Herdwärme - Okka Rohd - E-Book

Herdwärme E-Book

Okka Rohd

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  • Herausgeber: Kailash
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2017
Beschreibung

Eine Kochschule für mehr Genuss, Leidenschaft und Entschleunigung im Leben

Wir alle lieben gutes Essen, die meisten von uns können aber selbst nicht richtig kochen. Oft fehlen die Grundlagen und Küchengeheimnisse, die sich unsere Großmütter noch untereinander erzählt haben. Die Journalistin Okka Rohd hat Menschen getroffen, die mit Leidenschaft kochen. Von ihnen lässt sie sich Tricks und Kniffe beibringen - immer auf der Suche nach der Essenz: Wie macht ein Österreicher Wiener Schnitzel? Was ist das Geheimnis einer neapolitanischen Pizza? Was braucht ein Mittagessen, damit es glücklich macht? Und wie geht richtig guter Käsekuchen? Mit viel Wärme und Nähe erzählt Okka Rohd von der Art des Zubereitens, von Zutaten und Aromen. Dabei geht es um das genaue Hinschmecken und vor allem um die innere Haltung beim Kochen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 290

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Okka Rohd

Eine Kleine Kochschule

für das grosse Glück zu Hause

Fotografiert von Simone Hawlisch

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Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschätzt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

2. Auflage

Originalausgabe

© 2017 Kailash Verlag, München

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Umschlaggestaltung und Layout: ki 36 Editorial Design, Daniela Hofner München

Umschlagmotiv und alle Fotos: Simone Hawlisch

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-641-13304-7V003

www.kailash-verlag.de

Für euch drei.

Inhalt

Ein Anfang

Vom Glück des Kochens

Wie macht ein Österreicher Schnitzel?

Die Profitipps von Ernst Schleich

Wiener Schnitzel

Erdäpfelsalat (Kartoffelsalat)

Gurkensalat

Schön langsam

Was ist das Geheimnis einer neapolitanischen Pizza?

Die Profitipps von Florian Schramm

Focaccia

Alleine kochen

Was sollte ich über Kartoffeln wissen?

Die Profitipps von Florian Mickan

Ofenkartoffel mit Pesto-Quark

Kartoffelsuppe

Kartoffelsalat

Nochmal, nochmal, nochmal

Wie koche ich ein gutes Mittagessen?

Die Profitipps von Eschi Fiege

Gurke mit kühler Ingwersoße

Kräftiger Gemüsefond

Salatdressing für einen grünen Beilagen-Salat

Spargelrisotto

Erdbeermousse mit Rhabarbersoße

Mit ihr kochen

Wie kann man Kinder und ihre Eltern glücklich kochen?

Hasen-Pancakes

Karthäuserklöße

Gelbe Linsentaler

Schokolade, Schnack und Schnapskultur

Wie mache ich ein perfektes Steak?

Erkenntnisse dieses Nachmittages

Ingwer-Limetten-Spinat

Das perfekte Steak

Kartoffel-Endivien-Stampf

Café-de-Paris-Butter

Das dicke, rote Kochbuch

Wie macht man einen tollen Salat? Oder zwei?

Die Profitipps von Petra Rimkus

Warmer Wintergemüse-Salat

Radicchio-Salat mit Birne, Zucchini und Walnüssen

Vom Glück des Essens

Wie koche ich für eine große Runde?

25 Profitipps von Caroline Grinsted für einen Abend mit vielen Gästen

Pak Choi-, Chinakohl- und Sprossen-Salat mit würzigem Miso und Riesengarnele

Blumenkohl-Parmesan-Kuchen

Gerösteter Kürbis, Karotte und Rote Bete mit Bohnen und Erdnüssen

Bœuf Bourguignon

Knusprige Kartoffel-Gnocchi zum Bœuf Bourguignon

Schokoladen-Orangen-­Törtchen

Schneeengel und die Lehre der Bratäpfel

Wie traue ich mich an Innereien?

Die Profitipps von Christoph Hauser

Waldorfbrot mit Sellerie und Zwiebeln

Gemüsebrühe mit Leberknödeln und Grießklößchen

Leberknödel

Grießklößchen

Der Ort, an dem das Leben nie ächzt

Wie gelingt mir als Anfängerin ein vorzeigbares Törtchen?

Die Profitipps von Kai Michels

Windbeutel

Warum es ein bisschen mehr sein darf

Wie backe ich einen Käsekuchen?

Die Profitipps von Joel Marchand

Königlicher Käsekuchen

Kochbuchliebe

Ein Dessert für die ganze Familie und eines für einen Abend zu zweit?

Die Profitipps von Pierre-Olivier Lenormand

Schokoladenküchlein mit flüssigem Kern9

Reispudding mit Karamellsoße

Immer wieder rauf aufs Brett

Wie schaffe ich es, mich freizukochen?

Rote-Bete-Fond

Rote-Bete-Macadamia-Textur

Rote Bete gedörrt

Rote-Bete-Haselnuss-Burrata-Salat

Rote-Bete-Apfel-Mohn-Marmelade

Welche Grundausstattung brauche ich eigentlich in der Küche?

Küchen-Ausrüstung: Eine Grundausstattung

Der Sound des Schnitzels

Die Autorin

Die Fotografin

Danke

Quellenverzeichnis

Rezeptregister

Zutatenregister

»Wie die meisten anderen Menschen

habe ich Hunger. Aber es ist mehr als das.

Mir scheint, dass die drei fundamentalen

Bedürfnisse nach Essen, Sicherheit und Liebe

so eng miteinander verbunden sind, dass sie

getrennt voneinander nicht denkbar sind.

