Handbuch für Outdoor Guides - Hans-Peter Hufenus - E-Book

Handbuch für Outdoor Guides E-Book

Hans-Peter Hufenus

0,0

Beschreibung

Dieses Handbuch führt in die weite Welt des Outdoors: Wichtige/Grundlegende Informationen zu rPraxis von Trekking, Kanu, Schneeschuh und anderen Aktivitäten unter freiem Himmel, aber auch handfeste Leitlinien rund um Organisation und Führung machen das Buch zu einem guten Begleiter für jeden Outdoor Guide.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 256

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Dieser Titel ist auch als Printausgabe erhältlich

ISBN 978-3-940 562-32-6

Sie finden uns im Internet unter

www.ziel-verlag.de

Wichtiger Hinweis des Verlags: Der Verlag hat sich bemüht, die Copyright-Inhaber aller verwendeten Zitate, Texte, Bilder, Abbildungen und Illustrationen zu ermitteln. Leider gelang dies nicht in allen Fällen. Sollten wir jemanden übergangen haben, so bitten wir die Copyright-Inhaber, sich mit uns in Verbindung zu setzen.

Inhalt und Form des vorliegenden Bandes liegen in der Verantwortung des Autors.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-944 708-30-0 (eBook)

Verlag

ZIEL – Zentrum für interdisziplinäres erfahrungsorientiertes Lernen GmbHZeuggasse 7–9, 86150 Augsburg, www.ziel-verlag.de3. überarbeitete Auflage 2009, Nachdruck 2015

Illustrationen und

smartwork, Hans-Peter Häderli

Layoutgestaltung

Freudenbergstrasse 15, CH-9410 Heiden

Bildnachweise

planoalto

© Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie oder einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung von ZIEL reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

eBook-Herstellung und Auslieferung: HEROLD Auslieferung Service GmbHwww.herold-va.de

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Erste Impulse

Outdoor – einst und heute

Der Outdoor Guide – ein Profil

Philosophische Aspekte

Die Kompetenzen

Outdoorkompetenzen

Trekking

Feuermachen

Übernachtung im Freien

Wetter

Routenwahl

Kanutouren

Kanutouren auf Flüssen

– Paddeltechnik im Zweierkanadier

– Fahrtechnik im Zweierkanadier

– Körperhaltung und Beladung

Spezielles für die Leitung

– Das eigene Boot kentert

– Ein anderes Boot kentert

– Das eigene Boot landet auf einem Hindernis

– Ein anderes Boot landet auf einem Hindernis

Seakajak-Touren an Meeresküsten und auf Seen

Schneeschuhlaufen

Wetter- und Lawinenkunde

Orientierung und Fortbewegung im Wintergelände

– Checkliste für die Schneeschuhtour

Bau von Behelfsunterkünften

– Iglu

– Schneehöhle

Mountaineering

Im Schnee und Eis

Im Fels

Unterwegs in Burglandschaften

Reisen in Wildnisgebiete

In der Wüste

Geschichten aus der Wüste

Im Urwald

– Flussüberquerungen

Campgestaltung

Die Schwitzhütte

Von Hängematten und Tipis

Orientierung

Landkarten

Kompass

Höhenmeter

Hightech

Natürliche Orientierungshilfen

Navigation zu Land

Survival

Survival in der Winterwildnis

Medizinische Aspekte

Unterkühlung

Der Windchill-Faktor

Dehydration

Schneeblindheit

Outdoor Ökologie

Schutz der Wildtiere

Ausrüstung

Trekking

Kanu

Schneeschuh

Wildnisgebiete

Fremde Länder

Sicherheitstechnik

Organisationskompetenzen

Programmgestaltung

Atmosphäre

Essen

Logistik

Organisatorische Aspekte von Sicherheit

– Vorbeugung

– Adäquates Handeln

– Nachbereitung

Ökologische Programmgestaltung

Reiseorganisation

– Checkliste

Finanzplan

Projektmanagement

Was ist ein Projekt?

Phasen der Projektentwicklung

– Ideenentwicklung

– Rahmenbedingungen abklären

– Konzeption des Projekts

– Realisation des Projekts

– Evaluation (und Weiterentwicklung)

Marketing

Projektpräsentation

Werbemedien

Rechtliche Fragen

Qualitätsmanagement

– Selbstreflexion

– Rückmeldungen der Teilnehmer

– Bewertung durch Auftraggeber

– Intervision

– Externe Begleitung

Führungskompetenzen

Leadership

Ziel- und Auftragsklärung

Leitungsrollen

Kompetenzrollen

Bewunderte Rollen

Unterstützende Rollen

Underdog-Rollen

Problemrollen

Leitungskonzepte

Teamleitungen, Co-Leiter, Leitungshierarchien

Ethik

Teilnehmer

Gruppendynamik

Das Gruppenleben

Die Gruppenstruktur

Kontakt mit Einheimischen

Konfliktmanagement

Klassische Konfliktsituationen im Outdoor

Sicherheit aus psychologischer Sicht

Checkliste für Leadership

Weiterbildung

Arbeitsmaterialien

Merkblatt Ernährung

Kochtipps

Nahrung aus der Natur

Umgang mit dem Feuer

Umgang mit Wasser

Merkblatt Wetter

Übersicht über die Windgeschwindigkeiten

Merkblatt Lawinen

Wir achten auf:

Verhalten in der Lawine:

Verhalten bei einem Lawinenunfall:

