Heliosphere 2265 - Band 19: Hetzjagd (Science Fiction) - Andreas Suchanek - E-Book

Heliosphere 2265 - Band 19: Hetzjagd (Science Fiction) E-Book

Andreas Suchanek

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Beschreibung

Commander Kristen Belflair besichtigt mit einer Gruppe Frischlinge Alzir-12, als das Chaos zuschlägt. Sie erfährt, dass der Anschlag des Ketaria-Bundes das Leben einer ihr nahestehenden Person gekostet hat und sinnt auf Rache. Kirby übernimmt das Kommando über die unfertige JAYDEN CROSS und begibt sich auf eine Hetzjagd durch ein Sonnensystem, das sich unaufhörlich verändert. In der Zukunft begibt sich Captain Jayden Cross mit Cassandra Bennett auf eine Reise in seine Erinnerungen. Gelingt es der orakelhaften Frau, dem Kommandanten seinen Glauben zurückzugeben, bevor das Schiff das Zentrum der Dunkelheit erreicht? Dies ist der neunzehnte Roman aus der Serie "Heliosphere 2265" Am 01. November 2265 übernimmt Captain Jayden Cross das Kommando über die Hyperion. Ausgerüstet mit einem neuartigen Antrieb und dem Besten an Offensiv- und Defensivtechnik, wird die Hyperion an den Brennpunkten der Solaren Union eingesetzt. Heliosphere 2265 erscheint seit November 2012 monatlich als E-Book sowie alle 2 Monate als Taschenbuch. Hinter der Serie stehen Autor Andreas Suchanek (Sternenfaust, Maddrax, Professor Zamorra), Arndt Drechsler (Cover) und Anja Dyck (Innenillustrationen).

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Heliosphere 2265

Band 19

„Hetzjagd“

von Andreas Suchanek

Was bisher geschah

Ende des Jahres 2266 hat Imperator Björn Sjöberg seine Macht als Diktator gefestigt und die Solare Union in ein Schreckensregime verwandelt, das Solare Imperium.

Auf der NOVA-Station kommt es am 8. Mai 2267 endlich zur lang ersehnten Wahl eines Staatsoberhaupts für die neu gegründete Solare Republik. Nur wenige Stunden zuvor entdeckt Isa Jansen, dass Admiral Santana Pendergast vom Ketaria-Bund durch bionische Erweiterungen zu einer unfreiwilligen Spionin und Geisel gemacht wurde. Als der Wahltag anbricht, beginnt ein Rennen gegen die Zeit.

Es stellt sich heraus, dass auch der für tot gehaltene Journalist Jeff Stevenson in Wahrheit zum Bund gehört. Während Santana Pendergast befreit werden kann, dringt der Assassine in die Krankenstation ein und verletzt Doktor Amon Isaak schwer. Der medizinische Computer wird zerstört.

Isa Jansen bleibt keine Wahl. Sie lässt die NOVA-Station evakuieren. Der Assassine wird schließlich gestellt und ausgeschaltet, Santana von der Kontrolltechnik befreit.

Doch der Bund hat ein letztes Ass im Ärmel. Bei der Vereidigung von Jessica Shaw versucht ein Heckenschütze die neu gewählte Präsidentin der Solaren Republik zu töten. Admiral Pendergast wirft sich in die Schussbahn. Sie opfert ihr Leben für das Wohl der Republik.

Gleichzeitig zündet ein Schiff von Imperator Sjöberg die lange vorbereiteteDunkle Welle. Überall im Alzir-System reißen Gravitationsschlünde auf, Raumschiffe werden von den Gewalten zerstört, die Station steht kurz vor der Vernichtung. Hilflos muss Präsidentin Shaw miterleben, wie der Traum von Freiheit und Demokratie zu zerbrechen droht.

Die HYPERION ist unterdessen nach wie vor in der Zukunft des Jahres 2317 auf dem Weg zumDunklen Wanderer.

Die Crew erreicht nach einem langen Flug und etlichen Rückschlägen schließlich das Zielsystem, findet aber nicht den wandernden Planeten,sondern ein bewohntes Sonnensystem vor. Die dort lebenden Aaril öffnen dem Schiff den Zugang zu einer Gravitationssenke, wo sie den Planetoiden einst aus Sicherheitsgründen verbargen. Die letzte Etappe der Reise beginnt.

