Haus der Hüterin: Band 2 - Das Erwachen - Andrea Habeney - E-Book + Hörbuch

Haus der Hüterin: Band 2 - Das Erwachen E-Book und Hörbuch

Andrea Habeney

4,6

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Beschreibung

Rylees Erbe, das geheimnisvolle Hotel an der Ostsee, erwacht mehr und mehr zum Leben. Ihr bleibt wenig Zeit, ihre Verbindung zu dem alten Haus zu vertiefen. Zwar scheint ihr nächster Gast, der Schamane Stephan, harmlos, doch von anderer Seite droht Gefahr. In der Gegend kommt es zu Vermissten- und Todesfällen, und eines der Opfer wurde zuletzt in der Nähe des Hotels gesehen. Das LKA ermittelt und dann checkt auch noch der Fürst der Finsternis ein ... "Das Erwachen" ist der zweite Band der Fantasy-Serie "Haus der Hüterin" von Andrea Habeney. Band 1, "Das Erbe" liegt ebenso im mainbook Verlag vor.

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Seitenzahl: 137

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Zeit:3 Std. 9 min

Sprecher:Marlene Rauch

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Das Buch

Rylees Erbe, das geheimnisvolle Hotel an der Ostsee, erwacht mehr und mehr zum Leben. Ihr bleibt wenig Zeit, ihre Verbindung zu dem alten Haus zu vertiefen. Zwar scheint ihr nächster Gast, der Schamane Stephan, harmlos, doch von anderer Seite droht Gefahr. In der Gegend kommt es zu Vermissten- und Todesfällen, und eines der Opfer wurde zuletzt in der Nähe des Hotels gesehen.

Das LKA ermittelt und dann checkt auch noch der Fürst der Finsternis ein ...

„Das Erwachen“ ist der zweite Band der Fantasy-Serie „Haus der Hüterin“ von Andrea Habeney. Band 1, „Das Erbe“ liegt ebenso im mainbook Verlag vor.

Die Autorin

Andrea Habeney, geboren 1964 in Frankfurt am Main, in Sachsenhausen aufgewachsen. Nach dem Abitur studierte sie in Gießen Veterinärmedizin. 1997 folgte die Promotion. Bis 2013 führte Andrea Habeney im Westen Frankfurts eine eigene Praxis. Heute arbeitet sie als Tierärztin für eine Pharma-Firma.

Als Autorin hat sie sich einen Namen gemacht mit ihrer Frankfurter Krimi- Reihe um Kommissarin Jenny Becker: „Mörderbrunnen“ (Frühjahr 2011), „Mord ist der Liebe Tod“ (Herbst 2011), „Mord mit grüner Soße“ (April 2012), „Arsen und Apfelwein“ (2013), „Verschollen in Mainhattan“ (2014) und „Apfelwein trifft Weißbier“ (Oktober 2015).

„Haus der Hüterin“ ist ihre erste Fantasy-Serie.

ISBN 978-3-944124-90-2

Copyright © 2015 mainbook VerlagAlle Rechte vorbehalten

Lektorat: Gerd FischerCovergestaltung: Olaf TischerCoverbild: © Christian Müller - fotolia

Auf der Verlagshomepage finden Sie weitere spannende Taschenbücher undE-Books www.mainbook.deoder www.mainebook.de

Andrea Habeney

Haus der Hüterin

Band 2: Das Erwachen

Fantasy-Serie

Was bisher geschah:

Rylee wächst in ärmlichen Verhältnissen bei ihren alkoholkranken Stiefeltern auf. An ihrem 18. Geburtstag steht völlig überraschend der Nachlassverwalter ihrer leiblichen Eltern vor der Tür, um ihr ein altes, halb verfallenes Haus an der Ostsee als Erbe zu übertragen.

Rylee fällt aus allen Wolken, tritt aber das Erbe an. Nach und nach findet sie heraus, was es mit dem Haus, dessen Hüterin sie sein soll, auf sich hat. Es entpuppt sich als Herberge für seltsame Reisende, und schon bald steht der erste Gast vor der Tür ...

Schnell muss Rylee erkennen, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als ihr bisheriges Leben sie gelehrt hat. Und dass Werwölfe und Elfen durchaus dazu gehören ...

Tag 9 nach dem Erwachen des Hauses

Rylee saß im Garten und studierte eines der Bücher aus der Hinterlassenschaft ihrer Eltern. Sie beugte sich dicht über die Seite und kniff die Augen zusammen. Die Handschrift ließ sich wirklich kaum entziffern.

