Hyperfocus - Chris Bailey - E-Book

Hyperfocus E-Book

Chris Bailey

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Beschreibung

Immer mehr Menschen fühlen sich überfordert von immer mehr To-dos und immer weniger Zeit. In der Konsequenz wird es immer schwieriger, sich darauf zu konzentrieren, Aufgaben zufriedenstellend und effizient zu einem Ende zu bringen. In seinem Buch liefert Chris Bailey einen praktischen Weg, um Aufmerksamkeit gezielt zu bündeln. Er zeigt, wie man sich eine produktivere Umgebung schafft und wie man lernt, Prioritäten richtig zu setzen. Die Kunst dabei ist es, sich im richtigen Moment zu fokussieren oder aber, wenn es nötig ist, den Geist schweifen zu lassen. Richtig umgesetzt, schafft man so seine Vorhaben – und vieles mehr!

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Chris Bailey

Hyperfocus

Chris Bailey

Hyperfocus

Wie man weniger arbeitet und mehr erreicht

Übersetzung aus dem Englischen von Almuth Braun

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

2. Auflage 2022

© 2019 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

© der Originalausgabe 2019 by Chris Bailey.

Die englische Originalausgabe erschien 2018 bei Viking, einem Imprint der Penguin Publishing Group, einer Abteilung von Penguin Random House, unter dem Titel Hyperfocus.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Almuth Braun, Costa Rica

Redaktion: Monnika Spinner-Schuch, Bad Aibling

Umschlaggestaltung: Marc Fischer, München

Umschlagabbildung: Chris Bailey & Sinisa Sumina

Satz: Röser Medienhaus, Karlsruhe

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-86881-747-8

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96267-106-8

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96267-107-5

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.redline-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Für Ardyn

INHALT

Kapitel 0 WARUM FOKUSSIERUNG WICHTIG IST

Kapitel 0,5 WIE SIE SICH BESSER AUF DIESES BUCH KONZENTRIEREN

TEIL IHYPERFOKUSSIERUNG

Kapitel 1 HÖREN SIE AUF, MECHANISCH ZU HANDELN

Kapitel 2 IHRE AUFMERKSAMKEIT HAT GRENZEN

Kapitel 3 DIE MACHT DER HYPERFOKUSSIERUNG

Kapitel 4 WIE SIE ABLENKUNGEN VERMEIDEN

Kapitel 5 WIE HYPERFOKUSSIERUNG ZUR GEWOHNHEIT WIRD

TEIL IISTREUFOKUSSIERUNG

Kapitel 6 DER VERBORGENE KREATIVMODUS IHRES GEHIRNS

Kapitel 7 WIE SIE IHRE AUFMERKSAMKEITSFÄHIGKEIT REGENERIEREN

Kapitel 8 WIE SIE VERSTREUTE INFORMATIONEN ZU NEUEN KONZEPTEN VERKNÜPFEN

Kapitel 9 WIE SIE NEUE INFORMATIONEN SAMMELN

Kapitel 10 WIE HYPERFOKUSSIERUNG UND STREUFOKUSSIERUNG ZUSAMMENWIRKEN

Danksagung

Über den Autor

Anmerkungen

Kapitel 0

WARUM FOKUSSIERUNG WICHTIG IST

Aufmerksamkeit ist immer und überall

Ich schreibe diese Worte vor dem Hintergrund des Geräuschs klappernder Bestecke und gedämpfter Unterhaltungen in einem kleinen Restaurant in Kingston, Ontario, Kanada.

Ich habe schon immer gerne Leute beobachtet. Da gibt es so viel zu sehen – wie sie sich kleiden, wie sie gehen, wie sie sich unterhalten, und wie sie sich verhalten, wenn sie alleine oder in Begleitung sind. In einem vollen Café oder einem kleinen Restaurant wie diesem macht es Spaß zu sehen, wie Persönlichkeiten aufeinandertreffen wie Moleküle in einem Beschleuniger; zu beobachten, wie sich das Verhalten eines Typen verändert, der sich bis eben mit einem anderen Mann unterhalten hat und nun mit der Kellnerin spricht; wie sich das Verhalten der Bedienungen an jedem Tisch ändert, sich hier an eine Großfamilie und dort an ein junges Paar anpasst.

Mithilfe der Fokussierung auf andere Menschen habe ich viele Beobachtungen darüber anstellen können, auf welche Dinge diese Leute fokussieren. Wir fokussieren ständig auf irgendetwas, selbst wenn wir in uns gekehrt unseren eigenen Gedanken nachgehen. Doch nun wollen wir den Blick durch das Restaurant schweifen lassen.

Zuerst richte ich meine Aufmerksamkeit auf die beiden jungen Damen in den Zwanzigern, die am Tisch zu meiner Linken sitzen und sich hauptsächlich auf ihre Smartphones konzentrieren statt aufeinander. Zwischen den Intervallen, in denen sie eifrig Textnachrichten tippen, werfen sie ihre Smartphones mit dem Bildschirm nach unten auf den Tisch. Das erscheint als eine ziemlich sinnlose Geste, da kaum 30 Sekunden vergehen, bis sie die Telefone wieder in die Hand nehmen. Wenngleich ich nicht jedes Wort verstehen kann, kann ich erkennen, dass sich die Unterhaltung, die sie führen könnten, gerade eben an der äußersten Oberfläche bewegt. Zwar haben sie sich physisch getroffen, ihre Aufmerksamkeit ist aber woanders.

