Ich bin Matteo Salvini - Chiara Giannini - E-Book

Ich bin Matteo Salvini E-Book

Chiara Giannini

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Beschreibung

Politische Bühne. Originalton Die politmediale Öffentlichkeit in Deutschland ist ein artenarmes und steiniges Gelände: Brennessel und Brombeere wuchern, aber sobald sich trotz der der intellektuellen Nährstoffarmut ein anderes Pflänzchen zeigt, soll's im Namen der Vielfalt mit Herbizid behandelt werden. Ausnahmen gibt es freilich: Themen, Thesen und vor allem Personen, die im Spiel bleiben müssen, weil sie regelmäßig Anlaß und Ansporn zu theatralischer Empörung liefern. Von ihnen hört man freilich nur von journalistisch-dritter Seite und nur im Rahmen des inszenierten Tumults, zu dem sie sie mit einer Äußerung, einem Halbsatz, dem Gebrauch eines Wortes (oder gar nur mit einem Schweigen zu diesem oder jenem) angeblich Anlaß gaben, nie aber durch einen Originalbeitrag oder ein rückfragendes Interview. Für solche Figuranten auf der Politischen Bühne, die also stets nur in der Dritten Person und unter viel Zeter und viel Mordio auftreten, haben wir diese neue Reihe Politische Bühne. Originalton geschaffen. Dort können sie aus der ihnen zugedachten "Stummen Rolle" heraustreten und in ihrem Originalton sprechen. Unsere Anforderungen an die Langlebigkeit von Beiträgen in dieser Reihe sind also weniger strikt als bei den Kernprogrammen. Das Motiv hinter ihr ist aber dasselbe und schon im ersten Absatz angesprochen: Ein Habitat der Vielfalt zum Schutz vor den giftspritzenden Diversitätsbeauftragten.

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Chiara Giannini / Matteo Salvini:

ICH BINMATTEO SALVINI

DER ITALIENISCHE STAATSMANNIM GESPRÄCH MIT CHIARA GIANNINI

Aus dem Italienischenvon Wulf D. Wagner undJohn Hoewer

Mit einem Nachwort von Eberhard Straub

Impressum

Titel der Originalausgabe: Io sono Matteo Salvini

© 2019 bei Chiara Giannini

Altaforte Edizioni, Cernusco Sul Naviglio

Alle Reche vorbehalten

Redaktion der deutschen Ausgabe:

Michael Rieger, Stefan Flach

Politische Bühne. Originalton

© Manuscriptum Verlagsbuchhandlung Thomas Hoof,Lüdinghausen und Berlin 2019

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ohne Zustimmung des Verlags ist strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die digitale Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-948075-02-6

eISBN 978-3-948075-87-3

www.manuscriptum.de

INHALT

Vorwort von Maurizio Belpietro

Ein Phänomen namens Salvini

Was von der Europawahl zu erwarten ist

Backstage

Hundert Fragen an Salvini

Was denken die Leute über Salvini?

Was denken die follower?

Was denken die Freunde?

Was denken die hater?

Salvinis berühmte Aussprüche

Schlußbetrachtung

Danksagung

Das Primat des Konkreten.Nachwort von Eberhard Straub

VORWORT

Es war der 17. Juni des Jahres 2014, ich war noch Herausgeber der Tageszeitung Libero.1 Mein Leitartikel auf der Titelseite an diesem Tage trug die folgende Überschrift: »Und wenn Salvini der neue Kopf des Centrodestra2 wäre?« Matteo Renzi war seinerzeit noch Ministerpräsident. Der heutige »einfache Senator« von Scandicci3 ritt damals auf einer regelrechten Erfolgswelle und hielt sich für unsinkbar. Doch zu seiner Rechten war irgendwie etwas in Bewegung geraten, selbst wenn die Situation der Mitte-RechtsParteien noch alles andere als rosig war. Ihre Ergebnisse bei der Europawahl 2014 waren trotz aller Bemühungen Silvio Berlusconis nicht gerade ein Erfolg. Forza Italia mußte Stimmeinbußen hinnehmen und auch die anderen Parteien des rechten Lagers hatten nicht besser abgeschnitten. Viele stellten Grundsatzfragen nach der Zukunft des Centrodestra, man organisierte Umfragen und führte Feldversuche durch, um sich ein Bild davon zu machen, wer die Moral, ja das Schicksal eines ganzen politischen Lagers wiederaufrichten könne. Ich selbst hielt es für müßig, mir über diese Frage allzu sehr den Kopf zu zerbrechen und schrieb an jenem Tag: »Vielleicht muß man gar nicht lange suchen, um doch den Namen eines Gewinners zu finden. Der einzige Vertreter des Centrodestra, der keine Stimmeinbußen hinnehmen mußte, der trotz der schlimmsten Wahlprognosen sogar zulegen konnte, das ist der andere Matteo – nämlich Salvini.«

Fünf Jahre zuvor, nach dem Skandal um die Diamanten und die in Tansania investierten Gelder durch Trota und die Piranhas, die um die Via Bellerio herumschwammen4, hätte niemand auch nur einen Euro auf die Zukunft der Lega gesetzt. »Il Carroccio«5 schien zusammen mit seinem Gründer am Anfang eines langsamen Untergangs zu stehen, der auch durch die Rettungsversuche eines Roberto Maroni6 nicht mehr aufhaltbar erschien.

