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Mit dem Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945 wurde der Zweite Weltkrieg auf beispiellos zerstörerische Art beendet. Das Ereignis gilt bis heute als historische Zäsur, es hat die Welt für immer verändert. Doch wie konnte der Einsatz einer Bombe, durch die Hunderttausende Zivilisten starben, zur Kriegsstrategie werden? Wie konnten Wissenschaftler, Politiker und Militärs eine Massenzerstörung befürworten, die sie vor Beginn des Krieges nie unterstützt hätten? Richard Overy, einer der bedeutendsten Zeithistoriker unserer Tage, rückt mit seiner Darstellung die dramatische Endphase in ein neues Licht: vom Flächenbombardement Tokios bis zu diesem letzten schrecklichen Höhepunkt des Krieges. Er betrachtet nicht nur die westliche, sondern auch die japanische Perspektive, beleuchtet neben den militärischen auch die politischen und kulturellen Voraussetzungen, die zum Atombombenabwurf führten, und zeigt, wie das Ereignis den Blick auf kriegerische Konflikte bis heute bestimmt. Eine packende Erzählung – und eine Neubewertung eines der einschneidendsten weltgeschichtlichen Ereignisse überhaupt, das durch die derzeitige atomare Bedrohung wieder an drängender Aktualität gewonnen hat.
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Seitenzahl: 337
Veröffentlichungsjahr: 2025
Richard Overy
Wie die Atombombe möglich wurde
Mit dem Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945 wurde der Zweite Weltkrieg auf beispiellos zerstörerische Art beendet. Das Ereignis gilt bis heute als historische Zäsur, es hat die Welt für immer verändert. Doch wie konnte der Einsatz einer Bombe, durch die Hunderttausende Zivilisten starben, zur Kriegsstrategie werden? Wie konnten Wissenschaftler, Politiker und Militärs eine Massenzerstörung befürworten, die sie vor Beginn des Krieges nie unterstützt hätten?
Richard Overy, einer der bedeutendsten Zeithistoriker unserer Tage, rückt mit seiner Darstellung die dramatische Endphase in ein neues Licht: vom Flächenbombardement Tokios bis zu diesem letzten schrecklichen Höhepunkt des Krieges. Er betrachtet nicht nur die westliche, sondern auch die japanische Perspektive, beleuchtet neben den militärischen auch die politischen und kulturellen Voraussetzungen, die zum Atombombenabwurf führten, und zeigt, wie das Ereignis den Blick auf kriegerische Konflikte bis heute bestimmt. Eine packende Erzählung – und eine Neubewertung eines der einschneidendsten weltgeschichtlichen Ereignisse überhaupt, das durch die derzeitige atomare Bedrohung wieder an drängender Aktualität gewonnen hat.
Richard Overy, geboren 1947 in London, zählt zu den wichtigsten Zeithistorikern unserer Tage. Er lehrt Geschichte an der University of Exeter und lebt in London. Mehrere seiner Bücher, darunter «Russlands Krieg» und «Die Diktatoren», gelten als Standardwerke. «Weltenbrand», Overys große Geschichte des Zweiten Weltkriegs, wurde zum «New York Times»-Bestseller; das Buch stand auf der Shortlist des Gilder Lehrman Prize und wurde mit der Duke of Wellington Medal for Military History ausgezeichnet. Joachim Käppner schrieb in der «Süddeutschen Zeitung»: «Eine meisterliche, monumentale … Erzählung über den schrecklichsten Krieg der Geschichte.» Zuletzt erschien «Warum Krieg?», das auf Platz 1 der Sachbuch-Bestenliste von «Welt», WDR 5, «NZZ» und ORF stand.
Die Originalausgabe erschien 2025 unter dem Titel «Rain of Ruin. Tokyo, Hiroshima and the Surrender of Japan» bei Allen Lane, London.
Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Juli 2025
Copyright © 2025 by Rowohlt · Berlin Verlag GmbH, Berlin
«Rain of Ruin. Tokyo, Hiroshima and the Surrender of Japan» Copyright © 2025 by Richard Overy
Covergestaltung Frank Ortmann
Coverabbildung Rudy Sulgan/Getty Images
ISBN 978-3-644-02299-7
Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation
Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp
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Vorwort: «Mit allen Mitteln»
1. Krieg aus der Luft
2. Bombardements vor der «Bombe»
3. Wettlauf der Wissenschaft
4. «Heiliger Beschluss»: der Weg zur Kapitulation
5. Nachwirkungen: die welt mit der Atombombe
Anhang
Ausgewählte Literatur
Personen- und Sachregister
Dank
Vorbemerkung zu den Anmerkungen
«Wenn es zum Krieg mit Japan kommen sollte, werden wir rücksichtslos kämpfen. Die ‹Flying Fortresses› werden sofort eingesetzt, um die Papierstädte Japans in Brand zu stecken. Wir werden keineswegs davor zurückschrecken, Bomben auf Zivilisten abzuwerfen – wir kämpfen mit allen Mitteln.»
Pressekonferenz von General Marshall am 15. November 1941[1]
Als George Marshall, Stabschef der US Army, einen kleinen Kreis prominenter amerikanischer Journalisten wenige Wochen vor dem japanischen Überfall auf Pearl Harbor an seinen Ansichten teilhaben ließ, war kaum zu erwarten, dass der Boeing-Langstreckenbomber B-17 «Flying Fortress» («Fliegende Festung») die japanischen Hauptinseln überhaupt würde erreichen können. Die Motive für Marshalls Prahlerei sind nur schwer zu ergründen; es sei denn, er hoffte insgeheim, jemand aus dem kleinen Kreis der Adressaten könnte so indiskret sein, die Militärführer Japans wissen zu lassen, welche Gefahr sie heraufbeschworen, wenn sie einen Krieg gegen die Amerikaner riskierten. In der amerikanischen Öffentlichkeit waren Bombenangriffe auf Zivilisten weitgehend geächtet, und so dachte auch Präsident Roosevelt, nominell der Oberbefehlshaber der Streitkräfte und damit Marshalls Vorgesetzter. Die Nennung der japanischen «Papierstädte» ließ einen Alltagsrassismus aufscheinen, den viele Menschen im Westen angesichts der scheinbar exotischen Kultur Japans teilten.
Wie sich herausstellen sollte, wurde die Bombardierung japanischer Städte, und zwar nahezu aller, erst nach einem fast vierjährigen erbitterten Ringen im Süd- und Zentralpazifik möglich. Marshalls Versprechen, die Bombardements würden «mit allen Mitteln» erfolgen, war letztlich das einzige, das er wirklich einlöste. Denn 1945 erlebte Japan die drei tödlichsten Bombenangriffe des gesamten Krieges – auf Tokio, Hiroshima und Nagasaki. Fast zwei Drittel von Japans «Papierstädten» wurden durch Feuersbrünste zerstört, durch den von Präsident Truman im August 1945 angekündigten «Regen des Verderbens» («rain of ruin»). Die Atombomben läuteten schließlich ein neues strategisches Zeitalter ein. Wie es dazu kam und welche Folgen die Ereignisse hatten, ist Gegenstand dieses kleinen Buches.
