Hinfallen Heilen Hochfliegen - Tina O'Hara - E-Book

Hinfallen Heilen Hochfliegen E-Book

Tina O'Hara

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Beschreibung

Ich bin Cristina mit C ohne h und das ist das Buch meines Lebens. Mit meinen 50 Jahren habe ich schon so viel erlebt, dass es in ein Buch passt. In diesem halben Jahrhundert habe ich den Himmel geküsst und in die Schluchten geweint. Mein Start ins Leben war schwer und traumatisch und hat Spuren in meiner Seele hinterlassen. Mit Hilfe der spirituellen Heilung meiner alten Wunden habe ich es geschafft, die Traumata zu verarbeiten und loszulassen. Und nun lebe ich, wer und was ich bin, liebe und achte mich endlich und erfülle mir meine Träume. Denn alles ist möglich. Wenn auch Du frei von alten Lasten sein und Deine Herzenswünsche leben möchtest, lade ich Dich ein, auf eine heilsame Reise zu Dir selbst mitzukommen. Denn auch Du kannst auf dem Regenbogen tanzen, wenn Du Dir eine Chance gibst.

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Seitenzahl: 273

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Alle Deine seelischen Wunden können heilen, wenn Du Dir die Erlaubnis dazu gibst.

Inhalt:

Prolog

Kapitel 1 - Der schwere Start ins Leben

Kapitel 2 - An der Schwelle zum Erwachsenwerden

Kapitel 3 - Weggang aus der Heimat – Neues Ufer Deutschland, ein anderes Leben, Zwischenstation Italien

Kapitel 4 - Heilungsarbeit, die Vergangenheit verarbeiten und loslassen, Erkenntnisse

Nachwort von Co-Autorin Diana Bayer

Epilog / Schlusswort von Tina O’Hara

Danksagung

Prolog

Mein Name ist Cristina – mit C ohne h – und dies ist das Buch meines Lebens. Und so anders, wie mein Vorname geschrieben wird, bin auch ich und ist mein Lebensweg.

Doch es ist nicht nur eine spannende Biografie, sondern zugleich eine wundervolle spirituelle Reise zu mir selbst und in mein glückliches Sein.

Mein Start ins Leben und die Jahre danach waren traumatisch und schwer und ich dachte, dass ich das Glück wohl nicht verdient habe. Das Leben war ein einziger Kampf, kraftraubend und anstrengend. Alles schien gegen mich zu arbeiten. Es waren Jahre des Schmerzes, der Einsamkeit, der Entbehrungen und der Neuanfänge. Und es waren auch Jahre voller Glücksmomente, Liebe, Hoffnung und Wiederauferstehen – eine extreme Berg- und Talfahrt durch das Leben. Ich habe den Himmel geküsst und in die Schluchten geweint.

Doch das wahre Glück zog bei mir ein, als ich mich entschieden habe, mich meiner spirituellen Heilung zu öffnen und die Vergangenheit hinter mir zu lassen und damit auch den Schmerz und die Kämpfe.

Seitdem ziehe ich immer mehr Freude, wunderbare Menschen, Magie und Wunder in mein Leben. Die kleine traurige Cristina hat sich zur fröhlichen und lebensfrohen Regenbogentänzerin Tina gemausert.

Und heute – 50 Jahre später – bin ich mehr denn je in meinem inneren Frieden, in Zufriedenheit und empfinde Lebensglück. Ich habe beschlossen, mich zu lieben und zu achten, denn ich bin es wert.

Und jetzt küsse ich nicht nur den Himmel, sondern tauche in ihn ein wie in ein azurblaues Meer mit einer Leichtigkeit und Grazie wie ein Delphin.

Ich lade Dich ein, an dieser Heilungsreise teilzunehmen und ebenfalls Deine Vergangenheit hinter Dir zu lassen und Dein wahres Selbst zu finden.

Denn auch Du bist in der Lage, auf dem Regenbogen zu tanzen, wenn Du es Dir erlaubst.

Lass Dich berühren und inspirieren.

Deine Cristina

Kapitel 1

Der schwere Start ins Leben

Ich wurde an einem sonnigen Sonntag im Juni 1972 in einem kleinen Ort in Rumänien geboren. Meine Eltern waren gerade spazieren, als ich es sehr eilig hatte, herauszukommen. Meine Mutter wurde auf den Händen meines Vaters und eines anderen Mannes in die Klinik getragen. Und schon kurz nach der Ankunft im Krankenhaus erblickte ich das Licht der Welt.

Mein Vater betrat das Zimmer und fragte, ob ich ein Junge oder ein Mädchen sei. Als er erfuhr, dass es wieder „nur“ ein Mädchen war, sagte er zu meiner Mutter: „Darauf kannst du pissen.“

Ich war die nun mittlerweile vierte Tochter in der Familie und mein Vater hatte sich so sehnlich einen Sohn gewünscht. Und nun die große Enttäuschung, es war wieder kein Stammhalter geboren worden.

Auch wenn ich neugeboren war, ich habe die Ablehnung meines Vaters in diesem Moment verinnerlicht. Ich fühlte mich abgelehnt und ungeliebt, was kein schöner Start ins Leben bedeutete. Ich wurde schon zurückgeworfen, bevor ich überhaupt gehen konnte.

