Herzwinter - Andrea Kochniss - E-Book

Herzwinter E-Book

Andrea Kochniss

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Beschreibung

 "Weihnachten kann ich nichts mehr abgewinnen. Es ist die Zeit im Jahr, die man mit seinen Lieben verbringt. Der Weihnachtszauber ist ein Gefühl, welches man erst bekommt, wenn man jemanden hat, mit dem man es teilen kann."    Martin Maier war nicht immer einsam. Am Heiligabend des Jahres 2021 lässt er bei seinem täglichen Gang durch das Städtchen Erpenich sein Leben Revue passieren. Wie kam es dazu, dass seine Lebensumstände sich so sehr veränderten?   Martin nimmt dich mit auf die Reise durch die letzten Jahrzehnte seines Lebens, und gewährt dir nicht nur einen Blick in seine Vergangenheit, sondern auch einen eventuellen Blick in seine Zukunft.

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Andrea Kochniss

Herzwinter

Roman

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Heute

Der Nieselregen wirbelt wie feine Sandkörner in mein Gesicht. Anhand der schneidenden Kälte ist es offensichtlich, dass es nicht mehr lange dauert, bis sich die Tropfen in Schnee verwandeln.

Eben noch habe ich die angenehme Wärme des sozialen Kaufhauses, das ich gerade verlassen habe, genießen können. Ich atme noch einmal tief durch und schlinge meine neue Jacke enger um meinen Körper, bevor ich aus dem nur bedingt wettergeschützten Hauseingang auf den Bürgersteig trete.

Ich hatte Glück. Der winddichte Parka war gerade erst frisch gereinigt in den Kleiderfundus aufgenommen worden. Selten habe ich bisher die Chance gehabt, an ein so gut erhaltenes und vor allem wärmendes Kleidungsstück zu kommen. Zu dieser Jahreszeit ist solch ein Fundstück Gold wert.

Ich schlendere Seitenstraßen entlang. Ich gehe nicht gern durch die Fußgängerzone. Gerade jetzt in der Adventszeit, zudem noch einen Tag vor Heiligabend, hasten viel zu viele Menschen, die sich von diesem Mistwetter nicht abhalten lassen, über die Einkaufsstraße von Geschäft zu Geschäft.

Ich meide die Menschen. Ich bin gern für mich. Und ich reiche mir selbst vollkommen aus.

Ich ziehe meine weiße Pudelmütze tiefer ins Gesicht und hauche mir in die hohlen Hände, bevor ich meine warmen Handschuhe überstreife. Feine Atemwölkchen steigen zwischen meinen Fingern hervor. Je näher ich meinem Ziel komme, desto lauter werden die Geräusche, die vom Alten Markt her klingen, dem Herz des Erpenicher Weihnachtsmarktes.

Dezember 1972

»Guten Morgen, Herr Höfer. Sie wollten mich sprechen?«, fragte ich, nachdem ich das Büro meines Chefs betreten hatte.

»Guten Morgen, Maier. Setzen Sie sich doch.« Kurt Höfer lehnte sich hinter dem massiven Schreibtisch auf seinem Stuhl zurück und schlug die Beine übereinander. Er zog ein Päckchen Zigaretten aus seiner Jackett-Tasche, nahm sich eine heraus und hielt mir die halbvolle Packung anschließend entgegen.

Skeptisch schaute ich die Packung an. Mein Chef hatte mir bis dato nie eine Zigarette angeboten. Davon abgesehen rauchte ich nicht gern. Ja, in Gesellschaft mit meinen Freunden, in der Kneipe, da steckte ich mir schon mal eine an und paffte sie. Einfach, weil es dazu gehörte, weil es alle machten. Aber eigentlich konnte ich dem Qualmen nichts abgewinnen.

Kurt Höfer deutete mein Zögern falsch. »Nun nehmen Sie schon, junger Mann. Seien Sie nicht so bescheiden. Bescheidenheit bringt einen im Leben nicht weiter.«

»Vielen Dank.« Ich griff zu, bevor ich mit einer Ablehnung etwas falsch gemacht hätte. Mein Chef steckte erst mir und dann sich die Zigarette an und lehnte sich anschließend wieder in seinem Sitz zurück.

»Wie lange arbeiten Sie schon für mich, Maier?«

»Dreieinhalb Jahre, Herr Höfer. Wenn ich die Ausbildungszeit in Ihrem Hotel dazurechne.« Ich zog an meiner Zigarette und versuchte, den aufsteigenden Hustenreiz zu unterdrücken. Ich war nervös, hatte keine Ahnung, in welche Richtung dieses Treffen gehen würde. Es kam nicht oft vor, dass mein Chef mich zu einem persönlichen Gespräch in sein Büro zitierte.

»Doch schon so lange? Nun, das hätte ich nicht gedacht. Gefällt es Ihnen denn bei uns?«

Ich hatte einen Job. In dem angesehensten Hotel in der Gegend, in dem schon meine Mutter als Zimmermädchen gearbeitet hatte. Es war ein halbwegs gut bezahlter Job. Ich war im Service, momentan im hoteleigenen Restaurant beschäftigt. »Selbstverständlich, Herr Höfer. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Arbeit. Sie ist sehr erfüllend.«

Höfer lachte laut schallend auf und schlug sich mit der freien Hand auf den Oberschenkel. »Der war gut, Maier! Der war wirklich gut!« Er wischte sich eine Lachträne aus den Augenwinkeln.

Ich war mir nicht sicher, wie ich mit dieser Reaktion auf meine Äußerung umgehen sollte. In keinem Fall hatte ich einen Witz machen wollen, hatte meinen Chef anscheinend trotzdem erheitert. In meiner Hilflosigkeit lächelte ich zaghaft. Damit machte ich bestimmt nichts falsch.

»Es gibt sicher spannendere Tätigkeiten im Höfers, als tagtäglich zu kontrollieren, ob die Kellner und Kellnerinnen ihre Arbeit anständig verrichten. Damit können Sie als junger Mann doch unmöglich zufrieden sein. Sie möchten Ihrer Gattin doch sicherlich etwas bieten?«

Ich merkte, wie mir Röte den Hals hinauf kroch. »Ich bin nicht verheiratet«, sprach ich leise aus.

Höfer wurde hellhörig. »Es gibt noch keine Frau Maier? Dann sind Sie doch sicherlich verlobt?«

»Nein, Herr Höfer. Es gibt auch keine Verlobte.«

Ich ging ab und zu mit der Schwester meines besten Freundes Karl-Heinz zum Tanzen. Aber sie war nur eine Freundin. Mehr nicht. Die Richtige hatte ich einfach noch nicht getroffen. Wurde das jetzt zum Problem? Dass es momentan keine Frau in meinem Leben gab? Das hatte doch hoffentlich keine Auswirkungen auf meinen Arbeitsplatz?

Höfer nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette und drückte sie dann energisch im Aschenbecher aus, den er anschließend zu mir über den Tisch schob. »Das ist ungewöhnlich für einen stattlichen jungen Mann wie Sie einer sind, Maier. Aber ich kann nicht sagen, dass mich das unglücklich macht. Ich habe nämlich eine Bitte an Sie.«

Mein Herz klopfte mittlerweile bis zum Hals. »Alles, was Sie möchten, Herr Höfer.«

Höfer lachte wieder sein laut schallendes Lachen und drohte mit dem Zeigefinger. »Seien Sie vorsichtig, was Sie da sagen, Maier! Ich könnte Sie beim Wort nehmen!«

Ich lachte mit, obwohl mir nicht danach war. Ich hielt es lediglich für angebracht.

»Spaß beiseite, Maier. Kommende Woche Donnerstag steht ein vorweihnachtliches Geschäftsessen mit der neuen Geschäftsführung von Morschbach & Sohn an. Sie wissen, wer Morschbach & Sohn ist?«

Zum Glück wusste ich das sehr genau. Morschbach & Sohn besaßen den in unserer Umgebung größten Lebensmittelhandel und belieferten das Höfers schon seit seinem Bestehen mit den Lebensmitteln, die unser Küchenpersonal für die im hoteleigenen Restaurant zubereiteten Gerichte verwendete.

»Ja, Herr Höfer, das weiß ich.“

»Gut. Das Geschäftsessen soll zwar familiär gehalten werden, trotzdem hängt für das Höfers viel davon ab. Ich möchte, dass Sie mit dabei sind.«

»Ich?« Nun musste ich doch husten. Und das kam nicht vom Rauchen. Ich konnte mir keinerlei Reim darauf machen, was eine unbedeutende Service-Kraft wie ich bei einem Geschäftsessen der Chefetage verloren hatte. »Ich meine, das ist eine Ehre für mich. Aber ich verstehe nicht ganz, warum.«

»Das ist auch nicht nötig. Meine Bitte an Sie hat nichts mit dem zu tun, was dort besprochen wird. Ich möchte, dass Sie an diesem Abend die männliche Begleitung meiner Tochter sind.«

»Ihrer Tochter?«

»Ja, selbstverständlich. Meine Begleitung ganz sicher nicht!« Wieder dieses Lachen. Und dann, ganz unvermittelt, wurde Kurt Höfer wieder ernst. »Ich möchte, dass Sie an diesem Abend an ihrer Seite sind. Dass sie sich nicht verloren fühlt. Kümmern Sie sich um sie, machen Sie ihr Avancen.«

Ich sollte Höfers Tochter umgarnen? Dafür sollte ich zu diesem Geschäftsessen kommen? Kurz hatte ich gedacht, meine Anwesenheit bei diesem Treffen könnte wirklich wichtig sein. Wie töricht von mir. Wichtig sein für das Hotel. Nicht für eine Frau, die ich noch nie gesehen hatte. Ich hatte bis jetzt nicht mal gewusst, dass mein Chef überhaupt eine Tochter hatte.

