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Doc Esser - der "junge Wilde" unter den TV-Ärzten - erklärt das populäre Thema Ernährungsmedizin endlich so, dass es wirklich jeder versteht. In seiner typisch lockeren Art erläutert er - ausgehend von den Zellen, den kleinsten und doch wichtigsten Einheiten unseres Körpers - was gesunde Ernährung für uns alles tun kann. Dabei entlarvt er so manches trendige Superfood als Superbetrug und zeigt auch, warum man lieber öfter mal auf das eigene Bauchgefühl als auf dogmatische Ernährungsexperten vertrauen sollte. Getreu dem Motto "Gesund gestorben ist trotzdem tot" plädiert er für einen entspannten Umgang mit der Ernährung. Und dass gesundes Essen auch wirklich Spaß machen kann, zeigen die 40 leckeren Rezepte, die diesen nicht ganz alltäglichen Ratgeber abrunden!
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Seitenzahl: 199
Veröffentlichungsjahr: 2021
© eBook: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München
© Printausgabe: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München
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Projektleitung: Nadine Widl
Lektorat: Dr. Stefanie Gronau
Bildredaktion: Nele Schneidewind
Covergestaltung: Marta Olesniewicz/Sabine Skrobek, ki36, München
eBook-Herstellung: Linda Wiederrecht
ISBN 978-3-8338-8110-7
1. Auflage 2021
Bildnachweis
Coverabbildung: GU/Stephanie Wolff
Fotos: GU/Stephanie Wolff; Adobe Stock; Fotolia; iStock; GU Archiv
Syndication: www.seasons.agency
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Die Gedanken, Methoden und Anregungen in diesem Buch stellen die Meinung bzw. Erfahrung des Verfassers dar. Sie wurden vom Autor nach bestem Wissen erstellt und mit größtmöglicher Sorgfalt geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für persönlichen kompetenten medizinischen Rat. Jede Leserin, jeder Leser ist für das eigene Tun und Lassen auch weiterhin selbst verantwortlich. Weder Autor noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.
INTRO
Mann, was haben Sie für ein Glück: Sie halten nämlich mit diesem Buch die einzig wahre, für alle gültige, allumfassende und für ein langes, gesundes, vitales Leben nötige Doc-Esser-Ernährungsmethode in den Händen. Stimmt nicht!
Glauben Sie wirklich, dass es die eine Ernährung gibt? Glauben Sie wirklich, dass es die Nahrungsmittel und die Rezepte gibt, die allen schmecken und die dafür stehen, dass Sie mit genügend Political Correctness und Nachhaltigkeit die usselige Verwandtschaft mal wieder zu einem Essen einladen können, das zudem magenschonend, leberentgiftend, abführend ist (ein wichtiges Thema für alle ab 50), das Immunsystem stärkt und im günstigsten Fall auch noch die Bikinifigur für den kommenden Sommer fördert? Glauben Sie das wirklich?
Wer was wann, wo, wie und wie viel isst, hängt von vielen Faktoren ab, die individuell unterschiedlich verteilt sind und unterschiedlich großen Einfluss auf unser Leben haben.
Fangen wir mal mit den Religionen an: In nahezu jeder Religion (man verzeih mir, aber ich bin kein Theologe und kenne somit nicht alles) gibt es Vorgaben, wann und wie Speisen zubereitet werden sollten und worauf man besser verzichtet. So hat jede Religion ihre Fastenzeit. Von unseren muslimischen Freunden kennen wir das Zuckerfest (Eid-al Fitr), welches sich an den Fastenmonat Ramadan anschließt, bei uns sind es die 40 Tage nach Aschermittwoch bis zur Osternacht, in denen wir Verzicht üben sollten. Bei den Juden ist der Versöhnungstag Jom Kippur ein Fastentag. Easy, denken Sie – von wegen! Dafür gibt es bei den Juden die sogenannte Kaschrut, die wiederum in der Tora steht. Das sind Speisegesetze, die zum einen festlegen, was Sie kochen dürfen und was Sie besser weglassen (Schweine beispielsweise, da sie als unrein gelten), aber auch Kombinationen von Lebensmitteln sind verpönt und sollten nicht zusammen gekocht und verzehrt werden. Mittlerweile ist das sogar in der Ernährungswissenschaft angekommen: Es kommt auf die Kombination an und nicht auf die Einzelsubstanz – food synergy!