Und da, im Moment der größten Schwierigkeit, kommt der ehemalige Mailänder Stadtrat daher, ein Bursche von vierzig Jahren, von denen er zwanzig in der Lega verbracht hat. Matteo Salvini, der nie um ein flottes Wort verlegen ist und wegen seiner Sentenzen, besonders wenn sie das Thema Ausländer betreffen, stets im Sperrfeuer wilder Empörung steht. Als neuer Vorsitzender der Partei, die sich den in ihrem Wappen verewigten Ritter Alberto da Giussano als Inspiration wählte, wußte er, was zu tun war, damit die Lega ihr Schwert mit neuer Kraft gen Himmel zu strecken vermochte. Hinfort also mit »Padanien«7 und den keltischen Riten, hinfort mit dem Sezessionsgedanken und all dem anderen Brimborium, das Umberto Bossi gegen die Regierungen der Ersten und der Zweiten Republik ins Feld geführt hatte. Hinfort mit der Polemik gegen den »parasitären Süden«, der dem italienischen Norden nur auf der Tasche läge. Sicher, der Kampf gegen die Zuwanderung blieb als zentrales Thema erhalten, aber der neue Feind hieß nun Europa.8

Von der »Diebin Rom« ging man über zum Feindbild »Moloch Brüssel« und hatte das Bestreben, aus der Lega eine Art italienischen Front National zu machen. Matteo Salvini verbannte die allzu extremistischen Themen auf den Dachboden, um sich als Vorsitzender einer Partei darzustellen, die in der Lage sein würde, sowohl den Euro wie auch die sogenannte Fornero-Reform9 zu attackieren, und außerdem nicht mehr bloß Stimmen im Kernland Venetiens, einer Lega-Hochburg, holen wollte, sondern auch in Kampanien und auf Sizilien.

Mein Leitartikel von 2014 schloß wie folgt: »Und wenn dies der neue Führer des Centrodestra sein wird? Wir werden es bald erfahren.« Und tatsächlich, bald schon sollte es Gewißheit werden. Salvini führte die Lega zu Erfolgen, die alle Erwartungen übertrafen, und erfreut sich heute einer enormen Zustimmung. Es gibt praktisch keine politische Debatte, die sich nicht um seine Person dreht. So ist es auch kein Zufall, daß der Innenminister und Vizepremier den wütenden Haß fast der gesamten italienischen Linken auf sich zieht, für die er nun zum Feind Nummer 1 geworden ist, eine Rolle, die einst mit Silvio Berlusconi besetzt war.

Als der cavaliere noch an der Regierung war, verging kein Tag, ohne daß von links nicht irgendein bekannter Kommentator die bevorstehende Diktatur oder wenigstens die Gefährdung der Demokratie ins Spiel brachte. Heute nun ist es nicht mehr der Vorsitzende der Forza Italia, den man als ärgste Bedrohung für Freiheit und Demokratie ausmacht – sondern der der Lega.

Es ist kein Zufall, daß die von Intoleranz und Haß motivierten Angriffe auf die Lega im Laufe der letzten Monate ernorm zugenommen haben. Das Innenministerium hat sogar in einem umfangreichen Dossier alle Angriffe auf Angehörige und Büros der Partei Salvinis zusammengestellt. In den ersten vier Monaten des Jahres 2019 wurden mindestens einhundert Fälle zur Anzeige gebracht. Das Jahr begann mit einem Pistolenschuß auf das Auto eines Kreisvorsitzenden der Lega in Taurianova, danach kam es in Bozen zu einem Übergriff auf einen kommunalen Mandatsträger der Partei, während in Pisa einige Anarchisten einen Abgeordneten der Lega überfielen, ihn beschimpften und mit Eiern bewarfen. Von den Alpen bis nach Sizilien, die Liste ist lang: von Pistolenschüssen auf Fahrzeuge über Angriffe auf Parteibüros, von Flugblättern mit Drohungen bis hin zu Briefen mit beigefügten Patronen, Sachbeschädigungen, verschiedensten Attacken und Beleidigungen am Rande von Versammlungen. Am stärksten betroffen ist, man glaubt es kaum, die Lombardei, Salvinis Heimat, gefolgt von der Emilia-Romagna, Trient und der Toskana. Kein einziger Vorfall wurde hingegen in der Basilikata im Süden Italiens angezeigt, wo es der Lega sogar gelang, nach Jahren der Mißregierung durch den Partito Democratico die Führung zu übernehmen.

