Hoffen, Helfen, Heilen - Emil Morsch - E-Book

Hoffen, Helfen, Heilen E-Book

Emil Morsch

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Beschreibung

Wenn das Blut verrückt spielt Mehr als 11.000 Menschen erkranken in Deutschland jedes Jahr an Leukämie. Emil Morsch erzählt die Geschichte seines Sohnes Stefan Morsch, der 1984 im Alter von 16 Jahren an Leukämie erkrankte. Trotz erfolgreicher Stammzellenbehandlung, stirbt er noch im selben Jahr an den Folgen einer Lungenentzu¨ndung. Daraufhin gründen Emil Morsch und seine Frau Hiltrud die Stefan-Morsch-Stiftung und legen die erste Spenderdatei für Leukämiekranke in Deutschland an. Emil Morsch erzählt von vielen spektakulären Hilfs- und Spendenaktionen und möchte für das Thema Leukämie sensibilisieren. Was ist das für eine Krankheit? Wen kann es treffen? Und welche Hilfsangebote und Heilungschancen gibt es? Ein Buch mit hohem Informationsund Aufklärungswert.

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Seitenzahl: 229

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Ebook Edition

Emil Morsch

Hoffen, Helfen, Heilen

Leukämie geht uns alle an

Unter Mitarbeit von Claudia Stursberg

Mehr über unsere Autoren und Bücher:

www.westendverlag.de

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig.

Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-86489-672-9

© Westend Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2017

Umschlaggestaltung: Buchgut, Berlin

Redaktion: Claudia Stursberg ([email protected]) und Oliver Domzalski (www.lektorat-domzalski.de)

Satz und Datenkonvertierung: Publikations Atelier, Dreieich

Inhalt

Titel
Inhalt
Vorwort
1 Stefan Morsch. Seine Geschichte und der Beginn der Stiftung
Wie alles anfing
Die Suche nach Auswegen
Doch ein Fremdspender?
Dreimal null ist null
Wer hat schon eine Million?
Pionierarbeit in Seattle
Don Thomas – Nobelpreisträger, Freund und Helfer
Stefans Schicksal − eine öffentliche Familienangelegenheit
»Papa, ich mach dir das!«
Nach der Transplantation
Warum ist Stefan trotz erfolgreicher Behandlung gestorben?
Die Gründung der Stiftung
Nach Stefans Tod
Die Keimzelle der Datenbank
2 Gesundes Blut – krankes Blut
Das Immunsystem
Die Blutkörperchen
Stammzellen
Thrombozyten
Erythrozyten
Leukozyten
Wenn das Blut verrücktspielt: Leukämie
Symptome: Was passiert da?
Diagnose
Warum bekommt man Leukämie?
Formen der Leukämie
Akute Leukämie
2.1 Myeloische und lymphatische Leukämie
Chronische Leukämie
2.2 Chronisch myeloische Leukämie (CML)
2.3 Chronisch lymphatische Leukämie (CLL)
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit zu erkranken?
Heilungschancen damals und heute
3 Was kann man tun?
Chemotherapie: Künstlicher Winter
Stammzell-Transplantation
Einfrieren und neu anfangen? Autologe Stammzell-Transplantation
Muss man den ganzen Baum fällen? Allogene Stammzell-Transplantation
3.1 Woher kommen die Stammzellen?
3.2 Wie funktioniert die Transplantation?
Ist Knochenmarkspende besser als Stammzellspende?
Fünf Risiken und ein großes Plus
Erstes Risiko: Toxizität
Zweites Risiko: Infektionsgefahr
Drittes Risiko: Abstoßung
Viertes Risiko: Graft-Versus-Host (GvH)
3.3 Haut
3.4 Darm
3.5 Leber
3.6 Akute GvH
3.7 Chronische GvH
Fünftes Risiko: Rückfall
Das große Plus: Transplantat-gegen-Leukämie-Reaktion (GvL)
Welches ist die richtige Therapie?
Akute Leukämie
3.8 AML (Akute myeloische Leukämie)
3.9 ALL (akute lymphatische Leukämie)
Chronische Leukämie
3.10 CLL
3.11 CML
Chemotherapie: Wirkung und Risiken
Die Rolle des Alters
Stammzell-Transplantation bei älteren Patienten?
Was macht die Stammzell-Transplantation so effektiv?
Die Nadel im Heuhaufen: Der ideale Spender
Was sind HLA-Merkmale?
Aus der Sicht der Spender
Wie läuft eine Stammzellspende ab und was gehört alles dazu?
3.12 Wer ist geeignet als Spender?
3.13 Typisierung
3.14 Finden des richtigen Spenders
3.15 Vorbereitung und Risiken des Spenders
3.16 Apherese: Jetzt geht es los
3.17 Seltener: Knochenmark-Entnahme
Der große Moment: Die Stammzell-Transplantation
Nachsorge für die Spender
Ein zweites Mal spenden?
Fortschritte? Fortschritte!
Die häufigsten Fragen (FAQ)
4 Geschichten um Leben und Tod
Die Kuriere
Die erste Transplantation in Deutschland
Gute Kontakte zu Ärzten
Blastenfrei
Maurice und die Vampire
Schreck
Zweimal nicht
Neun Kinder
Brennnesseln
Der Entschluss
Weiterbildung
Geselligkeit tut gut, aber …
Wohnen
Das Haustier
Ein müdes Herz geht auf Reisen
Leber in Not
Der Ghost-Rider
Plötzlicher Abschied
Ein Gast aus fernem Bergland
Fußballer helfen gern
Die Polizei spendet auch Stammzellen
Münchhausen hoch zwei
Die wunderbare Gewichtsvermehrung
Das vertauschte Blut
Ein Einbruch
Vier Hoheiten
Bad Breisig − die erste große Hilfsaktion
Im Ausland
Ein Auftrag in der Türkei
Jordanien
Damaskus
Arbeit in Japan
DDR
Russland
5 Stammzelldateien in Deutschland und international im Vergleich
Wie entwickelte sich die Stiftung aus den Anfängen bis heute?
Spenderdatei – und wer transplantiert?
Vermittlung von Patienten an Kliniken
Kostenübernahmeverhandlungen mit den Krankenkassen
Das Labor
Gute Kontakte zu Ärzten
Was ist das ZKRD in Ulm?
Die Spender-Seite
Was sollte man als Spender beachten?
Patienten-Seite – Hilfe durch die Sucheinheit
Was ist die Stiftung Knochenmark- und Stammzellspende (SKD)?
Hat sich die Öffentlichkeitsarbeit in den letzten Jahren verändert?
Das Jubiläum 2016
Stefan-Morsch-Stiftung im Vergleich
Aktuelle Probleme
Ausblick
Dank