Interessanterweise haben viele Religionen den gleichen Grundgedanken: »Schade anderen so wenig wie möglich durch deine Nahrung und verschwende sie nicht.« Der Hinduismus ist meiner Meinung nach absoluter Vorreiter, da hier die Prämisse gilt: »Iss nur so viel wie nötig und lass Lebensmittel niemals vergammeln.«
Im Vergleich dazu sind wir im Christentum ziemlich lax. Hier ist alles erlaubt zu konsumieren, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, es gibt keinen Nahrungsmittelindex, nur freitags ist statt Fleisch Fisch angesagt. Damit soll der Kreuzigung Jesu an einem Freitag Tribut gezollt werden. Fisch und Meerestiere zählen dabei nicht als Fleisch. Und so war es auch bei uns zu Hause: freitags Fisch, samstags Eintopf, sonntags der Braten.
Für viele von uns hier in Deutschland spielen Religionen eh nur eine untergeordnete Rolle und haben hinsichtlich Nahrungszubereitung und -aufnahme kaum noch etwas zu sagen.
Dafür haben sich aber Ernährungs- und Lebensweisen entwickelt, die gar nicht so weit von religiösen Ideen entfernt sind, von ihren Anhängern dogmatisch gelebt werden und oft schon ideologischer Natur sind. Dabei ist der Grundsatz absolut lobenswert! Worüber rede ich? Natürlich über Vegetarierer und Veganer.
Die vegetarische Ernährung, also der Verzicht auf Produkte, die aus getöteten Tieren gewonnen werden, entwickelte sich übrigens aus der christlichen Askese und erlangte bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine größere Popularität durch den Prediger Sylvester Graham. Nahezu zeitgleich ging der Arzt und Lebensreformer William A. Alcott noch einen Schritt weiter und empfahl, komplett auf Tierprodukte zu verzichten – quasi der erste Veganer.
Info
Ich kam Ende der 80er beziehungsweise Anfang der 90er erstmals mit Veganern in Kontakt, und zwar im Rahmen der Straight-Edge-Bewegung, einer Lebensweise, die sich aus dem Punkrock entwickelte, jedoch das Destruktive und Selbstzerstörerische der Punker ablehnt und stattdessen das Leben zu schätzen weiß. Klarheit im Kopf, Monogamie, Nachhaltigkeit und der Respekt vor anderen Lebewesen wird zum höchsten Gut erklärt. Im Prinzip eine musikalisch vorgetragene ärztliche Empfehlung zur gesunden Lebensführung – wenn man die Mädels und Jungs der Szene sieht, dann scheinen die einiges richtig zu machen. Zumindest wirkt der größte Teil sehr gesund und fidel!
Ich mag es, wenn es Menschen gibt, die sich Gedanken darüber machen, was sie täglich an kulinarischen »Kostbarkeiten« konsumieren. Wir nehmen vieles als gegeben hin und zahlreiche Kinder wissen oft bis ins Grundschulalter nicht, dass es den »Chicken-McNuggets-Baum« gar nicht gibt, ihnen ist nicht klar, dass dafür ein Lebewesen sein Leben gibt. Ich bin zudem ein Verfechter der Ansicht, dass man Kinder frühzeitig an die Erzeugung von Lebensmitteln heranführt, und dazu gehört auch das Schlachten eines Tieres.
Nicht zuletzt frage ich mich jeden Tag, inwiefern eine Packung Wurstaufschnitt nur wenige Cent kosten kann. Abgesehen davon, dass jedem Tier eine lebenswerte Aufzucht gewährleistet sein sollte und dass wir ein Tier mit Demut und Respekt schlachten und verwerten müssen, trägt die Massentierhaltung, durch unseren maßlosen Fleischkonsum gefördert, zu einem nicht unbeträchtlichen Anteil zum Treibhauseffekt bei – nämlich fast 20 %. Auch die Haltung von Freilandtieren hat ihre Nachteile: 12 % der weltweiten Rodung, also der Vernichtung von Wäldern (die wir übrigens dringend benötigen, da wir sonst bei steigenden CO2-Werten auf Kiemenatmung umsteigen sollten), ist auf die Schaffung von Weiden für frei laufende Nutztiere zurückzuführen.
