Ich bin - Nisargadatta Maharaj - E-Book

Ich bin E-Book

Nisargadatta Maharaj

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Beschreibung

Selbstfindung - Gespräche mit einem Verwirklichten Gespräche mit Nisargadatta Maharaj Der indische Guru Sri Nisargadatta Maharaj gilt als einer der bedeutendsten spirituellen Lehrer unserer Zeit. Seine Lebensphilosophie offenbart sich in den Dialogen von 'Ich bin'. Drei Schriftbände machen die Worte des aufgestiegenen Meisters unvergesslich. Teil II liegt nun in deutschsprachiger Ausgabe vor. 'Erkennen Sie Ihre Welt als einen Traum und vergessen Sie sie!' - Klar, direkt und kompromisslos, das war Sri Nisargadatta Maharaj als spiritueller Lehrer. In aufgezeichneten Gesprächen legt der indische Guru das menschliche Bedürfnis, alles definieren zu wollen, bloß. Es gibt keine Ursachen und keine Gründe. 'Es gibt nur das Bewusstsein, in dem alles geschieht.' - So lautet die Quintessenz der Lehre von der Non-Dualität / Advaita, der Lehre von Meister Maharaj. 'Ich bin Teil II' gibt Denkanstöße zur Selbstfindung und fordert: Werden Sie sich Ihres natürlichen Zustandes bewusst! Erkennen Sie, wie Sie funktionieren, widmen Sie Ihre Aufmerksamkeit dem wahren Selbst, denn 'der wahre Suchende ist der, der auf der Suche nach sich selbst ist. Geben Sie alle Fragen auf, außer der einen: Wer bin ich?' Um zu wissen, wer man ist, muss man zunächst wissen, wer man nicht ist: Körper, Gefühle, Gedanken, Zeit und Raum. In Dialogform führt Sri Nisargadatta Maharaj seine Schüler an das Ziel der Erkenntnisreise heran.

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ICH BIN

Teil II

Gespräche mit Sri Nisargadatta Maharaj

Auszüge aus I AM THAT(Originaltitel)

Aus dem Marathi nach Tonbandaufzeichnungenins Englische übersetzt von M. Frydman

Deutsche Übersetzung vonHeiner Siegelmann & Gilda Peters

Titel der Originalausgabe:

I AM THAT

© Sri Nisargadatta Maharaj

Hrsg.: Maurice Frydman, Bombay 1973

Deutsche Ausgabe:

© Kamphausen Media GmbH,

Bielefeld 2001

[email protected]

www.weltinnenraum.de

Übersetzung:

Heiner Siegelmann & Gilda Peters

Lektorat: Hans-Jürgen Zander

Typografie, Satz und Herstellung:

Schack-Verlagsherstellung

Umschlag-Gestaltung:

Thomas Luksch & Wilfried Klei

eBook Gesamtherstellung:

Bookwire GmbH, Frankfurt a. M.

5. Auflage 2016

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diesePublikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internetüber http://d-nb.de abrufbar.

ISBN print 978-3-933496-31-7ISBN eBook 978-3-95883-420-0

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen undsonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabesowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.

Inhalt

Anmerkungen

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

Kapitel 66

Anmerkungen

Der wichtigste Punkt, den Nisargadatta immer wieder anführt, ist jedoch die Begrenztheit der Worte, die, wie er sagt, auf vielfältige, sich sogar widersprechende Weise zusammengefügt werden können. Worte sind nur Wegweiser, ein absolut begrenztes Medium.

Von sich selbst in der dritten Person zu sprechen, klingt unnatürlich und gespreizt. Somit muß man Worte wie „ich, mein und mir“ benutzen, auch wenn sie nicht die Existenz einer Person bestätigen sollen. Wenn Nisargadatta dann dem Leser auch noch die scheinbar klare Anweisung gibt „Sei ehrlich, sei aufrichtig“, dann tut sich damit das größte und schwerste Hindernis der Sprache auf.

Ramesh erzählt in diesem Zusammenhang gerne von seiner eigenen Erfahrung mit Nisargadatta.

„Irgendwann begann ich mich zu fragen, an wen Maharaj diese Aufforderung, ehrlich zu sein, richtete. Wenn er doch bei allem voraussetzt, daß es kein Individuum und somit auch keinen freien Willen gibt, an wen ist dann seine Aufforderung gerichtet? Diese Frage war fast wie eine Folter für mich – bis es mich eines Tages bei einem der morgendlichen Gespräche wie ein Blitz durchfuhr, und ich flach mit der Hand auf den Holzfußboden schlug. Jeder im Raum schaute mich verwundert an, doch ehe ich Maharajs fragenden Blick beantworten konnte, wurde er von etwas anderem abgelenkt, und das Gespräch kam nicht mehr darauf zurück.

In dem Moment war mir klar geworden, daß Maharaj niemanden persönlich aufforderte, etwas zu tun – er gab keine ‚Anweisung‘, er gab eine ‚Beschreibung‘. Die Ehrlichkeit, die Ernsthaftigkeit muß vorhanden sein – und niemand kann sie willentlich herbeiführen – um gewisse Selbst-Einsichten zu ermöglichen.“

Wenn man dieses Buch immer unter der grundsätzlichen Voraussetzung liest, daß es keinen freien Willen gibt, daß es niemanden gibt, der überhaupt einen freien Willen haben könnte, dann erschließt sich völlig uneingeschränkt die Weisheit von Nisargadattas Worten.

Kapitel 33

FRAGE Jeden Tag machen wir die Erfahrung, daß morgens beim Erwachen plötzlich die Welt erscheint. Woher kommt sie?

MAHARAJ Bevor irgend etwas erscheinen kann, muß es jemanden geben, dem es erscheint. Jegliches Erscheinen oder Vergehen setzt eine Veränderung voraus, die im Rahmen des Unveränderlichen geschieht.

FRAGE Bevor ich aufwachte, war ich unbewußt.

