Höllentrail - Larry Lash - E-Book

Höllentrail E-Book

Larry Lash

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Beschreibung

Dan Lodge ließ mit einer glatten Bewegung den Colt ins Holster gleiten. Sein Trail war zu Ende. Im Staub der Plaza lag Red Saltmarsh und rührte sich nicht mehr.
Langsam wandte Dan sich um und löste die Zügel seines Wallachs vom Holm. In dem Moment rief eine helle Mädchenstimme: »Fliehen Sie, Fremder! Geben Sie Ihrem Pferd die Sporen! Die Bande ist auf Ihrer Fährte …«

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Larry Lash

 

 

Höllentrail

 

 

 

 

 

Roman aus dem Amerikanischen Westen

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

Neuausgabe

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv 

Cover: © by Tony Masero mit Bärenklau Exklusiv, 2023

Korrektorat: Bärenklau Exklusiv

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Höllentrail 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

Der Autor Larry Lash 

Eine kleine Auswahl der Western-Romane des Autors Larry Lash 

 

Das Buch

 

 

 

Dan Lodge ließ mit einer glatten Bewegung den Colt ins Holster gleiten. Sein Trail war zu Ende. Im Staub der Plaza lag Red Saltmarsh und rührte sich nicht mehr.

Langsam wandte Dan sich um und löste die Zügel seines Wallachs vom Holm. In dem Moment rief eine helle Mädchenstimme: »Fliehen Sie, Fremder! Geben Sie Ihrem Pferd die Sporen! Die Bande ist auf Ihrer Fährte …«

 

 

***

Höllentrail

 

 

1. Kapitel

 

Dan Lodge hatte das Gefühl, das grelle Sonnenlicht, das über dem freien Platz lag, nicht länger ertragen zu können. Sein 45er Colt, dessen Mündung auf den Boden zeigte, rauchte noch. Auf dem Boden vor Dan lag Red Saltmarsh und regte sich nicht mehr. Er lag mit dem Rücken nach oben im Staub. Auf seinem hellgelben Hemd breitete sich ein dunkler Flecken aus. Die ausgestreckte Rechte umklammerte noch einen alten Armeerevolver.

Er ist tot, dachte Dan Lodge.

Seine Erstarrung löste sich, er atmete tief ein und setzte sich langsam in Bewegung. Beim Gehen hatte er das Gefühl, als hingen schwere Bleiplatten unter seinen Stiefelsohlen.

Die Zuschauer, die sich rasch aus der Schussbahn gebracht hatten, standen noch wie erstarrt. Langsam steckten sie jetzt die Köpfe zusammen und begannen zu tuscheln, dann betrachteten sie Dan Lodge aufmerksam und kamen vorsichtig näher. Sie schienen sich den Toten ansehen zu wollen. Jemand sagte mit rauer Stimme so laut, dass auch Dan Lodge es hören musste: »Man sollte dem Fremden dankbar sein, Gents. Sicherlich weiß er aber nicht, was er getan und in welche schlimme Lage er sich gebracht hat. Man müsste ihn warnen.«

Dan Lodge war vor dem Toten stehengeblieben. Mit einer raschen Handbewegung ließ er seinen 45er Colt ins Futteral zurückgleiten und nahm dann den Stetson von dem hellblonden, welligen Haar, das ihm fast bis auf die Schultern herabfiel. Er schien den Mann zu grüßen, der Sekundenbruchteile zu spät zum Colt gegriffen hatte. Dan hatte das Gefühl, dass in den Augen des Toten noch immer jener heiße, leidenschaftliche Hass zu sehen war, der ihn zur Waffe hatte greifen lassen. Dan Lodge hatte ziehen müssen, es war ihm keine andere Wahl geblieben, wenn er das eigene Leben retten wollte. Red Saltmarsh war eine Idee zu langsam gewesen. Reds Kugel hatte ihn nicht einmal gestreift.

Die Leute auf dem Platz betrachteten den großen, schlanken und breitschultrigen Fremden, der wie ein Cowboy gekleidet war. Roter Präriestaub lag auf seiner Kleidung. Er hatte ein streng geschnittenes Gesicht, in dem hellblaue Augen brannten, die durch die Gaffer hindurchzusehen schienen.