Mit Fischen ist das gleichfalls so eine Sache. Viele sind mit Schwermetallen belastet oder man bekommt bei dem Genuss von Fisch noch eine Extraportion Kunststoff umsonst dazu, da Menschen ja die letzten Schweine sind, was Recycling angeht, und lieber alles ins Meer verklappen.
Und dann ist zu viel Fleisch ja auch alles andere als gesundheitsfördernd. Obwohl ich ein überzeugter Fleischfresser war und auch nicht komplett dem Fleischgenuss abgeschworen habe, sogar einmal im Monat im Brauhaus meines Vertrauens den Metthaben (natürlich mit Pfeffer, Salz und frischen Zwiebeln) zelebriere, halte ich mich an den restlichen Tagen mit dem Fleischkonsum extrem zurück. Nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern auch aus gesundheitlichen – dazu später mehr.
»Wer ist man, wenn man was isst?« Eine Frage, für die man täglich einmal Gehirngrütze verschwenden sollte. Man tut sich und seinem Körper was Gutes und anderen Menschen übrigens auch. Ich habe bis heute nicht verstanden, warum manche Zeitgenossen im Winter dringend frische Erdbeeren für ihr Wohlbefinden brauchen. Also wegen Vitaminen kann es nicht sein, da diese in den importierten Beeren nicht mehr zu finden sind. Abgesehen davon, dass man die Bauern in unserem Land unterstützt, indem man auf regionale und saisonale Lebensmittel zurückgreift, reduziert man zugleich seinen CO2-Fußabdruck, der eh schon paar Nummern zu groß ist, da es einen dramatischen Unterschied macht, ob mein Leinsamen mit dem Trecker aus dem Vorort um die Ecke kommt oder der Chia-Samen mit dem Schiff aus China.
Von daher bin ich ein großer Fan von Menschen, die sich für eine gesunde nachhaltige Ernährung einsetzen, bin aber an der Stelle raus, wenn diese vorgeben, dass ihr Weg der einzig wahre ist. Ernährung basiert auf so vielen individuellen Vorgaben und Vorlieben, sie hat was damit zu tun, wie man aufgewachsen ist, wo man lebt und liebt. Und natürlich existieren auch Motivationen, bestimmten Ernährungsweisen nachzugehen, wenn man gesundheitlich nicht mehr so ganz auf der Höhe ist.
Neben religiösen oder nahezu religiösen Gründen gibt es natürlich auch krankheitsbedingte Einschränkungen der Nahrungsaufnahme.
Ein Klassiker ist beispielsweise der Diabetes mellitus Typ 2, früher auch Alterszucker genannt. Ich erinnere mich noch bis heute an die furchtbare Diabetikerschokolade meines Opas, die zu keinem Zeitpunkt des Kauens einen guten Geschmack im Mund hinterließ. Diabetes ist heute keine Erkrankung der Älteren mehr, sondern hat durchaus Einzug bei den 30- bis 40-Jährigen gefunden, da viele sich schon in jungen Jahren saumäßig schlecht ernähren. Diese Erkrankung führt bestenfalls zu einer kohlenhydratarmen Ernährung, damit die Bauchspeicheldrüse nicht dauernd Insulin ausschütten muss, was die entstandene Insulinresistenz noch zusätzlich verstärkt.
Reflux gehört ebenfalls zu den Erkrankungen, die eine Ernährungsumstellung erfordern. Hier im Westen sagt man zum Aufstoßen oder Sodbrennen nach einer opulenten Speise auch »Pfötchen geben«. Ab und zu nicht schlimm. Aber bei täglichem oder auch nächtlichem Besuch der Magensäure in Regionen, in denen sie nichts zu suchen hat (Speiseröhre, Rachen und auch Lungen), und den damit verbundenen brennenden Schmerzen führt Reflux teilweise zu dramatischen Einschränkungen, was die Auswahl der Lebensmittel und damit auch die Lebensqualität angeht.