MAHARAJ Meinen Sie das wie etwas, das vergessen oder nicht erfahren wurde? Machen Sie nicht auch Erfahrungen, ohne bewußt zu sein? Können Sie ohne Wissen existieren? Ist eine Gedächtnisschwäche oder eine Unterbrechung der Erinnerung ein Beweis dafür, nicht zu existieren? Können Sie berechtigterweise Ihre Nicht-Existenz als eine tatsächliche Erfahrung bezeichnen? Sie können noch nicht einmal behaupten, daß Ihr Verstand nicht existierte. Sind Sie nicht aufgewacht, als der Wecker klingelte, und war nicht beim Erwachen Ihr erstes Gefühl, der erste Gedanke „Ich bin“? Auch im Schlaf oder in einer Ohnmacht muß es ein Basis-Bewußtsein geben. Beim Erwachen geschieht folgendes: „Ich bin – der Körper – in der Welt“. Es scheint nacheinander zu erfolgen, doch in Wirklichkeit geschieht es simultan. Es ist ein einziger Gedanke, in dieser Welt einen Körper zu besitzen. Kann das Gefühl „Ich bin“ existieren, ohne dies oder jenes zu sein?

FRAGE Ich bin immer jemand mit seinen eigenen Erinnerungen und Gewohnheiten. Ich kenne kein anderes „Ich bin“.

MAHARAJ Vielleicht hält Sie etwas davon ab, zu wissen? Wenn Sie etwas nicht wissen, was andere hingegen wissen, was tun Sie dann?

FRAGE Ich suche mit deren Hilfe die Quelle ihres Wissens.

MAHARAJ Ist es für Sie nicht wichtig herauszufinden, ob Sie lediglich ein Körper sind oder vielleicht etwas anderes? Oder auch gar nichts? Erkennen Sie nicht, daß all Ihre Probleme lediglich Probleme sind, die mit dem Körper verbunden sind? Nahrung, Kleidung, ein Dach über dem Kopf, Familie, Freunde, Namen, Ruhm, Sicherheit, Überleben – all dies verliert in dem Moment seine Bedeutung, in dem Sie erkennen, daß Sie nicht nur ein Körper sind.

FRAGE Was nutzt es mir zu wissen, daß ich nicht der Körper bin?

MAHARAJ Selbst die Behauptung, daß Sie nicht der Körper sind, ist nicht ganz richtig. In gewisser Weise sind Sie alle Körper, alle Herzen, aller Verstand – und noch viel mehr. Tauchen Sie tief in das Gefühl von „Ich bin“ ein, und Sie werden fündig werden. Wie finden Sie etwas, das Sie verlegt oder vergessen haben? Sie behalten es im Gedächtnis, bis Sie sich erinnern. Als erstes taucht das Gefühl von Sein, von „Ich bin“ auf. Fragen Sie sich, woher es kommt, oder beobachten Sie es einfach ganz ruhig. Wenn der Verstand im „Ich bin“ verharrt, völlig bewegungsslos, dann treten Sie in einen Zustand ein, der nicht in Worte gefaßt, jedoch erfahren werden kann. Sie müssen es nur immer und immer wieder versuchen. Denn schließlich erleben Sie ununterbrochen dieses Gefühl des „Ich bin“, doch Sie haben diesem Gefühl eine Menge Dinge aufgeladen: Körper, Gefühle, Gedanken, Besitz u.s.w. All diese Selbst-Identifizierungen führen in die Irre, sie bringen Sie dazu, sich für etwas zu halten, das Sie nicht sind.

FRAGE Was bin ich denn dann?

MAHARAJ Es genügt zu wissen, was Sie nicht sind. Sie brauchen nicht zu wissen, was Sie sind. Solange Wissen in Formen von bereits Bekanntem ausgedrückt wird – als Wahrnehmung oder als Konzept – kann es so etwas wie Selbst-Erkenntnis nicht geben, denn was Sie sind, kann man nicht beschreiben, außer als totale Negierung. Sie können nur feststellen: „Ich bin nicht dies, ich bin nicht das“. Sie können nicht sagen: „Das ist es, was ich bin“. Es macht einfach keinen Sinn. Denn was Sie als „dies“ oder „das“ bezeichnen, können Sie nicht selbst sein. Genauso sicher können Sie auch nicht „etwas“ anderes sein. Sie sind nichts Wahrnehmbares oder Vorstellbares, und dennoch kann es ohne Sie keine Wahrnehmung oder Vorstellung geben. Sie beobachten die Gefühle des Herzens, die Gedanken des Verstandes, die Handlungen des Körpers. Schon der eigentliche Akt der Wahrnehmung zeigt, daß Sie nicht sind, was Sie wahrnehmen. Kann es Wahrnehmung oder Erfahrungen ohne Sie geben? Eine Erfahrung muß jemandem „gehören“. Jemand muß sie als seine eigene Erfahrung bezeichnen. Ohne jemanden, der die Erfahrung gemacht hat, kann die Erfahrung nicht real sein. Es ist der Erfahrende, der der Erfahrung Realität verleiht. Was für eine Bedeutung kann für Sie eine Erfahrung haben, die Sie nicht erleben können?

FRAGE Das Gefühl, ein Erfahrender zu sein, das Gefühl von „Ich bin“, ist das nicht auch eine Erfahrung?

MAHARAJ Gewiß doch. Alles, was erfahren wird, ist eine Erfahrung, und bei jeder Erfahrung taucht ein Erfahrender auf. Erinnerung erschafft die Illusion von Kontinuität. In Wahrheit hat jegliche Erfahrung ihren eigenen Erfahrenden, und das Gefühl der Identität beruht auf dem gemeinsamen Faktor an der Wurzel der Beziehung zwischen dem Erfahrenden und der Erfahrung. Identität und Kontinuität sind nicht das Gleiche. So wie jede Blume ihre eigene Farbe hat, aber alle Farben durch das gleiche Licht hervorgebracht werden, so erscheinen alle Erfahrenden in dem ungeteilten und untrennbaren Gewahrsein, in der Erinnerung jeder für sich getrennt, jedoch in der Essenz identisch. Diese Essenz ist die Wurzel, das Fundament, die zeitlose und raumlose „Möglichkeit“ aller Erfahrungen.

FRAGE Wie komme ich da hin?

