HENDRIK, WIR BRAUCHEN WAS NEUES! - Björn Ruland - E-Book

HENDRIK, WIR BRAUCHEN WAS NEUES! E-Book

Björn Ruland

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Beschreibung

„Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“ (Schiller) Damit Sie mit Ihrem Unternehmen auf Kurs bleiben und einer erfolgreichen Zukunft nichts mehr im Wege steht, haben wir dieses Buch für Sie geschrieben. Sichern Sie sich diese praxisnahe Neuerscheinung und starten Sie sofort durch. Das Zitat von Schiller ist wohl aktueller denn je. Egal ob Unternehmer, Freelancer oder Selbstständige, der Fortschritt und die Digitalisierung ist nicht mehr aufzuhalten. Dies fordert auch neue Zeiten des Projektmanagements und der Führung. Unternehmen stehen unter dem immensen Druck, in immer kürzeren Abständen etwas Neues liefern zu müssen. Manche Organisation rufen dafür die umfassende „agile Transformation“ aus und verdonnern sämtliche Teams zur Arbeit mit Scrum. Doch ist das der Weisheit letzter Schluss? Auch der Produktmanager Hendrik Frischat bekommt den Auftrag „was Neues“ zu liefern. Anhand seiner Geschichte wird aufgezeigt, wie Sie mit Design Thinking, Scrum und Kanban den Ruf nach etwas Neuem zunächst in Ideen und Prototypen und schließlich in Produkte und Geschäftsmodelle umsetzen können. In der bestehenden Organisation, ohne den Tumult und die Widerstände einer Big-Bang-Transformation. Sie erfahren, wie wir in der Praxis vorgehen, bekommen realitätserprobte Tipps und Unterstützung bei der Anwendung der drei Methoden. Im echten Leben sind es nämlich einleuchtende, aber oft missachtete Details, die über den Erfolg entscheiden. Dazu gehören das Commitment des Managements und die Auswahl der richtigen Personen für ein Pilot-Team. Wenn hier die richtigen Menschen zusammenfinden, wächst das agile Denken und Arbeiten langsam, aber dafür stetig in der Organisation weiter. Mit diesem Buch erhalten Sie: - eine Orientierung, wann welches Werkzeug zum Einsatz kommen sollte - praktische Tipps und Templates, auf was es in der Praxis ankommt (z.B. bei der Zusammenstellung eines crossfunktionalen Teams oder der Durchführung von Workshops) - ein anschauliches Beispiel, wie man mit Agilität das eigene Unternehmen nach vorne bringen kann (nämlich durch erfolgreiche Produkte und nicht das dogmatische Anwenden von Werkzeugen) - vor allem ein Beispiel, das zeigt, dass agiles Arbeiten Erfolg für´s Unternehmen und Freude bei der Arbeit im Team verbindet. Mit diesem geballten und praxisnahen Wissen rund um Projektmanagement, Organisations- und Produktentwicklung geben wir Ihnen Werkzeuge an die Hand, die nicht nur theoretisch funktionieren. Dieses Buch ist für alle, die im eigenen Unternehmen oder als Führungskraft in Unternehmen funktionierendes Projektmanagement leiten oder einführen. Mit den Anleitungen und den Tipps in diesem Buch schaffen Sie den Sprung von der Theorie in die Praxis und können die vielversprechenden Werkzeuge wie agiles Projektmanagement, Scrum, Design Thinking und Kanban endlich gezielt auf Ihr Unternehmen anwenden. Sichern Sie sich jetzt dieses Buch und fördern Sie eine erfolgreiche Unternehmenskultur, die Sie Ihren Zielen näherbringt.

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IMPRESSUM

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlegers unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

HENDRIK, WIR BRAUCHEN WAS NEUES!

1. Auflage 2020

Herausgegeben und verlegt von 4craft GmbH, Darmstadt

Ghostwriting: Dolores Omann

Illustration: Matthias Seifert, Sabina Lammert

Layout und Design: Alicia Viktoria Kaiser

©2020 4craft GmbH, Darmstadt

ISBN 978-3-9821902-1-1

Besuchen Sie uns im Internet: www.4craft.de

www.wirbrauchenwasneues.de

Ihre Meinung zu diesem Buch interessiert uns!

Kontaktieren Sie uns unter: [email protected]

HENDRIK, WIR BRAUCHEN WAS NEUES!

Survival-Guide für die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen.