Die amerikanischen Militärführer hatten schon lange erwogen, wie Japan in die Knie zu zwingen wäre, falls es zu einem Krieg zwischen den beiden wichtigsten Marinemächten der Pazifikregion kommen sollte. Ein Bombenkrieg wurde erst spät in diese Überlegungen einbezogen, da Japan zunächst weder vom kriegsgeplagten China her noch aus dem ganzen Südpazifikraum mit verfügbaren Bombenflugzeugen erreicht werden konnte. Das änderte sich erst, als ab Sommer 1944 der Langstreckenbomber B-29 «Superfortress» («Superfestung») zur Verfügung stand. Angesichts der groß angelegten strategischen Bombardements auf dem europäischen Kriegsschauplatz kamen die Planer der US-Luftstreitkräfte jedoch nicht umhin, den Einsatz der Langstreckenbomber im Krieg gegen Japan – wie letztlich auch in Deutschland – zu reduzieren.
Flächenbombardements waren ein zentrales Element im strategischen Arsenal der Westalliierten – eines, das dem sowjetischen Verbündeten nicht zur Verfügung stand. Diese Art der indirekten wirtschaftlichen Kriegführung passte gut zu dem strategischen Konzept, das den militärischen Druck auf die Heimatfront des Feindes als legitimes und effektives Ziel für den Einsatz der eigenen Luftstreitkräfte ansah. Die Briten hatten diese Strategie in Europa rücksichtslos verfolgt und hofften, dass sie sich nun, nach dem Sieg über Hitler, den amerikanischen Luftstreitkräften im Kampf gegen Japan würden anschließen können.
Für Japan lief dies auf eine Brandbombenkampagne von März bis August 1945 hinaus und schließlich als Höhepunkt auf die Atombombenangriffe in der vorletzten Woche des Pazifikkrieges. Letztere werden oft als getrenntes Thema behandelt, aber sie zielten als Komplementäraktionen ebenfalls darauf ab, Japans Städte zu zerstören. Im Folgenden werden sie darum in diesem Kontext betrachtet. Die britische Gesandtschaft in Japan, die die Aufgabe hatte, einen Bericht über die Bombardierungen zu erstellen, hob den Zusammenhang zwischen beiden Kampagnen hervor: «Die Brandbombenangriffe vom März», heißt es in dem Bericht, «bereiteten zweifellos den Boden für den Zusammenbruch der Moral nach den Atombombenabwürfen.» Japan habe seine Friedensfühler bereits im Juni 1945 ausgestreckt, im Anschluss an die Brandbomben, «und die Atombomben im August brachten diese Bestrebungen zur Reife, waren aber nicht ihr Auslöser».[2]
Die Luftstreitkräfte der US Army, die sowohl die konventionelle als auch die nukleare Bombenkampagne durchgeführt hatten, gefielen sich in dem Gedanken, dass nur durch ihre Macht die japanische Kapitulation wenige Tage nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima herbeigeführt wurde. Diese Schlussfolgerung wird nach wie vor von vielen Historikern geteilt. Wann immer ethische Zweifel angemeldet wurden, lautete die Antwort: militärische Notwendigkeit angesichts eines wilden, erbitterten Gegners. Das Erzwingen der japanischen Kapitulation durch Bombardierungen habe unzählige amerikanische Leben gerettet, und dieses Ergebnis galt damals wie heute als höherer moralischer Imperativ als die Sorge um Hunderttausende zivile Opfer auf der japanischen Seite. «Aber sich Gedanken zu machen, ob unser Handeln moralisch ist – das ist doch irre», verkündete US-General Curtis LeMay, der Kommandeur dieser Bomberkampagne, zwanzig Jahre nach Kriegsende. «Wenn wir in einer beliebigen Schlacht unsere Aufgabe erfüllt hatten», fuhr er fort, «ohne allzu viele unserer eigenen Leute in den Tod zu schicken, dann fanden wir, wir hätten einen ziemlich guten Tag gehabt.»[3] Das waren und sind bis heute die zentralen Argumente auf der einen Seite der Nachkriegsdebatte über Effektivität und Moral der Bomberkampagne, vor allem aber des Einsatzes der Atombomben.
Je mehr Zeit vergeht, desto uneindeutiger werden diese Grundannahmen über den Bombenkrieg. Sie werfen mindestens so viele Fragen auf, wie sie beantworten, und haben zur Entstehung einer äußerst umfangreichen historischen Literatur geführt. Warum wandten zum Beispiel die amerikanischen Luftstreitkräfte in Japan eine Strategie der unterschiedslosen Zerstörung der Städte durch Brandbomben an, während dieselben Luftwaffenkommandeure die britischen Flächenbombardements deutscher Städte sehr kritisch beurteilten? Auch hier ging es doch darum, Stadtzentren durch Feuersbrünste zu vernichten. Was führte zur Entwicklung von Nuklearwaffen und schließlich zur Entscheidung, sie auch einzusetzen? Führten die – konventionellen und atomaren – Bombardements wirklich zur japanischen Kapitulation, oder gibt es noch andere Erklärungen, durch die die Berufung auf die Macht der Luftstreitkräfte relativiert werden müsste? Waren die Atomwaffen nicht auch als zynische Demonstration der amerikanischen Macht und technischen Überlegenheit gedacht, um die Sowjetunion einzuschüchtern – zu einem Zeitpunkt, als beide Staaten sich rasch auf die gegenseitige Konfrontation im Kalten Krieg zubewegten?
Zu guter Letzt bleibt bis heute auch die Frage ungeklärt, ob die Atombombenabwürfe moralisch gerechtfertigt und legitim waren oder ob es sich um ein ungesühntes Kriegsverbrechen handelte. Auf all diese Fragen wurden zahlreiche verschiedene Antworten gegeben. Kein anderes Einzelthema in der Geschichte der amerikanischen Kriegsanstrengungen hat so viele historische, politische und philosophische Schriften hervorgebracht wie dieses. Und kein anderer erhaltener Aktenbestand ist so oft einer genauen forensischen Prüfung unterzogen worden.
Ziel dieses Buches ist es, die genannten Fragen klar darzustellen und zu zeigen, welche Antworten möglich sind – im Lichte dessen, was wir heute, acht Jahrzehnte später, wissen. Um die oft stark amerikanisch geprägte Erzählung zu erweitern, werden hier zwei ergänzende Elemente eingebracht: Zum einen ist heute die japanische Seite der Geschichte wesentlich besser bekannt als noch vor einer Generation, und sie wird hier so vollständig wie möglich in die Diskussion integriert. Das betrifft beide Formen der Bombardierung und deren Auswirkungen auf die japanische Führung wie auch auf die weitere Bevölkerung. Wenn man weiß, wie man in Japan zu Kapitulation stand, wird deutlich, warum diese so schwer zu erreichen war. In der Tat wurde der Begriff dort niemals benutzt; es war immer von einer «Beendigung des Krieges» die Rede.