Für meine verstorbene Frau

Vorwort

Wie aus Trauer ein Hilfswerk wird

von Kurt Beck, Ministerpräsident a. D.

Es ist ziemlich das furchtbarste Erleben, wenn Eltern ein Kind verlieren. Wenn einer Familie – wie beim Tod von Stefan Morsch – der Sohn im Alter von gerade einmal 17 Jahren genommen wird, ist dies ein Ereignis, das tiefe Trauer und blanke Verzweiflung hinterlässt.

»Leukämie« – eine Krankheit, die Bestürzung hervorruft und damals, vor 30 Jahren, einem Todesurteil glich. Heute stellt sie immer noch eine riesige Herausforderung dar; die Chancen aber, Leukämie erfolgreich zu bekämpfen, sind wesentlich größer – auch weil damals, nach Stefans Tod, bei der Familie Morsch nicht die Verzweiflung siegte, sondern sie den Entschluss fasste, Menschen mit dieser beängstigenden Diagnose zu helfen. Die Idee einer Datenbank wurde noch von Stefan selbst entwickelt. Durch seine Bekanntheit, durch Fernsehberichte, Spendenaktionen mit großer Reichweite und Anteilnahme der Bevölkerung konnte die Datenbank für Spender und Empfänger von Stammzellen in die Wirklichkeit umgesetzt werden und entfaltete eine vielfältige, segensreiche Wirkung, die bis heute vielen Menschen das Leben gerettet und das Ertragen der Krankheit und der Behandlung leichter gemacht hat.

Inzwischen haben sich in Deutschland bei verschiedenen Stammzellspenderdateien Millionen Menschen als Stammzell- und Knochenmarkspender gemeldet und fast jedem Leukämie-Patienten damit eine reale Chance auf Heilung gegeben.

Die Stefan-Morsch-Stiftung, die aus Leid und Betroffenheit entstand, ist zweierlei. Einmal gibt sie auf besondere Weise dem Verlust des Sohnes und Bruders einen Sinn. Einen Sinn, der darin bestand und besteht, zu helfen und zu heilen. Der Erfolg der Stiftung trägt entscheidend dazu bei, den Namen und die Erinnerung an Stefan Morsch zu bewahren. Bei seinen Eltern und Geschwistern ohnehin, aber auch in der Öffentlichkeit, wo die Stiftung nun bereits seit über 30 Jahren ein Signal der Hilfsbereitschaft ist und Erfolge bei der Bekämpfung von Leukämie vorweist, die in höchstem Maße erstaunen und dankbar machen.

