Herzpflaster oder die Frage, ob ich meinen Mann noch einmal heiraten würde - Sabine Wolf - E-Book
SONDERANGEBOT

Herzpflaster oder die Frage, ob ich meinen Mann noch einmal heiraten würde E-Book

Sabine Wolf

0,0
0,00 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 5,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Jetzt schon Lust auf Sommerurlaub, aber der ist noch nicht möglich?
Ab in diesen abgeschlossenen Roman!! Hier wird es warm, hell und humorig!
 
Manu sitzt mit ihren beiden Freundinnen beim entspannten Abendessen zusammen. Wie immer lästern sie über Gott und die Welt und amüsieren sich. Zumindest so lange, bis Manu vermeintliche Kleinigkeiten berichtet, die in der Frage gipfeln, ob sie ihren Mann Dennis noch einmal heiraten würde. Als sie mit einem lahmen "Ja, schon" antwortet, ist klar, dass sie einmal gründlich über ihre Ehe nachdenken muss. Ob ein Kurzurlaub auf Mallorca da eine Entscheidungshilfe sein kann?
 
Tauchen Sie ein in Manus Gefühlschaos, lachen Sie über Manus wirre Gedankengänge und träumen Sie sich mit Manu an den warmen Sandstrand!
 
Von der Autorin von "Der Zwischenmann"

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Sabine Wolf

Herzpflaster oder die Frage, ob ich meinen Mann noch einmal heiraten würde

Ein humoriger Liebesroman

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

1

«So, genug von meinen Kindern! Was gibt es denn bei Euch Neues?», wollte ich wissen. Es war Sonntag Abend und ich saß mit meinen beiden Freundinnen bei unserem Lieblings-Griechen. Hauptsächlich kamen wir allerdings nicht wegen der guten Bifteki oder dem leckeren Stifado, der durch Zimt, Muskat und Lorbeer seine richtige Würze bekam, sondern weil die Tische hier durch bepflanzte Raumteiler eine gewisse Privatsphäre erhielten, die wir für unsere Treffen immer dringend benötigten. Schließlich wusste man nie, welche Themen hier so zur Sprache kamen.

Von meinen Kindern hatte ich jedenfalls genug berichtet: dass Lennart uns schon wieder mit der Frage nach dem Führerschein für ein Leichtkraftkrad in den Ohren lag, weil er doch bald sechzehn würde, die Schule nach der zehnten Klasse beenden wollte und ich schon in der Schule antanzen durfte, weil er wiederholt unpünktlich erschienen war, und dass Kristin die zweite Französisch-Arbeit wahrscheinlich genauso verhauen hatte wie die erste und daher mit einem einwöchigen Handy-Verbot zu rechnen hatte. Mit Hausarrest konnte man eine Zwölfjährige heute nicht mehr bestrafen, solange das WLAN funktionierte. Und ja, ich weiß, dass das voll spießig ist, aber ohne YouTube hätte sie nun mal mehr Zeit, Vokabeln zu lernen.

«Tja, was soll ich sagen?», fing Sabine an, «Seit dem Trara mit Jan habe ich schon über fünf Kilo zugenommen. Milka könnte mir auch jeden Monat eine Lkw-Ladung direkt zukommen lassen, dann würde der Supermarkt sich das Einräumen ins Regal sparen und ich bräuchte die Tafeln nicht nach Hause zu schleppen.» Wir lachten erwartungsgemäß ein wenig, aber ihr Tonfall ließ erahnen, wie genervt sie war. «Das einzig Praktische ist, dass meine zusätzlichen Pölsterchen ja niemandem auffallen: mich sieht außer mir selber ja niemand ohne weite Klamotten, die alles kaschieren. Und Zeit für Sport habe ich schon gar nicht mehr. Bin ja schon froh, wenn ich mal Zeit für so was hier habe», dabei machte sie eine weite Bewegung mit den Armen, die wohl den Tisch, das Restaurant oder uns drei beinhalten sollte, «weil ich Lukas bei einem Freund schlafen lassen konnte. Nächstes Wochenende habe ich dafür beide. Aber wir Alleinerziehenden müssen eben zusammen halten.»

Sabine lebte seit gut einem Jahr getrennt von Jan und war seit wenigen Wochen offiziell geschieden - der Herr hatte keinen Tag länger verstreichen lassen als nötig. Nach der Scheidung hatte er Sabine gesagt, dass er nun ‹so schnell wie möglich› seine Neue, die noch dazu älter war als Sabine und schon zwei Kinder hatte, heiraten wolle. Angeblich sagte er das ‹nur, damit sie es nicht von anderer Stelle hört und sich hintergangen fühlt›.