Zum anderen soll hier auch die britische Seite der Geschichte zur Geltung kommen, denn auch Großbritannien war ein wichtiger Gegner im Krieg mit Japan, dessen Rolle in den Berichten über die Niederlage Japans oft übersehen wird, weil die britischen Streitkräfte kaum über Südostasien hinauskamen. Sowohl Winston Churchill als auch Harry Truman gaben grünes Licht für den Einsatz der beiden Atombomben. Britische Bomberstaffeln sollten gerade zu jenem Zeitpunkt im Pazifik eintreffen, als Japan kapitulierte. Ein Team hochkarätiger britischer Wissenschaftler war 1944 in Los Alamos eingetroffen, um beim Bau der Atombombe zu helfen, doch ihre Beteiligung wurde in den Darstellungen oft beiseitegewischt, so als hätten sie nichts Wesentliches beigetragen.[4]
Der folgende Text ist in nicht unerheblichem Maß dem Reichtum der gegenwärtigen Forschung verpflichtet, was ich hier dankbar anerkenne. Die in dieser Geschichtsdarstellung aufgeworfenen Fragen und Probleme werden oft als Urteil über die Vergangenheit aufbereitet – insbesondere in diesem Fall, wo die Autoren der einen Seite glauben, es wäre moralisch besser gewesen, keine Brandbomben auf Tokio abzuwerfen und Hiroshima und Nagasaki nicht mit Atomwaffen anzugreifen, während die Autoren der anderen Seite davon ausgehen, dass den Japanern recht geschehen sei, weil sie sich so hartnäckig geweigert hätten zu kapitulieren. In diesem Buch geht es nicht um ein solches Urteil über die Vergangenheit, sondern es wird der Versuch unternommen, die Vorgänge aus sich heraus zu verstehen – was übrigens für jede gute Geschichtsdarstellung gelten sollte. Wir leben heute wieder in einem Zeitalter der Krisen, erneut werden Zivilbevölkerungen unterschiedslos bombardiert. Darum lassen sich aus dieser Geschichte sicher einige Lehren ziehen.
Richard Overy
Juni 2025
«Eine Kampagne, die auf die Isolierung Japans abzielt, durch die Kontrolle über alle Gewässer im Umfeld Japans, durch das Äquivalent von Seeblockade-Operationen sowie durch Einnahme und Besetzung aller äußeren Inseln Japans, intensiviert durch einen Luftkrieg über japanischem Territorium.»
Plan Orange, Allgemeines Konzept, 1923[5]
Im Jahr 1906 autorisierte das amerikanische Joint Army and Navy Board die Erstellung eines begrenzten Notfallplans für einen möglichen zukünftigen Krieg gegen Japan, das nach dem Sieg über Russland 1905 zum potenziellen Rivalen der USA im Pazifik geworden war. Der vermeintliche Feind erhielt den Codenamen «Orange», während die Vereinigten Staaten unter «Blau» firmierten. Schon seit jener Zeit dachten die Planer der US Navy und Army darüber nach, welches der effektivste Weg wäre, Japan zu besiegen. Der Plan wurde im Lauf der Zeit modifiziert, aber die oben zitierte Fassung von 1923, geprägt von einer plötzlich aufkommenden Angst, Japan könnte die Philippinen bedrohen, schrieb die Leitlinien für den Fall fest, dass ein Konflikt zum Ausbruch käme: Belagerungszustand durch eine Seeblockade und anschließend, nach der Eroberung nahe gelegener Inseln, ein Luftkrieg gegen die japanischen Hauptinseln. Obwohl der tatsächliche Krieg, der zwischen 1941 und 1945 ausgetragen wurde, umfassender war und länger dauerte als der im Plan Orange ins Auge gefasste, verlief die Endphase bis zum Sieg über Japan doch ziemlich genau nach diesem spekulativen Szenario aus dem Jahr 1923.
Die Rolle des Luftkriegs im Plan Orange war eine Neuheit, die nach dem Ersten Weltkrieg eingefügt wurde. Damals hatte sich eine kleine US-Luftstreitmacht im letzten Kriegsjahr unter der Kontrolle der Army Expeditionary Force an den Kämpfen beteiligt. Trotz der dezidiert ablehnenden Haltung der Army gegenüber einer unabhängigen Luftkampfstrategie wurde Plan Orange 1928 zu einem vollständigen Kriegsplan ausgearbeitet und auf den neuesten Stand gebracht. Darin enthalten waren nun «intensive Luftangriffe», um die japanische Wirtschaft zu zerstören, ausgehend von Stützpunkten, die auf den Inselketten in der Nähe des Mutterlandes erobert worden waren. Dies galt als zentrales Element einer jeden Blockadestrategie und hatte den Zweck, eine Bodenoffensive auf den japanischen Hauptinseln überflüssig zu machen. Die Verantwortlichen, die in den Zwischenkriegsjahren am Plan Orange arbeiteten, gingen stets von der Annahme aus, dass Japan amphibischen Angriffsoperationen gegenüber «fast unverwundbar» sei – wegen der amerikanischen Versorgungsschwierigkeiten durch lange Nachschubwege über den Pazifik und wegen des heftigen japanischen Widerstands, der bei Landoperationen zu erwarten war.
Als die Planer der US Army gebeten wurden, potenzielle Invasionsorte in Japan zu benennen, schlugen sie nach einigem Zögern die südliche Hauptinsel Kyūshū und die Kantō-Ebene mit der Hauptstadt Tokio auf der Hauptinsel Honshū vor – genau jene Zielregionen, die dann 1945 ausgewählt wurden, als die US Army endlich in der Lage war, eine tatsächliche Invasion zu planen. Die Bomberstrategie wurde in den 1930er Jahren nicht nochmals aktualisiert, aber sie blieb bestehen und ging in den neuen Strategieplänen auf, die zwischen 1939 und 1941 entwickelt wurden, um den multiplen Bedrohungen begegnen zu können.[6] In den sogenannten Rainbow Plans – «Regenbogenpläne», weil sie die diversen Farbcodes der Notfallplanungen zu einem Ganzen vereinten – war somit Rainbow Plan 3 im Grunde als Neuauflage von Plan Orange enthalten. Schließlich erhielt Rainbow Plan 5 den Vorzug für einen möglichen Krieg, zunächst im Hinblick auf Europa, weil eine Realisierung hier wahrscheinlicher war. Gleichwohl orientierten sich die Kriegspläne für Japan weiterhin an den Grundzügen, die Jahre zuvor festgelegt worden waren.
Potenziell stärker bedroht war hinsichtlich der japanischen Ambitionen in Ostasien und im Südpazifik das Britische Empire. Nach der 1922 erfolgten Aufhebung der Anglo-Japanischen Allianz von 1902 verschlechterten sich die Beziehungen zwischen den beiden Seemächten signifikant. Die britischen Hoffnungen ruhten ganz auf der Stärke der Royal Navy. In den frühen 1920er Jahren wurde entschieden, in Singapur eine große Marinebasis aufzubauen, die zum einen als Abschreckung für Japan dienen und zum anderen die asiatischen Besitzungen Großbritanniens schützen sollte. Man hoffte, schon der Anblick eines großen Flottenstützpunktes, der im Krisenfall zügig durch Einheiten der Royal Navy aus dem Mutterland oder aus dem Mittelmeerraum verstärkt werden konnte, würde ausreichen, um Japan von eigenen imperialen Abenteuern abzuhalten.
