und erzieherisch eingewirkt werden. Auf dieser Grundlage wurde entschieden, ob – und wenn ja – und in welcher Form eine um Unterstützung nachsuchende Person Leistungen erhalten sollte. Das Armengeld wurde den Bedürftigen direkt vom Armenpfleger ausgezahlt. Die Armenpfleger bemühten sich um die Vermittlung von Arbeit für die Arbeitsfähigen. Wer eine angebotene Arbeit ablehnte, erhielt keine Leistung und wurde der Polizei gemeldet. Innerhalb der hier erstmalig praktizierten Arbeitsteilung zwischen Innen- und Außendienst oblag dem bürokratisch rationalisierten Innendienst die zentrale Erfassung der im Außendienst erhobenen entscheidungsrelevanten Daten.

Dem Elberfelder System (➞ Abb. 1) lagen vier Prinzipien zugrunde: die Individualisierung der Unterstützungsleistung, die Dezentralisierung der Entscheidungskompetenz, die Durchführung der öffentlichen Armenfürsorge durch ehrenamtliches Personal und die Festlegung der Zuständigkeit nach räumlichen Gesichtspunkten (Sachße 1986, 36 ff.; Böhmert 1886, 49–96; Münsterberg 1903). Das Elberfelder System wurde im Zuge der Reformen der kommunalen Armenfürsorge von zahlreichen deutschen Städten teilweise in abgewandelter Form eingeführt und dann später, nach der Jahrhundertwende, zunehmend vom Straßburger System (➞ Abb. 2) abgelöst.

Bei dem Letzteren handelt es sich um eine kommunale Organisationsform der Armenfürsorge, die sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach dem Vorbild der Stadt Straßburg insbesondere in Großstädten durchsetzte und sowohl von ehrenamtlichen als auch von hauptamtlichen Armenpflegern organisiert wurde. Das Straßburger System (➞ Abb. 2) bestand aus drei Organen:

1.An der Spitze stand der Armenrat, der vom Bürgermeister und acht vom Gemeinderat gewählten ehrenamtlichen Mitgliedern gebildet wurde. Er war für die Einteilung und Abgrenzung der Armenbezirke, für die Ernennung der Armenpfleger sowie für die Einstellung der besoldeten Beamten, für Grundsatzentscheidungen und Rechnungsführung zuständig.

2.Ihm zur Seite stand das Armenamt, das hauptberufliche Kräfte (Berufsarmenpfleger) beschäftigte. Es nahm die Unterstützungsanträge entgegen und zahlte das Armengeld aus.

3.Die Bezirkskommission setzte sich aus acht Mitgliedern (Armenpfleger aus dem Bezirk) zusammen, den Vorsitz übernahm ein ehrenamtliches Mitglied des Armenrates. Für jeden Bezirk war eine gewisse Anzahl Armenpfleger für die Durchführung der Armenpflege zuständig.

Nachdem der Antrag auf Unterstützung beim Armenamt eingegangen war, erstellte der zuständige Berufsarmenpfleger, nachdem er Informationen eingeholt hatte, eine Stellungnahme. Auf deren Grundlage entschied die Bezirkskommission über die Gewährung der Unterstützung. Sie entschied auch, ob es sich um eine längerfristige Unterstützung oder um eine kurzfristige Maßnahme handelte. Im letzten Fall wurde ein ehrenamtlicher Pfleger bestellt, im ersten ein hauptamtlicher mit dem Fall betraut. Die Zuweisung der Armenpflegschaft erfolgte nicht wie beim Elberfelder System (➞ Abb. 1) nach räumlichen, sondern nach fachlichen Kriterien, d. h. entsprechend der Art des Notstandes wurde ein geeigneter Pfleger bestimmt. Im Unterschied zum Elberfelder System wurde auf eine Einteilung der Zuständigkeitsbereiche der Armenpfleger in Stadtquartiere verzichtet. Neben ehrenamtlichen waren auch hauptamtliche Kräfte tätig. Das Straßburger System (➞ Abb. 2) war ein erster Schritt hin zur Verberuflichung der Sozialen Arbeit.

Abb. 2: Das Straßburger System der Armenpflege (Hering / Münchmeier 2000, 32)

1.1.4 Die „Sociale Ausgestaltung der Fürsorge“

Die im letzten Abschnitt beschriebenen Formen der Armenfürsorge bildeten den Kern der „Socialen Fürsorge“.