»Schauen Sie nicht so bedröppelt drein, Maier. Meine Tochter ist ein hübsches junges Ding. Es wird Ihnen ein Leichtes sein, ihr ein paar Komplimente zu machen. Da habe ich keinen Zweifel. Wenn Sie das passabel hinkriegen, soll es nicht zu Ihrem Nachteil sein.«

Ich merkte, dass meine Zigarette weitestgehend ungeraucht heruntergebrannt war, und drückte sie im Aschenbecher aus. Was Höfer da gerade gesagt hatte, ließ mich aufhorchen. Trotzdem wagte ich nicht, nachzufragen, was genau er damit meinte.

»Sie haben schon richtig gehört, junger Mann. Wenn Sie sich nicht allzu ungeschickt anstellen, könnten Sie es im Höfers noch weit bringen. Das liegt ganz allein bei Ihnen. Sind Sie einverstanden?« Höfer streckte mir über den Tisch seine Hand entgegen. Ich zögerte nicht, einzuschlagen. Ich war so voller Ehrgeiz und Pläne, es in diesem Hotel weit zu bringen, dass ich über solch ein ungewöhnliches Angebot nicht zweimal nachdachte.

 

Das Geschäftsessen mit Morschbach & Sohn fand in einem von Kölns nobelsten Restaurants statt. Wäre ich nicht eingeladen gewesen, hätte ich mich niemals dorthin verlaufen. In dem Lokal in der Südstadt verkehrte nicht nur die Kölner Prominenz, auch die Preise dort befanden sich in Dimensionen, die ich für gewöhnlich ganz sicher nicht für ein Essen in einem Restaurant ausgegeben hätte.

Ganz zu schweigen von dem Geld, welches ich für den Anzug ausgegeben hatte. Höfer wollte zwar, dass ich seiner Tochter schöne Augen machte, aber er sah sich nicht gewillt, mich dabei finanziell zu unterstützen. Das Essen wurde von der Firma bezahlt, für alles andere war ich selbst verantwortlich.

Karl-Heinz` Schwester Inge war mit mir zum Einkaufen gegangen und hatte mich in Sachen Kleidung beraten. Sie kannte sich in der aktuellen Mode besser aus als ich und wusste genau, was ein Mann von Welt heutzutage trug, wenn er etwas darstellen und Erfolg im Beruf haben wollte. Dass dieser Erfolg in meinem Fall über die Tochter meines Chefs gehen sollte, hatte ich Inge nicht erzählt.

Da ich kein Auto besaß, war ich zu dem Geschäftsessen mit der Bahn bis nach Köln gefahren. Seit letzter Nacht hatte es ohne Unterlass geschneit. Dicke Flocken hatten nicht nur mein Heimatstädtchen Erpenich in eine Winterlandschaft verwandelt, auch Köln lag unter einer dichten Schneedecke. Der Zug hatte dadurch einige Minuten Verspätung gehabt, aber das war nicht relevant. Ich hatte wohlweislich einen Zug früher genommen in der Absicht, meinen guten Willen zu zeigen, indem ich früher als die Höfers am Restaurant war. Ich wollte die Tochter meines Chefs dort so in Empfang nehmen, wie es sich für einen Gentleman gehörte. Sie bewundernd anlächeln, ihr die Türe aufhalten und den Stuhl am Tisch zurechtrücken, um ihr gleich im Anschluss ein Kompliment über ihre Schönheit zu machen. Auch wenn ich mit dem weiblichen Geschlecht bisher nicht so viel Erfahrungen gesammelt hatte, wusste ich doch, was man tun musste, damit sich eine Frau als etwas Besonderes fühlte. Genau das war mein Auftrag für diesen Abend, und ich hatte mir geschworen, diesen so gut wie möglich zu erfüllen. Ich würde Höfers Tochter so sehr den Hof machen, dass ihm Hören und Sehen verging. Ich wollte ihm beweisen, wie wichtig es für mich war, ein Mitarbeiter im Höfers zu sein, der alles für das Hotel tat.

Ich stand nun schon eine geschlagene Viertelstunde vor dem Restaurant. Meinen langen Mantel eng um mich geschlungen, hauchte ich mir in die hohlen Hände. Meine Lederhandschuhe hatte ich in der Eile zu Hause auf dem Telefonschränkchen im Flur liegen gelassen. Zur Strafe waren meine Finger nun steifgefroren. Ich schalt mich innerlich einen Dummkopf und schwor mir in dem Moment, dass mir das in meinem ganzen Leben nie wieder passieren würde.

Ich hielt Ausschau nach Höfers Auto. Zurzeit fuhr er einen nagelneuen Mercedes SL, auf den ich nicht wenig neidisch war. Zwar hatte ich meinen Führerschein schon seit drei Jahren, aber für ein eigenes Auto hatte es bei mir finanziell noch nicht gereicht. Schon gar nicht für eines, wie Kurt Höfer es fuhr. Hin und wieder durfte ich mir Vaters Auto ausleihen, wenn wir ins Grüne oder feiern fuhren und er Alkohol trank, dem ich ebenso wenig etwas abgewinnen konnte wie dem Rauchen.

Aber so sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte Höfers Auto unter keinem der stetig vorbeifahrenden Fahrzeuge ausmachen. Die Schneeflocken tanzten vor meinen Augen und vernebelten mir so zusätzlich den Blick. Unruhig tappte ich von der Kälte gebeutelt von einem Fuß auf den anderen, als ich von links durch die Schneeflockenwand gedämpft völlig unvermittelt ein helles, herzliches Lachen vernahm, mit welchem ich zuerst ein aufgewecktes kleines Kind assoziierte. Dieses Geräusch schlug eine Saite in meinem Innern an, welche mich dazu verleitete, in die Richtung zu schauen, aus der das Geräusch gekommen war. Was ich da, wenn auch nur durch den Schnee verschwommen, auf mich zukommen sah, war kein Kind. Es musste ein Engel sein.

Honigblondes, schulterlanges Haar umspielte in fließenden Wellen ein herzförmiges Puppengesicht, welches den schönsten Schmuck trug, den ich jemals gesehen hatte: Ein warmherziges, bezauberndes Lächeln, das sich in hübschen Fältchen bis zu den großen grünen Augen ausbreitete. Erst, als der Engel vor mir stehen blieb und mich direkt anlächelte, registrierte ich an seiner Seite eine weitere hübsche, wenn auch ältere Frau. Höfers Ehefrau Gertrude Höfer. Ich hatte sie das ein oder andere Mal flüchtig im Hotel an der Seite ihres Ehemannes gesehen.

Der Engel, in einen dunkelblauen Lodenmantel gehüllt, hatte sich bei Gertrude Höfer untergehakt und sprach: »Schau, Mutter. Der arme Kerl sieht ja aus, wie ein Schneemann!« Ich zählte eins und eins zusammen und war zu keiner Äußerung imstande. Der Engel lachte wieder sein freches Lachen und erwärmte mit solch einer Wucht mein Herz, dass ich den kalten Winter um mich herum für einen kurzen Moment vergaß. Ich musste ein Glückspilz sein, wenn ich zusätzlich zu einer Aussicht auf Beförderung so eine wunderschöne Frau an meiner Seite bekäme. Und vergaß prompt all meine Vorsätze, das junge Fräulein Höfer zu umgarnen. Ich war schlichtweg sprachlos.

Frau Höfer rettete mich aus meiner misslichen Lage, indem sie mir die Hand entgegenstreckte. »Guten Abend, Herr Maier.«

Ich löste mich aus der Starre und fand meine guten Manieren wieder. Ich ergriff Frau Höfers behandschuhte Hand und schüttelte sie. »Guten Abend, Frau Höfer. Sie sehen bezaubernd aus.« Mein Blick wanderte zwischen ihr und ihrer Tochter hin und her. Mir war wichtig, dass ihre Tochter sich ebenso von diesem Kompliment angesprochen fühlte wie sie. Dieses Lächeln wollte mich einfach nicht loslassen.

»Vielen Dank, Herr Maier. Sie essen heute Abend mit uns, habe ich gehört?«, fragte Frau Höfer und sah sich um. Sicher wartete sie auf ihren Mann, der den Wagen bestimmt etwas abseits geparkt hatte. Daher hatte ich das Auto nirgendwo ausmachen können.

»Richtig. Aber bitte, Sie dürfen mich Martin nennen. Da fühle ich mich wohler«, sagte ich. Ich hatte den Namen von Fräulein Höfer vergessen. Hatte Höfer mir den überhaupt genannt? Mir war so furchtbar heiß. Hatte ich eben nicht noch gefroren wie ein Schneider?

Der Blick von Höfers Tochter veränderte sich. Das Lächeln wurde schwächer, und etwas wie Verwirrung zog sich über ihr Gesicht. Hatte ich etwas Falsches gesagt? Oh Gott, bitte, lass mich nichts Falsches gesagt haben.

