Die Todesfahrt der Baton Rouge - Larry Lash - E-Book

Die Todesfahrt der Baton Rouge E-Book

Larry Lash

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Beschreibung

Tom Fisher war ein berühmter Old-River-Man, bis ihn der Bürgerkrieg aus seinem bisherigen Leben auf dem Fluss riss. Gezeichnet von den Gräueln des Krieges, möchte Tom bei seiner alten Gesellschaft anheuern und wieder auf dem Missouri fahren. Doch sein alter Boss ist praktisch pleite, an die Wand gedrängt von der Grand-Dodge-Gesellschaft, die sich mit Gewalt und Brutalität die alleinige Herrschaft auf dem Fluss sichern möchte. Aus Loyalität erklärt sich Tom bereit, seinem alten Boss zu helfen. Als er sich unerkannt auf der ›Baton Rouge‹ einschifft, muss er erkennen, dass er es mit skrupellosen Verbrechern und habgierigen Halsabschneidern zu tun hat, denen kein Trick zu schmutzig ist, um die ehrbaren Missouri-Schiffer zu ruinieren. Fast alleine steht Tom einer Übermacht gegenüber.
Auf ihrer letzten Fahrt wird die ›Baton Rouge‹ sein Schicksal entscheiden, auch das einer ganzen Reihe hilfloser Passagiere …

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Larry Lash

 

 

Die Todesfahrt der

Baton Rouge

 

 

 

Western 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv 

Cover: © Steve Mayer, 2023 

Korrektorat: Falk Nagel

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

 

Das Copyright auf den Text oder andere Medien und Illustrationen und Bilder erlaubt es KIs/AIs und allen damit in Verbindung stehenden Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren oder damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung erstellen, zeitlich und räumlich unbegrenzt nicht, diesen Text oder auch nur Teile davon als Vorlage zu nutzen, und damit auch nicht allen Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs nutzen, diesen Text oder Teile daraus für ihre Texte zu verwenden, um daraus neue, eigene Texte im Stil des ursprünglichen Autors oder ähnlich zu generieren. Es haften alle Firmen und menschlichen Personen, die mit dieser menschlichen Roman-Vorlage einen neuen Text über eine KI/AI in der Art des ursprünglichen Autors erzeugen, sowie alle Firmen, menschlichen Personen , welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren um damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung zu erstellen; das Copyright für diesen Impressumstext sowie artverwandte Abwandlungen davon liegt zeitlich und räumlich unbegrenzt bei Bärenklau Exklusiv.

 

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Die Todesfahrt der ›Baton Rouge‹ 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

Der Autor Larry Lash 

Eine kleine Auswahl der Western-Romane des Autors Larry Lash 

 

Das Buch

 

 

 

 

Tom Fisher war ein berühmter Old-River-Man, bis ihn der Bürgerkrieg aus seinem bisherigen Leben auf dem Fluss riss. Gezeichnet von den Gräueln des Krieges, möchte Tom bei seiner alten Gesellschaft anheuern und wieder auf dem Missouri fahren. Doch sein alter Boss ist praktisch pleite, an die Wand gedrängt von der Grand-Dodge-Gesellschaft, die sich mit Gewalt und Brutalität die alleinige Herrschaft auf dem Fluss sichern möchte. Aus Loyalität erklärt sich Tom bereit, seinem alten Boss zu helfen. Als er sich unerkannt auf der ›Baton Rouge‹ einschifft, muss er erkennen, dass er es mit skrupellosen Verbrechern und habgierigen Halsabschneidern zu tun hat, denen kein Trick zu schmutzig ist, um die ehrbaren Missouri-Schiffer zu ruinieren. Fast alleine steht Tom einer Übermacht gegenüber. Auf ihrer letzten Fahrt wird die ›Baton Rouge‹ sein Schicksal entscheiden, auch das einer ganzen Reihe hilfloser Passagiere …

 

 

***

Die Todesfahrt der ›Baton Rouge‹

 

 

1. Kapitel

 

Wer zum Westen wollte, zog durch St. Louis. Allen denen, die die Prärie und die ferne Weite lockte, denen der Hunger nach Land und Abenteuern im Blut lag, denen, die den Trappern und Pelzjägern, Scouts und Pionieren folgten, diente die turbulente und grellbunte Stadt St. Louis als Ausgangspunkt für ihr Vorhaben. Yeah, dort wo sich der Missouri mit dem Mississippi vereinigte, lag nicht nur die Ausgangsbasis zum wilden Westen, nein, dort war auch der Treffpunkt der vielen dunklen Elemente. Hier trafen sich die Desperados, die Ranchers und Farmen überfielen, Schiffe kaperten und wilde Feuergefechte veranstalteten, yeah, hier in St. Louis begann das Bandenunwesen lange vor der Zeit der Goldgräber, lange noch bevor der rote Mann in die Reservation abwanderte und die wilde Romantik eines ganzen Erdteils erlosch.