Wenn ich also über den Hunger schreibe,

schreibe ich eigentlich über die Liebe und

den Hunger nach Liebe, über die Wärme und den

Hunger nach Wärme ... die Wärme, Reichhaltigkeit

und pure Wahrheit des Hungers ... es ist alles eins.«

MFK Fisher1

Ein Anfang

Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie mir Monsieur Lenormand an einem herrlichen Frühsommernachmittag in der Küche seines Bistros nahe des Eiffelturms beibrachte, wie man Riz au lait macht – ein Rezept, das einen lehrt, wie wichtig es ist, genau hinzusehen und hinzuschmecken. Die Kochzeit dieses Reispuddings lässt sich nämlich nicht in exakten Minuten angeben, man muss ein Gespür für die richtige Textur bekommen, ein Gefühl dafür, wann er perfekt ist. Es roch nach Vanille und Karamell, wir unterhielten uns in holprigem Englisch (ich mit deutschem Akzent und immer wieder auf der Suche nach den richtigen Küchenvokabeln, er mit seiner französischen Melodie) und schufen etwas, das so großartig schmeckte, dass ich es am liebsten mit einer Suppenkelle gegessen hätte. Pierre-Olivier Lenormand war streng an diesem Nachmittag. Er ließ es mir nicht durchgehen, dass ich in der Schüssel einen Esslöffel Milch ließ, statt auch noch den letzten Tropfen in den Pudding zu gießen, wo er eigentlich hingehörte. Und er war so herzlich, dass ich einen ganzen Abend brauchte, um mich vor meinem Mann und meiner Tochter wieder leerzuschwärmen – von diesem Nachtisch, diesem Mann und seiner Großzügigkeit.

Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie ich mit Florian Schramm einen noch viel wärmeren Sommernachmittag in seiner Pizzeria Standard verbrachte, von der nicht wenige Berliner behaupten, dass es hier die beste Pizza der Stadt gibt. Wir sprachen viele Stunden miteinander und unterbrachen nur, um jede halbe Stunde in die Küche zu gehen, unsere Hände in den Pizzateig zu tauchen und zu sehen, wie er sich verändert hatte. Er zog an ihm, zeigte mir, wie er immer elastischer wurde, und wie glatt seine Oberfläche war. Er ließ mich seinen Teig streicheln, auseinanderziehen und riechen und sagte, immer noch selbst über das Wunder der Fermentation erstaunt: »Ist das nicht wunderschön?« Das war es wirklich.

Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie ich kurz vor Weihnachten einen Abend lang in der Küche des Muse gestanden und mitgeholfen hatte, dass die Gäste ihr Weihnachtsmenü bekamen. Feda, die Köchin aus Neapel, hatte an diesem Abend ihre letzte Schicht, ehe sie nach Italien zurückging. Irgendwann drehte sie die Musik laut auf und fing an zu tanzen, und alle Kollegen tanzten mit. Die Spice Girls sangen »Wannabe«, Feda sang noch lauter als sie. Dann stellte sie mir einen Teller ihres Schokoladenkuchens hin. Ich kostete. »Orgasmatisch, oder?«, fragte Feda. Ich nickte und lachte. Viel lieber hätte ich sie umarmt.

Von solchen Begegnungen handelt dieses Buch. Es erzählt davon, wie eine ganz normale Frau (ich) mit einem nicht eben überdurchschnittlichen Kochtalent beschließt, sich das Kochen von Menschen beibringen zu lassen, die es wirklich gut können und Essen noch sehr viel mehr lieben als ich – immer entlang einer ganz bestimmten Frage, die ich im Kopf hatte, zum Beispiel: wie man einen Käsekuchen backt, der so schmeckt, wie Käsekuchen schmecken sollte. Oder wie man Salate hinzaubert, die einen so sehr umwerfen, dass man nicht mehr auf die Idee kommt, sie wären bloß eine Beilage. Ich hatte ja oft genug bei anderen so gut gegessen, dass ich längst wusste: Um wirklich gut kochen zu können, braucht man mehr als die Fähigkeit, einem Rezept zu folgen. Man braucht auch Hingabe. Und wenn ich nun einmal gerne kochte und aß, war ich es dem, was mich so glücklich machte, nicht schuldig, es ernster zu nehmen als bisher? Ich wollte nicht mehr halbherzig kochen, sondern aus vollem Herzen. Meiner Leidenschaft hinterher, statt immer nur darüber nachzudenken, wie es wohl wäre, ihr zu folgen.

Dieses Buch ist die Dokumentation einer Kochreise, die nun schon zwei Jahre andauert, aber noch lange nicht an ihrem Ende angekommen ist. Die Fragen, die ich den Profis gestellt habe, sind erst ein Anfang. Ich hätte noch unendlich viele andere – wie man anständige Soßen kocht, zum Beispiel. Wie man sich der thailändischen Küche annähern kann. Oder ein pochiertes Ei hinkriegt. In diesem Buch geht es aber nicht um Vollständigkeit, weil Vollständigkeit, wie ich jetzt gelernt habe, eine ganze Bibliothek füllen könnte. Ich wäre für meine Fragen auch gerne um die Welt gereist, aber mein Budget und meine Zeit haben mich die meiste Zeit in Berliner Restaurants geführt (was ich keineswegs bedauere). Die Erzählungen von diesen Begegnungen sind übrigens auch kein bisschen objektiv. Die Köche, die ich getroffen habe, habe ich vor allem deshalb angesprochen, weil ich so schätze, was sie tun. Deswegen sind die Texte in diesem Buch oft so etwas wie Liebeserklärungen geworden – nicht nur an die Kunst und das Wissen von Profis, sondern auch an Menschen, die bereitwillig Ja sagten, als ich sie fragte, ob sie Lust hätten, einer wildfremden Anfängerin etwas beizubringen und ihr Wissen und viele Stunden ihrer Zeit mit mir zu teilen. Ich weiß nicht, ob ich in den Monaten, in denen ich an diesem Buch gearbeitet habe, zu einer besseren Köchin geworden bin. Aber ich habe unendlich vieles gelernt, das ich mein Leben lang nicht mehr vergessen werde. Wie sehr man sich findet, wenn man sich in einer Leidenschaft verliert. Wie zufrieden es einen macht, wenn man etwas mit den eigenen Händen erschafft. Wie gut es tut, etwas zu lernen und um Rat zu fragen, auch wenn einen das erst Überwindung kostet. Wie reich es machen kann, seiner Neugier zu folgen. Wie aufregend etwas so Alltägliches wie das Kochen wird, sobald man sich genug Muße dafür nimmt, wann immer es sich einrichten lässt. Wie man mitten im Gemüseschneiden, Teigkneten, Rühren plötzlich zu singen beginnt, weil die Zufriedenheit, die einen überkommt, irgendwie raus muss. Und dass man schon während des Kochens ganz satt werden kann, glückssatt.