So ein Quatsch, er wollte es sich nur nicht nehmen lassen, ihr das persönlich unter die Nase zu reiben! Hätte er sie gar nicht erst mit der Anderen betrogen, hätte sie auch keinen Grund gehabt, sich hintergangen zu fühlen. Und dann noch diese Dreckigkeit, noch nicht einmal eine Jüngere zu nehmen. Ich meine, wenn man schon verlassen werden muss, dann doch wohl für eine Jüngere! Welch eine riesengroße Unverschämtheit, auch noch für eine Frau verlassen zu werden, die älter ist als man selbst. Das müsste wirklich mal gesetzlich verboten werden! Da konnten wir Sabine noch nicht einmal mit alten Weisheiten, wie der, dass das Gehirn von Männern einfach nicht so gut entwickelt war wie seine Augen, weiterhelfen.

«Und wenn du jetzt gleich vom Stuhl fällst, wir `nen Krankenwagen rufen müssen und ein wahnsinnig gut gebauter Sanitäter dich behandelt? Dann schämst du dich für die Pölsterchen und versaust dir ‘ne erstklassige Chance auf ‘nen Neuen», gab Tammy, die die ganze Zeit über kauend zugehört hatte und daher als Einzige nur noch ein paar Pommes auf dem Teller hatte, zu bedenken.

Sie war seit vielen Jahren Single, gab aber die Hoffnung nicht auf, dass irgendwann einmal der berühmte Richtige auftauchen würde - Warten auf Mr. Right. Sie hatte uns schon mit vielen lustigen, aber auch leider noch mehr abstrusen und unglaublich unverschämten Geschichten über Dates, die sie über verschiedene Apps verabredet hatte, kurzweilige Abende beschert. Diese Dates hatten regelmäßig in kleinen bis mittleren Katastrophen geendet. Das war zwar dann an den jeweiligen Abenden immer eine riesige Enttäuschung für Tammy, aber wenn sie uns die Geschichten dann später in unserer kleinen Runde zum Besten gab, machte die Aufarbeitung einfach Spaß. Wie oft schon hatten wir Tränen gelacht über Männer, die glaubten, dass es nicht auffallen würde, wenn sie sich zehn Jahre jünger machten, über Männer, die von sich selbst erzählten, als seien sie die anbetungswürdigsten Vertreter ihrer Art (die sollten sich doch ernsthaft mal fragen, warum sie immer noch ‹übrig› waren), oder über Männer, die die Auswahl der Verabredung tatsächlich mit ihrer Mutti besprochen hatten. Meine persönliches Lieblingsdesaster war die Verabredung mit dem ‹sportlichen 48-jährigen Nichtraucher›, der sich als leicht übergewichtiger, nach Pfeifentabak riechender Mittfünfziger herausstellte, dem an einem warmen Sommerabend der Schweiß, der ihm aus allen Poren lief, die Farbe aus den schlecht getönten Resthaaren laufen ließ.

Heimlich vermutete ich allerdings, dass die Enttäuschungen sich vielleicht auch in Grenzen hielten und Tammy einfach nicht bereit war, ihre Freiheit für einen Mann aufzugeben bzw. einzuschränken. Sie genoss wohl lieber die Aufregung und Abwechslung, die sich mit jedem neuen Kennenlernen verband und nahm die schlechten Dates eher achselzuckend zur Kenntnis.

Tammy hatte zumindest diese Art des Kennenlernens aber aufgrund der schlechten Ausbeute aufgegeben. Nun ja, der Satz ‹Die wollen doch alle bloß schnell mal ein Nümmerchen schieben› ist auch das ein oder andere Mal Fazit einer Verabredung gewesen (obwohl Tammy diejenigen, die dieses Vorhaben bereits im zweiten Satz des ersten Chats zum Ausdruck brachten, grundsätzlich aussiebte). Statt dessen legte sie Wert darauf, immer und überall für den Fall gerüstet zu sein, dass ihr endlich ihr persönlicher Mr. Right in natura über den Weg lief, sei es im Wartezimmer beim Arzt (auch der Arzt selbst kam natürlich in Frage, was dazu führte, dass sie trotz kompetenten medizinischen Fachwissens im Falle eines Eheringes nicht noch einmal die gleiche Praxis aufsuchen würde), im Fitness-Studio oder an der Supermarktkasse.

Sie war aber auch nicht der Typ Frau, der sich nur wegen ein paar gemeinsam erarbeiteten Höhepunkten sofort verliebte. Sie hatte auch schon von Kandidaten berichtet, die laut ihrer Aussage nur für ein paar schöne Stunden gut waren, aber definitiv kein Material für eine echte Beziehung. O-Ton Tammy: «Wirklich toll im Bett, wärt ihr nicht so monogam, würde ich euch den mal empfehlen, aber wenn er den Mund aufmacht, kommt echt nur dummes Zeug raus. Stahlharte Bauchmuskeln aber ‹Latte Matschiato› bestellen - fürchterlich.›

Sabine verdrehte in Bezug auf die erstklassige Chance die Augen.

«Du weißt aber, dass du Lukas jederzeit bei uns lassen kannst! Ich mach’ das gerne», kam ich auf Sabines Betreuungsproblem zurück.