Hier in St. Louis entstanden ungezählte Banden, hier wurde das geboren, was im weiteren Verlauf des Kampfes um den Westen eine so bedeutsame und tragische Rolle spielen sollte.

In St. Louis rauchten die Colts, und das Leben war keinen Pfifferling wert. Jahrzehnte war es so und auch an jenem denkwürdigen Tage, als Tom Fisher sich vom Kai löste, einen letzten Blick auf die trüben Wassermassen werfend, die zum Süden rollten.

Rechts und links lagen verträumt die bescheidenen Wohnboote vor Anker, schwankten leicht hin und her. Die Dämmerung löschte die zu harten Kontraste von Not und Elend auf diesen menschlichen Ansiedlungen und den Schönheiten der Natur. Yeah, manche dieser Boote schienen noch aus der Zeit zu stammen, als der unheimliche »Pluggy« und sein Partner, der grässliche Mordbrenner »Neunauge« nicht nur den Fluss und die Umgebung, sondern auch St. Louis in Angst und Schrecken versetzt hatten.

Tom Fishers Stirn runzelte sich, als er an diesen Namen und an die Vergangenheit dachte. Gewiss hatte sich im Grunde hier nur wenig geändert.

Was tat’s, dass die Radschaufeldampfer nicht mehr mit feierlich dröhnender Orgelmusik der Calliope die neuesten Mississippi-Schlager spielten! Was machte es aus, dass nur hin und wieder ein alter, vermorschter Kahn mit so einer grellbunten Orgel die schlammigen Wogen teilte! Geblieben waren die berühmt gewordenen Spirituals der Farbigen, die schwermütigen Melodien vom Mississippi und vom Old River, dem Vater aller Flüsse. Geblieben waren auch das Abenteuer und die Unsicherheit auf den Flüssen, und geblieben waren die schmutzigen Elemente, die Aasgeier, Desperados, Falschspieler und Killer.

Genau wie früher waren die Menschen bunt zusammengewürfelt, entweder schmierig oder elegant, alle jedoch voller Hoffnung auf eine bessere Zukunft oder mit dem Leben völlig fertig. Yeah, es hatte sich recht wenig geändert.

Wie früher brachten die Raddampfer die Passagiere hinunter nach den Weiten von Texas und hinauf in den kahlen Norden. Geblieben waren die Gefahren und die Sehnsucht nach der Feme.

Hin und wieder sah man auch einen wirklich echten Mann in der Schar der Vielen, die täglich St. Louis passierten. Vielleicht einen Westman, einen Digger oder Fallensteller, oder aber eine der prächtigen Cowboygestalten, nach denen gerade Tom besonders Ausschau hielt.

Nun, er selbst war Cowboy gewesen, bevor er sein Patent als Steuermann für den Old River machte und damit den Pferderücken mit den Schiffsplanken vertauschte. War es nicht im Grunde etwas Artverwandtes, was er sich einhandelte? War nicht auch der Schiffsleib ein lebendiges Tier?

Toms Augen wurden schmal. Er reckte sich in den Schultern und tastete nach seinem Colt, den er lose in der Hosentasche trug, spürte beruhigt die schwere Waffe in der Hand und schmunzelte seltsam vor sich hin. Ein Old-River-Man musste eine Waffe tragen, genau wie ein Cowboy; denn ein Mann, der sich dem Fluss verschrieben hatte, konnte ohne Waffe nicht lange leben. Hölle, war er überhaupt noch ein Mann vom Fluss?

Der Krieg war zu Ende, und er war heimgekehrt, um bei der alten Gesellschaft wieder in Dienst zu treten, und nun? Er betrachtete seinen abgenutzten Soldatenrock, die graue Uniform der Südarmee, von deren Glanz nichts geblieben war als ein schäbiger Rest. Es war kalt, und er fröstelte, zog sich den Mantel fester um den Hals. Die Dämmerung brachte Kühle und Nebel mit sich, legte sich beklemmend auf den Fluss.