Dieser elterliche Kraftakt ist ein Beispiel der privaten Schicksalsbewältigung. Er ist aber auch ein Zeichen sozialer Verantwortung, ein Zeichen von Menschlichkeit und von größter Nächstenliebe. Den Willen zu helfen in eine so große und erfolgreiche Stiftung fließen zu lassen und diese – über 30 Jahre und mit großen Zukunftschancen – wachsen und gedeihen zu lassen zeugt von ganz viel Größe. Eine Größe der gesamten Familie Morsch, aber allen voran von Emil Morsch. Er tut alles dafür – bei jedem neuen Patienten immer wieder mit gleicher Energie und Hingabe –, dass der Krankheit Leukämie nicht erneut ein Mensch zum Opfer fällt. Das, was mit seinem Sohn passiert ist, soll sich nicht wiederholen, dafür gibt er alle Kraft.

Emil Morsch hat sich bewundernswertes Fachwissen in der Medizin angeeignet. Dies, gepaart mit Forschung, der Hilfe ärztlicher Fachkräfte und medizinisch-technischen Anstrengungen hat die Stiftung zum Erfolg geführt. Wenn man sich anschaut, was die Stefan-Morsch-Stiftung alles tut über das bloße Sammeln von Stammzellspendern hinaus, dann kann man sie eigentlich eine Stiftung für Lebensrettung nennen.

Aber es war noch mehr. Da ist einer entschlossen und voller Engagement mit den Fachleuten dieser Welt in Kontakt getreten. Emil Morsch hat sich nicht bremsen lassen, schon gar nicht von bürokratischen oder kaufmännischen Herausforderungen. Er wollte den Erfolg seines und seiner Familie Hilfswerk. Er wollte und will diesen Erfolg um der betroffenen Menschen willen. Sein kommunalpolitisches Talent, sein Engagement in der Sozialdemokratie, all das zeugt von einem rundum der Hilfsbereitschaft verschriebenen Menschen. Aus seinem Mitarbeiterkreis wird seine Fähigkeit bestätigt, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen – auch noch mit 74 Jahren. Manchmal sogar gegen jede Argumentation und Wahrscheinlichkeitsrechnung. Schon oft hat ihm das Leben recht gegeben.

Wer heute auf diese Stiftung, auf – ja, im besten Sinne – ein solches Unternehmen blickt, findet Zeugnisse, die von viel Kraft, viel Willen, viel Durchsetzungs- und noch mehr Überredungsgabe berichten. Mit Letzterer hat Emil Morsch etliche Fachleute überzeugt, zahllose Menschen gewonnen, die die Stiftung begleiten, unterstützen und beraten. Ich selbst freue mich, im Kuratorium einen kleinen Beitrag leisten zu dürfen.

Die Bilanz nach 30 Jahren Stefan-Morsch-Stiftung ist imponierend: eine weltweit vernetzte Datenbank für Spender und Empfänger von Knochenmark- und Blutstammzellen. Blutverträglichkeitsuntersuchungen auf dem neuesten Stand der Technik. Mehr als eine halbe Million Menschen, die Blut spenden und sich als mögliche Spender registrieren lassen. Mit jeder Spende steigt die Möglichkeit, irgendwo auf der Welt einem Menschen gezielt und erfolgreich helfen zu können.

Heute leisten in Birkenfeld 72 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Stiftung engagierte und fachlich höchst qualifizierte Arbeit. Die Stiftung ist vorbildlich geführt und wirtschaftlich bestens aufgestellt, sie hat Zukunft. Vor allem aber, und das hat die 30-Jahr-Feier an der Fachhochschule in Birkenfeld erneut gezeigt: Es weht der Geist der Menschlichkeit und des Helfenwollens durch die gesamte Hilfsorganisation.

Zum Jahresende 2016 hat Emil Morsch die Geschäftsführung und den Vorstandsvorsitz – auf Beschluss der Stiftungsgremien – in die Hände seiner Tochter gelegt. Susanne Morsch wird das Werk der Familie im Sinne des guten Geistes der Organisation fortführen, da darf man gewiss sein. Emil Morsch hat – in bescheidener Weise – für das Kuratorium kandidiert und ist natürlich einstimmig gewählt worden. Sein Rat und seine Erfahrung bleiben der Stiftung also erhalten. Und sollten die »Mühen der Ebene« doch einmal zögerlich machen, genügt ein Blick auf »den Emil« und seine wachen, lebendigen und oftmals spitzbübisch forschen Augen und alle werden wieder höchst agil. Es geht ja um viel. Es geht um Überlebenschancen für Menschen.

Auf die nächsten Jahrzehnte und das Prinzip »Hoffen, Helfen, Heilen«!

Kurt Beck

Ministerpräsident a.D.

im März 2017

1 Stefan Morsch. Seine Geschichte und der Beginn der Stiftung

Wie kann man diese Geschichte erzählen?