»Sie sind Martin Maier?«, fragte sie. Ihr Blick durchdrang mich. War sie enttäuscht? Hatte sie sich etwas anderes vorgestellt? Oder besser gesagt: Hatte Sie sich jemand anderen vorgestellt? Mein Herz durchfuhr ein kleiner Stich. Ich war ihr nicht gut genug.

»Maier! Da sind Sie ja! Überpünktlich, wie immer. Das lobe ich mir!« Kurt Höfer hatte es nun auch durch den Schneeflockenvorhang geschafft. Erst auf den zweiten Blick fiel mir auf, dass er nicht allein gekommen war. An seinem Arm eingehakt und leicht geduckt hing eine unscheinbare junge Frau, die mich unter einem fransigen Haarpony kaum anzusehen wagte.

»Guten Abend, Herr Höfer. Ich freue mich sehr, dass Sie mich eingeladen haben.« Übereifrig streckte ich ihm meine Hand entgegen und streifte dabei versehentlich den Arm der jungen Frau an seiner Seite. Sie duckte sich noch ein kleines Bisschen mehr, falls das überhaupt möglich war, und schmiegte sich enger an den Mann an ihrer Seite.

Höfer schlug in meine Hand ein. »So, dann will ich die jungen Leute mal miteinander bekannt machen.« Er ließ meine Hand los und löste sich auch von der jungen Frau, um diese dann fast ein wenig grob in meine Richtung zu schieben. »Maier, das ist meine jüngste Tochter Marianne. Marianne, das ist Martin Maier. Er wird deine Begleitung für heute Abend sein.«

Das Gefühl im Herzen, das ich noch kurz zuvor dem Engel zu verdanken gehabt hatte, ballte sich zu einem Knoten des Unverständnis zusammen. Ich schaute ratlos zwischen den beiden jungen Frauen hin und her, bis mich eine Welle des Begreifens überschwemmte. Ich versuchte, mir meine Enttäuschung nicht allzu sehr anmerken zu lassen.

Marianne war nicht minder hübsch. Aber ihr fehlte es eindeutig an der Ausstrahlung ihrer älteren Schwester. Trotz meiner Enttäuschung fand ich meinen Anstand schnell wieder. Ich machte mir bewusst, wofür ich heute Abend eigentlich hier war. Nicht, um einen Engel zu bewundern, sondern die Anweisung meines Chefs zu erfüllen.

Ich streckte Marianne die Hand entgegen und deutete eine kleine Verbeugung an. »Guten Abend, Marianne. Ich freue mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen.« Marianne schaute mich aus großen grünen Augen an und nahm zaghaft meine Hand, um sie bald wieder loszulassen und in ihrer Manteltasche verschwinden zu lassen. Mit Worten begrüßte sie mich nicht.

»Liebe Familie, nehmt es mir nicht übel, aber ich wäre sehr erfreut, wenn wir endlich reingingen. Ich möchte ungern an Ort und Stelle erfrieren«, unterbrach Frau Höfer die Szenerie. Geistesgegenwärtig öffnete ich die Türe und ließ die gesamte Familie Höfer eintreten. Ganz zum Schluss meinen Chef, der mir im Vorbeigehen zuraunte: »Vermasseln sie es nicht, Maier!«

Ich nickte und atmete tief durch, bevor ich selbst das Lokal betrat.

 

Keine drei Minuten nach uns traf die Geschäftsleitung von Morschbach & Sohn ein. Sie waren im Gegensatz zu uns nur zu zweit. Morschbach Senior war ein korpulenter Mann um die Sechzig. Mit seiner gemütlichen Art war er mir sofort sympathisch. Was ich von seinem Sohn nicht unbedingt behaupten konnte. Er kam mir bekannt vor, und das verband ich mit einem negativen Gefühl, welches ich an nichts Bestimmtem festmachen konnte.

Nachdem die beiden älteren Männer sich mit Handschlag und Respekt begrüßt hatten, sagte Herr Höfer: »Schön, dass Sie und Ihr Sohn es einrichten konnten, meiner Einladung nachzukommen. Ich würde Ihnen gern meine Familie vorstellen. Meine Frau Gertrude kennen Sie ja bereits.«

Frau Höfer und Morschbach Senior nickten sich mit einem Lächeln zu. Dann deutete Höfer auf Marianne und mich. »Dies ist meine jüngste Tochter Marianne mit ihrem Begleiter Martin Maier.«

Marianne nickte nur scheu, und so übernahm ich die Begrüßung für uns beide mit einem bemüht festen Handschlag beim älteren Morschbach. Der Jüngere taxierte mich abschätzig. Meine ausgestreckte Hand ignorierte er.

»Und zu guter Letzt meine älteste Tochter Luise«, beendete Höfer seine Vorstellung. Er deutete mit einem triumphierenden Lächeln auf den Engel, als sei er ein spezielles Präsent.

Luise lächelte und gab beiden Männern die Hand. »Es freut mich, Sie kennenzulernen.«

»Guten Abend, Luise. Es freut mich ebenfalls, Sie kennzulernen. Mein Name ist Horst,« sagte der junge Morschbach. Er gaffte sie so unverhohlen anzüglich an, dass er sich seine wenigen übriggebliebenen Sympathien bei mir auf einen Schlag verspielte.

»Vielleicht möchten sich die jungen Leute zusammensetzen. Neben Luise ist noch ein Platz frei«, sagte Höfer. Horst Morschbach ließ sich das nicht zweimal sagen und setzte sich zwischen Luise und meinen Chef.

 

Während des gesamten knapp zweistündigen Essens sprachen die beiden Morschbachs und Höfer über Geschäftliches. Das ein oder andere Mal hatte ich versucht, mich mit einzubringen, doch Höfer hatte mir jedes Mal mit deutlichen Spitzen klargemacht, dass er das nicht wünschte. Nach einem letzten kläglichen Versuch gab ich enttäuscht auf.

»Du arbeitest im Höfers, richtig?«, fragte Luise. Ich brauchte eine Weile, um zu begreifen, dass ich gemeint war. »Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn ich Du sage? Ich finde dieses Gesieze in unserem Alter immer so schrecklich förmlich.«

Ich lächelte. Ich konnte einfach nicht anders, wenn ich sie ansah. »Das geht mir genauso. Ja, genau. Ich arbeite im Hotel deines Vaters. Zurzeit bin ich im Restaurant tätig«, gab ich zur Antwort.

»Als Kinder waren wir gern im Hotel. Wir haben uns am liebsten in der Wäscherei aufgehalten, weil es dort immer so lecker frisch roch. Weißt du noch, Marianne?«

Marianne lächelte und nickte schüchtern. Ich hatte das Gefühl, sie fühlte sich in meiner Nähe unwohl. Wenn ich meine Aufgabe gewissenhaft erfüllen wollte, musste ich mir mehr Mühe geben.

»Was machst du beruflich, Marianne?«, fragte ich.Marianne errötete und nahm einen Schluck von ihrer Limonade, bevor sie mir antwortete. »Ich mache gerade eine Ausbildung zur Sekretärin. Im Sommer bin ich fertig, und dann werde ich bei Vater im Büro arbeiten.« Sie sprach so leise, dass ich sie aufgrund der Geräuschkulisse nur mit Anstrengung verstehen konnte. Ich hörte sie zum ersten Mal sprechen. Sie hatte eine angenehme Stimme, ähnlich der ihrer Schwester. Nur war sie lange nicht so fest.

»Dann werden wir uns ja sicher öfter sehen.«

»Das klingt doch toll, Marianne, findest du nicht?«, sagte Luise und strich ihrer Schwester über den Arm.

»Ja, das wäre schön.« Marianne konzentrierte sich so angestrengt auf ihr Essen, als gäbe es nichts Wichtigeres.

»Und wo arbeitest du, Luise?«, fragte ich.

»Oh, noch arbeite ich nicht. Ich studiere auf Grundschullehramt. Es war schon immer mein Traum, Kindern lesen und Schreiben beizubringen. Es gibt für mich nichts Schöneres als Geschichten.«

»Wirklich? So geht es mir auch!«

»Tatsächlich?«

»Ja! Ich liebe Bücher. Welches ist dein Liebstes?«

»Oh je, das ist eine schwierige Frage! Es gibt so viele wunderbare Geschichten, da fände ich es fast unfair, eine als die Beste zu bestimmen.«

»Dann hast du aber doch sicher einen Lieblings-Schriftsteller. Meiner ist Günter Grass. Die Blechtrommel ist faszinierend!« Ich war in meinem Element. Mein Herz klopfte. Dieses Mädchen war fantastisch.

Luise zog die Nase kraus. »Nein, das ist nichts für mich. Halte mich für kindisch, aber ich liebe Astrid Lindgrens Geschichten. Ganz besonders Wir Kinder aus Bullerbü. Und Pippi Langstrumpf.«

Ich lachte. »Auch gut.«

»Lesen ist nichts als Zeitverschwendung.« Horst Morschbachs Äußerung kam zeitgleich mit dem Geräusch, was sein Besteck beim Ablegen auf dem leeren Teller erzeugte. Und sie klang genauso unangenehm.

»Nun, ich denke, das ist Geschmacksache. Jeder darf doch seine Freizeit auf die Art verschwenden, die ihm am angenehmsten erscheint, oder nicht?«, sagte Luise. Ich verspürte den Impuls, ihre Aussage zu bestätigen, ließ es aber sein. So sehr ich diesen Horst nicht leiden konnte, so wenig wollte ich auch, dass er mich für einen Schwächling hielt. Statt mich ihm gegenüber zu äußern, wandte ich mich wieder Marianne zu, die nach Beendigung des Essens nur still in die Runde geschaut hatte.