Vom Glück des Kochens

Es gibt ein Davor und Danach.

Davor knackte ich am Samstagabend feierlich ein Glas Süß-Sauer-­Soße auf, um sie mit Reis und ein paar Hühnerbruststreifen aufzuwärmen. An den restlichen Tagen gab es Ravioli, Pizza oder Reibekuchen mit Apfelmus – in der Tiefkühltruhe des Supermarktes kann man ja durchaus fündig werden. Ich kam einfach nie auf die Idee, dass Kochen eine Bereicherung für mein Leben sein könnte. In meiner Teenagerzeit gab es vieles, was wichtig war, das Geigespielen, die Leichtathletik, das unglücklich Verliebtsein. Gekocht habe ich nie. Das erledigte meine Mutter, manchmal zusammen mit meinen beiden älteren Schwestern. Ich neidete ihnen ihren Platz in der Küche nicht. Ich interessierte mich einfach nicht dafür, wie die französischen Hühner meiner Mutter zu Franzosen geworden waren oder was die Geheimzutat in ihrem Geschnetzelten war. Ich aß es einfach und war froh, dass ich von Arbeit verschont geblieben war. Auch in meiner Studienzeit gab es Wichtigeres. Manchmal kochten wir etwas in meiner WG. Manchmal machte ich mir, sobald ich alleine wohnte, das Bananen-Zucchini-Curry, das mir meine Mutter aus einer Zeitschrift herausgerissen hatte, oder irgendetwas aus dem Studentenkochbuch, das sie mir zum Auszug geschenkt hatte.

Schuld daran, dass ich kochen lernen wollte, war am Ende ein Mann.

Ich war Ende 20 und hatte mich gerade frisch verliebt. Er liebte mich zurück und kochte mir ein Thai-Curry. Meine winzige Küche sah aus wie ein Schlachtfeld, überall standen Töpfe und Schüsseln und noch mehr Schüsseln herum. Er zerdrückte Zitronengras und rieb Palmzucker, von dem er mir ein klitzekleines Stückchen auf die Zunge legte, er wusch Kräuter, suchte nach Salz und fand es. Wir redeten nicht viel, die meiste Zeit sah ich ihm bloß zu, aber auch das war sehr interessant. Er kochte ohne Rezept, das fiel mir als Erstes auf (und ich fand es unglaublich). Er summte vor sich hin, was er offenbar gar nicht mitbekam, weil das, was er da summte, nicht den geringsten Sinn ergab, dada, dadadadaaa, dadadadadaaa. Und er tat das alles mit einer großen Selbstverständlichkeit (und ebenso großem Selbstvertrauen). Dann deckte er den Tisch, zündete Kerzen an und sagte: »Probier das mal.«

Ich probierte.

Wäre ich nicht schon in diesen Mann verliebt gewesen, ich hätte mich sofort in ihn verknallt. Stattdessen verliebte ich mich in sein Essen. In die Aromen, von denen ich nicht wusste, wie sie entstanden waren, bloß dass sie tanzten. Und ins Kochen. In die Vorstellung, dass man etwas so Gutes selbst zubereiten konnte.

Natürlich war das albern. Ich hatte ja schon vorher gut gegessen. Zu Hause. In Restaurants. Und ich mochte gutes Essen. Es hatte nur nie mit mir zu tun. Persönlich nahm ich es erst, als es mir – zusammen mit ihm, durch ihn – nahe kam. Andere Paare haben ihren Song, wir haben »unser Curry«. Ich wollte wissen, wie das geht. Ich wollte kochen.

Es begann mit Jamie-Oliver-Kochbüchern, ein paar ausprobierten Rezepten, die ich schnell auswendig lernte und ein wenig abänderte (nicht, dass sie dadurch besser wurden, auch wenn ich das behauptete, aber es war mir wichtig, meinen eigenen Senf dazuzugeben). Mit mehr ausprobierten Rezepten, auch von anderen Köchen. Wenn wir essen gingen und ich ein Gericht sehr mochte, probierte ich, es zu Hause nachzukochen (was selten gelang, aber einen Riesenspaß machte). Aus einem Kochbuchstapel in der Küche wurde erst ein Kochbuchbrett und dann ein Kochbuchregal. Ich schaute mir Kochshows an. Ich fing an, Food-Zeitschriften zu lesen. Ich begann, an seinem Essen herumzumäkeln und pingelig bei der Restaurantwahl zu werden (selbstverständlich war ich noch immer völlig ahnungslos, was das Kochen anging, nun aber immerhin sehr leidenschaftlich ahnungslos). Das Essen, das ich kochte, begann mir zu schmecken. Also lud ich Freunde zu mir nach Hause ein. Und kochte ein Geburtstagsmenü für meine Mutter.