Als Emily die Stufen zum Haus hinunter kam, sah Rylee auf. „Ich wollte, meine Eltern hätten einen PC besessen.“

Die ältere Dame lächelte. „Das wäre nicht das Gleiche. Zu unpersönlich. Apropos, was macht eigentlich der Telefonanschluss?“

Rylee seufzte und klappte das Buch zu. „Gestern Abend ging er noch nicht. Ich muss zum Laden laufen und von dort anrufen. Aber erst probiere ich noch einmal.“

Sie ging ins Haus und durchquerte die Küche. In der großen Eingangshalle stand auf einer Anrichte der altmodische Telefonapparat. Sie hob den Hörer ab und lauschte ohne viel Hoffnung. Vor Schreck ließ sie ihn fast fallen. Sie legte auf und rannte zurück in den Garten.

„Es funktioniert!“, rief sie freudestrahlend. „Endlich sind wir nicht mehr von der Außenwelt abgeschnitten. Ich weiß gar nicht, wen ich zuerst anrufen soll!“ Dann wurde sie ernst. „Ich würde Esterhazy gerne fragen, was er sich dabei gedacht hat, mich hier ohne Geld und Hilfe sitzenzulassen.“

Emily lächelte kurz. „Aber du wirst es nicht tun, weil du weißt, dass es nichts bringt.“

Rylee nickte. Sie war nun schon fast zwei Wochen hier und doch hatte sie ihre Verwunderung darüber, dass der Nachlassverwalter ihrer leiblichen Eltern sie ausgerechnet in dieses Domizil für außergewöhnliche Gäste gebracht hatte, noch nicht überwunden. In ein altes, verfallenes Haus, das auf irgendeine Weise lebendig war und langsam zu erwachen schien ...

Sie rieb sich die Stirn. „Jetzt könnten wir einige Dinge telefonisch bestellen. Ich habe ungefähr ...“ Sie rechnete kurz im Kopf. „Ich habe über fünfzehnhundert Euro!“, stellte sie dann erstaunt fest. „Mit dem Geld von Rick.“

Ihre Stimme wurde traurig. In der selben Nacht, in der die junge Yasmidin, die es dem Werwolf angetan hatte, von ihren Eltern abgeholt worden war, war er still und heimlich verschwunden. Sie hätte sich gerne von ihm verabschiedet.

Das war jetzt zwei Tage her und bisher war zu Rylees Erleichterung kein neuer Gast eingetroffen. Gemeinsam mit Emily hatte sie weitere Bereiche des Hauses gereinigt und aufgeräumt. Hier und da waren ohne ihr Zutun Veränderungen eingetreten, doch mit nur einem einzigen Gast schien das Haus über wenig Energie für Verbesserungen zu verfügen.

Sie holte einen Notizblock und einen Stift und setzte sich an den wackeligen Gartentisch. „Was brauchen wir am dringendsten?“ Sie kaute am Stiftende.

Emily zählte an den Fingern ab. „Zunächst mehr Nahrungsmittel, ein Kochbuch, einen PC, zumindest sobald du einen Internetanschluss hast. Dann noch Putzmittel ...“ Sie sah kritisch an Rylee hinunter. „Vielleicht etwas anzuziehen?“

Rylee folgte ihrem Blick. Ihre Jeans hatten tatsächlich schon bessere Tage gesehen und das T-Shirt sah aus, als käme es aus der Altkleidersammlung. Was es tatsächlich auch tat.

„Hier ist weit und breit kein Bekleidungsgeschäft, und ich soll ja nicht weit vom Haus weg. Wir haben kein Auto und der Bus fährt nur alle Jubeljahre. Ich könnte aber Kataloge bestellen. Soviel ich weiß, kann man auch Lebensmittel liefern lassen.“

Emily nickte. „Außerdem sind wir hier auf dem Land, der eine oder andere Landwirt verkauft dir sicher gerne etwas und liefert es auch. So bekommst du auch Kontakt mit den Nachbarn.“

Rylee sah sie erstaunt an. „Ist das gut? Ich meine, wir haben doch etwas, will sagen, außergewöhnliche Gäste. Was, wenn jemand etwas mitbekommt?“

„Am meisten Verdacht erregt es, wenn du dich abschottest. Du musst ja niemanden ins Haus einladen. Oder nur, wenn gerade keine Gäste da sind. Zumindest keine auffälligen.“

„Gäste wie Sie sind sicher kein Problem“, bestätigte Rylee. „Niemand würde vermuten, dass Sie nicht von der Erde kommen. Ich habe eine Idee. Ich werde Polly besuchen. Die junge Frau, die kürzlich den Kuchen vorbei gebracht hat.“

„Eine ausgezeichnete Idee!“, meinte Emily, „so viel wie sie geredet hat, erfährst du bestimmt alles Nötige, ohne selbst viel preisgeben zu müssen.“

Rylee sah sich um und erspähte den Kater in der Nähe der Eingangstür. Sie nickte ihm zu, steckte noch etwas Geld ein und lief zum Gartentor.