Zu diesen hunderten Angriffen auf die Partei allein im ersten Quartal des laufenden Jahres kommen noch jene Attacken gegen ihren Chef hinzu. In vier Monaten gab es 127 Delikte, die im Zusammenhang mit Flugblättern, Schmierereien und Einschüchterungen stehen. Nur weil Salvini selbst unter Personenschutz steht, fehlen in dieser Aufzählung noch schlimmere Übergriffe gegen ihn persönlich. Andernfalls, so kann man sich leicht ausmalen, wäre dem Haß auf seine Person überhaupt nicht mehr beizukommen. Neben schriftlichen Morddrohungen und Parolen, die an Orten, die der Innenminister besucht, von irgendwelchen »Antagonisten« auf die Wände gesprüht wurden, verging kaum ein Tag, an dem nicht jemand eine Nettigkeit dieser Art an ihn richtete. Da gibt es jene, die ihm den Tod herbeiwünschen, die versichern, daß er das gleiche Ende wie Mussolini nehmen werde, die dazu auffordern, auf ihn zu schießen, oder die andere Untergriffigkeiten für ihn übrig haben. Nicht selten fällt auch der Begriff »Piazzale Loreto«, in Anspielung auf den Platz in Mailand, an dem Partisanen den Leichnam des duce mit dem Kopf nach unten aufgehängt hatten. Hinzu kommen die Beleidigungen im Internet oder im Zuge von Demonstrationen, die ungezählt bleiben. Allerdings werden die Urheber bisweilen identifiziert. Meist handelt es sich um Personen, die jenem linksradikalen Spektrum angehören, dessen Anhänger man früher als »Autonome« zusammengefaßt hätte und die heute einfach als »Antagonisten« bezeichnet werden.

Es sind natürlich wahrhaft aufrichtige Demokraten, die da unsere Freiheit verteidigen. Üblicherweise sehen wir sie eingereiht in die diversen antifaschistischen Demonstrationszüge, wo sie sich vermummen, um Schaufenster einzuschlagen oder geistreiche Phrasen auf Hauswände zu schmieren. Unter ihnen erwischte der italienische Staatsschutz Digos ab und an auch einige Ausländer, meist Afrikaner, also jene berühmten »Fachkräfte«, die wir mit offenen Armen aufgenommen haben und die sich dafür nun höflich bedanken. So etwa ein Tunesier, der Anfang März 2019 in Partinico auf Sizilien den Minister schreiend und mit den folgenden Worten begrüßt hat: »Du sollst sterben, mit durchgeschnittener Kehle unter der Erde, du Stück Scheiße«, um sich daraufhin vom Veranstalter der Demonstration mit einem unmißverständlichen Zeichen zu verabschieden: der Kopf-ab-Geste.

Das Dossier der Lega hat nicht einmal die Fälle des Vorjahres aufgenommen, aber es reicht ein kurzer Blick, um zu erkennen, daß zu den mehreren Dutzend Einschüchterungen und Übergriffen von 2018 allein in den ersten Monaten des Jahres 2019 schon mehrere hundert hinzugekommen sind.

Warum all dieser Haß? Weil Salvini – wie ich es 2014 vorhersagte – der neue Hauptdarsteller der italienischen Politik und der Leuchtturm des Centrodestra geworden ist. Ein im Vergleich zur Vergangenheit stark verändertes Centrodestra, nämlich sein eigenes, das des Matteo Salvini. Ein Centrodestra, das in der Lage ist, einen breiten gesellschaftlichen Konsens herzustellen und hohe Zustimmungswerte zu erreichen. Salvini hat eine Vision. Diese Vision muß nicht jedem gefallen, aber sie ist präzise und er verfolgt sie mit Entschiedenheit. Das ist der Grund, weshalb er von so vielen geehrt und wiederum von so vielen anderen brutal bekämpft wird. Aber genau das ist eben das Schicksal eines echten leaders.

Maurizio Belpietro

EIN PHÄNOMEN NAMENS SALVINI

Für Francesco und Alessandro. Möge die Liebe euch immer führen.

Sein Nachname ist der, der bei Google Italia am häufigsten eingegeben wird. Für die italienischen Frauen ist er, heimlich selbst für die linken, der begehrteste Mann des Landes, auch wenn sein Gesicht nicht eben das eines Latin Lovers ist. Es gibt Leute, die teures Geld dafür zahlen würden, um ihn in seinem privaten Alltag erleben oder wenigstens einen Espresso mit ihm trinken zu dürfen.

