Handbuch Vergabe für Technikerinnen und Techniker - Melissa Aspalter - E-Book

Handbuch Vergabe für Technikerinnen und Techniker E-Book

Melissa Aspalter

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Beschreibung

In der heutigen Arbeitswelt kommen nahezu alle technischen Berufe in Kontakt mit öffentlichen Vergaben. Um erfolgreich an Vergabeverfahren teilzunehmen, ist ein fundiertes Verständnis der Grundprinzipien des Vergaberechts unerlässlich. Zusätzlich sind Kenntnisse des Zivilrechts erforderlich, um vergebene Verträge zu verstehen und rechtliche Risiken besser einzuschätzen zu können. Dieses Handbuch bietet eine praxisorientierte Einführung in die Grundlagen des Vergabeverfahrens und Vertragsrechts und gibt wertvolle Tipps und Empfehlungen für die praktische Umsetzung im beruflichen Alltag. Ziel ist es, Fehler im Vergabeprozess zu vermeiden, die zu einem Ausscheiden aus dem Vergabeverfahren und somit wirtschaftlichen Konsequenzen für den auftragslosen Bieter führen können. Diese Publikation richtet sich speziell an Technikerinnen und Techniker sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter technischer Unternehmen, die ihr Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen von Vergaben verbessern möchten. Vergaberechtsexpertin Melissa Aspalter gibt Ihnen das nötige Rüstzeug mit, um erfolgreich an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen und so Ihre Erfolgschancen bei Vergabeverfahren zu steigern.

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Seitenzahl: 126

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Impressum

978-3-85402-422-4

Auch als Buch verfügbar

978-3-85402-421-7

1. Auflage 2023

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt.

Alle Rechte vorbehalten.

Nachdruck oder Vervielfältigung, Aufnahme

auf oder in sonstige Medien oder Datenträger,

auch bei nur auszugsweiser Verwertung,

sind nur mit ausdrücklicher Zustimmung der

Austrian Standards plus GmbH gestattet.

Alle Angaben in diesem Fachbuch erfolgen

trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr

und eine Haftung der Autorin oder des Verlages

ist ausgeschlossen.

© Austrian Standards plus GmbH, Wien 2023

Die Austrian Standards plus GmbH ist ein Unternehmen von Austrian Standards International.

Austrian Standards plus GmbH

1020 Wien, Heinestraße 38

T +43 1 213 00-300

F +43 1 213 00-355

E [email protected]