»Red Saltmarsh hat ihm keine Chance gegeben«, hörte Dan einen Mann sagen. »Niemals gab Red irgendjemand eine Chance. Jetzt hat er seinen Meister gefunden, jetzt ist er tot!«

»Fliehen Sie, Fremder!«, rief plötzlich eine Frauenstimme. Überrascht schaute Dan Lodge in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Er machte schwerfällig kehrt. Hinter ihm waren Männer dabei, den Toten fortzuschaffen. Die Einwohner dieses Kuhnestes schienen einige Übung darin zu haben.

Dan Lodge war gerade erst angekommen. Im rechten Augenblick hatte er seinen Mann erkannt. Seit drei Jahren folgte er der Fährte gewisser Männer. Selbst wenn die Spuren schon fast verlöscht waren, hatte er doch immer wieder einen Anhaltspunkt gefunden.

»In einigen Stunden sind Reds Freunde wieder in der Stadt«, sagte ein schwarzhaariges Mädchen. »Sie sind allein und können es trotz aller Schnelligkeit nicht gegen die Raureiterhorde schaffen. Fliehen Sie und legen Sie so viele Meilen wie möglich zwischen sich und diesen Ort, Mister!« Das Mädchen sprach so leise, dass nur Dan es verstehen konnte. Ihr war es wohl gleichgültig, wenn andere sahen, wie sie mit dem Fremden sprach. Dan Lodge betrachtete sie aufmerksam. Das Mädchen hielt seinem Blick stand. Sie war sehr selbstbewusst. Dieses Auftreten passte nicht zu ihrer Jugend. Dan schätzte sie auf etwa neunzehn Jahre. Ihre dunklen Augen blitzten, blaue Lichter glänzten auf dem schwarzen Haar. Das einfache Kattunkleid stand ihr gut und betonte ihre Figur.

Das Mädchen wartete Dans Antwort nicht ab. Sie wandte sich um und ging. Einen Moment stand Dan Lodge verdutzt da, doch dann begriff er, dass er folgen sollte. Sie hatte ihm zwar kein Zeichen gegeben, doch er beschloss, seinem Gefühl zu gehorchen. Er merkte sich die Gasse, in die sie eingebogen war.

Dan Lodge löste die Zügel seines rotbraunen Wallachs vom Holm. Er führte das Tier hinter sich her und ging an den Männern vorbei, die den Toten auf einer Trage zur Schmiede schafften. Das war nichts Neues für Dan. Die Schmiede war in allen Rinderstädten der Ort, wohin man Tote brachte.

»So ist es recht, Fremder«, sprach ein alter graubärtiger Mann Dan an. »Verschwinde und gib deinem Wallach die Sporen! Lösch deine Fährte, so gut du es kannst! Mann, du hast hier in ein Wespennest gestochen.« Der Graubart war verwundert, von Dan keine Antwort zu erhalten, sondern nur einen düsteren Blick. Betreten zog er sich zurück und murmelte in sich hinein: »Was ist das für ein Mann? Der sieht aus, als wollte er in die ewigen Jagdgründe befördert werden.«

Dan Lodge hörte das nicht mehr. Er kümmerte sich nicht um die Blicke, die die Passanten ihm nachschickten. Tief atmete er auf, als er in die Gasse einbog, in der das Mädchen verschwunden war. Er erreichte einen freien Platz und erblickte das Mädchen, das ihn gewarnt hatte, wieder. Sie saß auf dem Bock eines Einspänners, nahm die Peitsche aus der Halterung und ließ das Pferd antraben. Das Mädchen fuhr nicht zur Mainstreet, sondern bog in einen schmalen Weg ein, der zwischen Gärten hindurch aus der Stadt hinausführte. Staub wirbelte unter den Rädern und Hufen auf. Dan Lodge wartete. Er sah sich um, doch es schien hier niemanden zu geben, der sich für ihn interessierte. Eine alte Frau war aus einer Haustür getreten und schüttete Spülwasser aus. Zwei verwilderte Hunde schnüffelten an einem Abfallhaufen herum, und ein Junge warf mit Steinen nach ihnen, ohne sie zu treffen. Nein, niemand kümmerte sich um den Fremden, der einen Mann getötet hatte. In dieser kleinen Stadt schien es weder einen Sheriff noch einen Marshal zu geben. Dan hatte zudem den Eindruck, dass es diese Menschen gewohnt waren, harte Tatsachen hinzunehmen.