Drei Dollar besaß er noch. Zu viel um zu sterben, zu wenig, um davon zu leben. Langsam entfernte er sich vom Ufer des Flusses und ging durch die Hafengassen, gleich einem Mann, dem eine schwere Last aufgebürdet worden war. Und doch! Tom Fisher war erst dreißig Jahre alt, also im besten Mannesalter. Er war hochgewachsen und hatte ein kantig geschnittenes Gesicht, in dem rotblonde Bartstoppeln standen. Und rotblond waren auch seine Brauen und das wellige Haar, das ihm unter der Krempe hervorlugte.

Stahlblau wirkten seine Augen, waren von einer intensiven Farbe, und man ahnte beim Anblick seiner athletischen Gestalt, dass er kein Gramm zu viel Fett am Körper hatte und nur aus Sehnen und Muskeln zu bestehen schien. By Jove, der Krieg hatte ihn geschmiedet, ein hartes Leben ihn so geformt, wie er nun war: schweigsam, verbissen, immer wach und bereit, sich nicht in eine Ecke drücken zu lassen.

Er schritt wie ein Mann daher, der einem bestimmten Ziel zustrebte. Er sah weder rechts noch links, ging geradenwegs an den grellgeschminkten Mädchen vorbei, die ihn ansprachen und ihm in den Weg zu treten versuchten, die aber ein Schimpfwort hinter ihm herschickten, als er ihnen höflich aber bestimmt Platz machte.

Von einem finsteren Burschen ließ er sich Feuer geben. Es war die letzte Zigarette, die er besaß. Die leere Packung warf er fort und rauchte genussvoll und langsam wie einer, der nicht recht weiß, ob es ihm möglich sein wird, in der nächsten Zeit wieder zu einem solchen Genuss zu gelangen.

Er ging an abgestellten Pferden, an lärmenden Männern, an Whiskyhöhlen, in denen selbst der Teufel Angst gehabt hätte, abzusteigen, vorbei und ließ die Vorratsschuppen, Silos und Laderampen hinter sich.

Überall brannten Laternen, gingen Menschen über die Bohlenplanken. Frauen und Männer, Arme und Reiche, Gesunde und Kranke, jeder hatte ein anderes Schicksal. Doch was kümmerte es ihn!

St. Louis, das wusste er aus Erfahrung, würde viele dieser Menschen verschlingen, und über alles hinweg würde das Leben brausen, rauschend und voller Klang, stürmisch bewegt, genau so, wie der männermordende Bruderkrieg zwischen Nord und Süd über die Menschen gefegt war. Und jetzt, da er kaum vorbei war, da er gerade aus der Gefangenschaft entlassen hier landete, musste er mit einem seltsam grimmigen Gemisch im Herzen es schlucken, dass niemand mehr groß davon sprach, yeah, dass es schon nahezu vergessen war.

Die Toten schwiegen. Die wahren Helden waren die Überlebenden, diejenigen, welche von der Geißel nicht getroffen worden waren, die ihre Arme und Beine gebrauchen konnten, die das höchste Gut, die Gesundheit, sich erhalten hatten.

Tom Fisher hob den Kopf höher und schob die Schultern vor. Er war bereit, all das, was hinter ihm lag, zu vergessen … die Schlachten, die Kämpfe, das Ende der Südarmee und die demütigende Gefangenschaft. Er war bereit, die verflossenen Jahre aus seinem Gedächtnis zu streichen, wollte nicht mehr davon berührt werden. Yeah, wenn auch die Narben der alten Verwundungen nach wie vor bei Wetterumschlag brennen würden, was machte das schon! Hollygee, das Leben ging weiter! Ein neues Schiff unter den Füßen, und dann … Yeah, ein neues Leben, so dachte er und hoffte, es bei der alten Firma, für die er früher gefahren war, zu finden.

Eine volle Stunde brauchte er, um zu dem halbverwitterten, hohen Haus zu gelangen, das er so gut in seiner Erinnerung behalten hatte, dass ihm sogleich die Anordnung der Räume der alten Ferris gegenwärtig war.

Eine Karbidlaterne brannte vor der Haustür. Von der Farbe des Hauses war nicht mehr viel übriggeblieben. Auch hier hatten die Jahre ihren Stempel aufgedrückt. Das wurde besonders sichtbar dort, wo Old Ferris früher seinen Blumengarten hatte und wo sich heute neue Häuser erhoben, die von dem Stil der dort üblichen Bauart abwichen.