Beginnen wir vielleicht so: Alles ist normal. Eine glückliche Familie mit gesunden Kindern. Und dann bricht vollkommen unerwartet ein Unglück herein und versetzt die ganze Familie in einen dauerhaften Schock. Der Sohn wird von einer tückischen Krankheit immer wieder ans Krankenlager gefesselt. Die Familie findet sich irgendwann in einem damals völlig fremden Land wieder, weit weg, jenseits des Ozeans.

Aber gehen wir zunächst zurück in die Jahre 1980, 1981, 1982 … Mein Sohn Stefan, geboren im September 1967, verbrachte eine normale, glückliche Kindheit in harmonischer Umgebung. Er war ein sportlicher Junge. Im Fußballverein TUS Hoppstädten trainierte er mehrmals pro Woche.

Trotz des großen Altersunterschieds spielte er viel mit seiner acht Jahre jüngeren Schwester Susanne; sie standen sich nahe. Manchmal spielten sie uns Eltern Streiche. So bauten sie mit Zutaten aus Stefans Chemiebaukasten Stinkbomben. Als sie eine in der Gästetoilette platzierten, wussten sie nicht, dass wir Eltern ausgerechnet an diesem Tag Besuch erwarteten … Oder sie taten so, als verhaue Stefan seine kleine Schwester. Er klatschte sich dazu mit der flachen Hand auf sein Bein, und Susanne schrie laut. Als das gar nicht aufhören wollte, eilte die Mutter empört aus der Küche herbei. Ihre beiden Kinder saßen friedlich da, meterweit voneinander entfernt, und mussten lachen, als sie das verblüffte Gesicht der Mutter sahen.

Gerne kletterten sie auf die Obstbäume, die im Garten wuchsen. Und zuweilen spielte Stefan sogar Fußball mit seiner Schwester und brachte ihr Tricks und Kniffe bei. Sie blickte bewundernd zu ihm auf und bekennt später: »Er war der beste große Bruder, den ich mir nur wünschen konnte.«

Stefan wuchs zu einem hochaufgeschossenen, schlanken Teenager heran; noch war sein Gesicht eher kindlich. Ein freundlicher Junge mit einem liebenswürdigen Lächeln – der bald ein im wahrsten Sinne des Wortes neues Hobby fand. Durch andere Schüler des Gymnasiums in Birkenfeld – dort wo auch die Sängerin Nicole zur Schule ging – machte er Bekanntschaft mit der noch jungen EDV-Technik. Er wünschte sich einen Computer und bekam einen Commodore 64 von mir. Ich freute mich sogar, dass mein Sohn mir in dieser Technik weit voraus war. Fortan verbrachte er viel Zeit mit den neuen, faszinierenden Gerät. Es gab noch kein Internet, aber auch noch kein Windows oder Apple: keine Benutzeroberfläche, die einem die meiste Arbeit abnimmt. Der Bildschirm sah noch blau aus, mit weißen Buchstaben, ohne hochaufgelöste Bilder und Hunderte von Schriftarten … Stefan lernte eine Programmiersprache, wurde rasch vertraut mit den Tastatur-Befehlen und war bald auf dem Stand der Technik. Es machte ihm sichtlich Spaß, und er freute sich, insbesondere seinem Vater hier etwas beibringen zu können.

Damals war das noch etwas Ungewöhnliches − viele meinten, es lohne nicht, sich damit zu beschäftigen. Dass 15 Jahre später in beinahe jedem Haus ein PC stehen würde, ahnte damals kaum jemand. Stefan beschäftigte sich intensiv auch mit dem Aus- und Zusammenbau der technischen Teile. Wir Eltern interessierten uns zwar wenig für Computer, unterstützten aber Stefans Interesse. Für ihn stand schon jetzt fest, dass er einmal Informatiker oder Mathematiker werden wollte.

Wie alles anfing

1983 im Frühjahr. Zufällig traf ich Stefans Sportlehrer, den wir auch persönlich gut kannten, und er nutzte die Gelegenheit, ein Wörtchen mit mir als Vater zu reden.

»Dem Stefan musst du mal ein bisschen Beine machen.«

»So, wirklich? Warum?«

»Der ist faul geworden. Will sich überhaupt nicht mehr anstrengen, macht nicht richtig mit beim Sport.«

Ich erzählte es meiner Frau Hiltrud, und wir waren uns einig: Das war wohl eine Pubertätserscheinung. Kommt ja vor bei so jungen Kerlen im Wachstum. Wir sprachen mit ihm.

»Was ist los? Man kennt dich ja kaum wieder. Warum lässt du dich so hängen?«

»Ich weiß auch nicht. Bin einfach immer müde. Habe irgendwie keine Kraft. Alles ist so anstrengend. Und dieses Schwitzen dauernd.«

Immer noch waren wir ahnungslos. Das würde schon wieder vergehen. Faulheit passte gar nicht zu ihm und zu unserer Familie, er bewegte sich eigentlich gern und trieb ja − wie seine jüngere Schwester Susanne recht ehrgeizig − Sport in der Freizeit.