Dan Lodge wartete, bis der Einspänner seinen Blicken entschwunden war, dann schwang er sich in den Sattel und blickte zur Mainstreet zurück. Wieder kam ein düsterer Glanz in seine Augen. Er atmete schwer. Seine Rechte tastete unwillkürlich zum Kolben seiner Waffe. Die Finger glitten langsam über das Holz.

»Ich fliehe nicht«, sagte er leise vor sich hin. Es war die Antwort, die er weder dem Mädchen noch dem alten Mann gegeben hatte. Beide hatten versucht, ihm die Flucht als letzten Ausweg hinzustellen, aber er dachte nicht daran. Dan Lodge hatte den Mann gesucht, der jetzt tot in der Schmiede lag, der niemandem mehr schaden konnte. Drei Jahre war er hinter Red Saltmarsh her gewesen. Es waren drei bittere Jahre voller Entbehrungen, Enttäuschungen und Kummer gewesen. Er hatte wilde Gegenden durchritten und in Regen, Wind und Unwetter im Freien kampiert. Es gab Tage, an denen er kaum etwas zu beißen hatte, Zeiten, in denen er alle Hoffnung aufgegeben hatte, den gesuchten Mann zu finden. Oft nahm er für einige Tage Arbeit an. Manche dieser Jobs hatten ihm gefallen, doch er hatte nicht daran gedacht, sie zu behalten. Mit unwiderstehlicher Gewalt trieb es ihn immer wieder weiter. Jetzt musste das Wanderleben vorbei sein. Er hätte aufatmen und sich befreit fühlen müssen, doch ihm war, als trüge er eine schwere Last auf seinen Schultern. Er hatte gehofft, am Ende des Trails wieder lebensfroh und voller Erwartungen zu sein. Doch es war nicht so.

Wer waren die Freunde Red Saltmarshs? Was kam jetzt auf ihn zu? Dan Lodge kniff die Lider zusammen und trieb seinen starken Wallach an. Er ritt den Weg, den das Mädchen mit dem Einspänner gefahren war.

Seit dem gestrigen Mittag hatte Dan nichts gegessen. Der Hunger setzte ihm zu. In der Sattelrolle gab es nichts Essbares mehr. Er besaß alles, was ein Reiter brauchte: eine Bratpfanne, deren Stiel aus der Rolle hervorragte, Feuerzeug, Verband und Nähzeug, einen Beutel mit Tabak, Zigarettenpapier und eine Menge Munition für den Colt und die Winchester, die im Scabbard steckte. Er hatte so ziemlich alles, was er brauchte, nur nichts zu essen.

Ein heiseres Lachen kam über seine rissigen Lippen. Er musste daran denken, dass ein Mann, der einsam ritt, dem Verdacht ausgesetzt war, ein Satteltramp zu sein. Auch ihn hatte man oft dafür gehalten. Er forderte nicht nur das Misstrauen der Leute heraus, sondern auch die Aktivität der Gesetzeshüter. Einmal hatte man ihn in einer der vielen kleinen Rinderstädte, in die er auf der Suche nach Red Saltmarsh geraten war, eingesperrt. Man hatte einen Mann gebraucht, der das Gefängnis anstreichen sollte. Vierzehn Tage hatte ihm der Friedensrichter aufgebrummt, und das Nest bekam das Gefängnis gestrichen, ohne einen Penny dafür zu bezahlen. So sehr er sich auch gegen seine Verurteilung gewehrt hatte, nichts hatte geholfen. Schließlich sah er ein, dass er nicht weiterkam, und führte die Arbeit aus. Als er entlassen wurde, beeilte er sich, rasch aus der unfreundlichen Stadt herauszukommen.

Die kleine Rinderstadt Carrington, die er jetzt verließ, erinnerte ihn an jene Town, in der man ihn eingesperrt hatte. Auch hier schien sich etwas Unangenehmes anzubahnen. Die Menschen machten einen gedrückten und gehetzten Eindruck, dabei lag das Städtchen in einer zauberhaft schönen Gegend von Arizona. Berge, Wälder und Weiden wechselten einander ab. Es gab nicht die Eintönigkeit der Buckelprärien, man spürte nicht die einschläfernde Monotonie der Savannen des Südens. Hier war es auch anders als in den weiten Ebenen von Texas. Dunkle Tannenwälder, Birkengehölze und fette Weiden lösten sich ab. Durch die saftigen Wiesen flossen klare Bäche.