Prolog

Kurz vor der Vereidigung

Jessica Shaw stand auf der Tribüne, legte die linke Hand auf ein dickes papiergedrucktes Buch, die neue Verfassung, und hob die rechte.

Hinter ihr war die Wand transparent geschaltet worden und bot damit einen Ausblick auf die angrenzenden Landeplattformen der Station sowie das dahinter liegende All. Aus verborgenen Lautsprechern drang leise eine klassische Musikkomposition, die perfekte Untermalung für den feierlichen Augenblick.

Isa schluchzte.

Santana neben ihr lächelte, wie sie es immer tat, wenn Isa, die doch so nah am Wasser gebaut war, ihrer Rührung nachgab.

Diese Frau, dachte Isa.Baut im Alleingang die Rebellen auf, befreit die NOVA-Station und übersteht eine Geiselnahme durch die Assassinen. Aber wenn es darum geht, Gefühle zu zeigen, ist sie ein Hasenfuß.

„Madam President-elect, bitte sprechen Sie nun den vorbereiteten Text“, bat Sam Drake, der als Jurist die Vereidigung überwachte.

Ein Teil der Sicherheitsoffiziere der Station war dem neuen Secret Service zugeteilt worden, der die Präsidentin beschützen sollte. In dieser Funktion waren sie natürlich nur Anfänger, doch in den nächsten Tagen würden eine solide Struktur und die Etablierung von Protokollen den zusammengeschusterten Haufen zu einer Einheit formen. Die Männer und Frauen standen rechts und links der Bühne und beobachteten aufmerksam die Umgebung.

„Ich, Jessica Shaw, schwöre feierlich ...“

Isa unterdrückte das nächste Schluchzen.

„Das ist unmöglich“, stieß Santana hervor.

Für einen Augenblick glaubte Isa, dass die Freundin sich lustig machen wollte und damit meinte, dass es doch kaum möglich war, dass es Isa gelang, ihr Schluchzen zu unterdrücken. Santanas entsetzter Gesichtsausdruck passte allerdings nicht dazu. „Was ist los?“

Santana runzelte die Stirn, drehte sich um.

„... dass ich das Amt der Präsidentin der Solaren Republik getreulich ausführen und die Verfassung ...“

Isa wurde unruhig. Was war nur mit Santana los?

„... nach besten Kräften wahren, schützen und verteidigen werde.“

Um Isa herum wurde geklatscht. Sie hob ihre Hände, um es den anderen gleichzutun, hielt jedoch inne.

Jessica Shaw trat an den Rand des Podestes. Die Offiziere und Vertreter der Presse standen auf, applaudierten lauter. Doch Santana achtete nicht auf die Bühne. Immer noch sah sie sich hektisch um.

„Was ist los?“, fragte Isa erneut, nun drängender.

Santana beugte sich zu ihr, riss sie an den Schultern heran. „Versprich mir, dass du sie zur Erde bringst. Hol das Sol-System zurück. Bring die Menschheit nach Hause.“

„Was ... aber...“

„Versprich es mir. Versprich mir, dass du auf dem ersten Schiff bist, das Terra erreicht. Wir haben es begonnen, also müssen wir es auch beenden. Befreie die Erde.“

„Ich verspreche es“, stieß Isa hervor.

Santana nickte ...

... und rannte auf das Podest zu.

Die Zeit schien sich mit einem Mal in zähflüssigen Sirup zu verwandeln.

Was tut sie da?

Jessica Shaw riss überrascht die Augen auf, als sie erkannte, wer auf sie zugerannt kam. Ihr siegesbewusstes Lächeln entgleiste. Die Sicherheitskräfte wirkten zuerst verwirrt, erkannten Santana dann aber und wussten nicht, was sie tun sollten. Es war immerhin ihre ehemalige Vorgesetzte, die da auf sie zu gerannt kam.

Die Kameradrohnen fokussierten das Aufnahmefeld in Santanas Richtung, das gesamte Alzir-System sah zu.

Jessica Shaw wich zurück.

Mit einem Sprung war Santana auf der Bühne.

„Was ist hier los?“, hauchte Isa leise.

Santana machte einen Ausfallschritt und kickte der Präsidentin die Füße weg.