www.austrian-standards.at/fachliteratur

ProjektManagement

Gertraud Reznicek

Lektorat

Anna Giricz

Cover – Fotocredit

© iStockphoto.com/Christian Horz

Satz/gestaltung

Martin Aschauer

Druck

Druckerei Jentzsch, 1210 Wien

Inhalt

Abkürzungsverzeichnis

Vorwort

1 Vergaberecht – Was ist das?

1.1 Wozu wird Vergaberecht gebraucht?

1.2 Anwendungsbereich des Vergaberechts

1.3 Öffentliche Auftraggeber

1.3.1 Vergebende Stelle

1.4 Auftrag

1.4.1 Bauaufträge

1.4.2 Lieferaufträge

1.4.3 Dienstleistungsaufträge

1.5 Konzessionsvergabeverfahren

1.6 Ausnahmen vom BVergG 2018

1.6.1 Nichtanwendung des BVergG 2018 auf bestimmte Aufträge

1.6.2 Besondere Dienstleistungen

1.7 Rechtsquellen des Vergaberechts

1.7.1 ÖNORMEN

1.7.2 Exkurs: Suche nach Gesetzen und Verordnungen

2 Vor der Vergabe – Auf der Suche nach dem geeigneten Vergabeverfahren

2.1 Einleitung

2.2 EU-weite Veröffentlichungen – TED

2.3 Nationale Veröffentlichungen

2.4 Exkurs: Vorarbeiten

3 Arten von Vergabeverfahren

3.1 Allgemeines

3.2 Die einzelnen Verfahren

3.2.1 Das offene Verfahren

3.2.2 Das nicht offene Verfahren

3.2.3 Das Verhandlungsverfahren

3.2.4 Das dynamische Beschaffungssystem

3.2.5 Der wettbewerbliche Dialog

3.2.6 Die Innovationspartnerschaft

3.2.7 Die Direktvergabe

3.2.8 Die Rahmenvereinbarung

3.2.9 Rahmenvertrag

3.2.10 Die elektronische Auktion (kein eigenes Vergabeverfahren)

3.3 Oberschwellen- und Unterschwellenbereich

4 Die Ausschreibungs­unterlagen

4.1 Aufbau einer Ausschreibung

4.2 Veröffentlichung im einstufigen und zweistufigen ­Verfahren

4.3 Reihung der Ausschreibungsunterlagen

4.4 Rechtsschutz – Anfechtung der Ausschreibung

5 Verfahrensbestimmungen

5.1 Inhalte von Verfahrensbestimmungen

5.2 Mögliche Fallen bei den Verfahrensbestimmungen

5.2.1 Ist das Erstangebot zuschlagsfähig?

5.2.2 Behebbare/unbehebbare Mängel

5.2.3 Formvorschriften und elektronische Signatur

5.2.4 Zuschlagskriterien

6 Eignung

6.1 Eignungskriterien

6.1.1 Befugnis

6.1.2 Berufliche Zuverlässigkeit

6.1.3 Exkurs: Problematik Strafregisterauszüge

6.1.4 Technische Leistungsfähigkeit

6.1.5 Finanzielle/wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

6.2 Eigenerklärung

6.3 Vorlage von Nachweisen

6.3.1 Prozedere

6.3.2 eCertis

6.3.3 Liste geeigneter Unternehmer

6.3.4 Fehlerhafte Vorlage von Nachweisen

6.4 Verlust der Eignung

7 Der Leistungsvertrag

7.1 Inhalte des Leistungsvertrags

7.2 Definition der Vertragsparteien

7.3 Vertragsdauer

7.4 Abnahme der Leistung/Abnahmeprozess

7.5 Gewährleistung und Geltendmachung von Mängeln

7.5.1 Gesetzliche Grundlagen zur Gewährleistung

7.5.2 Typische Fallen und Fehler bei den Gewährleistungsregelungen

7.6 Rechnungslegung, Zahlungsmodalitäten, Wertsicherung

7.7 Verzugsregelungen

7.8 Schadenersatz/Haftung

7.9 Vertragsstrafen/Pönalen

7.10 Regelung zu bestehenden und entstehenden Immaterialgüterrechten (Urheberrecht, Patente/Gebrauchsmuster)

7.11 Kündigung/Vertragsbeendigung

7.12 Vertraulichkeit

7.13 Datenschutz/DSGVO

7.14 Anzuwendendes Recht und Gerichtsstand

7.15 Sonstige rechtliche Schlussbestimmungen

7.15.1 Salvatorische Klausel

7.15.2 Interpretationsbestimmungen zu Lasten des Bieters

7.16 Checkliste

8 Leistungsbeschreibung und technische Unterlagen

8.1 Allgemeines

8.2 Leistungsbeschreibung

8.3 Lastenheft und Pflichtenheft

8.4 ÖNORMEN als Hilfsmittel

8.5 Gleichwertige Produkte

9 Bietergemeinschaften und Subunternehmer

9.1 Allgemeines

9.2 Bietergemeinschaften

9.3 Subunternehmer

9.3.1 Hilfsunternehmer

9.4 Wechsel von Subunternehmern