Polly wohnte am Eingang des Dorfes, in dessen Nähe Rylees Haus lag. Kaum hatte Rylee geklopft, wurde die Tür aufgerissen. „Du bist es. Komm herein! Wie war der Kuchen? Kann ich dir etwas anbieten? Was magst du trinken?“

Rylee hatte zwar den Mund geöffnet, kam aber nicht dazu, etwas zu sagen.

Polly lachte fröhlich auf. „Entschuldige, ich rede immer zu viel. Aber jetzt bist du dran.“

Rylee musste sich zunächst räuspern. „Der Kuchen war fantastisch. Vielen Dank! Ich wollte den Teller zurückbringen.“

Polly nahm ihn und stellte ihn achtlos beiseite. „Selbstgemachte Limonade?“

Rylee nickte. „Gerne, es ist schon ziemlich heiß draußen.“ Sie sah zu, wie Polly zwei Gläser randvoll schenkte. In der Limonade schwammen grüne Blätter.

„Ich habe noch nie Limonade gemacht“, bemerkte sie mit einer Mischung aus Skepsis und Bedauern.

Polly schien wenig überrascht. „Du kommst aus der Stadt, oder? Wie hat es dich hierher verschlagen?“

Rylee nahm ihr Glas und nippte, um die Antwort hinauszuzögern. „Hm, schmeckt gut.“

Als Polly sie weiter abwartend ansah, sprach sie weiter. „Das Haus hat früher meinen Eltern gehört. Ich bin bei Pflegeeltern aufgewachsen. Erst an meinem achtzehnten Geburtstag habe ich vom Nachlassverwalter erfahren, dass ich eine Erbin bin. Ich versuche, wieder ein Hotel daraus zu machen.“

Polly nickte enthusiastisch. „Klasse Idee! Hier in der Gegend ist einfach nichts los. Mit einem gutgehenden Hotel ändert sich das bestimmt!“

Rylee war überzeugt, dass ihre Gäste die Gegend kaum in dem Sinn, den Polly meinte, beleben würden. Deshalb nickte sie nur unbestimmt. „Ich bin leider noch von allem abgeschnitten. Der einzig vorhandene PC ist defekt, einen Internetanschluss gibt es sowieso nicht und erst seit heute geht das Telefon.“

Polly verzog das Gesicht. „Du brauchst gar nicht weiter zu reden. Handyempfang kann man hier und im Umkreis von zehn Kilometern vergessen. Du kannst gerne meinen PC benutzen. Auf schnelles Internet brauchst du aber nicht zu hoffen.“

Rylee zögerte. „Ich müsste ein paar Dinge bestellen. Aber das dauert etwas. Wo gibt’s denn in der Gegend einen größeren Laden?“

„Du meinst größer als unser Tante Emma Laden? Der nächste ist etwa dreißig Kilometer entfernt. Im Osten liegt militärisches Gelände. In die andere Richtung sind es zwanzig Kilometer zum nächsten nur unwesentlich größeren Ort. Wer sollte hier einen Laden aufmachen? Wir bestellen alles übers Internet – notgedrungen.“

Rylee schüttelte den Kopf. „Wenn man aus der Großstadt kommt, ist das echt schwer vorstellbar. Womit verbringst du hier deine Zeit?“

„Was ich arbeite, meinst du? Ich bin Arzthelferin. Zum Glück haben wir einen Dorfarzt. Komm, ich zeige dir, wo der PC steht.“

Eine Stunde später verließ Rylee Pollys Haus und machte sich auf den Heimweg, in der Hand eine Tüte mit selbstgebackenen Plätzchen. Schon von weitem sah sie vor dem Gartentor eine merkwürdige Gestalt stehen. Beim Näherkommen entpuppte sie sich als großer breitschultriger Mann, der sich langsam im Kreis drehte. Kopf und Schultern waren mit einem Umhang aus Fell bedeckt, was ihn aus der Entfernung so fremd hatte aussehen lassen.

Als Rylee fast vor ihm stand, drehte er sich vollends zu ihr herum und sah ihr forschend in die Augen. Dann lächelte er und Rylees Herz machte einen Satz.