Er hat es nicht nur geschafft, seine vor wenigen Jahren noch am Boden liegende Partei zu einer stabilen und gefestigten Regierungskraft zu formen, er hat vor allem die Herzen der Menschen erobert. So etwas kann nur derjenige, der offen, natürlich und ohne jede Angst spricht. Selbst seine Fehler macht er häufig zu seinen engsten Verbündeten: das Herz auf der Zunge zu tragen, zahlt sich zwar keineswegs immer aus, doch stellt es Nähe zu den Menschen her. Ähnliches betrifft die mitunter höchst kompromißlose Art, wie er versucht der Gerechtigkeit Raum zu verschaffen, da er bereits in Kindertagen diverse Ungerechtigkeiten hat erleben müssen, etwa wenn er – ironisch natürlich – erzählt, wie ihm im Kindergarten sein geliebtes Zorro-Püppchen stibitzt wurde. Ist Matteo Salvini nun schlicht ein akademischer Untersuchungsgegenstand oder nicht doch ein moderner Condottiere, den man sich einfach aus der Nähe anschauen muß? In diesem Büchlein ist es Salvini selbst, der uns erzählt, wer er ist, was sein Lebensweg bisher für ihn bereithielt und was er sich von der Zukunft erwartet.

Während die Medien beinahe täglich von ihm berichten, stets oszillierend zwischen Nachrichten über sein Regierungshandeln und dem neuesten Klatsch über sein Liebesleben, erzählen wir, wer wirklich hinter der Persönlichkeit dieser Tage steckt. Hinter jenem Politiker, der sich für das Titelblatt der Wochenzeitschrift Oggi als Sexsymbol – mit nichts als einer Krawatte bekleidet – ablichten läßt und der an seinem Schreibtisch im Innenministerium oder auch mitten auf der Straße Liveschaltungen per Handy vornimmt, die dann das halbe Land aufmerksam verfolgt.

Daß er ein Phänomen ist, das haben längst auch seine Kontrahenten verstanden. Denn es ist nunmal so, daß Matteo Salvini im Laufe weniger Jahre zu einer Gestalt geworden ist, die auf Facebook dreieinhalb Millionen follower hat. Die Leute lieben ihn von ganzem Herzen, was wiederum auf seine eigene innere Kraft zurückwirkt. Er geht voran, wenn mit ihm Tausende auf den Straßen demonstrieren. Er betritt eine sizilianische Bar und trinkt dort einen Eiskaffee mit derselben Natürlichkeit, mit der er während eines Volksfestes in Norditalien Handyphotos seines Teller mit Salsiccia und Bohnen ins Netz stellt.

Matteo Salvini ist einfach dies: er ist der natürliche Ausdruck eines volkstümlichen und volksnahen Italiens. Ein Populist im eigentlichen Sinn des Wortes. Er verkörpert das Italien der Arbeiter, der Angestellten, der Maurer, der Bäcker, der Reiseveranstalter und der kleinen Unternehmer. Es ist das Italien der Ziegelsteine und des Zements, jenes Italien, das sich in der zweiten Nachkriegszeit die Hände gereicht hat, um sich im Geiste der gemeinsamen Pflicht und der Brüderlichkeit wiederaufzurichten.

Und auch wenn die fünfziger und sechziger Jahre weit zurückliegen, der leader der Lega hat die Mentalität dieser Generation verstanden, deren Herzen in jenen Zeiten verblieben sind. Es sind Leute, die jenen Tagen nachtrauern, als sie in der Eingangstür oder im Auto den Schlüssel stecken lassen konnten, ohne zu fürchten, daß man sie beklauen würde. Oder auch den Sommertagen beim Kartenspiel, während die Kinder zufrieden auf der Straße herumspielten, ohne Angst haben zu müssen, daß der nächstbeste Depp ihnen etwas zuleide tun könnte.

Und Matteo Salvini, ein Italiener unter Italienern, voller Liebe für sein Land, hat genau das verstanden: wir trauern dem nach, was wir waren. Wir trauern den Zeiten der Lira nach, als wir noch das Geld für einen zusätzlichen Urlaub in der Tasche hatten und als wir nicht einmal wußten, was die Equitalia10 überhaupt sein könnte. Wir trauern der Einberufung zum Militärdienst nach, der Disziplin jener Zeiten, als es noch sehr viel weniger Überwachung aber paradoxerweise mehr Sicherheit gab.

Und doch kann man nicht an einer Vergangenheit kleben bleiben, die notwendigerweise Platz gemacht hat für eine modernere Gegenwart. Man muß sich den Zeiten anpassen. Und wenn es früher die Marktplätze der Landgemeinden waren, auf denen sich Don Camillo und Peppone nach Dienstschluß über den Weg liefen, um sich verbale Ohrfeigen zu verabreichen, so haben sich die Debatten in der heutigen Zeit an den PC verlagert, den eigentlichen Ort der massenmedialen Teilhabe. In einer Zeit des Virtuellen, die spätestens mit dem Auftreten der 5G-Technik dazu übergeht, eine tatsächlich automatisierte und von der Kybernetik geprägte Zukunft zu werden, war gewiß ein Mann vonnöten, der mit dieser Zeit Schritt hält und einen überholten Politiker-Typus in Rente zu schicken, der mit einem stattlichen Bäuchlein fest an seinem Stuhl klebt.