Tom blieb stehen. Von dieser Begegnung mit dem alten Haus hatte er viele Jahre geträumt, und jetzt, da er davorstand, spürte er es wie Schwäche in sich aufsteigen.

Er war ein wenig mitgenommen und biss die Zähne fest zusammen. Die Zigarette schmeckte nicht mehr, und er warf sie fort. Yeah, obwohl es ihm leidtat, den Rest des ihm verbliebenen Tabaks auf die Straße zu schleudern, konnte er nicht anders.

Und seltsam! Gerade in diesem Moment ertönte vom Hafen her die Orgel eines alten, einlaufenden Dampfers in einer schwermütigen Weise, die leise, wie verweht, herüberkam, so, als wolle etwas für immer entschwinden. Seltsam, dass es ein Lied war, das Tom im Kriege immer wieder gesungen hatte.

 

Old River, ich komme wieder,

Wohin das Schicksal mich auch treibt.

Ich singe immer deine Lieder,

Und liegst du auch so weit, so weit …

 

Komisch, dass ein ausgewachsener Mann in seinem Alter und mit seinen Erlebnissen an solch einfachen Worten hängen konnte und dass der Song nicht aus seinem Gedächtnis ging! Er blieb haften wie ein Weihnachtslied, das man als Kind hörte und das immer wieder am Herzen rührte, selbst dann, wenn das Alter die Jugend vertrieb und nur die Erinnerung geblieben war.

Tom stellte unwillkürlich diesen Vergleich. Es kam ihm so in den Sinn und vielleicht nur deshalb, weil heute Heiliger Abend war. Man merkte zwar nicht viel davon in den Straßen von St. Louis. Diese tolle Stadt hatte keine Zeit zur inneren Einkehr, zur Besinnung und zu Gedanken des Friedens.

Er aber kehrte doch heim, oder …?

Was war das eigentlich für ein Wort: Heimat?

Als Kind hatte man ihn als einzig Überlebenden aus einem Treck geborgen, den die Comanchen überfallen hatten. Ein Rancher hatte ihn aufgenommen und mit seinen Söhnen erzogen. Und alles war gut, bis zu jenem Tag, als man den Rancher tot ins Haus trug und der Älteste der Söhne die Ranch übernahm. Von diesem Tag an gab es für ihn nichts mehr zu lachen.

Nein, er wollte nicht mehr daran denken, warum es zum Bruch kam und er auf den langen Trail ging. Er wollte das Andenken des Toten nicht durch unerquickliche Gedanken schmälern, denn er trug schließlich seinen Namen. Yeah, man hatte ihm den Namen gegeben, weil der Rancher es so gewünscht hatte.

Tom zögerte, in das alte Haus einzutreten. Er musste erst mit seinen Gedanken zu Ende kommen und mit sich selbst ins Reine gekommen sein. Der Krieg hatte ihn schwerfälliger gemacht, als er es von Natur aus war.

Es störte ihn keineswegs, dass ihn einige Passanten kritisch musterten, als er so dastand und die hellerleuchteten Fenster betrachtete. No, er fühlte sich weder beunruhigt noch nahm er es ihnen übel, mochten sie doch von ihm denken, was sie wollten. Er wurde sich bewusst, dass der Krieg ihn abgeschliffen und geformt hatte, ihm Lebenserfahrung und Reife gab.

Nachdem er den Stetson tiefer in die Stirn gezogen hatte, ging er quer über die Straße auf das Haus zu, über den Bohlensteig und die Veranda, hielt vor der mit Ornamenten geschmückten Tür an, setzte fast zögernd den Türklopfer in Bewegung. Hohl schwang die Glocke.

Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er die schlurfenden Schritte hörte, die sich der Tür näherten.

Dan Ferris’ Schritte!

All die Jahre hatte er sie nicht vergessen können. Sie hielten an. Ein Schlüssel drehte sich im Schloss, und langsam schwang die Tür nach innen auf. Im Halbdunkel des Korridors wurde der greise Kopf eines Mannes sichtbar.

»Sie wünschen?«

Kein Wunder, dass ihn Dan nicht erkannte, denn auch Tom hatte Mühe, dieses vergrämte Gesicht mit den müden Augen und dem verschleierten Blick als das von Dan Ferris zu erkennen.