Lukas war vier Jahre alt und ein kleiner Sonnenschein. Da meine Kinder schon ‹so alt› waren, hatte ich sogar Spaß daran, Zeit mit Lukas zu verbringen. Dieses Alter, in dem Kinder so langsam anfangen, die Welt zu begreifen bzw. sie sich auf ihre ureigene Art zu erklären, fand ich einfach niedlich. Außerdem freute er sich immer, wenn ich vorschlug, Memory zu spielen. Ich traute mich gar nicht mehr, meinen Kindern diesen Vorschlag zu machen, die würden mich glatt einweisen lassen. Schlimm war ja nicht, dass sie sich für zu groß für Memory hielten, schlimm war, dass ich erkennen konnte, dass sie sich bemühten, vor mir zu verbergen, für wie dämlich sie diesen Vorschlag hielten.

«Na klar, danke, aber du hast ja auch genug um die Ohren.»

«Och, was hab’ ich schon zu tun ...?», gab ich lahm zurück.

Tammy wurde sofort hellhörig: «Du? Was heißt denn hier, du hast nichts zu tun? Zwei Kinder, drei Vormittage arbeiten, dann noch Haushalt und Sport? Und vergiss bloß nicht, Zeit für deine Freundinnen zu lassen! Das ist doch wohl ‹was um die Ohren haben›, oder?» Während sie sprach hob sie die leere Flasche Retsina in Richtung des Kellners, was der mit einem Nicken als Bestellung einer weiteren Flasche bestätigte. Ich war die Einzige von uns, die den eh schon süßlichen Wein zusätzlich mit etwas Sprite streckte, auch wenn echten Weintrinkern schon bei dem Gedanken daran schlecht wurde. Aber einen teuren Tropfen, der würzig und beerig im Duft, samtig und voll auf der Zunge, und angenehm klar im Abgang war, an mich auszuschenken, war sprichwörtliches Perlen vor die Säue werfen. Der billige, süffige Fusel war für mich immer der beste. Oder gleich ein kühles Blondes.

«Ja, als Lennart und Kristin kleiner waren, da war ich viel beschäftigt. Ich fuhr ihn zum Fußballtraining und quatschte da noch mit anderen Eltern, fuhr Kristin zum Ballett, Reitunterricht, oder was sie sonst gerade machte und quatschte da noch mit anderen Müttern, oder hatte Kinder zu Besuch und quatschte noch mit deren Eltern, wenn diese die Kinder abholen kamen. Heute fahren die doch überall alleine hin bzw. gar nicht mehr hin und ich hocke allein zu Hause. Die drei Vormittage in der Praxis sind zwar nett, aber auch nicht der Knaller, seit Roswitha in Rente gegangen ist und einfach nicht ersetzt wurde. Jetzt sind die Leute genervt, weil alles länger dauert und wir sind genervt, weil die Leute so genervt sind.»

Ich arbeitete seit knapp zwei Jahren wieder als Arzthelferin bei Frau Dr. Rosenthal, einer Allgemeinmedizinerin. Der Job war wirklich nicht schlecht, aber nicht mehr so schön, wie damals mit Roswitha. Sie war einfach so ein Typ Mensch, der auch in hektischen Zeiten immer den Überblick behielt und schwierige Patienten mit einem netten Spruch in den Griff bekam. Bei ihrem Abschied in den wohlverdienten Ruhestand hatte ich eine ganze Sturzflut an Tränen vergossen und vermisste sie auch heute täglich. Zu allem Überfluss war sie mit ihrem Mann an die Nordsee gezogen, so dass bis auf diverse Beteuerungen, man würde sich bestimmt mal gegenseitig besuchen, und einigen Textnachrichten und Fotos nicht viel passiert war. Vor allem aber fehlte sie mir bei der Arbeit.

«Hast du in der neuen Firma denn schon allen gezeigt, wer ab sofort die Hosen anhat?», nutzte ich die Gelegenheit, von meinem Job auf Tammy zu lenken.

Tammy, eigentlich Tamara, hatte einen neuen Job bei einer Kette für Heimtierbedarf angenommen. Sie arbeitete dort im Bereich ‹HR› (das steht für ‹Human Resources› und ist neudeutsch für den Bereich Personal) und hatte nun einen weiteren Weg zur Arbeit, der zwar nicht besser entlohnt wurde, aber mit Leitungsfunktion verbunden war und sicherlich eh nur eine weitere Sprosse auf ihrer Karriereleiter darstellte.

Die lachte auf: «Ganz so flott geht das auch nicht. Erst mal muss ich mich ein wenig einarbeiten und alle beschnuppern. Die, die dir am Anfang den meisten Honig um den Bart schmieren, sind nicht immer die, auf die man sich wirklich verlassen kann. Und meinen Chef kann ich auch noch nicht richtig einschätzen, der kommt nicht so ganz aus der Deckung.»

«Gibt es denn jemanden, der dir aus anderen Gründen als als rein beruflichen aufgefallen ist?», wollte Sabine wissen.