Mittlerweile ist das Kochen genauso wichtig wie das Essen geworden. Das Gefühl, zwei Schalen Cherrytomaten mit nach Hause zu nehmen und sie im Ofen so lange zu trocknen, bis sie wie Süßigkeiten schmecken. Und diese roten Göttlichkeiten dann zusammen mit ein paar klein geschnittenen Avocados, frischen Tomaten, einer dünn geschnittenen roten Zwiebel, ein bisschen Koriander, Salz, Olivenöl und Limettensaft zu einem Salat zu verrühren, über den jeder, der ihn probiert, verlässlich lächelt (ein Rezept, das ich so ähnlich mal in einem Gwyneth-Paltrow-Kochbuch gefunden hatte). Das Glück, ein paar Löffel Zucker mit ein paar Löffeln Wasser in Karamell zu verwandeln.

Zu sehen, wie der Zucker langsam schmilzt und Blasen wirft, erst hell, dann bernsteinfarben, schließlich karamellbraun. Und diesen Karamell mit Butter zu einer Soße zu verrühren, mit fein geschnittenen sauren Äpfeln und Blätterteig zu belegen und das Ganze im Ofen zu backen, bis der Duft fast unerträglich wird. Und die Tarte Tatin, wenn ich sie endlich rausholen darf, weil der Blätterteig perfekt knusprig ist, noch stehen zu lassen, damit sie abkühlen und gestürzt werden kann, um sie endlich, endlich mit dicker französischer Crème fraîche zu essen (ein Rezept, das ich mal in einem ganz wunderschönen Weblog namens Photisserie gefunden habe). Oder der Trick, ein paar Möhren in Scheiben zu schneiden, sie erst zu kochen und dann zu braten, bis sie wie der Komparativ einer Möhre schmecken. Sie dann mit gebratenen Zwiebeln zu verrühren, mit Koriander, Zimt, Kreuzkümmel und griechischem Joghurt (eines der vielen Rezepte, für die ich Yotam Ottolenghi verehre).

All das ist so überhaupt nicht sinnlos.

Es macht mich ruhig, Berge von Möhren in dünne Scheiben zu schneiden. Und ich komme endlich wieder mit der Magie der Natur in Kontakt, die ich als durchschnittlich lebender Stadtmensch mit dem Ende meiner Kindheit hinter mir gelassen habe. So, wie ich lebe, fühle ich mich oft ortlos, die Kommunikation findet immer häufiger bloß noch digital statt, die Geräte haben alle eine perfekt glatte Haut. In der Küche aber, wenn ich Paprikagehäuse von ihren Samen putze oder eine Zwiebel schneide, merke ich endlich wieder, dass ich auf einem potenten Planeten lebe. Dazu kommt, dass das Kochen in meinem Leben zu den letzten Inseln der Handarbeit gehört. Ich sitze ja sonst immer nur am Schreibtisch und tippe Texte, keine Tätigkeit, die die Sinnlichkeit fordert und fördert, alles passiert in meinem Kopf. Beim Kochen dagegen ist ständig mein ganzer Körper beschäftigt. Ich knete Teige, mit all der Kraft, die ich in mir habe. Ich verbrenne mir die Finger. Ich probiere. Es duftet. Es zischt.

Und: die Zeitmaschine, die Essen sein kann! Ein Bissen von einer Kohlroulade, und ich sitze wieder mit meinen Eltern und drei Geschwistern an einem Tisch. Ein Löffel Thai-Curry, und ich bin wieder in dieser winzigen Wohnung in der Hamburger Neustadt und frage mich, wie ich diesen Mann je wieder aus meinem Kopf kriegen soll (gar nicht, glücklicherweise). Überhaupt: der Wahnsinn und die Erfüllung, die Frustration und die Glücksgefühle, das Einfache und das Komplexe des Kochens. Vor ein paar Tagen habe ich dem mexikanischen Koch Enrique Olvera in der Dokumentation »Chef’s Table« dabei zugesehen, wie er Mole macht. In seiner Mole madre werden rund 100 Zutaten verarbeitet. Er braucht für die Zubereitung 895 Tage, also 21.480 Stunden. Wenn ich solche Geschichten höre, dann bekomme ich Gänsehaut und denke daran, was ich noch alles kochen und essen, lernen und ausprobieren, schmecken und beseufzen kann. Manchmal kommt es mir vor, als hätte ich zum ersten Mal den Himmel gesehen.

Wie macht ein Österreicher Schnitzel?

Ernst Schleich

Angestellter der österreichischen Botschaft in Berlin

Ein Stück Kalbfleisch panieren und goldbraun backen: Das klingt nicht schwer. Aber wie das so ist mit den einfachen Dingen – man kann vieles falsch machen bei ihnen. Ernst Schleich macht alles richtig. Und er weiß auch, dass es ein Reserveschnitzel geben muss

Mein Mann ist Österreicher. Ich habe viel von ihm gelernt. Zum Beispiel, dass man gleichzeitig nett und muffig sein kann, dass sich ziemlich jede Zumutung mit einem »Geh, bitte!« anraunzen lässt, dass Aprikosen keine Marillen sind und man ohne die Redewendung, »das geht sich (nicht) aus« nicht wirklich gut durchs Leben kommt. Nur eines hat er mir nie beigebracht: wie man Wiener Schnitzel macht. »Geh, bitte«, sagt er, »warum solltest du Wiener Schnitzel machen, wenn du mich hast, außerdem wirst du eh nie verstehen, was ein Wiener Schnitzel zu einem Wiener Schnitzel macht.« Dann legt er seine Stirn in dramatische Falten und zählt mein Sündenregister auf: dass ich nichts dabei finde, mein Schnitzel mit Ketchup in Kontakt zu bringen (was wahr ist und wirklich gruselig) und ich meinen Kartoffelsalat gerne mit Joghurt und gehackten Essiggurken esse (was wahr ist und wirklich großartig schmeckt). Oder dass wir Deutschen es nicht hinbekommen, ordentliche Semmelbrösel anzubieten. Dafür kann ich persönlich zwar nichts, in meiner Eigenschaft als Deutsche aber sehr wohl.