»Was tust du denn in deiner Freizeit? Liest du auch gern?«, fragte ich sie.

Marianne nahm ihre Serviette in die Hand und tupfte sich den Mund ab, der kein bisschen beschmutzt war. »Nein. Ich meine ja, ab und zu lese ich, aber am liebsten helfe ich Mutter im Haushalt.«

»So ist es richtig. Eine Frau, die weiß, wo ihr Platz in der Gesellschaft ist.« Horst griff nach seinem Glas Wein und prostete Marianne zu. Sie schaute ihn ängstlich an und drohte in ihrem Stuhl noch kleiner zu werden.

Ich tat, als hätte ich Horsts Äußerung nicht gehört. »Und was machst du da am liebsten?«

»Ach, eigentlich alles. Kochen, Backen, Nähen, Stopfen, Waschen ... was so im Alltag anfällt.«

Ich hätte mich gefreut, wenn wir wenigstens eine Gemeinsamkeit in unseren Hobbies gehabt hätten. Aber tatsächlich konnte ich mit diesen Haushaltsdingen gar nichts anfangen. Die erledigte Zuhause seit Mamas Tod vor acht Jahren meine Tante Rosi, die Schwester meines Vaters. Sie war ledig und wohnte im gleichen Haus wie wir. Hätte sie nicht für Papa und mich genau all die Dinge getan, die Marianne eben als ihre Freizeitbeschäftigung aufgezählt hatte, wären wir in unserem Männerhaushalt wohl völlig überfordert gewesen.

Ich merkte schnell, dass es wenig Ebenen gab, auf denen Marianne und ich uns hätten unterhalten können. Den Gesprächsfluss zu erhalten gestaltete sich genauso schwierig, wie einen im Zimmer entflogenen Kanarienvogel einfangen zu wollen. Wenn ich meine Karriere bei Höfers ernsthaft vorantreiben wollte, musste ich mir in Zukunft eindeutig mehr Mühe mit Marianne geben.

Karneval 1973

Nach dem Geschäftsessen im vergangenen Dezember hatte ich keine der beiden Höfer-Schwestern wiedergesehen. Im Hotel lief alles weiter, als wäre nichts gewesen, bis auf die Tatsache, dass ich Horst Morschbach mehrere Male in Höfers Büro hatte gehen sehen. Es gefiel mir nicht, aber ändern konnte ich es auch nicht, und so ließ ich den Dingen ihren Lauf.

 

Karl-Heinz hatte mich erfolgreich dazu überredet, an Weiberfastnacht mit ihm in Erpenich in unserer Stammkneipe "Zum goldenen Schuh", die wir der Einfachheit halber nur den "Schuh" nannten, Karneval feiern zu gehen. Ich war nicht der größte Karnevals-Jeck, aber gegen ein bisschen Feiern hatte ich nichts einzuwenden. Die meisten unserer Freunde waren in diesem Jahr von einer fiesen Grippe erwischt worden, und so blieben nur noch Karl-Heinz und ich übrig.Als wir am späten Nachmittag die Kneipe betraten, quoll uns eine Rauchwolke entgegen, die uns erst einmal die Sicht vernebelte. Der Gastraum war proppenvoll mit Leuten, Geplapper und Musik. Es lief gerade Mer schenken der Ahl e paar Blömcher und die Hälfte der Anwesenden sang lautstark mit.

»Das nenne ich mal Bombenstimmung!«, brüllte Karl-Heinz mir ins Ohr und klopfte mir auf die Schulter. Gemeinsam drängelten wir uns durch die Menge an die Theke und bestellten ein Bier. Eingequetscht zwischen einem Clown, einer Gruppe Charleston-Tänzerinnen und etlichen Cowboys und Indianern sahen Karl-Heinz und ich – als Dick und Doof verkleidet – uns im Raum auf der Suche nach bekannten Gesichtern um. Der Wirt drückte uns unsere Pils-Gläser in die Hand und als wir uns zugeprostet hatten, nahmen wir erst einmal einen großen Schluck.

»Ah, das habe ich jetzt gebraucht!«, sagte Karl-Heinz und wischte sich den Schaum aus dem Schnäuzer. »Und? Hast du schon jemanden entdeckt, den du kennst?«

»Nein. Aber das muss nichts heißen. Es sind ja alle verkleidet.« Insgeheim suchte ich nach einem blonden Engel. Mir war klar, dass das reines Wunschdenken war.

»Es sind aber schon eine Menge hübscher Mädchen da, findest du nicht?«

»Ja, schon.«

»Das klingt ja nicht sehr begeistert.«

»Tut mir leid.«

»Schon gut. Irgendwann wirst auch du den Deckel zu deinem Topf finden.« Karl-Heinz nahm einen weiteren Schluck und so war sein Glas schon fast leer.

»Schau mal, die Squaw da hinten, neben der Garderobe – die ist doch ganz hübsch.«

Ich schaute in die Richtung, in die Karl-Heinz gedeutet hatte und entdeckte gegenüber der Squaw die Rückenansicht einer Pippi Langstrumpf. Etwas in mir drin geriet in Alarmbereitschaft. Irgendwie musste sich das bei mir auch körperlich geäußert haben, denn Karl-Heinz schaute mich an und sagte: »Ganz ruhig, mein Junge. Geh doch einfach hin und sprich die schöne Häuptlingstochter an.«

Ich reagierte nicht auf die Äußerung meines Freundes. Stattdessen versuchte ich, all meine Sinne zu schärfen. Versuchte, das Mädchen mit den roten abstehenden Zöpfen zu beschwören, sich umzudrehen. Ausgerechnet meine Ohren schafften es, über den Lärm hinweg am besten zu funktionieren. Ich vernahm ein glockenhelles Lachen, wie ich es zuletzt vor zwei Monaten durch die Schneeflockenwand gehört hatte.

Das konnte doch nicht sein. Ich musste mich täuschen. Wieso sollte sich Luise Höfer in eine Eckkneipe in Erpenich verlaufen? Ausgerechnet heute?

Und dann drehte Pippi sich um. Ich erkannte sie sofort. Unter all den aufgemalten Sommersprossen war das hübsche Puppengesicht mit den grünen Kulleraugen unverkennbar. Sie schaute mich direkt an, als hätte meine Beschwörung tatsächlich gewirkt. Für einen Moment war sie verwirrt, legte den Kopf etwas schief, aber dann huschte ein Lächeln der Erkenntnis über ihr Gesicht. Ihre Hand schnellte in die Höhe und winkte mir zu.

Wärme durchflutete mein Herz. Ohne zu zögern winkte ich zurück.

»Hoppla, wer ist denn das?«, fragte Karl-Heinz. Die Bewunderung in seiner Stimme war nicht zu überhören.

»Das ist die Tochter meines Chefs«, sagte ich noch, dann drängelte sich Luise, mit der linken Hand ihre Cola hochhaltend, durch all die Jecken zu Karl-Heinz und mir durch. Erst, als sie direkt vor uns stand, realisierte ich, dass sie nicht allein gekommen war. An ihrer rechten Hand hatte sie die Squaw mit sich gezogen, die ich jetzt erst erkannte. Marianne.

»Hallo, ihr beiden. Was macht ihr denn hier?«, fragte ich. Ich hoffte, laut genug.

»Wahrscheinlich das gleiche wie ihr beiden. Feiern, was sonst? Ich habe Marianne überredet, mitzukommen. Sie hatte eigentlich keine Lust«, sagte Luise ebenso laut. Sie musterte mich von oben bis unten. »Tolles Kostüm!«

»Danke. Deins aber auch. Also, von euch beiden. Ihr seid sehr hübsch.«

»Vielen Dank!« Luise deutete einen leichten Knicks an. Marianne wurde lediglich rot und schaute auf den Boden.

»Karl-Heinz, das sind Marianne und Luise Höfer, die Töchter meines Chefs«, stellte ich die beiden vor.

»Hallo, ihr zwei. Es freut mich, euch kennenzulernen. Ich bin der Karl-Heinz, ein Freund von Martin.

»Hallo, freut mich auch.« Luise reichte ihm lächelnd die Hand. Marianne beließ es bei einem zaghaften Lächeln. Ich fragte mich zum wiederholten Male, wie es sein konnte, dass zwei Schwestern, die sich so ähnlich sahen, so verschieden sein konnten.

»Seid ihr alleine hier?«, fragte ich.

»Nein, mit drei Freundinnen von mir. Die warten da hinten an der Musikbox auf uns. Kommt doch mit rüber, wir würden uns freuen. Oder, Marianne?«

»Ja, das wäre schön«, gab ihre Schwester leise zur Antwort.

»Warum nicht?«, sagte Karl-Heinz.

 

Keine zwei Stunden später war klar, dass Karl-Heinz und Else, eine von Luises Freundinnen, mehr als nur einen Narren aneinander gefressen hatten. Die kleine dralle Blondine hatte meinem besten Freund gehörig den Kopf verdreht. Die beiden tanzten den gesamten Abend durch. Die dafür erforderliche Kondition hatte er seinem regelmäßigen Fußballtraining zu verdanken.