MAHARAJ Sie müssen nicht da hin kommen, denn Sie ‚sind‘ es. Es wird zu Ihnen kommen, wenn Sie ihm eine Chance geben. Lassen Sie Ihre Verhaftungen mit dem Unrealen los, und die Realität wird schnell und reibungslos dessen Platz einnehmen. Hören Sie auf, sich für dies oder das zu halten, dies oder das zu tun, und die Erkenntnis, daß Sie die Quelle und das Herz von allem sind, wird zu Ihnen kommen. Aus dieser Erkenntnis erwächst eine große Liebe, die nichts damit zu tun hat, eine Wahl zu treffen oder Vorlieben zu haben oder verhaftet zu sein, sondern die eine Kraft ist, die alle Dinge liebenswert macht.

Kapitel 34

FRAGE Maharaj, Sie sitzen hier vor mir und ich zu Ihren Füßen. Was ist der grundsätzliche Unterschied zwischen uns?

MAHARAJ Es gibt keinen grundsätzlichen Unterschied.

FRAGE Trotzdem muß es einen realen Unterschied geben. Ich komme zu Ihnen, Sie kommen nicht zu mir.

MAHARAJ Weil Sie glauben, daß es Unterschiede gibt, suchen Sie überall nach „überlegenen“ Menschen.

FRAGE Auch Sie sind ein überlegener Mensch. Sie behaupten, die Realität zu kennen, ich kenne sie nicht.

MAHARAJ Habe ich jemals zu Ihnen gesagt, daß Sie sie nicht kennen, und daß Sie daher unterlegen sind? Sollen doch jene Menschen, die solche Unterschiede erfinden, sie auch beweisen. Ich beanspruche nicht, etwas zu wissen, das Sie nicht auch wissen. Genau genommen weiß ich weniger als Sie.

FRAGE Ihre Worte sind weise, Ihr Verhalten nobel, Ihre Gnade allmächtig.

MAHARAJ Davon weiß ich überhaupt nichts, und ich sehe zwischen Ihnen und mir keine Unterschiede. Mein Leben ist ein Ablauf von Ereignissen, genau wie Ihres. Doch ich bin davon unberührt und erkenne die vorübergehende Show als eine vorübergehende Show, während Sie sich an Dinge klammern und ihnen nachjagen.

FRAGE Was hat Sie so objektiv, so losgelöst werden lassen?

MAHARAJ Nichts Bestimmtes, das Vertrauen in meinen Guru geschah einfach so. Er sagte mir, daß ich nichts anderes bin als nur mein Selbst. Ich vertraute ihm und verhielt mich entsprechend und hörte auf, mich um das zu kümmern, was nicht mir gehört und was ich nicht bin.

FRAGE Warum hatten Sie das Glück, Ihrem Lehrer zu vertrauen, während unser Vertrauen recht gering und nur verbal ist?

MAHARAJ Wer weiß das schon? Es geschah einfach so. Dinge geschehen ohne Ursache und Grund, und was hat es auch für eine Bedeutung, wer dieser wer ist? Ihre hohe Meinung von mir ist lediglich Ihre Meinung. Sie können sie jeden Moment ändern. Warum Meinungen, selbst Ihre eigene, wichtig nehmen?

FRAGE Und doch sind Sie anders. Ihr Verstand scheint immer ruhig und glücklich zu sein, und in Ihrer Nähe geschehen Wunder.

MAHARAJ Ich weiß nichts von Wundern, und ich frage mich, ob die Naturgesetze Wunder zulassen, es sei denn, wir stimmen darin überein, daß alles ein Wunder ist. Für meinen Verstand gibt es solche Dinge nicht. Es gibt nur das Bewußtsein, in dem alles geschieht. Dies ist sehr offensichtlich und kann von jedermann erfahren werden. Sie schauen nur nicht genau genug hin. Schauen Sie richtig, und Sie werden sehen, was ich sehe.

FRAGE Was sehen Sie?

MAHARAJ Ich sehe, was auch Sie hier und jetzt sehen könnten, doch Ihre Aufmerksamkeit ist nicht richtig ausgerichtet. Sie geben Ihrem Selbst nicht genügend Aufmerksamkeit. Ihr Verstand ist immer auf Dinge gerichtet, auf Menschen und Ideen, nie auf Ihr Selbst. Richten Sie Ihren Fokus auf Ihr Selbst, werden Sie sich Ihrer eigenen Existenz gewahr. Erkennen Sie, wie Sie funktionieren, beobachten Sie die Motive und die Ergebnisse Ihrer Taten. Studieren Sie das Gefängnis, das Sie unbeabsichtigt um sich herum errichtet haben. Durch die Erkenntnis dessen, was Sie nicht sind, werden Sie Ihr Selbst erkennen. Doch der Weg zurück zu Ihrem Selbst verlangt Absage und Zurückweisung. Eines ist sicher: Die Realität ist nicht imaginär, sie ist kein Produkt des Verstandes. Selbst das Gefühl des „Ich bin“ ist nicht kontinuierlich, auch wenn es ein nützlicher Wegweiser ist. Er zeigt, wo man suchen muß, aber nicht, was. Untersuchen Sie das einmal ganz genau. Wenn Sie dann davon überzeugt sind, daß Sie von sich selbst wahrlich nichts sagen können außer „Ich bin“, und daß nichts, auf das Sie zeigen können, wirklich Sie selbst sind, dann ist dies „Ich bin“ nicht mehr notwendig – Sie werden dann nicht mehr in Worte fassen wollen, was Sie sind. Sie müssen lediglich Ihre Tendenz loswerden, sich selbst zu definieren. Alle Definitionen beziehen sich lediglich auf Ihren Körper und dessen Ausdrucksformen. Ist diese Fixierung auf den Körper einmal vorbei, dann kehren Sie zu Ihrem natürlichen Zustand zurück, und zwar spontan und ohne jegliche Anstrengung. Der einzige Unterschied zwischen uns ist, daß ich mir meines natürlichen Zustandes bewußt bin, während Sie verwirrt sind. Genau wie ein Goldornament keine Vorzüge gegenüber Goldstaub hat, außer der Verstand erfindet welche, so sind wir eins im Sein – nur unsere Erscheinungsform ist unterschiedlich. Und wir entdecken dies, indem wir ehrlich sind, indem wir suchen und tagtäglich und zu jeder Stunde hinterfragen, indem wir unser Leben dieser Entdeckung widmen.