Eines Abends kam Stefan von der Schule heim und hatte starkes Bauchweh. Das ließ nicht nach, sondern wurde schlimmer. (Später erfuhren wir, dass bösartige Zellen sich bei Leukämie auch in der Leber und der Milz sammeln, so dass diese Organe anschwellen, was zu Schmerzen führen kann.)

Stefan hatte die immer mal wieder auftretenden Schmerzen wohl schon eine Weile ertragen und nichts gesagt, er war nicht so ein wehleidiger Typ. Er dachte wie wir auch, das würde sicher wieder weggehen. Wir dachten im Verborgenen so ein bisschen ›Ein Indianer kennt keinen Schmerz‹! Aus heutiger Sicht natürlich falsch, aber wer denkt denn bei Magenschmerzen gleich an eine schwere Krankheit? Bleich war er, das fiel uns auf, und die Apathie nahm zu. Ebenso ließen die Schmerzen nicht nach, Schweißausbrüche kamen hinzu und schließlich auch Fieberschübe.

So gingen wir, als die Schmerzen so heftig auftraten, mit ihm zu unserem Hausarzt Dr. Klaus Hoebbel. Ein sehr erfahrener Allgemeinarzt, er kannte Stefan schon seit seiner Hausgeburt. Wir hatten volles Vertrauen zu ihm. Zu Recht, wie sich zeigte, denn er reagierte absolut richtig. Er untersuchte Stefan, fand keinen Entzündungsherd und veranlasste deshalb ein Differentialblutbild. Das Ergebnis war nicht so gut − einige Werte lagen außerhalb der Norm. Unser Hausarzt ahnte Böses bei der stark erhöhten Zahl der weißen Blutkörperchen (40 000 Leukozyten) und überwies Stefan in die Universitätsklinik des Saarlandes in Homburg. Aber er beruhigte uns – trotz seiner Vorahnung − zunächst:

»Das kann trotzdem eine starke Entzündung sein, eine Erkältung oder Blinddarm zum Beispiel, regt euch mal nicht auf.«

Stefan wurde stationär aufgenommen, weiter untersucht, und nach einigen Tagen bekamen wir die niederschmetternde Diagnose.

Stefans Bauchweh war keine Blinddarmentzündung, es war alles andere als harmlos. In seinem Blut befand sich eine große Zahl von Blasten. Was bedeutete das? Blasten nennt man unreife, schädlich gewordene Blutzellen (Genaueres dazu im Kapitel 2), die sich schnell sehr stark vermehren, sich über das Blut im Körper verteilen und das Immunsystem zerrütten. Stefan hatte Leukämie, und zwar eine bei jungen Menschen seltene, aber besonders aggressive Form. Es handelte sich um chronische myeloische Leukämie (CML), die sonst fast nur ältere Menschen bekommen. Stefans Leukämiezellen zeigten das Philadelphia-Chromosom, eine für diese Krankheit charakteristische Chromosomen-Veränderung.

Ich versuchte, meine Frau zu beruhigen: »Die Medizin ist heute schon sehr weit. Die werden das schon wieder hinkriegen.«

Die Suche nach Auswegen

Aber das Nächste, was uns die Ärzte sagten, klang leider ganz anders. Eine medikamentöse Behandlung, die die Krankheit besiegen könne, gebe es nicht.

Die einzige Möglichkeit der Heilung sei eine Transplantation von Knochenmark. Diese Technik gab es damals schon – allerdings ausschließlich mit Spendern, die sowohl mit dem Patienten verwandt als auch »genetisch kompatibel« waren, wie man das nennt. Die Blutgruppe war nicht entscheidend. (Anmerkung: In diesem Buch werden Stammzell- oder Knochenmarkspender immer als »Spender« bezeichnet; finanzielle Wohltäter werden aus Gründen der Unterscheidbarkeit stets als »Geldspender« oder »Gönner« bezeichnet.)

Natürlich ließen meine Frau, unsere gemeinsame Tochter und ich uns sofort untersuchen: Waren wir als Familienspender geeignet? Man nennt diese Feststellung der Gewebemerkmale (HLA-Daten) ›Typisieren‹. Leider passten weder unsere noch die genetischen Merkmale von Stefans Halbgeschwistern zu den seinen. Man hatte mich schnell mit diesen Tatsachen vertraut gemacht. Wir alle, so erfuhren wir tief betroffen, waren absolut nicht als Spender geeignet.

Wie kann das sein, dass in einer relativ großen Familie niemand als Spender passt?