Dan Ferris! By Gosh, wie sehr hatte sich dieser gütige Man gewandelt. Tiefe Schatten waren um seine Augen, und die krankhaft gelbe Gesichtsfarbe ließ auf ein Leber- und Gallenleiden schließen. Alles, was an den alten Dan Ferris erinnerte, war die sanfte, ruhige Stimme.

Da Tom nicht antwortete, kam Dan Ferris hinter der Tür hervor, schob die Nickelbrille in die Stirn, zwinkerte mit seinen kurzsichtigen Augen neugierig geworden den Besucher an. Etwas nagte und wühlte in Tom.

»Dan …!«

Nur den Namen des Mannes brachte er über die Lippen, den Namen des Mannes, der ihn einst wie einen Sohn in seiner Firma aufgenommen und auch so behandelt hatte.

Dans Augen weiteten sich plötzlich. Ein Beben lief über seine hagere Gestalt.

»Tom …!«, zitterte es in jähem Erkennen von seinen Lippen. »Du …Tom?« Wie ein Seufzer klang es. Er riss die Tür nun vollends auf, packte Tom an beiden Schultern. »Lass dich anschauen, Boy! … Ich werde verrückt, mein Junge! Du lebst, bist zurückgekommen! Dass ich das noch erleben durfte! Aber komm ins Haus!«, sprudelte er hervor und zog Tom in den schwach erleuchteten Korridor hinein, machte die Tür hinter sich zu, sah benommen in die Runde und sagte heiser: »Ich vergaß für einen Augenblick, dass mir das Haus gar nicht mehr gehört und ich hier nur noch geduldet bin, dass mir nur ein einziges Zimmer geblieben ist.«

Er schluckte schwer und senkte den Blick vor den Augen Toms, die sich überrascht weit öffneten und den Eindruck machten, als wollten sie jeden Moment aus den Höhlen fallen.

»Junge, ich weiß, dass es eine üble Methode ist, einen sehnlichst erwarteten Besuch so zu empfangen. Ich sollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, aber du hättest es ohnehin bald erfahren. Die alte Firma existiert nur noch auf dem Papier! Ah, schau nicht so düster drein, mein Junge! Ich habe wie die Südarmee den Krieg verloren und bin dabei, mit wehenden Fahnen unterzugehen. Yeah, es steht schlecht um die Firma, Tom Fisher.«

Er brach ab. Seine Schultern sanken herab, und er streckte die leeren Hände von sich. Die Bitterkeit umschattete seine Augen, machte sie düster, und eine maßlose Traurigkeit stieg darin auf.

Er drängte Tom nun durch die Tür in einen ärmlich eingerichteten Raum, in dem außer dem Ofen und einem Feldbett alles mit Regalen vollgestopft war und in dem eine chaotische Unordnung herrschte. Er drückte Tom in den einzigen Ohrensessel hinein, machte sich am Herd zu schaffen, erklärte: »Nur eine kleine Weile Geduld, mein Junge, und der Kaffee ist fertig. Höre, Tom, du hast nie geschrieben, nie etwas von dir hören lassen …«

Tom merkte, dass der Alte ihn von seinem eigenen Schicksal ablenken wollte und ging darauf ein.

»Nun, ich hatte schon immer eine Abneigung gegen das Schreiben und habe immer geglaubt, der Krieg ginge bald zu Ende. Yeah, und so kam es, dass du vergeblich auf Nachricht gewartet hast, Dan. Aber sicher hast du viel Post von Sam Ritter und Allan Nepole erhalten.«

»Im Anfang ja«, bestätigte Dan, ohne sich in seiner Arbeit stören zu lassen. »Ihr drei wart die besten in der Firma, und keiner kannte wie ihr den Old River bis in die kleinste, böse Stelle hinein. Sam Ritter fiel in den ersten Monaten des Krieges, und die Todesnachricht von Allan brachte mir seine Frau vor einem Jahr. Die Arme blieb mit fünf unmündigen Kindern in dieser Welt zurück. Ich habe für sie getan, was in meiner Macht stand, aber jetzt kann ich nicht einmal mehr mir selbst helfen.«

Er lachte rau und abgehackt. Ein Lachen, das Tom erschreckte, ihm fremd und unheimlich war. Nein, so hatte Dan Ferris nie früher gelacht. Es war etwas maßlos Trauriges darin, etwas, was an den Nerven zerrte.