Die „Sociale Fürsorge“ war Bestandteil kommunaler Sozialpolitik, die im Zuge der Industrialisierung und Verstädterung auf die planmäßige, öffentliche Gestaltung der Lebensbedingungen und die Inte­gration der armen Bevölkerungsschichten (proletarische Unterschicht) abzielte. Unter „Socialer Ausgestaltung der Fürsorge“ verstand man die Ergänzung der Armenfürsorge durch zusätzliche präventive Maßnahmen. „Sociale Fürsorge“ umfasste zu Beginn des 20. Jahrhunderts sowohl die Armenfürsorge als auch die neu entstandenen Bereiche, die sich herausgebildet hatten: die Gesundheits-, die Kinder- und Jugend-, die Erwerbslosen- und die Wohnungsfürsorge (Hammerschmidt / Tennstedt 2010a). In den Großstädten ging man mehr und mehr dazu über, diese als eigenständige Fürsorgebereiche von spezialisierten städtischen Verwaltungsabteilungen zu organisieren, wie z. B. die Jugendfürsorge, deren Entwicklung im Folgenden kurz dargestellt werden soll.

Im Zeitraum von 1871 bis 1910 erfolgte eine starke Ausweitung der Jugendfürsorgeaufgaben (Sachße / Tennstedt 1988, 29–36; Uhlendorff 2003, 41–74). Bewirkt wurde sie zum einen Teil durch Reichs- und Landesgesetze, die z. B. Fürsorgeerziehung bei straffällig gewordenen bzw. verwahrlosten Jugendlichen vorsahen oder Amtsvormundschaft gegenüber unehelichen Kindern vorschrieben. Das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 und das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1.1.1900 hatten eine Verabschiedung zahlreicher Ländergesetze zur Folge; dies waren u. a. die ersten Jugendfürsorgegesetze (Uhlendorff 2003, 54 ff.; Hammerschmidt 2005a). Einen weiteren Schwerpunkt der kommunalen Jugendfürsorge bildete die sogenannte Aufsicht über die in fremde Pflege gegebenen Kinder (Pflegekinder). Das Großherzogtum Hessen war eines der ersten Länder, das ein 1878 Gesetz zur Beaufsichtigung von Pflegekindern verabschiedete; andere Länder folgten dem Beispiel (Uhlendorff 2003, 69 ff.). Das Betätigungsfeld wurde im Lauf der Zeit – besonders zwischen 1880 und 1910 – nicht nur erheblich ausgeweitet; im gleichen Zeitraum wurde die Jugendfürsorge in einigen Städten, die später eine Vorbildfunktion hatten (wie Hamburg und Mainz), aus der Armenfürsorge ausdifferenziert, d. h. ausgegliedert (Uhlendorff 1998, 2003, 95 ff.). Hier entstanden die ersten eigenständigen Jugendfürsorgebehörden, in denen nach und nach alle wichtigen Jugendfürsorgeaufgaben zentralisiert wurden. Um 1910 gab es schon die ersten Jugendämter, die sich zwar noch nicht als solche bezeichneten (wie die Mainzer Zentrale für öffentliche Jugendfürsorge oder die Hamburgische Behörde für öffentliche Jugendfürsorge), aber fast das gesamte Spektrum der Aufgaben innehatten, die das spätere Reichsjugendwohlfahrtsgesetz vorsah (Uhlendorff 2003, 196 ff.).

Die städtischen Jugendfürsorgebehörden organisierten eigene Außendienste. Die Hauptaufgabe dieser Außendienste war die Überwachung der in öffentliche Pflege gegebenen Kinder. Die Pflegekinderaufsicht führen (nach dem Erlass der Pflegekindergesetze in den einzelnen Staaten) zunächst ehrenamtliche Kräfte durch (sogenannte Aufsichtsdamen). Nach der Jahrhundertwende setzten die Kommunen (wie z. B. in Mainz und Hamburg) ver-stärkt hauptamtliches Personal (Krankenschwestern) ein (Uhlendorff 2003, 121 ff.). Sie besuchten die Pflegefamilien in regelmäßigen Abständen (in der Regel einmal pro Monat), erstatten über jeden Fall Bericht und übergaben das Pflegegeld. Sie waren auch im Zusammenwirken mit weiteren Fachkräften (Amtsarzt) für die Begutachtung von Familien zuständig, die eine Aufnahme von Pflegekindern beantragten. Im Unterschied zu den Armenpflegern waren die Entscheidungsspielräume des Aufsichtspersonals sehr gering. Die Entscheidungen (z. B. darüber, ob ein Kind in einer Pflegefamilie oder im Waisenhaus untergebracht werden soll, oder über die Herausnahme aus der Pflegefamilie, oder die Beendigung des Pflegeverhältnisses) entschieden die Jugendfürsorgebehörden (im Zusammenwirken von städtischen Verwaltungsbeamten, Amtsärzten, Lehrern und delegierten Bürgern).