Merkblatt Notfälle in der Wildnis

Verhalten in Notsituationen

Unterkunft

Fortbewegung

Ernährung

Notsignale

Survival Kit

Erste Hilfe und Rettungsmassnahmen

Merkblatt Zecken

Vorbeugung mit Impfung

Rezepte für das Lagerfeuer

Brot im Backofen

Schlangenbrot

Hot Dog

Pitabrot

Gugelhopf in Pfanne

Weitere Backmöglichkeiten

Bannoks

Pancakes

Porridge

Milchreis

Gemüsesuppe

Risotto

Polenta

Hirsengericht

Bohnengerichte

Linsengericht

Kartoffelstock

Thunfischspaghetti

Huhn in Ton

Outdoorfondue

Raclette

Käse in Peperoni

Fisch auf Astgabeln

Mongolenspiess

Ploff

Peruanischer Hirtenofen

5-Gang-Menü

Wildsalat mit Brot

Kräuterreis

Getränke

Ausrüstungsliste

Medikamentenliste

Normalgebrauch

Luxusvariante

Extrem

Naturheilmedikamente

Bemerkungen

Nützliche Suchbegriffe

Schulung

Schlussbemerkungen

Vorwort

Outdoor-Guiding … ein lebendige Tradition alter Kulturwerte

Als ich Hans-Peter Hufenus 1994 kennen lernte, entsprach er meinem Klischee eines »wilden« Mannes: athletisch gebaut, gegerbt von Wind und Sonne, graue Schläfen, die das stechende Blau der Augen betonen und umhüllt von einer Aura des Abenteuers. Dass er der Leiter einer gewissen »Wildnisschule« sein sollte, wunderte mich gar nicht, im Gegenteil. Nur allzu gut konnte ich mir vorstellen, wie Herr Hufenus seine Wege durch die Wildnis schlägt, reissende Bäche durchquert, Berge erklimmt und sich, wer weiss, gegebenenfalls sogar von Liane zu Liane schwingt – er war zweifelsohne der Typ für solcherlei Aktionen. Etwas misstrauisch war ich aber im Hinblick auf den Lehrstil in seiner Wildnisschule. Ich malte mir Mutprüfungen aus, die man zu bestehen hätte, waghalsige Manöver im unwegsamen Gelände und derartige Dinge mehr, für die ich von Natur aus wenig Begeisterung mitbringe.

Mit entsprechender Vorsicht begab ich mich in unsere ersten gemeinsamen Outdoor-Erlebnisse, die geraume Zeit später folgen sollten. Ich war auf Spektakuläres, Grenzüberschreitendes eingestellt oder erwartete zumindest, dass mich der erfahrene Wildnisexperte bei jeder Gelegenheit in die Besonderheiten der Vegetation, in die Bewegungen des Wetters oder in das Spurenlesen wilder Tiere einwies. Nichts von alledem. Wir zogen oberflächlich betrachtet ganz ohne »special effects« dahin. Durch den Wald und den kleinen Canyon, die Wiese hinauf, eine Zeit auf einem Weg, dann wieder querfeldein, dem Bach entlang… der Outdoor Guide mal neben mir, dann wieder weit hinten oder ein gutes Stück voraus, ganz selbstverständlich in seiner Bewegung, seinem Tempo. Es dauerte eine Weile, ehe ich dem Frieden trauen und damit auch wahrnehmen konnte, dass die Besonderheit dieses Abenteuers nicht in atemraubenden Passagen, sondern in jener Selbstverständlichkeit und Gelassenheit lag, mit der sich Hans-Peter Hufenus draussen in der Natur bewegte. So als wäre er dort draussen zu Hause, nicht mehr und nicht weniger. Nicht das Aussergewöhnliche hat mich aufmerksam werden lassen, sondern das Alltägliche.

Auf dieselbe natürliche Art begleitet und leitet er Menschen, Gruppen und Kurse, in der Natur. Das konnte ich dann bei unserer gemeinsamen Arbeit vielfach erleben. Er stellt seine Erfahrung ohne grosses Aufsehen zur Verfügung führt Menschen an Plätze, an die sie nie gekommen wären, sichert dort, wo es nötig ist, und vor allem lässt er den Raum, den es braucht, damit auch andere ihren eigenen, natürlichen Stil des Draussenseins entwickeln können.

Vermutlich waren es auch diese Qualitäten, die dazu beigetragen haben, dass jene bescheidene und doch prägnante Weise des »Outdoor-Guiding« in den vergangenen zwanzig Jahren zu einer Marke geworden ist, die von vielen Menschen, vielen ausgebildeten wie lehrenden Outdoor-Guides – in hoher und eigenständiger Kunst gelebt wird.

Aus der ehemaligen Wildnisschule ist 2002 das Institut planoalto hervorgegangen, das in seinem innovativen Spektrum an beraterischer und pädagogischer Arbeit in und mit der Natur immer den Basishaltungen und Basistechniken des Draussenseins verbunden bleibt. Sich unter freiem Himmel orientieren, in Landschaften und in Elementen bewegen, ein Feuer pflegen, sich einen guten Lebensort in der Wildnis einrichten können – das sind alte Kulturwerte, die darin praktiziert, so erhalten und weiter gegeben werden.

Unter Anbetracht der heutigen gesellschaftlichen Themen, die sich mehrheitlich um Wirtschaft, Finanzen, Kriegswirren und Energieressourcen drehen, scheint die Hinwendung zum einfachen Draussensein irrelevant – manchen vielleicht sogar ignorant.

Ja, aber wer weiss? Vielleicht können auch die Kompetenzen des Outdoor-Guiding jenen konkreten Erdenbezug herstellen, den es braucht, um gute Ideen und ebensolche Handlungskraft für unsere gegenwärtigen Herausforderungen zu finden?