10 Während der Ausschreibung – Kommunikation mit dem Auftraggeber

10.1 Fristenmanagement

10.2 Bieterfragen zur Ausschreibung

10.3 Begleitschreiben zu Angeboten

10.4 Vertiefte Angebotsprüfung

10.5 Ausscheiden

11 Das Finale des Vergabe­verfahrens: Zuschlag, Unterliegen, Widerruf

11.1 Wie endet das Vergabeverfahren?

11.2 Zuschlag und Stillhaltefrist

11.3 Widerruf

12 Rechtsschutz im Vergabe­verfahren: Bekämpfung von Entscheidung des Auftraggebers

12.1 Wie erfährt man von einer rechtswidrigen Vergabe?

12.2 Zuständiges Gericht

12.3 Nachprüfungsantrag

12.3.1 Interesse am Vertragsschluss

12.3.2 Entstandener oder drohender Schaden

12.3.3 Gesondert anfechtbare Entscheidungen

12.3.4 Fristen für Nachprüfungsanträge

12.4 Feststellungsantrag

12.4.1 Abgeschlossenes Vergabeverfahren

12.4.2 Wahl einer der möglichen Feststellungen

12.5 Einstweilige Verfügung

12.6 Pauschalgebühren

12.7 Schadenersatzansprüche

13 Nach der Vergabe

13.1 Abwicklung des geschlossenen Vertrages

13.2 Vertragsänderungen

13.2.1 Wesentliche Vertragsänderungen

13.2.2 Unwesentliche Vertragsänderungen

13.2.3 Prüfschema Vertragsänderungen

14 Vergaberecht in ÖNORMEN

14.1 Allgemeines zu ÖNORMEN

14.2 ÖNORM A 2050

14.3 ÖNORM B 2110

14.3.1 Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung

14.3.2 Verbot von Mischpreispositionen

14.3.3 Bekanntgabe bedeutsamer Umstände, Besichtigung und Prüfung

14.3.4 Verweis auf andere Normen

14.3.5 Verhältnis der ÖNORM zu den Ausschreibungsunterlagen

15 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Die Autorin

Abbildungsverzeichnis

Abbildungen sind, wenn nicht anders angegeben, eigene Erarbeitungen.

Abbildung 1 RIS, https://www.ris.bka.gv.at/Bund/

Abbildung 2 RIS, https://www.ris.bka.gv.at/Bundesrecht/

Abbildung 3 Suchmaske TED,

Abbildung 4 Offenes Verfahren

Abbildung 5 Nicht offenes Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung

Abbildung 6 Nicht offenes Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung

Abbildung 7 Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung

Abbildung 8 Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung

Abbildung 9 Einheitliche Europäische Eigenerklärung, https://espd.eop.bg/espd-web/

Abbildung 10 eCertis, https://ec.europa.eu/tools/ecertis/#/search

Abbildung 11 Verpflichtungserklärung Subunternehmer

Abbildung 12 Prüfschema Vertragsänderungen

Abkürzungsverzeichnis

aaO

am angegebenen Ort

ABGB

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch

AGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen

AVB

Allgemeine Vertragsbedingungen

ANKÖ

Auftragnehmerkataster Österreich

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BlgNR

Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrats

BVA

Bundesvergabeamt

BVergG 2018

Bundesvergabegesetz 2018

BVergGKonz 2018

Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018

B-VG

Bundes-Verfassungsgesetz

BVwG

Bundesverwaltungsgericht

CPV

Common Procurement Vocabulary

DSGVO

Datenschutzgrundverordnung

ErlRV

Erläuterungen zur Regierungsvorlage

EU

Europäische Union

EuGH

Europäischer Gerichtshof

GISA

Gewerbeinformationssystem Austria

idF

in der Fassung

LGBl

Landesgesetzblatt

LgU

Liste geeigneter Unternehmen

OGH

Oberster Gerichtshof

RIS

Rechtsinformationssystem

Rz

Randziffer

SLA

Service Level Agreement

StGB

Strafgesetzbuch

stRsp

ständige Rechtsprechung

TED

Tenders Electronic Daily

UGB

Unternehmensgesetzbuch

UStG

Umsatzsteuergesetz

UWG

Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

vgl.