Meine Mutter hat die Abwehr meines Vaters als komplette Ablehnung empfunden. Sie glaubte, nicht „gut genug“ zu sein, um ihrem Mann einen Jungen zu schenken.

Durch meine spätere Heilungsarbeit konnte ich mich in meine Mutter hineinfühlen und spürte, dass meine Mutter sich damals minderwertig und wertlos als Frau gefühlt hatte. Dadurch wurde ihre Angst noch größer, dass ihr Leben mit nun vier Mädchen und einem Mann, der schnell zum Alkohol griff, noch schwerer sein würde. Sie befürchtete, dass der Frust und die Unzufriedenheit ihres Mannes nun noch gewaltiger werden und er dies an ihr auslassen würde.

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Und mit diesem Gefühl, nicht wirklich willkommen zu sein, habe ich mein Leben gestartet – immer in der Angst, nicht gut genug zu sein. Ich habe immer versucht, meine Mutter vor dieser Angst und Bange zu retten und eben doch gut genug zu sein und meinem Vater die Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken, die er sich immer gewünscht hatte - indem ich ein „Junge“ war. Und das war meine Lebensaufgabe für viele Jahre, nachdem ich geboren wurde.

Hierzu möchte ich gerne erzählen, was ich bei meinem Heilungsprozess jetzt im Erwachsenenalter erlebt habe:

Als ich mental zurückgegangen bin zu dem Moment, als ich das Licht der Welt erblickt habe, wusste ich, dass ich als fröhliche Seele und voller Begeisterung in die Welt geschaut habe und sofort die Welt und meine Eltern umarmen wollte. Und in dem Moment, als der Satz meines Vaters ausgesprochen war und die Angst meiner Mutter vor seinem Frust wuchs, hat sie mich an ihre Brust angelegt und hat mir ihre Angst übertragen. Die ursprüngliche Freude und Begeisterung, auf der Welt zu sein, wurde überdeckt durch einen Vorhang aus Dunkelheit. All die Liebe, all die Fröhlichkeit und den Mut, welche ich in die Welt bringen wollte, waren plötzlich weg. Ich habe viele Jahre gebraucht, um wieder zurückzugehen an diesen Ursprungspunkt meines Seins und das Verhalten meiner Eltern zu akzeptieren und zu verzeihen. Und jetzt – fast 50 Jahre später - bin ich endlich in der Lage, das zu tun, wofür ich gekommen bin – nämlich die Liebe und die Freude aus meiner Seele nach außen in die Welt und zu den Menschen zu bringen.

Bei allem Verständnis für die Enttäuschung meines Vaters, hat es mich doch zutiefst getroffen und geprägt, wie er auf meine Ankunft reagiert hat. Eltern ist oft nicht bewusst, wie sehr sie die Entwicklung ihres Kindes negativ beeinflussen können mit unachtsam ausgesprochenen Worten und Gesten. Mir hat mein Vater damit suggeriert, dass es schlecht ist, ein Mädchen zu sein und dass ich es nicht wert bin, geliebt zu werden, weil ich ein Mädchen bin. Mit einem unbedachten Satz hat er meine Einmaligkeit, meine Integrität und mein Selbstverständnis als Mädchen weggewischt. Eine schwere Bürde auf meinen schmalen Schultern und ein schwerer Start in mein Leben.

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Meine erste deutliche Erinnerung an meine frühe Kindheit habe ich, als ich 3 Jahre alt war. Wir haben in einem kleinen Ort in Rumänien in einer 3-Zimmer-Wohnung gelebt – zu sechst. Es gab keine Kinderzimmer. Ein Zimmer war komplett leer. Wir 4 Mädchen schliefen alle in einem großen Bett im gleichen Raum wie unsere Eltern.

Meine Mutter arbeitete als Lehrerin. Sie hatte ihre Prüfungen absolviert 1 Jahr vor meiner Geburt als 4. Kind und gleich, nachdem sie ihr 3. Kind bekommen hatte.

Mein Vater arbeitete als Schreinermeister in einer Holzfabrik, die sich direkt vor unserer Haustür befand und ist in der Mittagspause schnell nach Hause gekommen. Meine 3 älteren Schwestern gingen alle in den Kindergarten und ich musste allein zu Hause bleiben – wie gesagt, mit 3 – Meine Mutter stellte mir auf einen Stuhl neben dem Bett eine Tasse Milch und ein Milchbrötchen. Ich durfte aus dem Bett nicht aufstehen, habe die Milch getrunken und das Brötchen gegessen und habe brav gewartet, bis mein Vater nach Hause kam.

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Wenn ich mich heute frage, wie ich mich damals gefühlt habe, kann ich sagen: jetzt mit fast 50 habe ich verstanden, dass hier meine größte Angst entstanden ist. Es ist die Angst, verlassen zu sein, die Angst, nie dazu zu gehören und nicht gesehen zu werden. Ich hatte Panik, denn ich konnte nicht wissen, ob und wann jemand nach Hause kommt. Mein Überlebensinstinkt war zu denken: ‚Du darfst dieses Bett nicht verlassen. Egal, was passiert. Bald kommt jemand nach Hause.‘ Daran habe ich mich geklammert.