Das ist der Grund, warum Salvini für den Großteil der Italiener den perfekten leader verkörpert: er versteht die Lebenswirklichkeit von Jung und Alt einfach gleichermaßen. Man erinnert sich seines Kampfes an der Seite von Oma Peppina, die nach dem Erdbeben 2016 einfach nicht aus ihrem Häuschen ausziehen wollte, aber erinnert sich auch, wie er mit jenen Schulkindern Eis aß, die in San Donato bei Mailand nur knapp dem Feuertod entronnen waren, nachdem der senegalesische Fahrer ihren Schulbus angezündet hatte.

Er ist der personifizierte Widerstand gegen die unkontrollierte Einwanderung, das Symbol der geschlossenen Häfen und der Hoffnung, daß das angenehme Leben der Kriminellen ein Ende haben wird. Er steht für das Notwehrrecht der Italiener ein und ist der Inbegriff eines breiten gesellschaftlichen Zuspruchs innerhalb der sozialen Netzwerke. Er ist der Superman, der gegen das Böse kämpft, der Clark Kent, der tagsüber als ganzer normaler Mensch inmitten der Leute lebt, sich bei Bedarf aber in den Retter der Welt verwandelt. »Der Capitano kümmert sich drum« ist mittlerweile die Devise innerhalb der Lega und unter den Unterstützern Salvinis, der es besser als jeder andere Minister versteht, die sozialen Medien für sich zu nutzen. Ja, diese sind das eigentliche Streitroß eines Mannes, der es dank seiner Social-Media-Mitarbeiter, rekrutiert aus eifrigen und klugen jungen Sympathisanten, erreicht hat, seine Zustimmungswerte in den Himmel schießen zu lassen. Sein unverzichtbarer Leiter im Bereich der sozialen Medien, Luca Morisi, bestimmt jedes noch so kleine Detail, bevor ein Post veröffentlicht wird, und arbeitet ohne Pause. Denn das hat man in der Lega, zumindest auf der Führungsebene, verstanden: Bummeln wird nicht hingenommen.

Salvini ist auch der unermüdliche Mann, über den sein Chefsekretär Andrea Paganella unverblümt sagt: »Ich weiß nicht, woher er die Energie nimmt.« Eine offene Frage, die auch seine frühere Pressesprecherin Iva Garibaldi nicht beantworten kann, die heute für seine Fernsehauftritte verantwortlich ist, also das andere Medium, auf das der Vizepremier setzt. Es ist direkter und unmittelbarer als die Printmedien, die letztlich ihrem Sonnenuntergang entgegengehen, begleitet von der Melancholie einiger Romantiker, die immer noch unbedingt jeden Morgen dünnes Papier streicheln wollen.

Und doch ist der derzeitige Innenminister alles andere als ein Roboter, denn in seiner Brust schlägt das Herz eines Vaters, der sich gegenüber Tierquälerei, Gewalt und Unrecht erzürnt. Dem nach seinem Besuch der verletzten Kinder der Tragödie von Corinaldo11 vor Rührung Tränen in den geröteten Augen standen, oder der in Genua unmittelbar nach dem Einsturz der Morandi-Brücke zusammen mit den Feuerwehrleuten den Unfallort inzipierte. Aber er ist auch der zerbrechliche Mann, dem das Ende der Beziehung zu der schönen Fernsehmoderatorin Elisa Isoardi das Herz brach, was einen sichtbaren Hauch von Trauer auf seinem Gesicht hinterließ.

Daneben bleibt Salvini ein Mann für Überraschungen, der zuerst sagt, daß er sich vor Denis Verdini12 ekele, um sich dann mit dessen Tochter Francesca in süßer Eintracht von Paparazzi fotografieren zu lassen, was gleichermaßen für Kritik wie Verwunderung sorgte.