Kapitel 35

FRAGE Ich stelle fest, daß weder mit meinem Körper noch mit meinem wirklichen Sein etwas nicht stimmt. Ich habe sie beide nicht erschaffen, und sie müssen auch nicht verbessert werden. Es ist mein „innerer Körper“, der Verstand, das Bewußtsein, Antahkarana*, oder wie auch immer man es benennen mag, mit dem etwas nicht stimmt.

MAHARAJ Was, glauben Sie, ist mit Ihrem Verstand nicht in Ordnung?

FRAGE Er ist unruhig, begierig auf das Angenehme und hat Angst vor dem Unangenehmen.

MAHARAJ Was ist falsch daran, daß er das Angenehme sucht und das Unangenehme meidet? Der Fluß des Lebens fließt zwischen den Ufern von Schmerz und Freude. Die Probleme beginnen erst, wenn sich der Verstand dem Fluß des Lebens entgegenstemmt und an den Ufern hängenbleibt. Mit dem Leben zu fließen bezeichne ich als Akzeptanz – kommen zu lassen, was kommt und gehen zu lassen, was geht. Begehren Sie nicht, ängstigen Sie sich nicht, beobachten Sie das Tatsächliche, wie es geschieht und wenn es geschieht, denn Sie sind nicht diese Ereignisse, Sie sind derjenige, dem sie geschehen. In Wirklichkeit sind Sie noch nicht einmal der Beobachter. Sie sind das höchste Potential, dessen Manifestation und Ausdruck das allumfassende Bewußtsein ist.

FRAGE Und dennoch liegt zwischen Körper und Selbst eine Wolke von Gedanken und Gefühlen, die weder dem Körper noch dem Selbst nützen. Diese Gedanken und Gefühle sind fadenscheinig, flüchtig und bedeutungslos, sie sind lediglich mentaler Staub, der blind macht und erstickt, und doch sind sie vorhanden und vernebeln und zerstören.

MAHARAJ Sicherlich sind weder die Erinnerung an ein Ereignis noch die Erwartung das Ereignis selbst. Der momentane Augenblick hat etwas Einzigartiges, Außergewöhnliches, das kein vergangener und auch kein zukünftiger Augenblick in sich tragen. Dem Momentanen ist etwas Lebendiges zu eigen, etwas sehr Wirkliches. Wie erleuchtet scheint der momentane Augenblick alles zu überstrahlen. Das Wirkliche trägt das „Siegel der Realität“, die Vergangenheit und die Zukunft tragen es nicht.

FRAGE Was gibt dem Momentanen dieses „Siegel der Realität“?

MAHARAJ Im augenblicklichen Moment liegt nichts Eigenartiges, das ihn von der Vergangenheit oder der Zukunft unterscheidet. Für einen Moment ist die Vergangenheit aktuell gewesen, und die Zukunft wird es sein. Was die Gegenwart so anders macht? Offensichtlich meine Präsenz. Ich bin real, denn ich bin immer ‚jetzt‘, in der Gegenwart, und was jetzt mit mir ist, das nimmt an meiner Realität teil. Die Vergangenheit liegt in der Erinnerung, die Zukunft existiert in der Vorstellung. Der augenblickliche Moment selbst beinhaltet nichts, was ihn als etwas Reales hervorhebt. Es mag ein simples, periodisches Ereignis sein wie das Schlagen der Uhr. Auch wenn wir wissen, daß die weiteren Schläge der Uhr genauso sein werden, so ist doch der momentane Schlag recht unterschiedlich von dem vorherigen und vom nächsten – aus der Erinnerung oder in der Vorstellung. Etwas, das im Jetzt zentriert ist, gehört zu mir, denn ich bin immer in der Gegenwart. Es ist meine eigene Realität, die ich dem augenblicklichen Moment verleihe.

FRAGE Doch wir behandeln Dinge aus der Erinnerung so, als seien sie real.

MAHARAJ Wir nehmen die Erinnerungen nur zur Kenntnis, wenn sie in der Gegenwart erscheinen. Das Vergessene zählt nicht, bis man sich daran erinnert – das heißt, bis es im ‚Jetzt‘ auftaucht.

FRAGE Ja, mir wird klar, daß das Jetzt einen unbekannten Faktor enthält, der der vergänglichen Aktualität eine momentane Realität verleiht.

MAHARAJ Sie müssen es gar nicht als etwas Unbekanntes bezeichnen, denn Sie sehen permanent, wie es geschieht. Hat es sich je seit Ihrer Geburt verändert? Dinge und Gedanken haben sich permanent verändert, doch das Gefühl, daß das, was jetzt ist, real ist, hat sich niemals verändert – nicht einmal im Traum.

FRAGE Im Tiefschlaf gibt es keine Erfahrung der momentanen Realität.

MAHARAJ Die Leere im Tiefschlaf beruht einzig und allein auf der Abwesenheit bestimmter Erinnerungen, doch ist ein allgemeines Gefühl von Wohlbefinden dabei vorhanden. Es liegen unterschiedliche Gefühle zugrunde, wenn wir davon reden, daß „Ich tief geschlafen habe“ oder daß „Ich abwesend war“.

FRAGE Lassen Sie uns die Frage, mit der wir begonnen haben, wiederholen: Zwischen der Quelle des Lebens und seinem Ausdruck (dem Körper) liegt der Verstand und seine sich permanent verändernden Zustände. Der Strom der mentalen Zustände ist unendlich, bedeutungslos und schmerzhaft. Das Leid ist sein ständiger Begleiter. Was wir Zufriedenheit nennen, ist lediglich ein Bruch, eine Unterbrechung zwischen zwei schmerzhaften Zuständen. Das Leben ist eingesponnen in Wünsche und Ängste, und die Basis von beiden ist das Leiden. Unsere Frage lautet: Kann es einen glücklichen Verstand geben?

MAHARAJ Wünsche sind die Erinnerungen an angenehme Zustände, und Ängste sind die Erinnerungen an schmerzhafte Zustände. Beide machen den Verstand ruhelos. Momente von Glück sind lediglich Unterbrechungen im Strom der Leiden. Wie kann der Verstand glücklich sein?