Oder nehmen wir das Paar am anderen Ende des Raums. Sie sind in eine Unterhaltung vertieft, die von heißem Kaffee und Buttermilchpfannkuchen begleitet wird. Als sie hereinkamen, plauderten sie relativ ruhig miteinander, doch schon bald wurde ihre Unterhaltung lebhafter. Anders als die jungen Damen hat sich das Paar aufeinander konzentriert, sobald beide Platz genommen hatten.

Dann ertönt ein eingängiger Song von Ed Sheeran aus den Lautsprechern des Restaurants, und meine Aufmerksamkeit wandert zu den beiden Typen, die einige Tische von dem besagten Paar entfernt sitzen. Einer von beiden klopft mit dem Schuh verstohlen den Rhythmus mit, während sein Freund bestellt. Der Schuhklopfer verteilt seine Aufmerksamkeit vermutlich auf drei Dinge: den Song, die Bestellung seines Freundes und seine eigene Frühstückswahl. Nachdem er sich für »Drei Eier Express« entschieden hat und der Kellner ihn fragt, wie er seine Eier zubereitet haben möchte, richtet er seine Aufmerksamkeit nach innen und scheint sich in Erinnerung zu rufen, wie er sie normalerweise isst. Er bestellt Rühreier.

An der Bar sitzen einige Fremde und plaudern miteinander, während sie die Highlights des Football-Spiels vom Abend zuvor anschauen. Ich finde es besonders faszinierend, dass Millionen von Menschen auf der ganzen Welt, einschließlich dieser drei Männer, auf ein elf Zoll großes Stück gegerbtes Rindsleder fixiert sind. Während ich sie beobachte, legt einer der Männer gedankenverloren seinen Kopf schief. Und dann, so als laufe eine Schockwelle durch seinen Körper, beeilt er sich, eine Idee auf seinem eingesteckten Notepad zu notieren. Während er seinen Gedanken und den Football-Highlights nachhing, traf ihn völlig unverhofft ein Gedankenblitz. Er hatte eine Erleuchtung.

Oder nehmen Sie mich, wie ich hier mit meinem Laptop sitze. Heute Morgen, während ich an meinem Kaffee nippe und Bratkartoffeln knabbere, ist es mir gelungen, mich intensiver auf meine Arbeit zu konzentrieren, und ich habe mehr Energie zu verbrennen. Meine Morgenmeditation mag geholfen haben – ich habe festgestellt, dass ich mehr Worte schreiben kann, wenn ich dieses Ritual verfolge (nach meinen Berechnungen 40 Prozent mehr). Mein Telefon habe ich zu Hause gelassen, damit ich ungestört schreiben kann und meine Gedanken auf dem Spaziergang zum Restaurant zur Ruhe kommen und wandern können. Wie ich später erklären werde, besteht eine der wirksamsten Methoden zur Entwicklung neuer und innovativer Ideen darin, sich geistig auszuklinken. Die Musik, die aus den Lautsprechern im Restaurant erklingt, ist eingängig, aber nicht so aufmerksamkeitsstark, dass sie mich ablenkt. Ich bin allerdings auch nicht wegen der Musik hier und habe dieses Restaurant statt meines Lieblingscafés gewählt, weil es hier kein Wi-Fi gibt. Die ständige Konnektivität ist eine der schlimmsten Störfaktoren für unsere Konzentration und Produktivität. Wie die letzten Absätze demonstrieren, bin ich ein wenig von der Umgebung und den Menschen um mich herum abgelenkt, aber beides dient als gutes »Futter« für diese Einleitung.

Die Restaurantszenerie ist eine gute Illustration der Erleuchtung, die ich vor einiger Zeit hatte: Aufmerksamkeit ist immer und überall. Sobald man sie sieht, kann man sie nicht mehr ignorieren. Jedes Lebewesen auf diesem Planeten ist in jedem beliebigen Moment auf irgendetwas fokussiert, ob es das Frühstück, die Arbeit oder die Freizeit mit der Familie ist. Aufmerksamkeit ist die Hintergrundkulisse, vor der wir unser Leben leben, egal wohin wir gehen und was wir tun, selbst wenn wir lediglich unsere eigenen Gedanken verfolgen.

Ich habe schon vor einigen Jahren damit begonnen zu erforschen, wie wir nicht nur besser fokussieren, sondern auch klarer denken können. Wenngleich es schwerfällt, das zuzugeben, vor allem einem Menschen, der sich seine Brötchen als »Produktivitätsexperte« verdient, fiel mir meine eigene Ablenkbarkeit auf, die mit der wachsenden Zahl meiner technischen Geräte stetig zunahm. Nie war ich so beschäftigt und habe doch so wenig erledigt. Ich war vor Langeweile und mangelnder Stimulierung unruhig geworden und versuchte, so viel in jeden Augenblick hineinzupacken, wie nur irgend möglich. Ich wusste, dass mein Gehirn nie gut funktionierte, wenn ich versuchte, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, aber ich fühlte mich dennoch zum Multitasking gezwungen. Mit geöffnetem E-Mail-Programm und dem Smartphone neben mir zu arbeiten, war einfach attraktiver, als zu versuchen, sich auf ein oder zwei simple Dinge zu konzentrieren. Für mich ist dieses Buch aus reiner Notwendigkeit entstanden: Ich habe es geschrieben, weil ich es gebraucht habe.

Wenn ich von einer neuen Idee begeistert bin, bestelle ich üblicherweise Dutzende von Büchern über dieses Thema und tauche dann ganz darin ein. Fokussierung ist meine jüngste Faszination. Das beinhaltet die Fragen, wie wir am besten mit äußeren und inneren Ablenkungen umgehen, wie wir ein effektiveres Multitasking betreiben – falls möglich (das ist es), wie wir unseren inneren Schweinehund überwinden und uns auf Dinge konzentrieren, die wir gerne vor uns herschieben, und auch, wie wir geistig besser abschalten, sodass wir uns wirklich entspannen und neue Energie tanken können. Bei meiner Lektüre bin ich auf einen Berg neuer Informationen gestoßen – Ratschläge (oft widersprüchliche), die zwar nett zu lesen waren, mir aber nicht geholfen haben, meine Arbeit und mein Leben insgesamt zu verbessern.