Heute weiß ich, was das mit einem Kleinkind macht. Gerade in diesem Alter, ist es das Schlimmste für ein Kind, allein gelassen zu werden und niemanden um sich zu haben, der es beschützt und Halt und Orientierung gibt. Ich habe mein ganzes Leben lang in der Angst gelebt, verlassen zu werden. Und in dem Moment, wo mein Mann oder meine Tochter, meine Mutter oder wer auch immer auch nur angedeutet hat, mich zu verlassen, kam die Panik der kleinen Cristina hoch und ich habe alles getan, nur um nicht verlassen zu werden. Das war bis zu meiner Heilung meine größte Angst.

Und der Begriff „verlassen“ ist noch zu milde ausgedrückt für das, was ich gefühlt habe. Es war vielmehr die Angst, ausgestoßen zu werden. Dies hat sich sehr stark in meine Seele eingebrannt.

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Die nächste Erinnerung habe ich daran, als ich 4 Jahre alt war und ein weiteres traumatisches Erlebnis hatte.

Mein Vater kam – wie so oft – betrunken nach Hause. Meine Mutter provozierte ihn mit schlimmen Worten und beschimpfte ihn aggressiv. Die Situation eskalierte. Meine Oma – die Mutter meiner Mutter – ging dazwischen. Das tat sie meist, wenn Familienstreit im Gange war. Wir Mädchen wurden zu unserem Schutz in ein Zimmer eingesperrt und weinten bitterlich. Mein Vater griff nach einer Axt und wollte meine Mutter umbringen. Meine Oma hielt meinen Vater auf und konnte ihn beruhigen.

Diese Situation war zwar entschärft, doch wann würde es wieder soweit kommen? Wie ein Damoklesschwert schwebten die Alkoholsucht meines Vaters und unsere desolate Familiensituation über uns. Die Angst vor weiteren Eskalationen saß mir stets im Nacken. Dies war kein Umfeld für ein Kind, behütet und vertrauensvoll aufzuwachsen. Meine gesamte Kindheit war geprägt von sehr viel Aggression zwischen meinen Eltern, meiner Oma und uns Kindern. Auch Streit, Geldmangel, Schlägereien, Weinen, Verzweiflung waren mein ständiger Begleiter. Und immer wieder diese Angst, die fortwährend da war und bange Gedanken kreisten in meinem Kopf: ‚Würde Vater heute wieder betrunken nach Hause kommen? Wie war seine Laune heute? Würde es wieder Streit geben? …..‘ Die Familienstimmung abhängig von der Laune des Vaters…. Ich wusste emotional nie, woran ich war, eine ständige emotionale Berg- und Talfahrt.

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In meinem gegenwärtigen Heilungsprozess habe ich vieles erfahren und wahrgenommen, was ich in der damaligen Situation natürlich nicht wusste und erkennen konnte. Das Geschehen war nicht nur die Schuld meines Vaters. Zwischen meinen Eltern hatte sich ein Teufelskreis entwickelt. Meine Mutter war überfordert mit 4 Kindern. Ihre Träume vom Leben waren geplatzt. Auch sie war im Kern eine sehr glückliche und fröhliche Seele und hatte wohl ganz andere Pläne für ihr Leben. Sie wollte viel erleben und wollte uns Kindern etwas bieten. Sie wollte eine Ausbildung machen, deswegen auch, weil ihre Mutter gar keine Schulausbildung hatte. Sie hatte den Wunsch, eine Ausbildung als Lehrerin zu machen, um ihre Seelenaufgabe, Kindern zu helfen und Kindern etwas zurück zu geben, erfüllen zu können. (Nebenbei bemerkt, hat sie dies trotz uns 4 Kindern auch tatsächlich geschafft, was in meinen Augen eine reife Leistung ist, für die ich ihr meinen Respekt und meine Achtung aussprechen möchte.)

Meine Mutter war auch das 4. Kind und ein Kuckuckskind dazu. Auch sie hatte Zuwendung und Unterstützung als Kind nicht erhalten. Und dieser Frust und auch Depressionen aus ihren jungen Jahren gaben dem Ping-Pong, dem Hin- und Her aus Anschuldigungen zwischen meinen Eltern und auch zwischen meiner Mutter und uns Kindern von ihrer Seite her Futter.

Von meinem Vater weiß ich im nachhinein, dass er dieses Leid nie bewusst in die Familie bringen wollte. Er hat uns auf seine Art immer geliebt. Er war ein Familienmensch.

Und er hätte das vielleicht nie getan, wenn auch meine Mutter anders hätte reagieren können. Mit ihren Vorwürfen, dass er ein „Nichts“ sei, dass er aus einem einfachen Dorf stammte und zu ihr kam mit nichts als seiner Kleidung am Leib und dass sie das Geld in die Familie brachte, begünstigte sie die Alkoholsucht meines Vaters. Dies soll keine Rechtfertigung sein, dass mein Vater trank. Denn letztendlich ist es allein seine Verantwortung und Entscheidung, dies zu tun oder es zu lassen. Doch die ewigen Vorwürfe erschwerten es ihm, davon abzulassen.