Omega-6-Fettsäuren (hauptsächlich aus Nuss- und Pflanzenölen) stehen im Verdacht, ein Asthma bronchiale verstärken zu können, während Omega-3-Fettsäuren als entzündungshemmend gelten und so bei der Behandlung von Asthma von Vorteil sein könnten. Vor allem die Kinder werdender Mütter profitieren davon, wenn die Mama weniger Omega-6- und dafür mehr Omega-3-Fettsäuren zu sich nimmt. Und wo wir gerade bei Schwangeren sind: Auch ein erhöhter Zuckerkonsum der Mutter scheint das Risiko für Allergien und Asthma beim Kind deutlich zu erhöhen. Eine Low-Carb-Ernährung bringt dagegen etwas für übergewichtige Asthmakranke: Durch die Gewichtsreduktion kommt es zu einer Verbesserung der Lungenkraft – abgesehen von vielen anderen gesundheitlichen Vorteilen also noch ein zusätzlicher Motivator für das Erreichen eines gesunden, angemessenen Wohlfühlgewichts.
Darmerkrankungen (im wahrsten Sinne des Wortes »für den Arsch«) führen ebenfalls dazu, dass die betroffenen Patienten sich nur sehr eingeschränkt ernähren. Und damit meine ich nicht nur chronische Erkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn, sondern auch den Reizdarm, ein Problem, das inzwischen viele Menschen betrifft.
Und dann mal ehrlich: Wir essen doch alle aus gesundheitlichem Aspekt. Nicht, weil uns Erkrankungen einschränken, sondern weil wir durch Verzicht oder vermehrten Konsum spezieller Lebensmittel oder durch die geschickte Kombination bestimmter Lebensmittel Krankheit und Alterung verhindern wollen. Und so wird nahezu jedes Jahr »eine Sau durchs Dorf gejagt«, sprich, wir hecheln wieder mal einem angesagten Ernährungstrend mit lechzender Zunge hinterher, da er ewige Jugend und Vitalität bis ins hohe Alter verspricht und natürlich ganz einfach und ohne jede Mühe umsetzbar ist.
Man darf sich wundern, dass es die Menschheit überhaupt bis ins 21. Jahrhundert geschafft hat, da es sich doch mit dem Grundlegendsten, nämlich der Energiebereitstellung durch die Nahrungsaufnahme, so unglaublich schwierig gestaltet.
»Gesund gestorben ist trotzdem tot«: Dieser Satz geht mir immer wieder durch den Kopf, wenn ich so den einen oder anderen Zeitgenossen beobachte, der sein Leben damit verbringt, der vermeintlich gesunden Lebensführung zu frönen und dabei das Leben komplett verlernt.
Es scheint eigentlich nur noch zwei Arten von Spezies in unserer Wohlstandsgesellschaft zu geben:
Maßlose »Genießer«: Die, die sich einen Sch…dreck um ihre Gesundheit kümmern, ein (kurzes) Leben lang leben wie Sau und dann mit Erschrecken feststellen, dass viele Dinge, die man so in Gang gebracht hat (in diesem Fall körperlicher Verfall und die sogenannten Wohlstandserkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht), nicht mehr umkehrbar sind, weshalb man deutlich früher ins Gras beißt, als man rein statistisch eigentlich müsste. Durch Rauchen, Saufen, Übergewicht und Bewegungsmangel schafft man es spielend, seine gute Lebenserwartung um zehn Jahre zu reduzieren. Statt stattlicher 82 Jahre sieht Frau schon mit 72 Jahren die Radieschen von unten, bei uns Männern kommt der Sensenmann sogar mit Ende 60 – kaum Zeit, die Rentenkasse ordentlich zu plündern. Und das sind Durchschnittswerte! Sprich, der ein oder andere tritt noch viel früher ab – und das, obwohl man sagt, dass 60 Jahre die neuen 40 sind. Live fast – die young. Dieses Statement, anno dazumal für Rebellen und Rockstars reserviert, gilt heute für die Masse.