Er streckte die Hand aus. „Ich bin Stephan und würde gerne die Dienste des Hauses und seiner Hüterin für ein paar Tage in Anspruch nehmen. Ihr seid doch die Hüterin?“

Rylee musste sich zweimal räuspern, bis ihre Stimme funktionierte. „Die bin ich. Ich muss Ihnen zunächst erklären, dass ich erst kürzlich eingezogen bin. Das Haus ist noch in einem recht schlechten Zustand und ich ...“ Sie suchte nach Worten.

Der Fremde sprang ein. „Ihr habt noch keine echte Verbindung? Vielleicht kann ich euch behilflich sein. Wenn Ihr auf mangelnden Komfort hinweisen wolltet: ich lege keinen Wert darauf. Ich werde die Gesetze des Hauses achten.“

Rylee nickte ergeben und öffnete mit der freien Hand das Gartentor. Gemeinsam gingen sie über die holprigen Steinplatten zur Eingangstür. Rylee öffnete auch sie. „Habt ihr kein Gepäck?“, fragte sie über die Schulter.

Stephan trug nur ein Bündel mit sich. Er lächelte wieder sein besonderes Lächeln. „Ich brauche nicht viel.“

„Nun“, sie sah sich hilflos in der Eingangshalle um. „Das erste Zimmer oben rechts ist frei.“

Er nickte und hob mit beiden Händen die Fellkapuze vom Kopf. Kurze graumelierte Haare kamen zum Vorschein. Mit einem kurzen Dank wandte er sich zur Treppe und ging nach oben. Rylee sah ihm nach und stellte fest, dass sie der erste Eindruck getäuscht hatte. Die vorne kurz geschnittenen Haare gingen hinten in einen geflochtenen Zopf über, der auf halber Höhe des Rückens endete. Sie atmete tief ein, dann drehte sie sich um und brachte die Plätzchen in die Küche.

Eine Viertelstunde später kam Emily herein und fragte aufgeräumt: „Haben wir einen neuen Gast?“

Rylee, die gerade mit der altertümlichen Kaffeemaschine zugange war, fuhr erschrocken herum.

„Ja, und ich weiß weder was er isst noch was er ist.

Entschuldigen Sie bitte das schlechte Wortspiel.“

Emily lachte. „Ich finde es lustig. Du wirst es schon herausfinden.“

„Aber wie soll ich denn etwas zum Essen vorbereiten? Oder noch einkaufen, falls wir nichts da haben, was er mag?“

„Sah er verhungert aus?“, fragte Emily seufzend. „Wenn nicht, wird es nicht so eilig sein.“

Rylee bekam einen abwesenden Blick. „Verhungert. Im Gegenteil.“

„Er ist also dick?“, bemerkte die alte Dame schmunzelnd.

Rylee wurde rot. „Nein, muskulös. Zumindest, soweit ich es sehen konnte. Er trug einen Fellumhang.“

Emily machte augenblicklich ein besorgtes Gesicht. „Einen Fellumhang? Waren irgendwelche Abzeichen darauf?“ Gespannt beugte sie sich vor.

„Abzeichen?“ Rylee dachte nach. „Ich glaube nicht, er sah einfach aus wie ... Fell. Also, als hätte er ein Fell umgehängt.“

„Bär“, kam eine Stimme von der Tür her, die beide Frauen herumfahren ließ. Stephan kam herein geschlendert. Er hatte sich umgezogen und trug helle Leinenhosen, ein weißes hochgeknöpftes Hemd und Leder-Flipflops.

Er verbeugte sich vor Emily. „Miaman.“

Emily hob abwehrend die Hand. „Nur Emily bitte. Ich bin froh, dass Ihr kein Mitglied der Ständigen Garde seid. Sie sind doch etwas, wie soll ich sagen, schwierig.“

Rylee runzelte die Stirn. Das war sie wieder, die Anrede, die schon Rick der Werwolf verwendet hatte. Miaman. Was sollte das sein? Ein Name? Ein Titel? Noch einmal schwor sie sich, mehr über Emily und ihren Heimatplaneten herauszufinden.

Erst verspätet fiel ihr auf, dass Emily wohl etwas zu ihr gesagt hatte. „Wie bitte?“

Emily schüttelte nachsichtig den Kopf. „Ich habe schon zweimal gefragt, was du zum Abendessen machen willst. Du kannst Stephan ja jetzt fragen, was er möchte.“

Stephan kam ihr zuvor. „Ich bin ein anspruchsloser Esser, macht euch keine Umstände.“

Rylee ging im Kopf den Inhalt ihres Kühlschrankes durch. „Ein Steak mit Ofenkartoffel und einem Salat?“, schlug sie vor.