Ich fragte also nicht ihn, sondern Ernst Schleich nach seinem Schnitzelrezept. Über das Schnitzel von Herrn Schleich wurde mir ausführlich vorgeschwärmt. Und er ist bei der österreichischen Botschaft in Berlin beschäftigt und kümmert sich dort ums Veranstaltungsmanagement. Er hat also erstens einen Ruf als Schnitzelkoch (den mein Mann nicht hat), und seine Schnitzel sind gleichsam diplomatisch, ein Gruß aus der österreichischen Staatsküche, besser ging es einfach nicht. Ich musste ihn einfach nur dazu überreden, mir das Panieren und die Geheimnisse des wirklichen Kartoffelsalates beizubringen. Damit würde ich den Herrn Gemahl beschämen (und hoffentlich erfreuen). Dann stellte sich heraus, dass ich Herrn Schleich gar nicht überreden musste. »Gern«, sagte er, »gar kein Problem, das bringe ich Ihnen bei.« Eines schönen Frühsommerfreitagnachmittags stand er dann in unserer Küche. Herr Schleich, den zu duzen mir nie in den Sinn gekommen wäre, hatte sogar Semmelbrösel mitgebracht.

Wahrscheinlich sind die Semmelbrösel das Wichtigste am Wiener Schnitzel. Aus ihnen wird die das Fleisch umhüllende goldene Panade, wie der Piefke, also ich, sagt. Der Österreicher sagt Panier, und der Österreicher, den ich liebe, hatte so lange über das Paniermehl gejammert, das man hier bekommt, bis ich ihm irgendwann Panko vorgeschlagen hatte – die Brotkrümel also, in denen die Asiaten Gemüse panieren, und die es bei uns um die Ecke gibt. Das klappte ganz gut. Möglicherweise waren sie ein wenig zu groß, aber immerhin nicht so klein und sandig, dass alles zu matschen begann. Seitdem gab es öfter Schnitzel. Wenn auch nicht die echten mit Semmelbröseln.

Dafür war jetzt Herr Schleich da. Er kannte eine Bäckerei in Berlin, die anständige Semmelbrösel machte – aus altem, geriebenem Weißbrot. Wir würden also echte Wiener Schnitzel machen. Staatsschnitzel, die so schmecken würden wie 1902 in der Hofburg oder sonntags bei Sigmund Freud, ein Gericht, für dessen Geschmack und Zubereitung eherne Regeln gelten, die man zu respektieren hat. Ein Mahl, das so bedeutsam für die österreichische Seele ist, dass man, wie Herr Schleich es an diesem Nachmittag sagte, den Adler im Staatswappen auch durch ein Schnitzel ersetzen könnte.

Das Fleisch: Kalbsschnitzel, dünn geschnitten. Ich hielt ihm schon den Fleischklopfer hin, den mein Mann einmal angeschafft hatte, aber Herr Schleich schüttelte energisch den Kopf. »Nein, tschuldigens, der Fleischklopfer geht gar nicht.« Der Fleischklopfer hatte nämlich Spitzen, die die Fasern des Schnitzels zerstören würden, und wer bitte möchte ein fasertief zerstörtes Schnitzel essen? (Es war der Moment, in dem ich innerlich ein klitzekleines bisschen zu triumphieren begann: Ich wusste jetzt schon mehr über das Schnitzel als der Österreicher, mit dem ich lebe, der nämlich immer ganz ungerührt mit dem Fleischklopfer ins Fleisch gehämmert hatte.) »Und jetzt?«, wollte ich wissen. Er ließ sich unsere kleine Stielkasserolle geben. Dann klopfte er das Fleisch mit deren Boden platt. In seiner Küche hätte er das mit einem Fleischplattierer gemacht, aber der Topf ging auch, Hauptsache, das Fleisch bekam es mit einer glatten Oberfläche statt mit faservernichtenden Riffelungen zu tun. Das Schnitzelklopfen, hatte mein Mann mir übrigens oft erzählt, war jenes Geräusch, das ihn immer an Wien erinnerte. »Jeden Sonntag, wenn du durch ein Mietshaus gehst, hörst du, wie die Menschen in ihren Küchen Schnitzel klopfen.« Und so, wie er das erzählte, klang es sehr poetisch. Dabei hat das Schnitzelklopfen einen ganz sachlichen Grund: Die Schnitzel müssen dünn sein. Man muss es schaffen, das Fleisch in derselben Zeit durchzubacken wie die Panier braucht, den vorgeschriebenen Goldton anzunehmen. Es dürfen ja weder das Schnitzelfleisch halbroh bleiben noch sein goldener Mantel verbrennen. »Wie dünn genau?«, fragte ich also. »Sieben Millimeter«, sagte Herr Schleich. Es gibt auch Köche, die behaupten, es dürften höchstens 3 Millimeter sein, andere sprechen von 4 Millimetern, wieder andere schwören, das perfekte Wiener Schnitzel habe eine Dicke (oder vielleicht eher: Dünne) von 5 Millimetern.