Ob aus sportlichen, sozialen, ökologischen oder leadership Motiven heraus, schön und beachtlich ist, dass jenes Handbuch für Outdoor-Guides nun in der dritten Auflage vorliegt.

Es ist kein Buch der Detailinformationen, sondern vermittelt Wesentliches und Praktisches für den beruflichen »Alltag unter freiem Himmel«. Es gibt auf kurzweilige Art, belebt von Geschichten aus der Praxis, Einblick in das, was man heute »planoalto-Kultur« bezeichnen kann, so erklärt sich auch das „wir“, das im Text oft an den Leser wendet.

Auf dass Sie, liebe Leserinnen und Leser, in diesem Handbuch viele interessante Anregungen und praktische Leitlinien finden mögen und die Freude und Lust am Draussensein wächst!

Astrid Habiba Kreszmeier

Mai 2009

Erste Impulse

Outdoor, einst und heute

Wenn heute von Outdoor-Events, also von Unternehmungen »Draussen vor der Tür« die Rede ist, dann kann vieles gemeint sein: Freizeitgestaltung in der Natur, Natursport, Abenteuererlebnisse, Abenteuerreisen, Erlebnispädagogik, Outdoor-Training und anderes mehr. Das Outdoor als Magnet und Signet hat in den letzten Jahren, ja man kann schon bald von Jahrzehnten reden, einen gewaltigen Boom erlebt. Jeder kennt heute diesen Begriff. Doch wenn wir die Frage stellen, wann das Outdoor als besondere Attraktion entdeckt wurde, müssen wir das Rad der Geschichte weit zurückdrehen. Ursprünglich, hier im wahrsten Sinne des Wortes, in den Ursprüngen der Menschheit gab es nichts anderes als das Outdoor. Philosophisch gesehen konnte das Bild des Outdoors aber erst mit der Existenz eines »Indoors« entwickelt werden. Dieses Indoor war lebensnotwendiger Schutz vor der unmittelbaren Härte der Natur. Damals, als die Menschen begannen, sich in geschützten Räumen aufzuhalten, diente der Gang ins Outdoor vor allem der Nahrungs- und Feuerholzsuche.

Nun wissen wir aus der ethnologischen Forschung, dass schon jene alten Stammes kulturen den Gang ins Outdoor auch zu ganz anderen Zwecken antraten. In den »Buschschulen« wurden die jungen Menschen in das zukünftige Leben als Jäger und Sammler eingeweiht und der Schamane suchte in der einsamen Wildnis die Visionen, um seine Stammesleute gut zu beraten. Wo immer wir in der Menschheitsgeschichte hinschauen, begegnen wir der Faszination Outdoor. Denken wir nur an die Irrfahrten des Odysseus, an den Auszug der Israeliten aus Ägypten oder an die Erlebnisse des Robinson. Gerade wenn wir diese drei Beispiele genauer betrachten, entdecken wir, dass es sich bei diesen Ereignissen keinesfalls um banale Verirrungen, Fluchten und Schiffbrüche handelte, sondern um initiatorische Wege der Identitätsfindung.

Ungeachtet der schönen Paläste und Tempel praktizierten im antiken Griechenland die berühmtesten Lehrer das Lernen unter freiem Himmel. Platon gründete seine Akademie in einem Hain bei der Stadt Athen und Aristoteles hielt seine Vorträge, indem er durch die Gärten wandelte. Wegen dieser Gewohnheit des wandernden Lehrens und Lernens wurden seine Schüler »Peripathetiker« genannt, was soviel heisst wie »Spaziergänger«.

Im europäischen Mittelalter, wo die wilde Natur noch beseelt war von allerhand unheimlichen Geistern und die normal sterblichen Menschen sich nur ungern in die Wildnis begaben, stellte das Outdoor auch einen Ort für spirituelle Erneuerung dar.

Die gläubigen Menschen unternahmen strapaziöse und gefährliche Pilgerreisen und einzelne entschieden sich gar für ein Leben als Einsiedler in der Wildnis.

Die Outdoor Unternehmung als Freizeitvergnügen wurde hingegen erst in den letzten zweihundert Jahren populär. Als die ersten Engländer in die Alpen kamen, mit dem alleinigen Ziel, die höchsten und steilsten Berge zu besteigen, schüttelten die Bergbauern und Hirten verständnislos den Kopf und betrachteten diese ersten Abenteuertouristen als völlige Spinner. Vermutlich schüttelt der Bergbauer auch noch heute den Kopf, wenn er die jungen Burschen aus der Bergbahn »bungeejumpen« sieht oder Mitarbeiter eines Chemiekonzerns zwecks Teambuilding durch seinen Wald stapfen. Gerade dieses letzte Beispiel, das sogenannte Outdoor-Training, ist zwar weit herum bekannt, doch viele Menschen können damit nichts anderes verbinden als Erinnerungen an die Zeiten im Militär oder bei den Pfadfindern. Das hat auch seine Gründe, denn gerade militärische Übungen sind ja Outdoor-Übungen im klassischen Sinne. Auch der absolute Outdoor-Klassiker, die weltweite Pfadfinderbewegung, hat seine Wurzelnim Militärischen. Der britische Oberst Baden-Powell setzteim südafrikanischen Burenkrieg Jugendliche als Scouts (Pfadfinder) ein. Dies brachte ihn schliesslich auf die Idee des freizeitpädagogischen Konzepts der Boy Scouts, die sich zur weltweiten Pfadfinderbewegung ausweitete. In dieser Zeit, das heisst zu Beginn des 20. Jahrhunderts, entstanden gleichzeitig viele Bewegungen, die in die selbe Richtung gingen: Abenteuer und Erlebnis als Freizeitangebot mit dem Anspruch auf Korrektur erzieherischer Defizite.