«Leider komplette Fehlanzeige. Erst mal arbeiten da gar nicht so viele Männer, die überhaupt in Frage kommen, schließlich suche ich weder einen Greis noch einen Milchbubi. Und die drei, die dann noch übrig sind, sind entweder zu behaart (O-Ton Tammy: ‹Aus dem Brusthaar kannst du Zöpfe flechten, will gar nicht wissen, wie der am Rücken aussieht›), zu verheiratet oder zu schwul.

Na ja, lenkt mich wenigstens keiner von der Arbeit ab und ich kann mich voll und ganz auf meine Karriere konzentrieren. Mädels, alles ist für was gut.»

«Amen», schmiss Sabine ein und hob ihr Glas, worauf wir alle zum wiederholten Mal anstießen.

Gab es überhaupt zu verheiratet und zu schwul?, fragte ich mich unwillkürlich. Wahrscheinlich nicht, genauso wie es von schwanger und tot keine Steigerungen gab. Ich schaffte es aber, diese grammatikalischen Feinheiten unausgesprochen zu lassen, denn meinen Freundinnen wäre ich damit nur auf die Nerven gegangen.

«Sind denn beim BOP mal wieder ein paar Nette aufgetaucht?», wollte Sabine wissen und schenkte uns allen aus der Flasche nach, die der Kellner gerade gebracht hatte.

‹BOP› war die griffige Abkürzung für ‹Bauch, Oberschenkel, Po› und ein Gymnastik-Kurs, den wir alle drei bei der Volkshochschule belegt hatten und der dafür gesorgt hatte, dass wir uns vor drei Jahren überhaupt kennengelernt hatten. Wir verstanden uns prächtig und meine anfängliche Sorge, in einer Dreier-Freundschaft würde sich einer doch immer leicht ausgegrenzt fühlen, stellte sich als völlig überflüssig heraus.

Dieses Volkshochschulen-System kam mir sehr entgegen. Man meldete sich für einen Kurs, der ein Semester dauerte, an, zahlte, nahm teil und brauchte sich um keine Kündigungsfristen oder so zu kümmern. Ich hätte mir zu Beginn meines Wiedereinstiegs in die Welt der Sportler (Ich will ehrlich zu Ihnen sein: legen Sie ‹Sportler› bitte im aller-, allerweitesten Sinne aus!!) nicht vorstellen können, einen Zwei-Jahres-Vertrag in einem Fitness-Studio zu unterschreiben. Aber nur mal so für ein Semester ... das war schon okay. Und wenn man weitermachen wollte, konnte man einfach den nächsten Kurs ebenfalls buchen. So waren jetzt schon über drei Jahre zustande gekommen!! Ich sage das nicht ohne Stolz!

Sabine hatte wegen des Auszuges von Jan bzw. der damit fehlenden Kinderbetreuung den Sportkurs vor zwei Semestern an den Nagel hängen müssen. Tammy hatte wegen der vielen Überstunden, die sie in der alten Firma gemacht hatte, schon immer die ein oder andere Stunde verpasst und sich im letzten Semester gar nicht mehr für den nächsten Kurs angemeldet. Es war nicht mehr das Gleiche.

Und ich? Ich ging weiter hin.

Also eigentlich.

Also ich versuchte es.

Meistens.

Manchmal.

Also zumindest war ich weiter angemeldet ...

«Keine Ahnung, ich war in diesem Semester noch gar nicht da», gestand ich, versuchte aber, durch einen großen Bissen Fleisch, den ich mir schnell in den Mund schob, um eine Antwort herumzukommen.

«Und wisst ihr, was noch schlimmer ist?», schoss es entgegen aller Benimmregeln aus mir heraus, obwohl man mich aufgrund des vollen Mundes nicht gut verstehen konnte.

Hatte ich das jetzt wirklich gefragt? Um Zeit vor der Beantwortung meiner eigenen Frage zu schinden, schob ich mir schnell das letzte Stück Bifteki mit der letzten Pommes in den Mund. Tammy und Sabine sahen mich so erwartungsvoll an als hätte ich angekündigt, endlich ein Mittel gegen Cellulitis oder Altersflecken gefunden zu haben.

«Ich war beim ersten Termin dieses Semesters vorher noch kurz in der Stadt und hatte mir unter anderem auch ein Buch gekauft. Vor der Schule (in der der VHS-Kurs stattfand) überkam mich plötzlich die Unlust auf Sport und ich spielte mit dem Gedanken, stattdessen vielleicht schon mal das Buch anzufangen.»

Tammy lachte auf und sagte zu Sabine: «Du darfst genau ein einziges Mal raten, wer gewonnen hat.» Dabei hob sie den ausgestreckten Zeigefinger vor Sabines Gesicht. Die nickte grinsend, sah mich dann aber wieder an.

Ich lachte halbherzig mit und machte dann den großen Fehler, mit meinem Geständnis fortzufahren. Dabei wäre es so leicht gewesen, einfach zu behaupten, dass ich selbstverständlich weiter mehr oder weniger regelmäßig teilnahm (‹mehr oder weniger regelmäßig› musste auf jeden Fall in die Lüge, denn ein ‹absolut regelmäßig› wäre sofort als Lüge enttarnt worden). «Leider das Buch. Seitdem fahre ich jeden Dienstag um viertel vor sieben los, parke irgendwo, lese eine gute Stunde und fahre wieder nach Hause.»