Dann beschäftigte ich mich mit wissenschaftlicher Forschung und arbeitete mich durch Unmengen von Studien und Dokumentationen aus vielen Jahrzehnten, die sich der Frage widmeten, wie man zu fokussieren lernt.1 Mit der sorgfältigen Lektüre einer jeden Studie, die ich in die Hände bekam, wurde der »Fokus«-Ordner in meinem Computer immer praller. Ich sammelte Zehntausende von Aufzeichnungen und begann, daraus die taktischen Lektionen mit dem größten Praxiswert zu destillieren. Und dann begann ich selber mit der Forschung zu experimentieren, um zu sehen, ob ich meine Fokussierung steuern konnte.

Was ich entdeckte, veränderte nicht nur vollkommen meine Arbeitsweise, sondern meine gesamte Lebensführung. Ich begann, Fokussierung nicht mehr nur als ein Element zu betrachten, das einen Beitrag zu meiner Produktivität leistet, sondern auch als einen Faktor für mein Wohlbefinden insgesamt. Überraschenderweise lernte ich dabei, dass eine der besten Methoden zur Förderung meiner Kreativität und Produktivität darin bestand, zu lernen, wie man loslässt. Indem ich meine Gedanken wandern ließ und meine Aufmerksamkeit auf nichts Spezifisches richtete – wie ich es auf meinem Weg in das Restaurant in Kingston getan habe –, gelang es mir besser, verschiedene verstreute Ideen miteinander zu verknüpfen und zu neuen Konzepten zu entwickeln.

Außerdem stellte ich fest, dass wir heutzutage mit größeren und vielfältigeren Ablenkungen konfrontiert sind, als in der gesamten Menschheitsgeschichte. Studien zeigen, dass wir durchschnittlich nur 40 Sekunden am Computer arbeiten können, bevor wir entweder abgelenkt oder unterbrochen werden.2 (Es erübrigt sich zu erwähnen, dass wir weitaus bessere Arbeit leisten, wenn wir uns länger als 40 Sekunden auf eine Aufgabe konzentrieren können.) Wohingegen ich Multitasking einst als stimulierende Arbeitsform betrachtete, sehe ich es heute als eine Falle der ständigen Unterbrechungen. Wenn wir versuchen, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen, stellen wir uns selbst ein Bein, da wir uns selber davon abhalten, irgendeine bedeutungsvolle Aufgabe zu Ende zu bringen. Und ich stellte fest, dass wir mit der intensiven Konzentration auf eine einzige wichtige Sache – die Hyperfokussierung – unsere Produktivität maximieren können.

Vor allem begann ich, Aufmerksamkeit als wichtigstes Element einer gesteigerten Produktivität, Kreativität und Zufriedenheit zu betrachten – beruflich und privat. Wenn wir unsere begrenzte Aufmerksamkeit intelligent und bewusst einsetzen, fokussieren wir intensiver und denken klarer. Das ist in der heutigen Welt, in der wir so oft geistig anstrengende Wissensarbeit in einer Umgebung der Reizüberflutung und ständigen Ablenkung leisten müssen, eine unabdingbare Fähigkeit.

Dieses Buch begleitet Sie auf meiner Erkundungstour zum Thema Fokussierung. Auf dieser Tour werde ich nicht nur die faszinierenden Dinge mit Ihnen teilen, die ich dabei erfahren habe, sondern Ihnen auch zeigen, wie Sie diese Ideen in Ihrem eigenen Leben anwenden können (ich habe sie alle ausprobiert). Die Forschungsergebnisse über Produktivität sind großartig, aber ziemlich nutzlos, wenn Sie nicht danach handeln. In dieser Hinsicht betrachte ich Hyperfocus als eine Art »wissenschaftlichen Ratgeber«, der die faszinierende Forschung hinter der Art und Weise, wie wir fokussieren, erkundet und diese Erkenntnisse in Praktiken übersetzt, die Sie in Ihrem Alltag umsetzen können, damit Sie Ihre Aufmerksamkeit besser steuern und produktiver und kreativer werden können. Diese Ideen haben bereits ein Leben (meines) verändert, und ich weiß, dass sie auch Ihr Leben verändern können. Oberflächlich betrachtet wirken die Ergebnisse ein wenig wie Zauberei, aber das gibt sich, sobald Sie die Tricks kennen.

Kapitel 0,5

WIE SIE SICH BESSER AUF DIESES BUCH KONZENTRIEREN

Die Lektüre dieses Buches ist Ihre erste Chance, Ihre Fokussierung zu testen. Je größer die Aufmerksamkeit, die Sie ihm widmen, desto größer der Nutzen, den Sie daraus ziehen werden. Lassen Sie uns mit einer praktischen Anwendung beginnen, nämlich den sieben Wegen, sich beim Lesen stärker zu konzentrieren.

Zunächst aber eine kurze Anmerkung. Wenn ich eine Sache aus meinen Untersuchungen gelernt habe, dann, dass Produktivität etwas Höchstpersönliches ist. Jeder hat seine individuelle Beschaffenheit und seine eigenen Routinen, daher werden sich nicht alle Produktivitätstaktiken ohne Weiteres auf Ihr Leben anwenden lassen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass Sie den einen oder anderen Ratschlag möglicherweise nicht anwenden möchten. Experimentieren Sie mit möglichst vielen Taktiken und übernehmen Sie diejenigen, die sich für Sie bewähren.