Björn RulandLars Guillium

INHALTSVERZEICHNIS

Teil 1 – ChaosHendrik, wir brauchen was Neues!

Was ist Agilität?

Die Komplexität von Projekten bewältigen

Die Situation verstehen

Von der Idee zum Prototyp

Was ist Design Thinking?

Das Design-Thinking-Team

Die Richtigen für Ihr Design-Thinking-Team: Innovatoren und Early Adopter

Einen gemeinsamen Arbeitsmodus finden

Den Nutzer verstehen

Der Raum für Design Thinker

Der Design-Thinking-Prozess

Problemorientierung

Lösungsorientierung

Quick Guide – Design-Thinking

Eine erste verkaufbare Produktversion bauen

Lean Startup

Minimum Viable Product und Build-Measure-Learn

Teil 2 – KomplexitätMit Scrum aus der Idee ein marktfähiges Produkt machen

Scrum in Kürze

Vorbereitung auf den ersten Sprint

Das Commitment der Stakeholder einholen

Das Scrum-Team zusammenstellen

Der passende Raum

Eine Story Map entwerfen

Das initiale Product Backlog erstellen

Der Kick-off

Die Arbeitsphase

Analoge vs. digitale Tools

Der Umgang mit verteilten Teams

Das Review naht

Der Ablauf des Reviews

Die Retrospektive

Quick Guide – Scrum

Teil 3 – OrdnungVon der Entwicklung in die Abwicklung – Koordination mit Kanban

Evolutionäre Veränderung mit Kanban

Praktiken und Prinzipien

Meetings in Kanban

Kanban in Kürze

Wie hat Hendrik das neue Produkt mit Kanban integriert?

Einen Systemworkshop gestalten

Systemworkshop für die Abteilung Vertrieb

Systemworkshop für die Abteilung Auftragsabwicklung

Synchronisation von Vertrieb und Auftragsabwicklung

Was hat es gebracht?

Quick Guide – Kanban

HINWEIS ZUR VERWENDUNG DIESES BUCHES

In der Rubrik „Tipp“ finden Sie Vorgehensweisen, die sich in unserer täglichen Arbeit immer wieder als sinnvoll herausgestellt haben.

Unsere Meinung

In den verschiedensten Situationen werden wir immer mal wieder nach unserer Meinung gefragt. Damit halten wir uns auch bewusst nicht zurück. Im Text wollen wir deutlich machen, wenn Aussagen nicht allgemein anerkannte Theorie sind, sondern unsere persönliche Sichtweise.

Praxisbeispiel

Wenn wir Ihnen zeigen wollen, wie Definitionen oder Theorien in die Praxis übertragen aussehen, verwenden wir solche Boxen.

DIE AUTOREN

Björn Ruland und Lars Guillium haben 2015 zusammen die 4craft GmbH gegründet. Gemeinsam mit ihrem Team unterstützen sie Konzerne und mittelständische Unternehmen dabei, neue Produkte mit agilen Werkzeugen zu entwickeln.

Lars Guillium

Die Dinge innovativ und pragmatisch anzupacken, bewegt Lars schon lange. Deshalb hat er sich in verschiedenen Fach- und Führungspositionen im Innovationsbereich der Deutschen Telekom seit 2003 mit der Entwicklung zeitgemäßer Arbeitsprozesse und dem agilen Arbeiten beschäftigt. Von 2010 bis 2015 hat der Betriebswirt das Agile Competence Center der Deutschen Telekom geführt. Er weiß, wie anspruchsvoll die Arbeit als Product Owner, Scrum Master oder Coach ist – er hat in diesen Rollen selbst mehrere Teams begleitet.

[email protected]

Björn Ruland

Der gesunde Menschenverstand ist für Björn das wichtigste Werkzeug – egal, mit welcher Methode gearbeitet wird. Mehr als 15 Jahre Erfahrung in Fach- und Führungspositionen in Konzernen haben ihm dabei geholfen, Herausforderungen aus der Sicht der Kunden zu verstehen und zielgerichtete Lösungen zu entwickeln. Als Product Owner im Projekt „Smart Working“ hat Björn mit seinem Team bereits 2012 bei der Deutschen Telekom den Grundstein für situationsorientierte Büroumgebungen gelegt. Den Spaß an der Problemlösung lebt Björn heute unter anderem als Design Thinking Coach aus.