Als die Schnitzel 7 Millimeter dünn waren, setzte eine lange perfektionierte Choreographie ein. Herr Schleich nahm ein Stück Fleisch, zog es liebevoll durch einen tiefen Teller mit Mehl, wendete es, zog es noch einmal durchs Mehl, schüttelte das überflüssige Mehl ab, sehr sachte; er zog das Fleisch durch einen zweiten, tiefen Teller, in dem er 3 Eier sorgsam mit einer Gabel verschlagen und gesalzen hatte; dann wälzte er es in einer Auflaufform voller Semmelbrösel, ganz zart nur. Er klopfte die Brösel nicht fest, weil das ein unverzeihlicher Fehler gewesen wäre, die Panier sollte sich ja wellen – »soufflieren« nannte Herr Schleich das. Sie sollte das Schnitzel nicht einsperren wie eine zu enge Wurstpelle, sondern das Fleisch so locker umhüllen wie ein perfekt sitzender Trenchcoat. Dann kam das Schnitzel auch gleich schon in die Pfanne, in der er zuvor eine ganze Flasche Pflanzenöl erhitzt hatte. Richtig, eine ganze Flasche. »Das Schnitzel«, sagte Herr Schleich und machte eine kurze Pause, »muss schwimmen.« Und damit es gut schwimmen kann, muss genügend Öl in der Pfanne sein, zwei bis drei Zentimeter hoch muss es stehen, und es muss heiß genug sein, sonst wird alles matschig – aber nicht so heiß, dass das Schnitzel verbrennt. Herr Schleich maß die korrekte Temperatur mit einem einfachen Trick: Er formte einen der Brösel, die sich beim Panieren an seinen Fingern gesammelt hatten, zu einer kleinen Kugel und warf sie ins Öl. »Wenn sie zischend hochgeht, ist das Öl zu heiß, dann muss man es ein wenig herunterkühlen lassen. Taucht sie einfach unter, ist das Öl noch zu kalt.« Man kann, soweit ich das nachgelesen habe, auch einen befeuchteten Holzspieß in das erhitzte Öl tauchen – steigen dann schnell Bläschen auf, ist die Temperatur korrekt.

Gleich nachdem das Schnitzel in die Pfanne gelegt worden war, begann Herr Schleich an derselben zu ruckeln, nicht ruppig, eher aus dem Handgelenk heraus. »Das dient dem Soufflieren«, sagte er. Das Öl sollte ein wenig verteilt werden und das Schnitzel sich nicht faul niederlassen. Nach anderthalb Minuten wurde es gewendet, er erkannte den richtigen Zeitpunkt nicht nur an der goldbraunen Farbe, sondern auch daran, dass das Schnitzel jetzt anders klang. »Das Schnitzelbraten hat viel mit Gehör zu tun«, sagte er. »Hören Sie … Jetzt«. Und ich bilde mir ein, dass das Pfannenbrutzeln tatsächlich anders klang als am Anfang des Schnitzelbratens, es wird nämlich immer höher. Er drehte das Schnitzel um. Rüttelte wieder ein wenig. Nahm es schon nach einer Minute aus der Pfanne, weil es goldbraun und ganz genau richtig war, und bettete es auf einen Teller mit Küchenkrepp, um das überschüssige Öl aufzufangen. Das Schnitzel sollte ja nicht fettig, sondern knusprig sein.

»Was für ein Prachtstück«, dachte ich und sagte es auch schon. Die Hülle hatte sich ein wenig gewölbt und Blasen geworfen, und sie leuchtete golden wie ein neuer Sommertag. »Wollens kosten?«, fragte Herr Schleich. Ich nickte. Herr Schleich schnitt es auf, unser erstes gemeinsames Schnitzel, das er Probierschnitzel nannte. »Es ist wichtig«, sagte er, »dass es immer ein Probierschnitzel gibt.« Er schnitt einen Bissen ab und gab ihn mir. »Gut«, fragte er. »Ein Gedicht«, sagte ich. Er lächelte.

Nun ging es weiter. Ein Schnitzel nach dem anderen wanderte in die Pfanne, aber nie mehr als zwei gleichzeitig. Sie wurden gerüttelt, gewendet, erneut gerüttelt, auf Küchenkrepp getrocknet und dann im Backofen bei 50 °C auf einem mit Küchenkrepp ausgelegten Rost warm gehalten, bis unser Schnitzelberg fertig war. »Wer soll das alles essen?«, fragte ich. »Sie werden schon sehen«, antwortete Herr Schleich. Und dass es auch wichtig sei, immer ein paar Reserveschnitzel zu machen, für die sich beim Schnitzelessen unweigerlich einstellende Schnitzelgier.

»Essen ist fertig!«, rief ich, und mein Mann und meine große Tochter, die schon lange gelitten hatten, weil der Duft aus der Küche ihre Gier immer weiter angefacht hatte, saßen eine Sekunde später am Esstisch, mit gezückten Messern und Gabeln. Glücklich sahen sie zu, wie auf jedem Teller ein Schnitzel, eine Portion Kartoffelsalat, eine Portion Gurkensalat, eine liebevoll eingedrehte Zitronenscheibe und ein Klecks Preiselbeeren Platz nahmen. Noch glücklicher waren sie darüber, dass der Schnitzelberg weiterhin riesig war, es gab ja noch jede Menge Reserveschnitzel.

Dann saßen wir da und sprachen über Gott und die Welt, vor allem über die Welt. Herr Schleich erzählte von seinen Jahren in Moskau und Paris und von Berlin, wo er nun schon seit Eröffnung der Botschaft 2001 als Angestellter arbeitet. Nebenbei aßen wir den Schnitzelberg kleiner. Es war einer dieser Abende, die noch lange bei einem bleiben und an die man sich immer mit einem Lächeln erinnert, nicht bloß wegen der göttlichen Schnitzel, auch wegen des Mannes, der sie für uns gekocht hatte.

»Und«, fragte ich, nachdem Herr Schleich wieder gegangen war. »Das beste Schnitzel, das ich je hatte«, sagte mein Mann. »Kann ich jetzt auch machen«, sagte ich (obwohl ich natürlich wusste, wie viel Übung es mich kosten würde, meine Schnitzel-Choreographie auf ein ähnliches Eleganzniveau wie das von Herrn Schleich zu bringen). »Frau meines Lebens«, sagte er. »Ach, ihr Österreicher«, sagte ich, »ich mag euch ja so.« »Du willst doch immer nur unsere Schnitzel«, sagte er. Dann mussten wir lachen.