»Dein Freund ist ein toller Kerl!«, rief Luise mir über die Lautstärke hinweg zu. »Woher kennst du ihn?«

»Wir kennen uns schon, seit wir Kinder waren. Unsere Eltern sind miteinander befreundet. Richtige Freunde wurden wir aber erst nach dem Tod meiner Mutter.«

»Deine Mutter lebt nicht mehr? Das tut mir sehr leid.« Das meinte sie ernst. Ich sah es ihr an.

»Danke. Sie starb vor acht Jahren überraschend an den Folgen einer Fehlgeburt. Mein Vater und ich waren damals völlig aufgeschmissen, und so wurden wir von den Budenbretts, Karl-Heinz` Familie, erst mal unterstützt, bis ein paar Monate später die Schwester meines Vaters zu uns ins Haus zog. Während dieser Zeit verfestigte sich die Freundschaft zwischen Karl-Heinz und mir.«

»Verstehe. Echte Freunde erkennt man in der Not.« Luise lächelte. »Du hast also keine Geschwister?«

»Nein, leider nicht.«

»Das ist sehr schade. Da verpasst du was. Ich wüsste gar nicht, wie mein Leben ohne Marianne aussehen würde. Wir sind ein Herz und eine Seele. Stimmt es, Schwesterherz?« Luise zog Marianne an sich, die die ganze Zeit still neben ihr gestanden hatte. Marianne nickte und lächelte ihre große Schwester an. Die Liebe, die die beiden miteinander verband, war nicht zu übersehen. Ich fragte mich nicht zum ersten Mal, was gewesen wäre, wenn meine Mutter und meine ungeborene Schwester diese Schwangerschaft heil überstanden hätten und noch zur Familie gehören würden. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass es dann im Haushalt der Maiers nicht so kalt und lieblos zugegangen wäre, wie es eben gewesen war.

Völlig unvermittelt stürzte von irgendwoher ein betrunkener Cowboy in unsere Runde. Halt suchend klammerte er sich an das Nächstbeste, was er zu fassen bekam und riss so Marianne mit sich zu Boden, die daraufhin laut aufschrie. Schnell hatte Luise erfasst, dass der schwere Kerl auf ihrer Schwester lag und nicht gedachte, von ihr wieder herunterzusteigen. Marianne schrie ohne Unterlass, machte aber keine Anstalten, sich zu wehren. Luise tauchte rasch in die Situation ab und rüttelte an dem Mann herum. »Hey! Runter von ihr, du Grobian!« Sie schlug überraschend kräftig auf ihn ein, was den Mann in keiner Weise beeindruckte. Mir war klar, wenn ich nicht gleich etwas tat, um den Mädchen zu helfen, würde die Situation eskalieren. Ich tauchte hinab zu Luise und griff den Kerl unter den Armen, genau in den Achselhöhlen. Mit einem Ruck zog ich an ihm und musste mir eingestehen, dass ich nicht stark genug war. Die arme Marianne musste sich unter seinem Gewicht fühlen wie unter einem Mühlstein. Sie blickte mir angsterfüllt in die Augen. Ich rappelte mich kurz wieder auf und rief nach Karl-Heinz, der ein paar Meter entfernt mit Else herumknutschte. Zum Glück reagierte er gleich auf meine Rufe und eilte zu mir herüber. Als er die Situation erkannte, bückten wir uns gemeinsam, und plötzlich war es ein Leichtes, den betrunkenen Cowboy von der zierlichen Marianne herunter zu hieven. Kaum stand er mehr schlecht als recht auf seinen Beinen, sprang auch Luise auf und gab dem Kerl eine schallende Ohrfeige, um gleich danach der zitternden Marianne auf die Beine zu helfen. Dass sie den Cowboy mit ihrer Backpfeife in einen rasenden Stier verwandelt hatte, schien sie nicht zu merken, oder es interessierte sie einfach nicht. Im Moment ging es Luise nur um das Wohl ihrer Schwester. Der Kerl schnaufte und erhob hinter Luises Rücken zornerfüllt seine Faust. Geistesgegenwärtig sprang ich dazwischen. Karl-Heinz versuchte noch, den Arm des Kerls festzuhalten, doch vergebens. Des Cowboys‘ Faust landete ungebremst in meinem Gesicht.

Für einen kurzen Moment wurde alles um mich herum schwarz. Stimmen, Lichter und Musik verschwanden in weiter Ferne. Nur schwach vernahm ich Schreie um mich herum. Irgendjemand trat auf meine Hand, und dann riss mich jemand hoch. Ich kam langsam wieder zu mir. Karl-Heinz hatte mich auf eine der Eckbänke gesetzt. Neben mir saß Marianne. Schluchzend. Die braune Schminke lief über ihr Gesicht und tropfte auf ihr Indianerkleid. Luise hockte vor uns und hielt unser beider Hände.

»Alles klar, Junge?«, fragte Karl-Heinz. Else hing an seinem Arm und himmelte ihn an.

Ich tastete mein Gesicht ab. »Blute ich?«, fragte ich.

»Nein, alles gut«, sagte Luise. »Tut dir was weh? Du hast ganz schön was abgekriegt.«

Ich überdachte ihre Frage und spürte nach. Meine linke Wange fühlte sich an, als wäre eine Dampframme in sie hineingeknallt. »Nein, alles gut. Halb so schlimm. Geht es euch Mädchen gut?« Eine überflüssige Frage. Marianne neben mir zitterte wie Espenlaub. Ich hatte das Gefühl, als sei sie näher an mich herangerutscht. »Dankeschön«, flüsterte sie. Ich brauchte eine Weile, um zu begreifen, dass sie mich meinte.

»Gern geschehen«, gab ich zurück. »Wo ist der Kerl hin?«

»Der Wirt hat ihn vor die Tür gesetzt.«

»Was machen wir jetzt? Gehen wir noch woanders hin?«, fragte Else.

»Ich will nach Hause!«, sagte Marianne bestimmt. Es war das erste Mal, dass ich sie laut und deutlich sprechen hörte.

»Gut. Dann machen wir das.« Luise sprang auf und lief zur Garderobe.

»Was? Du willst wirklich schon gehen?«, fragte Else.

»Meine kleine Schwester will heim, dann gehe ich mit ihr. So einfach ist das. Du kannst ja hierbleiben. Niemand zwingt dich, mitzugehen.«

Else sah an Karl-Heinz hoch. »Was ist mit dir und deinem Freund? Bleibt ihr denn wenigstens noch hier?«

Karl-Heinz sah mich fragend an. Ich antwortete für ihn. »Wenn Karl-Heinz möchte, kann er gerne hierbleiben. Ich begleite Marianne und Luise nach Hause.«

»Bist du sicher?«, fragte mein Freund.

»Ganz sicher. Wir sehen uns morgen.« Ich nahm Luise die Mäntel ab und half jedem der Mädchen in den eigenen hinein.

 

Die Nacht war kalt. Es war schon länger kein Schnee mehr gefallen, aber der, der noch lag, war hart gefroren und glitzerte im Schein der Straßenlaternen.Luise und ich hatten Marianne in unsere Mitte genommen. Sie zitterte immer noch.

»Danke, dass du uns heimbringst«, sagte Marianne.

»Das mache ich gern. Und ihr wollt wirklich kein Taxi?«

»Nein, bitte nicht. Die Nacht ist so schön. Ich liebe den Winter, weißt du?«, sagte Luise

»Das ist ungewöhnlich. Die meisten Frauen mögen den Frühling und den Sommer lieber.«

»Dann bin ich froh, dass ich nicht die meisten Frauen bin.« Sie lachte. Und ich lachte mit. Ich konnte nicht anders.

»Ich habe von meiner Großmutter ein wunderschönes neues Buch zu Weihnachten bekommen. Es heißt Herzwinter. Kennst du es?«

»Nein, davon habe ich noch nichts gehört. Worum geht es?«

»Es handelt von einem jungen Mann, der im England des zweiten Weltkriegs in der Weihnachtszeit mit einem Bollerwagen voller Bücher von Haus zu Haus zieht.«

»Um sie zu verkaufen?«

»Nein. Eben nicht. Das ist ja das schöne.«

»Dann verschenkt er sie?«

»Nein. Er liest aus ihnen vor. Mit einer ganz wunderbaren Lesestimme, die den Menschen Wärme und Geborgenheit in dieser kalten Zeit spendet. Er gibt ihnen so die Möglichkeit, in andere Welten zu fliehen.«

Ich war beeindruckt. »Und das macht er ganz umsonst?«

Luise nickte. »Er verlangt nichts dafür. Die meisten Menschen geben ihm trotzdem etwas. Die einen geben ihm für eine Nacht ein Dach über dem Kopf oder lassen ihn an dem wenigen Essen, das sie haben, teilhaben. Aber das tun sie freiwillig. Er verlangt nichts dafür.«

»Ein wunderschöner Gedanke«, gab ich zu.

»Möchtest du es mal lesen? Ich könnte es dir ausleihen.«

»Sehr gern. Wenn du es denn entbehren kannst?«

»Ich gebe es dir, sobald ich es ausgelesen habe. Ich habe nur noch ein paar wenige Seiten.«

»Vielen Dank.«

Den Rest des Weges schwiegen wir. Wir lauschten den Geräuschen, die unsere Schritte auf dem gefrorenen Schnee machten. Sahen den nebligen Wölkchen zu, den unser Atem in der klirrend kalten Luft hinterließ. Ab und an lächelten wir uns an. Marianne in unserer Mitte entspannte sich zusehends. Als wir – für mein Empfinden viel zu schnell – vor dem Haus der Höfers ankamen, hatte ihr Zittern gänzlich aufgehört.