In meinen Vorträgen mache ich das bis heute so deutlich: Es gibt die sogenannten HLA-Merkmale im Blut. Jeder Mensch erbt diese Merkmale je zur Hälfte vom Vater und von der Mutter. Zwei Geschwister können jeweils genau die gegensätzlichen 50 Prozent erben, sie haben dann keine Übereinstimmung in den HLA-Merkmalen. So ist es übrigens bis heute bei mehr als zwei Dritteln aller Leukämie-Patienten. Sie haben entweder keine Geschwister (die 1,35 Kind-Ehe in Deutschland), oder diese sind eben nicht kompatibel. Deshalb sind die weltweit vorhandenen Spenderdateien so wichtig.

Die Ärzte konnten Stefan zunächst nur Medikamente geben, die sein Leben verlängerten und seine Lebensqualität verbesserten.

»Machen Sie ihm noch ein paar schöne Wochen«, sagten sie. »Fahren Sie mit ihm in Urlaub und genießen Sie die Zeit miteinander.«

Wir gaben die Hoffnung zwar nicht auf, befolgten aber den gutgemeinten Rat. Als Ziel der Erholungsreise wählten wir Kreta, das ich als meinen Einsatzstandort bei der Bundeswehr kannte, und verbrachten dort einen Familienurlaub. Stefan wurde von Ärzten der Bundeswehr betreut, daher konnten wir einigermaßen entspannt sein. Wir achteten darauf, dass er nicht zu viel Sonne bekam, aber den Urlaub konnte er trotzdem ein wenig genießen. Und er bekam regelmäßig seine Medikamente, die fürs Erste halfen.

Trotzdem saß uns natürlich die ganze Zeit die Angst im Nacken. Bis zu Stefans Diagnose hatten wir keine Ahnung gehabt, was Leukämie genau ist. Plötzlich, von einem Tag auf den anderen, war unser Familienglück bedroht. Alles war anders.

Die Chancen waren sehr gering. Kein Arzt hielt eine erfolgreiche Behandlung für möglich. Wir waren verzweifelt. Aber wirklich glauben konnten wir nicht, dass das Todesurteil für unseren Sohn so plötzlich und endgültig gesprochen sein sollte. Und ans Aufgeben dachte bei uns niemand.

Das ist wohl eine Sache der Mentalität. Man sagte uns, unser Sohn habe praktisch keine Überlebenschance, aber wir konnten das nicht akzeptieren. ›Geht nicht gibt’s nicht‹, das war unsere Devise bis zuletzt.

Die entscheidende Entdeckung machte ich jedoch zufällig – wenn man von Zufall reden will.

Doch ein Fremdspender?

Auf dem Rückflug von einer Wehrübung als Reserveoffizier auf Kreta las ich in einer Illustrierten einen Bericht über eine achtjährige Leukämie-Patientin, die eine Knochenmark-Transplantation von einem nicht verwandten Spender bekommen hatte. Eine Londoner Organisation, die Nolan Laboratories/Nolan Registry, wurde darin erwähnt. Dort führte man eine Liste mit etwa 50 000 Personen, die möglicherweise auch als Spender für Knochenmark geeignet sein konnten.

Zu Hause angekommen, besprach ich die neue Möglichkeit mit meiner Frau. Auch sie meinte, genau wie ich: »Einen Versuch ist es wert!«

So flog ich mit Unterstützung der deutschen Luftwaffe sofort von Köln-Wahn zum Luftwaffenstützpunkt Cottesmore in England und reiste von dort mit der Bahn weiter nach London.

Das Gespräch mit dem Leiter der Nolan Laboratories verlief unerwartet sehr erfolgreich. Vorher hatte man mir gesagt, die Spenderbank sei eigentlich für anderes vorgesehen, außerdem stehe sie für Ausländer nicht offen. Deutsche hätten sie bisher noch nie in Anspruch genommen. Ich versuchte es einfach trotzdem, und als man dort Stefans Geschichte hörte, schlug die Stimmung sofort um, und man begann mit einer Spendersuche. Dabei war die Unterstützung der amerikanischen Luftwaffe vom Stützpunkt Ramstein aus sehr hilfreich. Chief Pfauntsch transportierte im Auftrag des dortigen Kommandeurs die Blutproben von Stefan als echten Hilfsflug kostenfrei und schnell nach England, wo sie mit den vorhandenen Spender-Daten verglichen wurden.

Tatsächlich ist diese Spenderbank seitdem auch für Nicht-Briten nutzbar.

Die Chance, einen geeigneten Spender für Stefan zu finden, lag damals statistisch bei 1:700 000.

Aus den etwa 50 000 potentiellen Spendern wurden zunächst 94 Personen ausgewählt. Mit der − damals noch einfacheren − serologischen Methodik fand man heraus, dass deren Gewebemerkmale in drei der vier Genorte, die für eine Transplantation notwendig waren, übereinstimmten. (Heute gelten zehn von zehn übereinstimmende HLA-Werte als optimal.)