Es war die Zeit der sogenannten Reformpädagogik, in der auch die heutige Erlebnispädagogik ihre Wurzeln hat. Neben der Pfadfinderbewegung waren es insbesondere der YMCA (Christlicher Verein junger Männer) und die Outward Bound Bewegung, die Naturerfahrungen und Natursport ins Zentrum ihrer Aktivitäten rückten.

Neben dem Bergsteigen und dem normalen Wandern erhielten Freizeitaktivitäten im Outdoor zu jener Zeit bei den Erwachsenen noch keine grosse Aufmerksamkeit. Dies änderte sich erst vor einigen Jahrzehnten. Zwischen 1970 und 1980 entdeckten die Menschen aus den westlichen Industrienationen das Trekking. Anbieter von Abenteuerreisen schossen wie Pilze aus dem Boden. Organisierte Reisegruppen, begleitet von Trägern oder Tragtieren, wie auch weniger betuchte Individualtouristen mit schweren Rucksäcken, begannen den Himalaja und die Anden zu durchstreifen. Als besonderer Kick für Zivilisationsmüde wurde später das Survival-Training Mode, eine ursprünglich militärische Überlebensschulung. Die Sozialpädagogik entdeckte die exotische Abenteuerreise als Erziehungsmassnahme. Ab 1980 nahm die Zahl erlebnispädagogischer Angebote in Form von Segelschiffprojekten, Wildnisaufenthalten und Fernreisen sprunghaft zu. Etwas später folgte die Wirtschaft, die das Outdoor-Training in die betriebliche Weiterbildung einbezog, vorab zur Stärkung von Teams und zur Verbesserung der sozialen Kompetenz von Führungskräften.

So entwickelte sich einerseits eine eigene Profession, welche Outdoor-Erfahrungen zur Persönlichkeitsentwicklung einsetzt. Andererseits fand im Freizeitbereich vor allem bei der Jugend eine Abkehr von der romantischen Naturerfahrung hin zum reinen »Fun and Action« statt. Riverrafting, Bungeejumping, Canyoning beleben das Geschäft mit dem Abenteuer.

Outdoor Guide, ein Profil

Der Boom mit den Abenteueraktivitäten ist nach wie vor ungebrochen. Unzählige Anbieter konkurrieren auf dem Markt und Kunden können aus einem riesigen Angebot wählen. Das bedeutet gleichzeitig, dass die Qualitätsanforderungen an Programmgestalter und Leitungspersonen enorm sind. Es reicht nicht, wenn Leiter und Leiterinnen über technisches und geographisches Know-how verfügen. Wichtig sind »weiche« Kompetenzen wie Führungsqualifikation und emotionale Intelligenz. Und was im Outdoor ganz speziell gefordert ist, ist die Gewährung von Sicherheit.

Am 28. Juli 1999 kamen im Berner Oberland 20 Menschen bei einem Canyoning-Unfall ums Leben. Eine ganze Woche lang beschäftigten sich die Medien ausführlich mit dem Vorfall. Dass in diesem Zeitraum auf den Schweizer Strassen wahrscheinlich ebenso viele Menschen gestorben sind, kümmerte – ausser die unmittelbar Betroffenen – niemanden besonders. Der Grund liegt darin, dass Tote und Verletzte im Strassenverkehr sozusagen zum Alltag gehören, während Outdoor-Aktivitäten etwas Besonderes sind, somit besondere Aufmerksamkeit und Medienwirksamkeit geniessen. Die Medienberichte über den Unfall haben aber auch mit aller Deutlichkeit gezeigt, wie das Abenteuer-Geschäft funktioniert. Die Kunden verlangen einen möglichst hohen Abenteuerwert, der zum gebuchten Zeitpunkt und mit dem versprochenen Thrill einzutreten hat. Und die Öffentlichkeit verlangt, dass die Anbieter dafür garantieren, dass keine Unfälle geschehen. Gab es vor 50 Jahren praktisch nur einen Abenteuersport, nämlich das Bergsteigen, das überdies als schräges Hobby von ein paar Sonderlingen galt, sind Abenteuer heute zum eigentlichen Breitensport geworden. Überall sieht man Plakate und Zeitschriften, wo Fotos von Menschen mit zum Schrei aufgerissenen Mäulern für Riverraftings, Bungeejumpings, Canyonings und ähnliches werben. Dass an die Leiter hohe Anforderungen betreffend Sicherheit gestellt werden, ist selbstverständlich. Sie müssen, während sie ein Maximum an »fun and action« bieten, MeisterDompteure des kontrollierten Risikos sein.

Victorino kannte die Anden Perus wie seine Hosentasche. Er wurde vom Gründer des ersten Trekkingunternehmens der Schweiz vor bald 30 Jahren »entdeckt« und als lokaler Leiter von Trekking und Bergsteigergruppen eingesetzt. Er machte seine Sache gut, hat viele Menschen über die Pässe der Anden und oft auch auf deren höchste Berggipfel geführt. Dann kamen ein paar Schweizer Bergführer – nachdem sie das Business »Trekking« auch entdeckt hatten – auf die Idee, junge Peruaner als Bergführer auszubilden und mit einem Zertifikat auszurüsten. Auf politischer Ebene wurde dafür gesorgt, dass nur noch so zertifizierte Leiter Trekking- und Bergsteigergruppen in den peruanischen Anden führen durften. Victorino, der über kein solches Zertifikat verfügt, wurde in der Folge offiziell untersagt, weiterhin Bergtouren zu leiten.