Sowohl Sabine als auch Tammy legten die jeweilige Stirn in Falten und sahen mich entgeistert an. Jetzt wirkten ihre Blicke eher, als hätte ich behauptet, mir eine Glatze rasieren lassen zu wollen.

Nun, da ich es so laut ausgesprochen hatte, merkte ich auch, dass es ... nun ja ... besorgniserregend klang. Vor allem konnte ich auch jetzt noch nicht mal mehr mich selbst anlügen, ich täte es nur noch dies eine Mal und würde nächste Woche ganz, ganz bestimmt wieder reingehen.

«Warum?», fand Tammy nach einem kurzen Moment die Sprache wieder. Aber ihre Frage klang nicht ganz so, wie eine Frage klingen sollte. Es hörte sich mehr wie eine Feststellung an. So anklagend.

Tja, warum? Das hatte ich mich auch schon gefragt. Ebenso hätte ich versuchen können, die Betriebsanleitung meiner Waschmaschine ins Chinesische zu übersetzen.

«Ich weiß auch nicht. Irgendwie genieße ich diese Stunde so.» Ich schämte mich so, dass ich automatisch etwas leiser sprach. Fast so, als würde ich mit mir selbst reden, dabei war ich mir absolut bewusst, dass meinen Freundinnen weder eins meiner Wörter, noch die Botschaft, ein schlechtes Gewissen zu haben, die ich wohl eher durch nonverbale Kommunikation zum Ausdruck brachte, entging. Ich fühlte mich, als hätte jemand von der Totalen auf mein Gesicht gezoomt. Im Gegensatz zu Schauspielern, die diesen Moment ungeteilter Zuschauer-Aufmerksamkeit genießen, fühlte ich mich jedoch unbehaglich. So erwischt als stünde ich splitternackt auf dem Schulhof meiner Kinder.

Den Blick fest auf das Etikett der Retsina-Flasche gerichtet, murmelte ich: «Ich kann machen, was ich will, keiner weiß, wo ich bin, keiner unterbricht mich. Ich kann das gar nicht richtig erklären. Irgendwie ist es ‹meine› Zeit.» Trotz aller Scham ließ ich es mir nicht nehmen, imaginäre Anführungszeichen bei dem Wort ‹meine› in die Luft zu malen. Eine Marotte, die ich schon länger pflegte.

Wieder verging ein kurzer Moment, in dem Tammy und Sabine sich kurz verständnislos bis sorgenvoll ansahen.

Es war eine saublöde Idee gewesen, den beiden davon zu erzählen, stellte ich fest. Wenn ich selbst schon keine Antwort für mich hatte, wie sollte ich dann den beiden diese Auszeit erklären?

«Und die hast du zu Hause nicht?», fragte Tammy.

Jetzt war Sabine dran, aufzulachen: «Wie denn? Du hast doch selbst gerade aufgezählt, was sie zu Hause zu tun hat: da hocken zwei Teenager, die zwar nicht mehr wie Kindergartenkinder betüddelt werden müssen, aber trotzdem Wäsche im Kleiderschrank und drei Mahlzeiten auf dem Tisch brauchen, sowie ein Ehemann, der mindestens den gleichen Anspruch hat.»

«Das wird ja hoffentlich nicht alles sein, was der Ehemann so erwartet!», unterbrach Tammy.

Sabine grinste kurz und fuhr anschließend unbeirrt fort: «Dann noch der Haushalt und die drei Arbeitsvormittage.»

«Trotzdem wird es doch wohl mal möglich sein, ein Stündchen für sich abzuzweigen, in dem man in Ruhe gelassen wird», behauptete Tammy steif und fest und sah mich an als wartete sie auf meine Bestätigung, die jedoch ausblieb. «Schließlich sind die Gören ja wohl in der Lage, mal sechzig Minuten ohne Mami auszukommen und bevor Dennis an Unterernährung stirbt, wird er sich ja wohl auch mal ein Spiegelei in die Pfanne hauen können. Und nur, weil du halbtags arbeitest, heißt das doch nicht, dass du die einzige von euch Vieren bist, die mal den Putzlappen schwingen kann.»

Ich nahm ihr das Wort ‹Gören› nicht übel, denn Tammy hatte nun einmal nicht viel für Kinder übrig. Wozu ein Wesen in die Welt setzen, das nur schreien, schlafen und essen konnte? Wozu sich nachts aus dem Schlaf brüllen lassen, wenn doch jeder weiß, dass sieben Stunden Schlaf gut für den Teint waren? Wozu sich, wenn man nach fünfzehn Jahren glaubte, sie aus dem Gröbsten heraus zu haben, die Laune eines pickeligen, schlechtgelaunten Teenagers antun, wenn man stattdessen ein Wellness-Wochenende mit Fango, Massage und Prosecco genießen konnte? So etwa war Tammys Auffassung von Kindern. Netterweise hatte sie kein Problem damit, dass Sabine und ich eine andere Lebensplanung hatten und tatsächlich auch ‹Babyssitter-Dienste› angeboten - sobald die Kinder volljährig wären und Tante Tammy sie in die Kunst des Margarita-Trinkens einweihen konnte. Ich war mir sicher, dass es bestimmt nicht clever wäre, diesen ‹Dienst› in Anspruch zu nehmen.