»Gesundheitsapostel«: Auf der anderen Seite existieren die Körperhörigen, die Checker und Selbstvermesser, die täglich bis zum Exzess Sporttreibenden, die Genussverbieter und fanatischen Gesundheitspropheten, die jeden schräg anschauen, der nicht jeden Tag mindestens 25000 Schritte (natürlich in Barfußschuhen oder am besten wirklich barfuß) absolviert und ansonsten mit dem Lastenfahrrad ökologisch nachhaltig unterwegs ist, während das Elektroauto nur benutzt wird, um dem Nachbarn mit seinem Diesel schön eine ökologisch abbaubare Ohrfeige zu versetzen. Unter diesen Ökofaschisten verbreiten sich Ernährungstrends schneller als Fußpilz in einer Männer-WG (und ich kann Ihnen sagen: das geht da ratzfatz). Ob Vegetarier, Veganer, Fruktarier, ob basische Ernährung, 16/8, 5/2 oder Paläo – hier findet man alles, was das kulinarische Herz nicht erfreut! Diese Spezies ist genauso maßlos wie die erstere, nur dass hier mit dem scheinbar gesunden Lifestyle übertrieben und weit über das Ziel hinaus Körperoptimierung betrieben wird. Mit allen Mitteln versucht man, den Alterungsprozess zu verhindern, um mit 103 Jahren noch der übrig gebliebenen Verwandtschaft gehörig auf den Keks zu gehen. Und nachdem diese Selbstkasteiung ja dann dennoch mit maximal 114 Jahren (älter wird rein zellteilungstechnisch kein Mensch – die Erklärung folgt später) in der Kiste endet, sehe ich jetzt schon das hämische Grinsen der Hinterbliebenen, die sich beim Beerdigungskaffee mit vollen Backen zurufen: »Gesund gestorben ist trotzdem tot.« Und da haben sie absolut recht, denn das hat leider überhaupt nix mit glücklichem und erfülltem Leben zu tun.
Aus meiner Sicht gehen wir mittlerweile viel zu kleinteilig an Nahrungsmittel ran. Wir kennen von jedem Stück Fleisch, jedem Gramm Obst oder Gemüse, jedem Getränk seine exakte Zusammensetzung aus Fetten, Kohlenhydraten, Eiweißen, Mineralien und Vitaminen, genauso natürlich die Kilokalorien pro Portion. Ausgehend von diesen Werten versuchen wir dann über Überproportionierung des einen und Weglassen des anderen Körperziele zu erreichen, die aber fast immer nur symptomorientiert sind.
Wer abnehmen will, meidet in den meisten Fällen fettreiches Essen, da sich so viele Kilokalorien reduzieren lassen – die negative Kalorienbilanz soll ja abends auf unserer »Uhr« stehen. Viele Diäten zielen allein auf diesen Effekt, der natürlich zweifelsohne funktioniert, meist jedoch nur von kurzem Erfolg gekrönt ist, da es zum berüchtigten Jo-Jo-Effekt kommt, sobald man wieder eine normale Energiezufuhr betreibt. Fett macht nicht zwangsläufig fett und Fett macht für sich genommen auch nicht krank! Diese beiden Aussagen kann man nicht oft genug wiederholen.
Die wahnsinnige Angst vor Fetten ist einer vor knapp 60 Jahren ins Leben gerufenen Studie zu verdanken, deren Ziel es war, die Unbedenklichkeit von Zucker- und Kohlenhydratkonsum aufzuzeigen und das Krankmachende der Fette mit Blick auf Arteriosklerose und Herzinfarkt hervorzuheben. Obwohl sich die Ergebnisse damals ausschließlich auf gesättigte Fette bezogen, wurden alle Fette in die Lebensmittelhölle verbannt. Ein großer Fehler, wie wir mittlerweile eingesehen haben. Sie wissen selbst, wie gesund ein Großteil der ungesättigten Fettsäuren sind und dass diese uns nicht dick machen, sondern satt – es sind nämlich wichtige Energielieferanten und Geschmacksträger.
Und was die gesättigten Fettsäuren angeht: Die Mär von der ungesunden gesättigten Fettsäure ist längst widerlegt. Wer regelmäßig gesättigte Fettsäuren aus Milch, Fleisch oder sogar Kokosfett konsumiert, muss keine Sorgen haben, deshalb vorzeitig ins Gras zu beißen. Die Angst, so das Risiko für alle möglichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu steigern, ist aus heutiger Sicht unbegründet.