Stets bereit, anderen zu helfen, mag er nicht auf seine täglichen Postings verzichten, in denen er Ungerechtigkeiten und Widersprüche aufgreift und all das thematisiert, das in Italien ganz einfach schiefläuft. Er ist es, der sich eine Polizeijacke überwirft, um damit seinen Stolz darüber zu bekunden, daß er der Minister all derer ist, die auf den Straßen unterwegs sind, um Leben zu retten. Er tut dies trotz aller Kritiken, trotz der Angriffe von Gad Lerner, Roberto Saviano, Laura Boldrini der »radical chic«13 aus den Zeiten Matteo Renzis und der gar nicht vom Volk gewählten technischen Regierungen, von denen man glaubte, sie würden gar nicht mehr verschwinden. Und als die letzten Wahlen, die vom 4. März 2018, dem fragwürdigen Brauch ein Ende setzten, daß man sich ohne vom Volk gewählt worden zu sein zur Regierung erklärt, da machte ein legendärer Ausspruch die Runde: »La pacchia è finita« (»Das angenehme Leben ist vorbei«)! Die Italiener haben Salvini gewählt, damit er sie anführt, zusammen mit einer weiteren politischen Kraft, der Fünf-Sterne-Bewegung, die ebenfalls Ausdruck eines gewissen Volkswillens ist, jedoch gewiß eines anderen, und ihrerseits weniger populistisch agiert. Denn während die Lega auch erfahrene Politiker vom alten Schlag aufbietet, treten bei den Fünf Sternen Gestalten an, die von hier und da rekrutiert werden, die über keine politische Erfahrung verfügen und nur mit wenigen Stimmen gewählt wurden. Genau dies ist der Grund, warum Salvini, anders als sein Regierungspartner, nach Bildung der Koalition so viel Zustimmung gewonnen hat: Auf der einen Seite steht die Lega mit ihrer politischen Schule, aus der alle diejenigen stammen, die sich der Verwaltung des Landes widmen möchten, auf hoher wie niedriger Ebene; auf der anderen Seite steht die Fünf-Sterne-Bewegung – mit Befehlsketten, die von oben nach unten verlaufen und wo keiner weiß, woher die Anordnungen wirklich kommen –, die unter dem Gewicht der massiven Zustimmung, die der Vizepremier täglich weiter zu steigern weiß, schlicht zusammenzubrechen droht.

Bislang also nur Lob. Aber hat Salvini, dieses Phänomen unserer Tage, denn etwa keine Schwächen? Sie werden es in dem Kapitel der einhundert Fragen erfahren, die wir ihm gestellt haben.

Sicher ist, daß die wichtigsten Kritiken, die an dem Innenminister geübt werden, eigentlich Programmpunkte der Fünf-Sterne-Bewegung betreffen, was häufig nur nicht gesehen wird. Wenige wissen, daß bereits vor den Wahlergebnissen des 4. März 2018 über eine Koalition mit der Fünf-Sterne-Bewegung nachgedacht wurde, denn in der Parteizentrale der Lega befürchtete man seit Monaten, auf diese Variante angewiesen zu sein. Lange schon hatte man verstanden, daß die Stimmen für Forza Italia und Fratelli d’Italia nicht ausreichen würden, um eine stabile Mitte-Rechts-Regierung zu bilden. Um also das Risiko einer erneuten technischen Regierung zu verhindern, wählte man das kleinere Übel. Allerdings würde Salvini das nie so deutlich zugeben, auch wenn die Reibungen zwischen den beiden politischen Lagern deutlich spürbar sind.

Einmal ließ Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta (Fünf-Sterne) verlautbaren, daß die Wiedereinführung der ausgesetzten Wehrpflicht nicht vorgesehen sei, da hierfür nicht nur keine Gelder zur Verfügung stünden, sondern auch die Kasernen längst aufgegeben worden seien. Kaum war das ausgesprochen, folgte die klare Entgegnung Salvinis: »Der Wehrdienst würde den jungen Leuten dabei helfen, mal ein bißchen Erziehung zu genießen.«

Einige Monate später wurde gegen Salvini Ermittlungen im Fall des Rettungsschiffes Diciotti eingeleitet, dem er zunächst die Einfahrt in italienische Häfen verweigerte. Die Abgeordneten der Fünf-SterneBewegung haben ihn gerettet, indem auch sie gegen die Genehmigung zur Einleitung eines Verfahrens gegen den Innenminister stimmten. Als sich aber Danilo Toninelli, Minister für Infrastruktur und Verkehr, am folgenden Tag einem Mißtrauensantrag ausgesetzt sah, war von Salvini nichts zu sehen und gleich fünf Senatoren der Lega weigerten sich, die Position der Grillini14 zu verteidigen. Als Retourkutsche kam es im Zuge der Debatte um das neue Notwehrrecht zu einer stillen aber offenen Konfrontation der Regierungspartner. Sämtliche Minister der Fünf-Sterne blieben dem Plenarsaal fern, während sich sechs ihrer Senatoren der Abstimmung enthielten und weitere neun als entschuldigt abwesend meldeten. Gleiches mit Gleichem vergelten, »Auge um Auge, Zahn um Zahn« – in keinem der beiden politischen Lager darf man aussprechen, was für jedermann erkennbar ist.