Meine Kinder hingegen himmelten Tammy an. Wenn sie bei uns zu Besuch war und Geschichten aus ihrem Berufsalltag zum Besten gab, hingen sowohl Lennart als auch Kristin an ihren Lippen. Sie hatten mitbekommen, dass Tammy nicht nur entschied, welcher Bewerber einen Arbeitsplatz im Unternehmen bekam, sondern im Falle von Fehlverhalten auch Abmahnungen und sogar Kündigungen aussprechen konnte. Das machte sie in deren Augen zu einer Art Alleinherrscherin, auch wenn das so nicht ganz richtig war, da ihr die Firma ja nicht gehörte.

Aufgrund ihrer guten Figur und ihres guten Einkommens kleidete sie sich moderner als ich, fuhr das coolere Auto als ich und machte die exotischeren Urlaube als wir mit der Familie. Na klar, sie musste ja auch nicht in der Hauptsaison reisen und für vier bezahlen. Ehrlich, die Reisepreise zu Ferienzeiten sind eine Form modernen Raubrittertums.

Meine Kinder jedenfalls bewunderten Tammy in jeder Hinsicht und ich kam mir dann meist wie ein billiger Abklatsch vor, wie ein Heimchen am Herd, das einer Fünfziger-Jahre-Sitcom entsprungen war.

Wieso nur hatte ich das Thema überhaupt zur Sprache gebracht? Ich nahm erneut einen Schluck des Wein-Limo-Gemischs, um den Kloß wegzuspülen, der sich in meinem Hals gebildet hatte.

Doch wenn Tammy einmal in Schwung war, war sie schwerer zu stoppen als ein Sumo-Ringer, der Anlauf genommen hatte. «Komm schon! Wer im Sommer stundenlang sein Fleisch in einem nagelneuen Smoker gart, sich dabei fühlt wie Johann Lafer und komplett übersehen kann, dass seine Frau in der Zeit den Tisch deckt, die Getränke kaltstellt, den Salat schnippelt und auch noch den Garten gießt, wird doch wohl nicht ohne deine Zauberkünste verhungern. Und wofür wurde überhaupt Tiefkühl-Pizza erfunden?»

Fairerweise muss ich gestehen, dass auch diese Fünfziger-Jahre-Rollenaufteilung nicht auf Dennis´ Mist gewachsen war. Wir hatten seinen Bruder Thorsten bei diesem Grillen, bei dem allein aus Verkuppelungsgründen auch Tammy und Sabine eingeladen waren, zu Besuch gehabt und ich wollte den beiden einfach Zeit zum Quatschen geben, hatte mich aber hinterher etwas bei meinen Freundinnen beschwert, weil ich insgeheim natürlich gehofft hatte, den beiden Männern würde auffallen, dass es bis zum Eintreffen der Gäste noch andere Tätigkeiten gab, als Fleisch beim Garen zuzuschauen. Eigentlich ging im Smoker noch nicht einmal das, schließlich war der Deckel ja zu. Beide standen nur mit der Flasche Bier vor dem Smoker, quatschten und sahen dem Rauch beim Aufsteigen zu. Bei Papstwahlen war wenigstens die Farbe des Rauchs spannend. Doch Thorsten wohnte aus beruflichen Gründen in Berlin und da waren Besuche im Ruhrgebiet nun mal Mangelware. Noch dazu war der ganze Aufwand umsonst gewesen, da das Verkuppeln nicht geklappt hatte: Sabine hatte damals schon Jan kennengelernt und sich verliebt und Tammy hatte Thorsten nach dessen sexistischen Witzen sofort als Vollidioten abgestempelt.

«Jaaa, theoretisch schon ...», gab ich zögernd von mir.

«Und praktisch?», bohrte Tammy nach. Sie hatte schon allein berufsbedingt einen siebten Sinn für Verborgenes und würde so lange nachhaken, bis sie den wahren Grund für meine ‹geheime Stunde› gefunden hatte. Da war sie wie ein Pitbull-Terrier, der sich auf dem Spielplatz im Unterarm eines Kleinkindes verbissen hatte.

«Das habe ich noch nie so richtig gemacht», nuschelte ich in mein Retsina-Sprite-Gemisch.

«Du hast noch nie gesagt ‹Jetzt lasst mich mal bis elf in Ruhe, ich will ein Buch lesen›?» Sie sah mich durchdringend an. «Wieso um Himmels Willen nicht?»

«Jetzt, wo du das so sagst, klingt das natürlich total bescheuert», stellte auch ich fest, ich war ja nicht doof.