[email protected]

VORWORT

Wir waren mit der Arbeit an diesem Buch beinahe fertig, als Mitte März 2020 das Virus „SARS-CoV-2“ die Wirtschaft weltweit zu einer Vollbremsung gezwungen hat. Ausgerechnet in dieser schweren Situation hat sich gezeigt, was Agilität wirklich bedeutet: Menschen und Unternehmen haben sich innerhalb kürzester Zeit auf die neue Lage eingestellt. Plötzlich war klar: Da kommen wir nur durch, wenn jeder Verantwortung übernimmt und seinen Teil beiträgt. In diesen Turbulenzen haben manche Unternehmen schnell reagiert und ihre Geschäftsmodelle neu gedacht.

Agilität, mit anderen Worten „Beweglichkeit“, ist in Krisensituationen ein starkes Werkzeug. Einen wesentlichen Vorteil hat, wer sich diese Beweglichkeit auch in ruhigeren Zeiten bewahrt. In Unternehmen muss dafür aber nicht gleich der agile Mega-Change ausgerufen werden und es müssen nicht alle Teams beispielsweise zu Scrum verdonnert werden. Denn es geht nicht darum, eine spezielle Methode anzuwenden, sondern erfolgreiche Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln.

Agiles Arbeiten mit Methoden wie Design Thinking, Scrum oder Kanban ist mittlerweile zu einem milliardenschweren Business geworden. Es gibt unzählige Trainings- und Beratungsangebote und jeden Tag scheinen weitere Abwandlungen des bereits Bekannten zu entstehen. Zweifellos stehen Unternehmen unter dem immensen Druck, in immer kürzeren Abständen etwas Neues liefern zu müssen. Digitalisierung und Globalisierung haben die Innovationszyklen verkürzt, neue Geschäftsmodelle haben ganze Branchen durcheinandergewirbelt. Doch leider erleben wir in unserer Beratungspraxis immer wieder, dass die Methoden über das Ergebnis gestellt werden oder nicht hinterfragt wird, ob denn die umfassende agile Transformation vom Reißbrett tatsächlich zu dem Problem passt, das ein Unternehmen hat.

Um die Methoden kommen wir auch in unserem Buch nicht umhin. Aber unser Ansatz ist pragmatisch statt dogmatisch. Am Beispiel von Hendrik Frischat zeigen wir Ihnen, wie Sie mit Design Thinking, Scrum und Kanban den Ruf „nach etwas Neuem“ zunächst in Ideen und Prototypen und schließlich in Produkte und Geschäftsmodelle umsetzen können – und das in der bestehenden Organisation.

Sie erfahren, wie wir in der Praxis vorgehen und bekommen Tipps aus dem echten Leben. Dort sind es nämlich einleuchtende und dennoch oft missachtete Details, die über den Erfolg entscheiden – wie etwa das Commitment des Managements und die Auswahl der richtigen Personen für ein Pilot-Team. Wenn die richtigen Menschen zusammenfinden, wächst das agile Arbeiten vielleicht langsam, aber dafür stetig in eine Organisation hinein.

Wie gesagt standen wir im März 2020 plötzlich vor der Situation, dass unsere Kunden über Nacht so viele Tätigkeiten wie möglich ins Homeoffice verlagerten. Darauf mussten wir uns einstellen, und hätten wir diese Erfahrung bereits früher gemacht, wäre sie vermutlich in dieses Buch eingeflossen. Diese Erfahrungen werden auch noch wertvoll sein, wenn SARS-CoV-2 unter Kontrolle ist.

Auf www.wirbrauchenwasneues.de haben wir unsere Erkenntnisse aus dieser Situation gesammelt. Dort finden Sie auch regelmäßig neue Informationen, Sichtweisen und nützliche Werkzeuge zum Thema „verteiltes Arbeiten“.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für Ihr „Neues“!

Lars Guillium und Björn Ruland

Teil 1 – Chaos

 

HENDRIK, WIR BRAUCHEN WAS NEUES!

 

Hendrik wusste, dass das irgendwann kommen würde. In den letzten zwei Monaten waren immer wieder die Strategieberater an seinem Büro vorbeimarschiert. Ziel: Vorstandsetage. Manchmal blies der Wind, den sie dabei machten, ein paar Wortfetzen durch Hendriks Bürotür – agilisieren, Spotify, wir müssen auch … Und jetzt war es so weit: In der linken Hand mit einem PowerPoint-Ungetüm wedelnd, stand der Chef in der Tür. „Hendrik, wir brauchen was Neues, so `ne richtige Innovation. Versuchen Sie es doch mal mit dieser Agilität, da geht das auch gleich viel schneller, in einem halben Jahr sollten wir was Verkaufsfähiges haben. Ich muss Ihnen ja nicht sagen, dass uns die Konkurrenz gerade das Wasser abgräbt. Stellen Sie Ihre Truppe ein wenig um! Dieses Spotify-Modell wär' doch was.“ Mit einem Das-machen-Sie-schon-Blick knallte er Hendrik Frischat die 68 PowerPoint-Folien auf den Schreibtisch, drehte sich um und ging.