Für eine meiner »Doc Esser – Der Gesundheitscheck«-Sendungen unternahmen wir folgendes Experiment: Ein Mittfünfziger sollte seine sehr kohlenhydratlastige, da weizenreiche Ernährung umstellen auf wenig Kohlenhydrate und dafür reichlich Fett. Bis dato ernährte sich der Kollege von selbst geschmierten Stullen (Weißmehl) und abends ordentlich Pasta. Trotz normaler Portionen war er im Laufe der Jahre etwas aus seiner optimalen Figur geglitten. Nun durfte er fetten Fisch essen, Avocados, Nüsse, Fleisch und griechischen Joghurt. Den ersten Einkauf für sein neues Leben erledigte ich zusammen mit meinem Freund, Professor Stephan Martin, einem der steten Prediger einer fettreichen, aber kohlenhydratarmen Ernährung. Der Einkaufskorb wurde von uns bis zum Bersten mit fettreichen Lebensmitteln gefüllt und dann meinem Protagonisten übergeben. Dieser staunte nicht schlecht und prophezeite uns den kompletten Verlust seiner Bikinifigur nach vier Wochen dieser Ernährungsform, da die zugeführte Energie deutlich über der jetzigen war.
Was soll ich sagen: Nach vier Wochen sahen wir uns wieder und der Kollege kam mit ’ner Hosengröße kleiner zum Set. Ganze 5 kg hatte er verloren – durch eine leckere, sättigende, fettreiche Ernährung. Und sein Prädiabetes, den wir per Zufall nebenbefundlich diagnostiziert hatten, war gänzlich normalen Blutzuckerwerten gewichen.
Damit bestätigten wir im ganz Kleinen, was aktuelle Studien im Großen gezeigt haben: Fettreiche Kost trägt mehr zu einer Normalisierung des Körpergewichts bei und kann Übergewicht besser verhindern als eine erzwungenermaßen fettarme Ernährung.
Kleinteilig ist für mich auch der gänzlich falsche Ansatz, sich Wunder von nur einem Lebensmittel oder einem Mikronährstoff zu erwarten – erst die Kombination von Lebensmitteln macht den Effekt.
Ein junger Mann war bei mir in der Praxis zum Lungencheck. Da ich immer gern schwatze, erzählte er mir, dass er sich aktuell nur von Rindfleisch ernähre, da seine Muckis einfach zu klein seien. Seine Rationale: tierisches Eiweiß – da würden die Muckis dann schon sprießen. Und so hat sich der arme Kerl nur noch mit kiloweise Rindfleisch ernährt, mit dem Resultat, dass seine Muckis vom Volumen weiterhin viel Luft nach oben hatten, er selbst aber immer weniger Luft bekam, da sich sein Asthma unter dieser einseitigen Ernährung deutlich verschlechterte. Natürlich steht Rindfleisch mit einem Eiweißgehalt von 21 g je 100 g Fleisch ziemlich gut da. Aber es geht ja nicht nur um den absoluten Eiweißgehalt, sondern auch darum, wie gut dieses Eiweiß vom Körper verwertet werden kann. Das nennt sich die biologische Wertigkeit. Sie gilt als Maß dafür, wie effizient Nahrungsprotein in körpereigenes Protein umgewandelt werden kann. Als Referenzwert, quasi als Nullpunkt, hat man das Ei definiert und ihm die biologische Wertigkeit von 100 gegeben. Lebensmittel und Kombinationen, die von ihrer Wertigkeit darunter liegen, können nicht so gut aufgenommen werden, solche mit höherer Wertigkeit sind Proteinbomben. Rindfleisch hat eine biologische Wertigkeit von 84, die Kombination mit Kartoffeln liegt aber bei 113. Man nimmt an, dass sich die verschiedenen Aminosäuren, aus denen die Proteine aufgebaut sind, ergänzend addieren. Der Proteinbomber ist die Kombination von Ei und Kartoffeln mit einer biologischen Wertigkeit von 137. Fairerweise muss ich an dieser Stelle aber sagen, dass die biologische Wertigkeit sehr theoretischer Natur ist, es werden nicht alle Aminosäuren durch den Darm aufgenommen. Dennoch zeigen aber die Beispiele, dass es gar nicht so einfach ist, die gesunde Ernährungsformel zu finden.
Ich würde mich freuen, wenn Sie durch die Lektüre dieses Buches wieder das »normale« Essen lernen. Normal bedeutet für mich, dass man auf seinen Körper hört, der einem viel besser klarmacht, was er gerade braucht, als Ihr behandelnder Arzt das jemals könnte.