Diese beiden Blickwinkel zeigen, wie doppelbödig der scheinbar objektive Ruf nach Sicherheit ist. Zum Profil eines verantwortungsvollen Outdoor Guides gehört nach unserer Meinung ein vielschichtiges Verständnis von Sicherheit. Es wird an verschiedensten Stellen des Handbuchs davon die Rede sein. Davon abgesehen beziehen sich alle weiteren Informationen und Anregungen auf folgende Definitionen:

Ein Outdoor Guide

kann sich selbstverständlich und sicher in der Natur bewegen.

kann in der Natur leben, am Feuer kochen, geschützte Schlaf- und Lagerplätze einrichten.

kann anderen Menschen das Leben in der Natur nahe bringen, sie darin sicher begleiten.

Zu den klassischen Outdoor Guide-Bereichen gehören:

Trekking bzw. Wildnis-Reise

Freizeit- und Lagergestaltung

Kanuwandern, Seakajakreisen

Schneeschuhlaufen

Nicht in das hier gezeichnete Outdoor Guide Profil gehören Extremsportarten oder

Disziplinen, die ein hochschwelliges Spezialwissen erfordern.

Philosophische Aspekte

Wir stellen in diesem Buch unter anderem vier Fortbewegungsarten vor: das Trekking, das Schneeschuhlaufen, das Kanadierfahren und das Seakajakfahren. Was haben diese vier miteinander zu tun? Es handelt sich um vier archaische Fortbewegungsarten jener nomadischen Völker, die als Jäger, Sammler, Fischer oder Hirten über Land oder auf dem Wasser dahinzogen. Das Unterwegssein, das Dahinziehen ist ihr zentrales Merkmal, das sich vom gängigen Charakter von Natursportarten wie Bergsteigen, Wildwasserkajak, Riverrafting und Canyoning merklich unterscheidet.

Wenn wir genauer hinschauen, entdecken wir bei jenen Sportarten eine recht kriegerische Sprache: Man kämpft sich durch, bezwingt, siegt. Die Helden sind die, die es immer höher, immer weiter, immer schneller schaffen.

Dem Trend zum Martialischen können sich allerdings auch die »sanften« Outdoor-Formen nicht ganz entziehen. Es werden Atlantiküberquerungen im Seakajak gemacht, extreme Wildwasser mit dem Spezialkanadier befahren, die Antarktis zu Fuss durchquert. Auch die Schneeschuhläufer werden zunehmend für Rekorde mobilisiert: Ein Guinessbucheintrag für die längste Schneeschuhläuferkette ist schon erreicht, Schneeschuhrennen werden noch und noch organisiert. Das darf ja auch sein und kann überdies Spass machen. Schade ist nur, wenn Verbissenheit und Materialschlachten das Feld beherrschen.

Nun, wenn die Helden dann keuchend ihren Gipfel geschafft, mit letzter Anstrengung die Ziellinie durcheilt, ausgemergelt das andern Ende des Kontinents erreicht haben, werden wir sie fragen, ob es für einmal auch etwas Anderes sein darf. Und wir laden ein zur »Entdeckung der Langsamkeit« und zur Wahrnehmung des Schönen: bei einer beschaulichen Kanufahrt, auf einem originellen Trekking oder bei einer romantischen Schneeschuhtour.

Es gibt grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, wenn der Outdoor Guide anstrengende, anspruchsvolle und strapaziöse Unternehmungen mit ambitiösen Teilnehmern leitet. Aber es ist auch die Aufgabe des in diesem Buch skizzierten Outdoor Guides, Menschen in der Natur zu begleiten, die nicht unbedingt schneller, höher und weiter gehen wollen, sondern ganz andere Interessen haben, zum Beispiel die Stille der Wüste auf einer Kameltour zu erleben, die Kultur der Walser Bergvölker wandernd zu entdecken, die Cinque Terre vom Meer aus zu besuchen oder das einfache Leben der Steinzeitmenschen in einer Waldwoche nachzuempfinden. Dieser Outdoor Guide wird vielleicht auch spezielle Gruppen leiten: Stadtjugendliche, bei denen es gilt, Lernerlebnisse in der Natur zu vermitteln. Eine Gruppe von Senioren, die eine Pilgerreise machen. Kinder, die zum ersten Mal etwas ohne die Eltern unternehmen. Ein Arbeitsteam, das sich besser kennen lernen möchte.

Um all diese Unternehmungen erfolgreich zu leiten, braucht es eine Reihe von Kompetenzen.

Die Kompetenzen

In der Outdoor-Szene, im speziellen in der Erlebnispädagogik, unterscheidet man heute oft zwischen Hard Skills (harten Fertigkeiten) und Soft Skills (weichen Fertigkeiten). Mit Hard Skills bezeichnet man all das praktische Wissen und jene Techniken, die für die sichere Fortbewegung und den Aufenthalt im Outdoor gebraucht werden: Seiltechniken, Kanutechniken, Orientierungskenntnisse etc. Mit Soft Skills sind jene Fähigkeiten gemeint, die der Outdoor Guide für die Begleitung von Menschen und die Leitung von Gruppen braucht: Führungsfähigkeiten, psychologische Kenntnisse, gruppendynamisches Wissen etc.