Die Profitipps von Ernst Schleich

Ein echtes Wiener Schnitzel wird immer aus Kalbfleisch gemacht. Wird es aus Schweinefleisch hergestellt, darf es sich nur »Schnitzel Wiener Art« nennen.Das Fleisch vor dem Plattklopfen immer gut abwaschen und anschließend mit Küchenkrepp trocknen.Das Schnitzel nicht mit einem Fleischklopfer dünn klopfen – die Spitzen zerreißen nämlich die Fasern und das Fleisch wird trocken. Mit einem Fleischplattierer oder dem Boden einer kleinen Kasserolle gleichmäßig dünn auf 7 Millimeter klopfen. Manche Köche legen das Schnitzel dabei zwischen Frischhaltefolie.Kein fertiges Paniermehl verwenden, sondern selbst eines machen oder eines beim Bäcker kaufen, das aus puren Semmelbröseln besteht – es darf bitte nichts anderes dabei sein.Die Eier für die Panier sanft mit einer Gabel aufschlagen und anschließend salzen.Beim Vorbereiten des Schnitzels liebevoll vorgehen. Die Semmelbrösel sollten nie festgeklopft oder angedrückt werden, sonst souffliert das Schnitzel später nicht.Immer genug Öl in die Pfanne geben, die Schnitzel sollen schwimmen, sonst brennen sie unten an und sind oben zu hell. Also 2 bis 3 Zentimeter neutrales Pflanzenöl in eine hohe Pfanne geben und bei mittlerer Hitze erwärmen. Darauf achten, dass das Öl nicht zu heiß wird (sonst verbrennen die Schnitzel oder werden trocken), aber auch nicht zu kalt (sonst saugen sich die Schnitzel mit Fett voll und werden lätschert).Ruckelt man ein wenig an der Pfanne, sobald die Schnitzel im Öl sind (dabei bitte immer aufpassen, das Fett ist sehr heiß!), kann sich die Panier vom Fleisch lösen und »soufflieren«, weil das Öl beim Pfannenruckeln über das Schnitzel schwappt. Nach dem Wenden des Schnitzels erneut ruckeln, bis das Schnitzel eine goldbraune Farbe hat.Das Schnitzel nach dem Backen auf einen mit Küchenkrepp ausgelegten Teller legen, damit das überschüssige Fett abtropfen kann.Ob man Butterschmalz, Schweineschmalz oder Öl verwendet, ist eine reine Geschmacksfrage. Ich nehme gerne ein neutrales Pflanzenöl, um den Eigengeschmack des Schnitzels nicht zu überlagern.

Ein Wiener Schnitzel wird ohne Soße gegessen – sieht man von Preiselbeeren einmal ab.

Als Beilage essen die Wiener zu ihrem Schnitzel klassischerweise lauwarmen Kartoffelsalat und einen Gurkensalat. In der Steiermark wird zum Kartoffelsalat auch gerne Vogerlsalat (also: Feldsalat) gegeben und das Dressing mit Kürbiskernöl gemacht. Beim Gurkensalat gibt es Varianten mit und ohne Rahm, Dill und Knoblauch. Manche Wiener Restaurants servieren auch in Butter geschwenkte Petersilienkartoffeln als Beilage. Ich serviere mein Schnitzel mit Zitronenscheiben und krauser Petersilie statt mit einer »Wiener Garnitur« aus Sardellen und Kapern.

Die Kartoffeln (idealerweise die Sorte Kipfler, die es in Deutschland aber kaum gibt, oder Sieglinde) für den Kartoffelsalat vorm Kochen nicht schälen, sonst verlieren sie ihre Stärke. Kocht man sie mit Schale und lässt sie dann kurz abkühlen, bevor man sie schält und schneidet, bleiben die Scheiben kompakt und zerfallen nicht.

Ich gebe gerne 2 Teelöffel Estragon-Senf (ersatzweise: mittelscharfen Senf) zum Kartoffelsalat. Den schmeckt man nicht wirklich heraus, er würde aber fehlen, wäre er nicht dabei.

Den Knoblauch für den Gurkensalat erst schälen, dann halbieren, den Strunk herausschneiden, mit der Rückseite eines Messers zerschlagen und eventuell noch ein wenig klein schneiden. Der Unterschied zwischen dem Pressen des Knoblauchs in einer Knoblauchpresse und dem Zerdrücken liegt in seiner Schärfe. Presst man den Knoblauch, schmeckt er wesentlich schärfer, als wenn man ihn zerdrückt und zerschneidet.

Wiener Schnitzel

von Ernst Schleich | Menge: für 4 Personen

ZUTATEN

Kalbsschnitzel für 4 Personen (ca. 1 kg, wenn es ein Schnitzelberg werden soll, sonst ca. 600 g)