Wie im Fall von Plan Orange fokussierten sich die Überlegungen der Briten seit den frühen 1920er Jahren auf Blockademöglichkeiten aus weiter Entfernung. Man wollte die japanischen Handelsverbindungen aus dem Indischen Ozean oder über den Südpazifik mithilfe eines globalen Netzwerks von Kontrollpunkten unterbrechen, damit Importe nicht mehr nach Japan gelangen konnten. Eine Invasion der japanischen Hauptinseln wurde wie bei der US Navy ausgeschlossen, da dies außerhalb der strategischen Reichweite lag. Die 1923 festgelegte «Singapur-Strategie» blieb im Zentrum der britischen Planungen für einen Krieg gegen Japan und für die Verteidigung des Empires.[7]
Der Stützpunkt in Singapur wurde mit großem Kostenaufwand bis 1938 fertiggestellt. Die wichtigsten Geschütze, von kolossaler Größe und Reichweite, waren bekanntlich auf das Meer gerichtet; die Verteidigung gegen Angriffe auf die Rückseite der Insel Singapur wurde dagegen vernachlässigt. Als die Beziehungen zu Japan 1940 und 1941 in eine tiefe Krise gerieten, versuchten die Briten, die Vereinigten Staaten in ihre «Singapur-Strategie» einzubeziehen, indem sie anregten, die US-Pazifikflotte dort zu stationieren. Doch die Amerikaner wiesen diesen Plan letztlich zurück, der ihre ganze Ostpazifik-Flanke ungeschützt gelassen und am Ende vor allem dem Britischen Empire Schutz geboten hätte.[8]
Später, im Mai 1941, brachten die britischen Kriegsplaner ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass die Vereinigten Staaten trotzdem britischen Interessen dienten, wenn sie damit drohten, japanische Städte zu bombardieren. Die eigenen Pläne der Royal Air Force (RAF) für die Bombardierung Japans kamen erst Ende 1943 zur Geltung, als die Umsetzung des zum Plan Orange äquivalenten Pazifikplans der Amerikaner versprach, Luftwaffenstützpunkte in Reichweite der japanischen Hauptinseln anzusiedeln. Letztlich kam die RAF 1945 aber zu spät, um noch eingreifen zu können. Intensive Bombardements aus der Luft, die seit spätestens 1928 in den amerikanischen Plänen fixiert waren, blieben das Monopol der Amerikaner.
Die militärische Realität in den Zwischenkriegsjahren unterschied sich erheblich von der Gedankenwelt des Plan Orange. Denn die US Army widersetzte sich der Vorstellung, ihr Air Service (1926 in Army Air Corps umbenannt) könnte für irgendetwas anderes herangezogen werden als für die Unterstützung ihrer Bodenoperationen oder für die Verteidigung des US-amerikanischen Festlands. 1926 legte das US-Kriegsministerium apodiktisch fest, die Luftstreitkräfte seien dafür geschaffen worden, «den Bodentruppen zu helfen, entscheidende Erfolge zu erringen».[9] In den 1930er Jahren wurde jeder Vorschlag unterdrückt, das Army Air Corps solle eine eigenständige Luftstrategie entwickeln, die auf dem Einsatz von Langstreckenbombern basierte. 1932 besaß das Army Air Corps nur zweiundneunzig leichte Bomber.
Der hartnäckigste Gegner unabhängiger Luftwaffenoperationen war der Stellvertretende Stabschef der US Army Mitte der 1930er Jahre, Brigadegeneral Stanley Embick. Flugzeuge, so stellte er nicht ganz zu Unrecht fest, seien «nicht in der Lage, Landstriche oder Seegebiete einzunehmen oder auf Dauer zu kontrollieren; sie sind im Flug ohnmächtig und hilflos. (…) Sie sind fragil, anfällig schon für kleinste Geschosse, bei schlechtem Wetter nicht einsatzfähig und übermäßig kostspielig.»[10] Als die Army 1935 für ihr Hauptquartier eine kleine Lufteinheit einrichtete (GHQ Air Force), bestand deren Aufgabe darin, als Flugzeugreserve zur Unterstützung von Armeeoperationen und als Abwehr von Angriffen einer feindlichen Luftwaffe zu dienen. Strategische Luftstreitkräfte tauchten vor dem Ende der 1930er Jahre in keinem einzigen Armeeplan auf. Die Navy hingegen forderte Langstreckenflugzeuge unter ihrer Kontrolle zur Verteidigung der Küsten in der westlichen Hemisphäre.
Das einzige Armeeflugzeug, das die erforderliche Reichweite für strategische Aufgaben besaß, war der viermotorige Bomber Boeing B-17, der 1935 nach Vorgaben der Luftstreitkräfte als Prototyp gebaut wurde. Doch das Kriegsministerium ließ ihn Ende 1938 nicht in Serie gehen, sondern entschied sich stattdessen für größere Stückzahlen bei Kampfbombern zur Unterstützung von Heeresoperationen.[11] Einige wenige B-17-Bomber aus der frühen Produktionsphase wurden beibehalten, aber im Endeffekt gab es keine Lufteinheiten, die auch nur annähernd in der Lage gewesen wären, Japan – oder irgendwelche anderen Ziele – zu bombardieren. Die rudimentären strategischen Luftstreitkräfte der Vereinigten Staaten überlebten damals nur mit Müh und Not.
Das Fehlen entsprechender Bomberstreitkräfte hielt die Offiziere des Army Air Corps aber nicht davon ab, eine Einsatzdoktrin für strategische Bomberoperationen zu entwickeln, für den Fall, dass solche Einsätze möglich würden. Der unverblümte William «Billy» Mitchell, Mitte der 1920er Jahre Vizechef des Army Air Service, entwickelte die Idee, die «lebenswichtigen Zentren» des Feindes (Transportwesen, Industrien, Städte) Tag und Nacht zu bombardieren – mit einem Mix aus hochexplosiven Sprengsätzen, Brandbomben und Giftgas. Wie der italienische Luftstratege Giulio Douhet, dessen Il dominio dell’aria 1921 erschien (auf Deutsch Luftherrschaft, 1935), war auch Mitchell der Überzeugung, eine Luftkampagne könne einen Krieg eigenständig zu Ende bringen.[12] Mitchells Einfluss war tiefgreifend. Amerikanische Flieger übernahmen fortan die Devise «Bombardements sind die Basiswaffe», selbst wenn die Army ihnen etwas anderes erzählte. Der Kommandeur der GHQ Air Force im Jahr 1935, Generalmajor Frank Andrews, folgte offiziell der amtlichen Doktrin der Luftunterstützung für die Bodentruppen, privat jedoch trieb er die Doktrin der unabhängigen Luftoperationen gegen Fabriken, Ölraffinerien, Kraftwerke und urbane Bevölkerungszentren voran.[13]
Seine Ansichten wurden in der Air Corps Tactical School von Generationen junger Offiziere weiter ausgearbeitet, die dann später im Zweiten Weltkrieg in höheren Kommandopositionen vertreten waren. Man fand den Gedanken attraktiv, dass eine Luftstreitkraft sich nur dann voll entfalten könne, wenn unabhängige Kampagnen gegen das «nationale Netzwerk» und den «Gesellschaftskörper» des Feindes geflogen würden. Die Heimatfront anzugreifen, das hieß laut einem Vorlesungstext der Taktikschule, den Feind «an seiner schwächsten Stelle zu treffen». Das Wirtschaftsnetz und die Sozialstruktur seien die Achillesferse eines jeden Krieg führenden Landes.[14]
Japan als möglicher Feind galt als besonders verwundbar, als «ideales Zielobjekt für Luftangriffe», wie es in einem studentischen Aufsatz hieß. Oberstleutnant Carl Spaatz, im Sommer 1945 Oberkommandierender der strategischen Luftstreitkräfte im gesamten Pazifikraum, legte im September 1939 dem Generalstabschef des Army Air Corps, General Henry «Hap» Arnold, einen Plan für eine Luftoffensive gegen Japan vor, der eine Invasion überflüssig machen und sehr viel schneller als eine Seeblockade Ergebnisse zeitigen werde.[15] Die Doktrin einer zukünftigen Bomberkampagne gegen Japan hatte also schon lange, bevor es irgendeine Realisierungsmöglichkeit gab, Gestalt angenommen.