Wir haben uns entschieden, auf den Begriff der Skills zu verzichten und unterscheiden stattdessen drei Arten von Kompetenzen, die zur Qualifikation eines professionellen Outdoor Guides gehören:

Outdoorkompetenzen

Organisationskompetenzen

Führungskompetenzen

Weitgehend ausgeklammert werden in diesem Buch pädagogische Theorien und methodische Konzepte. Es ist uns aber bewusst, dass gerade in den professionellen Bereichen der Erlebnispädagogik und des Outdoor Trainings solches Wissen und Können einen grossen Anteil der Leitungskompetenz ausmachen. Bei Outdoor-Angeboten mit persönlichkeitsbildenden Zielsetzungen ist die Outdoor Guide Kompetenz also eine Zusatzqualifikation zu einer bereits vorhandenen Professionalität. Zum Beispiel:

Erlebnispädagogik: Sozialpädagogik +

Outdoor Guide Kompetenzen

Outdoor Training: Erwachsenenbildung +

Outdoor Guide Kompetenzen

Selbsterfahrung: Psychologie +

Outdoor Guide Kompetenzen

Dieses Buch erhebt ausdrücklich nicht den Anspruch, ein Lehrbuch für diese letztgenannten Bereiche zu sein, obwohl an verschiedenen Stellen Querverweise gemacht werden.

Outdoor-kompetenzen

Trekking

Der Begriff Trekking wurde in den 70er Jahren von den ersten Nepal Trekkern in die Welt gesetzt. Er stammt vom Wort Trek ab, mit dem die südafrikanischen Buren ihre Planwagenzüge bezeichneten. In seinem ursprünglichen Sinn war ein Trekking eine mehrtägige bis mehrwöchige Bergwanderung, wobei in Zelten übernachtet wurde, das Gepäck von bezahlten Trägern getragen und das Essen von einem mitwandernden einheimischen Kochtrupp auf dem Feuer zubereitet wurde. Nepal war nach seiner Öffnung für Touristen das ideale Trekking-Land, denn es gab dort kaum Strassen, und Träger waren das, was bei uns die Lastwagen sind, und sie waren im Rang sogar höher gestellt als die Bauern. Inzwischen hat das Wort Trekking in der westlichen Welt eine wahre Inflation erlebt. Jede kleinere Bergwanderung wird heute so bezeichnet, es gibt Reittrekkings, Kameltrekkings, Kanutrekkings und selbst Eisenbahntrekkings.

In diesem Buch gebrauchen wir das Wort Trekking zur Bezeichnung von mehrtägigen Wanderungen (Weitwandern), bei denen im Freien gekocht und übernachtet wird. Eine Wanderreise, die von Herberge zu Herberge geht und wo das Gepäck nicht mitgetragen wird, fällt also nicht in diese Kategorie.

Es gibt Trekkingrouten, auf denen die Mitnahme eines lokalen Führers empfehlenswert ist. Manchmal ist dies sogar Vorschrift. In solchen Fällen wirkt der Gruppenleiter als Verbindungsglied zwischen Gruppe und einheimischen Führern. Fremdsprachenkenntnisse sind hier unerlässlich. In den meisten Ländern wird heutzutage englisch verstanden. Wer in Südamerika Gruppen leitet, sollte mit dem Spanischen bzw. dem Portugiesischen zurechtkommen, Französischkenntnisse sind all jenen Ländern des afrikanischen Kontinents dienlich, die ehemals französische Kolonien waren. Was von lokalen Begleitern nicht unbedingt erwartet werden kann, ist das Wissen darüber, was für uns »Fremde« verträglich ist. Die Einheimischen können vielleicht mehr Hitze und mehr Feuchtigkeit ertragen als die Besucher und – was in vielen subtropischen und allen tropischen Gebieten vorkommt – sie können Wasser aus ihren Bächen und Leitungen problemlos trinken, während unsereins davon unvermeidlich Durchfall bekommt. Es ist die Aufgabe der Leitung, die Teilnehmer zu warnen, und wenn Einheimische kochen, ist es auch die Aufgabe der Leitung, diese auf dabei entstehende Gefahren hinzuweisen. Es kann nämlich schon riskant sein, wenn in eine gekochte Suppe oder in gekochtes Teewasser frisches Wasser nachgeschüttet wird, ohne dass es nochmals aufgekocht wird.

Kann sich die Leitung auf keine lokale Begleitperson abstützen, erfordert dies weitergehende Kenntnisse und Fähigkeiten. Als selbstverständlich nehmen wir an, dass die Leitung körperliche Fitness und viel Eigenerfahrung im Trekking mitbringt. Geht es um die verantwortliche Leitung einer Gruppe, braucht es natürlich mehr: So muss die Leitung wissen, dass nicht für alle Teilnehmer die gleichen Massstäbe für Wandertempo und Pausen gelten. Alle im Gänsemarsch hintereinander gehen lassen, die Schwächsten vorne und die Stärksten hinten, ist eine rigide und altmodische Massnahme und macht niemanden glücklich. Was für eine alpine Skitour richtig sein mag, muss für ein Trekking noch lange nicht stimmen. Auf alternative Gestaltungsmöglichkeiten kommen wir noch zu sprechen.

Meist ist es auch so, dass die Leitung die Verantwortung für das leibliche Wohl der Gäste hat. Auch wenn die Aufgabe der Lebensmittelplanung, des Einkaufs und des Kochens auf die Teilnehmer verteilt wird, hat die Leitung mindestens zu koordinieren. Es gibt aber auch Fälle, wo die Leitung das Kochen übernimmt. In jedem Fall schadet es nichts, wenn ein umfassendes Know-how betreffend Outdoor-Küche vorhanden ist.