1. Legen Sie Ihr Smartphone außer Sichtweite

Wenn Sie auch nur den geringsten inneren Widerstand gegenüber einer Aufgabe empfinden, wird ihr Gehirn nach anderen Dingen Ausschau halten, auf die es sich konzentrieren kann. Das Smartphone ist ein ausgezeichnetes Beispiel, denn es bietet einen endlosen Strom an wunderbar portionierten Informationshäppchen, die unser Gehirn bequem konsumieren kann.

Wie ich später darlegen werde, lassen sich Ablenkungen und Unterbrechungen um ein Vielfaches leichter abwenden, bevor sie zu einer Versuchung werden. Betrachten Sie Ihr Smartphone als das, was es in Wirklichkeit ist: ein produktivitätsfressendes schwarzes Loch, das in Ihrer Tasche lauert. Um sich auf dieses Buch zu konzentrieren, empfehle ich, dass Sie Ihr Smartphone in einem anderen Zimmer lassen. Möglicherweise braucht Ihr Gehirn einige Minuten, um sich daran zu gewöhnen, dass Ihr Telefon oder Pad nicht an Ihrem Gürtel hängt oder in Ihrer Tasche steckt, aber glauben Sie mir, es lohnt sich, diesen anfänglichen inneren Widerstand zu überwinden. Es ist nie gesund, von irgendetwas abhängig zu sein – dazu gehören auch metallglänzende, rechteckige, elektronische Geräte.

Hier ein unterhaltsames Experiment, um sich näher mit dieser Idee zu beschäftigen: Achten Sie ein oder zwei Tage lang darauf, wie oft Sie instinktiv Ihr Smartphone hervorholen. Wie fühlen Sie sich dabei, und was zwingt Sie innerlich, Ihr Telefon ständig zu überprüfen? Versuchen Sie, sich während einer längeren Aufzugfahrt abzulenken? Ist es eine Vermeidetaktik, um einer langweiligen Aufgabe aus dem Weg zu gehen, wie zum Beispiel Ihr Quartalsbudget zu aktualisieren? Wenn Sie notieren, wie oft Sie instinktiv nach Ihrem Telefon greifen, werden Sie Erkenntnisse darüber gewinnen, welche Aufgaben Sie am meisten scheuen, und was Sie in diesen Momenten empfinden.

2. Achten Sie auf Ihre Umgebung

Blicken Sie auf, und sehen Sie sich um: Wo lesen Sie dieses Buch? Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie sich bei der Lektüre ablenken oder unterbrechen lassen, und gibt es einen Ort, an dem Sie diese Ablenkungen vermeiden könnten? Oder lesen Sie in einer Umgebung, über die Sie keine Kontrolle haben, zum Beispiel im Zug oder in der U-Bahn?

Ihre Umgebung zu verändern, ist einer der besten Wege, um Ihre Konzentration zu fördern. Die Umgebungen, die der Konzentration am förderlichsten sind, sind diejenigen, die die geringsten Ablenkungen und Unterbrechungen bieten. Falls möglich, begeben Sie sich an einen solchen Ort – sei es ein Café in Ihrer Straße, eine Bibliothek oder einen stilleren Raum in Ihrer Wohnung.

3. Erstellen Sie eine Ablenkungsliste

Ablenkungen gibt es immer, selbst wenn es Ihnen gelingt, einen Leseplatz in einem japanischen Zen-Garten zu finden und Ihr Smartphone weit weg ist. Und nicht immer sind äußere Ablenkungen schuld; denken Sie an die inneren Ablenkungen, zum Beispiel wenn Ihr Gehirn Sie daran erinnert, dass Sie einkaufen müssen.

Immer wenn ich mich konzentrieren muss, wende ich die beiden zuvor genannten Taktiken an und nehme Papier und Bleistift mit. Auf dem Papier notiere ich jeden ablenkenden Gedanken, der sich seinen Weg in mein Bewusstsein bahnt – Dinge, die ich erledigen oder nicht vergessen darf, neue Ideen und so weiter.

Wenn Sie während der Lektüre eine Ablenkungsliste führen, können Sie die wichtigen Dinge festhalten, die in Ihr Bewusstsein dringen. Wenn Sie sie aufschreiben, stellen Sie sicher, dass Sie sie nicht vergessen, sodass Sie sich wieder ganz auf die Lektüre konzentrieren können.

4. Fragen Sie sich, ob das Buch die Lektüre lohnt

Mit vielen Dingen beschäftigen wir uns aus reiner Gewohnheit, ohne ihren Wert zu hinterfragen – das gilt auch für Bücher. Nehmen Sie sich die Zeit, um Ihre Routinebeschäftigungen auf den Prüfstand zu stellen. Eine Taktik, die ich hilfreich finde, besteht darin, die Beschreibungen von Büchern, Fernsehsendungen, Podcasts und anderen Dingen als »Werbung« um unsere Zeit und Aufmerksamkeit zu betrachten. Fragen Sie sich: Werden Sie, nachdem Sie Zeit in diese Dinge investiert haben, damit zufrieden sein, wie Sie Ihre Zeit und Aufmerksamkeit verbracht haben?

Sie sind nicht nur, was Sie essen, Sie sind auch, womit Sie sich beschäftigen. Aufmerksamkeit ist ein knappes Gut und die wichtigste Zutat für ein gutes Leben. Sorgen Sie also dafür, dass alles, womit Sie sich beschäftigen, auch den Aufwand wert ist. Wie ich später noch ausführlich darlegen werde, können Sie jeden Tag zusätzliche Stunden gewinnen, wenn Sie sich bewusst machen, womit Sie sich beschäftigen.