Von den Vorurteilen der Army wurde das Air Corps durch Präsident Franklin Roosevelt erlöst. Dieser sagte nach dem Münchner Abkommen von Ende September 1938 seinem Kabinett, rechtzeitige Bombenangriffe auf Deutschland hätten möglicherweise verhindern können, dass man vor Hitlers Forderungen kapitulieren musste. Im Januar 1939 kassierte der Präsident die Entscheidung des Kriegsministeriums, auf die B-17-Bomber zu verzichten. Er forderte vielmehr, ein Programm für schwere Langstreckenbomber einzurichten. Das von Roosevelt im März 1939 eingesetzte Air Board sprach sich dezidiert für ein Großprogramm zur B-17-Produktion aus. Das Gremium segnete auch die Entwicklung eines noch größeren Flugzeugs mit besserer Reichweite und Ladekapazität ab. Dieser Beschluss ermöglichte es Boeing, mit der Entwicklung eines sehr leistungsfähigen Bombers zu beginnen, der schließlich als B-29 «Superfortress» in Dienst gestellt und später zur Bombardierung Japans eingesetzt wurde.[16]
Obwohl Präsident Roosevelt Anfang September 1939 an alle Krieg führenden Mächte appellierte, keine wehrlosen Zivilisten zu bombardieren, unterstützte er in den Folgejahren regelmäßig den Ausbau der Bombardierungskapazitäten der Vereinigten Staaten. Ebenfalls im September 1939 ernannte er General George Marshall, der die Ansichten des Präsidenten zum Potenzial der Luftstreitkräfte teilte, zum neuen Generalstabschef der Army. Marshall war daran beteiligt, neue Regeln für den Einsatz der Luftwaffe auszuarbeiten. Den Luftstreitkräften wurde nun die strategische Funktion übertragen, den Feind durch «Zerstörung seiner Mittel zur Kriegführung oder durch Brechung seines Widerstandswillens» zu besiegen. Beides sei mittels unabhängiger strategischer Luftangriffe zu erreichen. «Die Stärke der Luftwaffe», schrieb Marshall, «basiert auf der offensiven Feuerkraft der Bombenflugzeuge.»[17] Ab 1940 war das Air Corps nun auch in der Lage, Geheimdienstinformationen für mögliche Luftoffensiven gegen die wahrscheinlichsten Feinde zu sammeln: Deutschland, Italien und Japan, aber auch die Sowjetunion.
Als der Krieg gegen Japan am 7. Dezember 1941 mit dem japanischen Luftangriff auf die US-Pazifikflotte im Marinestützpunkt Pearl Harbor begann, bestand noch immer keine Möglichkeit für eine US-Bomberkampagne gegen die japanischen Hauptinseln. Alle potenziellen Luftwaffenstützpunkte im Pazifik wurden in kurzer Zeit von den japanischen Streitkräften überrannt, als diese die Philippinen, Guam, Wake Island, British Malaya, Niederländisch-Indien und eine ganze Reihe Südpazifikinseln einnahmen. Der einzige verfügbare Langstreckenbomber, die B-17, besaß nicht die erforderliche Reichweite, um japanische Industriestädte erreichen zu können, selbst wenn die diversen Inselstützpunkte nicht erobert worden wären. Priorität erhielt bei den amerikanischen Streitkräften somit der Krieg in Europa – gegen massive Einwände der US Navy. In Europa wurde die erste amerikanische Bomberoffensive gestartet, und sie begann 1942 mit der Stationierung der Eighth Air Force auf britischen Luftwaffenstützpunkten.
Der Pazifikkrieg wurde zwischen US Army und US Navy aufgeteilt, wobei Erstere überwiegend im Südwestpazifik operierte, um unter General Douglas MacArthur die Philippinen zurückzuerobern, während die Navy unter Admiral Chester Nimitz die Eroberung der Inselketten im Zentralpazifik übernahm. Diese Strategie war im Plan Orange bereits vorweggenommen worden. Als Konsequenz hatten die Army Air Forces (ab 1941 Nachfolger des Army Air Corps) keine Aussicht auf eine strategische Rolle im Pazifikkrieg, bis Stützpunkte zur Verfügung standen, die in ausreichender Nähe zu Japan lagen, und bis ein Bombenflugzeug mit genügend Reichweite verfügbar war, das die Zielorte in Japan erreichen konnte. Die Luftstreitkräfte der Army mussten sich damit bescheiden, taktische Unterstützung für MacArthurs Kampagnen zu liefern, während die Marineflieger den Vormarsch auf den Pazifikinseln unterstützten. Zwar gab es in Europa eine größere Bomberoffensive, doch Henry Arnold, inzwischen Mitglied der Joint Chiefs of Staff, ärgerte sich sehr, dass seine Luftstreitkräfte keine signifikante Rolle im Kampf gegen einen Feind übernehmen konnten, der für Luftangriffe als überaus anfällig galt.