Durch genauere Untersuchungen in deutschen Laboratorien sollte dann die Anzahl der möglichen Spender weiter eingegrenzt werden. Dafür mussten die Blutproben rasch und zuverlässig nach Deutschland transportiert werden – und zwar ausgerechnet am 24. November 1983, dem Thanksgiving Day. An diesem Tag gab es keine Flugbereitschaft. Da spendeten die Mitglieder der 7th AD spontan den Betrag, der notwendig war, um die Blutproben kommerziell vom Flughafen London-Heathrow nach Frankfurt zu fliegen.

Im Verlauf der Untersuchungen zeigte sich, dass für Stefan eigentlich nur drei Spender in die engere Auswahl kamen. Ausgewählt wurde schließlich Terence Bayley, der in einer Anwaltskanzlei in der Nähe von London arbeitete. Er war auch sofort bereit, sein passendes Knochenmark zur Entnahme bereitzustellen. Tatsächlich war nun also ein geeigneter Spender gefunden!

Es war eigentlich wie ein Wunder. Heute hat man bei der Suche eine viel größere Anzahl von möglichen Spendern. Aber damals gab es tatsächlich nur diesen einen perfekt passenden Spender für Stefan.

Den Moment, als ich das erfuhr und der Familie am Telefon sagen konnte … den vergesse ich nie!

Erneut wurde ich in einer Bundeswehrmaschine nach England mitgenommen, vom Militärflughafen Cottesmore ging es wieder mit der Bahn nach London.

Zum besseren Verständnis muss an dieser Stelle noch erwähnt werden, dass ich als Beamter der Bundeswehrverwaltung beihilfeberechtigt war – die Flugkosten waren vom Bundesministerium der Verteidigung zu tragen. Die Mitnahme in Bundeswehrmaschinen, die ohnehin nach England flogen, war also eine Maßnahme zur Kostenersparnis. Anders verhielt es sich mit den Amerikanern in Ramstein: Das waren echte Hilfsflüge, die im Rahmen der Partnerschaft mit der 2. Luftwaffendivision in Birkenfeld kostenfrei durchgeführt wurden. Dafür bin ich bis heute dankbar.

In London gab es noch eine heitere Begebenheit: Ein Stabsoffizier und Freund von mir war mitgekommen, um mich zu unterstützen. Um Kosten zu sparen, hatten wir überlegt, bei der befreundeten englischen Army um Quartier zu bitten. Wir fanden im Telefonbuch »Army« und fuhren dort hin. Was wir vorfanden, war eine Massenunterkunft für 30 Leute. Nicht ganz so preisgünstig, aber immer noch sehr billig war das Zimmer für sechs Personen. Wir wunderten uns ein bisschen. Dann entdeckten wir, was da im Telefonbuch noch gestanden hatte: »Army … Salvation« – wir waren bei der Heilsarmee gelandet …

Wir nahmen uns dann doch ein Hotel.

Dreimal null ist null

Ich kehrte nach Hause zurück, um Stefan zu weiteren Voruntersuchungen und zu letzten Gesprächen im Londoner Hammersmith-Hospital abzuholen.

Professor J. M. Goldman und Professor Gordon Smith waren die Ärzte, mit denen wir zu tun hatten. Professor Goldman hatte zunächst eine verständliche Reserviertheit gegenüber Deutschen zu überwinden, da seine Familie in der Nazizeit aus Deutschland emigrieren musste. Im Gespräch mit mir zeigte er sich nach kurzer Zeit offen und hilfsbereit, was ich bewunderte. So konnte ich ihn geradeheraus fragen:

»Wie ist der Zeitfaktor? Wie schnell muss ich handeln?«

Stefan saß neben mir und hörte zu. Ich wusste nicht, wie viel er von dem auf Englisch geführten Gespräch verstehen konnte.

Der Professor sagte:

»Ohne diese Behandlung wird Stefan in drei Monaten nicht mehr am Leben sein. Da es um sein Leben geht, müssen Sie ihn in die Entscheidung einbeziehen und ihn mit entscheiden lassen, ob er das Wagnis einer Knochenmark-Transplantation mit einem Fremdspender eingehen will.«

Da geschah etwas Unvorhersehbares, für mich unfassbar. Stefan gab mir ohne weiteren Kommentar folgende Erklärung:

»Aber das müssen wir doch machen, oder? − Ihr habt bisher ja gut für mich gesorgt, dann werdet ihr auch jetzt die richtige Entscheidung treffen. Papa, und eines weißt du ja auch: Drei mal null ist null. − Und wenn ich nur zehn Prozent Chancen bei der Transplantation hätte, dann wäre das doch mehr als null.«

Mir wurde eiskalt, als Stefan die schockierenden Worte des Arztes auf diese mathematische Weise ausdrückte. Wie sachlich und nüchtern er das sagte − es verschlug mir die Sprache. Nebenbei wurde mir klar, dass er die Sätze des Professors auf Englisch sehr gut verstanden hatte. So war mir die schlimme Aufgabe abgenommen, ihm den Zustand und die Folgen seiner Erkrankung zu erklären.