5. Nehmen Sie Koffein zu sich, bevor Sie mit der Lektüre beginnen

Falls es nicht zu spät ist – unser Stoffwechsel braucht acht bis 14 Stunden, um Koffein abzubauen –, überlegen Sie sich, ob Sie neben der Lektüre nicht einen Kaffee oder Tee trinken wollen.3 Koffein liefert einen wertvollen Konzentrationsschub, und auch wenn diese Energie später am Tag, wenn das Koffein abgebaut ist, absackt, ist es das oft wert. Koffein steigert Ihre geistige und körperliche Leistung auf praktisch jede messbare Art und Weise.Nutzen Sie diesen Energieschub klug, um an einer wichtigen Aufgabe zu arbeiten oder dieses Buch zu lesen.

6. Arbeiten Sie mit einem Stift oder Textmarker

Es gibt zwei Methoden, Informationen aufzunehmen: passiv und aktiv. Eine meiner (vielen) Angewohnheiten, die meine Verlobte nervt, besteht darin, aus jedem Buch die erste Seite herauszureißen und als Lesezeichen zu verwenden. (Sie behauptet, das sei ein Sakrileg; ich dagegen sage, dass es in der Buchhandlung noch viele weitere Exemplare desselben Buches gibt.) Und das ist nur der Anfang der Misshandlung: Ich lese außerdem mit einem Textmarker und einem Stift, damit ich Notizen im Buch machen oder Sätze unterstreichen kann. Die Zahl der Unterstreichungen und Randbemerkungen gibt Aufschluss darüber, wie sehr mir das Buch gefallen hat. Wenn ich es durchgelesen habe, gehe ich es noch einmal durch, lese aber nur die unterstrichenen Passagen, damit ich die wichtigsten Textstellen wirklich gut verarbeiten kann. Und wenn ich kann, nerve ich jemanden in meiner Nähe und erzähle dieser Person davon. Auf diese Weise kann ich den Text noch intensiver verarbeiten.

Ich hoffe, dass Sie bei der Lektüre dieses Buches viel unterstreichen und hervorheben, die besten Ideen daraus mitnehmen und sich einprägen, um später danach zu handeln. Wenn Sie sich viele Notizen gemacht haben, habe ich ein gutes Buch geschrieben. (Bitte senden Sie mir ein E-Mail mit dem Bild Ihres fertigen Kunstwerks – ich würde es sehr gerne sehen. Meine E-Mail-Adresse und weitere Kontaktdaten befinden sich auf der Buchrückseite.)

7. Wenn Sie merken, dass Ihre Konzentration nachlässt …

Ihre Konzentrationsfähigkeit ist nicht unbegrenzt. Zwar können Sie Ihre Aufmerksamkeitsspanne verlängern, aber irgendwann lässt Ihre Konzentration nach. Das merken Sie oft daran, dass Ihre Gedanken beginnen, von der Lektüre abzuwandern. Das ist völlig normal und menschlich. Und wie wir später sehen werden, kann das Wandern der Gedanken sehr wirkungsvoll sein, wenn wir richtig damit umgehen und die geistige Entspannung gewinnbringend nutzen.

Wenn Sie merken, dass Ihre Konzentration nachlässt, empfehle ich Ihnen einstweilen, das Buch einige Minuten wegzulegen und sich einer Sache zu widmen, die keine Konzentration erfordert, zum Beispiel Geschirr abwaschen, Leute beobachten oder putzen. Das hilft Ihnen, Ihre Konzentrationsfähigkeit aufzufrischen. Anschließend können Sie sich wieder der Lektüre widmen. Und so, wie Sie neben Ihrer Lektüre eine Ablenkungsliste führen, achten Sie auch darauf, dass Sie einen Platz haben, um die Ideen festzuhalten, die Ihnen während Ihrer Konzentrationspause einfallen.

TEIL I

HYPERFOKUSSIERUNG

Kapitel 1

HÖREN SIE AUF, MECHANISCH ZU HANDELN

Der Autopilot-Modus

In diesem Augenblick besteht eine gute Chance, dass Sie auf dieses Buch fokussiert sind. Aber wie sind Sie darauf gekommen? Wenn ich die Bücher in meiner Bibliothek betrachte, muss ich sagen, dass ich von den meisten über die Empfehlung von Freunden, Podcasts des jeweiligen Autors oder meine Vorliebe für ähnliche Bücher erfahren habe. Die meisten von uns überlegen sich nicht ganz genau, welchen Aspekt ihres Lebens sie verbessern wollen, bevor sie sich für ein Buch entscheiden, das sich mit diesem Thema beschäftigt. Oft wählen wir ein Buch aus, weil bestimmte Ereignisse zusammentreffen.

Nehmen wir zum Beispiel das letzte Buch, das ich gelesen habe. Eines Tages saß ich in einem Taxi, und der Fahrer hatte das Radio an. Ich hörte ein Interview mit dem Autor. Später twitterte ein Freund zweimal über dieses Buch. Die vielen Erwähnungen desselben Titels brachten mich schließlich dazu, es zu kaufen. Der ganze Prozess war alles andere als eine bewusste, geplante Entscheidung.