Na dann, Frischat. Was nun? Mit seinem Team hatte der 46-jährige Produktmanager in den letzten Jahren einige erfolgreiche Dienstleistungen entwickelt, doch dieses Mal war es anders. In seinen Meetings mit der Geschäftsführung spürte er diese Nervosität. Es muss sich was verändern, aber was und wie? Niemand musste Hendrik erklären, was Agilität war. Von seinen zehn Jahren in der Firma beschäftigte er sich seit mindestens fünf mit agilen Arbeitsmethoden und hatte darüber immer wieder mit seinem Team gesprochen. Es hatte lange gedauert, bis seine Leute neugierig genug waren, um es zu probieren – und vor ein paar Monaten wagten sie den ersten Versuch. In Eigenregie, nur mit dem Wissen, das sich Hendrik angelesen hatte. Seitdem war Hendrik für die anderen Manager der Typ mit den bunten Zettelchen, der aus der Reihe tanzen muss. Hendrik, der Mann, der Extrawürste brät: Sein Team durfte mit Sondergenehmigung natürlich diese Boards an die Wand hängen, vor denen die Hendrik-Leute jeden Tag eine Viertelstunde rumstanden. Als ob das etwas bringen würde, raunten sich die anderen Abteilungsleiter zu, die Mega-Innovation hat der Frischat deswegen ja nicht geliefert.

Hendrik blätterte durch den Papierstapel, den der Chef auf seinem Tisch gelassen hatte. Klar, da standen viele sinnvolle Sachen drin. Die Organisation solle agiler werden, ihre Geschäftsmodelle und Produkte neu ausrichten und stärker an den Kundenbedürfnissen orientieren. Nur stand nirgends, wie die Umsetzer, also die Frischats, das angehen sollten. Soll er einfach mal alle seine Leute in Scrum- und Kanban-Trainings schicken? In einem halben Jahr soll was Vermarktungsfähiges da sein – mit welchen Methoden kriegen wir das hin? Es geht agil, soviel wusste Hendrik. Doch wie genau – keine Ahnung.

An diesem Punkt rufen uns Manager wie Hendrik Frischat an. Manchmal sagen sie es gerade heraus: „Wir sind verzweifelt und wissen nicht, was wir tun sollen.“ Der Chef hat vom mystischen Agile gehört, und das klingt nach Rettung. Die Verzweiflung ist nur allzu gut zu verstehen, denn für die meisten Unternehmen, egal in welcher Branche, verändert sich gerade sehr viel. Ja, oft ist es tatsächlich der Marktdruck durch die Digitalisierung: Neue Geschäftsmodelle entstehen und stellen die alten Modelle in Frage. Doch auch wenn wir die Digitalisierung ausklammern, bleiben immer noch genügend Themen übrig, die Managern den Schlaf rauben können: Der Markt für hochqualifizierte Arbeitskräfte ist leergefegt und zusätzlich stellen die nachrückenden Generationen auch noch Ansprüche an die Art und Weise, wie sie arbeiten wollen. Unternehmen müssen attraktiv sein – nicht nur für potenzielle Kunden, sondern zunächst mal für potenzielle Mitarbeiter. Was auch immer hinter dem Drang, agil zu werden und Produkte agil zu entwickeln steht: Viele alteingesessene Muster funktionieren einfach nicht mehr, und das erzeugt Druck und Stress.

In dieser Situation passiert genau das, was Hendrik erlebt: Beratungsunternehmen entwerfen beeindruckende Strategien für agile Transformationen. Doch damit gehen sie mit den Betroffenen nur das einfache Stück des Weges. Dort, wo es wirklich hart wird, in der täglichen Umsetzung und bei der noch schwierigeren Führungsarbeit an der Organisationskultur des Unternehmens stehen die Hendriks alleine da. Es ist so, als würde man jemandem die Skizze eines Tisches vorlegen und erklären: „Das Ding braucht vier Beine und eine Platte.“Wenn Sie aber nicht wissen, wie man Holz bearbeitet, helfen Ihnen solche Instruktionen überhaupt nicht weiter.