George Marshalls großspurige Ankündigung vom November 1941, man werde die japanischen Städte durch Bombenangriffe umgehend in Brand setzen, erwies sich, als der Krieg im Dezember 1941 tatsächlich ausbrach, als reine strategische Wunschvorstellung. Der nur Stunden nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor herausgegebene Befehl zum «unbeschränkten Luft- und U-Boot-Krieg gegen Japan» war mehr Hoffnung als konkrete Erwartung.[18] Das hielt Stabschef Arnold allerdings nicht davon ab, bereits im Frühjahr 1942 die Vorbereitung von Zielverzeichnissen für japanische Städte zu autorisieren.[19]
Arnold grämte sich wegen des langsamen Entwicklungsfortschritts beim B-29-Bomber, dem einzigen Flugzeug mit der notwendigen Reichweite, denn die Entwicklung der innovativen Technik wurde ständig durch Konstruktionsprobleme zurückgeworfen. Ein großes Problem war das Triebwerk Wright R3550, das regelmäßig Feuer fing, wodurch beim zweiten Testflug des Bombers der Chef-Testpilot von Boeing ums Leben kam. Die Produktion dieser Triebwerke wurde durch ständige Änderungen der Konstruktion unterbrochen – insgesamt 6247 solcher Änderungen waren während des Krieges zu verzeichnen. Erschwerend kamen auch plötzliche Änderungen im Produktionsplan der Air Force hinzu, woraufhin Fabriken kurzfristig umgerüstet werden mussten.[20]
Ohne die rechtzeitige und zahlreiche Lieferung der Langstreckenbomber waren strategische Luftkämpfe im Pazifikkrieg unmöglich. Gleichwohl blieb dies ein zentraler Ehrgeiz der Air Force, die sich Hoffnung machte, auf diese Weise endlich der übergeordneten Kontrolle der Army zu entkommen und eine selbstständige Teilstreitkraft zu werden. Die verheerende Wirkung, die eigenständige strategische Bombenangriffe haben könnten, wurde regelmäßig als Begründung für die Forderung nach mehr Autonomie für die Luftstreitkräfte angeführt. Dem Territorial Committee, das 1943 vom US-Außenministerium eingerichtet wurde, um die Zukunft Japans und seines Kolonialreiches nach dem Krieg zu erörtern, teilte Arnold mit: «Letztlich erfordern unsere Lufteinsätze im Pazifik, Japan durch Bombardements in Schutt und Asche zu legen – um die totale Zerstörung des Feindes auf seinem eigenen Grund und Boden sicherzustellen.»[21]
Roosevelt teilte Arnolds Ungeduld. Der «Doolittle Raid» genannte Überraschungsangriff auf Tokio am 18. April 1942 – eine Handvoll Bomber war unter dem Kommando des Luftfahrtpioniers Oberstleutnant James Doolittle von einem US-Flugzeugträger aus gestartet – war eine symbolische Geste, doch er reichte nicht aus, um Präsident Roosevelt zufriedenzustellen. Kurzzeitig war er von einem Plan überzeugt, der ihm im Februar 1942 vorgestellt wurde, wonach man Fledermäuse mit kleinen Brandbomben in japanische Städte fliegen lassen wollte, damit sie sich dort in «dunklen Spalten» einnisteten und an diesen für die Feuerwehr unzugänglichen Stellen Feuer entfachten. Dieses fantasievolle Projekt wurde noch bis März 1944 mit Geldmitteln gefördert. Auf weniger Gegenliebe stieß später ein anderer Plan, der die Schaffung von künstlichen Inseln vorsah, von denen aus eintausend Bomber die japanischen Städte angreifen sollten.[22] Die Hoffnung, Bombenangriffe auf Japan könnten von sibirischen Stützpunkten aus gestartet werden, scheiterte an der Weigerung der Sowjets; eine solche Operation hätte gegen den im April 1941 mit Japan geschlossenen Neutralitätspakt verstoßen und zudem etliche Logistik- und Sicherheitsprobleme mit sich gebracht.
Erst im Frühjahr 1943, nach dem Ende der Schlacht um Guadalcanal und dem ersten Rückzug der japanischen Streitkräfte, begannen die Army Air Forces mit der Planung möglicher künftiger Bombenangriffe auf Japan, obwohl weiterhin Tausende von Seemeilen zwischen den nächstgelegenen US-Luftwaffenstützpunkten und den japanischen Hauptinseln lagen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Präsident Roosevelt bereits zwei Entscheidungen getroffen, die eine fundamentale Bedeutung für die Endphase des Krieges gegen Japan haben sollten: Erstens hatte er im Dezember 1941 ein amerikanisches Forschungsprogramm gebilligt, mit dem die Möglichkeit einer Atombombe untersucht werden sollte, sowie im Juni 1942 ein Projekt unter der Kontrolle der Army autorisiert, bei dem versucht werden sollte, eine solche Bombe zu bauen. (Ende September 1944 einigte er sich dann mit Winston Churchill bei einem Treffen auf dem Landsitz des Präsidenten in Hyde Park, dass die Atomwaffe, inzwischen realisierbar, «nach reiflicher Überlegung» gegen Japan eingesetzt werden könnte.)[23] Zweitens hatte er im Januar 1943 nach Gesprächen mit Beamten des Außenministeriums und unter Churchills eher beiläufiger Zustimmung auf einer Pressekonferenz zum Abschluss der angloamerikanischen Casablanca-Konferenz verkündet, dass eine bedingungslose Kapitulation der drei Achsenmächte notwendig sei. Roosevelt selbst erlebte die Auswirkungen seiner Beschlüsse nicht mehr, aber er hielt, solange er lebte, unbeirrt an ihnen fest.
Der Präsident schaltete sich auch in die Debatte ein, wie und wann der Beginn konventioneller Bombenangriffe auf Japan möglich wäre. Im Bemühen, die chinesischen Kriegsanstrengungen gegen Japan direkter zu unterstützen, hob er eine mögliche Bomberkampagne gegen Ziele im Japanischen Kaiserreich hervor, ausgehend von Stützpunkten in China. Anfang März 1943 schrieb er an George Marshall, dass die Frage, wie man mit Luftschlägen von China aus einen Zermürbungskrieg gegen Japan führen könnte, auf dem Gipfeltreffen in Casablanca – das zum Ziel hatte, die Strategie der Briten und Amerikaner auf höchster Ebene abzustimmen – nicht genug Aufmerksamkeit erhalten habe. Dazu gehörten auch «gelegentliche Bombardierungen japanischer Städte».[24] Marshall fasste einige Tage später für die Joint Chiefs of Staff die Argumente zusammen, die für eine äußerst destruktive Kampagne gegen japanische Ziele von chinesischen Stützpunkten aus sprachen, auch gegen «Japan an sich», was die japanischen Kriegsanstrengungen «ernsthaft erschweren» würde.[25]
Im selben Monat forderte General Arnold das für den Krieg in Europa eingerichtete American Committee of Operation Analysts auf, vorrangige Angriffsziele in Japan zu besprechen. Im Mai 1943 begann die Luftkriegs-Planungsabteilung der Army Air Forces mit der Ausarbeitung von Zielerfordernissen für Bomberkampagnen, die von China aus gegen Japan gerichtet wären. Allerdings hofften die Planer weiterhin, die Kampagne könnte letztlich doch von Inselstützpunkten aus geführt werden, die man zuvor im Pazifik erobert hätte.[26] Die China-Option wurde von Roosevelt und Churchill gebilligt, als beide sich im August 1943 zur interalliierten Konferenz von Québec trafen (Codename «Quadrant»). Beide waren sich über die strategische Herausforderung nicht vollends im Klaren, die eine solche Entscheidung mit sich brachte, jedoch wurden sie vielleicht auch von General Arnold irregeführt, der auf der Konferenz eine reißerische Präsentation dargeboten hatte, um das Ausmaß an Zerstörung und Opferzahlen durch eine derartige Bomberkampagne zu veranschaulichen. Churchill war mit solchen Argumenten bereits vertraut, denn ihm wurde von Arthur Harris, dem Chef des RAF Bomber Command, ständig versichert, die Flächenbombardements deutscher Städte würden schon in Kürze zum Zusammenbruch Deutschlands führen und den Krieg beenden.