Meistens ist es gut, dass wir nicht alles, was wir tun, und jede unserer Entscheidungen minutiös planen. Ich traf die Serie an Entscheidungen, die zum Kauf vieler meiner Bücher führten, in einer Art Autopilot-Modus. Dieser Zustand ermöglicht uns, die vielfältigen Anforderungen des Lebens zu bewältigen. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie müssten für jede E-Mail-Antwort zunächst ein Word-Dokument als Entwurf erstellen. Diesen müssten Sie anschließend mehrmals lesen, dann Ihrem Partner senden, damit er ihn redigiert, anschließend das Dokument ein- oder zweimal ausdrucken, um weitere Korrekturen vorzunehmen, um mehrere Stunden später schließlich zu einem endgültigen, eloquenten »So, jetzt klingt es gut!« zu kommen. Das wäre vermutlich eine produktive Vorgehensweise für ein wichtiges Projekt, aber für jede E-Mail? Und stellen Sie sich vor, Sie würden den gleichen bewusst peniblen Aufwand treiben, wenn Sie eine Flasche Ketchup kaufen, den Müll hinausstellen oder Ihre Zähne putzen.

Der Autopilot-Modus geleitet uns durch Routinevorgänge wie diese. Bis zu 40 Prozent unserer Handlungen sind Gewohnheitshandlungen, die keine bewusste Konzentration erfordern.4 Sofern Sie kein Mönch sind und den Luxus genießen, den ganzen Tag meditieren zu können, ist es unmöglich, die ganze Zeit einhundertprozentig konzentriert zu sein.

Einige Entscheidungen sind es allerdings wert, bewusst und planvoll getroffen zu werden. Wie wir unsere Aufmerksamkeit steuern, ist eine davon.

Typischerweise steuern wir unsere Aufmerksamkeit im Autopilot-Modus. Wenn wir eine E-Mail von unserem Vorgesetzten erhalten, unterbrechen wir instinktiv unsere Arbeit, um sie zu beantworten. Wenn jemand im Netz ein Bild von uns gepostet hat, sehen wir sofort nach, wie wir darauf aussehen, und lesen, was der Absender über uns zu sagen hat. Wenn wir mit einem Kollegen oder unserem Partner sprechen, konzentrieren wir uns automatisch darauf, im Kopf bereits eine kluge Antwort zu formulieren, bevor unser Gegenüber seinen Satz zu Ende gesprochen hat. (Eine der am meisten unterschätzten Fähigkeiten: andere Menschen ausreden zu lassen, bevor wir antworten.)

Hier eine einfache Übung, die nur 30 Sekunden in Anspruch nimmt. Beantworten Sie ganz ehrlich die folgende Frage: Wie oft am Tag wählen Sie ganz bewusst, worauf Sie sich konzentrieren? In anderen Worten: Wie viel Zeit verbringen Sie ganz bewusst und geplant, indem Sie vorab entscheiden, was Sie tun wollen und wann?

Die meisten Menschen handeln weitgehend automatisch. Wir führen ein geschäftiges, bisweilen stressiges Leben und planen nur selten ganz bewusst, uns auf eine bestimmte Sache zu konzentrieren – wenn wir uns beim Tagträumen ertappen und das Gefühl haben, dass wir Dinge vor uns herschieben; wenn wir in die Falle tappen, immer wieder mit denselben Apps oder Websites zu spielen, oder wenn wir erkennen, dass wir gedanklich ganz woanders waren, während wir auf unsere Kinder aufgepasst haben. Nachdem wir unseren Autopilot-Modus verlassen haben, überlegen wir, was wir eigentlich wirklich tun sollten, und strengen uns an, unsere Neuronen auf diese Aufgaben zu konzentrieren.

Zwar kann der Autopilot-Modus uns dabei helfen, Schritt mit dem beschleunigten Arbeits- und Lebensrhythmus zu halten, jedoch ist Aufmerksamkeit unsere knappste Ressource. Je besser es uns gelingt, unsere Aufmerksamkeit bewusst zu steuern, desto fokussierter, produktiver und kreativer werden wir.

Ein Tag im Autopilot-Modus

Die Umgebung, in der wir arbeiten und leben, hat unglücklicherweise ihre eigene Agenda, was die Forderung nach unserer Aufmerksamkeit betrifft. Unentwegt werden wir mit Nachrichten, Hinweisen und allerlei akustischen Signalen bombardiert. Dieser ständige Strom an Unterbrechungen hält uns davon ab, uns tief in eine Aufgabe zu versenken; immerhin dauert es nicht lange, bis die nächste E-Mail eintrifft, die genauso dringlich erscheint wie die Arbeit, der wir uns eigentlich widmen wollten.

Wenn Sie bis hierher gelesen haben, ist Ihre Fokussierung wahrscheinlich größer als die der meisten Menschen. Ein ganzes Buch zu lesen, erfordert ein erhebliches Maß an Aufmerksamkeit, und da Aufmerksamkeit ein immer selteneres Gut wird, sind immer weniger Menschen in der Lage, sich ohne Ablenkung der Lektüre zu widmen. Eine kurze Frage: Wie viel Ihrer Aufmerksamkeit richten Sie in diesem Moment auf diesen Absatz? Sind Sie zu 100 Prozent darauf fokussiert? 85 Prozent? 50 Prozent? Wie hat sich Ihre Fokussierung im Verlauf der Zeit verändert, vor allem, wenn die Umgebung wechselt? Wie oft sind Ihre Gedanken von den Worten auf dieser Seite zu anderen Dingen abgewandert und Ihr Blick konzentrationslos über den Text geschweift, bis Sie es gemerkt und sich bewusst wieder konzentriert haben? Interessanterweise zeigen die Forschungsergebnisse, dass unsere Augen langsamer über eine Seite schweifen, wenn unsere Gedanken woanders sind. Unsere Augen und unsere Wahrnehmung sind »eng miteinander verknüpft«. Wenn Sie bewusst darauf achten, wann Ihre Augen beginnen, einen Text langsamer zu erfassen, kann das Ihnen dabei helfen, die Intervalle, in denen Ihre Gedanken abschweifen, leichter zu kontrollieren. Zukünftige technische Entwicklungen könnten Tablets und elektronische Bücher in die Lage versetzen, ein Abschweifen der Gedanken von vornherein zu verhindern.5