Wenn Sie neue Produkte entwickeln sollen, stehen Sie in den meisten Fällen vor einer komplexen Herausforderung. Meistens ist nicht einmal die Hälfte der Anforderungen bekannt und vielleicht sollen diese auch noch mit völlig neuen Technologien umgesetzt werden. In den letzten Jahren wurde vor allem Scrum als das Wundermittel verkauft, das diese Komplexität beherrschen kann. Ja, Scrum hat seinen unbestrittenen Zweck, doch Agilität ist kein Ergebnis der sogenannten „agilen Frameworks“. Vielleicht kann sogar das klassische Projektmanagement agil sein? „Agile“ ist ein massiver Trend, und viele Agilisten fühlen sich dazu berufen, noch dieses und jenes Modell auf den Markt zu werfen – das x-te Skalierungsframework und die zigste Zertifizierung. Dieser Drang zur Selbstdarstellung bewirkt aber nur eines: Verwirrung und Verunsicherung. Ob Sie das tägliche 15-minütige Treffen mit den Kollegen nun Daily, Arbeitsbesprechung oder „Start in den Tag“ nennen, ist nebensächlich. Im aktuellen Hype schwirren unzählige Begrifflichkeiten durch den Raum, doch glauben Sie bitte nicht, dass Sie alle diese gut gemeinten neuen Ansätze auch in Ihrem Unternehmen einsetzen müssen.

„Ich will so arbeiten wie Spotify!“

Bei dieser Aussage stellen sich uns die Nackenhaare auf. Unsere Standardantwort darauf lautet: „Dann kündige und geh zu Spotify. Das ist der einzige Weg, um so arbeiten zu können.“ Bevor wir Ihnen erzählen, wie wir eine Herausforderung wie jene von Hendrik angehen würden, haben wir eine Bitte: Vergessen Sie alle So-Wie's. Spotify hat für sich einen Weg gefunden, wie es arbeiten will – fein. Das Modell, über das alle reden, stammt allerdings aus dem Jahr 2012 und Spotify selbst hat sich inzwischen weiterentwickelt. Das ist es, was Spotify „agil“ macht: Je nachdem, vor welcher Herausforderung das Unternehmen steht, passt es sich entsprechend an.

Jedes Unternehmen hat aber seine eigene Geschichte, auch das Unternehmen, in dem Sie arbeiten. Mitunter haben diese Unternehmen bisher tausende Menschen beschäftigt und ernährt. Warum also wollen alle die – bereits überholte – Aufbauorganisation eines Unternehmens imitieren, das andere Voraussetzungen hat? Natürlich kann man Ansätze übernehmen, wenn sie in der eigenen aktuellen Situation tatsächlich sinnvoll sind und helfen können. Tun Sie es aber bitte nicht, weil es gerade alle tun. Prüfen Sie genau, was das Besondere an Ihrer Organisation ist und was wirklich zu deren Zielen passt. Auch das, was wir Ihnen in diesem Buch erzählen, ist lediglich eine Möglichkeit von vielen.

Klar, am Markt wendig und schnell zu sein, ist wichtig. Bevor Sie sich in agile Experimente stürzen, stellen Sie sich aber mal die Frage: Wozu brauchen wir das Ganze eigentlich? Was genau wollen wir erreichen? Oder wollen wir es nur tun, weil wir denken, es tun zu müssen?

 

AGILITÄT – EIN ZUSAMMENSPIEL AUS HALTUNG UND WERKZEUGEN

In diesem Buch beschreiben wir ausgewählte Werkzeuge für das agile Arbeiten, vor allem der praktische Umgang damit steht für uns im Vordergrund. Wir möchten aber trotzdem ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Arbeit mit jeglichem agilen Werkzeug nur dann gut funktioniert, wenn die Haltung dahinter stimmt. Was meinen wir damit?