Im November 1943 schrieb Roosevelt an Churchill, das Projekt der von China ausgehenden schweren Bombenangriffe sei auf dem Weg. Er bat den britischen Premier um Unterstützung beim Bau von Luftstützpunkten in Indien, von denen aus Versorgungsgüter in die Gegend von Chengdu, nordwestlich der damaligen chinesischen Hauptstadt Chongqing, geflogen werden konnten. Von dort sollten die neuen Langstreckenbomber zu ihrer Japan-Mission aufbrechen. «Dies ist», schrieb Roosevelt, «ein kühnes, aber völlig machbares Projekt», das die Militärmacht Japans lahmlegen und «den Sieg unserer Streitkräfte in Asien erheblich beschleunigen» werde. Das Ersuchen des Präsidenten wurde an den britischen Oberkommandierenden für Südostasien, Lord Louis Mountbatten, weitergeleitet. Dieser antwortete, wenn die Vereinigten Staaten die Ausrüstung lieferten, würden die Stützpunkte bis Mai 1944 fertig sein.[27]
Einige Wochen später, auf der Kairo-Konferenz zwischen Roosevelt, Churchill und dem Führer Chinas, Marschall Chiang Kai-shek, arbeitete der amerikanische Joint Planning Staff seine Ideen zu einer von China ausgehenden Bomberkampagne weiter aus. Nach der Eroberung der Marianeninseln indes sollten die Langstreckenbomber dann von Guam, Saipan und Tinian aus starten. Haywood Hansell, der für die Air Forces im Joint Planning Staff saß, vertrat die These, die strategischen Bombenangriffe könnten der entscheidende Schritt zur Niederlage Japans sein. Die Kriegsplaner der Army und der Navy waren nicht bereit, diese Möglichkeit zu akzeptieren, doch Hansell gelang es, sein Statement in den Abschlussbericht des Planungsstabs hineinzuschmuggeln. Am 2. Dezember 1943 segneten die Combined Chiefs of Staff eine Strategie ab, der zufolge eine Invasion auf den japanischen Hauptinseln vielleicht nicht erforderlich wäre, wenn Japan «durch eine See- und Luftblockade und ein intensives Bombardement aus der Luft» besiegt werden könne. Genau dies war die Hauptstoßrichtung des ursprünglichen Plan Orange.[28]
Die Absicht, japanische Ziele in China, in der Mandschurei und auf den Hauptinseln zu bombardieren, war nach wie vor kaum umzusetzen. Japan kontrollierte riesige Gebiete im Norden und Osten Chinas, sodass eine Bombardierung Japans von chinesischen Stützpunkten aus bedeutete, dass der Aktionsradius selbst der B-29-Bomber durch die langen Anflugwege bis aufs Äußerste ausgereizt werden musste. Trotzdem wollte Arnold den von Roosevelt eingeräumten Spielraum unbedingt nutzen und die B-29-Bomber bei eigenen Operationen einsetzen, sogar noch bevor die technischen Anfangsschwierigkeiten des neuen Flugzeugs beseitigt waren. Beiden Männern war klar, dass die amerikanische Öffentlichkeit, der man Wunderdinge über den neuen «Superbomber» erzählt hatte, ungeduldig darauf wartete, dass endlich Bomben über Japan abgeworfen wurden. Doch die Wunschvorstellungen waren den Möglichkeiten weit voraus. Am 20. November 1943 wurde somit eine neue Luftflotte aktiviert, die Zwanzigste (die eigentlich die Sechzehnte war, doch die Zwanzig galt als einprägsamer). Das Kommando hatte Brigadegeneral Kenneth Wolfe, doch er unterstand dem Regionalkommando für China und damit dem ruppigen General Joseph Stilwell, auch unter dem Spitznamen «Vinegar Joe» («Essig-Joe») bekannt, dem amerikanischen Militärberater Chiang Kai-sheks.[1]
Um der Gefahr zu entgehen, dass die B-29-Bomber abgezweigt würden, um den taktischen Bedürfnissen des Heeres zu dienen, griff Arnold im April 1944 zu der ungewöhnlichen Maßnahme, die Zwanzigste Flotte direkt seiner Kontrolle in Washington zu unterstellen, wodurch das Hauptquartier dieser Luftflotte Tausende Kilometer vom Kriegsschauplatz entfernt operierte. Die Bomberkampagne, die zunächst den Codenamen «Operation Twilight» trug, als Stilwell den Plan verfolgte, von Stützpunkten in der Umgebung von Changsha im südlichen Zentralchina aus zu starten, wurde in «Operation Matterhorn» umbenannt, als Chengdu im Westen Chinas als Ausgangspunkt favorisiert wurde, da es vom japanischen Besatzungsgebiet weiter entfernt lag. Die Operation arbeitete nach demselben Konzept und wortgleichen Einsatzregeln wie die früher im selben Jahr ergangene Casablanca-Direktive für die Bomberstreitkräfte in Europa: Es ging also um «die fortschreitende Zerstörung der militärischen, industriellen und ökonomischen Systeme Japans sowie die Untergrabung der Moral der japanischen Bevölkerung bis zu dem Punkt, an dem ihre Fähigkeit, bewaffneten Widerstand zu leisten, unwiderruflich geschwächt ist». Stilwell erhielt eine Prioritätenliste von Angriffszielen, die vom Committee of Operation Analysts und von der Air War Plans Division erstellt worden war. Der Schwerpunkt lag bei Präzisionsbombenangriffen auf Standorte der Schlüsselindustrien, so wie sie von den US-Bomberverbänden auf dem europäischen Kriegsschauplatz praktiziert wurden. Zu den Prioritätszielen gehörten die Koksöfen für die japanische Stahlindustrie in der Mandschurei, in Korea und in Japan selbst, die wichtigsten japanischen Schifffahrtszentren sowie die japanische Flugzeugindustrie. Auf der Liste standen auch «Industriegebiete und urbane Zentren» – eine Anleihe bei den britischen Praktiken im europäischen Luftkrieg. Diese Definition öffnete schließlich den Weg zur massiven Zerstörung der japanischen Städte im Jahr 1945.[29]
Es konnte jedoch nichts geschehen, bevor die Stützpunkte in Kharagpur (in der Nähe von Kalkutta) und Chengdu fertiggestellt und die erforderlichen Vorräte und Treibstoffe vor Ort waren. Die Royal Air Force hoffte, sich später der Kampagne von Indien aus anschließen zu können; man ging von einem «Gemeinschaftsunternehmen» aus, sobald Deutschland besiegt worden war.[30] Bis dahin verließen sich die britischen Behörden in Indien darauf, dass die Vereinigten Staaten den Großteil der Ausrüstung für die neuen Stützpunkte lieferten. Geplant war, die B-29-Bomber nach Indien zu bringen, sie über den Himalaya fliegen zu lassen – diese Luftbrücke wurde «the Hump» («der Buckel») genannt – und sie dann in China mit Öl, Bomben und Versorgungsgütern zu bestücken, die zuvor von zweitausend umgebauten viermotorigen Consolidated B-24-Bombern auf derselben langen Route dorthin gebracht worden wären. Allerdings waren die B-24-Bomber auf dem europäischen Kriegsschauplatz unabkömmlich, weshalb die B-29-Bomber ihren eigenen Bedarf transportieren mussten. Sowohl das Combined Logistics Committee als auch das Joint War Plans Committee lehnte dieses Ansinnen ab; ein solcher Plan könne nicht funktionieren. Doch Arnold gab mit Roosevelts Rückendeckung nicht klein bei. Als Folge waren acht Versorgungsflüge der B-29 über die Luftbrücke von Indien nach China erforderlich, um eine einzige B-29-Mission zu ermöglichen.[31]
Letztlich stand nur jede siebte Tonne Kerosin, die bei dieser Versorgungsmission verbraucht wurde, für den Bombereinsatz zur Verfügung. Ein solches Ergebnis der Logistik war für die geplante Operation einfach sinnlos. Berechnungen ergaben, dass in den ersten neun Monaten des B-29-Einsatzes in Asien nur vierzehn Prozent der Flüge tatsächlich gegen den Feind gerichtet waren. Die in der Umgebung von Chengdu errichteten Stützpunkte hatten nur Holperpisten als Start- und Landebahnen, die zu kurz waren, als dass schwere Bomber dort sicher hätten starten und landen können. Die Quartiere für die Besatzungen waren schlecht, und viele von ihnen hatten keine Möglichkeit gehabt, genug Trainingsflüge mit dem neuen Bomber zu absolvieren. Auch standen nicht genug Techniker zur Verfügung, um sich den regelmäßig auftretenden Problemen an den B-29-Triebwerken zu widmen.