»Weißt du, was im Kriege eine alte, gute Firma mit ihren besten Schaufeldampfern wert war? Ah, einen Fetzen Papier, mein Junge, und schon hatte der Staat sie einkassiert und ganz wie es ihm beliebte, als Blockadebrecher oder als Militärnachschubfahrzeuge eingesetzt. Die ›Chesterfield’ wurde zusammengeschossen und soff ab. Die ›Three Mountains‹ brannte aus, als ein Kessel explodierte und die ›Royal Springs‹ ist einfach verschwunden. Verstehst du das, mein Junge? Einfach nicht mehr aufzufinden, und an welche amtliche Stelle ich mich auch wende, man zuckt die Achseln, verspricht mir zu helfen, wenn ich selbst herausfinde, welches der vielen Schiffe die ›Royal‹ ist. Yeah, man mutet mir altem Mann zu, den Old River hinauf und herunter zu gondeln und festzustellen, wer mein bestes Schiff gekapert und die Aufbauten verändert hat. Yeah, obwohl ich alt und gebrechlich bin und fast am Stock gehe, mutet man mir zu, den Mann zu suchen, der sich Gregory Douglas nannte, den Mann, der die ›Royal‹ zuletzt führte und der ebenfalls verschwunden und unauffindbar ist. Ah, Sonny, ich bin zu alt für solch ein Unternehmen! Nur ein junger Mann hätte vielleicht Aussicht, etwas zu entdecken und herauszufinden, wo das Schiff geblieben ist. Yeah, ein junger Mann, der sich voll einsetzt und alle Strapazen und Härten auf sich nehmen würde, ohne dass er einen Cent dafür bekommt. So einen Mann jedoch gibt es nicht, Tom. Es tut mir leid, dass ich es dir sagen muss und du dich bei einer anderen Firma nach Arbeit umsehen musst. Ich bin gern bereit, dir ein Empfehlungsschreiben auszustellen für die Clay-Gesellschaft, die vielleicht einen guten Old-River-Man als Steuermann gebrauchen kann. Ich bin bereit, dich allen zu empfehlen, mehr kann ich nicht für dich tun, mein Junge. Und nun trink deinen Kaffee.«

Ah, der Kaffee war heiß und wärmte Tom wohlig auf. Er trank ihn in kleinen Schlucken, beobachtete dabei den alten Mann, der verloren vor sich hinsah und dessen schlanke Greisenhände die Tasse umfassten.

Die drückende Hitze im Raum ließ die Luft über dem Kamin vibrieren.

»Die ›Royal Springs‹ war mein Schiff«, sagte Tom nach einer kleinen Pause. »Ein Boot, das selbst hoch oben im Norden eine Chance hat. Es war das schnellste und schönste Schiff zugleich, und ich glaube, auch das letzte, das vor dem Krieg gebaut wurde. Ich würde es unter Tausenden heraus wiedererkennen und mag es noch so getarnt sein, denn Planke und Bohle, jede Schotte ist mir vertraut. Mag es sich auch äußerlich so verändert haben, dass man es nicht erkennen kann, die inneren Bauten werden sich kaum geändert haben, denke ich.«

»Wer aber will jedes Schiff daraufhin untersuchen?«, gab Ferris zur Antwort, »und wer möchte die Reise machen bis hoch in den Norden hinauf? Ich etwa? No, mein Junge, ich habe aufgegeben. Ich bin zu alt, um so ein Wagnis auf mich zu nehmen und jemand anderem kann man so etwas nicht zumuten.«

»Außer mir«, unterbrach ihn Tom ruhig.

Dan Ferris hob den Kopf, streckte das Kinn vor und musterte ihn eindringlich. »Ich habe solch ein Ansinnen nicht gestellt, mein Sohn«, stieß er rau hervor. »Schau, ich bin zu alt, und mein Leben geht sowieso zur Neige, du aber bist jung und kannst dir jeden Tag ein neues Leben aufbauen. Vergiss den alten Mann und seine Firma, die mit ihm unterging. Der Name Ferris ist auf dem Strom so gut wie ausgelöscht.«

»Oh, er wird neu erstehen, Fellow«, stieß Tom heftig hervor. »Die ›Royal Springs‹ kann nicht verlorengegangen sein. Ein solch stolzes Schiff wäre bei einer Katastrophe irgendwie gesichtet worden, und die Kunde davon wäre längst bis St. Louis gedrungen. By Gosh, Dan, ich werde nach der ›Royal‹ suchen, und ich werde nicht eher ruhen, bis ich sie gefunden habe.«

»Himmel und Hölle«, pfiff es von den Lippen des alten Mannes. Er schluckte schwer, sah sein Gegenüber fest an, und Tränen traten ihm in die Augen.