Und so steckten beide im Teufelskreis. Meine Mutter hatte Angst, dass der Vater wieder betrunken nach Hause kommt und Vater hat auch getrunken, um dem Erwartungsdruck und den Schuldzuweisungen meiner Mutter standhalten zu können. Wenn meine Eltern sich hätten Hilfe holen können, wäre es wohl ganz anders gekommen. Doch in den damaligen Zeiten, noch dazu im Kommunismus gab es diese Hilfe nicht. Mein Vater wollte lieb sein und gerne nach Hause kommen. Doch schon an der Tür empfing Mutter ihn mit den Worten: „Hast du getrunken? Wie viel hast du getrunken? Wo ist das Geld?“ Dieses Verhalten war sicherlich das Ergebnis ihrer eigenen Urängste, die sich aus ihrem Leben entwickelt haben. Sie stammte auch aus einer vielköpfigen Familie, ist ohne Vater aufgewachsen, kannte keine Vaterliebe. Und die Ängste und der Frust aus ihrer eigenen Biografie und die Lasten, die auch mein Vater aus seiner Kindheit auf seinen Schultern mitbrachte, sorgten dafür, dass sich dieser Film, die dramatische Familiensituation immer wiederholte wie in einer Endlosschleife. Ich bedaure das sehr.

Früher habe ich die ganze Schuld meinem Vater gegeben. Ich möchte sein Verhalten nicht verharmlosen, denn seine Aggressionen waren sehr schlimm für mich. Aber heute verstehe ich, wie wichtig es für einen Mann ist, dass er zu Hause liebevoll empfangen wird und die Frau wertgeschätzt wird vom Partner. Meine Eltern waren in ihren Mustern gefangen und schafften es leider bis zum Tod meines Vaters in 2021 nicht, aus ihnen herauszugehen, um sich liebevoll und auf Augenhöhe begegnen zu können.

Um solche Wunden heilen zu können, ist es wichtig, Schuldzuweisungen zu unterlassen. Viele Geschehnisse und Aspekte begünstigen einen Konflikt zwischen Menschen. Und es ist wichtig, zum Ursprung zurückzugehen. Wie entstehen Liebe und Leid? Was macht den Unterschied bei der Entwicklung eines Menschen zwischen Geliebt- zu-werden und mit Liebe umgeben zu sein oder mit Leid und Schmerz konfrontiert zu sein?

Um zu verstehen, was Menschen zu ihrem Verhalten bringt, ist es nötig, hinter die Fassade zu schauen und tief einzutauchen. Um die Seele heilen zu können, ist ein wahrhaft inneres Reflektieren und Verstehen wichtig.

So weiß ich heute, dass meine Eltern nicht viel geben konnten, da sie selbst mit einem Mangel an elterlicher Liebe aufgewachsen sind. Sie wurden in den (Nach)Kriegszeiten des zweiten Weltkrieges geboren. Ihre Eltern lebten in Angst, Leid und Existenzängsten und hatte Verluste zu verkraften. Das nackte Überleben stand im Vordergrund des Seins. Ich verstehe, dass sie alles versucht haben, alles gegeben haben, was ihnen möglich war, um zu überleben.

Sie hatten nicht viel, was sie weitergeben konnten. Die fehlende Zuneigung und Liebe, die unsere Großeltern und Eltern gespürt und erfahren haben, haben uns nachfolgende Generationen somit auch zu Leidtragenden der Kriegszeit werden lassen, denn der Mangel an Zuwendung und die körperlichen und seelischen Wunden sind bis heute nicht geheilt. Dies wirkt bei jedem Einzelnen, in jeder Familie und in der gesamten Gesellschaft bzw. dem Kollektiv nach.

Meine Mutter ist 1946 als 4. Kind nach zwei Schwestern und einem Bruder geboren worden. Ihre Mutter, meine Oma, hatte ihren ersten Mann im Krieg verloren, konnte nicht schreiben und lesen. Sie arbeitete in der Gemeinde und putzte und kochte auch bei wohlhabenden Leuten. Sie war Anfang 30, sehr schön und ein verheirateter Mann aus der Gemeinde verliebte sich in sie und so wurde meine Mutter gezeugt. Meine Mutter ist die Tochter eines sehr schönen, intelligenten und reichen Mannes. Und trotzdem wuchs sie vaterlos auf. Über Dritte machte ihr Vater ihr Geschenke und versuchte, Kontakt zu seiner unehelichen Tochter herzustellen. Doch meine Mutter lehnte dies ab.

Die Situation war schwer für sie und wie ich bei einer Familienaufstellung fühlen konnte, erhoffte sie sich, die Liebe und Anerkennung ihrer Mutter zu erhalten, wenn sie keinen Kontakt zu ihrem Vater pflegte. Meine Oma hatte meine Mutter verflucht, dass sie gezeugt wurde. Auch das stellte sich bei der Familienaufstellung heraus. Was für eine schwere Bürde auf den Schultern meiner Mutter. Ich fühle mit ihr.

Flüche entfalten eine zerstörerische Wirkung, wenn sie nicht aufgelöst werden. Darum unterschätze man nie die Macht von Worten. Ein Satz kann einen Menschen heilen und ein Satz kann einen Menschen zerstören oder für lange Zeit belasten und liebevolle Beziehungen verhindern. Jetzt verstehe ich, dass dieser Fluch meiner Oma über meine Mutter zu uns Kindern weitergegangen ist.