vergleiche

VPI

Verbraucherpreisindex

VwGH

Verwaltungsgerichtshof

WKStA

Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft

wobl

Wohnrechtliche Blätter

WVRG

Wiener Vergaberechtsschutzgesetz

WVPVO 2020

Wiener Vergabe-Pauschalgebührenverordnung 2020

Vorwort

Als ich meine zweite Stelle als Rechtsanwaltsanwärterin angetreten habe, war das Vergabeverfahren für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Ich habe jedoch schnell bemerkt, dass die Vergabe von Aufträgen kein Thema ist, das sich aus Büchern erlernen lässt, sondern die Anwendung der rechtlichen Regelungen in der Praxis erprobt werden muss, um sie zu verstehen. Paradoxerweise habe ich nun doch mit diesem Handbuch ein Buch zur Praxis geschrieben.

Wer sich im Vergabeverfahren geschickt bewegen kann, erspart sich nicht nur viel Ärger, sondern kann auch in der grundsätzlich unterlegenen Position als Bieter viel für sich bzw. sein Unternehmen herausholen. Klar ist, dass Technikerinnen und Techniker Aufträge im Normalfall zunächst aus technischer Perspektive bearbeiten. Das hat zur Folge, dass Juristinnen und Juristen oft erst dann zu Rate gezogen werden, wenn es vergaberechtlich schon „zu spät“ ist. Ziel dieser Publikation ist, Ihnen aus rechtlicher Perspektive aufzuzeigen, wo die Fallen und Stolpersteine im Vergabeverfahren liegen, um sie vermeiden zu können, und was zu tun ist, wenn doch etwas schiefgelaufen ist.

Dafür sind nicht nur Kenntnisse des Vergaberechts, sondern auch des allgemeinen Zivilrechts notwendig. Viele Handbücher zum Vergaberecht ziehen eine scharfe Grenze zum Zivilrecht. Aus Bietersicht ist es jedoch sinnvoll, beim Prüfen von Ausschreibungen sowohl einen Blick auf die vergaberechtlichen Regelungen als auch die zivilrechtlichen Inhalte des Leistungsvertrages zu haben. Denn das Vergaberecht ist keine Rechtsmaterie im „luftleeren Raum“, sondern mit anderen Rechtsgebieten sowie den technischen Fachgebieten untrennbar verknüpft.

Bei der Aufarbeitung der verschiedenen rechtlichen Themen war mir ein Anliegen, die oft sperrigen Formulierungen der Gesetzestexte und Entscheidungen so zusammenzufassen, dass der Sinn und Hintergrund der Regelungen schnell zu erfassen ist. So können rasch Entscheidungen getroffen werden, wie mit rechtlichen Fragestellungen im Vergabeprozess umzugehen ist.

In diesem Werk habe ich versucht, eine gendergerechte Schreibweise umzusetzen. Bei Begriffen, mit denen eine Rolle im Vergabeverfahren gemeint ist (etwa „Bewerber“, „Bieter“, „öffentlicher Auftraggeber“) wird jedoch zum leichteren Verständnis die maskuline Form als Standardform verwendet.

Über Ihre Kommentare, Ihr Feedback und Ihre Verbesserungsvorschläge freue ich mich unter [email protected].

Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle meinen „rechtlichen Wegbereitern“ Alexander Hiersche, Martin Oder, Martin Stempkowski, Kerstin Holzinger und Wilhelm Bergthaler, die mir einerseits das rechtliche Rüstzeug, andererseits die Leidenschaft für das juristisch fundierte Arbeiten vermittelt haben.

Ebenso danke ich Gertraud Reznicek von Austrian Standards für ihre Unterstützung und ihre unermüdlichen Anstrengungen, die dieses Buchprojekt erst möglich gemacht haben. Und zuletzt gilt mein Dank meiner Familie und meinem Mann, die mich jeden Tag dazu motivieren, Neues zu wagen – etwa dieses Buch.