Dan Lodge hatte Carrington verlassen. Er beobachtete sorgfältig die Gegend. Aus einem nahegelegenen Wald drangen Axtschläge zu ihm herüber, doch er konnte keinen Menschen entdecken. Auch von dem Einspänner war nichts zu sehen, nur die Fährte von Pferd und Wagen zeichnete sich deutlich ab. Dan Lodge folgte dieser Spur. Wenn jemand Geschick darin hatte, eine Fährte zu lesen und ihr zu folgen, dann war es Dan.

Als der Wind Rauchgeruch zu ihm herüber wehte, hielt Dan sein Pferd an. Etwas später entdeckte er den Meiler, an dem drei rußverschmierte Männer arbeiteten. Er ritt so dicht an ihnen vorbei, dass sie aufsahen und ihn betrachteten. Grüßend tippte er an die Stetsonkrempe und setzte seinen Ritt durch den Wald fort.

Jetzt kamen Zweifel in Dan auf. Hatte er den Blick des Mädchens richtig verstanden? Wenn sie wirklich gewollt hatte, dass er ihr folgte, so musste sie irgendwo anhalten und auf ihn warten. Das war offenbar nicht der Fall. Dan fragte sich, warum er nicht umkehrte. Was würde das Mädchen von ihm denken, wenn er ihren Blick falsch gedeutet hatte?

Wieder hielt er seinen Wallach an. Er war nun doch unschlüssig geworden. Seine Zähne nagten an der Unterlippe.

»Wenn Sie zur Baldane-Ranch wollen, müssen Sie geradeaus weiterreiten, Mister«, hörte er plötzlich hinter sich eine Stimme.

Er war überrascht, doch er ließ sich nichts anmerken. Er hatte keinen Menschen gesehen, und doch war nun jemand hinter ihm. Ganz langsam nahm Dan Lodge sein Pferd herum. Er sah den Sprecher und wusste, warum er ihn nicht entdeckt hatte. Der Mann lag im hohen Gras, und nur sein Oberkörper ragte aus dem Gräsermeer heraus. Er kaute an einem Grashalm und betrachtete Dan aufmerksam. Dan sah in ein verrunzeltes Gesicht, das von grauem, struppigem Haar wie von einer Filzkappe umrahmt war. Der kleine Mann trug Hirschlederkleidung, deren Nähte mit Perlen und Fransen verziert waren. Langsam erhob er sich und kam auf Dan zu.

»Martha erwartet Sie«, fuhr er fort, als er vor Dan stehenblieb. »Sie hat es mir zugerufen und weiß, dass Sie unterwegs zu ihr sind.«

Dan atmete auf. Er wusste nun, dass er den Blick des Mädchens richtig gedeutet hatte. Gleichzeitig erfuhr er, dass sie in diesem Alten, der wie ein Waldläufer aussah und sicherlich nicht aus Zufall hier war, einen Vertrauten besaß.

»Wenn Sie nichts dagegen haben, begleite ich Sie.« Dan Lodge nickte zustimmend. »Warten Sie einen Augenblick, ich hole nur mein Pferd.« Der Alte wandte sich ab und verschwand zwischen den Bäumen. Kurz darauf kam er zurück. Er saß auf einem Rinderpferd, einem zottelhaarigen Tier mit tückischen Augen. »Sie also haben Red Saltmarsh erledigt«, sagte der Mann, als er sein Pferd neben Dans Wallach gebracht hatte und sie Bügel an Bügel weiterritten. »Red Saltmarsh hat der Stadt manchen bösen Kummer bereitet. Einige seiner Gegner liegen auf dem Stiefelhügel. Ich glaube, es sind fünf Männer, die er umgebracht hat. Es waren Leute, die ihm im Weg waren oder deren Nasen ihm nicht passten.«

»Und das hat das Gesetz zugelassen?«, fragte Dan.

Der Alte kicherte.