»Geht es dir besser?«, fragte ich sie.

»Ja. Vielen Dank.« Sie lächelte sogar ein wenig.

Luise fischte den Hausschlüssel aus ihrer Manteltasche. »Nochmal vielen Dank fürs Nachhausebringen, Martin. Und auch dafür, dass du und dein Freund geholfen habt, Marianne aus ihrer misslichen Lage zu befreien.«

»Das war doch selbstverständlich.« Noch kühlte die Winterluft meine lädierte Wange. Ich war zuvor noch nie in eine Prügelei verwickelt gewesen. Ich fragte mich, wie sich der Schmerz wohl anfühlen würde, wenn ich in meinem warmen Bett lag. In einem war ich mir aber sicher: Ich würde diesen Schmerz mit Stolz tragen. Es war klar, dass ich durch meine Aktion bei den Höfer-Schwestern an Ansehen gewonnen hatte.

Luise schloss die Haustüre auf und schob ihre Schwester durch die offene Tür. »Gute Nacht, Martin. Komm gut heim.« Sie lächelte noch einmal dieses bezaubernde Lächeln und verschwand dann ebenfalls im Innern des Hauses.

 

Auf meiner Wange hatte sich ein beachtlicher Bluterguss gebildet, der in einem Veilchen um mein Auge herum mündete. Was ausgerechnet am Veilchendienstag, der mein erster Arbeitstag nach den Karnevalstagen war, für Erheiterung bei meinen Arbeitskollegen sorgte.

»Na, Maier? Hast du dich dem Feiertag entsprechend hübsch gemacht? Bist wohl besoffen gegen eine Straßenlaterne gelaufen«, frotzelte Gerd, als ich zu Beginn meiner Schicht im Restaurant auftauchte.

»Ja ja, sehr witzig!«, gab ich bloß zurück. Sollten sie sich doch auf meine Kosten amüsieren. Ich wusste ja, woher der Bluterguss kam und musste mich dafür in keiner Weise schämen. Trotzdem hielt ich es nicht für nötig, die anderen aufzuklären. Die Sache sollte mein kleines Geheimnis bleiben. Ein gutes Geheimnis.

 

Nach knapp zwei Stunden stupidem Falten von beigefarbenen Stoffservietten und schneeweißen Tischdecken geschah es.

»Maier? Ich muss mit Ihnen sprechen.«

Es kam selten vor, dass Kurt Höfer sich hier unten in das Verbindungszimmer der Wäscherei zur Restaurantküche verirrte. Das war nicht nur mir klar, und so war ich nicht der Einzige, der unseren Chef mit großen Augen anstarrte. Mein Herz klopfte bis zum Anschlag. Hatte ich was falsch gemacht? Seit dem Geschäftsessen war es das erste Mal, dass er mich persönlich ansprach. »Guten Morgen, Herr Höfer.« Ich stand stramm wie beim Militär.

»Ein beachtliches Veilchen tragen Sie da.« Er deutete auf meine Wange und tat danach einen tiefen Zug von seiner Zigarette.

»Verzeihung. Das wird nicht mehr vorkommen.«

»Nicht doch, nicht doch! Meine Töchter haben mir erzählt, dass Sie Marianne mit Ihrem Mut aus einer misslichen Lage befreit haben. Gut gemacht. Dafür wollte ich mich persönlich bei Ihnen bedanken und Sie am Sonntag zum Essen einladen. Meine Frau möchte es sich nicht nehmen lassen, Sie zum Dank zu bekochen.«

Ich hatte mit allem gerechnet. Aber nicht damit, dass Marianne und Luise ihren Eltern erzählt hatten, was an Weiberfastnacht in der Kneipe geschehen war. Irgendwie war ich davon ausgegangen, dass sie heimlich da gewesen waren. Ich war sprachlos.

»Was ist nun, Maier? Kann ich meiner Gattin ausrichten, dass Sie am Sonntag pünktlich um 12 Uhr mittags erscheinen werden?«

Ich schluckte, bevor ich sprach: »Natürlich, Herr Höfer. Ich freue mich sehr über Ihre Einladung.«

»Sehr schön.« Er schlug mir mit der rechten Hand auf die Schulter. »Und jetzt weitermachen. Die Arbeit erledigt sich nicht von allein.« Sprach es und verließ gemächlichen Schrittes den Raum.

Eine Weile blieb es ruhig, und dann prasselte es von allen Seiten auf mich ein: »Der Alte lädt dich zum Essen ein?« – »Kriechst du dem jetzt in den Arsch?« – »Was hast du mit den Töchtern von Höfer zu tun?« – »Hast du dich für die verwöhnten Weiber geschlagen?«

»Das geht euch alle – gelinde gesagt – gar nichts an.« Ich schwebte vor Stolz und Ehre gefühlte zehn Zentimeter über dem Boden. Ich durfte zu Höfers nach Hause kommen. Vielleicht kam ich dann endlich mal in aller Ruhe zu einem Gespräch mit ihm über meine weitere Karriere im Höfers. Und nebenbei würde ich Luise sehen. Ein kleiner Bonus, über den ich mich ganz besonders freute.

 

Ich hatte für die Höfer-Frauen drei Blumensträuße besorgt. Einen etwas größeren und zwei kleine. Dazu noch eine Schachtel Pralinen und für meinen Chef eine Flasche Rotwein. Nervös stand ich vor der Haustür und brachte es um fünf vor zwölf endlich fertig, zu klingeln. Ich hoffte, ich erwartete sogar, dass Luise mir die Tür öffnete. Als diese endlich aufging, war es nicht Luise. Es war Marianne, die mir scheu entgegen lächelte.

»Hallo Martin. Ich freue mich, dass du gekommen bist.« Ihre Wangen glühten. Sie hatte sich ein wenig geschminkt und sah somit etwas frischer, fröhlicher aus. Ich lächelte sie an und überreichte ihr einen der kleineren Sträuße. »Der ist für dich, liebe Marianne. Ich hoffe, du magst Tulpen?«

»Oh ja, sehr.« Sie schnupperte daran. »Vielen Dank.«

Sie hatte noch nicht ganz ausgesprochen, da erschien ihre Mutter hinter ihr in der Tür. »Martin! Schön, dass Sie kommen konnten. Das freut mich sehr. Kommen Sie doch herein und geben Sie mir ihre Jacke.«

Ich trat über die Schwelle und drückte Mariannes Mutter den größten Strauß und die Schachtel Pralinen in die Hand. »Für Sie, Frau Höfer. Vielen Dank für die Einladung. Ich habe mich sehr darüber gefreut.« Ich zog meine Jacke aus, die Marianne mir sofort abnahm und an die Garderobe hängte.

Schon im Flur duftete es köstlich nach geschmortem Fleisch. War mir eben noch schlecht vor Aufregung gewesen, bekam ich nun tatsächlich Hunger.

»Marianne, bring Martin doch bitte ins Wohnzimmer zu deinem Vater und dann komm zurück in die Küche, du musst mir noch ein wenig zur Hand gehen.«

»Ja, Mutter.« Marianne lächelte. Hier, in ihren eigenen vier Wänden, schien sie wie ausgewechselt. Sie war längst nicht so ein Sonnenschein wie ihre ältere Schwester, aber sie wirkte deutlich gelöster als die ersten beiden Male, an denen ich sie getroffen hatte.

Marianne lief vor und ich folgte ihr über den Flur. Sie führte mich ins Wohnzimmer, wo Kurt Höfer auf einem Sessel vor dem offenen Kamin saß. Das Feuer prasselte und verteilte eine wohlige Wärme im Raum. Mein Chef las, mit einer Zigarette zwischen den Fingern, in der Sonntagszeitung.

»Vater, Martin ist hier«, sagte Marianne.

Kurt Höfer schaute auf. »Maier! Da sind Sie ja! Kommen Sie rein. Setzen Sie sich.« Er deutete auf einen zweiten Sessel, schräg dem seinen gegenüber, ebenfalls vor dem Kamin.

»Guten Tag, Herr Höfer.« Ich trat zu ihm und schüttelte ihm die Hand, um ihm in Anschluss die Flasche Rotwein zu überreichen. »Vielen Dank für die Einladung.«

Höfer musterte die Flasche. »Ein guter Tropfen. Hervorragend ausgewählt. Und die Blümchen? Sind die etwa auch für mich?«

Erst jetzt fiel mir auf, dass ich den dritten Strauß noch in der Hand hielt. Ich wurde rot. Ich spürte es deutlich.