Jessica Shaw fiel rücklings zu Boden, während Santana sich wieder zu voller Größe aufrichtete.

Ein Schuss krachte.

Isa zuckte zusammen.

Santana lächelte traurig, als akzeptiere sie das Unausweichliche.

Die Kugel traf.

Blut spritzte.

„Oh Gott, nein.“ Isa starrte auf das, was vor ihr geschah, unfähig sich zu rühren.

Im Saal brach Tumult aus, die Pressevertreter schrieen. Ein Teil der Offiziere drängte zum Ausgang, jemand rief nach einem Arzt. Die frisch vereidigte Präsidentin kämpfte sich wieder in die Höhe, das weiße Kostüm voller Blutspritzer.

Priscilla King, die Wahlkampfmanagerin von Shaw, schaute zur transparenten Wand, hinter der in diesem Moment eine neue Sonne aufzugehen schien. Weitere folgten.

Was geschah dort?

Der Boden der Station erbebte. Energieblitze zuckten im All, Schiffe wurden getroffen, vergingen in lautlosen Explosionen.

Isa konnte nur fassungslos auf das Geschehen starren. All der Kampf, all die Mühen waren vergeblich gewesen. Am Ende hatten sie den schlimmsten Anschlag aller Zeiten nicht kommen sehen.

„Es tut mir leid, Santana“, flüsterte sie. „Aber es wird keine Flotte zur Erde aufbrechen.“

Der Boden des Raumes neigte sich zur Seite. Stühle rutschten davon. Offiziere und Pressevertreter, die nicht rechtzeitig den Ausgang erreichten, flogen hinterher. Verstrebungen krachten herab, Schrauben wurden aus der Wand gerissen.

Isa stand da, wie versteinert, konnte keinen Finger rühren. Sie starrte hinaus ins All, wo Aufbauten von der Station wegbrachen und Shuttleschiffe explodierten. Etwas Großes, Dunkles baute sich auf.

Ein letzter Triumph war uns vergönnt.

Überall herrschte Chaos, dort draußen wie hier drinnen.

Isa suchte den Blick der Präsidentin.

Wir haben gekämpft bis zum Schluss.

Es war das Ende eines Traums.

Dann war dieDunkle Welleheran, traf auf die Station und zerschmetterte alle Hoffnung ...

*

Alzir-System, NOVA-Station, 09. Mai 2267, 12:45 Uhr

Die Station erzitterte, als eine Faust aus purer Gravitation auf sie herabfuhr. Für einen Augenblick erlosch das Licht und die Umgebung wurde in undurchdringliche Schwärze getaucht.

Genauso habe ich mir das Armageddon vorgestellt, dachte Isa.

Dann flammten die Leuchtstreifen in den Wänden wieder auf. NOVA existierte noch immer, wie sie erleichtert feststellte. Auch der Weltraum war zu sehen - ebenso die Trümmer, Wracks und Notfallkapseln der zerstörten Schiffe. Für einen Augenblick klammerte sich Isa an die Hoffnung, dass das Schlimmste überstanden war, nur um kurz darauf zu begreifen, dass sie sich schrecklich irrte.

Der Boden neigte sich unaufhörlich weiter, was sie endlich aus ihrer Schockstarre riss. Die Geschehnisse dort draußen nahmen unmittelbaren Einfluss auf die Station.

Isa begann zu rutschen. Erst jetzt setzte ihr Verstand wieder ein, die Taktikerin in ihr kam durch. Nur wenige Meter entfernt begann die Bühne, daneben gab es einen rechteckigen, in den Boden eingesenkten Bereich. Sie hetzte darauf zu.

Dann wurden die Bodenplatten plötzlich zu Wand. Körper wirbelten davon und schlugen irgendwo unter ihr dumpf auf. Vierzig Meter ging es in die Tiefe. Isa sprang mit ausgestreckten Armen nach vorne. Ihre Fingerspitzen berührten den Vorsprung. Sie klammerte sich daran fest, wie eine Ertrinkende.

Sie blickte zur Seite und sah Jessica Shaw, die Präsidentin, die am letzten noch verankerten Element der Tribüne hing.

„Madam President!“, rief Isa. Schwerfällig kletterte sie auf den Vorsprung.