Auch für den Bereich der Gesundheitsfürsorge konstituierten einige Städte (und Landkreise) um die Jahrhundertwende eigene Verwaltungsabteilungen, die oft schon als Gesundheitsamt bezeichnet wurden. Sie übernahmen Aufgaben der Säuglingspflege, Tuberkulosenfürsorge und Maßnahmen zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten. Die Leitung dieser Tätigkeiten oblag Amtsärzten, die Ausführung zum größten Teil beruflichen Pflegerinnen. Im Kontext der im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts entstandenen Säuglingsfürsorgestellen (auch Mütterberatungsstellen) und Tuberkulosefürsorgestellen bildete sich eine Innen- und Außendienststruktur heraus (Sachße / Tennstedt 1988, 30 f.).

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich in einer Reihe von Großstädten bis 1918 eigenständige Fürsorgebereiche mit speziellen dafür zuständigen Ämtern (Armenamt, Jugendamt, Gesundheitsamt, Wohnungsamt) und eigenen sozialen Außendiensten entwickelt hatten. Ende des Ersten Weltkrieges gab es die ersten Bestrebungen einer organisatorischen Vereinheitlichung kommunaler Fürsorge und der Zusammenlegung der fürsorgerischen Außendienste im Rahmen des Wohlfahrtsamtes. Ein Beispiel hierfür war die Stadt Frankfurt (Sachße 2003, 201 ff.).

1.2 Zur Herausbildung der Familienfürsorge im Weimarer Wohlfahrtsstaat und ihre Fortentwicklung bis zu den 1960er Jahren

1.2.1 Die Entfaltung der kommunalen Sozialverwaltung im Weimarer Wohlfahrtsstaat

Wie für Gesellschaft, Staat und Wirtschaft insgesamt, so brachten die November-Revolution und die aus ihr hervorgehende Weimarer Republik für die kommunale Sozialverwaltung gravierende Veränderungen.

Die Weimarer Reichsverfassung (WRV) vom 11. August 1919 verankerte den Wohlfahrtsstaat als politische Kompromissformel, und sie zählte eine Fülle konkreter sozialer Rechte auf. Das neue Reich avancierte zur fürsorgepolitischen Zentralinstanz mit rechtlichen, finanziellen und administrativen Mitteln (Mäding 1985, 92–105; Sachße / Tennstedt 1988, 145 f.). Diese neuen Kompetenzen nutzend gestaltete das Reich das Fürsorgerecht um; es schuf das Weimarer Fürsorgerecht. Dessen Kernbestand, das Reichsjugendwohlfahrtsgesetzt (RJWG) und die Reichsfürsorgepflichtverordnung (RFV), traten Anfang 1924 in Kraft.

Mit dem 1922 verabschiedeten Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (RJWG) schuf der Reichstag ein gänzlich neues Gesetz, dessen Kernaufgaben sich indes schon vorher in der Fürsorgepraxis herausgebildet und als zerstreute rechtliche Einzelregelungen existiert hatten. Neu war das programmatisch formulierte Recht des Kindes auf Erziehung (§ 1) und der Versuch, alle bestehenden besonderen sozialen Regelungen für Minderjährige in einem (reichs-)einheitlichen Gesetz zusammenzufassen und die Gewährleistungsverantwortung einer gesonderten Organisation zu übertragen. Es sah die Einrichtung von Jugendämtern und Landesjugendämtern zur Durchführung der RJWG-Aufgaben vor. Die Kommunen (Städte / Landkreise) fungierten in der Regel als örtliche Träger; die Landesjugendämter und Fürsorgeerziehungsbehörden wurden landesrechtlich unterschiedlich geregelt. Hatten vordem schon viele Großstädte Jugendämter geschaffen, so erfolgte nun ein flächendeckender Ausbau.