»Nein. Der ist für Ihre älteste Tochter.«

Höfers eben noch freundlicher Blick veränderte sich. »Für Luise? Wieso für sie? Was ist mit Marianne?«

»Oh, Marianne und auch Ihre Frau haben bereits einen Strauß von mir bekommen«, beeilte ich mich, zu sagen. »Ich wollte so höflich sein, allen drei Damen des Hauses meine Anerkennung zeigen.«

Sein Gesichtsausdruck entspannte sich. »So, das ist natürlich etwas anderes. Aber Luise ist nicht da. Sie ist über das Wochenende in Mainz bei einem Familienbesuch.«

Ich ließ mich auf den Sessel sinken. Ich war maßlos enttäuscht, versuchte aber, mir das nicht anmerken zu lassen. Ich hielt den Strauß umklammert, schluckte einmal trocken und sagte dann: »Das ist sehr schade.«

»Das sehe ich nicht so.« Höfer beugte sich vor und sprach eindringlich auf mich ein. »Sie und Marianne haben so endlich einmal Zeit, sich besser kennenzulernen. Ich weiß, dass meine älteste Tochter sich gern in den Vordergrund drängt. Marianne leidet darunter. Sie hat kaum eine Chance, einen Mann kennenzulernen, solange Luise in ihrer Nähe ist. So kommt sie nie unter die Haube.«

Ich war sprachlos ob seiner abwertenden Ausdrucksweise. Beiden Töchtern gegenüber. Aber ich war nicht in der Position, darüber zu urteilen. Im Gegenteil. Höfer war und blieb mein Chef. Ich brauchte diesen Job. Ich brauchte ihn nicht nur, ich hatte Pläne für dieses Hotel, weil es mir viel bedeutete. Ich hatte als Kind oft meine Mutter während Arbeit begleitet und verband kostbare Erinnerungen mit diesem Hotel. Meine Pläne konnte ich nicht verwirklichen, wenn ich Höfer sagte, dass ich nicht gut fand, wie er über seine Töchter sprach. So entschied ich einfach, gar nichts zu sagen. Ich legte den Strauß Tulpen vorsichtig auf den kleinen Beistelltisch, welcher zwischen den beiden Sesseln stand.

»Mein Wunsch, dass Sie Marianne umwerben, steht immer noch. Sie sind ein wohlerzogener junger Mann, dem die Arbeit wichtig ist, der fleißig und bodenständig ist. Marianne braucht eine sichere Stütze. Sie hat keine eigenen Talente. Ohne Mann wird sie es nie schaffen. Sie ist zur Hausfrau und Mutter geboren. Um es deutlich zu sagen: Heiraten Sie sie. Nach angemessener Verlobungszeit, natürlich. Es soll nicht zu Ihrem Nachteil sein. Ich weiß, dass Ihr Kopf voller Ideen für das Hotel ist. Ich weiß auch, dass Sie höhere Positionen anstreben. All das könnte ich Ihnen ermöglichen, wenn Sie erst mal mein Schwiegersohn sind. Dann stehen Ihnen alle Türen offen.«

»Ist das Ihr Ernst? Ich meine, Sie wollen wirklich, dass ich Ihre Tochter heirate und bieten mir dafür eine Karriere im Höfers an?«

»Ich wusste doch, dass Sie nicht auf den Kopf gefallen sind, Maier. Lassen Sie sich mein Angebot durch den Kopf gehen. Aber überlegen Sie nicht zu lange. Es gibt noch mehr adäquate Anwärter für diese Aufgabe.«

Ich konnte es nicht glauben. Höfer präsentierte mir sein Hotel auf dem Silbertablett. Trotz allem hatte dieser Wink des Schicksals einen bitteren Beigeschmack.

»Vater, Martin, das Essen ist fertig. Ihr möchtet bitte ins Esszimmer kommen.« Marianne stand mit einem zaghaften Lächeln im Gesicht in der Wohnzimmertür. Ich mochte sie. Gar keine Frage. Aber sie war nicht die Frau, bei der mein Herz einen Hüpfer machte, wenn ich sie sah. Das geschah nur bei ihrer Schwester.

 

Das Essen war genauso lecker, wie es bei meiner Ankunft gerochen hatte. Es gab Rouladen, Semmelknödel und Rotkohl. Ich war mir nicht sicher, wann ich das letzte Mal etwas so Köstliches gegessen hatte. Meine Tante konnte zwar kochen, aber das hier löste eine Geschmacksexplosion auf meiner Zunge aus. Zusammen mit dem Rotwein, den ich meinem Chef mitgebracht hatte, war es ein Gedicht.

»Es freut mich sehr, dass es Ihnen so gut schmeckt«, sagte Frau Höfer und lächelte mir zu.

»Das ist keine Kunst. Ich glaube, ich habe nie zuvor etwas besseres gegessen.«

»Vielen Dank. Das höre ich natürlich gern.«

Höfer schob seinen leergeputzten Teller von sich. »Ja, wenn meine Frau etwas kann, dann ist das Kochen. Ihre Qualitäten in der Küche sind unbezahlbar. Und diese hat sie erfolgreich an Marianne weitergegeben.«

»Danke, Vater.« Marianne errötete und stand im selben Augenblick auf, um die leeren Teller vom Tisch zu räumen.

»Marianne hat mir heute nicht nur beim Kochen geholfen, sie hat auch ganz allein den Nachtisch zubereitet«, sagte Frau Höfer nicht ohne Stolz.

Wie aufs Stichwort öffnete Marianne den Kühlschrank und holte eine Glasschüssel heraus. Sie stellte sie auf den Tisch, den ihre Mutter zuvor für sie in der Mitte freigeräumt hatte.

»Das sieht lecker aus. Was ist das?«, fragte ich.

»Das ist Herrencreme. Nach dem Rezept meiner Großmutter«, antwortete Marianne.

»Wenn es nur halb so gut schmeckt, wie ich denke, werde ich heute wohl noch platzen«, gab ich zu.

Marianne lächelte verhalten. Höfer beäugte mich genau. Ihm schien zu gefallen, wie ich mit seiner Tochter umging. Das animierte mich dazu, etwas anzusprechen, was mir schon lange unter den Fingernägeln brannte. »Herr Höfer, darf ich Ihnen eine betriebliche Frage stellen?«

»Sicher. Worum geht es, Maier?«

»Mir ist aufgefallen, dass wir keine farbigen Tischdecken im Restaurant haben. Und ich habe mich gefragt, warum.«

»Farbige Tischdecken?« Höfer runzelte die Stirn.

»Ja. Ich denke, farbiger Stoff würde weniger steril wirken. Etwas freundlicher und einladender.«

»Freundlicher und einladender? Unsere Gaststätte, ja unser ganzes Hotel ist für seine Eleganz bekannt. Weiß ist unsere Farbe. Das war schon immer so.«

»Das ist mir bewusst. Unseren Stammgästen ist das wichtig. Aber damit könnten wir vielleicht auch etwas jüngere Gäste ins Hotel locken. Familien mit Kindern eventuell.«

»Lächerlich! Marianne, reich mir doch bitte etwas von deinem köstlichen Nachtisch.«

Es schmerzte, wie er meine Idee mit nur einem Wisch vom Tisch fegte, als hätte ich sie nie geäußert.

Mai 1973

Der Besuch bei Höfers hatte mir im Nachhinein in gleich mehreren Bereichen die Augen geöffnet. Aber am tiefsten hatte sich festgesetzt, dass ich keinerlei Chance auf eine Karriere bei Höfers hatte, wenn ich Marianne nicht heiratete.

Es gab sicherlich Schlimmeres, als eine hübsche junge Frau zu heiraten. Aber bisher hatte ich gedacht, dass ich diesen Schritt mal aus Liebe tun würde. Und nicht, um mir damit Karrierechancen zu ermöglichen. Es konnte doch nicht sein, dass Höfer meine Ideen betreffend so verbohrt war. Es ging ja nicht allein um Tischdecken und Servietten. Das war nur ein Anfang. In meinem Kopf schwirrten so viele Einfälle umher, das Höfers moderner, ansprechender für die jungen Leute zu gestalten, dass ich sie nicht mehr zählen konnte. Sollte es wirklich sein, dass ich diese nur verwirklichen konnte, wenn ich Marianne Höfer heiratete? Was hatte das eine mit dem anderen zu tun?

Dazu kam noch die Sache mit Luise. Sie war nicht nur ein ebenso hübsches Mädchen wie Marianne. Zusätzlich war sie unglaublich klug und besaß einen Charme, wie ich ihn noch nie zuvor bei einem Mädchen erlebt hatte. An Luise war einfach nichts Falsches. Sie äußerte, was sie dachte, fühlte und mochte, in einer Überzeugung, dass ich nichts von dem hinterfragte, was sie sagte, sondern für bare Münze hielt. Sie hatte eine Gabe, mich in ihrer Begeisterung für die kleinsten Dinge mitzureißen, und dafür reichte häufig ihr Lächeln.War das Liebe, was ich empfand? Zumindest käme mir eine Ehe mit ihr weitaus weniger falsch vor als eine mit Marianne.Ich hatte mich Höfer gegenüber bisher nicht zu seinem Angebot geäußert. Ich hatte mit überhaupt niemandem darüber gesprochen. Mir war aber bewusst, dass ich es bald tun musste, wenn ich nicht vollkommen konfus werden wollte. Und ich wusste auch, dass es nur einen Menschen gab, mit dem ich darüber reden konnte.

Karl-Heinz und ich hatten uns mit ein paar anderen Jungs auf dem Bolzplatz verabredet. Das Wetter an diesem Sonntag war wunderschön. Die wärmende Mai-Sonne strahlte von einem wolkenlosen Himmel herab und lud förmlich zu einem Fußballspiel ein. Die körperliche Bewegung kam mir mehr als recht. Sie powerte nicht nur meinen Körper aus, sondern machte auch meinen Kopf frei, sodass ich in der Halbzeit Mut fasste und meinen besten Freund beiseitenahm.

»Kann ich kurz mit dir reden?«, fragte ich.