FRAGE Das stimmt, wenn wir Glück begehren oder Leid erwarten. Aber es gibt auch Momente unerwarteter Freude. Reine Freude, unverfälscht von Begierden – ungewollt, unverdient, gottgegeben.

MAHARAJ Und trotzdem existiert Freude nur vor dem Hintergrund von Leiden.

FRAGE Ist Leiden eine kosmische Tatsache oder lediglich etwas Mentales?

MAHARAJ Das Universum ist vollkommen, und wo Vollkommenheit herrscht, wo nichts fehlt, was könnte da Leiden verursachen?

FRAGE Das Universum mag als Ganzes vollständig sein, jedoch nicht im Detail.

MAHARAJ Ein Teil des Ganzen in Relation zum Ganzen betrachtet ist immer noch vollständig. Nur wenn es isoliert betrachtet wird, scheint es unvollständig zu sein und wird somit zur Quelle von Leid. Was erzeugt diese Isolation?

FRAGE Selbstverständlich die Begrenzung des Verstandes. Der Verstand kann nicht das Ganze erfassen, nur einen Teil.

MAHARAJ Das genügt völlig. Die Natur des Verstandes ist es, zu teilen und Gegensätze zu schaffen. Könnte es einen anderen Verstand geben, der vereint und harmonisiert, der in den Teilen das Ganze erkennt und die Teile völlig verwoben mit dem Ganzen?

FRAGE Dieser andere Verstand – wo soll man ihn suchen?

MAHARAJ Indem man über den begrenzenden, teilenden und gegensätzlichen Verstand hinausgeht, indem man den mentalen Prozeß, so wie wir ihn kennen, beendet. Wenn dies geschieht, dann wird der andere Verstand geboren.

FRAGE Existiert das Problem von Freude und Leid in diesem Verstand nicht mehr?

MAHARAJ Nicht, wie wir es als begehrenswert oder abstoßend kennen. Es wird mehr zu einer Frage, wie sich die Liebe ausdrückt und dabei auf Hindernisse stößt. Der Verstand, der nichts ausschließt oder ablehnt, ist Liebe in Aktion, die gegen Umstände ankämpft, zunächst frustriert, doch letztendlich siegreich.

FRAGE Ist es die Liebe, welche die Brücke zwischen dem Geist und dem Körper schlägt?

MAHARAJ Was sonst? Der Verstand erschafft den Abgrund, das Herz überwindet ihn.

* Ein Glossar der Sanskritwörter befindet sich in dem 1. Teil von »Ich bin«, erschienen im J. Kamphausen Verlag, Bielefeld.

Kapitel 36

FRAGE Als Kind erlebte ich oft Zustände vollkommenen Glücks – man könnte es fast als Ekstase bezeichnen – die später verschwanden. Doch seit ich in Indien bin, sind sie wieder aufgetaucht, besonders seit ich Sie getroffen habe. Doch diese Zustände sind, wie wunderbar sie auch sein mögen, nicht von Dauer. Sie kommen und sie gehen, und man weiß nie, wann sie wieder auftauchen.

MAHARAJ Wie könnte es Ruhe geben in einem Verstand, der selber unruhig ist?

FRAGE Und wie kann ich meinen Verstand ruhig werden lassen?

MAHARAJ Wie kann sich ein unruhiger Verstand selbst zur Ruhe bringen? Selbstverständlich ist das unmöglich. Es liegt in der Natur des Verstandes, umherzuschweifen. Sie können lediglich den Fokus Ihres Bewußtseins auf etwas jenseits des Verstandes verlagern.

FRAGE Wie macht man das?

MAHARAJ Weisen sie alle Gedanken zurück, außer dem einen: Den Gedanken „Ich bin“. Anfangs wird sich der Verstand wehren, doch am Ende wird er der Geduld und Ausdauer nachgeben und ruhig bleiben. Sind Sie einmal ruhig, beginnen Dinge spontan und recht natürlich zu geschehen, ohne daß Sie eingreifen müssen.

FRAGE Kann ich diesen langwierigen Kampf mit meinem Verstand vermeiden?

MAHARAJ Das können Sie! Leben Sie Ihr Leben einfach so, wie es kommt, jedoch mit Wachsamkeit, mit Aufmerksamkeit. Lassen Sie die Dinge geschehen, wie sie geschehen, indem Sie die natürlichen Ereignisse sich auf natürliche Weise entfalten lassen – ob Leid oder Freude – wie es das Leben bringt. Dies ist einer der möglichen Wege.

FRAGE Nun gut, dann kann ich auch heiraten, Kinder haben, ein Geschäft betreiben, glücklich sein.

MAHARAJ Gewiß doch. Sie werden glücklich sein oder auch nicht, nehmen Sie die Herausforderung an.

FRAGE Und dennoch suche ich Glückseligkeit.

MAHARAJ Wahres Glück kann nicht von Dingen kommen, die sich verändern und vergehen. Freude und Leid wechseln sich unweigerlich ab. Glück kommt nur vom Selbst und kann auch nur im Selbst gefunden werden. Finden Sie Ihr wahres Selbst (Swarupa), und alles andere kommt automatisch.

FRAGE Wenn mein wahres Selbst Friede und Liebe ist, warum ist es dann so ruhelos?

MAHARAJ Es ist auch nicht Ihr wahres Wesen, das unruhig ist, sondern seine Reflektion im Verstand scheint unruhig zu sein, wohingegen der Verstand ruhelos ist, wie die Reflektion des Mondes im Wasser, das durch den Wind Wellen schlägt. Der Wind der Begierden erzeugt Wellen im Verstand und im „Ich“, welches aber nur eine Reflektion des Selbst im Verstand ist und sich somit zu verändern scheint. Doch diese Vorstellungen von Bewegung, von Unruhe, von Freude und Schmerz geschehen alle nur im Verstand. Das Selbst ist jenseits des Verstandes, gewahr, doch unberührt.

FRAGE Wie kann man es erreichen?