Wien, Juni 2023

Melissa Aspalter

1 Vergaberecht – Was ist das?

1 Vergaberecht – Was ist das?

1.1 Wozu wird Vergaberecht gebraucht?

Der Staat muss sich zur Erfüllung seiner Aufgaben Dinge oder Leistungen von „außen“ zukaufen: vom Druckerpapier für Büros bis zur Errichtung von Bahnhöfen oder Schulen. Um zu erkennen, wieso Vergaberecht wichtig ist, ist es am einfachsten, sich zunächst einmal eine Welt ohne Vergaberecht vorzustellen. Von wem würden öffentliche Auftraggeber wie Bund oder Länder Leistungen vorwiegend beschaffen? Vom besten Bieter? Vom günstigsten? Von dem, der mit den Entscheidungsträgern am besten bekannt ist? Von dem, der den Entscheidungsträgern am meisten „unter der Hand“ zahlt?

Vergaberecht ist also primär ein Mittel gegen Korruption, das die öffentlichen Auftraggeber zu wirtschaftlichem Handeln zwingt. Das kommt wiederum den Steuerzahlerinnen und -zahlern zugute.

1.2 Anwendungsbereich des Vergaberechts

An das Vergaberecht halten müssen sich öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Um zu wissen, ob auf das jeweilige Projekt grundsätzlich Vergaberecht anzuwenden ist, muss daher geprüft werden, ob es sich

1.um einen öffentlichen Auftraggeber und

2.um einen Auftrag im Sinne des Vergaberechts handelt.

1.3 Öffentliche Auftraggeber

Wer öffentlicher Auftraggeber ist, ist manchmal gar nicht so einfach zu beantworten. Jedenfalls fallen darunter:

+der Bund,

+die Länder und

+die Gemeinden und Gemeindeverbände.

Der Kreis der öffentlichen Auftraggeber geht jedoch noch weiter: Als öffentliche Auftraggeber zählen auch alle Einrichtungen, die gegründet wurden, um im Allgemeininteresse liegende Aufgaben[1] nicht gewerblicher Art[2] zu erfüllen, und die zumindest teilrechtsfähig[3] sind.

Zusätzlich muss eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: Sie müssen entweder

+überwiegend von öffentlichen Auftraggebern finanziert werden (z. B. Sozialversicherungskassen)[4],

+von diesen beaufsichtigt werden (z. B. vom Rechnungshof kontrollierte Ordensspitäler[5]) oder

+die Mitglieder der Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane werden mehrheitlich von öffentlichen Auftraggebern ernannt (z. B. Österreichischer Rundfunk – ORF[6]).

Auch Verbände, bei denen mindestens ein öffentlicher Auftraggeber Mitglied ist, sind öffentliche Auftraggeber.

Ein Sonderfall sind die sogenannten Sektorenauftraggeber. Damit sind Auftraggeber gemeint, die in einem speziellen Wirtschaftssektor auftreten, der besonders geschützt werden soll. Für diese Wirtschaftssektoren soll ein gewisses Maß an Kontrolle und Transparenz der Auftragsvergabe gegeben sein. Umfasst sind einerseits öffentliche Auftraggeber, die eine Sektorentätigkeit ausüben, andererseits auch private Unternehmen, die aufgrund besonderer Rechte im Sektorenbereich tätig sind. Zu diesen Wirtschaftssektoren zählen:

+Gas, Wärme und Elektrizität,

+Wasser,

+Verkehrsleistungen,

+Postdienste,

+Förderung von Erdöl und Gas und Exploration oder Förderung von Kohle oder anderen festen Brennstoffen,

+Häfen und Flughäfen.

Für sie gelten ähnliche Regelungen wie für „klassische“ öffentliche Auftraggeber.