Auch ich hatte bisher eine schwierige belastete von Streit und Vorwürfen gespickte Beziehung zu meiner Mutter. Auch sie warf mir immer wieder vor, was für eine Bürde ich für sie bin und dass ich ihr Leben ruiniert hätte. Der Fluch wirkt bis in die Gegenwart und hat meinen Wert, meine Einmaligkeit, meine Existenzberechtigung als Mensch hinweggefegt und mein Selbstwertgefühl unterdrückt. Ich bin nicht verantwortlich für die Differenzen zwischen meiner Oma und meiner Mutter und doch wurde mir dieser Ballast mental und emotional übergeben. Das passierte, weil meine Ahnen beginnend mit meiner Mutter ihre Konflikte zu Lebzeiten nicht gelöst haben bzw. lösen konnten.

In der Heilungsarbeit ist die Ahnenheilung ein wesentlicher Teil bei der Auflösung alter Blockaden und Traumata.

Deine Ahnen haben Dich geprägt.

Um die Vergangenheit loslassen zu können, ist es wichtig, die Ahnenreihe zu heilen.

Alle ungelösten Schmerzen, Konflikte, seelischen Wunden, die in Deiner weiblichen und männlichen Ahnenreihe entstanden sind, werden an die nächste Generation weitergegeben. Den Auftrag zur Heilung bekommt der nächste Nachfahre, wenn die Generation vorher die Auflösung und Heilung nicht geschafft hat. Dies ist keine Strafe, keine böse Absicht, sondern Ausdruck dafür, dass ein Ahne mit dem Erlebten überfordert war und nicht die Kraft hatte, es zu verarbeiten. Diese Wunden gehören nicht zu Dir. Daher ist es wichtig in Deiner eigenen Heilungsarbeit, diese Lasten an Deine Vorfahren zurückzugeben.

Hierzu gibt es sehr gute geführte Meditationen von erfahrenen spirituellen Heilern und Begleitern, mit deren Hilfe Du die Ahnenreihen heilen kannst. Vertraue bei der Auswahl der Meditation Deiner Intuition und es wird die genau richtige und hilfreichste für Dich sein. Wiederhole diese Meditation anfangs regelmäßig und dann von Zeit zu Zeit.

Alternativ kannst Du folgendes Ritual durchführen: Stelle vor Dich einen Stuhl und stelle Dir vor, wie Dein Ahne (z.B. Deine Mutter, Dein Vater -> bitte einzeln, nicht gleichzeitig) darauf Platz nehmen. Lade ihn/sie ein, an dem Ritual teilzunehmen: "Ich lade Dich ein, an diesem Heilungsritual teilzunehmen und bitte Dich, Platz zu nehmen." Dafür muss die Person nicht persönlich da sein. Nimm einen Rucksack oder eine Tasche und gebe gedanklich die Lasten da hinein, die Dir Dein Ahne unbewusst mitgegeben hat. Du musst die Lasten nicht genau kennen oder benennen. Sage mit Deiner inneren oder auch äußeren Stimme: "Ich lege jetzt die Lasten meiner weiblichen Ahnen / männlichen Ahnen in diesen Rucksack." Dann nimm den Rucksack und überreiche sie dem Ahnen auf dem Stuhl mit den Worten: "Liebe Mutter/Lieber Vater/Lieber......ich gebe Dir jetzt Dein Päckchen zurück. Es gehört zu Dir. Es gehört nicht zu mir."

Lege den Rucksack auf den Stuhl, tritt einen Schritt zurück und beobachte, wie es Dir jetzt geht. Wenn Emotionen hochkommen, sei dankbar und drücke sie nicht wieder herunter. Nimm sie an, lass sie zu, nur dann können sie heilen. Wenn Du weinen musst, dann weine. Tränen reinigen Dein Herz und Deine Seele. Gefühle sind ein Zeichen von Stärke. Gib Deinen Gefühlen Raum. Nimm Dir Zeit zum Nachspüren. Wenn Du soweit bist, bedanke Dich bei Deinem Ritualpartner auf dem Stuhl und wünsche der Seele alles Gute, Glück und Segen auf ihrem weiteren Weg. Das Ritual ist beendet.

Nimm Dir danach noch Zeit, um die Heilung wirken zu lassen. Du kannst das Ritual jederzeit wiederholen. Bitte führe dies immer nur mit 1 Person durch. Es ist auch möglich mit Personen, die nicht Deine Familie sind, denn auch Dritte haben Dir ihre Päckchen übergeben.

Deine Heilungsarbeit hilft nicht nur Dir, sondern auch Deinen Ahnen und Deinen Kindern. Denn auch Du hast unbewusst Lasten übergeben und kannst sie so wieder davon befreien. Es ist wichtig, trotz Groll, Verletztheit, in Respekt und Liebe und aus dem Herzen zu handeln. Die universelle Liebe ist die stärkste Heilkraft, die es gibt.