Er lächelte. „Eines meiner Lieblingsessen. Ist es in Ordnung, wenn ich mich etwas umschaue? Ich würde auch gerne meditieren.“

„Natürlich“, antwortete Rylee schnell, „braucht Ihr einen ruhigen Ort? Ein Extra-Zimmer?“

Stephan war schon an die Tür zum Garten getreten. „Ich werde wissen, wenn ich den geeigneten Ort finde. Am liebsten bin ich im Freien.“

Er öffnete die Tür und verschwand im Garten. Emily rieb sich das Kinn. „Ich vermute, er ist ein Schamane.“

„Ein Schamane? Soll ich in den Büchern nachschauen?“

„Ich bezweifle, dass du viel erfahren wirst. Schamanen gibt es unter allen Rassen. Sie stehen in Verbindung mit den Geistern und setzen ihre Kräfte üblicherweise nur zum Positiven ein. Du wirst sicher keine Schwierigkeiten mit ihm haben.“

„Gut, dann mache ich jetzt das Essen. Könnten Sie vielleicht die Salatsauce machen? Bei mir schmeckt sie immer wie Essig.“

Als die Steaks neben der Pfanne auf ihren Einsatz warteten und die Dämmerung langsam herabsank, ging Rylee in den Garten, um Stephan zu suchen. Sie fand ihn hinter dem Haus auf einer winzigen Lichtung zwischen den wild wachsenden Büschen. Er saß im Schneidersitz auf dem Boden, den Rücken ihr zugewandt. Das Hemd hatte er ausgezogen. Rylee blieb stehen und schlug eine Hand vor den Mund. Der gesamte Rücken des Mannes war mit einer bunten Tätowierung bedeckt. Nur unklar erkannte sie Tierköpfe und eine menschliche Gestalt. Der Zopf hing darüber und verdeckte einen Teil.

Leise wollte sie sich zurückziehen.

„Soll ich zum Essen kommen?“, fragte er, ohne sich umzudrehen.

„Ich wollte nicht stören. Wir können auch noch warten.“

Geschmeidig erhob er sich und drehte sich dabei um, bis er sie ansah. Rylee ertappte sich dabei, wie sie den Blick nach unten wandern ließ. Sein Bauch war flach und muskulös. Sie schluckte und blickte schnell in sein Gesicht. Sein Lächeln zeigte, dass ihm ihre Reaktion nicht entgangen war. Er bückte sich und hob sein Hemd auf. Dann trat er zu ihr. „Ich habe Hunger.“ Im Gehen zog er zu Rylees Erleichterung sein Hemd über.

Sie ließ ihn auf der Veranda Platz nehmen. „Möchten Sie ein Wasser? Oder etwas anderes?“

„Haben Sie ein Bier?“

„Oh natürlich.“ Sie bediente ihn, dann brieten sie und Emily die Steaks und trugen sie hinaus.

Beim Essen sprachen sie kaum. Erst, als sie fertig waren, nippte Emily an ihrem Glas Wein und fragte. „Ich vermute, Ihr seid ein Schamane?“

Er nickte. „Ich glaube, mittlerweile kann ich mich so nennen.“

„Eure Reise ist fertig?“

Er schenkte ihr ein Lächeln, das Rylee inzwischen nur zu gut kannte und fürchtete. „Die Reise eines Schamanen ist nie zu Ende, wir Ihr wisst. Meine erste große Reise jedoch ist beendet und ich bin auf der Suche nach einem Ruheplatz.“

„Wie lange waren Sie unterwegs?“, fragte Rylee neugierig.

„Sechs Jahre“, erklärte er bereitwillig. „Die letzten drei alleine, die ersten mit einem älteren Schamanen, der mich als Schüler angenommen hat.“

Rylee spielte verlegen mit ihrer Serviette. „Ich weiß nichts über Schamanen. Würden Sie ... oder möchten Sie nicht darüber reden? Ich möchte Sie natürlich nicht ausfragen.“

Stephan nahm genüsslich einen Schluck Bier. „Schamanen sind in der Lage, durch ekstatische Bewusstseinszustände Kontakt mit Geistern, Kräften der Natur oder transzendenten Energien herzustellen. Das ist eine vereinfachte Zusammenfassung, trifft aber das Wesentliche.“

Rylee fühlte sich nur unwesentlich schlauer als vorher. „Und wo lebt diese Schamanenrasse? Also von welchem Planeten kommen Sie?“