Was heute unter dem Schlagwort „agiles Arbeiten“ oder „Agilität“ zusammengefasst wird, hat seinen Ursprung in den 1990er-Jahren. Damals haben sich viele Softwareentwickler die Frage gestellt, wie sich IT-Projekte erfolgreicher umsetzen lassen und vor allem so, dass am Ende nicht Produkte entstehen, die völlig am Bedarf der Kunden vorbeigehen. Die Konsolidierung aller Ideen dazu ist als „Agile Manifesto“ bekannt (www.agilemanifesto.org). 17 Pioniere der agilen Entwicklung (damals noch unter dem Begriff „light-weight methodologies“) trafen sich in Utah und hielten Folgendes fest:

„Wir erschließen bessere Wege, Software zu entwickeln, indem wir es selbst tun und anderen dabei helfen. Durch diese Tätigkeit haben wir diese Werte zu schätzen gelernt:

Das heißt, obwohl wir die Werte auf der rechten Seite wichtig finden, schätzen wir die Werte auf der linken Seite höher ein.“

Agiles Arbeiten beschränkt sich nicht auf die Softwareentwicklung. Ersetzen Sie „funktionierende Software“ einfach durch „funktionierende Ergebnisse“ oder „funktionierende Produkte“. Mit dieser Perspektive wird dieses Manifest zu einer universellen Grundlage für sämtliche Anwendungsbereiche.

Hinter den prägnanten Aussagen des Manifests stehen natürlich umfassendere Überlegungen.

•Wenn Ergebnisse nicht erst am Ende eines Projekts oder einer Produktentwicklung geliefert werden, sondern in regelmäßigen kurzen Abständen, werden die Kunden mit dem Gesamtresultat zufriedener sein. Durch die kontinuierliche Interaktion kann vermieden werden, dass in die falsche Richtung gedacht wird.

•Agiles Arbeiten ist eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Umsetzern. Das bedeutet: direkte Kommunikation, von Angesicht zu Angesicht. Missverständnisse werden dadurch schneller entdeckt oder entstehen erst gar nicht.

•Umsetzungsteams sollten die Fähigkeit entwickeln, sich selbst zu organisieren und Entscheidungen zu treffen. Dazu gehört das ständige Überprüfen und Anpassen von Prozessen und der eigenen Zusammenarbeit.

•Um etwas überprüfen und anpassen zu können, ist Transparenz nötig: über Arbeitsfortschritt, Probleme und Hindernisse. Transparenz heißt, Wahrnehmungen offen anzusprechen und Lösungen zu finden, falls etwas den Prozessdurchlauf behindert. Agile Arbeitsweisen fördern diese Transparenz anhand verschiedener Artefakte, zum Beispiel mit Boards, auf denen die Arbeitsschritte sichtbar gemacht werden.

Wir werden Ihnen im Laufe dieses Buchs immer wieder den Rat geben: Setzen Sie agile Werkzeuge mit Sinn und Verstand ein, gehen Sie mit einer gesunden Portion Pragmatismus an die Sache.

Damit meinen wir aber nicht: „Machen Sie, was Sie wollen und wie Sie es wollen!“ Nein. Wir verstehen agile Methoden als Prozesse und Werkzeuge. Diese sind in sich sehr ausgefeilt und durchdacht und erfüllen einen konkreten Zweck. Kanban funktioniert nicht ohne WIP-Limits, Scrum ist ohne Sprints und Plannings nicht Scrum und Design Thinking bringt nur gute Ergebnisse, wenn Sie den Kontakt mit den Nutzern eines Produkts oder einer Dienstleistung suchen.

Ihre individuelle Situation kann aber einen Weg erforderlich machen, der nicht zu 100 Prozent der beschriebenen Theorie entspricht. Wenn das der Fall ist: Hinterfragen Sie den Sinn und Zweck des Werkzeugs und wählen Sie eine Lösung, die Ihnen in der Praxis hilft – setzen Sie aber nicht einfach wichtige Mechanismen dieser Werkzeuge außer Kraft.

Das agile Manifest liefert klare Werte und Prinzipien. Diese Grundsätze sollten jeder Situation als persönliche Leitlinien zugrunde gelegt werden. Damit haben Sie immer einen Kompass zur Hand, wenn ein Werkzeug keine Antwort mehr gibt.