Konzentrationsschwierigkeiten sind nichts Ungewöhnliches. Es gibt zahllose Alltagsbeispiele, die belegen, wie gering die Kontrolle ist, die wir in unserem Alltag über unsere Aufmerksamkeit haben. Zum Beispiel

wenn sich unser Gehirn nachts im Bett weigert abzuschalten. Während unser Körper schlafen und sich ausruhen möchte, weil wir am nächsten Morgen viel zu tun haben, besteht unser Gehirn darauf, den ganzen Tag noch einmal aufleben zu lassen.

wenn unser Gehirn zum unmöglichsten Zeitpunkt unangenehme Erinnerungen wachruft. Woher kommen diese Gedanken?

wenn uns unglaubliche Ideen und Erkenntnisse kommen, während unsere Gedanken unter der Dusche frei und unfokussiert umherschweifen, dieselben Erkenntnisse aber nicht eintreten, wenn wir sie am meisten brauchen.

wenn wir plötzlich vergessen haben, warum wir in die Küche oder ins Schlafzimmer gegangen sind. Warum ist uns unsere ursprüngliche Absicht entfallen?

wenn es uns nicht gelingt, uns auf Kommando auf etwas Bestimmtes zu konzentrieren, zum Beispiel, wenn wir einen Bericht erstellen müssen, für den es keine Abgabefrist gibt. Oder wenn wir Dinge vor uns herschieben und uns auf unproduktive Dinge konzentrieren, anstatt unsere Zeit produktiv zu verbringen.

wenn wir uns dabei ertappen, dass wir im Bett immer wieder mit denselben fünf Smartphone-Apps herumspielen und nach Status-Updates suchen, bis es uns schließlich auffällt und wir damit aufhören. Im Internet passiert uns womöglich das Gleiche, wenn wir zwischen News-Websites, Live-Chats und sozialen Medien hinund herklicken.

wenn es uns einfach nicht gelingt aufzuhören, uns über bestimmte Dinge den Kopf zu zerbrechen, bis wir eine Lösung gefunden haben oder sich die Probleme von alleine in Wohlgefallen aufgelöst haben.

Wenn Sie dieses Buch lesen und lernen, sich bewusster zu konzentrieren, werden Sie diese Episoden besser verstehen und sogar lernen, sie von vornherein zu verhindern.

Die vier Arten von Aufgaben

In vielerlei Hinsicht gleicht die Steuerung Ihrer Aufmerksamkeit der Entscheidung, was Sie sich auf Netflix ansehen wollen. Wenn Sie die Website zum ersten Mal aufrufen, öffnet sich eine Homepage, auf der nur einige der zahlreichen Filme und Serien, aus denen Sie auswählen können, hervorgehoben werden. Die Netflix-Homepage ist wie eine Weggabelung, nur dass es nicht zwei, sondern Tausende an alternativen Pfaden gibt. Einige dieser Pfade werden Sie glücklich und zufrieden machen, andere bieten seichte Unterhaltung und wieder andere lehren Sie etwas Nützliches.

Die Entscheidung, worauf Sie Ihre Aufmerksamkeit lenken wollen, gleicht einer physischen Weggabelung – mit dem Unterschied, dass die weiteren Pfade zu zahllosen Dingen führen, auf die Sie Ihren Fokus richten können. In diesem Augenblick sind Sie mit dem vorliegenden Buch beschäftigt. Wenn Sie jedoch von dieser Seite oder Ihrem E-Reader aufblicken, werden Sie viele alternative Objekte sehen, mit denen Sie sich auch beschäftigen können. Einige sind sinnvoller und produktiver als andere. Sich auf dieses Buch zu konzentrieren, ist wahrscheinlich produktiver, als sich auf Ihr Smartphone, die Wand oder die Hintergrundmusik zu konzentrieren. Wenn Sie mit einem Freund oder einer Freundin frühstücken gehen, ist die Konzentration auf Ihr Gegenüber wesentlich lohnenswerter, als wenn Sie dabei ständig auf den Bildschirm im Hintergrund schielen, auf dem die Höhepunkte des letzten Fußballspiels wiederholt werden.

Wenn Sie alle potenziellen Dinge in der äußeren Umgebung aufzählen, auf die Sie Ihre Aufmerksamkeit lenken könnten, werden Sie feststellen, dass es eine schier überwältigende Zahl an Optionen gibt – die Ideen, Erinnerungen und flüchtigen Gedanken in Ihrem eigenen Kopf noch gar nicht eingerechnet.

Das ist das Problem mit der Aufmerksamkeit im Autopilot-Modus. Die dringlichsten und anregendsten Dinge in Ihrer Umgebung sind selten die bedeutsamsten. Aus diesem Grund ist es so wichtig zu wissen, wann und wie man den Autopiloten ausschaltet. Ihre Aufmerksamkeit auf das wichtigste Objekt Ihrer Wahl zu richten und die Konzentration darauf zu bewahren, ist die folgenreichste Entscheidung, die wir am Tag treffen können. Wir sind, worauf wir uns konzentrieren.

Um zu verstehen, welche Dinge alle um unsere Aufmerksamkeit buhlen, ist es hilfreich, unsere Aufgaben zu kategorisieren. Ich spreche hier zum größten Teil über den beruflichen Fokus, dieselben Regeln gelten jedoch auch für Ihr Privatleben, auf das ich in späteren Buchabschnitten näher eingehen werde.