Feuermachen

Ein Outdoor Guide sollte immer und unter jeder Bedingung Feuer machen können. Dazu gibt es viele Tricks und Tipps, Hilfsmittel und Techniken, die man in Pfadfinder-und Survival Büchern nachlesen kann. Was in diesen Büchern meistens nicht steht ist, dass wirkliches Können nur vom vielen Üben kommen kann. Hier die wichtigsten

Punkte:

Holz brennt immer. Am besten brennt solches, das zwischen zwei und vier Jahren tot ist und an der Luft gelagert wurde. Dürre Äste sollte man von den Bäumen runterbrechen. Holz, das am feuchten Boden liegt, wird mit der Zeit morsch und ist dann mit Feuchtigkeit durchdrungen. Dürres Holz ist, auch wenn es in Strömen regnet, im Innern immer trocken. Speziell gut brennen Kiefern- und Birkenholz, letzteres selbst im grünen Zustand.

Holz kommt fast überall vor. Kocher sind also nur oberhalb oder nördlich der Buschgrenze nötig. Am Meeresufer findet sich Schwemmholz und in der Wüste finden wir Holz in Wadis und in den merkwürdigen Sandhaufen, die das Wurzelwerk ehemaliger Tamarisken einhüllen.

Das Feuer ist an der Flammenspitze am heissesten. Das Essen ist schneller bereit, wenn wir dies beim Kochen berücksichtigen. Da wir auf ein Trekking natürlich keine Aufhängevorrichtungen für die Pfannen mitschleppen, bedienen wir uns jener Technik, welche die alten Völker schon immer benutzten und die die Urform des Herdes darstellt: Wir stellen drei grosse Steine im Dreieck auf, sodass die Pfanne gut darauf steht, und machen dann das Feuer unter der Pfanne.

Als Hilfsmittel zum Feuermachen muss man nicht unbedingt Magnesium und andere künstliche Produkte mitführen, Birkenrinde und Harz sind genauso gut geeignet. Auch Kerzen sind sehr nützlich. Besonders gut wirkt auch folgendes, von uns entwickeltes

Produkt:

Man trinke hie und da mit Freunden eine Flasche Wein und sammle die Korkzapfen in einem grossen Einmachglas, das mit Brennsprit gefüllt ist. Man wartet dann, bis die Korkzapfen durchfeuchtet sind; dann werden sie zu Scheiben geschnitten. Diese

Der Ur-Herd

Scheiben legen wir in ein weiteres, auch mit Brennsprit gefülltes Einmachglas. Die Gummidichtungen der Einmachgläser müssen dranbleiben, sonst verdunstet der Sprit. Für unterwegs nehmen wir eine Handvoll der Korkzapfenscheiben in einem verschraubbaren und dichten Gefäss mit, das wir diesmal mit Petrol gefüllt haben (der Kork hat inzwischen genug Sprit aufgesaugt, das Petrol dient dazu, dass der Sprit nicht verdunstet). Es ist wichtig, dass das Gefäss verschraubbar ist, andere Verschlüsse können durch das Petrol ölig werden und sich von selbst öffnen.

In Bezug auf ein ökologisch korrektes Lagerfeuer gibt es verschiedene Haltungen. Der eine will gar keine sichtbaren Spuren hinterlassen und platziert das Feuer auf Steinen, auf Sand oder in eine Bodengrube. Der andere begnügt sich damit, dass die Feuerstelle nur so gross ist, wie sie tatsächlich gebraucht wird. Wenn keine Waldbrandgefahr besteht, sollte das Feuer eher nicht mit Wasser gelöscht werden, denn dies gibt einen matschigen Brei, der nicht nur für Nachfolgende unangenehm ist, sondern auch ziemlich lange keinen Pflanzenwuchs mehr zulässt. Am besten lässt man das Feuer frühzeitig vollständig herunterbrennen, sodass bei Verlassen des Camps nur noch Asche daliegt. Eine solche Feuerstelle ist schon in kurzer Zeit wieder überwachsen. Es ist zu hoffen, dass jene Gattung Männer, die Feuerstellen pinkelnderweise löschen, heute ausgestorben ist.

Übernachtung im Freien

Die meisten Menschen finden wahrscheinlich, dass Zelten die beste Variante ist, im Freien zu übernachten. Zelte empfehlen sich nur in Mückengebieten, weil es praktisch ist, wenn man sich in einen von Moskitonetzen geschützten Raum zurückziehen kann. Ein Planendach aus einer leichten, wasserdichten (und wenn man nicht auffallen will, dunkelgrünen) Plane hat jedoch gegenüber dem Zelt einige Vorteile: Planen sind leichter als Zelte (vorausgesetzt man benützt nicht schwere Militärplanen). Bei Planen kommt man für ein Camp auch mit kleineren flachen Plätzen aus. Planen kann man so spannen, das Gemeinschaftsräume entstehen, wo man auch bei Regen oder starker Sonne beieinander sitzen kann. Wer dieses Element zum ersten Male einsetzt, sollte etwas üben. Man wird dann schnell merken, dass es einfacher geht, wenn die Plane (bzw. die Planen) erst am Boden ausgelegt wird. Und dass das Planendach nur dann wirklich wasserdicht ist, wenn die einzelnen Planen sich ziegelförmig überlappen und das Wasser gut ablaufen kann.

Planen sind auch für andere Zwecke nutzbar: als Windschutz, als Segel, als Bedeckung einer Schwitzhütte, als wasserdichte Transporthülle für Gepäck und Kleider bei Flussüberquerungen. Und Planen sind weniger auffällig. Wenn man Zelte aufstellt, ist dies immer irgendwie ein »Besitzergreifen« des Ortes, wohingegen Planen »nomadischer« wirken. Im südschweizerischen Kanton Tessin beispielsweise, wo das Campieren offiziell verboten ist, das Biwakieren hingegen nicht, kann dieser Unterschied wesentlich sein.