Shaw blickte zu ihr hinab. Ihre Blicke trafen sich.

Dann schossen die letzten Schrauben davon. Das Tribünenstück fiel herab und riss das Staatsoberhaupt der Solaren Republik mit sich in die Tiefe.

Isa handelte instinktiv. Sie griff nach dem abstehenden Ring einer Strom-Zuleitungsplatte und streckte den linken Arm aus. Es gelang ihr, die Präsidentin zu fassen. Aufkeuchend ging sie in die Knie, als das gesamte Gewicht der Frau auf ihrem Arm lastete.

Beinahe wäre sie von dem schmalen Sims herabgerutscht. Shaw reagierte schnell, streckte die rechte Hand aus und reckte sich. Isa atmete auf, als die Präsidentin sich neben ihr auf den Sims zog und ihr dann ebenfalls nach oben half. Sie kauerten nebeneinander und keuchten.

„Danke, Admiral“, sagte die Präsidentin.

„Isa“, erwiderte sie. „Und nichts zu danken.“

„Jessica.“ Die Präsidentin schaute nach unten. „Wo ist Priscilla?“

„Ich habe Miss King aus den Augen verloren.“ Sie versuchte, nicht an den zerschmetterten Körper von Santana zu denken, der jetzt irgendwo dort unten lag. „Mada... Jessica, wir müssen hier raus und zur Kommandobrücke.“

Die Präsidentin schaute in die Höhe. „Wie?“

Eine exzellente Frage.„Sie sind nicht zufällig gut im Free Climbing?“

„Ich mag Ihren Galgenhumor.“

Isa seufzte. Es war kaum anzunehmen, dass in nächster Zeit Hilfe hier ankam. Die Station war nach der Attacke des Ketaria-Bundes evakuiert worden, nur wenig Personal befand sich noch an Bord. Sie wollte gar nicht daran denken, dass dort draußen zahlreiche Schiffe bis an den Rand vollgestopft mit Evakuierten in diesem Chaos umhertrudelten. Möglicherweise hatte die Evakuierung mehr Schaden angerichtet, als sie Nutzen eingebracht hatte.

Genau genommen wusste Isa nicht einmal, was sie tun sollten,fallssie die Kommandobrücke erreichten.

Eines war auf jeden Fall klar: Wenn der Attentäter noch hier war, hatte dieses Chaos ihn hoffentlich ebenfalls überrascht und optimalerweise ausgeschaltet. Eine Flucht würde ihm niemals gelingen.

„Wir müssen es versuchen“, sagte sie.

Die Präsidentin nickte. „Das sehe ich auch so. Wir könnten hier schräg bis zum Rand des Raumes klettern und dann am Vorsprung der Smart-Wall nach oben klettern. Von dort wird es aber schwierig.“

„Nicht, dass wir eine Wahl hätten.“

Gemeinsam machten sie sich auf den Weg.

*

Kurz zuvor

Das ist sie also, die JAYDEN CROSS,dachte Lieutenant Commander Kristen - Kirby - Belflair.

Es tat weh, auf der Kommandobrücke eines Raumschiffes zu stehen, das nachihmbenannt war - Jayden. Sanft strich sie mit den Fingern über die eingefasste Metallplatte, auf der Name und Seriennummer des brandneuen Interlink-Kreuzers eingestanzt waren.

Ich sollte nicht hier sein.

Captain Jackson Brown, ihr vorgesetzter Offizier und Kommandant der TORCH II war eigentlich als Gast eingeplant gewesen. Der Kampf gegen das Schiff der Zukunftsrebellen hatte jedoch für zahlreiche Verletzte und Zerstörungen gesorgt. Der Captain wurde an dieser Front gebraucht.

Somit lag es an Kirby, die Frischlinge der provisorischen Akademie bei der Führung durch den neuesten Interlink-Kreuzer zu führen. Sie vergaß dabei nicht, dass Brown sie auch hatte los sein wollen. Ihre Trauer, der seelische Abgrund, in dem sie dahin triftete, hatte zu einem Problem geführt. Kirby hatte einen Versorgungsantrag falsch ausgefüllt, wodurch die Krankenstation nicht mehr genug Vorräte für den Medikamentenautomaten besessen hatte, als das Gefecht begann.