Deine Ahnen haben Dir das Leben geschenkt und jeder Mensch handelt so, wie er es gerade kann und versteht. Trotz der elterlichen Gene bist Du als Mensch einzigartig und einmalig und keine Kopie Deiner Eltern. Du bist Du. Und Du hast immer die Wahl und Möglichkeit, zerstörerische Denk- und Verhaltensweisen in Deiner Familie von Dir zu weisen und einen anderen guten Weg für Dich zu wählen. Einen Weg, der Deiner inneren Wahrheit entspricht.

Wenn ein liebevoller respektvoller Umgang innerhalb Deiner Familie derzeit nicht möglich ist, dann habe den Mut, Distanz zu wahren und eine Zeitlang keinen persönlichen Kontakt zu haben. Diesen Schutzraum benötigst Du, um heilen zu können.

In einem ungesunden Familienkonstrukt hat jedes Familienmitglied seinen festen starren Platz (Muster), auf dem jeder sein Spiel spielt und sich um die eigene Achse dreht. Diese Starre ist vergleichbar mit Eisenstangen, an deren Enden die Familienmitglieder fest verankert sind. Erst wenn es ein Familienmitglied schafft, sich aus diesem starren Konstrukt zu befreien, haben auch die anderen Familienmitglieder die Chance, aus ihren zerstörerischen Mustern auszutreten. Sie werden zunächst umfallen und verunsichert sein, wenn die Beweglichkeit plötzlich wieder da ist. Doch sie werden dann auch spüren, dass sie frei sind und sich nun so bewegen können, wie es ihnen gut tut und Freude macht.

Sei Du das Familienmitglied, das das Konstrukt in Bewegung bringt.

Auch das Ritual der Familienaufstellung ist eine hervorragende Möglichkeit, sich der Muster in der weiblichen und männlichen Ahnenreihe bewusst zu werden und sie konstruktiv aufzulösen. Auch hier gibt es erfahrene einfühlsame Heiler und Begleiter, die Dir helfend zur Seite stehen und Dich anleiten.

Wenn Du bereit bist, die alten Wunden zu heilen, wird das Leben Dir genau die Hilfen zeigen und Impulse geben, die zu Dir und Deinem Weg der Heilung passen.

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Mit diesen Werkzeugen habe ich jetzt die Chance, diesen Fluch aufzulösen und damit Heilung für mich, meine Mutter und meine Oma zu bewirken. Auch verstorbenen Angehörigen kann man durch die Heilungsarbeit Gutes tun, denn ihre Seelen werden von zerstörerischem Karma befreit und finden Ruhe und Frieden.

Als meine Mutter 12 Jahre alt war, hat ihr leiblicher Vater versucht mit ihr auf der Straße ein Gespräch zu führen. Sie war nicht bereit und in der Lage, mit ihm zu reden und hat ihn abgewiesen. So verließ er sie weinend und drehte sich noch einmal um, bevor er ganz aus ihrem Blickfeld verschwand. Dies war das Letzte, was sie von ihm gesehen hat. Die Vatersehnsucht blieb ihr treuer Begleiter in ihrem Leben.

Ich glaube, sie hat ihr Nein bereut. Doch ich kann es verstehen. Welche Wahl hatte sie damals als 12-jähriges junges Mädchen, das unter dem Einfluss ihrer Mutter und deren Fluch stand?? Jede andere Lösung wäre wegen der Haltung ihrer Mutter nicht möglich gewesen.

Um so eine ungelebte Beziehung heilen und verarbeiten zu können, ist es wichtig, dass man den Vermissten – hier der Vater – auch wenn er nicht mehr unter den Lebenden ist, anspricht, als ob er körperlich anwesend wäre. Es hilft, einen Brief an den geliebten Menschen zu schreiben. In dem Brief darf alles stehen. Die Worte sollten aus dem Herzen kommen und wahrhaftig sein. Nur so kann der Schmerz und die Trauer befreit und letztendlich geheilt werden. Als Ritual kann man einen leeren Stuhl aufstellen, auf den man gedanklich den geliebten Menschen setzt. Dann liest man ihm den Brief vor.

Diese Geste befreit die verdrängten Gefühle, denen man unbedingt Raum geben sollte. Tränen wollen geweint werden, Wut darf ausgesprochen werden. Doch das Allerwichtigste ist, sich seine Liebe und Zuneigung zu dem vermissten Menschen einzugestehen und ihm diese mitzuteilen. Denn die Liebe ist die universelle Kraft, die Wunden heilen und Seelen wieder zueinander finden lässt.

Wer es zulassen kann, hat auch die Möglichkeit, über ein Medium Kontakt mit dem Verstorbenen herzustellen. In diesem Gespräch können Gefühle und Gedanken ausgetauscht werden und die unsterbliche Seele des Verstorbenen hat die Möglichkeit, Botschaften mitzuteilen, die zu seinen Lebzeiten nicht ausgesprochen werden konnten. Dies ist sehr heilsam und kann ein jahrelanges Leiden und Vermissen beenden. Ausgesöhnt mit dem Verstorbenen und somit von alten Lasten und der Vergangenheit befreit, kann der noch Lebende nun in der Gegenwart und Zukunft glücklich und lebensfroh sein. Und wenn seine Zeit gekommen ist, begegnet er der Seele des Verstorbenen wieder.

Seelen, die in Liebe miteinander verbunden sind, kann nichts und niemand trennen.