1.3.1 Vergebende Stelle

Manchmal wird in Ausschreibungen neben dem öffentlichen Auftraggeber auch eine „vergebende Stelle“ genannt. Damit gemeint ist eine vom Auftraggeber bevollmächtigte Organisation oder ein Unternehmen, die bzw. das das Vergabeverfahren für den öffentlichen Auftraggeber durchführt. In der Praxis sind das oft Rechtsanwaltskanzleien.

1.4 Auftrag

Um zur Anwendung des Vergaberechts zu kommen, muss ein öffentlicher Auftrag vorliegen. Damit ist gemeint, dass ein öffentlicher Auftraggeber in Form eines entgeltlichen Vertrages Leistungen von einem Dritten beschafft. Nicht umfasst sind hoheitliche Tätigkeiten aufgrund des „staatlichen Gewaltmonopols“, die von Privaten nicht durchgeführt werden könnten (etwa Beschaffungen durch die Erlassung von Bescheiden oder Verordnungen).

Ebenso wenig vom Vergaberecht umfasst sind unentgeltliche Verträge, bei denen der Auftragnehmer keine Gegenleistung erhält. Der Begriff der Gegenleistung ist hier aber weit zu verstehen. Erhält der Auftragnehmer beispielsweise lediglich die ihm entstehenden Kosten ersetzt, darüber hinaus aber kein Entgelt für seine Tätigkeit, kann trotzdem ein öffentlicher Auftrag vorliegen.[7]

Im Vergaberecht werden drei Arten von Aufträgen kategorisiert:

1.Bauaufträge,

2.Lieferaufträge,

3.Dienstleistungsaufträge.

Diese Kategorisierung ist deshalb wichtig, weil für unterschiedliche Arten von Aufträgen unterschiedliche Regelungen gelten. So sind etwa die Schwellenwerte[8] für Bauaufträge, da diese naturgemäß ein sehr großes Auftragsvolumen haben, viel höher als bei Lieferaufträgen.

1.4.1 Bauaufträge

Bauaufträge betreffen – wie bereits aus der Bezeichnung hervorgeht – Bauleistungen. Umfasst sind davon insbesondere die Leistungen, die in der „Statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE)“ unter die Einordnung „Baugewerbe“ fallen. Diese Leistungen sind auch in Anhang I zum Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG 2018) explizit genannt und reichen von vorbereitenden Baustellenarbeiten wie Abbrüchen über Hoch- und Tiefbau, Installationsarbeiten bis zur Vermietung von Baumaschinen und -geräten mit Bedienungspersonal.

Aber auch Bauleistungen, die nicht in der Liste genannt sind, können Bauaufträge darstellen, wenn sie ein „Bauvorhaben“ betreffen. Gemeint sind damit alle Bauleistungen, die zur Erstellung eines Bauwerkes, für Revitalisierungen von Gebäuden, Umbauten, Instandsetzungen und Reparaturen bei Gebäuden notwendig sind.[9] Planungsleistungen für die darauffolgende Errichtung eines Gebäudes können Teil eines Bauauftrages sein, wenn insgesamt gesehen die Bauleistungen gegenüber den Planungsleistungen überwiegen.[10]

1.4.2 Lieferaufträge

Lieferaufträge sind Verträge über den Kauf, das Leasing, die Miete oder Pacht von Waren. Der Begriff „Waren“ ist weit zu verstehen. Auch „unkörperliche Sachen“ (Dinge, die nicht gesehen oder berührt werden können) wie Strom und Gas sind Waren.[11] Umfasst sind auch mit dem Kauf etc. verbundene Nebenarbeiten wie das Verlegen und die Installation von gekauften Waren, z. B. der Einbau und die Inbetriebnahme gekaufter Klimaanlagen.[12]

1.4.3 Dienstleistungsaufträge

Dienstleistungsaufträge werden nur als Auffangtatbestand definiert: Dienstleistungsaufträge sind alle Aufträge, die keine Bau- oder Lieferaufträge sind. Der Auftragnehmer erbringt dabei gegen Entgelt Dienstleistungen, z. B. Softwareprogrammierungen.