Er wird mich als Erste Offizierin ablösen lassen,dachte sie.Und vermutlich ist das auch die beste Lösung.

„Das hier ist also die Kommandobrücke des neuen Stolzes der Flotte“, sagte William Porter. Der L.I. von Raumwerft Alzir-12 war ein lustiger Mann Anfang fünfzig mit roter Knollennase und einem Kugelbauch. „Ja, nur keine Scheu. Herein mit euch Welpen.“

Nach und nach tröpfelten die Fähnriche durch die Schottöffnung, machten große Augen, starrten auf die Konsolen und Sitze. Blicke trafen Kirby, wurden jedoch schnell wieder gesenkt.

Einer der Neulinge hatte sie doch tatsächlich gefragt, wie Jayden Cross so als Freund gewesen war. Den Fehler würde er nicht wiederholen.

„Die JAYDEN CROSS ist einer von zwei neuen Interlink-Kreuzern der Liberty-Klasse“, dozierte Porter. „Mit einer Länge von 450 Metern, bei einer Schiffstonnage von 2,6 Millionen Tonnen, sind die neuen Schiffe deutlich massereicher als etwa ein Leichter Kreuzer, liegen aber weit unter einem Dreadnought. Die maximale Geschwindigkeit eines herkömmlichen Raumschiffes beträgt 3300-fache Lichtgeschwindigkeit auf dem 3. Phasenband. Die HYPERION, als Interlink-Kreuzer, konnte eine Geschwindigkeit von 6200-facher Lichtgeschwindigkeit erreichen.“ Er machte eine dramatische Pause, um die Erhabenheit der Situation zu betonen. Kirby merkte, dass sie gegen ihren Willen tatsächlich interessiert war. „Die JAYDEN CROSS kann durch ein besseres Energiezuleitsystem und einen Energiespeicherring mit höherer Kapazität auf eine Geschwindigkeit von 7100-facher Lichtgeschwindigkeit beschleunigen.“

Einige der Frischlinge nickten, so als hätten sie verstanden. Natürlich taten sie das nicht. Kirby wusste es besser. Eine derart hohe Geschwindigkeit mochte bedeuten, dass man einer Kolonie gegen einen Angriff der Eriin-Piraten rechtzeitig zu Hilfe eilen konnte. Ziele waren vor feindlichen Schiffen erreichbar. Der Zugewinn an Geschwindigkeit konnte über Sieg oder Niederlage entscheiden.

„Durch die erste Mission der HYPERION haben wir erfahren, dass sich Fraktal-Strahlung auf die Phasenraum-Module auswirkt. Es ist uns gelungen, Duspanit durch Bestrahlung auf molekularer Ebene zu verändern. Mit dem neuen Stoff – Duspanit CX - wurde ein experimentelles Phasenraumaggregat entwickelt, und hier eingebaut.“

Einer der Fähnriche war Kirby schon zu Beginn aufgefallen. Er trug ein Memo-Pad, machte eifrig Notizen und untersuchte jede Konsole. Der Junge - für Kirby waren das alles noch Jungen und Mädchen, Kinder eben - sog jede technische Erläuterung auf wie ein Schwamm. „Das heißt, dieses Schiff kann sowohl in eine Interlink-Blase gehüllt, als auch im Phasenraum fliegen?“

Der Stations-L.I. schenkte dem Fragenden eine hochgezogene Augenbraue. „Und Sie sind?“

Der Fähnrich nahm Haltung an, was aufgrund seiner schlaksigen Statur irgendwie unpassend wirkte. „Fähnrich Petro de Silva, Sir.“

Porter ließ den Hänfling kurz schmoren - das gehörte einfach dazu -, dann plauderte er weiter, sichtlich stolz auf den Neubau. „In der Tat, das Schiff kann beides. Die Techniker und Ingenieure haben alles an Neurungen hier hineingesteckt, was im letzten Jahr konzipiert worden ist.“

Einige Techniker arbeiteten noch auf der Kommandobrücke. Konsolen waren aufgeschraubt, Kabel hingen aus Öffnungen in der Wandverkleidung und die aktiv geschaltete Holosphäre waberte. Der Kanal war auf Channel 5 geschaltet, der gerade live die Vereidigung von Präsidentin Jessica Shaw übertrug.