Meine Oma heiratete schnell einen anderen Mann, um Gerede zu vermeiden und meine Mutter galt offiziell als die Tochter des zweiten Ehemannes.

Wir, die Generation der 70er und 80er hatten das Glück, die Befreiung aus dem Kommunismus zu erleben. Wir haben dadurch die Möglichkeit, uns spirituell zu öffnen und zu entwickeln.

Wir sind tatsächlich die Generation, die lernt, sich selbst wertzuschätzen und zu lieben, zu heilen und die Liebe an die Kinder weiter zu geben. Was für ein Glück, was für eine Chance! Und deshalb sollten wir sie nutzen und dürfen unsere Eltern nicht verurteilen oder bestrafen oder Schuld aussprechen für das, was sie mit uns gemacht haben - wie viel Leid sie uns auch zugefügt haben.

Ich befürworte, das Wort „Schuld“ aus dem Sprachschatz zu entfernen. Denn Schuldzuweisungen verhindern eine Auflösung und Heilung von Wunden und Schmerz und halten den Mensch klein.

Denn ein Mensch, der noch nicht seine Wunden geheilt hat, handelt so, wie er es gerade kann und wie er es gerade versteht – ohne böse Absicht.

Unsere Generation kann dies nun verstehen, weil wir geheilt sind bzw. auf dem Weg der Heilung sind. Wir sind durch die Heilungsarbeit in der Lage, aus der Liebe und aus unserer Seele zu verstehen, was damals passiert ist. Nur dann nehmen wir wahr, dass unsere Eltern damals nicht anders konnten und nie die bewusste Absicht hatten, ihr Kind zu verletzen. Leider kommen noch sehr wenige Menschen so weit in ihrer Entwicklung, dass sie die schlimmen Erlebnisse verstehen möchten oder überhaupt zurückgehen wollen in den Schmerz, der ihnen als Kind und Jugendlicher zugefügt wurde.

Ich selbst war vor 10 bis 15 Jahren noch so stark im Frust und in der Wut und habe meine Eltern immer wieder verurteilt. Ich badete voller Hingabe in der Opferrolle und habe wütend geschrien: „Ich kann nichts dafür, dass ich so bin wie ich bin. Meine Eltern haben das getan und mein Leben zerstört. Ich habe alles richtig gemacht, aber meine Eltern…“

Und jetzt kann ich endlich anders denken, anders reden, anders fühlen und das ist so schön und befreiend. Es fühlt sich so gut an, endlich die Liebe der Eltern mit einem anderen Blickwinkel spüren zu können. Die Liebe, die tatsächlich vorhanden ist und nun zu mir kommt, egal, was wir erlebt haben. Durch mein geläutertes Denken und Fühlen kann ich diese Liebe wahrnehmen und annehmen.

Heilung beginnt dann, wenn wir aus der Opferrolle herausgehen und annehmen, was geschehen ist – ohne Bewertung und ohne Verurteilung. Bleibt man in der Opferrolle, bleibt man in der Vergangenheit mit all ihrem Schmerz verhaftet und verhindert eine Heilung bei sich selbst und dem anderen. Heilung beginnt schon damit, dass wir uns bewusst entscheiden, die Opferrolle zu verlassen und Heilung zuzulassen.

Ich wünsche mir von Herzen, dass immer mehr Menschen den Mut haben, sich ihre Wunden anzuschauen, sie zu verstehen und loszulassen. Es heilt nicht nur ihre Seelen, sondern auch die Seelen der beteiligten Menschen. Erst wenn man das belastende Alte losgelassen hat, öffnet sich das Tor zu einem liebevollen, freudvollen Leben im Hier und Jetzt.

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Und nun möchte ich auch von schönen Erinnerungen berichten. Trotz allen Schmerzes in der Kindheit und Jugend gibt es auch schöne Momente, an die man sich gerne erinnert. Heilung ermöglicht, dass man diese schönen Sequenzen wieder wahrnimmt und fühlt.

Die erste schöne Erinnerung war, als ich 3 oder 4 Jahre alt war, als wir in einem ganz kleinen Ort im Haus im ersten Stock wohnten. Ich weiß, dass meine Mutter immer sehr gerne gekocht und gebacken hat. Und im Sommer haben wir immer Decken bekommen und durften vor dem Haus im Garten am Zaun mit diesen Decken ein Zelt, einen Unterschlupf bauen. Meine Mutter hat jeden Tag kleines Spritzgebäck gebacken. Wir Kinder haben eine Tüte davon bekommen und durften mit den Kindern draußen in unserem großartigen Unterschlupf, auf den wir stolz waren, die Kekse genießen. Und wahrlich, wir haben es genossen!

Eine zweite schöne Geschichte war, als ich zwischen 4 und 5 Jahre alt war. Bei einem Schulfest meiner Schwestern hatte ich einen ungeplanten Auftritt auf der Bühne. Ich war mit unseren Eltern da und in einer Pause, wo die Theatervorhänge geschlossen waren und die Vorbereitungen für den nächsten Akt liefen, stand ich plötzlich auf und lief schnurstracks auf die Bühne. Ich hatte einen super kurzen Rock an, unter dem schon meine weiße Unterhose herausschaute und um den Hals trug ich eine Halskette aus Pfirsischkernen. Ich stellte mich selbstverständlich vor das Mikrofon und sagte ein in Rumänien bekanntes Kindergedicht auf. Darin geht es um einen kleinen Hund, der eine Ente gestohlen hat. Er will das nicht zugeben, doch das kleine Mädchen hat ihn dabei erwischt und zu seinem Pech hing die Ente noch aus seinem Maul heraus. Das kleine Mädchen, mit dem ich mich sehr gut identifizieren konnte, nimmt den Hund mit, damit das Volk die Strafe für seinen Klau ausspricht.