»Das Gesetz?«, grinste er. »Das ist weit fort? Der letzte Sheriff lief bei Nacht und Nebel davon. Es gibt auch Leute, die behaupten, dass man ihn umbrachte und irgendwo verscharrte. In der Stadt leben viele dunkle Elemente. Niemand weiß so recht, wer eigentlich die Fäden in der Hand hält, und das bedeutet, dass sich die Menschen beargwöhnen und dass keiner dem anderen traut. Jeder vermutet, dass er bespitzelt wird. Einige Kleinrancher haben aufgegeben, und nur die mächtigsten Ranches konnten sich halten. Es sieht aber so aus, als würde auch an ihren Fundamenten genagt, als gebe es jemanden im Hintergrund, der sich ein Riesenrinderreich errichten will und gerissen seine Handlanger vorschickt. Aber das ist wohl nichts Neues für Sie?«

»Nein«, erwiderte Dan. »Ich bin Texaner, und in Texas passierte so etwas oft, Mister.«

»Nenn mich einfach William«, sagte der andere. »Vielleicht sind wir bald Partner. Du hast den Ratschlag Marthas nicht befolgt, und das zeigt deutlich, dass du keine Angst kennst. Du scheinst außerdem Gedanken lesen zu können. Wie wäre es sonst zu erklären, dass du Marthas Wagen gefolgt bist?«

»Ich habe keine vernünftige Erklärung dafür, William«, gab Dan zu. »Ich zweifelte bereits daran, ob ich richtig handelte. Ich wollte umkehren, und ohne dein Erscheinen hätte ich es wohl auch getan.«

Der Alte kicherte wieder in sich hinein.

»Dann ist alles in Ordnung«, antwortete er. »Martha kann einen Namen mehr auf ihre Lohnliste setzen. Sie wird dich fragen, ob du für sie reiten willst. Was wirst du ihr antworten?« Dan Lodge war überrascht. »Martha ist die Herrin der Baldane-Ranch«, fuhr William fort. »Ihr Vater, Tom Baldane, wurde vor etwa einem halben Jahr erschossen. Seine Cowboys fanden ihn auf der Weide. Damals war der Sheriff noch im Amt. Er wurde geholt, konnte aber am Tatort nichts finden, genauso wenig wie die Cowboys. Ein schwerer Gewitterregen hatte alle Spuren ausgelöscht. Bisher brachte niemand heraus, wer Tom Baldane erschoss. Uns allen bleibt es ein Rätsel, denn Tom besaß keine Feinde. Er war gutmütig und gastfreundlich. Auf seiner Ranch bekam der Hungernde zu essen, der Heimatlose ein Obdach und der Kranke ein Lager. Tom gehörte zu den alten Pionieren. Er war einer der ersten, die das Land hier besiedelten. Der Sheriff war ein Freund von Tom Baldane und tat alles, um den Mörder ausfindig zu machen, denn ermordet wurde Tom, daran besteht kein Zweifel. Er wurde aus einem Hinterhalt erschossen, die Kugel traf ihn in den Rücken. Er hatte nicht die geringste Chance.«

»Man fand keinen Anhaltspunkt?«

»Der Sheriff muss etwas herausgefunden haben. Er wollte sich mit mir treffen, doch dazu kam es nicht mehr. Wie schon gesagt, er verschwand spurlos und wurde nicht wieder gesehen. Ich war kurz danach in seinem Office und habe festgestellt, dass er sich nicht auf einen längeren Ritt vorbereitet hat. – Ein halbes Jahr ist seitdem verstrichen.«

»War er verheiratet, oder hatte er sonst Verwandte?«

»Er war Junggeselle. Ab und zu hat er Verwandte erwähnt, die irgendwo im Osten wohnen. Er sprach von einem Bruder und einer Schwester, doch er stand mit ihnen nicht in Verbindung. Sheriff Arthur Doyle liebte die Einsamkeit. Er war nicht ängstlich, wenn es galt, sich durchzusetzen. Er wurde erst unsicher, als das dunkle Spiel hier begann und es ihm nicht gelang, die Hintergründe aufzudecken. Solange er es mit klaren Fällen zu tun hatte, war es gut. Doch als sich Henry Dunn mit seiner rauen Horde in der Stadt einnistete, war er am Ende. Man machte ihn zum Narren. - Kennst du Dunn, Henry Dunn, den Rotbart?«, fragte William Crookes seinen Begleiter.