»Boy, wahrscheinlich wirst du erst versuchen, den Namen Gregory Douglas ausfindig zu machen. Nun, ich habe es auch versucht und nichts dabei erreicht. Meine Agenten waren zwar sehr rührig, aber es kostete mich ein kleines Vermögen. Doch eines weiß ich nun, und zwar, dass der Name Gregory Douglas nur ein Aushängeschild von dem Schurken war, der im Kriege die gute ›Royal Springs‹ übernahm. Jetzt ist es mir klar, dass dieser Kerl seinen Namen geändert hat, genauso, wie er den Namen meines Schiffes änderte.«

»Und du hast diesen Mann nie gesehen?«

»Doch, und zwar ein einziges Mal, als ich ihm die ›Royal‹ übergab.«

»By Gosh, kannst du dich nicht mehr entsinnen, wie dieser Mann aussah, Fellow?«, schnappte Tom aufgeregt.

By Gosh, er musste an sich halten, um seine Spannung zu unterdrücken. Dan Ferris legte die Stirn in Falten, schob mit dem Daumen die Nasenspitze hoch und zog die Brille herunter, starrte vor sich hin, sagte bedächtig: »Er war groß und verteufelt breit in den Schultern, hatte rot leuchtendes Haar und gelbe Augen. Well, es ist nicht viel, was ich von ihm sagen kann, und es reicht nicht aus, ihn zu finden, denn es gibt viele Männer auf dem Strom, auf die diese Merkmale zutreffen können, Buddy. Nein, lass lieber die Hände aus diesem Spiel, du verbrennst sie dir bestimmt.«

»Du kannst mich nicht von meinem Entschluss abbringen, Fellow. Ich werde nach der ›Royal‹ suchen. Du brauchst dir gar keine Mühe zu machen, mich umzustimmen, es ist zwecklos. Ich würde auch ohne deine Einwilligung handeln, Dan. By Gosh, immer werden Schiffe nach Norden fahren, und immer wird man Heizer brauchen, Matrosen.«

»Sonny, ich habe nie zu hoffen gewagt, dass sich eines Tages jemand für mich einsetzen wird, und ich habe auch nie daran gezweifelt, dass du irgendwo und irgendwann in diesem verheerenden Krieg gefallen bist, denn sonst hätte ich in der Tat meine letzte Hoffnung auf dich gesetzt. Doch ganz habe ich mich noch nicht verausgabt, Sonny. Ich werde dich mit allem versorgen und dir genug Geld mit auf den Weg geben, dass du existieren kannst. Ich werde dir auch alle Vollmachten ausstellen, die du brauchst, falls dir der Schurke in die Hände fällt. Aber ich rate dir, daran zu denken, dass er nicht allein sein wird, dass um ihn herum verteufelt düstere Gestalten versammelt sind, Kerle, die ihre Eisen zu gebrauchen wissen, wenn sie erst erkannt haben, in welcher Mission du erscheinst. Man wird dir das Schiff bestimmt nicht ohne Kampf zurückgeben. Yeah, du wirst mitten in eine Hölle hineinrasseln und wirst allen Mut zusammennehmen müssen. Denke daran, dass die Old-River-Desperados von einem besonders harten Schlag sind. Und wie, zum Teufel, willst du herausbringen, wo die dunklen Spuren beginnen, hm? Das Wasser hinterlässt keine Fährte.«

»Das lass nur meine Sorge sein, Dan!«, fiel ihm Tom ins Wort. »Margen fange ich mit meiner Arbeit an …«

»Morgen schon? By Gosh, hast du es aber eilig«, kam es überrascht von Dans Lippen. »Was ich in Jahren nicht schaffte, wird auch dir nicht so schnell gelingen, Tom. Ruhe dich erst aus und sei mein Gast, so lange du willst.«