Karl-Heinz nahm einen großen Schluck aus seiner Wasserflasche, ehe er mir antwortete. »Klar. Worum gehts?«

»Ich brauche deinen Rat.«

Karl-Heinz grinste. »Geht es um eine Frau?«

»Eher um zwei.«

Karl-Heinz machte große Augen. »Was, gleich um zwei? Du Herzensbrecher!«

»Es ist nicht so wie du denkst.«

»So? Wie denn dann? Und überhaupt: Von welchen Mädchen sprechen wir hier? Kenne ich sie?«

»Luise und Marianne Höfer.«

»Oha! Die Töchter deines Chefs? Die Mädels, die wir an Karneval kennengelernt haben? Elses Freundinnen?«

»Genau.«

Karl-Heinz überlegte einen Moment. »Du meinst wirklich beide? Ich dachte eigentlich, du würdest nur für die ältere schwärmen.«

Ich schrak auf. »Mist, sieht man mir das an?«

Karl-Heinz lachte. »Anmerken ist gut! So wie du sie an Weiberfastnacht angesehen hast, habe ich gedacht, dir fallen gleich die Augen aus dem Kopf. Ich habe mich schon gefragt, wann du mir endlich von deiner Verknalltheit erzählst.«

»Bis vor Kurzem habe ich das ja nicht mal selbst gewusst.«

»Wie auch immer. Ist doch toll. Empfindet sie genauso?«

»Das weiß ich nicht. Wir haben noch nicht darüber geredet.«

»Dann wird das höchste Zeit.«

»Das ist nicht so einfach.«

»Doch, das ist es. Es erfordert einfach nur ein bisschen Mut. Das wirst du ja wohl hinkriegen.«

»Nein, du verstehst nicht. Da ist noch Marianne.«

»Kein Zweifel, sie ist auch hübsch, aber ganz ehrlich? Ich habe das Gefühl, mit ihr stimmt was nicht.«

»Wie meinst du das?«

»Ist dir noch nicht aufgefallen, dass sie irgendwie seltsam ist?«

»Gut, sie ist ein bisschen schüchtern.«

»Ein bisschen zu schüchtern, wenn du mich fragst. Else sagt das auch.«

»Else? Du triffst sie noch?«

»Hin und wieder gehen wir tanzen. Immer dann, wenn du weder Lust noch Zeit hast, was mit mir zu unternehmen, weil du am Wochenende lieber über deinen Schmökern hängst. Mit dir ist ja nichts mehr los im Moment. Und jetzt weiß ich auch warum.«

»Ach, und was ist das deiner Meinung nach?«

»Du stehst zwischen zwei Schwestern und weißt nicht, für welche du dich entscheiden sollst. Wobei ich denke, dass das bloß eine Ausrede ist, weil du nicht mutig genug bist, Luise zu gestehen, dass du dich in sie verliebt hast.«

»Wenn das bloß alles wäre ...«

Karl-Heinz sah mich eindringlich an. Er schien zu begreifen, dass mich noch etwas ganz anderes beschäftigte. »Raus mit der Sprache, Junge. Was ist das eigentliche Problem?«

Ich atmete tief durch. Sortierte ein wenig die Gedanken, bevor ich sprach: »Du weißt, wie gerne ich im Höfers arbeite? Und auch, dass ich hoffe, dass es irgendwann mal mir gehört und ich es leite?«

»Daraus hast du nie ein Geheimnis gemacht. Aber was hat das eine mit dem anderen zu tun?«

»Mein Chef hat mir ein seltsames Angebot gemacht. Und ich befürchte, wenn ich nicht annehme, wird es niemals eine solche Karriere geben.«

»Was für ein Angebot?« Karl-Heinz sah mich eindringlich an, so dass ich einen kurzen Moment überlegte, überhaupt noch weiterzusprechen. Ich ahnte jetzt schon, wie er auf mein Geständnis reagieren würde.

»Er möchte, dass ich Marianne heirate. Im Gegenzug verspricht er mir eine höhere Position im Höfers.«

»Du machst Witze!«

»Nein.«

»Das ist nicht dein Ernst.«

»Doch, ist es.«

»Aber du denkst nicht ernsthaft über dieses Angebot nach?«

Ich sagte nichts.

»Du hast dich in die eine Schwester verliebt und willst die andere heiraten, nur damit du Karriere machen kannst?«

»Ich habe mich doch noch gar nicht entschieden, Karl-Heinz.«

»Das ist schon schlimm genug! Martin, das bist doch nicht du! Jahrelang wartest du auf die Frau deines Lebens, dann kommt sie und du überlegst, ob du nicht doch lieber ihre unscheinbare Schwester heiraten sollst, um Karriere zu machen. Das ist doch vollkommener Irrsinn!« Karl-Heinz wurde immer lauter.

»He, ihr zwei Streithähne! Spielt ihr noch weiter mit oder wollt ihr lieber in einen Boxring steigen?«, rief einer unserer Mitspieler von der Mitte des Fußballfeldes her.

Karl-Heinz warf mir noch einen demonstrativ verständnislosen Blick zu, bevor er mich stehen ließ und zurück aufs Feld lief.

 

Seit diesem Tag war das gute Verhältnis zwischen meinem besten Freund und mir getrübt. Wir erwähnten das Thema zwar nicht mehr, wenn wir uns trafen, trotz allem hatte unser Gespräch darüber seine Spuren hinterlassen. Ich wusste zwar, dass Karl-Heinz mit allem, was er gesagt hatte, Recht hatte. Aber ich wusste auch, dass mir das in keinem Fall weiterhalf. Schon gar nicht, solange ich nicht wusste, was Luise für mich empfand. Wenn sie sich in mich verliebt hatte, so wie ich in sie, wäre alles Grübeln überflüssig gewesen. Natürlich wäre mir eine Beziehung, vielleicht sogar eine Ehe, mit meiner Traumfrau wichtiger gewesen als meine Karriere. Egal, ob sie die Tochter meines Chefs war oder nicht. Ich würde andere Arbeit finden. Vielleicht nicht eine, die mich so erfüllen würde, wie ich es mir wünschte. Aber ich hätte Luise an meiner Seite gehabt. Was brauchte ich da schon einen erfüllten Job? Diese Frau wäre für mich Erfüllung genug gewesen.

Doch dafür hätte ich Luise fragen müssen. Ich hätte sie fragen müssen, was sie für mich empfindet. Und allein der Gedanke daran jagte mir eine Gänsehaut den Rücken herab. Was, wenn sie nicht so empfand? Wieso sollte sich eine Frau wie sie für einen Mann wie mich interessieren? Zudem noch für einen, der zwei Jahre jünger war als sie selbst? Sie konnte weitaus andere haben. Ganz sicher hatte sie schon einen Verehrer, der ihr ebenbürtig war. Vielleicht war der Familienbesuch in Mainz gar kein Familienbesuch gewesen. Sondern ein Besuch bei ihrem Verlobten. Ganz sicher war es so. Es gab keinen plausiblen Grund dafür, dass es in Luises Leben keinen Mann gab. Sie konnte zehn an jedem Finger haben, wenn sie wollte.

Diese ganze Grübelei zermürbte mich. Und führte letztendlich zu gar nichts. Ich traute mich nicht, mich mit Luise zu verabreden und sie über meine Gefühle für sie aufzuklären. Mir blieb also nichts anderes übrig, als die Situation so wie sie war erst einmal zu ertragen.

 

Es war an einem Montagabend im Mai, knapp drei Wochen nach dem Essen bei Familie Höfer, als ich nach einem anstrengenden Arbeitstag in meinem Zimmer auf dem Bett lag, die neueste Scheibe von den Rolling Stones auf dem Plattenteller und einem guten Buch in der Hand, welches ich mir auf dem Nachhauseweg in meiner Lieblings-Buchhandlung gekauft hatte.

Ich war satt und zufrieden vom Abendessen, welches Tante Rosi für meinen Vater und mich gekocht hatte. Ich strich mir gerade über den vollen Bauch, als es an meiner Zimmertüre klopfte.

»Ja, bitte?«, rief ich über die laute Musik hinweg.

Vater öffnete die Tür. »Hier ist Besuch für dich, Martin.« Er sah mich ganz seltsam an, und so war mir gleich klar, dass dieser Besuch weder Karl-Heinz noch ein anderer meiner Freunde war. Ich legte mein Buch zur Seite und richtete mich auf. »Wer ist es denn?«

Mein Vater trat einfach zur Seite und machte mir so die Sicht auf Luise frei. Sie trug ein wunderschönes dunkelblaues Hippiekleid mit großen Sonnenblumen darauf. Da stand sie nun im Türrahmen meines Zimmers und lächelte mich an. »Hallo Martin.«

»Luise! Hallo! Was machst du denn hier?« Ich schüttelte kurz den Kopf. »Was ich eigentlich sagen will: Schön, dass du da bist.« Ich stand auf, strich meine Bettdecke glatt und bat sie, Platz zu nehmen. Ich stellte den Plattenspieler leiser und setzte mich selbst auf meinen Schreibtischstuhl, auf dessen Lehne meine Arbeitskleidung hing. »Entschuldige bitte die Unordnung. Wenn ich gewusst hätte, dass du kommst, hätte ich selbstverständlich aufgeräumt.«

»Ach, halb so wild.« Luise setzte sich nicht, stattdessen lief sie in meinem kleinen, karg eingerichteten Zimmer umher und blieb vor dem Bücherregal stehen.

»Hübsch hast du es hier.«

»Na ja, schön ist anders. Aber für mich reicht es.« Plötzlich schämte ich mich dafür, dass ich noch zuhause wohnte.