»Ich habe von ihm gehört.«

»Sicherlich nichts Gutes!«

»Wahrhaftig nicht, William«, gab Dan Lodge zu. »Er soll ein heißes Eisen sein, soll auch den Frauen nachstellen und vor nichts Hemmungen haben.«

»Ich kann bestätigen, dass er ein Teufel ist«, erklärte William Crookes rau. »Jeder geht ihm aus dem Weg. Er braucht nur in der Stadt zu sein, dann ducken sich die Menschen. Sie wagen dann kaum, ihre Häuser zu verlassen. Eigenartigerweise verhalten er und seine Leute sich in Carrington ruhig. Er scheint die Stadt als seine Festung zu betrachten.«

»Haben Dunn und seine Männer den Sheriff geduldet?«

»Sie machten ihn lächerlich, ja, sie verhöhnten ihn. Arthur Doyle konnte sich nicht gegen sie durchsetzen. Am meisten lachten sie darüber, dass er den Mörder Tom Baldanes nicht fand.«

»Hat Doyle einen Verdacht gehabt?«

»Sicher ist nur, dass er etwas herausfand, bevor er für immer verschwand. Vielleicht ist er tot und wurde irgendwo wie ein Hund verscharrt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er noch lebt. Zu machen ist jetzt auch nicht mehr viel, denn nach einem halben Jahr sind alle Spuren verweht.«

»Gehörte Red Saltmarsh zu den Kumpanen Henry Dunns?«

»Gewiss. Er war einer der schlimmsten Burschen in Dunns Gefolge. Henry Dunn scharte die übelsten Kerle um sich, die jemals unter der Sonne ritten. Wer seine Mannschaft sieht, dem verschlägt es die Sprache. Freund, du hast jetzt die ganze Bande gegen dich. Willst du trotzdem bleiben?«

»Ich denke, ja.«

»Dann musst du auf alles gefasst sein.«

»Auch die, die mich aufnehmen. Ich frage mich, ob Martha Baldane dafür stark genug ist.«

»Martha? Da kennst du das Mädchen schlecht!« Der Kleine grinste. »Eine Frau kann sich in einem Männerland wie diesem einfach alles erlauben. Sie kann dich einstellen und dir Schutz geben. Sie kann das tun, was einem Mann fast unmöglich wäre. Sie ist eine Frau, und hier beugen sich sogar Schufte vor einem weiblichen Wesen.« William Crookes hob sich in den Steigbügeln und beschattete die Augen, um besser sehen zu können. Die Pferde waren aus dem Wald herausgekommen und auf einen sanften Hang gelangt. Unten im Tal bewegte sich ein Reiter auf einem Schimmel. Dan wunderte sich. Pferde mit so heller Farbe waren in einem harten Land nicht gefragt. Das helle Fell eines solchen Tieres war schon auf große Entfernung zu erkennen. Der Schimmel dort im Tal war ein starkes Tier. Schon beim ersten Blick konnte man den arabischen Bluteinschlag erkennen. Er ging unter einem silberbeschlagenen Sattel, und das Zaumzeug sah man trotz der Entfernung funkeln und blitzen. Alles war von einer Protzigkeit, die Dan Lodge in Erstaunen versetzte. So auffällig wie das Pferd war auch der Mann, der es ritt. Zu einer roten Hose mit gelben Biesen trug der Reiter eine rote Samtjacke und einen flachkronigen gelben Stetson mit einem schwarzen Band. Vor seiner Weste baumelte eine Uhrkette aus schwerem Gold. Ein so ausstaffierter Mann hätte mindestens ein Dutzend schwerbewaffneter Reiter als Begleiter bei sich haben sollen. Doch der Bursche ritt allein, als gebe es nicht das Geringste für ihn zu befürchten.

»Wer ist das?«, fragte Dan Lodge.

William Crookes ließ sich im Sattel zurückfallen. Seine Finger kratzten durch den Filzbart.

»Das ist der Boss der Sternen Ranch, Don Broad. Er ist der reichste Rancher hier in der Gegend, ein Geldprotz und Angeber. Alle Frauen in der Stadt starren hinter diesem Kerl her. Dieser Stutzer macht kaum den Finger krumm und wird dennoch reicher und reicher. Schau dir nur seine Uhrkette an! So viele Nuggets sind an ihr befestigt, dass er sich mit ihnen die halbe Stadt kaufen könnte. Sicherlich ist er wieder einmal unterwegs, um Martha Baldane zu fragen, ob sie seine Frau werden möchte.«

»Das klingt ganz so, als habe er es schon einige Male versucht.«

»Stimmt, aber mit dem Ergebnis, dass er jedes Mal einen Korb bekam.

---ENDE DER LESEPROBE---