»No, Oldman. Ich will keine Zeit verlieren.«

»Zum Teufel mit der Zeit! Heute bestimme ich, denn noch bin ich der Besitzer einer Gesellschaft, und wenn sie auch nur auf dem Papier steht, so hast du dich doch in ihre Dienste begeben. Zwei Tage brauchen wir mindestens, um über alles zu reden, um deine Ausrüstung zu besorgen und um einige Erkundigungen einzuziehen. Einen weiteren Tag werden wir dransetzen müssen, um Nepoles Frau und Kinder zu besuchen, und dann erst, Sonny, hast du meinen Segen und all meine besten Wünsche mit auf den langen Trail.«

Er ließ Tom nicht mehr zu Wort kommen. Die Freude hatte ihn völlig verändert, hatte seine Lebensgeister geweckt. Er lebte förmlich auf, seine Wangen glühten. Mit eigener Hand bereitete er nun das Essen und holte später einen alten Old-Crow aus dem Aktenregal.

»Trinken wir auf den Untergang oder den Neubeginn der Firma, Partner«, kam es von seinen Lippen. »Was meinst du?«

»Auf den Neubeginn natürlich, Old Fellow«, murmelte Tom, indem er das Glas ergriff und den alten Mann aus schmalen Augen musterte. Zum Teufel, warum nannte ihn Dan Ferris Partner?

Der alte Mann verstand den Blick und lächelte seltsam.

»No, ich habe mich nicht versprochen, Tom. Die neue Firma gehört zu fünfzig Prozent dem Teilhaber Tom Fisher. Wie gefällt dir das, mein Junge?«

Tom konnte weder schlucken noch antworten. Heiß stieg es ihm in die Augen. By Gosh, yeah, er war heimgekehrt, wurde mit echter Liebe empfangen.

 

 

2. Kapitel

 

Es waren knapp vierundzwanzig Stunden vergangen, als er Ferris verlassen hatte, und schon bewegte er sich in einem Strom der beklagenswerten Überreste einer geschlagenen Armee, Gefangenen, die gerade entlassen worden waren und auf ihren Feldmützen die gekreuzten Säbel trugen, Texaner, die zum Süden wollten.

Kurz vor dem Kai scherte er aus ihrer Formation aus und trat zur Seite. Nicht ein einziger von den Boys hatte in ihm einen Schicksalsgenossen erkannt. Nicht ein einziger hatte in Tom, der inzwischen in Cowboykleidung geschlüpft war, einen der Ihren gesehen. Für sie war er irgendeiner der langbeinigen Kuhtreiber, die das Abenteuerleben in St. Louis angezogen hatte.

Tom packte sein Bündel fester und starrte dem Zug grauer Gestalten nach, der über das Fallreep auf einen uralten Radschaufeldampfer stieg. Mann um Mann, bis auch der letzte das Schiff betreten hatte.

»Arme Teufel«, sagte eine Stimme neben Tom. »Sie wissen nicht, was sie in der Heimat erwartet.«

Tom sah zur Seite und erblickte einen in einem verrußten Overall steckenden Kerl neben sich stehen, der ihn neugierig musterte.

»Du kommst wohl aus dem Süden, Freund?«, forschte Tom. Der andere spuckte seinen Kautabak zur Seite, sagte:

»No, ich komme aus dem Norden, aber man weiß doch Bescheid, was unten im Süden los ist! Eine geschlagene Armee, ein geschlagenes Land! Es wird einige Zeit dauern, bis es sich von der Niederlage erholt hat und sich wieder in das allgemeine normale Leben einfindet. By Gosh, man hört doch genug davon! Im Süden nagen sie am Hungertuch. Schau dir doch nur die vielen Menschen an, die zum Norden wollen, um dort ihr Glück zu versuchen.«

Tom sagte ihm nicht, dass er die Härte des Krieges am eigenen Leibe erfahren hatte, dass er an und für sich zu den armen Teufeln gehörte, die ihr Glück im Norden suchten. No, er schwieg und betrachtete den Mann genauer, überlegte scharf, wann er mit seinen Nachforschungen anfangen wollte. Hier war die beste Gelegenheit gebeten, hier bei diesem Heizer aus dem Norden.

»Mir brennt die Kehle«, sagte er mit einer sonderbaren Betonung, aus der eine indirekte Aufforderung zu einem Drink herausgehört werden konnte. »Und außerdem macht mich der Anblick von so viel Wasser immer durstig«, fügte er hinzu.

»Ich kenne das Gefühl«, lächelte der zahnlose Heizer freudig. »Ich habe mir immer gewünscht, dass der Bach dort nur aus Whisky bestehen würde, sodass man in einem fort trinken könnte.

---ENDE DER LESEPROBE---