Ich war sehr stolz auf meinen Vortrag. Die Eltern im Publikum sind in lautes Gelächter ausgebrochen und haben begeistert geklatscht.

Wenn ich das jetzt so schildere, fühle ich, dass mir dieser Moment sehr viel bedeutet hat. Ich war die Jüngste von 4 Schwestern und hatte immer das Gefühl, nie was Eigenes zu haben und nie genug wahrgenommen zu werden. Für mich war das ein Moment, in dem ich für mich allein etwas geschafft hatte und die Aufmerksamkeit der Menschen erreicht hatte. Ich war stolz auf das, was ich in dem Moment konnte. Jedes Mal, wenn ich an diesen Moment denke, weiß und fühle ich, dass dies mein Wesenskern ist, der Kern meiner Seele. Das bin ich. Es macht mir Spaß, im Mittelpunkt zu stehen, gesehen und gehört zu werden, meine Talente wirklich ausleben und zeigen und Menschen damit begeistern zu können. Es ist von jeher ein tiefer Herzenswunsch von mir, Menschen mit meinen besonderen Fähigkeiten schöne magische und freudige Momente zu schenken und ihnen durch meine Augen die wunderbare Welt zu zeigen.

Als ich ca. 5 Jahre alt war, sind wir in eine größere Stadt – Sibiu / Herrmannstadt - gezogen. Wir 6 lebten zunächst bei meiner Cousine. Nach einem Jahr zogen wir in eine 2-Zimmer-Wohnung um und waren dann auch zu siebt, denn meine Oma lebte auch mit uns. Wir lebten sehr beengt, doch das störte mich gar nicht. In dem Alter ist die Wohnsituation wohl gar nicht so wichtig oder wird nicht so wahrgenommen, weil die Familie vorrangig ist. Für mich war es wichtig, dass wir alle beisammen waren und ich nicht allein war. Ich kann mich erinnern, dass wir zwei Betten, einen Schrank und einen Tisch hatten im Wohnzimmer und zwei Betten und einen Schrank in dem anderen Zimmer. So kann ich sagen, dass meine Kindheit räumlich gesehen nur aus Betten und Schränken, wo das Notwendigste drin war, bestand. Und es gab eine Küche, wo man essen konnte. Die Enge habe ich damals nicht als solche empfunden.

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Durch die Angst, die ich entwickelt hatte, verlassen zu werden, war mir sehr wichtig, dass ich viele Menschen um mich herum habe. Diese Angst habe ich jahrelang nicht wahrgenommen, sie war meine größte Angst. War ich allein, habe ich sofort Panik bekommen und habe die Menschenmenge – Familie oder andere Menschen gesucht. Nur nicht allein sein. Ich habe alles getan, um in der Nähe von Menschen zu sein – egal, ob es für mich gut war oder nicht.

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Mit 6 Jahren lernte ich schwimmen.

Ich habe sehr wenige Erinnerungen an die 1. und 2. Klasse meiner Schulzeit. Aber ich kann mich erinnern, wie der Schwimmtrainer hereingekommen ist in unsere Klasse. Bei uns im Kommunismus war es üblich, dass man die Kinder einen Sport machen lässt, um zu sehen, was können sie, was ist machbar, wo sind sie talentiert. Und dann wurde geschaut, wer geeignet ist für den Profisport. Die ganze Klasse durfte zum Schwimmen kommen. Schön war, dass meine Heimatstadt Sibiu (Herrmannstadt / Siebenbürgen) ein sog. Volksbad hatte mit Räumen aus früheren Zeiten mit riesigen Balkonen aus Stein und einem Schwimmbecken. Es war kein riesiges Becken, aber das Einzige, was es damals 1978 in der Stadt gab. Dort habe ich schwimmen gelernt. Ich kann mich an den Geruch des Volksbads erinnern, ich habe heute immer noch den Geruch in der Nase. Oben im 1. Stock gab es Badewannen, wo früher die Alten drin gehockt haben. Das konnte und kann ich mir bildlich vorstellen. Das Volksbad gibt es heute immer noch.

In diesem Bad erfolgte meine Taufe als Schwimmerin. Es lief so ab: die ganze Klasse ging in das Bad, wir waren ca. 40 Kinder. Eine Treppe führte ins Becken. Am Ende der Treppe konnte man noch stehen und hatte den Kopf über Wasser. Nach hinten wurde das Becken immer tiefer. Der Trainer sagte: „Ab alle ins Wasser.“ Es gab vielleicht 10 Kinder, die gar nicht ins Wasser gehen wollten.

Sie trauten sich verständlicherweise nicht, da sie ja nicht schwimmen konnten. Ich bin gleich ins Wasser gegangen.