MAHARAJ Sie sind das Selbst, hier und jetzt. Lassen Sie den Verstand in Ruhe, seien Sie gewahr und unberührt, und Sie werden feststellen, daß Sie wach und doch losgelöst sind, daß Sie die Ereignisse beobachten, wie sie kommen und gehen. Dies ist ein Aspekt Ihrer wahren Natur.

FRAGE Was sind die anderen Aspekte?

MAHARAJ Es gibt unendlich viele Aspekte. Erkennen Sie einen davon, und Sie werden alle erkennen.

FRAGE Geben Sie mir eine Hilfestellung.

MAHARAJ Sie wissen selbst am besten, was Sie brauchen.

FRAGE Ich bin ruhelos. Wie kann ich Frieden finden?

MAHARAJ Wozu brauchen Sie Frieden?

FRAGE Um glücklich zu sein.

MAHARAJ Sind Sie nicht in diesem Augenblick glücklich?

FRAGE Nein, das bin ich nicht.

MAHARAJ Was macht Sie denn unglücklich?

FRAGE Ich habe, was ich nicht will, und ich will, was ich nicht habe.

MAHARAJ Warum drehen Sie das Ganze nicht einfach um und akzeptieren, was Sie haben, und kümmern sich nicht um das, was Sie nicht haben?

FRAGE Ich suche die Freude und vermeide das Leiden.

MAHARAJ Woher wissen Sie denn, was angenehm ist und was nicht?

FRAGE Natürlich aus der Erinnerung.

MAHARAJ Geführt von Ihren Erinnerungen haben Sie also das Angenehme verfolgt und versucht, das Unangenehme zu vermeiden. Hatten Sie damit Erfolg?

FRAGE Nein, ganz gewiß nicht. Das Angenehme ist nicht von Dauer, und das Leid steht bald wieder vor der Tür.

MAHARAJ Welches Leiden?

FRAGE Das Verlangen nach Freude und die Angst vor Leiden sind beides Zustände von Verzweiflung. Gibt es überhaupt einen Zustand von ungetrübter Freude?

MAHARAJ Jegliche Freude, physisch oder mental, benötigt ein Instrument. Das physische und das mentale Instrument sind beide materieller Art, daher ermüden und verbrauchen sie sich. Die Freude, die sie geben können, ist gezwungenermaßen in ihrer Intensität und Dauer begrenzt. Schmerz ist der Hintergrund all Ihrer Freuden. Sie suchen sie, weil Sie leiden. Andererseits ist die Suche nach Freude in sich die Ursache des Leidens. Es ist ein Teufelskreis.

FRAGE Ich kann den Mechanismus meiner Verwirrung erkennen, doch ich sehe keinen Ausweg.

MAHARAJ Die Erforschung dieses Mechanismus zeigt den Ausweg, denn Ihre Verwirrung ist lediglich in Ihrem Verstand, der bislang nie gegen diese Verwirrung rebelliert hat und nie mit ihr zu Rande kam. Er hat immer nur gegen das Leiden rebelliert.

FRAGE Also kann ich nichts anderes tun als weiterhin verwirrt zu sein?

MAHARAJ Seien Sie wach. Hinterfragen Sie, untersuchen Sie, erkennen Sie alles über Ihre Verwirrung – wie sie operiert, was sie mit Ihnen und anderen macht. Indem Sie sich über Ihre Verwirrung klar werden, befreien Sie sich von ihr.

FRAGE Wenn ich tief in mich hineinschaue, dann ist es mein stärkster Wunsch, ein Monument zu errichten, etwas zu schaffen, das mich überlebt. Auch wenn ich an ein Zuhause denke, an eine Frau und Kinder, dann nur, weil sie ein dauerhafter, solider Beweis meiner selbst sind.

MAHARAJ Gut, bauen Sie sich ein Monument. Wie gedenken Sie, das zu verwirklichen?

FRAGE Es spielt kaum eine Rolle, was ich baue, solange es von Dauer ist.

MAHARAJ Doch Sie können sicherlich selber feststellen, daß nichts von Dauer ist. Alles verbraucht sich, bricht zusammen, löst sich auf. Selbst die Basis, auf der Sie bauen, löst sich auf. Wie können Sie etwas errichten, das Sie überlebt?

FRAGE Intellektuell, verbal ist mir bewußt, daß alles vergänglich ist, und trotzdem sucht mein Herz nach etwas Dauerhaftem. Ich möchte etwas erschaffen, das bestehen bleibt.

MAHARAJ Dann müssen Sie es aus etwas Beständigem bauen. Was haben Sie, das beständig ist? Weder Ihr Körper noch Ihr Verstand ist von Dauer. Sie müssen also woanders suchen.

FRAGE Ich sehne mich nach Beständigkeit, aber ich kann sie nirgendwo finden.

MAHARAJ Sind nicht Sie selbst von Dauer?

FRAGE Ich wurde geboren, ich werde sterben.

MAHARAJ Können Sie tatsächlich behaupten, daß Sie vor Ihrer Geburt nicht existiert haben, und können Sie, wenn Sie tot sind, wirklich sagen: „Nun existiere ich nicht mehr“? Sie können nicht aus eigener Erfahrung sagen, daß Sie nicht existieren. Sie können nur sagen: „Ich bin“. Auch niemand anderer könnte behaupten, daß Sie nicht existieren.

FRAGE Im Schlaf gibt es kein „Ich bin“.

MAHARAJ Bevor Sie Behauptungen von solcher Tragweite aufstellen, sollten Sie Ihren Wachzustand genauer untersuchen. Sie werden feststellen, daß er voller Lücken ist, wenn der Verstand abgeschaltet ist. Nehmen Sie wahr, wie wenig Sie sich an Dinge erinnern, selbst wenn Sie wach sind. Sie können nicht behaupten, daß Sie im Schlaf nicht bewußt sind. Sie erinnern sich nur nicht daran. Eine Lücke im Gedächtnis bedeutet nicht notwendigerweise eine Lücke im Bewußtsein.

FRAGE Ist es mir möglich, mich an meinen Zustand im Schlaf zu erinnern?