Mehl

3 Eier

Semmelbrösel

neutrales Pflanzenöl

1 Zitrone

krause Petersilie

Salz

ZUBEREITUNG

Den Ofen auf 50 °C Ober-/Unterhitze vorheizen. Die Schnitzel waschen, mit Küchenkrepp abtupfen und mit einem Fleischplattierer oder der Unterseite einer Kasserolle vorsichtig auf eine Dicke von 7 mm klopfen. Auf beiden Seiten salzen.Für die Panade (der Österreicher sagt: Panier) einen tiefen Teller mit Mehl bereitstellen, die Eier in einem tiefen Teller vorsichtig mit einer Gabel verschlagen und salzen. Die Semmelbrösel in eine kleine Auflaufform geben (so hat man beim Panieren besonders viel Platz, ein großer, tiefer Teller tut es aber natürlich auch). Dann die Schnitzel in Mehl wenden, durch die Eier ziehen und in den Semmelbröseln wenden (die Semmelbrösel aber nicht mit den Händen festdrücken).Neutrales Pflanzenöl (etwa 2–3 cm Tiefe) in einer Pfanne erhitzen. Nicht zu wenig Öl nehmen, die Schnitzel sollen im Öl schwimmen. Die vorbereiteten Schnitzel portionsweise vorsichtig in die Pfanne legen. Unter wiederholtem Rütteln etwa 1 ½–2 Minuten anbräunen lassen, dann wenden und so lange an der Pfanne weiterrütteln, bis die Schnitzel eine goldbraune Farbe haben. Mit einem Pfannenwender vorsichtig aus der Pfanne heben und auf einen mit Küchenkrepp bedeckten Teller legen, damit überschüssiges Fett abtropfen kann.Die Schnitzel im vorgeheizten Ofen warm halten, bis alle Schnitzel gebraten sind. Die Zitrone heiß abspülen und achteln. Die Petersilie waschen, trocken schütteln und die Stiele abschneiden. Den Schnitzelberg mit Zitronenspalten und krauser Petersilie garnieren.

Tipp: Dazu schmecken Preiselbeeren aus dem Glas.

Erdäpfelsalat (Kartoffelsalat)

Menge: für 4 Personen

ZUTATEN

600 g festkochende Kartoffeln

ca. 250 ml Gemüsebrühe

2 kleine rote Zwiebeln

3 EL Apfelessig

6 EL Pflanzenöl, zum Beispiel Rapsöl

2 TL Estragon-Senf, alternativ: mittelscharfer Senf

Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer

ZUBEREITUNG

Die Kartoffeln (oder: Erdäpfel, wie der Österreicher sagt) abspülen, in einen Topf mit Wasser geben, sodass sie gerade anfangen zu schwimmen und in ca. 20 Minuten bissfest garen. Anschließend das Wasser abgießen, die mit Schale gekochten Kartoffeln kalt abspülen, kurz abkühlen lassen und schälen. Dann in feine Scheiben schneiden und in eine Schüssel geben.Die Gemüsebrühe erwärmen und die Kartoffeln sofort mit ihr übergießen, damit sie die Flüssigkeit gut aufnehmen können.Dann die Zwiebeln schälen, fein hacken und mit dem Apfelessig, dem Öl und dem Senf dazugeben. Kräftig durchrühren, salzen und pfeffern. Am Ende noch einmal alles mit Apfelessig und Salz abschmecken.

Gurkensalat

Menge: für 4 Personen

ZUTATEN

2 Bio-Gurken (ca. 800 g)

2 Dillspitzen

1 Knoblauchzehe

200 g Crème fraîche (man kann auch saure Sahne nehmen)

3 EL Apfelessig

Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer

ZUBEREITUNG

Die Gurken schälen und mit einem Gemüsehobel in feine Scheiben hobeln, in eine Schüssel geben und großzügig salzen. 15–20 Minuten ziehen lassen. Das zieht das Wasser aus den Gurken und macht sie weicher. Anschließend die Gurkenscheiben mit der Hand über einem Sieb gut ausdrücken, damit der Salat später nicht zu wässrig wird.Den Dill abspülen, trocken schütteln, fein hacken und unterrühren. Den Knoblauch schälen, mit der Rückseite eines Messers platt drücken, fein hacken und ebenfalls zum Salat geben.Dann die Crème fraîche und den Apfelessig unterheben. Vorsichtig mit Salz abschmecken, die Gurken wurden ja schon am Anfang gesalzen, und pfeffern.

Schön langsam

Ich bin nicht geduldig, war ich noch nie. Wenige Dinge machen mich so wahnsinnig wie eine Straßenbahn, die mir direkt vor der Nase wegfährt – selbst wenn die nächste schon in fünf Minuten kommt. Ich finde Arztbesuche weit weniger schlimm als das Herumsitzen im Wartezimmer. Und wenn man mir dabei zusehen möchte, wie ich nervös werde, dann setzt man mich vor ein Puzzle mit 1000 Teilen. Auch in der Küche muss es bei uns des Öfteren schnell gehen. Wenn ich gearbeitet und das Kind abgeholt habe und wir alle hungrig sind, mag ich nicht noch eine Stunde künstlerisch Gemüse schnitzen oder in drei verschiedenen Läden fünf Gewürze zusammenkaufen.

Manchmal aber dreht sich die Welt selbst für mich ein wenig zu schnell – und in letzter Zeit passiert mir das immer öfter. Das Mittagessen to go, der Kaffee sowieso, das Abendessen ein 15-Minuten-Menü. Eben noch die SMS beantworten und die E-Mails, die sich schon wieder im Posteingang sammeln, danach fix das Sportprogramm abhaken, zum Glück dauert das nur effektive 25 Minuten, da bleibt mehr Zeit, um vor dem Schlafengehen noch ein bisschen was wegzuarbeiten. Sogar die Entschleunigung soll möglichst schnell eintreten.

Wann ist das Leben zum Dauerlauf geworden? Oder kommt mir das erst so vor, seit ich ein Kind habe? Die ersten Monate mit meinem ersten Kind waren Monate in Zeitlupe. Gemeinsam mit ihr unsere Straße hinunterzugehen, konnte manchmal einen halben Nachmittag dauern. Jede Blume, jeder Stein, jede Wolke, jeder Hund war ein riesiges Wunder. Sie konnte Stunden damit verbringen, einen kleinen Koffer ein- und wieder auszuräumen. Oder einen Turm aufzubauen, um ihn wieder umzuwerfen, um ihn wieder aufzubauen, um ihn wieder umzuwerfen. Manchmal hielt ich es kaum aus, ihr dabei zuzusehen. Aber mit der Zeit fiel es mir immer leichter, mit ihr zusammen langsam zu sein, mich in diesen anderen Rhythmus hineinfallen zu lassen, der so gar nicht meiner war – es mir bequem zu machen in der Zeit, die es plötzlich nicht mehr eilig hatte.