 

Hör mir doch auf mit Innovation oder „backen wir die Brötchen etwas kleiner“

So wie Agilität ist auch das Wort „Innovation“ inzwischen eine verbrannte Hülle. Gerade wenn es um das Thema Digitalisierung geht, sprechen viele von Innovation – aber was ist denn für ein Unternehmen eine „Innovation“? In der aktuell aufgeregten Situation verlangt das Management oft nach frisch erfundenen Produkten, die sofort eine ganze Branche auf den Kopf stellen und umgehend den großen Erfolg bringen. Im anderen Extrem wird fälschlicherweise alles als „Disruption“ bezeichnet, was eine Branche gerade ein wenig durchschüttelt. Das Wort „Disruption“ fällt meistens ohne zu wissen, was Clayton Christensen mit diesem Begriff einst tatsächlich gemeint hat. Er hat damit einen Prozess gemeint, in dem es ein kleineres Unternehmen mit weniger Ressourcen schafft, die etablierten Unternehmen herauszufordern und am Ende sogar zu überholen – wobei das mehrere Jahre dauern kann. In einer Klarstellung in der Harvard Business Review hat Christensen vier Punkte aufgezählt, die in diesem Zusammenhang immer wieder falsch verstanden bzw. übersehen werden (vgl. Christensen et al. 2015):

1.Disruption ist ein Prozess. „Wir brauchen etwas völlig Neues“ fokussiert auf einen Zeitpunkt. In x Monaten soll eine Innovation gelungen sein. Tatsächlich bewegen sich disruptive Innovationen oft lange Zeit unter der Wahrnehmungsschwelle des späteren Massenpublikums. Die Funktionalitäten sprechen zunächst ein bisher uninteressantes Kundensegment an, das von den etablierten Unternehmen ignoriert wird. Jede Innovation, so Christensen, ob sie nun disruptiv ist oder nicht, beginnt als kleines Experiment. Der Fokus liegt mehr darauf, ein tragfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln, als schnell ein ausgefeiltes physisches Produkt oder eine konkrete Dienstleistung auf den Markt zu werfen. Der Erfolg am Massenmarkt kann Jahre auf sich warten lassen.

2.Disruptoren bauen ganz andere Geschäftsmodelle als die Platzhirsche. Am iPhone war das Besondere nicht, dass es ein Smartphone war – das gab es zu diesem Zeitpunkt ja schon. Der Clou an der Sache war die Verbindung mit einem ganzen Ökosystem aus Applikationen, durch die das Smartphone dem Laptop die Exklusivität im Bereich „Zugang zum Internet“ abluchsen konnte.

3.Manche disruptiven Innovationen sind erfolgreich – manche nicht. Disruption ist kein Synonym für Erfolg, umgekehrt setzt auch nicht jeder Erfolg eine Disruption voraus.

4.Das Mantra „Disruptiere oder werde disruptiert“ kann in die falsche Richtung führen. Ein bisher erfolgreiches Unternehmen sollte nicht auf Teufel komm raus nach einer disruptiven Innovation suchen. Es muss auf äußere Entwicklungen reagieren können, klar, es sollte aber nicht panisch werden. Bestehende Kundenbeziehungen zu stärken und gleichzeitig die Rahmenbedingungen für neue Entwicklungen zu schaffen, ist der sinnvollere Weg.

Gehen wir also nicht mit der Einschränkung auf die Suche nach neuen Produkten, dass es unbedingt „disruptive“ Innovationen sein müssen. Wie wäre es denn, wenn Sie für aktuelle und/oder potenzielle Kunden einfach mal eine Lösung suchen? Möglicherweise liegt die Lösung im Recycling einer Idee, die ein anderer schon mal hatte und die objektiv betrachtet auch für Ihre eigenen Kunden passen würde. So what? Mit der Einstellung „Erfinde ein neues Produkt“ verkrampfen Sie sich und sehen links und rechts des Weges nicht die gewinnträchtigen und einfacheren Möglichkeiten, die da sonst noch so rumliegen.

Machen wir es einfach: Es geht darum, eine Lösung für ein beschriebenes Kundenproblem zu finden. Diese Lösung soll den Kunden Ihres Unternehmens einen klaren Nutzen und Ihrem Unternehmen auf lange Sicht einen kräftigen Umsatz bringen. Ob Sie das nun Innovation, Disruption oder einfach nur „gute Idee“ nennen wollen – völlig egal.

Und wenn Sie damit den Markt auf den Kopf stellen: schön.

Die Komplexität von Projekten bewältigen

Wenn wir uns zum ersten Mal mit Kunden treffen, ziehen wir gerne die sogenannte Komplexitätsmatrix aus der Tasche (die Abbildung finden Sie auf der nächsten Seite). Damit wollen wir zeigen, dass Scrum nicht das einzige Instrument ist, das zu mehr Agilität führt. Die Komplexitätsmatrix hilft herauszufinden, welches Werkzeug unter welchen gegebenen Voraussetzungen bzw. in welcher Phase des Projekts effektiv helfen kann.