Die Erkenntnis, was für einen reifen und vernünftig denkenden Sohn wir hatten, war für uns Eltern verblüffend und wühlte uns auf. Aber nun war es entschieden, und das war gut so.

Als medizinisch geklärt war, dass Terence Bayley unser Spender werden konnte, kam jedoch noch ein äußerst schwieriger Part: Es musste auch juristisch alles wasserdicht gemacht werden. So machte ich die Bekanntschaft einiger ehrwürdiger englischer Notare und Anwälte, ich nannte sie ›Lordanwälte‹, die sich nun einschalteten. Das war eine erstaunliche Erfahrung. Die meisten dieser ehrwürdigen Herren waren wohl über 80 Jahre alt, und das Gespräch mit ihnen in den traditionsgesättigten, altehrwürdigen Kanzleiräumen war sehr beeindruckend. Sie hatten die Aufgabe, Risiken für den Spender abzusichern. Wie schützt man das Leben des Spenders? Diese Fragen waren ja alle neu, und alles hörte sich auch einleuchtend an. Dann kam das Gespräch darauf, was das alles kosten sollte – und das war der nächste Schock. Plötzlich tauchte die Summe von 600 000 Mark auf, die wir als Lebensversicherung für den Spender aufbringen sollten. Man hatte ja keinerlei Erfahrung mit diesem Verfahren und wusste nicht, ob und wie gefährlich die Knochenmark-Entnahme für den Spender sein könnte. Aber für uns standen die Anwälte plötzlich als ›Verhinderer‹, wie wir sie auch nannten, dem Ganzen im Wege.

Wir waren sehr entmutigt. ›Dreimal null ist null‹ war Stefans Perspektive, die Rettung war möglich geworden, und nun warfen diese Leute uns erneut Knüppel vor die Füße.

Nachdem ich mich kurz danach mit Stefan wieder zu einer Voruntersuchung im Londoner Krankenhaus eingefunden hatte, befand sich der Spender, Terence Bayley, zufällig ebenfalls dort. So lernten wir uns vorher kennen, obwohl das gar nicht so geplant war – er und ich oder Stefan sollten eigentlich keinen persönlichen Kontakt haben. Heute wäre so etwas ausgeschlossen. Aber damals musste ich die Gelegenheit einfach nutzen. Ich wartete einen Moment ab, und als niemand es mitbekam, ging ich hinüber zu Terence und stellte mich vor: »So ist die Lage …«

Wir verstanden uns auf Anhieb. Unser Gespräch verlief menschlich und freundlich.

»Wir haben das Problem mit dem Anmelden – die Anwälte fordern …«

Da sagte Terence Bayley:

»Nur die Ruhe. Machen Sie sich keine Sorgen, an mir wird es nicht scheitern. Ich werde in die USA kommen, notfalls auf eigene Kosten. Und notfalls machen wir das inoffiziell, an den Anwälten vorbei. Wenn ich da bin − bin ich da! Ob die das wollen oder nicht! Sie können sich auf mich verlassen.«

Das war einfach großartig von ihm, und ich werde es nie vergessen. Später haben wir ihn zu uns nach Hause eingeladen. Er war eine Woche zu Gast bei uns in Hoppstädten und fühlte sich in unserer Gegend äußerst wohl. Ein patenter Kerl, wie man so schön sagt. Leider ist er allzu früh verstorben – keineswegs an den Folgen der Knochenmarkspende, versteht sich.

Parallel zur Spendersuche in England hatten wir uns auf eine weitere Suche begeben: nach einer Klinik, welche die Transplantation mit einem Fremdspender auch durchführen konnte und wollte. So eine Klinik gab es weder in England noch in Deutschland, ja in ganz Europa nicht. Da diese Methode noch ganz in den Anfängen steckte, war sie eigentlich noch unbekannt. Niemand glaubte hier an einen Erfolg, und deshalb wollte auch niemand diesen ersten, scheinbar zum Scheitern verurteilten Versuch machen. Dr. Gordon Smith und Dr. Goldman sagten: »Wir helfen Ihnen gerne, aber transplantieren werden wir nicht.« Dabei würde ich aus heutiger Sicht sagen, dass die englische Klinik medizinisch dazu in der Lage gewesen wäre, ja sogar prädestiniert für solche Fälle. Aber sie wollten es zu dem Zeitpunkt einfach nicht wagen.