Eine ähnliche Episode ereignete sich schließlich auch rund um das Bürgergeld, das politische Prestigeobjekt Luigi Di Maios. Salvini war dem offiziellen Phototermin nach der Verabschiedung des Gesetzes ferngeblieben, so daß es zwischen den beiden stellvertretenden Ministerpräsidenten erneut zum Konflikt kam. Immer häufiger erscheinen gegensätzliche Erklärungen der beiden Regierungspartner, die dann von Regierungschef Giuseppe Conte wieder eingefangen werden müssen, der in seiner Eigenschaft als Vermittler jedes Mal aufs Neue bemüht ist, rasch den Frieden auf der Regierungsbank wiederherzustellen, indem er an die verpflichtenden Vereinbarungen des Koalitionsvertrags erinnert.

Aber wie lange wird sich diese Regierung noch im Sattel halten können? Das ist die Frage, die alle Italiener vor den kommenden Europawahlen umtreibt, die für die Wiedergeburt eines geeinten Centrodestra, aber ebenso für einige Überraschungen sorgen könnten. Doch freilich haben die Italiener noch sehr viele andere Fragen. Nicht zuletzt die, wer dieser Salvini denn wirklich ist? Ist er der Mann, den alle in ihm sehen – oder versteckt sich in seinem Schrank nicht doch das eine oder andere Skelett?

WAS VON DER EUROPAWAHL ZU ERWARTEN IST

Am 14. April 2019 hat Matteo Salvini es noch einmal deutlich gesagt, auf dem Landesparteitag der Lega in der Region Latium: »Diese Wahl ist die letzte Chance, um Europa noch zu retten.« Sein Ziel ist es, auf europäischer Ebene ein längst verlorenes Gleichgewicht wiederherzustellen. Der falsche Einfluss der europäischen Institutionen auf manchen Gebieten, vor allem in der Außenpolitik, mache es unmöglich, fortzufahren wie bisher. Wenn die Europawahlen die erhofften Ergebnisse bringen, so kündigte der Minister an, wird »die Lega ganz Europa den Schutz der nationalen Grenzen aufzwingen. Mit der Lega als europäischer Führungskraft werden die EU-Außengrenzen dicht gemacht. Wir haben gesehen, wie der Versuch endete, die Demokratie mit Bomben und Panzern nach Afghanistan, in den Irak und nach Libyen zu exportieren. Die Grenzen Italiens waren, sind und bleiben für die Menschenhändler geschlossen.« Kurz gesagt, Salvini setzt alles daran, damit sich wirklich etwas ändert und Italien nicht länger das große Flüchtlingslager bleibt, zu dem es die früheren Regierungen gemacht haben.

Die EU hat uns oft mit unserem Schicksal allein gelassen und wichtige Punkte allein der deutschen Kanzlerin Merkel oder auch dem Franzosen Macron überlassen, der ein Freund der »Renzianer« ist, aber sicher kein Freund Salvinis. Der steht vielmehr Marine Le Pen nahe, die von gewissen Kreisen immer wieder als viel zu weit rechts stehend verurteilt wird. Dabei war es vielmehr die Starrköpfigkeit einiger Regierungen nach den verheerenden Terroranschlägen und angesichts der millionenfachen Massenzuwanderung illegaler Migranten, die ganz Europa zunehmend nach rechts gerückt hat. Salvini weiß das und macht Druck, wobei er überwältigende politische Erfolge einfährt, die mit Sicherheit den Charakter der europäischen Gemeinschaftspolitik verändern werden.

Die Verbündeten, die Salvinis Weg folgen werden, haben sich dabei auch schon offenbart. Nach der internationalen Pressekonferenz am 8. April in Mailand haben die anwesenden Parteien entschieden, sich dem von der Lega initiierten Projekt anzuschließen. Darunter die schon historischen Verbündeten der Freiheitlichen Partei Österreichs um Heinz-Christian Strache (Vizekanzler in Österreich), die Eesti Konservatiivne Rahvaerakond aus Estland, geführt von Mart Helme, der erst kürzlich mit fünf eigenen Ministern in die Regierung eintrat, sowie die slowakische Partei Sme Rodina um Boris Kollàr. Was nach den Europawahlen aus der italienischen Regierung wird, ist schwer zu sagen. Die Zusammenstöße innerhalb der gelb-grünen Koalition werden immer heftiger. Salvini und sein Regierungspartner Luigi Di Maio befehden sich auf eine Weise, daß man glauben mag, ihr Vertrag gewähre ihnen einen bewaffneten Frieden und sie respektierten ihn bloß aus Anstand. Doch wenn bereits die Regionalwahlen der Prüfstein für ein vereintes Centrodestra waren, das die Zustimmung von Silvio Berlusconi und Giorgia Meloni fand, so könnten die Europawahlen durchaus zu einem Kurswechsel der Lega führen, die sich auch auf nationaler Ebene ihren historischen Verbündeten rechts von der Mitte annähern könnte. Es ist alles eine Frage der politischen Imagination, ein Spiel mit dem, was politisch möglich ist. So gibt es zwei Optionen. Nach den Europawahlen könnte sich Salvini entscheiden, den Koalitionsvertrag zu brechen und die in Umfragen ohnehin einknickende Fünf-Sterne-Bewegung ihrem Schicksal zu überlassen. In diesem Fall würde man zu Neuwahlen schreiten, zumal der Vorsitzende der Lega immer klar gesagt hat, daß eine neue technische Regierung auf keinen Fall in Betracht komme. Oder aber, zweite Möglichkeit, man geht den eingeschlagenen Weg weiter und akzeptiert den bisherigen Koalitionsvertrag, wenn auch widerwillig. Dies ist der Grund, warum die Wahlen am 26. Mai nicht allein für die Außenpolitik von Bedeutung sind, sondern ebenso für die italienische Innenpolitik. In den Räumen des Parlaments gehen jedenfalls Gerüchte um und es werden bereits Wetten angenommen, was nach den Europawahlen passieren wird. Und während das Land in einem Wartezustand verharrt und zu begreifen versucht, was da geschehen wird, kündet Salvini Innovationen und Entscheidungen an, die zum einen natürlich Teil seines Wahlkampfes, zum anderen aber bereits Kostproben konkreter Realpolitik sind.