Zwei Hauptkriterien müssen bei der Kategorisierung, worauf Sie Ihre Aufmerksamkeit richten wollen, beachtet werden: ob eine Aufgabe produktiv ist (das heißt, ob Sie mit ihrer Erledigung viel erreichen) und ob sie attraktiv (ob sie Spaß macht) oder unattraktiv (langweilig, frustrierend, schwierig etc.) ist.

Ich werde noch oft auf diese Matrix zurückkommen, daher wollen wir einen kurzen Blick auf jede der vier Kategorien werfen.

Notwendige Aufgaben sind Aufgaben, die unattraktiv, aber produktiv sind. Teambesprechungen und Telefonate zu Ihrem Quartalsbudget fallen in diesen Quadranten. Üblicherweise müssen wir uns dazu überwinden, diese Aufgaben zu erledigen.

Unnötige Aufgaben sind solche, die sowohl unattraktiv als auch unproduktiv sind, zum Beispiel die Papiere auf Ihrem Schreibtisch zu sortieren oder die Dateien in Ihrem Computer neu zu ordnen. Üblicherweise beschäftigen wir uns nicht mit solchen Aufgaben, es sei denn, wir würden sie als Ausrede benutzen, um andere, wichtigere Dinge vor uns herzuschieben, die entweder in die Kategorie der notwendigen oder der zielgerichteten Aufgaben fallen. Die Konzentration auf unnötige Aufgaben hält uns beschäftigt, aber diese Form des Beschäftigtseins ist im Grunde nur eine aktive Form der Faulheit, da sie zu keinem produktiven Ergebnis führt.

Ablenkende Aufgaben sind anregende, aber unproduktive Aufgaben und damit schwarze Löcher für die Produktivität. Dazu gehören soziale Medien, die meisten Live-Chats, News-Websites, beiläufige Unterhaltungen am Wasserspender oder der Kaffeemaschine und jede andere Form der Ablenkung, die zu nichts führt. Das können unterhaltsame Aktivitäten sein, aber sie sollten auf homöopathische Dosen beschränkt werden. Je besser es Ihnen gelingt, Ihre Aufmerksamkeit zu steuern, desto weniger Zeit werden Sie in diesem Quadranten verbringen.

Der verbleibende Quadrant sind die zielführenden Aufgaben. Das sind die Sweetspots der Produktivität. Das sind die Aufgaben, die wir eigentlich erledigen sollen und bei denen wir das größte Engagement zeigen – Aufgaben, die die größte Wirkung haben. In diese Kategorie fallen nur sehr wenige Dinge. Bei den meisten Menschen, die ich kenne, sind es maximal drei oder vier. Die Erledigung dieser Aufgaben beinhaltet geistige Anstrengung, und oft sind wir darin besser als andere. Die zielführendste Aufgabe eines Schauspielers ist wahrscheinlich, seine Rolle zu üben und schließlich zu spielen. Die zielführendsten Aufgaben eines Finanzberaters bestehen darin, Kundengespräche zu führen, sich über Branchentrends zu informieren und kluge Investmententscheidungen zu treffen. Zu den wichtigsten Aufgaben eines Forschers gehören der Entwurf und die Durchführung von Studien, die Lehre und die Beschaffung von Forschungsgeldern. Zu meinen wichtigsten Aufgaben gehört es, Bücher und Blog-Artikel zu schreiben, Forschungsstudien zu lesen, um neue Ideen zu finden und Vorträge zu halten. Zu den wichtigsten Aufgaben in Ihrem Privatleben könnte es gehören, Zeit mit Ihren Kindern zu verbringen, sich einer einträglichen Nebenbeschäftigung zu widmen oder sich ehrenamtlich bei einer örtlichen gemeinnützigen Organisation zu engagieren.

Eine perfekt produktive Person würde sich ausschließlich auf die beiden oberen Quadranten der Matrix konzentrieren. Wenn es so einfach wäre, würden Sie dieses Buch jedoch überhaupt nicht brauchen. Wie Sie zweifellos selber festgestellt haben, ist es leichter gesagt als getan, sich ausschließlich innerhalb der Grenzen der notwendigen und zielgerichteten Aufgaben zu bewegen. Tagtäglich buhlen Aufgaben aus allen vier Quadranten um unsere Aufmerksamkeit. Im Autopilot-Modus zu agieren bedeutet, dass wir das Risiko steigern, Opfer unnötiger und ablenkender Aufgaben zu werden und uns nur dann mit den notwendigen und zielführenden Aufgaben zu beschäftigen, wenn eine Frist abzulaufen droht.

Als ich begann, die in diesem Buch vorgestellten Forschungsergebnisse auf mein eigenes Leben anzuwenden, fiel mir etwas Interessantes auf: Ich fing an, weniger Zeit im Autopilot-Modus zu verbringen und meine Aufmerksamkeit stärker auf meine notwendigsten und zielführendsten Aufgaben zu richten. Ich glaube, Sie werden das Gleiche bei sich selber feststellen, wenn Sie damit beginnen, Ihre Aufmerksamkeit bewusster zu steuern.

Hier eine schnelle Methode, mit der Sie Ihre Produktivität steigern können: Unterteilen Sie Ihre Aufgaben auf Basis der zuvor genannten vier Kategorien. Das wird Ihnen deutlich bewusst machen, was wirklich wichtig ist. Da ich sehr oft auf diese Matrix zurückkommen werde, ist die Kategorisierung Ihrer Aufgaben für die weitere Lektüre dieses Buches sehr wertvoll.