Wetter

Grundsätzlich kann bei jeder Wetterlage gewandert werden. Die Angst vor schlechtem Wetter ist weitgehend eine »Zivilisationskrankheit«. Ein echter Outdoor Freak fühlt sich bei jedem Wetter wohl; er kann auch auf jede Wettersituation reagieren und braucht deshalb kein Wetterprophet zu sein. Auch die besten Wetterpropheten erreichen nur schwer durchschnittliche Trefferquoten von über 60%. Sind schon die modernen, auf Satellitenaufnahmen und sensiblen Messgeräten basierenden Wetterprognosen nur bedingt verlässlich, wie unzuverlässig ist erst eine private Prognose vor Ort. Und für den Outdoor Guide gilt, lieber keine Prognose als eine falsche.

Echte Bedrohungen stellen Lawinen, Blitzschlag und Hochwasser dar. Hier gilt es, die »Jetzt-Situation« vor Ort kompetent einzuschätzen. Der eingangs erwähnte CanyoningUnfall geschah aufgrund einer Fehleinschätzung der aktuellen Lage. Ein Gewitter in den Bergen kann einen Bergbach in Sekundenschnelle anschwellen lassen. Und dass sich ein Gewitter zusammenbraut, ist in den Bergen wegen des eingeschränkten Horizonts nicht so leicht erkennbar. Wenn der erste Donner grollt oder erste Tropfen fallen, ist das Gewitter meist schon da. Es heisst also, schnell zu handeln und sich von Bachläufen (Hochwasser) und Berggraten (Blitzschlag) zu entfernen. Die in Bergbüchern vorgeschlagenen Massnahmen gegen Blitzschlag sind allerdings eher theoretischer Natur. In der Praxis bewährt sich, dass man einfach schnell weitergeht, um baldmöglichst eine schützende Hütte oder Höhle zu finden.

Routenwahl

Meistens ist es ja so, dass die Trekkingroute dem Leiter bekannt ist. Er kennt Distanzen, Abzweigungen, die schwierigen Wegabschnitte, die Rastplätze und die Wasserstellen. Umfassende Kenntnisse betreffend Orientierung werden gebraucht, wenn die Leitung die Trekkingroute nicht kennt oder wenn sie ein neues Gebiet rekognosziert. Auf den Umgang mit Orientierungshilfen kommen wir weiter unten zu reden und beschränken uns hier auf ein paar trekkingspezifische Hinweise. Ein Trekking folgt in der Regel Pfaden von Einheimischen. Solche verbinden Ortschaften miteinander und sind topographisch optimal angelegt, d.h., es wird immer die energiesparendste Mitte zwischen Länge und Höhendistanzen gesucht und zeitraubende Hindernisse werden manchmal recht weitläufig umgangen. Es macht in der Regel keinen Sinn,

Abkürzungen zu nehmen, auch wenn dies verführerisch ist. Nicht umsonst heisst es unter erfahrenen Wildnisläufern: »Für Abkürzungen haben wir keine Zeit.« Sind die Distanzen zwischen Ortschaften sehr gross, kommen Abzweigungen vor; oder führen die Pfade über Pässe und Hochebenen, sind die Wege meist gekennzeichnet. Die häufigsten und weltweit vorkommenden Zeichen sind Steinmännchen, Kerben an (lebenden) Baumstämmen und Farbtupfer. Fehlen solche Zeichen, hilft nur die Begleitung durch einen Ortskundigen.

Wir können das Abenteuer des Ungewissen noch finden, wenn wir uns in unerschlossene Urwälder und Wüstengebiete begeben oder andere »weglose« Wege beschreiten. Ohne Pfade relativ gut begehbar sind jene grossflächigen Waldgebiete Kanadas, die früher einmal Meer waren und wegen ihres sandigen Grundes wenig wegversperrendes Unterholz zulassen. Dasselbe trifft auf die tropischen Urwaldgebiete zu, die noch Primärwälder sind. Tropische Primärurwälder bestehen aus grossen Bäumen mit weitausladenden Kronen, die wenig Licht zum Boden durchlassen, was das Wachstum in Bodennähe hindert. Auch hier gibt es dann wenig, was den Weg versperrt. In solchen Gebieten findet man mitunter auch Pfade. Sie stammen von Jägern, Sammlern und Fallenstellern. Aber Vorsicht bei der Benützung von Wildnispfaden, sie können im Kreise herumführen oder in einer Sackgasse enden. Handelt es sich um Wildwechsel, führen sie nirgendwo hin ausser zum Wasser (was unter Umständen nicht zu verachten ist).

»Wenn du in der Wildnis auf einem dir unbekannten Pfad gehst und du kommst an eine Weggabelung, wo die eine Abzweigung vielbegangen, die andere weniger begangen erscheint, welchen Weg solltest du nehmen?«

(Antwort zu dieser Frage am Schluss des Buches)

Man kann auch in der Wüste zu Fuss gehen, vorausgesetzt, man hat Tragtiere für Wasser dabei oder es sind auf der Route genügend Wasserstellen vorhanden. Es wird hier wohl niemand so waghalsig sein, eine ihm unbekannte Route ohne die Begleitung eines Führers zu begehen. Beduinen haben zwar keinen »Sechsten Sinn«, der ihnen auf magische Weise die Orientierung in der Wüste erlaubt. Sie orientieren sich an den Merkmalen der Landschaft, die sie vom vielmaligen Begehen in- und auswendig kennen. Man wird deshalb nie einen Beduinen in einem grösseren Sanddünengebiet antreffen, denn diese Landschaften ändern sich fortlaufend und bieten keine sicheren Orientierungsmöglichkeiten.