Musste sie den Finger so in die Wunde legen?

Ich zuckte mit den Schultern. «Ist ja auch nicht so wichtig. Wie ist denn dein Job? Ist die Fahrerei zu deiner neuen Stelle immer noch so schlimm?» Auch wenn die Chance, dass Tammy auf meinen Themenwechsel eingehen würde, genauso groß waren wie ein Lottogewinn mit sechs Richtigen und Zusatzzahl, war es immerhin eine Chance. Millionen Menschen hofften auch jedes Wochenende auf den großen Gewinn, ohne sich je auszurechnen, wie viel sie hätten ansparen können, hätten sie die Kohle in ein kleines Sparschwein geworfen. Aber vielleicht ging es auch gar nicht um den großen Gewinn, sondern vielmehr um den Gedanken ‹Was-wäre-wenn?›. Und den konnte man nur ernsthaft träumen, wenn man auch mitspielte. Außerdem nahm allein NRW als bevölkerungsreichstes Bundesland beispielsweise allein im Jahr 2019 fast 420 Millionen Euro durch Lotto ein (Nur der Ordnung halber: Quelle: statistisches Bundesamt) - Geld, das dringend gebraucht wurde!

«Lass das», quittierte sie meinen armseligen Versuch und sah mich mit den Pitbull-Augen weiter an. «Wieso nicht?», wiederholte sie, als ich immer noch nicht geantwortet hatte.

Die Art, in der sie das ‹wieso› betonte, hörte sich so an wie die Frage, warum ich einen seit Wochen eiternden Backenzahn nicht ziehen lassen wollte. Das Gespräch hatte eine Richtung angenommen, die mir gar nicht gefiel. Es war ja nicht so, als wäre mir selbst nicht auch schon aufgefallen, dass es auf Dauer etwas merkwürdig war, sich jede Woche ein Stündchen im Auto zu verkriechen. Zumal ich ja auch aufpassen musste, dass mich niemand aus dem Kurs erkannte. Doch meine Gedanken, dass ein kleines Problemchen dahinter stecken könnte, hatte ich mit der wöchentlichen Beteuerung, dass ich in der nächsten Woche ganz sicher mal wieder einen Fuß in die Turnhalle der Schule setzen würde, relativ erfolgreich von mir geschoben.

Ich zuckte mit den Schultern und fühlte, wie sich Feuchtigkeit auf dem sorgfältig aufgetragenen Kajal sammelte.

«Ach komm, lass sie», schlug Sabine dankenswerterweise vor.

«Wieso?», Tammy war uneinsichtig. Ich sag’s ja: Pitbull. Ich mochte mir gar nicht vorstellen, wie eventuelle Bewerber sich in einem Vorstellungsgespräch bei Tammy fühlen würden. Besser, sie legten alle Karten offen auf den Tisch, denn Tammy würde niemals locker lassen, bevor sie alle Ungereimtheiten aufgeklärt hätte.

Mein großes Problem, überhaupt nicht lügen zu können, machte Aussichten auf Ausreden schwierig. Ehrlich: die geschickteste Verhörmethode, wenn Sie z. B. bei der Kripo wären und irgendeine Wahrheit aus mir herausquetschen müssten? Fragen Sie mich einfach! Falls ich dann wirklich einen der seltenen Tage habe, an dem ich die Frage nicht sofort ehrlich beantworte, erhöhen Sie den Druck ganz gezielt durch ‹böse gucken› - Sie werden schneller die Einzelheiten der gesamten Geschichte aus mir heraus`gequetscht´ haben, als Pu der Bär die Pfote in den Honigtopf stecken könnte.

«Ich versteh` schließlich gerade die Welt nicht mehr», rechtfertigte Tammy ihre Hartnäckigkeit, «Die Einzige von uns Dreien, die eine absolute Bilderbuchehe führt, hat zu Hause keine Stunde für sich? Das kann doch nicht sein! Da ist doch was faul. Wir helfen ihr doch nicht, wenn wir ihr das so kommentarlos durchgehen lassen.»

«Ich sitze hier neben euch! Ich höre euch!»

Ehrlich! Ich war doch kein Alkoholiker, dem man vor Augen führen musste, dass sein Verhalten falsch war und nur er selber mit der richtigen Einsicht Abhilfe schaffen konnte.

«So ist es ja gar nicht», versuchte ich zu beschwichtigen.

«Die Bilderbuchehe oder die Stunde für dich?», wollte Madame Pitbull unnötigerweise wissen. «Tut mir leid, aber das muss ich jetzt fragen», ergänzte sie, nachdem Sabine sie strafend angesehen hatte.

«Die Stunde», gab ich lahm zurück.

«So ist es wohl», stellte Tammy sachlich fest, «Wie sonst wäre es zu erklären, dass du deiner Familie vorgaukelst, du gingest zum BOP, und stattdessen mit einem Buch in deinem Auto hockst?»

«Im Moment habe ich kein neues Buch mehr zum Lesen, da höre ich Musik.»