Anfang 1944 waren von den 97 B-29-Bombern, die Boeing bis dahin ausgeliefert hatte, nur 16 im Einsatz. Letztendlich wurden 3760 dieser Flugzeuge produziert; die Kosten betrugen am Ende fast 4 Milliarden Dollar. Die ersten Flugzeuge, die nach umfangreichen Modifikationen verfügbar waren, wurden im März 1944 nach Indien geschickt. Sie flogen auf einer komplizierten Route von Stützpunkten in Kansas über Neufundland, Marokko, Ägypten und Karatschi. Bis Mai waren 130 Bomber in Indien angekommen, und nach dem Weiterflug nach China unternahmen sie von den Stützpunkten bei Chengdu aus am 5. Juni 1944 ihren ersten Angriff. Er galt dem Rangierbahnhof in Bangkok, der thailändischen Hauptstadt. Von den 98 ausgesandten Bombern fanden nur 18 ihr Ziel, und fünf der teuren Maschinen gingen aufgrund technischer Probleme verloren.[32] So glücklos verlief also die Geburt einer Kampagne, die eigentlich Japans militärische und wirtschaftliche Kriegsanstrengungen entscheidend schwächen sollte.
Im selben Monat startete die japanische Armee einen Großangriff mit Bodentruppen auf die amerikanischen Luftstützpunkte in Ostchina: die Operation «Ichi-gō». Sechs amerikanische Stützpunkte im Raum Changsha wurden überrannt, die von den taktischen Luftstreitkräften unter General Claire Chennault genutzt wurden und auf denen ursprünglich die B-29-Bomber stationiert werden sollten. Der Vormarsch der Japaner entlang des Jangtse-Flusses in Richtung Chengdu wurde jedoch gestoppt. Ersatzweise bombardierten japanische Flugzeuge gelegentlich die B-29-Stützpunkte und zerstörten dabei auch eine kleine Anzahl der Bomber. Die latente Gefahr blieb bestehen, und die Gegend blieb anfällig für «starke Angriffskolonnen», wie das Joint Intelligence Committee in einer früheren Warnung festgestellt hatte.[33]
Die japanische Luft- und Flugabwehr gegen Angriffe der B-29-Bomber war nur begrenzt wirksam. Gelegentlich gab es Flaktreffer bei Flugzeugen, die in großer Höhe (rund neuntausend Meter) flogen, ab und zu auch Erfolge der Jäger. Japanische Flugzeuge, auf dem chinesischen Festland ohnehin dünn gesät, hatten nicht die Feuerkraft und Geschwindigkeit, um den B-29-Bombern gefährlich werden zu können. In den meisten Fällen reichte ihre Flughöhe nicht aus, um Luftkämpfe auszutragen. Nachts fehlte den wenigen japanischen Nachtjägern, vor allem der recht leistungsfähigen Kawasaki Ki-45 «Drachentöter», das Nachtflugradar, um Flugzeuge zu orten, die nicht mit Suchscheinwerfern zu erfassen waren. Ab Dezember 1944 gingen einige japanische Piloten dann dazu über, anfliegende Bomber einfach zu rammen, was der offiziellen Anerkennung von Selbstmordtaktiken entsprach.
Solange die B-29-Kampagne von China aus geführt wurde, wurden Verluste meistens durch extrem schlechtes Wetter oder mechanische Fehler verursacht. Der erste Bombenangriff gegen Japan fand am 15. Juni 1944 statt und richtete sich gegen die Koksöfen der Eisen- und Stahlwerke in Yawata auf der Insel Kyūshū. Die Bomber flogen bei Nacht in lockerer Formation; hin und zurück legten sie mehr als fünftausend Kilometer zurück. Von den gestarteten 63 B-29-Bombern erreichten 47 das Ziel, doch die verursachten Schäden waren minimal. Von den sieben verlustig gegangenen Bombern ging nur einer auf feindliche Einwirkung zurück. Bei einem weiteren Angriff auf Yawata am 20. August fiel der japanische Widerstand heftiger aus, aber von den vierzehn verlorenen Bombern wurden auch hier nur vier abgeschossen.[34] Von den 125 verlorenen Flugzeugen im 20. Bomberkommando waren 96 nicht durch Kampfhandlungen verursacht, sondern hauptsächlich durch das anhaltende Problem, dass die Triebwerke Feuer fingen und die Tragflächen durchbrannten. Auch die allgemeine Einsatzstatistik und die Zahl der abgeworfenen Bomben war absolut nicht beeindruckend, gemessen an den Erwartungen, die man an die neue Luftstreitmacht stellte. Bei 3058 Einsätzen im Zehnmonatszeitraum von Juni 1944 bis März 1945 wurden nur 11244 Tonnen Bomben abgeworfen (und damit nur 6,7 Prozent der Tonnage, die später ab März 1945 auf japanische Ziele abgeworfen wurde). Im März 1945 wurde das 20. Bomberkommando deaktiviert.[35]
General Arnold frustrierten die Ergebnisse dieser von China ausgehenden Operationen sehr, die letztlich kaum etwas zur