MAHARAJ Selbstverständlich! Indem Sie die Intervalle des Ungewollten in Ihrem Wachzustand ausmerzen, werden Sie allmählich die langen Intervalle von Gedankenlosigkeit, die Sie Schlaf nennen, auslöschen. Dann werden Sie wahrnehmen, daß Sie schlafen.

FRAGE Und doch ist das Problem von Beständigkeit, von Kontinuität des Seins nicht gelöst.

MAHARAJ Beständigkeit ist lediglich eine Idee, geboren aus dem Ablauf von Zeit, und auch Zeit ist abhängig von der Erinnerung. Mit Beständigkeit meinen Sie ein unfehlbares, immerwährendes Erinnerungsvermögen. Sie wollen den Verstand verewigen, und das ist unmöglich.

FRAGE Was ist dann also ewig?

MAHARAJ Nur das, was sich zu keinem Zeitpunkt verändert. Sie können nichts Vergängliches verewigen – nur das Unveränderliche ist ewig.

FRAGE Was Sie sagen, ist mir ganz allgemein betrachtet vertraut. Ich suche kein weiteres Wissen. Ich suche nichts als Frieden.

MAHARAJ Sie brauchen nur danach zu fragen, und Sie können allen Frieden haben, den Sie wollen.

FRAGE Ich frage danach.

MAHARAJ Sie müssen mit einem ungeteilten Herzen fragen und ein integriertes Leben führen.

FRAGE Wie?

MAHARAJ Lösen Sie sich von allem, was Ihren Verstand unruhig macht. Geben Sie alles auf, was seinen Frieden stört. Wenn Sie Frieden wollen, dann müssen Sie sich ihn verdienen.

FRAGE Jeder verdient doch sicherlich Frieden.

MAHARAJ Nur diejenigen verdienen ihn, die ihn nicht stören.

FRAGE Wie störe ich diesen Frieden?

MAHARAJ Indem Sie sich zum Sklaven Ihrer Wünsche und Ängste machen.

FRAGE Selbst wenn sie berechtigt sind?

MAHARAJ Emotionale Reaktionen, die aus Ignoranz und Unaufmerksamkeit entstehen, sind niemals gerechtfertigt. Bemühen Sie sich um einen klaren Verstand und ein klares Herz. Sie müssen sich lediglich ruhig und wach verhalten und die wahre Natur Ihres Selbst erforschen. Dies ist der einzige Weg, Frieden zu finden.

Kapitel 37

FRAGE Manche sagen, das Universum wurde erschaffen, andere sagen, es hat immer existiert und unterliege einer permanenten Transformation. Manche sagen, es unterliege ewigen Gesetzen, andere lehnen sogar jegliche Kausalität ab. Manche sagen, die Welt sei real, andere behaupten, sie hätte gar keine Wesensart.

MAHARAJ Auf welche Welt beziehen sich Ihre Fragen?

FRAGE Selbstverständlich auf die Welt meiner Wahrnehmungen.

MAHARAJ Die Welt, die Sie wahrnehmen können, ist in Wirklichkeit eine sehr kleine Welt, und sie ist eine völlig private. Erkennen Sie Ihre Welt als einen Traum und vergessen Sie sie.

FRAGE Wie kann ich sie für einen Traum halten? Ein Traum ist nicht von Dauer.

MAHARAJ Wie lange wird Ihre eigene, kleine Welt bestehen?

FRAGE Trotzdem ist meine kleine Welt ein Teil des Ganzen.

MAHARAJ Ist nicht die Vorstellung vom Ganzen ein Teil Ihrer persönlichen Welt? Das Universum kommt nicht und sagt Ihnen, daß Sie ein Teil davon sind. Sie haben dies Ganze, das Sie als einen Teil enthält, erfunden. In Wahrheit kennen Sie nur Ihre eigene private Welt, egal wie gut Sie sie mit Ihren Vorstellungen und Erwartungen möbliert haben.

FRAGE Wahrnehmung ist doch wohl keine Imagination!

MAHARAJ Was sonst? Wahrnehmung bedeutet zu erkennen, oder nicht? Etwas völlig Unbekanntes kann man erspüren, jedoch nicht wahrnehmen. Wahrnehmung beinhaltet Erinnerung.

FRAGE Das stimmt, doch Erinnerungen machen sie nicht zu einer Illusion.

MAHARAJ Wahrnehmungen, Vorstellungen, Erwartungen, Illusionen – sie alle basieren auf Erinnerungen. Es gibt praktisch keine Grenzen zwischen ihnen, sie laufen ineinander über und sind Reaktionen der Erinnerungen.

FRAGE Und doch beweisen diese Erinnerungen die Realität meiner Welt.

MAHARAJ An wie vieles erinnern Sie sich? Versuchen Sie niederzuschreiben, was Sie am 30. des letzten Monats gedacht, gesagt und getan haben.

FRAGE Nun ja, da muß ich passen.

MAHARAJ Es ist gar nicht so schlimm, Sie erinnern sich an eine ganze Menge – unbewußte Erinnerungen machen die Welt, in der Sie leben, so vertraut.

FRAGE Ich gebe zu, daß die Welt, in der ich lebe, subjektiv und bruchstückhaft ist. Wie ist das bei Ihnen? In was für einer Welt leben Sie?

MAHARAJ Meine Welt ist genau wie die Ihre. Ich sehe, ich höre, ich fühle, ich denke, ich spreche, und ich agiere in einer Welt, wie ich sie wahrnehme, genau wie Sie. Für Sie ist das alles, für mich fast nichts. In dem Wissen, daß die Welt ein Teil meiner selbst ist, schenke ich ihr nicht mehr Beachtung, als Sie Ihrer Nahrung, wenn Sie sie verspeist haben. Während die Nahrung vorbereitet und verspeist wird, ist sie von Ihnen getrennt, und Ihr Verstand ist auf sie gerichtet. Sobald sie verzehrt ist, ist sie völlig aus Ihrem Bewußtsein verschwunden. So habe ich die Welt verzehrt und brauche nicht mehr an sie zu denken.

FRAGE Werden Sie dadurch nicht völlig verantwortungslos?

MAHARAJ Wie könnte ich? Wie könnte ich etwas verletzen, das eins ist mit mir? Ganz im Gegenteil, wenn ich über die Welt nicht nachdenke, wird alles, was ich tue, ihr zugute kommen. So wie der Körper sich unbewußt in Ordnung hält, so bin ich ununterbrochen aktiv, die Welt in Ordnung zu halten.