Babys und Kleinkinder besitzen diese Fähigkeit übrigens noch. Vielleicht haben Sie ja mal von der Methode des »Baby led weaning« gehört? Hier lässt man Kinder ab sechs Monaten »selbst entscheiden«, was sie gerade zum Essen bevorzugen. Statt des üblichen Beikostbreis dürfen sie selbst Nahrungsmittel greifen, in den Mund nehmen und dann entscheiden, ob sie sie essen wollen. Die Methode ist nicht kritikfrei, da die Kinder in ihrer motorischen und kognitiven Entwicklung so weit sein müssen, dass ein gezieltes Greifen und Die-Hand-Mund-zum-Führen gewährleistet ist. Und natürlich haben die Eltern sicherzustellen, dass das Nahrungsangebot ausgewogen ist, da sonst eine Unterversorgung beispielsweise mit Eisen droht. Aber wenn alle Punkte berücksichtigt werden, zeigen einige Studien, dass diese Kinder auch später beim Heranwachsen ein gesünderes und genussvolleres Essverhalten zeigen und deutlich vielseitiger essen. Im Hinblick auf Übergewicht gibt es allerdings unterschiedliche Ergebnisse in den Studien. In einigen wurde ein geringeres Risiko für späteres Übergewicht nachgewiesen, in einer großen neuseeländischen Studie waren die Baby-led-weaning-Kinder später sogar etwas dicker. Optimalerweise probieren Sie ein Hybridmodell mit Brei, Muttermilch und eben »Fingerfood«.
Leider geht aber das instinktive Essen bereits beim Heranwachsen im Teeniealter echt wieder vor die Hunde. So kam das Robert-Koch-Institut in seinen groß angelegten Eskimo-I- und Eskimo-II-Studien zu folgenden aufschlussreichen Ergebnissen:
Jugendliche versuchen ihre Ernährung mit Nahrungsergänzungsmitteln zu optimieren.
Jeder zwanzigste Jugendliche macht dauerhaft Diät.
Vor allem Mädchen sind bereits in jungen Jahren Vegetarier.
Essen Familien gemeinsam, ernähren sich die Kinder gesünder, bleiben normalgewichtig und entwickeln seltener Essstörungen.
Aber was ist denn bitte die optimale Ernährung und Lebensführung? Was ist das gesunde Mittelmaß zwischen Sport und gesunder Ernährung auf der einen Seite, aber Genuss und Leben erleben auf der anderen Seite? Wie viel braucht’s an Nahrungsergänzung? Was ist dran an den Superfoods und wieso hatten unsere Großeltern überhaupt eine Chance, alt zu werden ohne Spirulina, Kurkuma & Co.?
Lernen Sie mit mir, wieder ein wenig auf die Nahrungsmittel zu vertrauen, die »Omma« schon dem Opa regelmäßig auftischte. Lernen Sie die Heilkräfte unserer regionalen Nahrung kennen. Ohne Chichi Chuchu und Pestizide, dafür aber mit Sinn und gesundem Menschenverstand.
Lernen Sie was über Zellgesundheit, Mitochondrien und oxidativen Stress und wie der richtige Speiseplan zu einem gesunden, langen, vitalen, aktiven Leben führt, das dabei auch noch Spaß macht und ganz ohne Selbstaufgabe funktioniert.
Ich möchte Ihnen auf den folgenden Seiten die Angst vor »falschem« Essen oder ungesunden Gerichten nehmen. Ich zeige Ihnen, dass man auch sündigen darf, sogar muss, und dass gesundes Essen alles andere als fade und langweilig ist.
Ich bringe Ihnen bei, wieder auf Ihr Bauchgefühl zu hören (was bei der Nahrungsverwertung ja auch nicht ganz unwichtig ist).
Geschmäcker sind eben verschieden und das ist auch gut so! Legen wir los mit Rock-’n’-Roll-Food!
ZELLGESUNDHEIT
Wissen Sie, warum ich Ginkgos liebe? Zum einen, weil sie toll aussehen, aber auch, weil sie über 1 000 Jahre alt werden können und bis zum Schluss super im Saft stehen. Man nennt sie auch die Grünen Methusalems. Wenn Sie also mal so einem Ginkgo begegnen, dann machen Sie sich bitte bewusst, dass der schon zugesehen hat, wie Ihre Ahnen noch vom Baum abgestiegen sind.