Im ersten Schritt tasten wir diese Voraussetzungen anhand von zwei Fragen ab:

1.Sind die Anforderungen an das Projekt – das „Was“ – bekannt und stabil?

2.Ist die Umsetzung des Projekts – das „Wie“ – vollständig planbar?

Hier spannen sich die Möglichkeiten von „bekannt“ bis „völlig unbekannt“ auf. Dadurch entsteht ein Feld, in dem es grob gesprochen drei Zonen gibt:

Im chaotischen Bereich sind jene Aufgaben angesiedelt, bei denen sowohl die Anforderungen als auch die Umsetzung des Projekts völlig unklar sind. Die nebulöse Forderung von Hendriks Chef nach „so `ner richtigen Innovation“ fällt in diesen Bereich. Hendrik und sein Team müssen zuerst einmal herausfinden, was bestehende und potenzielle Kunden überhaupt brauchen könnten und welches Problem für sie bis jetzt ungelöst geblieben ist. Es geht also darum, basierend auf Beobachtungen und Recherchen eine Produktidee zu entwickeln. Das ist wie eine Expedition ins Ungewisse: Man weiß nicht, wo man am Ende rauskommen wird. Für solche Expeditionen eignet sich zum Beispiel Design Thinking.

Im komplexen Bereich finden sich Aufgaben wieder, für die es zumindest eine ungefähre Idee gibt, welches Problem damit gelöst werden soll. Der Weg dorthin ist aber nicht völlig klar, und es kann passieren, dass sich die Anforderungen im Laufe des Umsetzungsprozesses mehrmals ändern oder neue Anforderungen hinzukommen. In dieser Situation befindet sich Hendrik, wenn er mit seinem Team zu einer Produktidee gelangt ist und die Feinheiten ausarbeiten will. Er ist wie der Seefahrer, der einen neuen Kontinent entdeckt hat und nun das unbekannte Gelände in überschaubaren Etappen erkunden muss. Komplexität bedeutet also, dass Sicherheit und Unsicherheit gleichzeitig existieren. Um die Unsicherheit schrittweise zu reduzieren, eignet sich in der Produktentwicklung Scrum. Jedes Produktinkrement generiert mehr Wissen aufgrund des Feedbacks, das die potenziellen Nutzerinnen und Nutzer dazu geben. Dadurch können getroffene Annahmen revidiert werden, bevor man sich vollends in eine falsche Idee verrennt.

Im geordneten Bereich ist es so, wie der Name vermuten lässt: easy. Die Aufgaben wiederholen sich, die Lösung der Aufgaben ist gut planbar und es gibt bewährte Praktiken und Prozesse, mit denen sie sich bewältigen lassen. In dieser Zone befindet sich Hendrik, wenn das neue Produkt von den Kunden gut angenommen und in die Linie überführt wurde. Alle Prozesse wie Marketing, Sales und Verrechnung sind etabliert und laufen routinemäßig ab. Dennoch sind auch in diesem einfachen Bereich immer wieder Verbesserungen möglich, wenn die Prozesse im Auge behalten werden und das Feedback der Kunden weiterhin berücksichtigt wird. Für diesen Überblick eignet sich zum Beispiel Kanban.

Heißt das jetzt, dass Sie nur Design Thinking, Scrum und Kanban einsetzen dürfen, um agil zu sein? Natürlich nicht! Diese drei Ansätze haben sich in bestimmten Situationen bewährt und sie machen exemplarisch am deutlichsten, mit welchen Denk- und Vorgehensweisen man gewissen Voraussetzungen begegnen kann. In der Realität sind die Zonen „Chaos“, „Komplexität“ und „Ordnung“ nicht klar voneinander zu trennen, vielmehr laufen sie ineinander wie die Farben in einem Aquarell. Vielleicht brauchen Sie für Ihr Ergebnis etwas ganz anderes als Scrum, vielleicht brauchen Sie 70 % Scrum und 30 % Design Thinking. Oder 40 % Kanban, 10 % Design Thinking und 50 % Scrum. Das wird sich im Laufe der Zeit herausstellen. Die Agilität besteht darin, dass Sie sich selbst erlauben, die Instrumente zu wechseln und zu kombinieren, so wie es notwendig und sinnvoll ist. Betrachten Sie die Gesamtsituation und bauen Sie sich daraus ein Modell, das für Ihre Situation passt.