FRAGE Und trotzdem sind Sie sich der unglaublichen Leiden der Welt bewußt?

MAHARAJ Selbstverständlich bin ich mir der Leiden bewußt, viel mehr als Sie.

FRAGE Was tun Sie also dann?

MAHARAJ Ich schaue sie mir mit den Augen Gottes an und stelle fest, daß alles in Ordnung ist.

FRAGE Wie können Sie behaupten, daß alles in Ordnung ist? Schauen Sie sich die Kriege an, die Ausbeutung, den grausamen Kampf zwischen den Bürgern und dem Staat.

MAHARAJ All diese Leiden werden von Menschen erzeugt, und es liegt an den Menschen, sie zu beenden. Gott hilft, indem er den Menschen mit den Ergebnissen seiner Handlungen konfrontiert und verlangt, daß das Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Karma ist das Gesetz, das für die Rechtschaffenheit sorgt – es ist die heilende Hand Gottes.

Kapitel 38

FRAGE Ohne Gottes Kraft kann nichts geschehen. Selbst Sie würden ohne Ihn nicht hier sitzen und mit uns sprechen.

MAHARAJ Ohne Zweifel ist alles Sein Werk. Doch was für eine Bedeutung hat das für mich, da ich nichts will? Was kann Gott mir geben oder nehmen? Was mir gehört, gehört mir und hat mir auch gehört, als Gott noch nicht war. Es ist sicherlich etwas sehr Kleines, ein winziges Körnchen – das Gefühl „Ich bin“, die Tatsache des Seins. Dies ist mein eigener Platz, niemand hat ihn mir gegeben. Die Erde gehört mir, was darauf wächst, gehört Gott.

FRAGE Hat Gott die Welt von Ihnen gemietet?

MAHARAJ Gott ist mein Verehrer und hat all dies für mich getan.

FRAGE Gibt es außer Ihnen keinen Gott?

MAHARAJ Wie könnte es? „Ich bin“ ist die Wurzel, Gott ist der Baum. Wen sollte ich anbeten und wofür?

FRAGE Sind Sie der Verehrer oder das Objekt der Verehrung?

MAHARAJ Weder noch, ich bin die Verehrung selbst.

FRAGE In der Welt gibt es nicht genügend Hingabe.

MAHARAJ Sie sind immer darauf aus, die Welt zu verbessern. Glauben Sie wirklich, daß die Welt auf Sie wartet, um von Ihnen gerettet zu werden?

FRAGE Ich weiß nicht, wieviel ich für die Welt tun kann. Ich kann es nur versuchen. Gibt es noch etwas, das ich Ihrer Meinung nach tun sollte?

MAHARAJ Wo ist die Welt ohne Sie? Sie wissen alles mögliche über die Welt, doch von sich selbst wissen Sie nichts. Sie selber sind das Werkzeug Ihrer Arbeit, Sie haben kein anderes. Warum kümmern Sie sich nicht zuerst um das Werkzeug, bevor Sie mit der Arbeit beginnen?

FRAGE Ich kann warten, die Welt nicht.

MAHARAJ Doch Sie lassen die Welt warten, weil Sie sich nicht um sich selbst kümmern.

FRAGE Warten auf was?

MAHARAJ Auf jemanden, der sie errettet.

FRAGE Gott lenkt die Welt, Gott wird sie erretten.

MAHARAJ Das behaupten Sie! Ist Gott zu Ihnen gekommen und hat gesagt, daß die Welt Seine Schöpfung ist, Seine Verantwortung und nicht die Ihre?

FRAGE Warum sollte es allein meine Verantwortung sein?

MAHARAJ Denken Sie nach. Die Welt, in der Sie leben, wer sonst kennt sie?

FRAGE Sie wissen es, jeder weiß es.

MAHARAJ Kam irgend jemand aus dem Jenseits, um Ihnen das zu sagen? Ich und alle anderen Menschen erscheinen und vergehen in Ihrer Welt. Wir alle sind Ihnen ausgeliefert.

FRAGE So schlimm kann es doch wohl nicht sein! Ich existiere in Ihrer Welt, so wie Sie in meiner existieren.

MAHARAJ Sie haben keine Beweise von meiner Welt. Sie sind völlig eingewoben in eine Welt, die Sie selber erschaffen haben.

FRAGE Ich verstehe. Völlig, jedoch – hoffnungslos?

MAHARAJ In dem Gefängnis Ihrer eigenen Welt erscheint ein Mann, der Ihnen sagt, daß die Welt der schmerzhaften Gegensätze, die Sie erschaffen haben, weder kontinuierlich noch von Dauer ist und auf einem Mißverständnis beruht. Er appelliert an Sie, diese Welt auf dem gleichen Weg zu verlassen, auf dem Sie gekommen sind. Sie kamen in diese Welt, indem Sie vergaßen, was Sie sind, und Sie werden sie verlassen, indem Sie sich selbst erkennen.

FRAGE Wie wird dies die Welt beeinflussen?

MAHARAJ Wenn Sie von der Welt frei sind, dann können Sie etwas für sie tun. Solange Sie ihr Gefangener sind, sind Sie hilflos und können nichts verändern. Im Gegenteil: Was immer Sie tun, wird die Lage nur noch verschlimmern.

FRAGE Aufrichtigkeit wird mich befreien.

MAHARAJ Aufrichtigkeit wird ohne Zweifel Sie und Ihre Welt in einen angenehmen, sogar glücklichen Platz verwandeln. Doch wofür das Ganze? Es ist nichts Reales, es kann nicht von Dauer sein.

FRAGE Gott wird zu Hilfe kommen.

MAHARAJ Damit Gott Ihnen helfen kann, muß er von Ihrer Existenz wissen. Doch Sie und Ihre Welt sind Traumzustände. In diesen Träumen erleiden Sie Qualen, doch niemand sonst kennt sie, niemand kann Ihnen helfen.

FRAGE Also sind alle meine Fragen, meine Suche und das Studium wertlos?

MAHARAJ