»Wir sind dabei, einen großen Plan zur Einstellung von Polizisten auszuarbeiten«, hat der Minister jüngst in Erinnerung gerufen, »und zudem einen großen Plan zur Anbringung von Überwachungskameras, um die Sicherheit der Bürger zu garantieren. Dann arbeiten wir an einem Fond für Senioren, die Opfer von Betrugsdelikten geworden sind. Im Juni wird die Übergabe von Elektroschockern an sämtliche Polizeibeamte erfolgen.« Daneben gibt es einen Punkt, den Salvini nicht leugnet: »Wir müssen«, wie er sagt, »aus dem Kampf gegen die Händler von Drogen und Todeshändler einen Krieg machen, und das läßt sich nur mit einer Anhebung der Strafen für solche Händler erreichen sowie mit einer Absenkung der legalen Besitzmenge, um diese Kriminellen schneller ins Gefängnis werfen zu können. Harte Strafen, das ist es, was gebraucht wird.« Also ist die Rechtslage zu ändern, zumal die Gesetzeshüter ihrerseits darüber klagen, daß eine rechtliche Handhabe entweder fehlt oder die Gesetze schlecht formuliert sind und eine konsequente Strafverfolgung nicht garantieren können – so etwa wenn Verbrecher das Gefängnis schon einen Tag nach ihrer Festnahme wieder verlassen dürfen beziehungsweise selbst bei Vergewaltigung und Raub noch Strafmilderung erhalten.

BACKSTAGE

Rom, Viminalspalast. Ein Morgen Mitte April. Die Sonne steht am Himmel und wärmt bereits. Ich begebe mich zum Eingang, passiere die Einlaßkontrolle und gehe auf die Polizisten zu, die Wache halten. »Guten Tag, ich habe eine Verabredung mit Minister Salvini.«

»Guten Tag« antworten sie, »Ihre Papiere, bitte«. Dann geben sie mir einen Gästeausweis und kündigen mich im Sekretariat des Herrn Vizepremierministers telefonisch an.

»Hören Sie, das übliche Prozedere können wir uns sparen, begeben Sie sich einfach dort zum Seiteneingang.« Kaum trete ich in das Atrium ein, kommt mir schon ein Mitarbeiter entgegen. »Ich begleite Sie zum Aufzug«, erklärt er und weist mir den Weg. Im Obergeschoß erwartet mich Salvinis Pressesprecher, der Kollege Matteo Pandini15. »Ciao Chiara, wir müssen noch ganz kurz warten«, läßt er mich wissen. Kein Problem. Ich nehme auf einem der Sessel im Warteraum Platz und beginne, die Decke mit all ihren Rosenfenstern und Freskendekorationen zu bewundern. Ich sinne darüber nach, daß in Rom die Paläste der Macht, durchweg architektonische Wunderleistungen, auch deshalb heute so gut erhalten sind, weil sie schon lange als Regierungssitze genutzt werden. Während ich meinen Gedanken nachhänge und von verschiedenen Personen gefragt werde, ob ich einen Kaffee oder ein Glas Wasser möchte, vergeht die Zeit. Plötzlich ist Pandini wieder da und weist mir den Weg in ein Zimmer: »Da kannst du es dir bequem machen.«

Als ich den Raum betrete, sehe ich ihn auch schon. Der Minister, da sitzt er an seinem Schreibtisch und unterschreibt Dokumente, hebt ab und an den Kopf in Richtung eines Fernsehers, der nebenbei läuft.

»Ciao Matteo«, begrüße ich ihn. Wir kennen uns noch von früher, als ich für die Tageszeitung Libero