Kirby lächelte. Sie ging näher heran, um Santana im Publikum zu suchen. Da, in der ersten Reihe fand sie die Admiralin und Freundin. Endlich stabilisierte sich das Bild. Der Techniker schloss die Verkleidung am Gehäuse der Holosphäre und schaute lächelnd dabei zu, wie Shaw nach ihrer Vereidigung an den Rand der Tribüne trat.

Das ist also unsere neue Präsidentin.

Plötzlich entstand Tumult unter den Anwesenden. Die Aufnahmefelder richteten sich auf Admiral Pendergast, die nach vorne hechtete.

„Was ist da los?“, fragte Porter.

Er trat an ihre Seite. Innerhalb weniger Augenblicke richtete sich die gesamte Aufmerksamkeit der Anwesenden auf die Szene in der Holosphäre.

Santana sprang auf die Bühne, kickte der Präsidentin die Beine weg. Ein Schuss hallte.

Kirby zuckte zusammen.

„Oh mein Gott“, sagte Porter.

Einige der Jungs und Mädchen schrieen auf.

„Madre de dios“, sagte de Silva. Der Fähnrich aus dem portugiesischen Sektor ließ sein Memo-Pad fallen.

Santana!Kirby starrte auf die Holosphäre, unfähig sich zu rühren. Soeben kam Präsidentin Shaw wieder in die Höhe. Ihr weißes Kostüm war blutbesprenkelt, das Gesicht ein Ausdruck des blanken Entsetzens.

Die Sicherheitskräfte stürmten heran, Priscilla King wirkte völlig verwirrt. In der ersten Reihe stand Isa Jansen. Um sie herum kam es zu tumultartigen Szenen. Panik und Chaos griffen um sich, Offiziere sprangen auf. Doch die Admiralin stand einfach da und starrte dorthin, wo Santana lag.

Nein, nein, nein.Kirby wollte den Blick abwenden, aber sie konnte nicht. Santana war tot. Einfach so. In einem Augenblick gegangen.

Plötzlich erzitterte der Boden.

Alle sahen sich erschrocken um.

„Was ist hier los?“, fragte Kirby an Porter gewandt. „Gibt es ein Problem mit den Schwerkraftgeneratoren? Das Schiff sollte ...“

„Es liegt nicht an der JAYDEN CROSS“, sagte er nach einem Blick auf sein Pad.

Mit der Berührung eines Icons aktivierte er die zweite Holosphäre, die ein wenig versetzt neben der ersten stand. Die Außenübertragung zeigte mehrere riesige Energiewirbel, die sich aus dem Nichts bildeten.

„Was ist das?“, hauchte Kirby.

Direkt neben der NOVA-Station explodierte ein Raumschiff und verwandelte sich in einen weiteren Wirbel. Auf einer der Schiffskonsolen blinkte hektisch ein Icon auf.

„Porter an Alzir-12 Control“, sprach der L.I. abgehackt in sein Hand-Com. „Was ist dort draußen los?“

„Wir wissen nicht mehr als du, Will“, antwortete eine weibliche Stimme. „Im System bilden sich Gravitationswirbel. Die ziehen alles in sich hinein, was sich in direkter Nähe befindet und zerstören es. Sie scheinen Energie aus dem Phasenraum zu beziehen. Unsere Spezialisten versuchen das zu klären.“

Kirbys Gedanken überschlugen sich. Die Habitate, die Heimatflotte, die Schürfstationen und die im All stationierten Produktionsstationen - nichts konnte diesen Gewalten auf Dauer standhalten.

Zwischen den Wirbeln entstanden Blitze, verschmolzen zu einem Netzwerk, eine Welle wuchs heran.

Sie konnte es nicht besser beschreiben. Eine riesige Wand, schwärzer als das All, baute sich auf, nahm an Dichte zu.

Sie wollte begreifen was geschah, doch ihre Gedanken verselbständigten sich. Sie dachte an Jayden, an Santana, an Captain Jackson Brown, der mit der TORCH II irgendwo in der Nähe von NOVA-Station unterwegs war. All ihre Freunde und Kollegen waren an Bord des Flaggschiffes, und genau dort hätte sie eigentlich auch sein sollen. An deren Seite. Stattdessen war sie hier.

Was habe ich getan?