«Das rückt es natürlich in ein völlig anderes Licht», parierte Tammy.

Wäre mir das Thema nicht so unangenehm gewesen, wäre es glatt lustig. Aber es lachte niemand. Noch nicht einmal der Kellner traute sich noch an unseren Tisch, weder zum Abräumen der Teller noch für die obligatorische Frage nach eventuellen Nachtisch- oder Kaffee-Wünschen. Ich würde mich hier nie wieder blicken lassen können.

Einzelne Tränen verließen mein Auge und nahmen etwas Kajalstift mit.

«Du führst doch eine Bilderbuchehe, oder?», fragte Sabine leise und sehr ernst und legte dabei ihre Hand auf meine, wodurch noch mehr Tränen Kajalstift mit auf Reisen über meine Wangen nahmen. In Filmen sehen heulende Frauen, denen einzelne Tränen aus den Augen laufen, sehr telegen aus, mir liefen jedoch nicht nur die Tränen über die Wangen, sondern die Nase lief sofort mit und ließ mich in meiner Jackentasche nach einem Taschentuch kramen. Allerdings war es im Moment auch nicht mein Hauptproblem, einen telegenen Eindruck zu machen.

Die Besorgnis war Sabine anzuhören, ihr Tonfall war jedoch viel sanfter als der von Tammy. Das führte mir noch mehr vor Augen, wie ernst unser Gespräch geworden war.

Aus Reflex wollte ich gerade ‹ja, sicher› sagen.

Tammy war schneller: «Sag jetzt bloß nicht reflexartig ‹Ja, sicher›! Denk erst drüber nach!»

Manchmal war es schon unheimlich, wie gut die beiden mich kannten.

Beide sahen mich an.

«Warte mit deiner Antwort!», befahl Tammy, ging zur Theke und kam mit drei kleinen Gläschen Ouzo wieder. «Feuerwasser lösen Zunge!», versuchte sie, mich aufzumuntern.

Der Versuch ging in die Hose.

Ich wusste ihn trotzdem zu schätzen.

Wir prosteten uns zu, tranken die kleinen Gläschen Anisschnaps in einem Zug leer und stellten sie wieder ab. Uähh ... eigentlich mochte ich Anis gar nicht. Zumindest aber hatte Tammy mir damit ein wenig Zeit verschafft und die etwa vierzig Volumenprozent Alkohol hatten auch meine Tränen gestoppt.

«Na ja, schon», beantwortete ich endlich die Frage nach der Bilderbuchehe.

«`Schon´?? So beantwortest du die Frage nach der Bilderbuchehe?», Tammy war ehrlich schockiert.

«Was soll ich denn sagen?», protestierte ich erfolglos.

«Geht es nicht enthusiastischer? Wir sprechen doch immerhin von der Bilderbuchehe! Da darf man doch auf Schlagwörter wie ‹Traummann›, ‹glücklich› oder ‹siebter Himmel› hoffen.

Stell dir mal vor, es würde jemand Dennis fragen, ob ihr eine Bilderbuchehe führt!

Wärest du mit ‹schon› zufrieden?», dabei äffte sie meinen kläglichen Tonfall nach, «Das ist doch der Inbegriff von ‹nein›.»

Sabine schaltete sich wieder ein und erklärte mir Tammys Entsetzen: «Weißt du, Tammy ist schon so lange alleine, also überwiegend ...»

Tammy winkte mit der Hand ab, ihr Seelenleben sollte ja auch nicht gerade seziert werden wie ein toter Frosch im Forensik-Kurs.

«Und meine tollen Zukunftspläne sind bekanntermaßen ja gerade alle zu Staub und Asche verfallen», fuhr Sabine fort, «Aber wir dachten halt immer, dass bei dir und Dennis echt alles rund läuft. Er macht nicht den Eindruck, ein egoistischer Macho zu sein, man kann sich gut mit ihm unterhalten, er ist charmant und witzig, und hat doch außer Augen für dich höchstens noch Augen für sein Motorrad.

Eure Kinder sind vielleicht gerade leicht pubertär, aber da gibt es echt Eltern, die sich freuen würden, eure Problemchen zu haben.

Also verstehen wir nicht ganz, warum du überhaupt auf die Idee mit dieser komischen Stunde gekommen bist.

Es gibt einem schon zu denken.»

«Ich bin doch auch zufrieden!», wagte ich einen kleinen Protest.

«Trotzdem fühlst du dich genötigt, dir eine Stunde freie Zeit durch Lügen zu erschwindeln. Da stimmt doch irgendwas nicht! Stell dir doch mal eine ganz leichte Frage.» Der Pitbull hing immer noch fest und knurrte.

Jetzt sahen sowohl ich als auch Sabine Tammy erwartungsvoll an.

«Würdest du deinen Mann noch einmal heiraten?»

Aus Reflex wollte ich gerade zu einem weiteren ‹Ja, sicher› ansetzen, doch diesmal war Sabine schneller: «Und sag jetzt nicht reflexartig: ‹Ja, sicher›.»