1.5 Konzessionsvergabeverfahren

Aus verschiedenen Gründen entscheiden öffentliche Auftraggeber, dass bestimmte öffentliche Aufgaben an Private ausgelagert werden sollen. Diese „Beleihung“ soll ebenso wie die Vergabe von Leistungen einem transparenten Regime folgen. Dazu wurde das Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018 (BVergGKonz 2018) geschaffen.

Konzessionen sind entgeltliche Verträge, mit denen ein Auftraggeber einen Unternehmer mit der Erbringung von Bau- oder Dienstleistungen beauftragt, wobei die Gegenleistung entweder in dem Recht zur Nutzung des Bauwerkes oder zur Verwertung der Dienstleistungen mit oder ohne zusätzliche Zahlung eines Preises besteht.[13] Vereinfacht gesagt: Dem Unternehmer wird erlaubt, etwas zu bauen oder eine Dienstleistung anzubieten. An diesen Leistungen hat er ein Nutzungsrecht.

Der Konzessionsnehmer („Konzessionär“) erhält daher das Entgelt für die von ihm erbrachten Leistungen nicht bzw. nicht hauptsächlich vom öffentlichen Auftraggeber, sondern durch Zahlungen von Personen, die die Leistung des Konzessionärs tatsächlich in Anspruch nehmen.[14] Klassisches Beispiel ist der Betrieb von Seilbahnen oder Sesselliften: Der Unternehmer betreibt den Schilift und erfüllt damit eine öffentliche Aufgabe. Er darf sich dafür den Erlös aus den Lifttickets behalten.

1.6 Ausnahmen vom BVergG 2018

1.6.1 Nichtanwendung des BVergG 2018 auf bestimmte Aufträge

Manche Aufträge[15] sind aus besonderen Gründen von der Anwendbarkeit des BVergG 2018 ausgenommen. Dazu zählen etwa eine Reihe von Aufträgen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich, bei denen Geheimhaltungsinteressen des Staates betroffen sind. Auch Verträge über Erwerb, Miete oder Pacht von Grundstücken oder vorhandenen Gebäuden zählen dazu.

1.6.2 Besondere Dienstleistungen

Manche Kategorien von Aufträgen zählen zu den sogenannten „besonderen Dienstleistungen“. Auf diese Aufträge sind nur einige wenige Bestimmungen des BVergG 2018 anwendbar. Im Anhang des BVergG 2018 gibt es eine ausführliche Liste dieser besonderen Dienstleistungen. Folgende Auftragskategorien sind beispielsweise betroffen:

+Dienstleistungen für das Gesundheits- und Sozialwesen,

+Dienstleistungen im Sozial-, Bildungs-, Gesundheits- und kulturellen Bereich,

+Dienstleistungen im Rahmen der gesetzlichen Sozialversicherung,

+Beihilfen, Unterstützungsleistungen und Zuwendungen,

+Dienstleistungen von religiösen, sozialen oder politischen Vereinigungen,

+Dienstleistungen von Gaststätten und im Beherbergungsgewerbe,

+Juristische Dienstleistungen,

+Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung und kommunale Dienstleistungen,

+Dienstleistungen für Haftanstalten, Dienstleistungen im Bereich öffentliche Sicherheit und Rettungsdienste,

+Dienstleistungen von Detekteien und Sicherheitsdiensten,

+Internationale Dienstleistungen,

+Postdienste.

Bei einem Auftrag über eine solche besondere Dienstleistung sollten Bieter beachten, dass der öffentliche Auftraggeber viel größere Freiheiten genießt und nur einem „Vergaberecht light“[16] unterliegt.

1.7 Rechtsquellen des Vergaberechts